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Document 61984CC0110

Schlussanträge des Generalanwalts Sir Gordon Slynn vom 11. Juli 1985.
Gemeinde Hillegom gegen Cornelis Hillenius.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Hoge Raad - Niederlande.
Richtlinie 77/780/EWG - Berufsgeheimnis der Bediensteten der für die Zulassung und die Überwachung der Kreditinistitute zuständigen Behörden.
Rechtssache 110/84.

Sammlung der Rechtsprechung 1985 -03947

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1985:333

SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

SIR GORDON SLYNN

vom 11. Juli 1985 ( *1 )

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

Diese Vorlage gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag bezieht sich auf die Richtlinie 77/780 des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. 1977, L 322, S. 30).

Nach der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten vorzuschreiben, daß Kreditinstitute vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit eine Zulassung durch die Aufsichtsbehörden erhalten. Diese Zulassung darf nur erteilt werden, wenn die in der Richtlinie niedergelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Außerdem unterliegen Kreditinstitute einer ständigen Überwachung, und die Aufsichtsbehörde kann die einem Kreditinstitut erteilte Zulassung nach Artikel 8 unter bestimmten Voraussetzungen entziehen. Dementsprechend sieht Artikel 7 vor, daß die Aufsichtsbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten eng zusammenarbeiten, um Kreditinstitute zu überwachen, die in mehr als einem Mitgliedstaat tätig sind. Dieselbe Vorschrift bestimmt, daß sie zu diesem Zweck einander „alle Informationen über die Leitung, die Verwaltung und die Eigentumsverhältnisse ... [mitteilen sollen], welche die Aufsicht über die Kreditinstitute und die Prüfung der Voraussetzungen für ihre Zulassung sowie die Überwachung ihrer Liquidität und ihrer

Zahlungsfähigkeit erleichtern können“. Um sicherzustellen, daß die Aufsichtsbehörden diese Aufgaben ungehindert wahrnehmen können, war natürlich eine Vorschrift über die Vertraulichkeit erforderlich.

Artikel 12 bestimmt:

„1)

Die Mitgliedstaaten sehen vor, daß alle Personen, die bei den zuständigen Behörden tätig sind oder waren, dem Berufsgeheimnis unterliegen. Dies bedeutet, daß vertrauliche Auskünfte, die sie in ihrer beruflichen Eigenschaft erhalten, nur aufgrund von Rechtsvorschriften an irgendeine Person oder Behörde weitergegeben werden dürfen.

2)

Absatz 1 steht jedoch dem in dieser Richtlinie vorgesehenen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der verschiedenen Mitgliedstaaten nicht entgegen. Diese ausgetauschten Auskünfte fallen unter das Berufsgeheimnis der Personen, die bei der zuständigen Behörde tätig sind oder tätig waren, welche diese Auskünfte erhält.

3)

Unbeschadet der Fälle, die unter das Strafrecht fallen, darf die Behörde, welche die Informationen erhält, diese nur verwenden, um die Zulassungsbedingungen der Kreditinstitute zu prüfen und die Überwachung der Liquidität und der Zahlungsfähigkeit der betreffenden Kreditinstitute und der Bedingungen für ihre Tätigkeitsausübung zu erleichtern; ferner darf sie sie verwenden, wenn gegen die Beschlüsse der zuständigen Behörde Einspruch erhoben wird oder wenn es sich um Rechtsverfahren handelt, die gemäß Artikel 13 eingeleitet werden.“

Zu der Vorlage kam es folgendermaßen: Am 27. Juli 1981 zahlte die klägerische Gemeinde 600000 HFL bei der Amsterdam American Bank NV ein. Am 23. Oktober 1981 wurde diese Bank für zahlungsunfähig erklärt. Am 2. August 1982 erging auf Antrag der Gemeinde eine Anordnung auf vorläufige Zeugenvernehmung, ein Verfahren, das nach niederländischem Recht möglich ist, bevor ein Rechtsstreit anhängig gemacht wird. Der Beklagte Hillenius, einer der Zeugen, war geladen, um zu den Konkurs betreffenden Fragen auszusagen, und erschien ordnungsgemäß vor Gericht. Er ist Leiter der Buchhaltungsabteilung der Nederlandsche Bank NV, der niederländischen Zentralbank, die nach der Richtlinie die Aufsichtsbehörde für Banken in den Niederlanden ist. Vor Gericht lehnte der Beklagte die Beantwortung einer Reihe von Fragen mit der Begründung ab, daß sie unter das Bankgeheimnis fielen. Diese Fragen bezogen sich auf die Art und Weise, in der die Nederlandsche Bank die Aufsicht über die in Konkurs gefallene Bank ausgeübt hatte, und betrafen insbesondere verschiedene lateinamerikanische Transaktionen. Der Zweck der Fragen war wohl der, die Überzeugung des Klägers zu untermauern, daß die Zentralbank die Tätigkeit der American Amsterdam Bank nicht ordentlich beaufsichtigt habe. Wie Herr Hillenius in seinem schriftlichen Vorbringen erklärt hat, habe er die volle Unterstützung der Zentralbank.

Bei dem Streit darüber, ob Herr Hillenius verpflichtet war, die betreffenden Auskünfte zu erteilen, geht es insbesondere um Artikel 12 der Richtlinie 77/780, jedoch sind auch zwei Vorschriften des niederländischen Rechts einschlägig. Eine davon ist Artikel 46 Absatz 1 der Wet Toezicht Kredietwezen (Gesetz über die Aufsicht im Kreditwesen), der geändert wurde, um die Richtlinie umzusetzen. Soweit hier erheblich, lautet er wie folgt:

„Jedem, der aufgrund der Anwendung dieses Gesetzes oder der gemäß diesem Gesetz erlassenen Beschlüsse eine bestimmte Aufgabe wahrnimmt, ist es verboten, von aufgrund dieses Gesetzes erteilten Angaben oder Auskünften oder von bei der Prüfung von Büchern und Dokumenten erhaltenen Angaben und Auskünften weiter oder anders Gebrauch zu machen oder sie weiter oder anders bekanntzumachen, als für die Ausübung seiner Aufgabe oder durch dieses Gesetz verlangt wird.“

Die andere Vorschrift ist Artikel 1946 des Burgerlijk Wetboek (Bürgerliches Gesetzbuch), die, soweit erheblich, folgenden Wortlaut hat:

„Alle Personen, die Zeuge sein können, sind verpflichtet, vor Gericht auszusagen.

Es können jedoch die Zeugenaussage verweigern :

...

3)

Alle, die aufgrund ihres Standes, Berufes oder ihrer gesetzlichen Stellung zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, jedoch nur und ausschließlich in bezug auf die Kenntnisse, die ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden sind.“

Die Rechtbank wies den Einwand des Herrn Hillenius, daß er nicht verpflichtet sei, bestimmte Fragen zu beantworten, zurück; der gegen diese Entscheidung angerufene Gerechtshof erkannte den Einwand jedoch an.

Die Sache gelangte schließlich zum Hoge Raad (dem obersten Gericht der Niederlande), der aufgrund dieser sich widersprechenden Auffassungen folgende drei Fragen dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt hat:

„1)

Bezieht sich Artikel 12 Absatz 1, der bestimmt, was die Mitgliedstaaten vorzusehen haben, auch auf die Aussagen der in diesem Absatz Satz 1 genannten Personen als Zeugen in einem Zivilprozeß?

2)

Wenn ja, ist Artikel 12 Absatz 1 so zu verstehen, daß in bezug auf derartige Aussagen nur dann eine auf einer Rechtsvorschrift beruhende Ausnahme — im Sinne des mit ‚nur‘ beginnenden letzten Satzteils von Artikel 12 Absatz 1 — angenommen werden darf, wenn sie aus einer Rechtsvorschrift hergeleitet werden kann, die speziell darauf gerichtet ist, eine Ausnahme vom Verbot der Weitergabe solcher Auskünfte zu machen?

3)

Oder läßt es — noch immer von einer Bejahung der ersten Frage ausgehend — Artikel 12 Absatz 1 zu, eine allgemeine Bestimmung wie Artikel 1946 Absatz 1 des Burgerlijk Wetboek als eine Rechtsvorschrift zu betrachten, nach der die in Artikel 12 Absatz 1 genannten Auskünfte weitergegeben werden dürfen?“

Erklärungen sind von den Parteien des Ausgangsverfahrens, von der Kommission sowie von der deutschen und der italienischen Regierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs eingereicht worden.

Meinem Verständnis der Vorschrift nach wird in Artikel 12 Absatz 1 der allgemeine Grundsatz aufgestellt. Keine vertraulichen Auskünfte, die ein Bediensteter (oder ein früherer Bediensteter) einer zuständigen Behörde erhalten hat, dürfen an irgendeine Person oder Behörde weitergegeben werden, es sei denn aufgrund von Rechtsvorschriften. Dies erfaßt alle vertraulichen Auskünfte jeder beliebigen Quelle; die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, daß in bezug auf alle derartigen Auskünfte ein durchsetzbarer Anspruch auf Wahrung des Berufsgeheimnisses besteht.

Absatz 2 regelt eine besondere Fallgestaltung, die unter den allgemeinen Grundsatz fällt. Das generelle Verbot, vertrauliche Auskünfte zu verbreiten, hindert die zuständigen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran, diese Auskünfte an die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten weiterzugeben. Es liegt auf der Hand, daß dies notwendig ist, wenn die Aufsicht und die Zusammenarbeit, die die Richtlinie bezweckt, wirksam sein sollen. Das Verbot gilt jedoch für die Bediensteten oder ehemaligen Bediensteten der zuständigen Behörden des Mitgliedstaates, die die Auskünfte erhalten.

Absatz 3 behandelt nicht die Weitergabe von Informationen, sondern ihre „Verwendung“. Verwendung kann die Weitergabe einschließen, wenn aber eine Information nur intern für die Zwecke der Entscheidungsfindung verwendet wird, schließt dies nicht notwendigerweise die Weitergabe ein. Unbeschadet der Fälle, die unter das Strafrecht fallen, dürfen Informationen, die die zuständigen Behörden erhalten haben, nur für die angegebenen Zwecke verwendet werden, d. h. um die Zulassungsbedingungen der Kreditinstitute zu prüfen und die Überwachung der Zahlungsfähigkeit und der Bedingungen für ihre Tätigkeitsausübung zu erleichtern. Sie dürfen nicht für andere Zwecke verwendet werden. Meiner Ansicht nach verweisen „die Informationen“ in Absatz 3 auf den Absatz 1 und sind nicht nur auf die in Absatz 2 genannten Auskünfte beschränkt. Wenn das Gegenteil beabsichtigt gewesen wäre, hätte meiner Ansicht nach Absatz 3 ein Unterabsatz von Absatz 2 sein oder auf die „in Absatz 2 genannten Informationen“ verweisen müssen. In der französischen Fassung verweisen „les informations“ in Absatz 3 auf „les informations confidentielles“ in Absatz 1, und nicht auf „ces informations“ in Absatz 2.

Ich stimme daher der Auffassung der Kommission nicht zu, die klar zwischen Absatz 1 einerseits (der alle Informationen betreffe, die auf andere Weise als von den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten eingeholt worden seien) und den Absätzen 2 und 3 andererseits (Informationen von den zuständigen Stellen anderer Mitgliedstaaten) unterscheidet.

Was die erste Frage angeht, sehe ich keinen stichhaltigen Grund dafür, das Verbot in Artikel 12 Absatz 1 dahin auszulegen, daß es nicht für den Fall gilt, daß Bedienstete oder ehemalige Bedienstete der zuständigen Behörden in einem Zivilverfahren als Zeugen aussagen sollen. Es mag ein ungewöhnlicher Sprachgebrauch sein, ein Gericht in Zivilsachen als „irgendeine Person oder Behörde“ zu bezeichnen, aber in der Richtlinie schließen diese Worte meiner Ansicht nach ein Gericht ein. Wenn das Verbot der Weitergabe — vorbehaltlich von „Rechtsvorschriften“ — nicht generell besteht, werden die zuständigen Behörden die Informationen, die sie benötigen, nicht erhalten. Ich stimme dem Vorbringen der Gemeinde Hillegom nicht zu, daß eine solche Zeugenaussage eine Frage des Verfahrensrechts sei, die nicht unter Artikel 12 falle. Ich für meinen Teil würde die erste Frage bejahen.

Die zweite Frage geht dahin, ob die Rechtsvorschriften speziell für die Zwecke der Richtlinie erlassen sein müssen. Meiner Ansicht nach sind diese Vorschriften nicht notwendigerweise in dieser Hinsicht beschränkt. Wenn bereits bestehende innerstaatliche Rechtsvorschriften eine Ausnahme zu den im einzelnen in der Richtlinie geregelten Fragen in einer Weise zulassen, die mit der Richtlinie vereinbar ist, dann kann diese rechtliche Regelung eine „Rechtsvorschrift“ im Sinne der Richtlinie darstellen. Das Vereinigte Königreich vertritt die Auffassung, daß zu derartigen Vorschriften sowohl Gerichtsentscheidungen als auch Gesetzesrecht gehören können. Im System des Common law erscheint es notwendig oder zumindest wünschenswert, daß eine derartige Ausnahme einbezogen wird. Da aber alle sprachlichen Fassungen der Richtlinie dieselbe Bedeutung haben müssen, ist es für die Beantwortung dieser Frage erforderlich, sich die anderen Fassungen anzusehen. So, wie ich es verstehe, scheinen sie auf Gesetzesrecht beschränkt und erfassen keine Gerichtsentscheidungen. So ist in der französischen Fassung von „dispositions législatives“ und in der deutschen von „Rechtsvorschriften“ die Rede. Da nicht ausdrücklich auf Gerichtsentscheidungen (insbesondere des Vereinigten Königreichs und Irlands) hingewiesen wird, muß der Wortlaut in der englischen Fassung meiner Ansicht nach dahin ausgelegt werden, daß er sich auf Gesetzesrecht bezieht.

Die dritte Frage ist schwieriger zu beantworten. Würde man die Unterscheidung der Kommission zwischen a) Absatz 1 und b) den Absätzen 2 und 3 bejahen, könnte ein Unterschied zwischen den Rechtsvorschriften, die für die Zwecke des Artikels 12 Absatz 1 in bezug auf in anderer Weise als von den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten erhaltene Informationen erlassen worden sind, und den in Absatz 3 aufgeführten besonderen Möglichkeiten der Verwendung der von solchen anderen Behörden verlangten Informationen bestehen. Unter der Voraussetzung, daß diese Zweiteilung nicht besteht, läßt sich immer noch überzeugend die Auffassung vertreten, daß die „Rechtsvorschriften“ im Sinne von Artikel 12 Absatz 1 auf die in Artikel 12 Absatz 3 angegebenen Arten der Verwendung beschränkt sein müssen. Auf dieser Grundlage ist vorgetragen worden, daß die dritte Frage zu verneinen sei, da Gesetze der in Frage stehenden Art nicht unter Artikel 12 Absatz 3 fielen.

Das stärkste Argument für diese Auffassung besteht darin, daß die Mitgliedstaaten anderenfalls bei der Zulassung von Ausnahmen einen weiten Ermessensspielraum hätten; die innerstaatlichen Gerichte finden in der Richtlinie keine Kriterien, die ihnen die Entscheidung ermöglichen würde, ob Ausnahmen mit der Richtlinie vereinbar sind. Im Ergebnis würde eine starke Rechtsunsicherheit entstehen.

Trotz der Bedeutung dieses Arguments bin ich zu der Schlußfolgerung gelangt, daß ihm nicht zu folgen ist. Auch wenn innerstaatliche Rechtsvorschriften sicherstellen müssen, daß die Informationen für die in Artikel 12 Absatz 3 genannten Zwecke verwendet werden können, so sind diese Rechtsvorschriften, worunter ich innerstaatliches Recht verstehe, doch nicht auf diese Zwecke beschränkt. Die Richtlinie ist ein erster Schritt bei der Anpassung der nationalen Rechtsvorschriften über Kreditinstitute. Nationale Rechtsvorschriften über vertrauliche Informationen und das Recht oder die Pflicht, Angaben zu verweigern, sind unterschiedlich und bisher noch nicht harmonisiert worden. Beim derzeitigen Stand der Dinge haben die Mitgliedstaaten nach meiner Ansicht — mag das Ergebnis auch bedauerlicherweise unpräzise sein — ein Ermessen gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie, Ausnahmen von den Weitergabeverboten, die nicht auf die in Artikel 12 Absatz 3 genannten Fallgestaltungen beschränkt sind, aufrechtzuerhalten oder einzuführen. Solche Ausnahmen müssen jedoch mit dem Zweck der Richtlinie insgesamt vereinbar sein. Ausnahmen, die die Weitergabe von Informationen an die zuständige Behörde ernstlich behindern würden oder die schwerwiegende Auswirkungen auf die Stabilität von Kreditinstituten haben könnten und nicht durch andere wichtigere Überlegungen des öffentlichen Interesses gerechtfertigt werden können, wären mit dem Ziel der Richtlinie insgesamt nicht vereinbar.

Die Schwierigkeiten, die diese Lösung mit sich bringt, rühren vom gegenwärtigen Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts her. Da eine eindeutige Formulierung fehlt, lassen sie sich nach meiner Ansicht auch nicht dadurch vermeiden, daß man die in Artikel 12 Absatz 3 angegebenen Verwendungszwecke als eine Beschränkung der Befugnis der Mitgliedstaaten versteht, geeignete Rechtsvorschriften im Sinne von Artikel 12 Absatz 1 aufrechtzuerhalten oder einzuführen.

Rechtsvorschriften der in Artikel 1946 des Burgerlijk Wetboek enthaltenen Art sind meiner Ansicht nach nicht prima facie unvereinbar mit Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie.

Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie 83/350/EWG des Rates vom 18. Juli 1983 (ABl. 1983, L 193, S. 18) scheinen mir die Schlußfolgerungen, zu denen ich soeben gelangt bin, nicht zu berühren.

Die Vorlagefragen sind daher meiner Ansicht nach wie folgt zu beantworten:

1)

Die Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses, die in Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 77/780 des Rates niedergelegt ist, erstreckt sich auf Zeugenaussagen in einem Zivilprozeß, die von den in dieser Vorschrift genannten Personen gemacht werden.

2)

Gesetzesvorschriften können „Rechtsvorschriften“ im Sinne von Artikel 12 Absatz 1 auch dann darstellen, wenn sie nicht speziell zur Durchführung dieses Artikels erlassen worden sind, sofern sich aus ihrem Wortlaut hinreichend klar ergibt, daß sie sich auf die betreffende Materie beziehen.

3)

„Rechtsvorschriften“ im Sinne von Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie können nicht nur die Vorschriften sein, die sich auf die in Artikel 12 Absatz 3 der Richtlinie angegebenen Verwendungszwecke beziehen, sondern auch andere innerstaatliche Vorschriften, die die Verpflichtung, in einem Zivilprozeß als Zeuge auszusagen, betreffen und die mit den Zielen der Richtlinie insgesamt nicht unvereinbar sind.

Die Kommission und die Regierungen, die sich an dem Verfahren beteiligt haben, haben ihre Kosten selbst zu tragen. Die Entscheidung über die Kosten der Parteien des Ausgangsverfahrens ist Sache des vorlegenden Gerichts.


( *1 ) Aus dem Englischen übersetzt.

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