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Document 61991CC0089

    Schlussanträge des Generalanwalts Darmon vom 27. Oktober 1992.
    Shearson Lehmann Hutton Inc. gegen TVB Treuhandgesellschaft für Vermögensverwaltung und Beteiligungen mbH.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesgerichtshof - Deutschland.
    Brüsseler Übereinkommen - Artikel 13 Absätze 1 und 2 - Zuständigkeit für Verbrauchersachen - Begriff des Verbrauchers - Klage einer Gesellschaft als Zessionarin der Ansprüche einer Privatperson.
    Rechtssache C-89/91.

    Sammlung der Rechtsprechung 1993 I-00139

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1992:410

    61991C0089

    Schlussanträge des Generalanwalts Darmon vom 27. Oktober 1992. - SHEARSON LEHMANN HUTTON INC GEGEN TVB TREUHANDGESELLSCHAFT FUER VERMOEGENSVERWALTUNG UND BETEILIGUNGEN MBH. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: BUNDESGERICHTSHOF - DEUTSCHLAND. - BRUESSELER UEBEREINKOMMEN - ARTIKEL 13 ABSAETZE 1 UND 2 - ZUSTAENDIGKEIT FUER VERBRAUCHERSACHEN - BEGRIFF DES VERBRAUCHERS - KLAGE EINER GESELLSCHAFT ALS ZESSIONARIN DER ANSPRUECHE EINER PRIVATPERSON. - RECHTSSACHE C-89/91.

    Sammlung der Rechtsprechung 1993 Seite I-00139


    Schlußanträge des Generalanwalts


    ++++

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    1. Der folgende Sachverhalt hat den Bundesgerichtshof veranlasst, Ihnen vier Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, in denen es um die Auslegung des Artikels 13 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im folgenden: Übereinkommen) in der Fassung des Übereinkommens über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs vom 9. Oktober 1978(1) geht.

    2. Aufgrund einer in Deutschland erschienen Zeitungsanzeige beauftragte ein Privatmann, von Beruf Richter, die amerikanische Brokerfirma Hutton Inc. mit der kommissionsweisen Durchführung von Devisen-, Wertpapier- und Warentermingeschäften. Die Verhandlungen hierüber führte er mit der deutschen Tochtergesellschaft dieser Firma, der Hutton GmbH.

    3. Nachdem er in den Jahren 1986 und 1987 erhebliche Einschüsse geleistet hatte, die beinahe völlig durch Verluste aufgezehrt wurden, trat der Auftraggeber seine Ansprüche an eine deutsche Treuhandgesellschaft, die TVB Treuhandgesellschaft für Vermögensverwaltung und Beteiligungen mbH (im folgenden: Klägerin), ab.

    4. Die Klägerin erhob in Deutschland gegen die amerikanische Brokerfirma Hutton, die zwischenzeitlich von der ebenfalls amerikanischen Firma Shearson Lehman Hutton Inc. (im folgenden: Beklagte) übernommen worden war, Rückzahlungsklage.

    5. Die Klage ist gestützt auf einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, auf Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vertraglicher und vorvertraglicher Pflichten sowie aus deliktischem Verhalten, weil die Beklagte ihren Vertragspartner nicht genügend über die für ihn bestehenden Risiken aufgeklärt habe.

    6. Das Landgericht wies die Klage als unzulässig ab. Das Berufungsgericht bejahte dagegen die Zuständigkeit. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Revision ein.

    7. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte im vorliegenden Fall nur gegeben, wenn Artikel 13 des Übereinkommens anwendbar ist(2); er hat Ihnen daher vier Fragen vorgelegt, deren Wortlaut im Sitzungsbericht(3) wiedergegeben ist.

    8. Bei diesen Fragen geht es im wesentlichen um die Auslegung der Begriffe

    ° "andere Verträge, wenn sie die Erbringung einer Dienstleistung ... zum Gegenstand haben" in Artikel 13 Absatz 1 Nr. 3 des Übereinkommens, um zu klären, ob hierunter auch die dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Verträge fallen,

    ° vorausgegangene "Werbung" im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe a, um festzustellen, ob ein Zusammenhang mit dem Vertragsabschluß erforderlich ist,

    ° "Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung" im Sinne des Artikels 13 Absatz 2, um zu ermitteln, ob unter diesen Begriff auch eine im Wohnsitzstaat des Verbrauchers ansässige Gesellschaft fällt, die dem Vertragspartner des Verbrauchers wirtschaftlich gehört, nur als Bote auftritt und über keine Abschlußvollmacht verfügt,

    ° "Betrieb" der Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung im Sinne des Artikels 13 Absatz 2, um herauszufinden, ob Streitigkeiten, die innerhalb der so vermittelten Beziehungen entstehen, Streitigkeiten aus diesem "Betrieb" darstellen,

    ° "Klagen aus einem Vertrag" in Artikel 13 Absatz 1, um zu klären, ob dieser Begriff neben der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten auch diejenige von Ansprüchen aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten und aus ungerechtfertigter Bereicherung erfasst und ob er eine Annexzuständigkeit kraft Sachzusammenhangs für nichtvertragliche Klageansprüche eröffnet.

    9. Zur Beantwortung dieser Fragen ° oder besser gesagt, um zu klären, ob ihre Beantwortung erforderlich ist ° haben Sie es für notwendig gehalten, zu prüfen, ob die Klägerin als Zessionarin ebenfalls die Verbrauchereigenschaft geltend machen kann, die dem Zedenten zu eigen ist, und ob Artikel 13 Absatz 2 des Übereinkommens dann anwendbar ist, wenn der Verbraucher und die Zweigniederlassung ihren Wohnsitz in ein und demselben Vertragsstaat haben und die Muttergesellschaft ihren Sitz in einem Drittstaat hat. Dementsprechend haben Sie hierzu zwei Fragen gestellt.

    10. Die Vorschriften des Übereinkommens betreffend die Zuständigkeit sind in dessen Titel II (Artikel 2 bis 24) enthalten, der neun Abschnitte umfasst. Der 1. Abschnitt (Artikel 2 bis 4) enthält die "Allgemeinen Vorschriften". Der 4. Abschnitt (Artikel 13 bis 15) betrifft die "Zuständigkeit für Verbrauchersachen".

    11. Die Antwort auf alle Fragen ° diejenigen des Vorlagegerichts und Ihre eigenen ° kann nur durch einen Vergleich und eine Gegenüberstellung der im 1. und im 4. Abschnitt enthaltenen Vorschriften gefunden werden.

    12. Zu prüfen ist, ob ein Sachverhalt wie der vorliegende in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt und, wenn ja, welche Konsequenzen hieraus im Hinblick auf die Bestimmung des zuständigen Gerichts zu ziehen sind.

    13. Die vermögensrechtliche Klage, um die es hier geht, wird von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Gesellschaft gegen eine andere Gesellschaft betrieben, die ihren Sitz in einem Drittstaat hat.

    14. Bekanntlich soll das Brüsseler Übereinkommen, mit dem ein den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in Artikel 220 vierter Gedankenstrich EWG-Vertrag übertragenes Mandat verwirklicht wird, unter anderem die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten vereinheitlichen, um innerhalb der Gemeinschaft die "Freizuegigkeit der Urteile" in Zivil- und Handelssachen sicherzustellen. Es soll keine Zuständigkeitskonflikte zwischen den Vertragsstaaten und Drittstaaten regeln(4). Sein Anwendungsbereich ist auf die Vertragsstaaten beschränkt.

    15. Dieser Grundsatz ist ausdrücklich in Artikel 4 Absatz 1 des Übereinkommens niedergelegt, in dem es heisst: "Hat der Beklagte keinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats, so bestimmt sich, vorbehaltlich des Artikels 16, die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Vertragsstaats nach seinen eigenen Gesetzen."

    16. Da der vorliegende Fall nicht unter Artikel 16 fällt und die Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiets eines Vertragsstaats hat, findet hier also auf den ersten Blick das Recht des Staates des Klägers Anwendung. Das Übereinkommen erscheint somit als unanwendbar. "Für den Fall, daß der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, sieht das Übereinkommen ... keine eigene Regelung vor, sondern verweist auf das innerstaatliche Recht des Staates, vor dessen Gerichten der Rechtsstreit anhängig ist (Artikel 4 Absatz 1)."(5)

    17. Es waren die besonderen Bestimmungen des Artikels 13, die den Bundesgerichtshof zu seinen Vorlagefragen veranlasst haben.

    18. Die in Artikel 13 Absatz 1 enthaltene Verweisung auf Artikel 4 erinnert daran, daß der Anwendungsbereich der Artikel 13 bis 15 auf die Fälle beschränkt ist, in denen der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat: Ist dies nicht der Fall, so muß das angerufene Gericht seine eigenen Zuständigkeitsregeln anwenden.

    19. Allerdings sieht Artikel 13 Absatz 2 implizit eine Ausnahme von Artikel 4 vor; er ist anzuwenden, wenn der Vertragspartner des Verbrauchers als Beklagter seinen Wohnsitz in einem Nichtvertragsstaat hat und wenn er in einem Vertragsstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung besitzt(6).

    20. Der Ihnen vorgelegte Sachverhalt fällt somit nur dann in den Anwendungsbereich des Brüsseler Übereinkommens, wenn Artikel 13 Absatz 2 auf ihn anwendbar ist(7). Dies ist aber ° lassen Sie mich das schon jetzt sagen ° aus drei Gründen nicht der Fall: Erstens ist ein Kläger, der nicht persönlich an einem der in Artikel 13 Absatz 1 aufgeführten Verträge als Vertragspartner beteiligt ist, kein Verbraucher im Sinne der Artikel 13 und 14, zweitens ist eine nachgeordnete Einrichtung, die über keine Abschlußvollmacht verfügt, keine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung im Sinne des Artikels 13 Absatz 2, und drittens ist, auch wenn man dies annehmen wollte, Artikel 13 Absatz 2 in Ermangelung eines auslandsbezogenen Elements nicht anwendbar, wenn die Zweigniederlassung in demselben Vertragsstaat ansässig ist, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Lassen Sie mich diese drei Punkte nacheinander prüfen.

    21. Die alternative Zuständigkeit und das Gerichtsstandsprivileg, wie sie Artikel 14 Absatz 1 des Übereinkommens dem Verbraucher zukommen lässt, gelten nur für "die Klage eines Verbrauchers gegen die andere Vertragspartei".

    22. Nun ist die beim Bundesgerichtshof anhängige Rückzahlungsklage aber gerade nicht vom ursprünglichen Vertragspartner der Beklagten erhoben worden, sondern von einer Handelsgesellschaft, an die der ursprüngliche Vertragspartner seine Rechte abgetreten hat und die damit im Rahmen ihres Gesellschaftszwecks tätig wird. Kann diese Gesellschaft also im Rahmen ihrer Rückzahlungsklage geltend machen, sie habe die Eigenschaft des Verbrauchers im Sinne der Artikel 13 und 14 des Übereinkommens?

    23. Dies ist meines Erachtens die Kernfrage des vorliegenden Falls. Wenn die Klägerin sich nicht mit Erfolg auf diese Eigenschaft berufen kann, ist es klar, daß der Rechtsstreit, in dem sie sich mit der Beklagten befindet, nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt.

    24. Es steht ausser Zweifel, daß der Begriff des "Verbrauchers" ohne Rückgriff auf das Recht der Vertragsstaaten autonom ausgelegt werden muß, um das Zusammenwirken der Bestimmungen des vierten Abschnitts des Übereinkommens zu erhalten und diesem Begriff einen einheitlichen materiellen, an die Gemeinschaftsrechtsordnung anknüpfenden Gehalt zu geben. In diesem Sinne haben Sie bereits im Zusammenhang mit dem Begriff "Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung" entschieden, der im vierten Abschnitt durch die "Verbrauchersachen" ersetzt wurde(8).

    25. Die Frage, ob die Zessionarin als Verbraucher angesehen werden kann, hängt meines Erachtens nicht von der Art der ihr abgetretenen Rechte ab (handelt es sich nur um eine Forderungsabtretung oder sind auch mit der Person des Gläubigers verbundene Rechte abgetreten worden?). Die Prüfung des Umfangs dieser Abtretung, die eine Auslegung des innerstaatlichen Rechts voraussetzen würde, fällt im übrigen in die ausschließliche Zuständigkeit des für die Entscheidung in der Sache zuständigen Gerichts.

    26. Gewiß kommt es auch dem Verbraucher selbst zugute (in Form günstigerer Bedingungen für die Rückzahlung und damit für die Abtretung seiner Forderung), wenn der Zessionarin das Privileg des Artikels 14 zugestanden wird. Das Brüsseler Übereinkommen schützt den Verbraucher jedoch ausdrücklich nur, soweit er persönlich Kläger oder Beklagter in einem Verfahren ist(9). Dieser Schutz wird nicht ausgedehnt auf ein Verfahren, in dem er selbst nicht Partei ist.

    27. Überdies verweist der Begriff des "Verbrauchers" im Sinne des Artikels 14 zwangsläufig auf denjenigen des Artikels 13. Es ist nämlich nicht vorstellbar, daß ° mangels ausdrücklicher Vorschrift ° der Begriff des "Verbrauchers" in zwei aufeinanderfolgenden Artikeln zwei verschiedene Sachverhalte betrifft. Nach Artikel 13 hat nur derjenige die Eigenschaft eines Verbrauchers, der eine bestimmte Art von Vertrag abgeschlossen hat. Dasselbe muß auch für Artikel 14 gelten.

    28. Das an die Verbrauchereigenschaft geknüpfte Gerichtsstandsprivileg kann also nur demjenigen Verfahrensbeteiligten zugute kommen, der selbst die in Artikel 13 aufgestellten Voraussetzungen erfuellt, der also am Abschluß des Vertrages mit dem Unternehmen beteiligt war(10). Eine Klage nach Artikel 14 kann daher meines Erachtens nur von einem Verbraucher und nur im Zusammenhang mit einem Vertrag erhoben werden, den er selbst geschlossen hat.

    29. Es kann sich mit anderen Worten nur jemand als Verbraucher auf die besonderen Zuständigkeitsregeln des vierten Abschnitts berufen, der die doppelte Voraussetzung erfuellt, daß er erstens Partei in dem Verfahren ist (Artikel 14) und zweitens an einem der in Artikel 13 genannten Verträge als Vertragspartner beteiligt ist. Wenn also der Verbraucher als ursprünglicher Vertragspartner seine Forderung an einen Dritten abtritt, der dann in diesem Zusammenhang Klage erhebt, erfuellt dieser Dritte meiner Auffassung nach nicht die durch diese beiden Artikel aufgestellte doppelte Voraussetzung.

    30. Nicht nur die grammatikalische Auslegung, sondern auch die teleologische Auslegung der Artikel 13 und 14 als ganzes stehen der Anerkennung einer juristischen Person in der Lage der Klägerin als Verbraucher entgegen. Ziel dieser Vorschriften ist nämlich der Schutz der schwächeren oder weniger erfahrenen Partei. Dies trifft auf eine Gesellschaft, die in Verfolgung ihres Gesellschaftszwecks eine Klage erhebt, nicht zu.

    31. Im Zusammenhang mit einem Ersuchen um Auslegung von Artikel 14 Absatz 2 in seiner Fassung von 1968 betreffend Teilzahlungskäufe haben Sie entschieden:

    "Eine restriktive Auslegung des Artikels 14 Absatz 2, die den mit den Bestimmungen des vierten Abschnitts verfolgten Zielsetzungen entspricht, führt dazu, diesen privilegierten Gerichtsstand ausschließlich schutzbedürftigen Käufern vorzubehalten, deren wirtschaftliche Stellung durch ihre Schwäche gegenüber den Verkäufern gekennzeichnet ist, da sie private Endverbraucher sind und den Kauf einer Sache auf Teilzahlung nicht im Zusammenhang mit einer geschäftlichen oder beruflichen Tätigkeit abschließen."(11)

    32. Daraus haben Sie die Schlußfolgerung gezogen, daß

    "... der Begriff des Kaufs beweglicher Sachen auf Teilzahlung im Sinne von Artikel 13 des Brüsseler Übereinkommens vom 27. September 1968 sich nicht auf den Kauf einer Maschine erstreckt, den eine Firma mit einer anderen Firma zu einem Preis vereinbart, der durch Wechsel mit abgestuften Verfallzeiten beglichen werden soll"(12).

    33. Wie Professor Schlosser ausführt, beruhen die 1978 am vierten Abschnitt vorgenommenen Änderungen auf demselben Gedanken wie die frühere Regelung. Der Anwendungsbereich dieses Abschnitts wurde auf Verbrauchersachen erweitert. In Anlehnung an das Urteil Bertrand/Ott(13) gilt der neue vierte Abschnitt also nur für Endverbraucher(14).

    34. Darüber hinaus halte ich es nicht für angängig, je nach Ursprung des Rechts, das der Kläger geltend macht, unterschiedliche Zuständigkeitsregeln anzuwenden: je nachdem, ob er aus ° von einem Verbraucher ° abgeleitetem Recht oder aus eigenem Recht klagt, könnte er sich dann nämlich auf das Gerichtsstandsprivileg des Artikels 14 berufen, obwohl es in beiden Fällen um dieselbe Art von Klage ginge.

    35. Daraus folgt meines Erachtens, daß ein Kläger, der nicht persönlich an einem der in Artikel 13 Absatz 1 aufgeführten Verträge als Vertragspartner beteiligt ist, kein Verbraucher im Sinne der Artikel 13 und 14 ist.

    36. Artikel 13 Absatz 2, der allein die Anwendbarkeit des Brüsseler Übereinkommens auf den vom Bundesgerichtshof vorgelegten Fall begründen könnte, ist noch aus einem zweiten Grund unanwendbar: Der Vertragspartner des Verbrauchers besitzt keine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung im Sinne dieser Bestimmung, wenn er sich zur Ausübung seiner Tätigkeit in einem Vertragsstaat einer dort ansässigen Gesellschaft bedient, die ihm wirtschaftlich gehört, aber über keine Abschlußvollmacht verfügt.

    37. Der Begriff "Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung", um dessen Auslegung der Bundesgerichtshof in seiner dritten Frage ersucht, ist Ihnen nicht unbekannt. Zwar sind Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 13 Absatz 2 dem Gerichtshof noch nicht zur Prüfung vorgelegt worden, doch war Artikel 5 Nr. 5, in dem dieser Begriff ebenfalls enthalten ist, bereits mehrfach Gegenstand von Urteilen des Gerichtshofes.

    38. Ich möchte kurz hervorheben, worin sich diese drei Bestimmungen unterscheiden: Artikel 5 Nr. 5 betrifft nur Unternehmen, deren Sitz sich im Hoheitsgebiet eines der Vertragsstaaten befindet. Hat ein solches Unternehmen seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines Drittstaats, so findet Artikel 4 Anwendung. Die Artikel 8 Absatz 2 und 13 Absatz 2 erlauben jedoch Abweichungen von der strikten Anwendung des Artikels 4, denn sie betreffen den Fall des Versicherers oder des Vertragspartners eines Verbrauchers, die nicht im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats ansässig sind.

    39. Artikel 13 Absatz 2, der auf in einem Drittstaat ansässige Kläger anwendbar ist, ist als Ausnahme von dem in Absatz 1 mit seiner Verweisung auf Artikel 4 aufgestellten Grundsatz eng auszulegen. Bei einer weiten Auslegung würde der Begriff der "Zweigniederlassung" es nämlich leicht ermöglichen, dem fundamentalen Grundsatz des Artikels 4 Absatz 1 jede Wirkung zu nehmen.

    40. Welche Hinweise lassen sich Ihrer Rechtsprechung zu Artikel 5 Nr. 5 entnehmen?

    41. Sie haben sich für eine autonome Auslegung des Begriffs "Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung" ausgesprochen und entschieden, daß Artikel 5 Nr. 5 als besondere Zuständigkeitsvorschrift, die eine Ausnahme von der allgemeinen Regel der Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Beklagten vorsieht, eng auszulegen ist(15).

    42. Im Urteil vom 6. Oktober 1976, De Bloos/Bouyer(16) ° dem ersten, das zu dieser Vorschrift erging ° trafen Sie folgende Feststellung:

    "Zweigniederlassung und Agentur(17) sind unter anderem wesentlich dadurch charakterisiert, daß sie der Aufsicht und Leitung des Stammhauses unterliegen."(18)

    Daraus haben Sie die Schlußfolgerung gezogen, daß ein Alleinvertriebshändler nicht als Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung anzusehen ist(19).

    43. Im Urteil vom 9. Dezember 1987, SAR Schotte/Parfums Rothschild(20), haben Sie entschieden, daß Artikel 5 Nr. 5 auf den Fall von zwei unterschiedlichen Gesellschaften (von denen eine die Muttergesellschaft und die andere ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft ist) anwendbar ist, die denselben Namen führen, dieselbe Geschäftsführung haben und von denen die eine (die Muttergesellschaft) Geschäfte für Rechnung der anderen abgeschlossen hatte, ohne eine unselbständige Zweigniederlassung oder Agentur der letzteren zu sein.

    44. Eine Gesellschaft muß also in ihrem Sitzstaat als geschäftliche Aussenstelle einer in einem anderen Vertragsstaat ansässigen Gesellschaft aufgetreten sein, damit letztere am Sitz der erstgenannten Gesellschaft verklagt werden kann, obwohl die beiden Gesellschaften rein gesellschaftsrechtlich betrachtet voneinander unabhängig sind.

    45. Für den vorliegenden Fall ist meines Erachtens nicht das Verhältnis der Abhängigkeit oder Unterordnung gegenüber der in einem anderen Vertragsstaat ansässigen Gesellschaft das entscheidende Qualifikationskriterium, sondern die Frage, ob die nachgeordnete Einrichtung zu geschäftlichen Verhandlungen mit Dritten befugt ist.

    46. Bereits im Urteil vom 18. März 1981 in der Rechtssache Blanckärt(21) haben Sie nämlich entschieden, daß der unabhängige Handelsvertreter nicht die Merkmale einer Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung im Sinne des Artikels 5 Nr. 5 erfuellt, insbesondere weil er sich darauf beschränkt, Aufträge an das Stammhaus weiterzuleiten, ohne an deren Abwicklung oder Ausführung beteiligt zu sein(22).

    47. Noch deutlicher haben Sie im Urteil Somafer/Saar-Ferngas(23) entschieden, daß

    "... mit dem Begriff der Zweigniederlassung, der Agentur oder der sonstigen Niederlassung ein Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gemeint [ist], der auf Dauer als Aussenstelle eines Stammhauses hervortritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, daß er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, daß diese, obgleich sie wissen, daß möglicherweise ein Rechtsverhältnis mit dem im Ausland ansässigen Stammhaus begründet wird, sich nicht unmittelbar an dieses zu wenden brauchen, sondern Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können, der dessen Aussenstelle ist"(24).

    48. Schließlich haben Sie im Urteil SAR Schotte/Parfums Rothschild die Muttergesellschaft, die Geschäfte für Rechnung ihrer Tochtergesellschaft abschließen konnte, als Zweigniederlassung behandelt.

    49. Artikel 13 Absatz 2, der es, wie bereits gezeigt, erlaubt, den nicht im Hoheitsgebiets eines Vertragsstaats ansässigen Vertragspartner eines Verbrauchers vor dem Gericht eines Vertragsstaats zu verklagen, stellt eine Ausnahme von Artikel 4 dar. Er darf nicht weiter ausgelegt werden als Artikel 5 Nr. 5, der innerhalb des räumlichen Anwendungsbereichs des Übereinkommens nur eine Ausnahme von Artikel 2 vorsieht.

    50. Lässt sich somit eine Gesellschaft, die wirtschaftlich einer in einem Nichtvertragsstaat ansässigen Gesellschaft gehört, aber über keine Abschlußvollmacht verfügt, als Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung einstufen(25)?

    51. Diese Vollmacht scheint mir die Voraussetzung zu sein, ohne die keine Zweigniederlassung im Sinne des Artikels 13 Absatz 2 besteht.

    52. Die Ratio legis beruht nämlich auf dem Vorliegen einer derart starken Verknüpfung mit dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers, daß eine Ausnahme von Artikel 4 des Übereinkommens gerechtfertigt ist, die einer Person mit Wohnsitz in einem Drittstaat entgegengehalten werden kann(26).

    53. Es genügt die Feststellung, daß die in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft, die nur als Übermittlungsorgan, als "Briefkasten", fungiert, nicht in der Lage sein kann, die Zuständigkeit in dem Staat "festzumachen", in dem sie ansässig ist, obwohl der Vertrag, den sie vermittelt hat, nicht von ihr abgeschlossen wurde und in einem Drittstaat ausgeführt wurde. Der Schwerpunkt des Vertrages kann nicht in dem Vertragsstaat angesiedelt sein, in dem der Vertrag womöglich vorbereitet, aber nicht abgeschlossen wurde. Nur die Umstände des Abschlusses und der Durchführung des Vertrages im Drittstaat können gegebenenfalls zu Streitigkeiten zwischen den Parteien führen. Eine Verknüpfung des Rechtsstreits mit dem Sitz der Zweigniederlassung lassen sie nicht zu.

    54. Eine Bestätigung hierfür findet sich meines Erachtens in Artikel 8 letzter Absatz des Übereinkommens. Wie Herr Jenard nämlich ausführt, gilt diese Ausnahme "nur für Zweigniederlassungen und Agenturen, d. h. wenn die ausländische Gesellschaft durch eine Person vertreten ist, die die Fähigkeit hat, sie Dritten gegenüber zu verpflichten"(27).

    55. Im übrigen vermag ich nicht zu erkennen, wie eine "Streitigkeit aus ... [dem] Betrieb" der Zweigniederlassung erwachsen kann, wenn diese keine Abschlußvollmacht hat.

    56. In Randnummer 13 des Urteils Somafer haben Sie bereits festgestellt: Um einen Betrieb der Zweigniederlassung kann es nur gehen, wenn diese Verbindlichkeiten eingegangen ist, die in dem Vertragsstaat zu erfuellen sind, in dem sie ihren Sitz hat. Dies setzt voraus, daß die Zweigniederlassung befugt ist, derartige Verbindlichkeiten einzugehen. Ein Rechtsstreit kann örtlich nicht mit dem Sitz der Zweigniederlassung verknüpft werden, wenn der Gegenstand dieses Rechtsstreits nicht in deren "rayon d' activité"(28) (Tätigkeitsbereich) fällt. Die Beklagte formuliert zutreffend wie folgt: "War die Agentur lediglich als Übermittlungsbote eingeschaltet, so ist es bereits begrifflich ausgeschlossen, daß die Streitigkeiten aus ihrem Betrieb resultieren."(29) Ein blosser Vermittler kann die gerichtliche Zuständigkeit nicht zu den Gerichten des Ortes seiner Niederlassung "verlagern"(30).

    57. Dies führt mich zu dem Ergebnis, daß ein Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit, der keine Abschlußvollmacht besitzt, nicht als Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung im Sinne des Artikels 13 Absatz 2 des Übereinkommens anzusehen ist. Das Schutzbedürfnis des Verbrauchers geht nicht so weit, daß es ihm erlaubt werden müsste, seinen in einem Drittstaat ansässigen Vertragspartner vor den Gerichten des Vertragsstaats zu verklagen, in dem er seinen Wohnsitz hat und in dem die Zweigniederlassung ansässig ist.

    58. Selbst wenn man davon ausgeht, daß der Vertragspartner des Verbrauchers eine Zweigniederlassung im Sinne des Artikels 13 Absatz 2 nachweisen kann, verbleiben wir ausserhalb des Anwendungsbereichs des Übereinkommens, wenn der Sitz dieser Zweigniederlassung sich im Wohnsitzstaat des Verbrauchers befindet. Auch wenn es sich nämlich hinsichtlich des anwendbaren Rechts um einen internationalen Rechtsstreit handelt, ist er dies nicht im Sinne des Übereinkommens, da es an dem erforderlichen auslandsbezogenen Element fehlt, wozu grundsätzlich zwei Staaten beteiligt sein müssen.

    59. Hat der Vertragspartner des Verbrauchers keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiets eines Vertragsstaats, besitzt aber eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung in einem anderen Vertragsstaat als dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers, ist Artikel 13 Absatz 2 unstreitig anwendbar.

    60. Aufgrund dieser Vorschrift wird der Vertragspartner des Verbrauchers so behandelt, als hätte er seinen Wohnsitz in dem Vertragsstaat, in dem seine Zweigniederlassung ihren Sitz hat. Das Übereinkommen übt hier eine Art von "Anziehungskraft" auf den Rechtsstreit aus, die eine Abweichung von Artikel 4 Absatz 1 des Übereinkommens erlaubt. An die Stelle des Kriteriums für den Ausschluß vom Anwendungsbereich des Übereinkommens (Wohnsitz des Vertragspartners des Verbrauchers in einem Drittstaat) tritt ein Anknüpfungsmerkmal (Sitz der Zweigniederlassung in einem Vertragsstaat). Damit ergibt sich ein Sachverhalt mit internationalem Bezug im Sinne des Übereinkommens insofern, als der Rechtsstreit zwei Vertragsstaaten betrifft: denjenigen des Wohnsitzes des Verbrauchers und denjenigen des Sitzes der Zweigniederlassung des Vertragspartners des Verbrauchers.

    61. Was geschieht jedoch, wenn die Zweigniederlassung und der Verbraucher ihren Sitz bzw. Wohnsitz in ein und demselben Vertragsstaat haben?

    62. In seinem Bericht zum Brüsseler Übereinkommen führt P. Jenard aus: "Bei Rechtsstreitigkeiten, die vor den Gerichten eines Vertragsstaats anhängig sind und die ausschließlich Personen betreffen, die in diesem Staat ihren Wohnsitz haben, spielt das Übereinkommen grundsätzlich keine Rolle."(31)

    63. Natürlich ließe sich die Auffassung vertreten, gerade aufgrund des Übereinkommens und der Fiktion des Artikels 13 Absatz 2 sei es zulässig, daß das Verfahren zwischen zwei Parteien geführt werde, die in ein und demselben Vertragsstaat ansässig seien. Ich sehe hier aber gerade eine Grenze für die Anwendung dieser Vorschrift: Sind die Zweigniederlassung und der Verbraucher in ein und demselben Vertragsstaat ansässig, handelt es sich nicht mehr um einen "internationalen" Rechtsstreit im Sinne des Übereinkommens, so daß Artikel 13 Absatz 2 nicht anwendbar ist.

    64. Auch Droz weist darauf hin, daß "es in jedem Fall, in dem das Übereinkommen eine unmittelbare besondere Zuständigkeit festlegt, etwa das Gericht des Ortes, in dem der Versicherungsnehmer seinen Wohnsitz hat, um Fälle geht, in denen der Beklagte vor den Gerichten eines anderen Staates als dem seines Wohnsitzes verklagt wird"(32).

    65. Das Übereinkommen soll, wie bereits gesagt, die internationale Zuständigkeit der Gerichte der Vertragsstaaten innerhalb der Gemeinschaft festlegen(33).

    66. Ich bin ferner der Auffassung, daß eine Vorschrift des Übereinkommens wie Artikel 13 Absatz 2, die gegenüber Personen mit Wohnsitz in einem Nichtvertragsstaat anwendbar ist, eng auszulegen ist, da es sich um einen Sachverhalt handelt, der dem Regelungsbereich des Übereinkommens eigentlich entzogen ist.

    67. Artikel 14 stützt diese Auffassung. Sein erster Absatz erlaubt es dem Verbraucher nämlich, seine Klage "entweder vor den Gerichten des Vertragsstaats ..., in dessen Hoheitsgebiet ... [der Beklagte seinen] Wohnsitz hat, oder vor den Gerichten des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat", zu erheben, was die Beteiligung von zwei Staaten voraussetzt.

    68. Eine weitere Bestätigung erblicke ich in Artikel 15. Dieser legt nämlich fest, daß von den Vorschriften des vierten Abschnitts im Wege einer Vereinbarung nur abgewichen werden kann,

    "...

    3. wenn sie zwischen einem Verbraucher und seinem Vertragspartner getroffen ist, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Vertragsstaat haben, und die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates begründet, es sei denn, daß eine solche Vereinbarung nach dem Recht dieses Staates nicht zulässig ist"(34).

    Diese Vorschrift ° die eine Ausnahme vorsieht, also eng auszulegen ist ° bedeutet doch wohl, daß die Anwendung des Übereinkommens auf den Fall, daß im Zeitpunkt der Klageerhebung nur ein Vertragsstaat beteiligt ist, also entgegen dem Wortlaut seiner Präambel, nur Ausnahmecharakter hat.

    69. Die Zuständigkeit hat sich also in einem solchen Fall nicht nach dem Übereinkommen, sondern nach der Lex fori des betreffenden Vertragsstaats zu richten, selbst wenn diese den Verbraucher nicht in den Genuß des Forum actoris gelangen lässt.

    70. Artikel 13 Absatz 2 des Übereinkommens ist daher meiner Auffassung nach nicht anwendbar, wenn die Zweigniederlassung der in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft in demselben Vertragsstaat ansässig ist, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.

    71. Aus all diesen Gründen fällt ein Sachverhalt wie der vorliegende meines Erachtens nicht in den Anwendungsbereich des Brüsseler Übereinkommens.

    72. Die erste, zweite und vierte Vorlagefrage des Bundesgerichtshofs erörtere ich daher lediglich hilfsweise, nachdem ich die dritte Frage betreffend den Begriff der Zweigniederlassung bereits in meinen vorangegangenen Ausführungen behandelt habe.

    73. Zunächst zur ersten Frage. Von den in Artikel 13 Absatz 1 aufgeführten Verträgen geht es hier nur um den in Nummer 3 genannten Vertrag, der "die Erbringung einer Dienstleistung ... zum Gegenstand" hat, wie er sich auch in Artikel 5 des Übereinkommens betreffend vertragliche Schuldverhältnisse findet(35). Eine Definition dieses Vertrags befindet sich weder in den Übereinkommen noch in den Berichten, durch die sie erläutert werden.

    74. Die am vierten Abschnitt und insbesondere an Artikel 13 des Übereinkommens durch das Beitrittsübereinkommen von 1978 vorgenommene Änderung sollte den Verbraucherschutz erweitern, ohne ihn auf Abzahlungskäufe und Ratendarlehen einzuschränken. Dementsprechend nennt dieser Artikel unter Verwendung einer sehr umfassenden Formulierung eine Restgruppe von Verträgen ° "andere Verträge, ... [die] die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben" °, ohne innerhalb dieser Gruppe nach der Art des Vertrages zu unterscheiden(36).

    75. Nun gilt Artikel 5 des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht(37), der Verbraucherverträge betrifft, für "Verträge über die Lieferung beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen an eine Person, den Verbraucher, zu einem Zweck, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Verbrauchers zugerechnet werden kann, sowie für Verträge zur Finanzierung eines solchen Geschäfts"(38); dem Bericht Giuliano-Lagarde(39) zufolge ist der Kauf von Wertpapieren von dieser Vorschrift nicht erfasst(40).

    76. Daraus folgt jedoch nicht, daß ° wie die Beklagte fälschlich meint(41), auch kommissionsweise abgewickelte Devisen-, Wertpapier- und Warentermingeschäfte von der Gruppe der Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 13 ausgeschlossen wären. Das Römische Übereinkommen sieht nämlich Ausnahmen von seinem Anwendungsbereich vor, die das Brüsseler Übereinkommen nicht kennt(42). Darüber hinaus handelt es sich bei solchen Geschäften nicht um einen "Kauf von Wertpapieren" im eigentlichen Sinne.

    77. Der Schutz durch Artikel 13 lässt sich auch nicht mit dem Argument ausschließen, in dem Vertrag gehe es um Wertpapier- und Warentermingeschäfte, "die einen dem sozialen Schutzzweck fremden glücksspielmässigen und spekulativen Charakter" hätten(43).

    78. Wie Professor Schlosser ausführt, geht es ° auch wenn Börsenspekulanten nicht gerade "der Prototyp schutzwürdiger Verbraucher" seien ° nicht an, den Anwendungsbereich des Artikels 13 über seinen Wortlaut hinaus einzuengen(44). Ich halte es darüber hinaus für gewagt, eine Unterscheidung je nach dem von dem Vertragspartner verfolgten Zweck vorzunehmen: Wie lässt sich vertreten, daß ein Kommissionsvertrag, den er zur Verwaltung seines Vermögens mit der Sorgfalt eines guten Familienvaters abschließt, in den Anwendungsbereich des Artikels 13 fallen soll, während der zu rein spekulativen Zwecken abgeschlossene Vertrag davon ausgeschlossen sein soll?

    79. Mithin ist davon auszugehen, daß Artikel 13 auch Kommissionsverträge betreffend die Durchführung von Devisen- und Wertpapiertermingeschäften erfasst(45).

    80. Erfuellt ein solcher Vertrag die beiden kumulativen Voraussetzungen(46) des Artikels 13 Absatz 1 Nr. 3 Buchstaben a und b? Hat der Verbraucher in seinem Wohnsitzstaat die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen ohne Einwendungen vorgenommen? Ist diesem Vertrag eine Werbung vorausgegangen und erfuellt diese die Voraussetzungen des Übereinkommens? Bedarf es insbesondere eines Zusammenhangs zwischen der Werbung und dem Vertragsabschluß? Darum geht es in der zweiten Vorlagefrage.

    81. Wie sich aus dem Bericht Schlosser(47) ergibt, unterfallen Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen Artikel 13 nur dann, "wenn sie einen hinreichenden Bezug zum Wohnsitz des Verbrauchers aufweisen".

    82. Dementsprechend muß dem Vertrag in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers eine Werbung vorausgegangen sein.

    83. Das Übereinkommen sieht insofern keine zusätzliche Voraussetzung vor: Es wird nicht verlangt, daß der Verbraucher nachweist, daß die Werbung ihn tatsächlich erreicht hat oder daß ein Kausalzusammenhang zwischen dieser Werbung und dem Vertragsabschluß besteht.

    84. Meines Erachtens würde eine solche Anforderung ° abgesehen davon, daß sie im allgemeinen nicht zu erfuellen wäre ° gegen das von Artikel 13 verfolgte Ziel des Verbraucherschutzes verstossen. Dieser muß den Vorrang haben: Einschränkungen bei der Anwendung des Artikels 13 müssen sich also aus dem Wortlaut des Übereinkommens ergeben. Die einzige akzeptable Einschränkung ergibt sich aus dem gesunden Menschenverstand: Die Werbung darf zeitlich nicht zu sehr vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, den sie verursacht haben soll, entfernt sein. Dies zu beurteilen obliegt dem nationalen Gericht.

    85. Daraus folgt, daß die Voraussetzungen des Artikels 13 Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe a des Übereinkommens erfuellt sind, wenn dem Vertragsabschluß im Wohnsitzstaat des Verbrauchers innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine Werbung vorausgegangen ist, ohne daß der Nachweis eines Kausalzusammenhangs zwischen der Werbung und dem Vertragsabschluß verlangt werden könnte(48). Diese Vorschrift stellt somit eine Art unwiderleglicher Vermutung für einen Kausalzusammenhang zwischen dem Erscheinen der Werbung und dem Vertragsabschluß dar, sofern erstere letzterem vorausgegangen ist.

    86. Ich wende mich nun der Frage 4 a betreffend den Begriff der Klagen aus einem Vertrag zu.

    87. Der Begriff "Klagen aus einem Vertrag" in Artikel 13 des Übereinkommens ist Ihnen noch niemals zur Prüfung vorgelegt worden. Dagegen haben Sie schon mehrfach den Begriff "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" in Artikel 5 Nr. 1 ausgelegt. Auch hier gibt es aber meines Erachtens nichts, was dafür sprechen könnte, daß diese beiden Vorschriften zwei unterschiedliche Sachverhalte erfassen würden. Die von Ihnen gegebenen Auslegungen des Begriffs des Vertrags oder der Ansprüche aus einem Vertrag im Sinne des Artikels 5 müssen daher in meinen Augen bei der Auslegung der entsprechenden Vorschriften des Artikels 13 Berücksichtigung finden.

    88. Im Hinblick auf Artikel 5 haben Sie im Urteil Peters/ZNAV vom 22. März 1983(49) entschieden:

    "Der Begriff 'Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag' dient ... als Kriterium zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs einer der besonderen Zuständigkeitsregeln, auf die der Kläger zurückgreifen kann. In Anbetracht der Zielsetzungen und des Gesamtzusammenhangs des Übereinkommens ist dieser Begriff nicht als blosse Verweisung auf das innerstaatliche Recht des einen oder anderen beteiligten Staates zu verstehen, denn es muß sichergestellt werden, daß sich aus dem Übereinkommen für die Vertragsstaaten und die betroffenen Personen soweit wie möglich gleiche und einheitliche Rechte und Pflichten ergeben.

    Daher ist der Begriff 'Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag' ... als autonomer Begriff anzusehen, bei dessen Auslegung im Rahmen der Anwendung des Übereinkommens in erster Linie die Systematik und die Zielsetzungen dieses Übereinkommens berücksichtigt werden müssen, damit dessen volle Wirksamkeit sichergestellt wird."(50)

    89. In der Rechtssache Arcado/Haviland(51) hatte die Firma Agecobel nach der Kündigung eines Vertrages über eine selbständige Handelsvertretung, mit dem die Firma Haviland ihr den Vertrieb von Porzellanwaren in Belgien und Luxemburg übertragen hatte, gegen diese beim Tribunal de commerce Brüssel Klage auf Schadensersatz wegen mißbräuchlicher Kündigung und auf ausstehende Provisionen erhoben. Im Berufungsverfahren hatte die Firma Haviland unter Berufung auf Artikel 5 Nr. 3 des Übereinkommens die Unzuständigkeit der belgischen Gerichte geltend gemacht. Die Cour d' appel erwog, daß der Anspruch auf Provision vertraglicher Natur sei, hatte aber Zweifel an der Natur des Anspruchs auf Schadensersatz wegen bedenkenloser Vertragsauflösung zur Unzeit, so daß er Ihnen eine dementsprechende Frage zur Vorabentscheidung vorlegte.

    90. Sie haben wie folgt entschieden:

    "Ein Anspruch auf Zahlung von Provisionen aufgrund eines Handelsvertretervertrags beruht ganz zweifellos auf eben diesem Vertrag und fällt damit unter den Begriff 'Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag' im Sinne des Artikels 5 Nr. 1 des Übereinkommens.

    Dasselbe muß gelten für einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen mißbräuchlicher Auflösung eben dieses Vertrages, da ein solcher Anspruch seinen Grund in der Nichteinhaltung einer Vertragspflicht findet."(52)

    91. Sie haben sich hierzu insbesondere auf Artikel 10 des Römischen Übereinkommens gestützt:

    "[Dieser Artikel] bestätigt ... den vertraglichen Charakter einer Klage der hier fraglichen Art, da er unter dem Geltungsbereich des auf den Vertrag anzuwendenden Rechts die Folgen der vollständigen oder teilweisen Nichterfuellung der durch ihn begründeten Verpflichtungen und folglich die vertragliche Haftung derjenigen Partei, der die Nichterfuellung zur Last fällt, begreift."(53)

    92. Bereits im Urteil De Bloos(54), hatten Sie festgestellt:

    "In einem Rechtsstreit über die Folgen des Bruchs eines Alleinvertriebsvertrags durch den Lieferanten, der also etwa auf Zahlung von Schadensersatz oder auf Auflösung des Vertrages gerichtet ist, ist die Verpflichtung, auf die es für die Anwendung des Artikels 5 Nr. 1 des Übereinkommens ankommt, diejenige vertragliche Verpflichtung des Lieferanten, deren Nichterfuellung vom Vertriebshändler zur Begründung der auf Schadensersatz oder Auflösung des Vertrages gerichteten Anträge behauptet wird."(55)

    93. Eine Klage auf Schadensersatz wegen Vertragsverletzung eines Kommissionärs weist meines Erachtens keine andere Rechtsnatur auf als eine Schadensersatzklage wegen mißbräuchlicher Vertragsauflösung ° also wegen Nichterfuellung vertraglicher Verpflichtungen ° durch einen Lieferanten oder den Vertragspartners eines Handelsvertreters: In beiden Fällen hat der Schadensersatzanspruch seine Grundlage im Vertrag.

    94. Erfasst der Begriff "Klagen aus einem Vertrag" in Artikel 13 Absatz 1 des Übereinkommens auch Ansprüche wegen Verletzung einer vorvertraglichen Beratungspflicht? Haben derartige Ansprüche dasselbe Schicksal wie die auf die vertragliche Hauptpflicht gestützten Ansprüche?

    95. Während der Vertragsverhandlungen obliegen den Beteiligten keine Verpflichtungen aus dem Vertrag, da dieser ja noch nicht besteht und möglicherweise niemals bestehen wird. Es ist allgemein anerkannt, daß ihnen lediglich beiderseitige Sorgfaltspflichten obliegen(56).

    96. Zweifellos kann eine auf die Nichteinhaltung einer solchen Pflicht gestützte Schadensersatzklage als solche nicht als Klage aus einem Vertrag eingestuft werden. Dies zeigt sich schon daran, daß sie dann erhoben werden könnte, obwohl der Vertrag im Endeffekt nicht zustande gekommen ist.

    97. Wenn sie jedoch mit einer vertraglichen Schadensersatzklage verbunden ist, die auf den Vertrag gestützt ist, der das Ergebnis der vorvertraglichen Verhandlungen ist, kann sie nicht mehr losgelöst von diesem behandelt werden.

    98. Die Rechtsnatur der Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung schließlich wirft im Hinblick auf das Brüsseler Übereinkommen ein schwieriges Problem auf.

    99. Im Urteil vom 27. September 1988, Kalfelis(57), hatten Sie eine solche Klage einzuordnen.

    100. In dieser Rechtssache hatte der Kläger des Ausgangsverfahrens mit einer in Luxemburg ansässigen Bank durch Vermittlung des deutschen Stammhauses dieser Bank Kassa- und Termingeschäfte in Silber abgeschlossen. Die Termingeschäfte des Klägers endeten mit Totalverlust. Er verklagte daraufhin die luxemburgische Bank und deren Muttergesellschaft auf Zahlung.

    101. Die Klage war gestützt auf Ansprüche aus vertraglicher Haftung (wegen Verletzung von Aufklärungspflichten) und aus deliktischer Haftung (wegen sittenwidrigen Verhaltens) sowie aus ungerechtfertigter Bereicherung, weil die Termingeschäfte in Silber als Börsentermingeschäfte für die Parteien nicht verbindlich gewesen seien.

    102. Um Auslegung des in Artikel 5 Nr. 3 des Übereinkommens verwendeten Begriffs der "unerlaubten Handlung" ersucht, haben Sie entschieden, daß

    "[dieser] Begriff ... als autonomer Begriff anzusehen ist, der sich auf alle Klagen bezieht, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen 'Vertrag' im Sinne von Artikel 5 Nr. 1 anknüpfen"(58),

    und damit die auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage in den Begriff der unerlaubten Handlung einbezogen.

    103. In meinen Schlussanträgen in dieser Sache hatte ich Ihnen, anknüpfend an Ihr Urteil Peters/ZNAV(59), eine Lösung vorgeschlagen, die es im Fall einer Häufung von Zuständigkeiten für ein und denselben Rechtsstreit erlaubt, diesen bei einem einzigen Gericht durchzuführen.

    104. Ich erlaube mir ein kurzes Zitat. Nach der Wiedergabe einer Textstelle aus ihrem Urteil Peters, in dem es heisst:

    "Wenn ... in Artikel 5 Nr. 1 des Übereinkommens das Gericht des Ortes für zuständig erklärt wird, an dem eine vertragliche Verpflichtung erfuellt worden ist oder zu erfuellen wäre, so kommt darin das Bestreben zum Ausdruck, wegen der engen Bindungen, die ein Vertrag zwischen den Vertragsparteien schafft, sämtliche Schwierigkeiten, die bei der Erfuellung einer vertraglichen Verpflichtung auftreten können, vor ein und dasselbe Gericht, nämlich das Gericht des Erfuellungsortes, zu bringen"(60),

    führte ich aus:

    "Sie haben auf diese Weise die Gründe angegeben, die für eine 'Anziehung' durch Artikel 5 Nr. 1 sprechen, eine Anziehung, die sich auf die Klagegründe erstrecken muß, ob sie nun nach der 'lex causä' auf unerlaubte Handlung oder auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützt werden, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, 'im wesentlichen aus der Verletzung vertraglicher Pflichten' hergeleitet werden.

    ...

    Mit anderen Worten wäre also davon auszugehen, daß bei Vorliegen solcher konkurrierender Klagegründe allein Artikel 5 Nr. 1 für die Zuständigkeit des Gerichts entscheidend ist, da der Vertrag alle Aspekte des Rechtsstreits 'kanalisiert' ."(61)

    105. Die vorliegende Rechtssache bringt mich dazu, Ihnen wiederum die Festlegung eines einzigen Gerichtsstands vorzuschlagen.

    106. Jedermann sieht ja, daß es der von den Parteien geschlossene Vertrag ist, der die verschiedenen vor dem erkennenden Gericht erhobenen Ansprüche "zusammenhält", "vereint"(62).

    107. Daraus folgt, daß ein Anspruch, der Ausdruck der Schwierigkeiten ist, die bei der Erfuellung vertraglicher Verpflichtungen auftreten können, in den Anwendungsbereich des Artikels 5 Nr. 1 des Übereinkommens fallen muß.

    108. Diese "Zentralisierung" der Zuständigkeit, die ich im Rahmen der Vertragsklagen nach Artikel 5 Nr. 1 für erforderlich gehalten habe, ist meines Erachtens noch stärker geboten, wenn es um von einem Verbraucher abgeschlossene Verträge geht, für den die Häufung von Zuständigkeiten besonders nachteilig wäre.

    109. Das Bestreben, die Rechtssicherheit und die Wirksamkeit des Rechtsschutzes in allen zur Gemeinschaft gehörenden Hoheitsgebieten zu verstärken, muß zur Anwendung des Artikels 13 Absatz 1 führen ° der Lösung, die ich auch im Zusammenhang mit Artikel 5 Nr. 1 vertreten habe.

    110. Daraus folgt meines Erachtens, daß der Begriff der Klagen aus einem Vertrag in Artikel 13 Absatz 1 eine Klage einschließt, die auf die Verletzung vertraglicher und vorvertraglicher Pflichten sowie auf ungerechtfertigte Bereicherung im Zusammenhang mit ein und demselben Kommissionsvertrag gestützt ist.

    111. Da der Begriff des Vertrages in diesem Artikel alle Aspekte des Rechtsstreits kanalisiert und die Klageansprüche einen derartigen Zusammenhang aufweisen, daß über sie entsprechend Ihrem Urteil Peters nur gemeinsam entschieden werden kann, richtet sich die Zuständigkeit des Gerichts allein nach Artikel 14.

    112. Die letzte Frage betreffend den Sachzusammenhang ist somit gegenstandslos.

    113. Ich schlage daher vor, wie folgt zu entscheiden:

    1) Ein Kläger, der nicht persönlich an einem der in Artikel 13 Absatz 1 des Brüsseler Übereinkommens aufgeführten Verträge als Vertragspartner beteiligt ist, ist kein Verbraucher im Sinne der Artikel 13 und 14 dieses Übereinkommens.

    2) Eine in einem Unterzeichnerstaat des Übereinkommens ansässige Gesellschaft, die dem Vertragspartner des Verbrauchers wirtschaftlich gehört, aber über keine Abschlußvollmacht verfügt, ist keine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung im Sinne des Artikels 13 Absatz 2 des Übereinkommens.

    3) Artikel 13 Absatz 2 des Übereinkommens ist in Ermangelung eines auslandsbezogenen Elements nicht anwendbar, wenn die Zweigniederlassung der in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft in demselben Vertragsstaat ansässig ist, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.

    Hilfsweise

    1) Ein Kommissionsvertrag, der auf die Durchführung von Devisen-, Wertpapier- und Warentermingeschäften gerichtet ist, ist im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 Nr. 3 des Übereinkommens ein Vertrag, der die Erbringung einer Dienstleistung zum Gegenstand hat.

    2) Artikel 13 Absatz 1 Nr. 3 des Übereinkommens verlangt nicht den Nachweis eines Kausalzusammenhangs zwischen der Werbung und dem Vertragsabschluß.

    3) Der Begriff der Klagen aus einem Vertrag in Artikel 13 Absatz 1 schließt eine Klage ein, die auf die Verletzung vertraglicher und vorvertraglicher Pflichten sowie auf ungerechtfertigte Bereicherung im Zusammenhang mit ein und demselben Vertrag gestützt ist.

    (*) Originalsprache: Französisch.

    (1) ° ABl. L 304, S. 1.

    (2) ° Vgl. Vorlagebeschluß, Gründe III.

    (3) ° I, Nr. 11.

    (4) ° Derartige Konflikte werden auch nach Inkrafttreten des Übereinkommens ausschließlich durch bilaterale Abkommen geregelt (vgl. Artikel 57 und 59 des Übereinkommens).

    (5) ° Bericht der Professoren Evrigenis und Kerameus über den Beitritt der Republik Griechenland zum EG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. C 298 vom 24. November 1986, S. 1, Nr. 44).

    (6) ° Vgl. O' Malley und Layton, European Civil Practice, Nr. 19.05, und Gothot und Holleaux, La Convention de Bruxelles du 27 septembre 1968, éd. Jupiter, 1985, Nr. 122.

    (7) ° Vgl. den Vorlagebeschluß, S.7.

    (8) ° Urteil vom 21. Juni 1978 in der Rechtssache 150/77 (Bertrand, Slg. 1978, 1431, Randnrn. 12 bis 19); siehe auch Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 1991, S. 149.

    (9) ° Vgl. Artikel 14 des Übereinkommens: Die Klage eines Verbrauchers ... die Klage gegen den Verbraucher .

    (10) ° Vgl. in diesem Sinn die Antwort der Bundesregierung auf die Fragen des Gerichtshofes, S. 3.

    (11) ° Urteil Bertrand/Ott, a. a. O., Randnr. 21 (Hervorhebungen durch den Verfasser). Vgl. die Hinweise in Fußnote 8.

    (12) ° Randnr. 22.

    (13) ° A. a. O. (Fußnote 8).

    (14) ° Bericht von Professor Schlosser zu dem Übereinkommen vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof (ABl. C 59 vom 5. März 1979, S. 71), Nr. 153.

    (15) ° Vgl. das Urteil vom 22. Dezember 1978 in der Rechtssache 33/78 (Somafer, Slg. 1978, 2183, Randnrn. 7 und 8 letzter Satz).

    (16) ° Rechtssache 14/76, Slg. 1976, 1497.

    (17) ° Der Begriff der Niederlassung wurde diesen gleichgestellt: a. a. O., Randnr. 21.

    (18) ° A. a. O., Randnr. 20.

    (19) ° Vgl. auch Randnr. 12 des Urteils vom 18. März 1981 in der Rechtssache 139/80 (Blanckärt & Willems, Slg. 1981, 819).

    (20) ° Rechtssache 218/86, Slg. 1987, 4905.

    (21) ° A. a. O. (Fußnote 19).

    (22) ° Randnr. 13.

    (23) ° A. a. O. (Fußnote 15).

    (24) ° Randnr. 12 (Hervorhebungen durch den Verfasser).

    (25) ° Vgl. die dritte Vorlagefrage.

    (26) ° Vgl. Bericht Schlosser, Nr. 158.

    (27) ° Bericht von Herrn P. Jenard zu dem Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. C 59 vom 5. März 1979, S. 1, 31; Hervorhebungen durch den Verfasser).

    (28) ° Der Ausdruck stammt von A. Hüt, Journal du droit international, 1979, Nr. 3, S. 681 (Anmerkung zum Urteil Somafer).

    (29) ° Schriftliche Erklärungen, S. 17 und 22.

    (30) ° Vgl. in diesem Sinn A. Hüt, a. a. O.: ... nachgeordnete Einrichtungen ° wie Fabriken oder Lager °, die keine Rechtsbeziehungen zur Kundschaft haben, sind keine Niederlassungen ... Auch Einrichtungen, die zwar in Beziehungen zu Dritten treten, jedoch nur eine Relaisstation ihres Stammhauses darstellen und nur als Organ für die Übermittlung der Anfragen der Kunden an das Stammhaus tätig werden, während die Geschäfte tatsächlich von diesem abgeschlossen werden, sind keine Zweigstellen.

    (31) ° Jenard-Bericht, S. 8; siehe auch den Bericht Schlosser, Nr. 21.

    (32) ° Droz, Compétence judiciare et effets des jugments dans le marché commun, Dalloz, 1972, Nr. 30 (Hervorhebungen durch den Verfasser).

    (33) ° Präambel des Übereinkommens (ABl. C 189 vom 28. Juli 1990, S. 2).

    (34) ° Hervorhebungen durch den Verfasser.

    (35) ° Bericht Schlosser, Nr. 153.

    (36) ° Mit Ausnahme des in Artikel 13 Absatz 3 vorgesehenen Ausschlusses der Beförderungsverträge.

    (37) ° Aufgelegt zur Unterzeichnung am 19. Juni 1980 in Rom (80/934/EWG) (ABl. L 266, S. 1).

    (38) ° Artikel 5 Absatz 1 des Römischen Übereinkommens.

    (39) ° Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ABl. C 282 vom 31. Oktober 1980, S. 1).

    (40) ° Ebenda, S. 23.

    (41) ° Schriftliche Erklärungen der Beklagten des Ausgangsverfahrens, S. 11.

    (42) ° Vgl. Artikel 1 Absatz 2 des Römischen Übereinkommens.

    (43) ° Schriftliche Erklärungen der Beklagten des Ausgangsverfahrens, S. 11.

    (44) ° P. Schlosser, Sonderanknüpfungen von zwingendem Verbraucherschutzrecht und europäisches Prozeßrecht , Festschrift für Ernst Steindorff, 1990, S. 1383. Siehe auch das Urteil des OLG Köln vom 16. März 1989, ZIP, Heft 13/89, S. 839.

    (45) ° In diesem Sinn Kropholler, a. a. O., S. 151.

    (46) ° Vgl. Bericht Schlosser, Nr. 158 b.

    (47) ° Ebenda, Nr. 158 b.

    (48) ° Vgl. in diesem Sinn Hartung, Termineinwand bei Warentermingeschäften an Auslandsbörsen , ZIP, Heft 18/92, S. 1192.

    (49) ° Rechtssache 34/82, Slg. 1983, 987.

    (50) ° Randnrn. 9 und 10,

    (51) ° Urteil vom 8. März 1988 in der Rechtssache 9/87 (Slg. 1988, 1539).

    (52) ° Randnrn. 12 und 13.

    (53) ° Randnr. 15.

    (54) ° A. a. O. (Fußnote 16).

    (55) ° Randnr. 16.

    (56) ° Schriftliche Erklärungen der Beklagten des Ausgangsverfahrens, S. 19.

    (57) ° Urteil in der Rechtssache 189/87 (Slg. 1988, 5565).

    (58) ° Randnr. 18 (Hervorhebung durch den Verfasser).

    (59) ° A. a. O. (Fußnote 49).

    (60) ° Urteil Peters, a. a. O., Randnr. 12.

    (61) ° Nrn. 27 und 29 (Slg. 1988, 5577).

    (62) ° Vgl. in diesem Sinn Kropholler, a. a. O., S. 100: Denn für eine umfassende Zuständigkeit im Vertragsgerichtsstand spricht (im Unterschied zu der abgelehnten Erweiterung der deliktischen Zuständigkeit), daß in derartigen Fällen im allgemeinen das Vertragsverhältnis und nicht das Deliktsverhältnis prägend ist, so daß die im Interesse der Prozessökonomie liegende gemeinsame Behandlung aller Ansprüche in diesem Gerichtsstand nicht nur praktisch, sondern auch sachgerecht erschiene.

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