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Document 62022CC0626

    Schlussanträge der Generalanwältin J. Kokott vom 14. Dezember 2023.


    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2023:990

     SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

    JULIANE KOKOTT

    vom 14. Dezember 2023 ( 1 )

    Rechtssache C‑626/22

    C. Z. u. a.

    gegen

    Ilva SpA in Amministrazione Straordinaria u. a.

    (Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale di Milano [Regionalgericht Mailand, Italien])

    „Vorabentscheidungsersuchen – Richtlinie 2010/75 – Industrieemissionen – Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung – Überprüfung und Aktualisierung der Genehmigungsauflagen – Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit“

    I. Einleitung

    1.

    Das Stahlwerk Ilva in Tarent, Italien, ist einerseits eine der größten Anlagen dieser Art in Europa und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Andererseits verursacht es nach den Feststellungen des EGMR erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen und beeinträchtigt die Gesundheit der Anwohner. ( 2 )

    2.

    Die unionsrechtlichen Anforderungen an eine solche Anlage sind im Wesentlichen in der Richtlinie über Industrieemissionen ( 3 ) niedergelegt sowie in Rechtsakten über die besten verfügbaren Techniken, den sogenannten BVT‑Schlussfolgerungen, die die Kommission gemeinsam mit Interessenvertretern und Vertretern der Mitgliedstaaten erarbeitet hat.

    3.

    Aus einem Rechtsstreit darüber, ob das Stahlwerk Ilva im Einklang mit diesen Anforderungen betrieben wird, wird der Gerichtshof gefragt, welche Bedeutung bestimmten Informationen zu den Auswirkungen des Stahlwerks auf die menschliche Gesundheit zukommt und welche Emissionen zu berücksichtigen sind. Außerdem wird gefragt, ob es zulässig ist, die Frist für die Umsetzung bestimmter Genehmigungsauflagen immer wieder zu verlängern.

    4.

    Der Gerichtshof hatte zwar jüngst bereits Gelegenheit, bestimmte Fragen zur Festlegung von Grenzwerten bei der Anlagengenehmigung zu untersuchen. ( 4 ) Dieses Vorabentscheidungsersuchen gibt ihm jedoch Gelegenheit, sich intensiver mit den allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen nach der Richtlinie über Industrieemissionen zu beschäftigen.

    II. Rechtlicher Rahmen

    A.   Unionsrecht

    5.

    Die Richtlinie über Industrieemissionen hat die Richtlinie 2008/1/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, ( 5 ) die die Richtlinie 96/61/EG ( 6 ) über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung ohne inhaltliche Änderungen kodifiziert hatte, neu gefasst. Doch viele Regelungen der drei Richtlinien sind identisch oder zumindest sehr ähnlich.

    6.

    Das vorlegende Gericht bezieht sich in seinen Fragen zwar auf viele Erwägungsgründe und Regelungen der Richtlinie über Industrieemissionen, maßgeblich sind aber nur die folgenden Bestimmungen.

    7.

    Art. 3 der Richtlinie über Industrieemissionen definiert verschiedene Begriffe:

    „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

    2.

    ‚Umweltverschmutzung‘ die durch menschliche Tätigkeiten direkt oder indirekt bewirkte Freisetzung von Stoffen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in Luft, Wasser oder Boden, die der menschlichen Gesundheit oder der Umweltqualität schaden oder zu einer Schädigung von Sachwerten bzw. zu einer Beeinträchtigung oder Störung von Annehmlichkeiten und anderen legitimen Nutzungen der Umwelt führen können;

    3.

    ‚Anlage‘ eine ortsfeste technische Einheit, in der eine oder mehrere der in Anhang I oder Anhang VII Teil 1 genannten Tätigkeiten[ ( 7 )] sowie andere unmittelbar damit verbundene Tätigkeiten am selben Standort durchgeführt werden, die mit den in den genannten Anhängen aufgeführten Tätigkeiten in einem technischen Zusammenhang stehen und die Auswirkungen auf die Emissionen und die Umweltverschmutzung haben können;

    5.

    ‚Emissionsgrenzwert‘ die im Verhältnis zu bestimmten spezifischen Parametern ausgedrückte Masse, die Konzentration und/oder das Niveau einer Emission, die in einem oder mehreren Zeiträumen nicht überschritten werden dürfen;

    10.

    ‚beste verfügbare Techniken‘ den effizientesten und fortschrittlichsten Entwicklungsstand der Tätigkeiten und entsprechenden Betriebsmethoden, der bestimmte Techniken als praktisch geeignet erscheinen lässt, als Grundlage für die Emissionsgrenzwerte und sonstige Genehmigungsauflagen zu dienen, um Emissionen in und Auswirkungen auf die gesamte Umwelt zu vermeiden oder, wenn dies nicht möglich ist, zu vermindern:

    a)

    ‚Techniken‘: sowohl die angewandte Technologie als auch die Art und Weise, wie die Anlage geplant, gebaut, gewartet, betrieben und stillgelegt wird;

    b)

    ‚verfügbare Techniken‘: die Techniken, die in einem Maßstab entwickelt sind, der unter Berücksichtigung des Kosten/Nutzen-Verhältnisses die Anwendung unter in dem betreffenden industriellen Sektor wirtschaftlich und technisch vertretbaren Verhältnissen ermöglicht, gleich, ob diese Techniken innerhalb des betreffenden Mitgliedstaats verwendet oder hergestellt werden, sofern sie zu vertretbaren Bedingungen für den Betreiber zugänglich sind;

    c)

    ‚beste‘: die Techniken, die am wirksamsten zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt sind“.

    8.

    Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie über Industrieemissionen sieht einen Genehmigungsvorbehalt vor:

    „Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass keine Anlage, Feuerungsanlage, Abfallverbrennungsanlage oder Abfallmitverbrennungsanlage ohne eine Genehmigung betrieben wird.

    …“

    9.

    Art. 5 der Richtlinie über Industrieemissionen verweist für die Voraussetzungen einer Genehmigung auf die Richtlinie:

    „Unbeschadet sonstiger Anforderungen aufgrund einzelstaatlichen Rechts oder Unionsrechts erteilt die zuständige Behörde eine Genehmigung, wenn die Anlage den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht.“

    10.

    Die Durchsetzung von Genehmigungsauflagen ist in Art. 8 der Richtlinie über Industrieemissionen geregelt:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Genehmigungsauflagen eingehalten werden.

    (2)   Bei einer Nichteinhaltung der Genehmigungsauflagen stellen die Mitgliedstaaten Folgendes sicher:

    a)

    [D]er Betreiber informiert unverzüglich die zuständige Behörde;

    b)

    der Betreiber ergreift unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Einhaltung der Anforderungen so schnell wie möglich wieder hergestellt wird;

    c)

    die zuständige Behörde verpflichtet den Betreiber, alle weiteren geeigneten Maßnahmen zu treffen, die ihres Erachtens erforderlich sind, um die Einhaltung der Anforderungen wieder herzustellen.

    Wenn ein Verstoß gegen die Genehmigungsauflagen eine unmittelbare Gefährdung der menschlichen Gesundheit verursacht oder eine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Umwelt darstellt, wird der weitere Betrieb der Anlage, Feuerungsanlage, Abfallverbrennungsanlage, Abfallmitverbrennungsanlage oder des betreffenden Teils der Anlage ausgesetzt, bis die erneute Einhaltung der Anforderungen gemäß Unterabs. 1 Buchst. b und c sichergestellt ist.“

    11.

    Art. 10 der Richtlinie über Industrieemissionen regelt den Anwendungsbereich von Kapitel II:

    „Dieses Kapitel gilt für die Tätigkeiten, die in Anhang I aufgelistet sind und bei denen gegebenenfalls die in dem genannten Anhang festgelegten Kapazitätsschwellen erreicht werden.“

    12.

    Art. 11 der Richtlinie über Industrieemissionen enthält die allgemeinen Prinzipien der Grundpflichten der Betreiber. Hervorzuheben sind die Buchst. a bis c:

    „a) Es werden alle geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzungen getroffen;

    b) die besten verfügbaren Techniken werden angewandt;

    c) es werden keine erheblichen Umweltverschmutzungen verursacht“.

    13.

    Der Inhalt des Genehmigungsantrags ist Gegenstand von Art. 12 der Richtlinie über Industrieemissionen. Nach Abs. 1 Buchst. f und g sollen Emissionen und Technologien beschrieben werden:

    „Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit ein Genehmigungsantrag eine Beschreibung von Folgendem enthält:

    f)

    Art und Menge der vorhersehbaren Emissionen aus der Anlage in jedes einzelne Umweltmedium sowie Feststellung von erheblichen Auswirkungen der Emissionen auf die Umwelt;

    g)

    vorgesehene Technologie und sonstige Techniken zur Vermeidung der Emissionen aus der Anlage oder, sofern dies nicht möglich ist, Verminderung derselben“.

    14.

    Art. 13 der Richtlinie über Industrieemissionen enthält Regelungen darüber, wie die Kommission mit den Mitgliedstaaten, den betreffenden Industriezweigen und den Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, die besten verfügbaren Techniken identifiziert.

    15.

    Die Genehmigungsauflagen zur Einhaltung der Grundpflichten nach Art. 11 der Richtlinie über Industrieemissionen und weiter reichender Umweltqualitätsnormen nach Art. 18 sind in Art. 14 geregelt:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Genehmigung alle Maßnahmen umfasst, die zur Erfüllung der in den Art. 11 und 18 genannten Genehmigungsvoraussetzungen notwendig sind.

    Diese Maßnahmen umfassen mindestens Folgendes:

    a)

    Emissionsgrenzwerte für die Schadstoffe der Liste in Anhang II … und für sonstige Schadstoffe, die von der betreffenden Anlage unter Berücksichtigung der Art der Schadstoffe und der Gefahr einer Verlagerung der Verschmutzung von einem Medium auf ein anderes in relevanter Menge emittiert werden können;

    (2)   Für die Zwecke von Abs. 1 Buchst. a können die Emissionsgrenzwerte durch äquivalente Parameter bzw. äquivalente technische Maßnahmen, die ein gleichwertiges Umweltschutzniveau gewährleisten, erweitert oder ersetzt werden.

    (3)   Die BVT‑Schlussfolgerungen dienen als Referenzdokument für die Festlegung der Genehmigungsauflagen.

    (4)   Unbeschadet des Art. 18 darf die zuständige Behörde strengere Genehmigungsauflagen vorgeben, als sie mit der Verwendung der in den BVT‑Schlussfolgerungen beschriebenen besten verfügbaren Techniken einzuhalten sind. Die Mitgliedstaaten können Regeln festlegen, nach denen die zuständige Behörde solche strengeren Auflagen vorgeben kann.

    (5) …

    (6)   Liegen für eine Tätigkeit oder einen Typ eines Produktionsprozesses, die bzw. der innerhalb einer Anlage durchgeführt wird, keine BVT‑Schlussfolgerungen vor oder decken diese Schlussfolgerungen nicht alle potenziellen Umweltauswirkungen der Tätigkeit oder des Prozesses ab, so legt die zuständige Behörde nach vorheriger Konsultation des Betreibers auf der Grundlage der besten verfügbaren Techniken, die sie für die betreffenden Tätigkeiten oder Prozesse bestimmt hat, die Genehmigungsauflagen fest, wobei sie den Kriterien des Anhangs III besonders Rechnung trägt.

    (7) …“

    16.

    Art. 15 Abs. 2 und 3 der Richtlinie über Industrieemissionen enthält die vorliegend einschlägigen Regelungen über die Festlegung von Emissionsgrenzwerten:

    „(2)   Die in Art. 14 Abs. 1 und 2 genannten Emissionsgrenzwerte, äquivalenten Parameter und äquivalenten technischen Maßnahmen sind vorbehaltlich des Art. 18 auf die besten verfügbaren Techniken zu stützen, ohne dass die Anwendung einer bestimmten Technik oder Technologie vorgeschrieben wird.

    (3)   Die zuständige Behörde legt Emissionsgrenzwerte fest, mit denen sichergestellt wird, dass die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, wie sie in den Entscheidungen über die BVT‑Schlussfolgerungen gemäß Art. 13 Abs. 5 festgelegt sind, nicht überschreiten, und trifft hierzu eine der beiden folgenden Maßnahmen:

    a)

    Festlegung von Emissionsgrenzwerten, die die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte nicht überschreiten. Diese Emissionsgrenzwerte werden für die gleichen oder kürzere Zeiträume und unter denselben Referenzbedingungen ausgedrückt wie die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte; oder

    b)

    Festlegung von Emissionsgrenzwerten, die in Bezug auf Werte, Zeiträume und Referenzbedingungen von den in Buchst. a aufgeführten Emissionsgrenzwerten abweichen.

    Kommt Buchst. b zur Anwendung, so bewertet die zuständige Behörde mindestens jährlich die Ergebnisse der Emissionsüberwachung, um sicherzustellen, dass die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte nicht überschritten haben.“

    17.

    Art. 18 der Richtlinie über Industrieemissionen sieht zusätzliche Auflagen zur Einhaltung von Umweltqualitätsnormen vor:

    „Erfordert eine Umweltqualitätsnorm strengere Auflagen, als durch die Anwendung der besten verfügbaren Techniken zu erfüllen sind, so werden unbeschadet anderer Maßnahmen, die zur Einhaltung der Umweltqualitätsnormen ergriffen werden können, zusätzliche Auflagen in der Genehmigung vorgesehen.“

    18.

    Art. 21 der Richtlinie über Industrieemissionen betrifft die regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der Genehmigungsauflagen. Eine Überprüfung ist insbesondere innerhalb von vier Jahren nach der Entscheidung über neue BVT‑Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (Abs. 3) notwendig, nach dem Erlass neuer oder überarbeiteter Umweltqualitätsnormen (Abs. 5 Buchst. c) und wenn die

    „durch die Anlage verursachte Umweltverschmutzung … so stark [ist], dass die in der Genehmigung festgelegten Emissionsgrenzwerte überprüft oder in der Genehmigung neue Emissionsgrenzwerte vorgesehen werden müssen“ (Abs. 5 Buchst. a).

    B.   Italienisches Recht und Entwicklung der Genehmigung

    1. Allgemeine Regelung

    19.

    Italien hat die Richtlinie über Industrieemissionen durch das Decreto legislativo n. 152 del 2006 „Norme in materia ambientale“ (Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 152 von 2006 „Umweltvorschriften“), auch „Testo unico Ambiente“ (Umweltgesetz) genannt, umgesetzt.

    2. Sonderregelung von 2012

    20.

    Allerdings enthält das Decreto legge 3 dicembre 2012, n. 207 (Gesetzesdekret Nr. 207 vom 3. Dezember 2012), das durch das Gesetz Nr. 231 vom 24. Dezember 2012 mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt wurde, Sonderbestimmungen für das streitgegenständliche Stahlwerk. Diese wurden eingeführt, nachdem der Ermittlungsrichter des Tribunale di Tarent (Regionalgericht Tarent, Italien) im Jahr 2012 die vorläufige Beschlagnahme der Anlagen und Materialien von Ilva ohne Nutzungsmöglichkeit angeordnet hatte.

    21.

    In Art. 1 Abs. 1 des Gesetzesdekrets Nr. 207 wurde der Begriff der „Betriebsstätte von nationaler strategischer Bedeutung“ eingeführt. Es ist vorgesehen, dass der Umweltminister im Fall absoluter Notwendigkeit zur Sicherung der Beschäftigung und der Produktion während der Überprüfung der integrierten Umweltgenehmigung die Fortsetzung der Tätigkeit für 36 Monate genehmigen kann, sofern die darin enthaltenen Bestimmungen eingehalten werden, auch wenn die Justizbehörden das Vermögen des Unternehmens beschlagnahmt haben, und ohne dass die Ausübung der Geschäftstätigkeit beeinträchtigt wird.

    22.

    In Art. 1a Abs. 1 des Gesetzesdekrets Nr. 207 heißt es, dass die zuständigen Gesundheitsbehörden in allen Gebieten, in denen es Betriebsstätten von nationaler strategischer Bedeutung gibt, „gemeinsam einen Bericht zur Bewertung von Gesundheitsschäden erstellen, der mindestens einmal jährlich aktualisiert wird, auch auf der Grundlage des regionalen Tumorregisters und der epidemiologischen Karten der wichtigsten umweltbedingten Krankheiten“.

    23.

    In Art. 3 des Gesetzesdekrets Nr. 207 wird festgestellt, dass „das Stahlwerk des Unternehmens ILVA S.p.A. in Tarent … eine Betriebsstätte von nationaler strategischer Bedeutung [darstellt]“, und das Unternehmen Ilva wird ermächtigt, innerhalb der durch die Bestimmungen der integrierten Umweltgenehmigung von 2012 erlaubten Grenzen für einen Zeitraum von 36 Monaten ab dem Inkrafttreten des Gesetzesdekrets (also bis 3. Dezember 2015) „die Produktionstätigkeit im Werk und die Vermarktung der Produkte fortzusetzen“.

    3. Sonderregelung von 2013

    24.

    Im Jahr 2013 wurde das Decreto legge 4 giugno 2013, n. 61 (Gesetzesdekret Nr. 61 vom 4. Juni 2013) erlassen, das durch das Gesetz Nr. 89 vom 3. August 2013 mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt wurde.

    25.

    Insbesondere sieht Art. 1 Abs. 1 des Gesetzesdekrets Nr. 61 als allgemeine Regel vor, dass jedes Unternehmen von bestimmter Größe, das mindestens eine Industriestätte von strategischer nationaler Bedeutung betreibt, unter außerordentliche kommissarische Leitung gestellt werden kann, wenn „die Produktionstätigkeit aufgrund der wiederholten Nichteinhaltung der integrierten Umweltgenehmigung … bei objektiver Betrachtung schwerwiegende Gefahren für die Unversehrtheit der Umwelt und der Gesundheit mit sich gebracht hat und mit sich bringt“.

    26.

    Art. 2 Abs. 1 des Gesetzesdekrets Nr. 61 bestimmt, dass für das Unternehmen Ilva die Voraussetzungen für die außerordentliche kommissarische Leitung „gegeben sind“.

    27.

    Art. 1 Abs. 5 des Gesetzesdekrets Nr. 61 sieht außerdem vor, dass zeitgleich mit der Ernennung des außerordentlichen kommissarischen Leiters ein Ausschuss aus drei Sachverständigen in Übereinstimmung mit den Normen der Europäischen Union und den internationalen Standards sowie den nationalen und regionalen Gesetzen den „Maßnahmen- und Aktivitätsplan für den Umwelt- und Gesundheitsschutz, der die Maßnahmen und Zeitrahmen vorsieht, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Bestimmungen des Gesetzes und der integrierten Umweltgenehmigung zu gewährleisten“, erstellen muss; die Ausschussmitglieder werden aus Personen mit nachgewiesener Erfahrung und Kompetenz im Umwelt- und Gesundheitsschutz und in der Anlagentechnik ausgewählt und vom Umweltminister nach Anhörung der Minister für Gesundheit und für wirtschaftliche Entwicklung ernannt.

    28.

    Nach Art. 1 Abs. 7 des Gesetzesdekrets Nr. 61 kommt die Genehmigung eines solchen Plans durch Dekret des Präsidenten des Ministerrats einer Änderung der integrierten Umweltgenehmigung gleich. Der Abschluss der in der integrierten Umweltgenehmigung vorgesehenen Maßnahmen wird innerhalb einer Frist von „sechsunddreißig Monaten ab dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung [dieses] Dekrets“, d. h. bis 3. August 2016, festgestellt. Darüber hinaus sieht dieser Absatz ausdrücklich vor, dass die Bewertung von Gesundheitsschäden selbst nicht die integrierte Umweltgenehmigung ändern kann, sondern dass die Region (als die auch für die öffentliche Gesundheit zuständige Stelle) ermächtigt wird, deren Überprüfung zu beantragen (die Ergebnisse der Analyse der von den Gesundheitsbehörden erfassten Daten sind je nach den festgestellten kritischen Punkten in drei Stufen unterteilt, und nur die dritte Stufe ermächtigt die Region, die Überprüfung der integrierten Umweltgenehmigung zu beantragen).

    29.

    In Umsetzung des Gesetzesdekrets Nr. 61 wurde das Decreto del Presidente del Consiglio dei Ministri del 14 marzo 2014 recante „Approvazione del piano delle misure e delle attività di tutela ambientale e sanitaria, a norma dell’articolo 1, commi 5 e 7, del decreto-legge 4 giugno 2013, n. 61, convertito, con modificazioni, dalla legge 3 agosto 2013, n. 89“ (Dekret des Präsidenten des Ministerrats vom 14. März 2014 zur „Genehmigung des Maßnahmen- und Aktivitätsplans für den Umwelt- und Gesundheitsschutz gemäß Art. 1 Abs. 5 und 7 des Gesetzesdekrets Nr. 61 vom 4. Juni 2013, das mit Änderungen durch das Gesetz Nr. 89 vom 3. August 2013 in ein Gesetz umgewandelt wurde“) (im Folgenden: DPCM 2014) erlassen.

    4. Sonderregelung von 2015

    30.

    Das Decreto-legge 5 gennaio 2015, n. 1 (Gesetzesdekret Nr. 1 vom 5. Januar 2015), das durch das Gesetz Nr. 20 vom 4. März 2015 mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt wurde, erweitert die Liste der insolventen Großunternehmen, die zum Sonderverwaltungsverfahren zugelassen sind, und dehnt dieses Verfahren auch auf Unternehmen aus, die mindestens eine Industriestätte von strategischer nationaler Bedeutung betreiben. Die Ilva wurde daher per Dekret des Ministers für wirtschaftliche Entwicklung vom 21. Januar 2015 unter Sonderverwaltung gestellt, was zur Beendigung der außerordentlichen kommissarischen Leitung gemäß Gesetzesdekret Nr. 61/2013 führte.

    31.

    Das Gesetzesdekret Nr. 1 bestimmt, dass der im DPCM 2014 genannte Maßnahmen- und Interventionsplan „als umgesetzt gilt, wenn bis 31. Juli 2015 mindestens 80 % der zu diesem Zeitpunkt auslaufenden Bestimmungen erfüllt sind“, und dass die Frist für die Umsetzung der verbleibenden Bestimmungen der 3. August 2016 ist.

    5. Regelungen von 2015 und 2016 über den Verkauf von Ilva

    32.

    Das Decreto legge 4 dicembre 2015, n. 191 „Disposizioni urgenti per la cessione a terzi dei complessi aziendali del Gruppo ILVA“ (Gesetzesdekret Nr. 191 vom 4. Dezember 2015„Sofortmaßnahmen für den Verkauf der Unternehmen der ILVA-Gruppe an Dritte“), das durch das Gesetz Nr. 13 vom 1. Februar 2016 mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt wurde, und das Decreto legge 9 giugno 2016, n. 98 (Gesetzesdekret Nr. 98 vom 9. Juni 2016„Sofortmaßnahmen für den Abschluss des Verfahrens zum Verkauf der Unternehmen der ILVA-Gruppe“), das durch das Gesetz Nr. 151 vom 1. August 2016 mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt wurde, regeln das Vergabeverfahren für die Übertragung der Unternehmen der Ilva-Gruppe.

    33.

    Insbesondere sieht Art. 1 Abs. 8.1 und 8.2 des Gesetzesdekrets Nr. 191 von 2015 vor, dass der erfolgreiche Bieter einen Antrag auf Änderung der Umweltschutzmaßnahmen und ‑aktivitäten stellen kann, die in dem durch das DPCM 2014 genehmigten Plan festgelegt waren. Die vorgeschlagenen Änderungen müssen Umweltschutzstandards gewährleisten, die mit den Bestimmungen des durch das DPCM 2014 genehmigten Plans übereinstimmen, soweit diese miteinander vereinbar sind, und werden durch ein DPCM angeordnet, das „einer integrierten Umweltgenehmigung entspricht, gegebenenfalls an die Stelle der Umweltverträglichkeitsprüfung tritt und alle laufenden Verfahren zu integrierten Umweltgenehmigungen abschließt“.

    34.

    Darüber hinaus ist die Verlängerung der Frist für die Umsetzung der Bestimmungen der integrierten Umweltgenehmigung von 2012 und des durch das DPCM 2014 genehmigten Plans bis 30. Juni 2017 vorgesehen.

    35.

    Mit dem Dekret Nr. 98 von 2016 wird die Bewertung der vorgeschlagenen Änderungen des Umweltplans gemäß dem DPCM 2014 auf einen Zeitraum vor der Ausschreibung vorgezogen. Darin ist auch der Erlass eines neuen DPCM vorgesehen, das die Änderungen des DPCM 2014 und alle erforderlichen Genehmigungen für den Betrieb des Stahlwerks unter Berücksichtigung des vom erfolgreichen Bieter vorgelegten neuen Industrieplans enthalten soll.

    36.

    Das Decreto-legge 30 dicembre 2016, n. 244 (Gesetzesdekret Nr. 244 vom 30. Dezember 2016), das durch das Gesetz Nr. 19 vom 27. Februar 2017 mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt wurde, verlängert die Frist für die Umsetzung der Bestimmungen der integrierten Umweltgenehmigung von 2012 und des vom DPCM 2014 genehmigten Plans nochmals bis 30. September 2017. Außerdem wird die Frist für die Umsetzung bestimmter Umweltsanierungsmaßnahmen an die gültige integrierte Umweltgenehmigung geknüpft.

    6. Genehmigung von 2017

    37.

    Das DPCM del 29 settembre 2017, rubricato „Approvazione delle modifiche al Piano delle misure e delle attività di tutela ambientale e sanitaria di cui al decreto del Presidente del Consiglio dei ministri 14 marzo 2014, a norma dell’articolo 1, comma 8.1., del decreto-legge 4 dicembre 2015, n. 191, convertito, con modificazioni, dalla legge 1o febbraio 2016, n. 13“ (DPCM vom 29. September 2017 mit dem Titel „Genehmigung der Änderungen des im [DPCM 2014] vorgesehenen Maßnahmen- und Aktivitätsplans für den Umwelt- und Gesundheitsschutz gemäß Artikel 1 Absatz 8.1 des Gesetzesdekrets Nr. 191 vom 4. Dezember 2015, das durch das Gesetz Nr. 13 vom 1. Februar 2016 mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt wurde“) (im Folgenden: DPCM 2017) enthält die letzten im Vorabentscheidungsersuchen mitgeteilten Änderungen der Genehmigung des Stahlwerks Ilva.

    38.

    Es sieht Änderungen und Ergänzungen des im DPCM 2014 aufgestellten Umweltplans vor und setzt eine weitere Frist bis 23. August 2023 für die Umsetzung bestimmter Umweltsanierungsmaßnahmen.

    39.

    Es sieht auch vor, dass im Fall der nicht dem Betreiber zurechenbaren Nichteinhaltung des Plans ein Verfahren eingeleitet wird, das zu einer Verschiebung der Frist für die Einhaltung führt.

    III. Sachverhalt und Vorabentscheidungsersuchen

    40.

    In Tarent befindet sich ein Stahlwerk, das sich im Eigentum von Ilva befindet, die unter Sonderverwaltung steht. Es wird von der Acciaierie d’Italia S.p.A. betrieben, die wiederum von der Acciaierie d’Italia Holding S.p.A. kontrolliert wird. ( 8 ) Der EGMR stellte in einem Urteil aus dem Jahr 2019 fest, dass es sich um den größten industriellen Stahlkomplex in Europa handele, der ein Gebiet von ungefähr 1500 ha umfasse und etwa 11000 Arbeitnehmer beschäftige. ( 9 )

    41.

    Das Stahlwerk wird zwar bereits seit langer Zeit betrieben, doch die zuständigen Stellen genehmigten seinen Betrieb erstmals am 4. August 2011 auf der Grundlage der allgemeinen italienischen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie 2008/1, die durch die Richtlinie über Industrieemissionen ersetzt wurde. Sie änderten diese Genehmigung am 26. Oktober 2012.

    42.

    Wie sich jedoch aus den einschlägigen italienischen Regelungen ergibt, wird das Stahlwerk seit Ende 2012 nicht mehr nach den allgemeinen italienischen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen betrieben, sondern auf der Grundlage von wiederholt geänderten Sonderregelungen.

    43.

    Diese Regelungen sehen u. a. eine kontinuierliche Beobachtung der gesundheitlichen Situation in der Umgebung vor, die unter bestimmten Bedingungen Anlass für eine Überprüfung der Genehmigung geben kann.

    44.

    Darüber hinaus wurden Fristen für die Durchführung von Maßnahmen zur Reduzierung von nachteiligen Umweltauswirkungen festgelegt, die bereits in der geänderten integrierten Umweltgenehmigung von 2012 enthalten waren. Nachdem im Gesetzesdekret Nr. 61 von 2013 zunächst eine Frist bis zum 3. August 2016 vorgesehen war, wurde diese Frist später mehrfach verlängert, nach dem Vorabentscheidungsersuchen zuletzt im Jahr 2017 bis zum 23. August 2023.

    45.

    Die Kläger teilen allerdings mit, dass die Frist für bestimmte Auflagen am 10. August 2023 erneut verlängert worden sei. In dem angegebenen Dekret Nr. 278 des Ministers für Umwelt und Energiesicherheit vom 10. August 2023 (decreto del Ministro dell’ambiente e della sicurezza energetica n. 278 del 10 agosto 2023) ( 10 ) werden „alternative Maßnahmen“ („misure alternative“) festgelegt.

    46.

    Die Kläger, Einwohner von Tarent, erhoben beim Tribunale di Milano (Regionalgericht Mailand, Italien) gegen Ilva, Acciaierie d’Italia und Acciaierie d’Italia Holding eine Sammelklage auf Unterlassung des Betriebs der Anlage oder zumindest von Teilen davon zum Schutz des Rechts auf Gesundheit, des Rechts auf ein unbeschwertes und ruhiges Leben sowie von Klimarechten. Diese Rechte werden ihrer Ansicht nach seit Jahrzehnten durch den Betrieb des Stahlwerks erheblich beeinträchtigt.

    47.

    Das Tribunale di Milano (Regionalgericht Mailand) richtet aus diesem Verfahren heraus die folgenden Fragen an den Gerichtshof:

    1)

    Sind die Richtlinie über Industrieemissionen, insbesondere die Erwägungsgründe 4, 18, 34, 28 und 29 sowie Art. 3 Nr. 2, die Art. 11, 12 und 23, und der Grundsatz der Vorsorge und des Schutzes der menschlichen Gesundheit gemäß Art. 191 AEUV und Art. 174 EG dahin auszulegen, dass es einem Mitgliedstaat freisteht, in einem nationalen Gesetz vorzusehen, dass die Bewertung von Gesundheitsschäden eine Handlung außerhalb des Verfahrens zur Erteilung und Überprüfung der integrierten Umweltgenehmigung – im vorliegenden Fall des DPCM 2017 – ist, und dass ihre Ausarbeitung insbesondere dann keine automatische Wirkung auf eine rechtzeitige und wirksame Prüfung durch die zuständige Behörde in einem Verfahren zur Überprüfung der integrierten Umweltgenehmigung/des DPCM haben kann, wenn sie zum Ergebnis hat, dass das Gesundheitsrisiko für eine von den Schadstoffemissionen erheblich betroffene Bevölkerung nicht tolerierbar ist, oder ist die Richtlinie vielmehr dahin auszulegen, dass: i) das tolerierbare Risiko für die menschliche Gesundheit anhand wissenschaftlicher Untersuchungen epidemiologischer Art beurteilt werden kann; ii) die Bewertung von Gesundheitsschäden eine Handlung innerhalb des Verfahrens zur Erteilung und Überprüfung der integrierten Umweltgenehmigung/des DPCM und sogar eine notwendige Voraussetzung dafür sein muss und dass insbesondere die für die Erteilung und Überprüfung der integrierten Umweltgenehmigung zuständige Behörde sie wirksam und rechtzeitig berücksichtigen muss?

    2)

    Ist die Richtlinie über Industrieemissionen, insbesondere die Erwägungsgründe 4, 11, 18, 21, 34, 28 und 29 sowie Art. 3 Nr. 2, die Art. 11, 14, 15, 18 und 21, dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat in einem nationalen Gesetz vorsehen muss, dass in der integrierten Umweltgenehmigung (hier der integrierten Umweltgenehmigung von 2012, dem DPCM 2014 und dem DPCM 2017) stets alle emittierten Stoffe zu berücksichtigen sind, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen schädlich sind, einschließlich der Kategorien PM10 und PM2,5, die jedenfalls von der zu prüfenden Anlage ausgehen, oder ist die Richtlinie dahin auszulegen, dass die integrierte Umweltgenehmigung (die behördliche Genehmigungsmaßnahme) nur die Schadstoffe umfassen muss, die aufgrund der Art und des Typs der ausgeübten industriellen Tätigkeit von vornherein vorhergesagt werden?

    3)

    Ist die Richtlinie über Industrieemissionen, insbesondere die Erwägungsgründe 4, 18, 21, 22, 28, 29, 34 und 43 sowie Art. 3 Nr. 2, die Art. 25, 11, 14, 16 und 21, dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat in einem nationalen Gesetz bei Vorliegen einer industriellen Tätigkeit, die eine schwere und erhebliche Gefahr für die Unversehrtheit der Umwelt und der menschlichen Gesundheit mit sich bringt, die Frist, die dem Betreiber eingeräumt ist, um die industrielle Tätigkeit mit der erteilten Genehmigung in Einklang zu bringen, indem er die darin vorgesehenen Maßnahmen und Tätigkeiten zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit durchführt, von der ursprünglich festgesetzten Frist um etwa siebeneinhalb Jahre auf eine Gesamtdauer von elf Jahren verlängern kann?

    48.

    Die Kläger des Ausgangsverfahrens, Ilva, Acciaierie d’Italia, die Region Apulien, die Italienische Republik sowie die Europäische Kommission haben sich schriftlich geäußert. Diese Beteiligten und eine weitere Streithelferin im innerstaatlichen Verfahren, der Gruppo di Intervento Giuridico, haben auch an der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2023 teilgenommen.

    IV. Rechtliche Würdigung

    49.

    Das vorlegende Gericht möchte erfahren, welche Bedeutung bestimmten Informationen zu den Auswirkungen des Stahlwerks auf die menschliche Gesundheit (dazu unter B) und Informationen über bestimmte Emissionen (dazu unter C) zukommt sowie ob es zulässig ist, die Frist für die Umsetzung bestimmter Genehmigungsauflagen immer wieder zu verlängern (dazu unter D). Zuvor ist jedoch auf die Einwände gegen die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens einzugehen.

    A.   Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

    50.

    Ilva und Acciaierie d’Italia halten das Vorabentscheidungsersuchen für unzulässig. Das vorlegende Gericht habe nicht ausreichend dargelegt, warum es eine Auslegung der angeführten Regelungen und Erwägungsgründe benötige (dazu unter 1), nach italienischem Recht komme es auf die Auslegung des Unionsrechts nicht an (dazu unter 2) und schließlich seien die angeführten Bestimmungen weder hinreichend bestimmt noch könnten sie Ilva und Acciaierie d’Italia im Ausgangsverfahren entgegengehalten werden, da sie Privatpersonen seien (dazu unter 3).

    51.

    Grundsätzlich hat allein das innerstaatliche Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, die Aufgabe, anhand der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen, die es dem Gerichtshof vorlegt. Der Gerichtshof ist daher im Prinzip gehalten, über die ihm vorgelegten Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts betreffen. Für solche Fragen gilt eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit. Der Gerichtshof kann die Beantwortung einer Vorlagefrage eines innerstaatlichen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind. ( 11 )

    1. Begründung des Vorabentscheidungsersuchens

    52.

    Ilva und Acciaierie d’Italia berufen sich auf Art. 94 Buchst. c der Verfahrensordnung, um darzulegen, dass das vorlegende Gericht nicht die Angaben gemacht habe, die der Gerichtshof benötige, um das Vorabentscheidungsersuchen zu beantworten.

    53.

    Nach dieser Bestimmung muss das Vorabentscheidungsersuchen eine Darstellung der Gründe enthalten, aus denen das vorlegende Gericht Zweifel bezüglich der Auslegung bestimmter Vorschriften des Unionsrechts hat, und den Zusammenhang, den es zwischen diesen Vorschriften und dem auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Recht herstellt.

    54.

    Insofern trifft es zu, dass das vorlegende Gericht in seinen Fragen eine Vielzahl von Regelungen und Erwägungsgründen der Richtlinie über Industrieemissionen sowie Art. 191 AEUV anführt, ohne im Einzelnen darzulegen, warum es eine Auslegung aller angeführten Texte benötigt.

    55.

    Allerdings ergibt sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen eindeutig, dass das vorlegende Gericht erfahren möchte, ob sich drei spezifische Verpflichtungen aus den angeführten Texten ergeben. Der Gegenstand der Vorlagefragen ist daher im Vorabentscheidungsersuchen hinreichend klar dargelegt.

    2. Entscheidungserheblichkeit nach italienischem Recht

    56.

    Ilva und Acciaierie d’Italia legen außerdem dar, dass die geforderte Auslegung aufgrund von verschiedenen Überlegungen, die ihre Grundlage im italienischen Recht haben, im Ausgangsverfahren nicht entscheidungserheblich sei. Insbesondere könne das vorlegende Gericht die Genehmigung weder aufheben noch bei seiner Entscheidung unbeachtet lassen. Die Rechtmäßigkeit dieser Genehmigung sei darüber hinaus bereits rechtskräftig festgestellt worden.

    57.

    Ob diese Einwände durchgreifen, kann der Gerichtshof allerdings nicht entscheiden, denn es ist nicht seine Sache, die innerstaatlichen Vorschriften über die Befugnisse des vorlegenden Gerichts auszulegen. Diese Auslegung fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der innerstaatlichen Gerichte. ( 12 )

    58.

    Darüber hinaus hat Italien, das die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens nicht bestreitet, im Zusammenhang mit dem Verfahren Cordella vor dem EGMR mehrfach dargelegt, dass Klagen vor italienischen Zivilgerichten, wie das Ausgangsverfahren des Vorabentscheidungsersuchens, im Zusammenhang mit den Gesundheitsgefahren des Stahlwerks von Ilva für Betroffene effektiven Rechtsschutz gewährleisten können. ( 13 ) Die Möglichkeit solcher Klageverfahren würde Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus ( 14 ) entsprechen, wonach Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren erhalten sollen, um die von Privatpersonen vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

    59.

    Somit begründen auch diese Einwände keine offensichtlichen Zweifel an der Entscheidungserheblichkeit des Vorabentscheidungsersuchen.

    3. Unmittelbare Anwendbarkeit der auszulegenden Bestimmungen

    60.

    Schließlich tragen Ilva und Acciaierie d’Italia vor, das Vorabentscheidungsersuchen sei nicht entscheidungserheblich, weil eine unmittelbare Anwendung der auszulegenden Bestimmungen sowohl generell als auch insbesondere ihnen gegenüber als Privaten ausgeschlossen sei. Ihre Rechtsposition ergebe sich vielmehr aus den Sonderregelungen, die Italien für das Stahlwerk erlassen habe.

    61.

    Diesem Vorbringen ist zuzugeben, dass eine Richtlinie als solche keine Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen kann, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie nicht möglich ist. Würde die Möglichkeit, sich auf eine Bestimmung einer nicht oder unrichtig umgesetzten Richtlinie zu berufen, auf den Bereich der Beziehungen zwischen Privaten ausgedehnt, liefe das nämlich darauf hinaus, der Europäischen Union die Befugnis zuzuerkennen, mit unmittelbarer Wirkung zulasten der Einzelnen Verpflichtungen anzuordnen, obwohl sie dies nur dort darf, wo ihr die Befugnis zum Erlass von Verordnungen zugewiesen ist. So kann selbst eine klare, genaue und unbedingte Bestimmung einer Richtlinie, mit der dem Einzelnen Rechte gewährt oder Verpflichtungen auferlegt werden sollen, als solche im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich ausschließlich Private gegenüberstehen, keine Anwendung finden. Ebenso wenig kann eine Richtlinie in einem Rechtsstreit zwischen Privaten angeführt werden, um die Anwendung der Regelung eines Mitgliedstaats, die gegen die Richtlinie verstößt, auszuschließen. ( 15 )

    62.

    Gleichwohl kann die Auslegung einer Richtlinie in einem Streit zwischen Privaten entscheidungserheblich sein, denn die mit der Auslegung des innerstaatlichen Rechts betrauten innerstaatlichen Gerichte müssen bei dessen Anwendung sämtliche innerstaatlichen Rechtsnormen berücksichtigen und die im innerstaatlichen Recht anerkannten Auslegungsmethoden anwenden, um seine Auslegung so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der fraglichen Richtlinie auszurichten, damit das von ihr festgelegte Ergebnis erreicht und so Art. 288 Abs. 3 AEUV nachgekommen wird. ( 16 )

    63.

    Inwieweit Spielraum zu einer solchen unionsrechtskonformen Auslegung des italienischen Rechts besteht, können nur die italienischen Gerichte entscheiden.

    64.

    Darüber hinaus ist der italienische Staat nach den vorliegenden Informationen immer noch mit fast 40 % an Ilva beteiligt ( 17 ) und übt durch einen außerordentlichen kommissarischen Leiter und einen Ausschuss bestehend aus drei Sachverständigen besonderen Einfluss aus. Daher ist nicht auszuschließen, dass Ilva dem italienischen Staat zuzuordnen ist, der wiederum aus einer fehlerhaften Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen keinen Vorteil ziehen darf. ( 18 ) In diesem Fall könnte die Richtlinie Ilva unmittelbar entgegengehalten werden. ( 19 )

    65.

    Was den Einwand angeht, die in den Vorlagefragen angesprochenen Bestimmungen seien inhaltlich nicht geeignet, unmittelbar anwendbare Verpflichtungen zu begründen, so ist darauf möglicherweise bei der Erörterung der einzelnen Fragen einzugehen, obwohl sich die Fragen nicht speziell auf diesen Punkt beziehen.

    66.

    Folglich sind auch diese Einwände zurückzuweisen und das Vorabentscheidungsersuchen ist insgesamt zulässig.

    B.   Erste Frage – Bewertung der Gesundheitsschäden

    67.

    Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht erfahren, welche Bedeutung einer im italienischen Recht vorgesehenen Bewertung von Gesundheitsschäden für die Erteilung und Überprüfung der integrierten Umweltgenehmigung einer Anlage nach der Richtlinie über Industrieemissionen zukommt, wenn die Bewertung zum Ergebnis hat, dass das Gesundheitsrisiko für eine von den Schadstoffemissionen erheblich betroffene Bevölkerung nicht tolerierbar ist.

    68.

    Art. 4 der Richtlinie über Industrieemissionen sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass keine Anlage ohne eine Genehmigung betrieben wird. Nach Art. 5 Abs. 1 erteilt die zuständige Behörde unbeschadet sonstiger Anforderungen aufgrund einzelstaatlichen Rechts oder Unionsrechts eine Genehmigung, wenn die Anlage den Anforderungen der Richtlinie über Industrieemissionen entspricht. Gemäß Art. 10 unterliegen Tätigkeiten, die in Anhang I aufgelistet sind und bei denen gegebenenfalls die in dem genannten Anhang festgelegten Kapazitätsschwellen erreicht werden, den Anforderungen von Kapitel II (Art. 10 bis 27).

    69.

    Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Stahlwerk um eine Anlage im Sinne von Art. 3 Nr. 3 in Verbindung mit Anhang I Nr. 2.2 (Herstellung von Roheisen oder Stahl) handelt; möglicherweise sind zusätzlich auch Nr. 2.3 (Verarbeitung von Eisenmetallen) und Nr. 2.4 (Eisenmetallgießereien) des Anhangs einschlägig. Angesichts der Größe der Anlage sollten auch die Mengenschwellen erreicht sein.

    70.

    Im Hinblick auf gesundheitliche Risiken ergeben sich die wesentlichen Anforderungen aus Art. 11 der Richtlinie über Industrieemissionen, der die Grundpflichten für den Betrieb von Anlagen festlegt. Insbesondere die Buchst. a, b und c sind von Interesse. Art. 11 Buchst. a sieht vor, dass alle geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzungen getroffen werden, Buchst. b verpflichtet zur Anwendung der besten verfügbaren Techniken und nach Buchst. c dürfen Anlagen keine erheblichen Umweltverschmutzungen verursachen.

    71.

    Da Art. 11 Buchst. a und c der Richtlinie über Industrieemissionen an den Begriff der Umweltverschmutzung anknüpft, kommt dessen Definition durch Art. 3 Nr. 2 entscheidende Bedeutung zu. Danach handelt es sich um die durch menschliche Tätigkeiten direkt oder indirekt bewirkte Freisetzung von Stoffen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in Luft, Wasser oder Boden, die insbesondere der menschlichen Gesundheit schadet.

    72.

    Die Prüfung, ob die Grundpflichten nach Art. 11 Buchst. a und c der Richtlinie über Industrieemissionen beachtet werden, ob also ausreichende Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzung getroffen und erhebliche Umweltverschmutzungen verhindert werden, verlangt somit entgegen der Auffassung von Ilva, die Auswirkungen der Anlage auf die menschliche Gesundheit und die Emissionen der Anlage zu beurteilen, die solche Auswirkungen haben können. ( 20 )

    73.

    Die Modalitäten dieser Beurteilung ergeben sich allerdings nur aus einer genaueren Betrachtung der maßgeblichen Grundpflichten. Dabei ist zunächst die Bedeutung von Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen zu klären, da die deutsche Fassung dieser Bestimmung missverständlich ist (dazu unter 1). Anschließend ist der Begriff der erheblichen Umweltverschmutzung nach Art. 11 Buchst. c zu erörtern (dazu unter 2) und die Verpflichtung zur Überprüfung einer Genehmigung nach Art. 21 (dazu unter 3).

    1. Art. 11 Buchst. a – geeignete Vorsorgemaßnahmen

    74.

    Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen sieht in der deutschen Fassung vor, dass „alle geeigneten Vorsorgemaßnahmen“ gegen Umweltverschmutzung getroffen werden. Diese Formulierung spricht für eine sehr weitreichende Verpflichtung. Die anderen Sprachfassungen und der systematische Zusammenhang der Regelung begrenzen ihre Wirkung allerdings.

    a) Auslegung der deutschen Fassung

    75.

    Der Begriff der „Vorsorgemaßnahme“ erinnert an den Grundsatz der Vorsorge, der nach Art. 191 Abs. 2 AEUV der Umweltpolitik der Union – einschließlich der Richtlinie über Industrieemissionen ( 21 ) – zugrunde liegt und Gegenstand einer umfangreichen Rechtsprechung ist.

    76.

    Dieser Grundsatz erlaubt es, Schutzmaßnahmen gegen Risiken zu ergreifen, deren Existenz oder Umfang unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht feststeht. ( 22 ) Daher ist es möglich, dass künftige Erkenntnisse diese Risiken tatsächlich widerlegen, so dass die Schutzmaßnahmen sich im Nachhinein als überflüssig erweisen.

    77.

    Der Gerichtshof hat sogar bestimmte Regelungen des Sekundärrechts im Licht des Vorsorgeprinzips so ausgelegt, dass sie Maßnahmen entgegenstehen, solange im Licht der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse Ungewissheit besteht, ob alle Risiken ausgeschlossen sind. ( 23 )

    78.

    Der Begriff „geeignet“ scheint die Verpflichtung aus Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen sogar noch zu erweitern. Eine Maßnahme ist nämlich als „geeignet“ anzusehen, wenn man mit ihr das angestrebte Ziel erreichen kann. Ob der notwendige Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu diesem Ziel steht, spielt dafür keine Rolle. Ein Beurteilungsspielraum besteht höchstens hinsichtlich der wissenschaftlichen Frage, ob eine Maßnahme ihr Ziel überhaupt erreichen kann.

    79.

    „Alle geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzungen“ im Sinne der deutschen Fassung von Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen würden somit alle Maßnahmen umfassen, mit denen man Umweltverschmutzungen verhindern kann, deren Entstehung beim Betrieb der Anlage unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ausgeschlossen werden kann. In der strengeren Lesart des Vorsorgegrundsatzes könnte man diese Bestimmung sogar dahin gehend verstehen, dass eine Anlage nur genehmigt werden darf, falls man jeden Zweifel daran ausräumt, dass die Anlage ohne Umweltverschmutzungen betrieben wird.

    80.

    Die deutsche Fassung von Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen ist jedoch die einzige Fassung, die „geeignete Vorsorgemaßnahmen“ verlangt.

    b) Die anderen Sprachfassungen

    81.

    Die anderen Sprachfassungen stimmen zwar mit der deutschen Fassung insofern überein, als sie auch „alle“ Maßnahmen verlangen. Sie verwenden aber nicht den Begriff der Vorsorge, sondern lehnen sich an das Prinzip der Vorbeugung an, auf dem die Umweltpolitik der Union nach Art. 191 Abs. 2 AEUV ebenfalls beruht. Lediglich in der slowenischen Fassung („preprečevanje“) und der finnischen Fassung („estävät“) werden Begriffe verwendet, die nicht dem Begriff für dieses Prinzip in Art. 191 Abs. 2 AEUV entsprechen, doch auch sie sind wohl eher im Sinne von Vorbeugung oder Prävention zu verstehen als im Sinne von Vorsorge.

    82.

    Der Gerichtshof hat den Grundsatz der Vorbeugung bislang kaum erörtert, allerdings bereits entschieden, dass es danach der Union und den Mitgliedstaaten obliegt, durch den Erlass von Maßnahmen, die geeignet sind, die bekannten Risiken auszuschalten, Umweltbelastungen an der Quelle vorzubeugen, sie zu verringern und nach Möglichkeit zu beseitigen. ( 24 ) Während der Grundsatz der Vorsorge somit Situationen der Ungewissheit über Risiken erfasst, sollte der Grundsatz der Vorbeugung auf Schutzmaßnahmen beschränkt werden, wenn die bekämpften Risiken oder Gefahren bekannt sind. ( 25 )

    83.

    Außerdem verlangen die anderen Sprachfassungen von Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen nicht, „geeignete“ Maßnahmen zu ergreifen. Sie verwenden vielmehr Begriffe wie „appropriate“ (EN), „approprié“ (FR), „adecuado“ (ES) oder sogar „opportuno“ (IT). Diese Begriffe können zwar auch als „geeignet“ übersetzt werden, doch anders als der deutsche Begriff erlauben sie auch eine Abwägung, ob der mit den betreffenden Schutzmaßnahmen verbundene Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu der Schutzwirkung und dem betreffenden Risiko steht.

    84.

    Diese anderen Sprachfassungen von Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen sprechen daher eher für eine Verpflichtung, alle angemessenen (oder vernünftigen) Maßnahmen zur Verhinderung bekannter Umweltrisiken einer Anlage zu treffen.

    c) Systematik und Zweck von Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen

    85.

    Bekanntlich müssen die verschiedenen Sprachfassungen einheitlich ausgelegt werden. ( 26 ) Auch genießt keine Sprachfassung Vorrang vor den anderen. ( 27 ) Vielmehr muss die fragliche Vorschrift anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört. ( 28 ) Darüber hinaus kann auch die Entstehung der Regelung zu ihrer Auslegung beitragen. ( 29 )

    86.

    Dass sich Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen nicht auf Vorsorgemaßnahmen, sondern auf Vorbeugemaßnahmen bezieht, ergibt sich bereits aus dem Titel der Richtlinie und ihrem Art. 1 Abs. 1. Allerdings ist auch hier die deutsche Fassung nicht wirklich gelungen.

    87.

    In der deutschen Fassung enthält der Titel den Klammerzusatz „integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung“. Und nach Art. 1 Abs. 1 regelt die Richtlinie die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung infolge industrieller Tätigkeiten. Sowohl der Titel als auch Art. 1 Abs. 1 entsprechen den zuvor geltenden Richtlinien 96/61 und 2008/1 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung.

    88.

    Bis auf die deutsche Fassung verwendeten alle Sprachfassungen von 1996 in beiden Punkten den Begriff, der in Art. 191 Abs. 2 AEUV für Vorbeugung steht, etwa im Französischen „prévention“, im Englischen „prevention“ oder im Italienischen „prevenzione“. Die meisten seitdem hinzugekommenen Sprachfassungen verwenden ebenfalls das Äquivalent zu Vorbeugung, ( 30 ) obwohl es auch Sprachfassungen gibt, die – wie die deutsche Fassung – einen anderen Begriff verwenden. ( 31 )

    89.

    Alle Sprachfassungen aller drei Richtlinien stimmen jedenfalls darin überein, dass sie weder im Titel noch in Art. 1 den Begriff der Vorsorge verwendeten oder verwenden.

    90.

    Im Übrigen zeigen der Titel und Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie über Industrieemissionen auch, dass diese nicht darauf abzielt, jede Umweltverschmutzung zu vermeiden, da dort auch die bloße Verminderung der Umweltverschmutzung genannt wird bzw. in verschiedenen Sprachfassungen, etwa der englischen, ihre Kontrolle. Die Richtlinie nimmt folglich ein gewisses Maß an Umweltverschmutzung in Kauf. Dementsprechend verbietet Art. 11 Buchst. c nur erhebliche Umweltverschmutzungen.

    91.

    Das bestätigt Art. 11 Buchst. b der Richtlinie über Industrieemissionen. Danach müssen beim Betrieb der Anlage die besten verfügbaren Techniken angewandt werden. Zwar sind die „besten“ Techniken nach Art. 3 Nr. 10 Buchst. c diejenigen, die zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt am wirksamsten sind. „Verfügbar“ sind gemäß Art. 3 Nr. 10 Buchst. b aber nur Techniken, die in einem Maßstab entwickelt sind, der unter Berücksichtigung des Kosten/Nutzen-Verhältnisses die Anwendung unter Verhältnissen ermöglicht, die in dem betreffenden industriellen Sektor wirtschaftlich und technisch vertretbar sind. Bei der Bestimmung der besten verfügbaren Techniken sind somit auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

    92.

    Die Einschränkung der Verpflichtung zur Anwendung der besten Techniken auf „verfügbare Techniken“ würde jedoch untergraben, wenn Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen eine Verpflichtung begründete, unabhängig von der wirtschaftlichen Verfügbarkeit jede „geeignete“ Vorsorgemaßnahme zu treffen.

    93.

    Dass die Verpflichtung zur Anwendung der besten verfügbaren Techniken nach Art. 11 Buchst. b der Richtlinie über Industrieemissionen die Verpflichtung nach Art. 11 Buchst. a konkretisiert, „alle geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzungen“ zu treffen, war in der ursprünglichen Fassung dieser beiden Verpflichtungen deutlicher. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinien 96/61 und 2008/1 mussten nämlich „alle geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzungen, insbesondere durch den Einsatz der besten verfügbaren Techniken, getroffen werden“. ( 32 ) Die Kommission hat nicht begründet, warum sie diese beiden Elemente in ihrem Vorschlag für die Neufassung der Richtlinie getrennt hat. ( 33 ) Da sie nur die neuen und erheblich veränderten Regelungen erläuterte, ( 34 ) ist anzunehmen, dass sie diese Änderung für unerheblich hielt.

    94.

    Gesundheitliche Auswirkungen sind bei der Identifizierung der besten verfügbaren Techniken für die gesamte Union zu berücksichtigen. Diese Techniken sollen nämlich nach Art. 3 Nr. 10 der Richtlinie über Industrieemissionen Umweltauswirkungen vermeiden oder zumindest vermindern und dabei am wirksamsten zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt sein. Die konkreten gesundheitlichen Auswirkungen einer bestimmten Anlage sind dabei allerdings nur als Teil der Datengrundlage für die Beurteilung unterschiedlicher Techniken von Belang. Für die Anwendung der unionsweit identifizierten besten verfügbaren Techniken gemäß Art. 11 Buchst. b in einer bestimmten Anlage kommt es dagegen nicht unmittelbar auf die konkreten gesundheitlichen Auswirkungen bei der jeweiligen Anlage an.

    d) Zwischenergebnis

    95.

    Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen ist daher dahin gehend zu verstehen, dass alle angemessenen Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung bekannter Umweltrisiken einer Anlage getroffen werden müssen.

    96.

    Die Maßnahmen nach Art. 11 Buchst. a der Richtlinie umfassen insbesondere die Anwendung der besten verfügbaren Techniken gemäß Art. 11 Buchst. b. Bei der Anwendung dieser Bestimmung auf eine bestimmte Anlage ist es nicht notwendig, ihre konkreten gesundheitlichen Auswirkungen zu berücksichtigen.

    2. Art. 11 Buchst. c der Richtlinie über Industrieemissionen

    97.

    Art. 11 Buchst. c kann aber aufgrund besonderer Eigenschaften der jeweiligen Anlage über die besten verfügbaren Techniken hinausreichende Verpflichtungen zu Schutzmaßnahmen begründen, insbesondere wegen der Bedingungen an ihrem Standort. Diese Bestimmung sieht vor, dass durch die Anlage keine erheblichen Umweltverschmutzungen verursacht werden. Wenn die Anlage trotz der Anwendung der besten verfügbaren Techniken erhebliche Umweltverschmutzungen verursacht, müssen somit zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden, die diese Umweltverschmutzungen verhindern.

    98.

    Solche Schutzmaßnahmen sind ebenfalls im Sinne von Art. 11 Buchst. a als angemessen anzusehen, da mit dem Begriff der „erheblichen Umweltverschmutzung“ eine absolute Grenze für den Betrieb von Anlagen gesetzt wird. Sind entsprechende Schutzmaßnahmen nicht möglich, kann die Anlage nicht genehmigt werden.

    99.

    Die Richtlinie über Industrieemissionen definiert zwar in Art. 3 Nr. 2 den Begriff der Umweltverschmutzung, aber nicht, wann sie als erheblich anzusehen ist. Das kann sich nur aus einer Bewertung der jeweiligen Umweltverschmutzung und ihrer Auswirkungen ergeben.

    100.

    Eine solche Bewertung kann abstrakt aus anderen Regelungen abgeleitet werden. So hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine Überschreitung der Grenzwerte für Schwefeldioxid in der Umgebungsluft nach der Richtlinie über die Qualität der Umgebungsluft ( 35 ) als erhebliche Umweltverschmutzung anzusehen ist. ( 36 )

    101.

    Dieser Beispielfall beruht allerdings nicht auf der besonderen Natur der betroffenen Regelung. Vielmehr ist es meiner Meinung nach notwendig, jede Umweltverschmutzung, die – unter Berücksichtigung etwaiger Ausnahmen – zu einem mit irgendeiner anwendbaren Regelung zum Umweltschutz unvereinbaren Zustand führt, als erheblich einzustufen.

    102.

    Es drängen sich allerdings keine besonderen Regelungen des Unionsrechts auf, aus denen sich ergeben würde, welche Auswirkungen von anlagenbedingten Umweltverschmutzungen auf die menschliche Gesundheit unmittelbar zu dem Schluss zwingen, dass die Umweltverschmutzungen erheblich sind. Ob es Regelungen des innerstaatlichen italienischen Rechts gibt, die zu diesem Ergebnis führen, kann der Gerichtshof nicht beurteilen.

    103.

    Folgen für die menschliche Gesundheit können aber auch unabhängig von einer Verletzung besonderer Bestimmungen des Umweltrechts dazu führen, dass Umweltverschmutzungen im Sinne von Art. 11 Buchst. c der Richtlinie über Industrieemissionen als erheblich anzusehen sind. Das folgt schon daraus, dass die Umweltpolitik der Union – einschließlich der Richtlinie – nach Art. 191 Abs. 1 zweiter Spiegelstrich AEUV auch darauf abzielt, die menschliche Gesundheit zu schützen. Darüber hinaus verpflichten Art. 9 und Art. 168 Abs. 1 Satz 1 AEUV und Art. 35 Satz 2 der Charta der Grundrechte die Union dazu, bei der Festlegung und Durchführung der Politik und Maßnahmen der Union in allen Bereichen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen. ( 37 ) Dem Schutz der menschlichen Gesundheit kommt folglich besonderes Gewicht zu, das auch erhebliche wirtschaftliche Nachteile rechtfertigen kann. ( 38 )

    104.

    In der Richtlinie über Industrieemissionen kommt dies insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass nach Art. 8 Abs. 2 Satz 2 eine Nichteinhaltung der Genehmigungsauflagen nur bei einer unmittelbaren erheblichen Gefährdung der Umwelt die Aussetzung des Betriebs der Anlage erfordert, bis die erneute Einhaltung sichergestellt ist, während das bei jeder unmittelbaren Gefährdung der menschlichen Gesundheit erforderlich ist.

    105.

    Diese Regelung spricht zwar dafür, dass Umweltverschmutzungen, welche die menschliche Gesundheit gefährden, immer erheblich sind. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass bestimmte gesundheitliche Nachteile von besonders geringem Gewicht es erlauben, die ursächliche Umweltverschmutzung als unerheblich anzusehen. Dafür spricht insbesondere, dass bereits die Definition der Umweltverschmutzung in Art. 3 Nr. 2 der Richtlinie über Industrieemissionen die Möglichkeit einer Schädigung der menschlichen Gesundheit nennt. Wenn diese immer dazu führen sollte, dass die entsprechende Umweltverschmutzung erheblich ist, hätte der Gesetzgeber das auch ausdrücklich zum Ausdruck gebracht.

    106.

    Daher sind Umweltverschmutzungen, die gesundheitliche Nachteile verursachen, nur dann erheblich, wenn diese Nachteile als übermäßige Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit anzusehen sind.

    107.

    Als Leitwert dafür hielt IMPEL, das Netzwerk der europäischen Umweltbehörden, im Jahr 2005 einen zusätzlichen Todesfall pro Jahr auf 1000000 Menschen und bei Krankheiten ohne Todesfolge einen zusätzlichen Fall auf 100000 Menschen noch für akzeptabel, ( 39 ) die entsprechende Umweltverschmutzung also nicht für erheblich. Zum Vergleich: In der Union kam es im Jahr 2011 zu etwa 70 Todesfällen pro 1000000 Einwohner in der Folge von Verkehrsunfällen und im Jahr 2020 waren es 49. ( 40 ) Die genaue Abgrenzung erheblicher von unerheblichen gesundheitlichen Nachteilen kann aber nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der Bedeutung der Anlage und möglicher Alternativen vorgenommen werden.

    108.

    Gesundheitliche Nachteile aufgrund von Umweltverschmutzungen, die eine Grundrechtsverletzung darstellen, wie sie der EGMR im Hinblick auf das Stahlwerk Ilva festgestellt hat, ( 41 ) können prima facie aber nicht mehr als unerheblich hingenommen werden. Möglicherweise spricht das vorlegende Gericht deshalb in der ersten Frage davon, dass das Gesundheitsrisiko für eine von den Schadstoffemissionen erheblich betroffene Bevölkerung nicht tolerierbar ist.

    109.

    Bei der Entscheidung des Ausgangsstreits wird das vorlegende Gericht allerdings auch berücksichtigen müssen, dass zwischenzeitlich weitere Schutzmaßnahmen verwirklicht wurden, so dass sich die Situation gegenüber den Urteilen des EGMR vom 24. Januar 2019 und vom 5. Mai 2022 sowie der bisherigen Beurteilung der Gesundheitsschäden verändert hat.

    110.

    Die Maßnahmen nach Art. 11 Buchst. a der Richtlinie umfassen somit neben der Anwendung der besten verfügbaren Techniken auch die Maßnahmen, die notwendig sind, um zu verhindern, dass von einer Anlage erhebliche Umweltverschmutzungen im Sinne von Art. 11 Buchst. c ausgehen. Umweltverschmutzungen sind als erheblich anzusehen, wenn sie zu einem Zustand führen, der mit den anwendbaren Regelungen zum Umweltschutz – unter Berücksichtigung etwaiger Ausnahmen – unvereinbar ist. Unabhängig von solchen Regelungen sind Umweltverschmutzungen als erheblich anzusehen, wenn sie unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu übermäßigen Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit führen. Umweltverschmutzungen, die durch die Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit die Grundrechte der Betroffenen verletzen, sind immer erheblich.

    3. Überprüfung einer Genehmigung

    111.

    Die in der ersten Frage ebenfalls angesprochene Überprüfung einer Genehmigung ist in Art. 21 der Richtlinie über Industrieemissionen geregelt.

    112.

    Für die Berücksichtigung der im italienischen Recht vorgesehenen Bewertung von Gesundheitsschäden sollte diese Überprüfung von besonderer Bedeutung sein. Es erscheint nämlich ausgeschlossen, dass diese Bewertung bereits bei den ersten Umweltgenehmigungen des Stahlwerks aus den Jahren 2011 und 2012 hätte berücksichtigt werden können. Sie wurde vielmehr – soweit ersichtlich – erst durch Art. 1 Abs. 7 des Gesetzesdekrets Nr. 61 vom 4. Juni 2013 eingeführt. Zuvor mussten die gesundheitlichen Auswirkungen der Anlage auf der Grundlage anderer Informationen berücksichtigt werden.

    113.

    Eine Überprüfung ist nach Art. 21 Abs. 5 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen insbesondere notwendig, wenn die durch die Anlage verursachte Umweltverschmutzung so stark ist, dass die in der Genehmigung festgelegten Emissionsgrenzwerte überprüft oder in der Genehmigung neue Emissionsgrenzwerte vorgesehen werden müssen.

    114.

    Diese Regelung knüpft somit an die Grundpflicht von Art. 11 Buchst. c der Richtlinie über Industrieemissionen an und verlangt eine Überprüfung, wenn sich die von der Anlage ausgehenden Umweltverschmutzungen nachträglich als erheblich erweisen. Anhaltspunkte für solche Verschmutzungen sollten sich aus dem nach Art. 23 Abs. 1 erforderlichen System für Umweltinspektionen ergeben, das die Prüfung der gesamten Bandbreite an Auswirkungen der betreffenden Anlagen auf die Umwelt umfassen muss. Eine seit der Genehmigung durchgeführte und regelmäßig aktualisierte Bewertung von Gesundheitsschäden ist gemäß Art. 23 Abs. 4 Buchst. a ein Element dieses Systems und für die Beurteilung nach Art. 21 Abs. 5 Buchst. a offensichtlich von Bedeutung. Sie muss daher berücksichtigt werden.

    115.

    Das scheint im Übrigen auch in Art. 1 Abs. 7 des Gesetzesdekrets Nr. 61 vorgesehen zu sein, denn danach kann zwar die Bewertung von Gesundheitsschäden selbst nicht die integrierte Umweltgenehmigung ändern, doch die Region kann auf ihrer Grundlage eine Überprüfung beantragen.

    4. Beantwortung der ersten Frage

    116.

    Auf die erste Frage ist somit zu antworten, dass bei der Genehmigung einer Anlage nach den Art. 4 und 5 der Richtlinie über Industrieemissionen und bei einer Überprüfung dieser Genehmigung nach Art. 21 dieser Richtlinie die Einhaltung der Grundpflichten für den Betrieb der Anlage nach Art. 11 sichergestellt werden muss.

    117.

    Art. 11 Buchst. a der Richtlinie über Industrieemissionen ist dahin gehend zu verstehen, dass alle angemessenen Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung bekannter Umweltrisiken einer Anlage getroffen werden müssen.

    118.

    Die Maßnahmen nach Art. 11 Buchst. a der Richtlinie umfassen insbesondere die Anwendung der besten verfügbaren Techniken gemäß Art. 11 Buchst. b. Bei der Anwendung dieser Bestimmung auf eine bestimmte Anlage ist es nicht notwendig, ihre konkreten gesundheitlichen Auswirkungen zu berücksichtigen.

    119.

    Die Maßnahmen nach Art. 11 Buchst. a der Richtlinie umfassen darüber hinaus die Maßnahmen, die notwendig sind, um zu verhindern, dass von einer Anlage erhebliche Umweltverschmutzungen im Sinne von Art. 11 Buchst. c ausgehen. Umweltverschmutzungen sind als erheblich anzusehen, wenn sie zu einem Zustand führen, der mit den anwendbaren Regelungen zum Umweltschutz – unter Berücksichtigung etwaiger Ausnahmen – unvereinbar ist. Unabhängig von solchen Regelungen sind Umweltverschmutzungen als erheblich anzusehen, wenn sie unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu übermäßigen Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit führen. Umweltverschmutzungen, die durch die Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit die Grundrechte der Betroffenen verletzen, sind immer erheblich.

    120.

    Gemäß Art. 21 Abs. 5 Buchst. a der Richtlinie ist eine Überprüfung der Genehmigung insbesondere notwendig, wenn nachträglich erkennbar wird, dass eine Anlage erhebliche Umweltverschmutzungen verursacht, etwa aufgrund einer Bewertung von Gesundheitsschäden.

    C.   Zweite Frage – Berücksichtigung von Emissionen

    121.

    Mit der zweiten Frage will das vorlegende Gericht erfahren, ob nach der Richtlinie über Industrieemissionen in der Genehmigung einer Anlage alle emittierten Stoffe zu berücksichtigen sind, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen schädlich sind, einschließlich der Kategorien PM10 (Feinstaub) und PM2,5 (noch kleinere Partikel, Feinststaub), und jedenfalls von der zu prüfenden Anlage ausgehen, oder ob die Genehmigung nur die Schadstoffe umfassen muss, die aufgrund der Art und des Typs der ausgeübten industriellen Tätigkeit von vornherein vorhergesagt werden. In der Begründung des Vorabentscheidungsersuchens ist außerdem noch von Kupfer, Quecksilber und Naphthalin die Rede.

    122.

    Wie die Kommission darlegt, muss der Betreiber mit seinem Genehmigungsantrag nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie über Industrieemissionen die Art und Menge der vorhersehbaren Emissionen aus der Anlage in jedes einzelne Umweltmedium sowie die erheblichen Auswirkungen der Emissionen auf die Umwelt beschreiben. Diese Verpflichtung bezieht sich folglich nur auf vorhersehbare Emissionen.

    123.

    Wenn daraufhin eine Genehmigung erteilt wird, umfasst diese nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der Richtlinie über Industrieemissionen mindestens Emissionsgrenzwerte oder äquivalente Maßnahmen für die Schadstoffe der Liste in Anhang II und für sonstige Schadstoffe, die von der betreffenden Anlage in relevanter Menge emittiert werden können.

    124.

    Wie die Kläger zutreffend darlegen, umfasst Anhang II der Richtlinie über Industrieemissionen die im Vorabentscheidungsersuchen erwähnten Schadstoffe, nämlich für die Freisetzung in die Luft flüchtige organische Verbindungen (Nr. 4), also Naphthalin, Metalle und Metallverbindungen (Nr. 5), also auch Kupfer und Quecksilber, sowie Staub, einschließlich Feinpartikel (Nr. 6), also auch PM10 und PM2,5. Für die Freisetzung in Wasser werden persistente Kohlenwasserstoffe sowie beständige und bioakkumulierbare organische Giftstoffe (Nr. 5) sowie ebenfalls Metalle und Metallverbindungen (Nr. 7) genannt.

    125.

    Diese Kategorien sind allerdings so allgemein gefasst, dass daraus keine Verpflichtungen zur Festlegung spezifischer Grenzwerte für jeden erfassten Stoff, etwa jede flüchtige organische Verbindung, jedes Metall oder jede Kategorie von Staub, abgeleitet werden können. Wie die Kommission vorträgt, bezieht sich daher die Qualifikation, dass eine relevante Menge freigesetzt werden muss, nicht nur auf die sonstigen Schadstoffe, sondern auch auf die Schadstoffe von Anhang II der Richtlinie über Industrieemissionen. Schadstoffe von Anhang II, die nicht in relevanter Menge freigesetzt werden, erfordern dagegen keine Grenzwerte.

    126.

    Soweit neue Anlagen genehmigt werden, können zwangsläufig nur die Emissionen berücksichtigt werden, die aufgrund der Art und des Typs der ausgeübten industriellen Tätigkeit von vornherein vorhergesagt werden. Wie Ilva darlegt, sollte diese Frage bei der Ermittlung der besten verfügbaren Techniken, insbesondere im Rahmen des Informationsaustauschs nach Art. 13 der Richtlinie über Industrieemissionen, geklärt worden sein.

    127.

    Die besten verfügbaren Techniken für die Erzeugung von Eisen und Stahl sind in einem Durchführungsbeschluss der Kommission vom 28. Februar 2012 ( 42 ) niedergelegt und sie werden in einem BVT‑Merkblatt von 2013 ( 43 ) näher beschrieben. Die im Vorabentscheidungsersuchen erwähnten Schadstoffe werden darin erwähnt, ( 44 ) wenn auch teilweise als Elemente von Schadstoffgruppen (Staub, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe). Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass auch BVT‑Schlussfolgerungen zu anderen industriellen Aktivitäten beachtet werden müssen. ( 45 )

    128.

    Wie bereits dargelegt, müssen Anlagen nach Art. 11 Buchst. a und b unter Anwendung der besten verfügbaren Techniken betrieben werden. ( 46 ) Zu diesem Zweck dienen die BVT‑Schlussfolgerungen, also der jeweilige Durchführungsbeschluss der Kommission, gemäß Art. 14 Abs. 3 als Referenzdokument für die Festlegung der Genehmigungsauflagen. Und Art. 15 Abs. 2 sieht vor, dass Grenzwerte und äquivalente Maßnahmen auf die besten verfügbaren Techniken gestützt werden. Damit soll zwar nicht die Anwendung einer bestimmten Technik oder Technologie vorgeschrieben werden, doch ist nach Art. 15 Abs. 3 zumindest sicherzustellen, dass die Emissionen die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte nicht überschreiten.

    129.

    Insbesondere für Feinstaub der Größe PM10 und Feinststaub der Größe PM2,5 könnte die Notwendigkeit strengerer Emissionsgrenzwerte aus der Richtlinie über die Qualität der Umgebungsluft folgen. ( 47 ) Die in dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte für die Luftqualität sind nämlich Umweltqualitätsnormen im Sinne von Art. 3 Nr. 6 und Art. 18 der Richtlinie über Industrieemissionen. ( 48 ) Wenn die Einhaltung dieser Grenzwerte in der Umgebungsluft es erfordert, der Anlage strengere Emissionsgrenzwerte aufzuerlegen, so müssen diese nach Art. 18 festgesetzt werden.

    130.

    Da der Gerichtshof bereits festgestellt hat, dass in Tarent Grenzwerte für PM10 in der Umgebungsluft überschritten wurden, ( 49 ) ist zumindest zu prüfen, ob die Emissionsgrenzwerte für das streitgegenständliche Stahlwerk verschärft werden müssen. Allerdings scheint es außerhalb des Stahlwerks in den letzten Jahren keine Überschreitungen mehr gegeben zu haben. ( 50 )

    131.

    Im Übrigen zeigt Art. 14 Abs. 6 der Richtlinie über Industrieemissionen, dass auch Umweltauswirkungen vorstellbar sind, die nicht in BVT‑Schlussfolgerungen erfasst werden. Denn danach müssen auch für solche Auswirkungen Genehmigungsauflagen festgelegt werden.

    132.

    Solche zusätzlichen Emissionen können sich nicht nur aus dem Umstand ergeben, dass noch keine oder unvollständige BVT‑Schlussfolgerungen für die betreffende Tätigkeit vorliegen, sondern auch aus besonderen Bedingungen am Ort der Anlage.

    133.

    Bei der Genehmigung einer in Betrieb befindlichen Anlage bzw. bei der Überprüfung einer solchen Genehmigung nach Art. 21 der Richtlinie über Industrieemissionen sind darüber hinaus die Erfahrungen aus dem Betrieb als Teil der relevanten wissenschaftlichen Daten ( 51 ) zu berücksichtigen, also die tatsächlich festgestellten Emissionen.

    134.

    Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei der Genehmigung einer Anlage nach den Art. 5, 14 und 15 der Richtlinie über Industrieemissionen und bei der Überprüfung einer solchen Genehmigung nach Art. 21 dieser Richtlinie alle in relevanter Menge freigesetzten Schadstoffe berücksichtigt werden müssen, die aufgrund der vorliegenden Informationen, insbesondere etwaiger BVT‑Schlussfolgerungen, eventueller Erfahrungen im tatsächlichen Betrieb der Anlage und sonstiger Hinweise, zu erwarten sind.

    D.   Dritte Frage – Frist für die Anpassung einer Anlage

    135.

    Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht erfahren, ob es mit der Richtlinie über Industrieemissionen vereinbar ist, dass Italien die ursprünglich vorgesehene Frist für die Durchführung der Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und Gesundheit, die in der Genehmigung des Stahlwerks aus dem Jahr 2012 vorgesehen waren, um etwa siebeneinhalb Jahre auf insgesamt elf Jahre, bis in den August 2023, verlängert hat.

    136.

    Die Antwort auf diese Frage lässt sich relativ einfach aus den Bestimmungen der Richtlinie über Industrieemissionen und der zuvor geltenden Richtlinie 96/61 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung ableiten.

    137.

    Da die umgesetzten Bestimmungen der Richtlinie über Industrieemissionen nach Art. 82 Abs. 1 erst seit dem 7. Januar 2014 auf Altanlagen wie das streitgegenständliche Stahlwerk anzuwenden sind, unterlag die Genehmigung zunächst noch der Umsetzung der Richtlinie 96/61.

    138.

    Nach Art. 5 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 96/61 mussten die zuständigen Behörden durch Genehmigung oder in geeigneter Weise durch Überprüfung und, soweit angemessen, durch Aktualisierung der Auflagen dafür sorgen, dass das Stahlwerk Ilva als bestehende Anlage im Sinne von Art. 2 Nr. 4 bis spätestens zum 30. Oktober 2007, also elf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie, im Einklang mit der Richtlinie betrieben wurde. ( 52 ) Das Vertrauen der Betreiber dieser Anlagen in den weiteren Bestand der Betriebsbedingungen wurde durch diese großzügige Frist hinreichend geschützt.

    139.

    Die erwähnten Auflagen mussten nach Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 der Richtlinie 96/61 insbesondere sicherstellen, dass beim Betrieb der Anlage die Grundpflichten beachtet werden, die damals in Art. 3 niedergelegt waren. Diese Grundpflichten sind heute – soweit vorliegend von Bedeutung – mit gleichem Inhalt in Art. 11 der Richtlinie über Industrieemissionen zu finden, so dass die Überlegungen zur ersten und zur zweiten Frage auch für die alten Regelungen gelten.

    140.

    Es erscheint zwar grundsätzlich vorstellbar, Auflagen mit einer Umsetzungsfrist zu versehen und damit deren Umsetzung aufzuschieben. Wenn Auflagen jedoch notwendig sind, um die Beachtung der Grundpflichten beim Betrieb einer Anlage sicherzustellen, wäre ein Aufschub nicht mit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 96/61 vereinbar gewesen. Denn danach setzte die Genehmigung voraus, dass die Anlage im Einklang mit den Grundpflichten betrieben wird. Somit musste die Anlage spätestens zum 30. Oktober 2007 nach Art. 3 Buchst. a mit den damals identifizierten besten verfügbaren Techniken betrieben werden. Nach Buchst. b durfte sie ab diesem Zeitpunkt auch keine erheblichen Umweltverschmutzungen mehr verursachen.

    141.

    Das gilt natürlich auch für Änderungen an einer bestehenden Anlage. Diese dürfen nur vorgenommen werden, wenn die Anlage anschließend weiterhin den anwendbaren Anforderungen entspricht. Übergangsfristen sahen dafür weder die Richtlinien 96/61 und 2008/1 vor noch sind sie in der Richtlinie über Industrieemissionen enthalten.

    142.

    Wie die Kommission zu Recht darlegt, bestätigt Art. 8 der Richtlinie über Industrieemissionen, dass Genehmigungsauflagen nicht aufgeschoben werden können. Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. b muss der Betreiber bei einer Nichteinhaltung der Genehmigungsauflagen unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Einhaltung der Anforderungen so schnell wie möglich wiederhergestellt wird. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 verlangt darüber hinaus sogar die Aussetzung des Betriebs der Anlage, wenn ein Verstoß gegen die Genehmigungsauflagen eine unmittelbare Gefährdung der menschlichen Gesundheit verursacht oder eine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Umwelt darstellt. Art. 14 der Richtlinien 96/61 und 2008/1 beschränkte sich dagegen noch darauf, allgemein die Einhaltung der Auflagen anzumahnen.

    143.

    Entgegen der Auffassung von Ilva, von Acciaierie d’Italia sowie von Italien gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein Aufschub für die Umsetzung notwendiger Auflagen durch eine Einschränkung der Produktion der Anlage gerechtfertigt werden kann.

    144.

    Zwar ist davon auszugehen, dass bei geringerer Produktion auch die Umweltauswirkungen und insbesondere die Emissionen der Anlage insgesamt abnehmen. Eine Reduzierung der Produktion kann daher dazu beitragen, dass die Grenzwerte der Richtlinie über die Qualität der Umgebungsluft in der Nähe der Anlage eingehalten werden. Sie kann vielleicht auch eine unmittelbare Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder eine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Umwelt im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie über Industrieemissionen verhindern.

    145.

    Eine geringere Produktion führt aber in der Regel nicht zur Einhaltung von Emissionsgrenzwerten. Ein Emissionsgrenzwert bezeichnet nach der Definition von Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie über Industrieemissionen die im Verhältnis zu bestimmten spezifischen Parametern ausgedrückte Masse, die Konzentration und/oder das Niveau einer Emission, die in einem oder mehreren Zeiträumen nicht überschritten werden dürfen. Dementsprechend definiert die Entscheidung der Kommission über die besten verfügbaren Techniken für die Erzeugung von Eisen und Stahl vom 28. Februar 2012 ( 53 ) die mit den BVT assoziierten Emissionswerte für Luftemissionen im Abschnitt allgemeine Hinweise als Masse der emittierten Stoffe pro Volumen der Abgase oder pro Masseeinheit von hergestellten oder verarbeiteten Produkten. In der Regel nehmen solche Werte aufgrund einer geringeren Produktion nicht ab.

    146.

    Allerdings konnte die genannte Entscheidung vom 28. Februar 2012 tatsächlich eine Frist für die Umsetzung von Auflagen auslösen. Sie war nämlich geeignet, Änderungen der Genehmigungsauflagen erforderlich zu machen. Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der zwischenzeitlich anwendbaren Richtlinie 2008/1 sah insoweit vor, dass die Genehmigung überprüft werden musste, wenn wesentliche Veränderungen in den besten verfügbaren Techniken eine erhebliche Verminderung der Emissionen ermöglichten, ohne unverhältnismäßig hohe Kosten zu verursachen. Danach war eine Abwägung möglich.

    147.

    Jedoch war seit dem 7. Januar 2014 die Richtlinie über Industrieemissionen anzuwenden. Deren Art. 21 Abs. 3 sah keine Abwägung mehr vor. Vielmehr gewährte er für die Anpassung von Genehmigungsauflagen an neue Techniken eine Frist von vier Jahren, in diesem Fall bis zum 28. Februar 2016.

    148.

    Aber auch über Änderungen der besten verfügbaren Techniken hinaus kann bei bestimmten Auflagen ausnahmsweise ein Aufschub gewährt werden.

    149.

    Wenn Auflagen etwa gemäß Art. 14 Abs. 1 und Art. 18 der Richtlinie über Industrieemissionen die Einhaltung einer Umweltqualitätsnorm gewährleisten sollen, könnte die Umweltqualitätsnorm ihrerseits mit einem Aufschub versehen sein. In diesem Fall wäre es nicht nötig, Auflagen zu ihrer Einhaltung bereits vorzeitig anzuwenden.

    150.

    Genauso ist es vorstellbar, dass bestimmte Umweltverschmutzungen zunächst hinnehmbar sind, aber später aufgrund weiterer Entwicklungen im Sinne von Art. 11 Buchst. c der Richtlinie über Industrieemissionen erheblich werden. Eine solche Situation könnte sich z. B. aus der Zulassung weiterer Schadstoffquellen, insbesondere weiterer Anlagen, ergeben, wenn die Gesamtmenge der Schadstoffe dazu führt, dass etwa die Grenzwerte der Richtlinie über die Qualität der Umgebungsluft überschritten werden oder das Verschlechterungsverbot bzw. das Verbesserungsgebot nach Art. 4 Abs. 1 der Wasserrahmenrichtlinie ( 54 ) verletzt wird. Falls eine solche Entwicklung absehbar ist, können auch für bestehende Anlagen bereits entsprechende Schutzmaßnahmen festgelegt werden, deren Anwendung aber aufgeschoben wird, bis die zusätzlichen Schadstoffquellen tatsächlich zur Umweltverschmutzung beitragen. Eine solche vorzeitige Festlegung von Schutzmaßnahmen ist sogar sinnvoll, denn dadurch gewinnt der Anlagenbetreiber Zeit für die Umsetzung der Maßnahmen.

    151.

    Anhaltspunkte für solche Ausnahmen sind im vorliegenden Fall allerdings nicht ersichtlich.

    152.

    Der Vollständigkeit halber ist schließlich anzumerken, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 14 Abs. 4 der Richtlinie über Industrieemissionen und Art. 193 AEUV strengere Auflagen festlegen können, als es nach der Richtlinie notwendig ist. Für derartige Auflagen enthält die Richtlinie daher naturgemäß keine Vorgaben, so dass es bei den Mitgliedstaaten liegt, ob sie ihre Anwendung aufschieben.

    153.

    Somit bleibt festzuhalten, dass Genehmigungsauflagen, die notwendig waren, um zunächst ab dem 30. Oktober 2007 die Einhaltung der Richtlinie 96/61, später die Einhaltung der Richtlinie 2008/1 und ab dem 7. Januar 2014 die Einhaltung der Richtlinie über Industrieemissionen durch die genehmigte Anlage zu gewährleisten, gemäß Art. 3, Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 der Richtlinie 96/61 bzw. der Richtlinie 2008/1 sowie Art. 4, Art. 5, Art. 11 und Art. 14 der Richtlinie über Industrieemissionen ohne weiteren Aufschub mit Inkrafttreten der Genehmigung angewendet werden mussten und weiterhin müssen, falls nicht aufgrund besonderer Umstände ein Aufschub möglich ist, z. B., weil die Kommission eine neue Entscheidung über die besten verfügbaren Techniken erlassen hat, weil eine einzuhaltende Umweltqualitätsnorm im Sinne von Art. 18 der Richtlinie über Industrieemissionen erst später wirksam wird oder wenn bestimmte, zunächst hinnehmbare Umweltverschmutzungen erst aufgrund absehbar später eintretender Entwicklungen als erheblich im Sinne von Art. 11 Buchst. c der Richtlinie über Industrieemissionen anzusehen sind.

    V. Ergebnis

    154.

    Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, das Vorabentscheidungsersuchen wie folgt zu beantworten:

    1)

    Bei der Genehmigung einer Anlage nach den Art. 4 und 5 der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) und bei einer Überprüfung dieser Genehmigung nach Art. 21 dieser Richtlinie muss die Einhaltung der Grundpflichten für den Betrieb der Anlage nach Art. 11 sichergestellt werden.

    Art. 11 Buchst. a der Richtlinie ist dahin gehend zu verstehen, dass alle angemessenen Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung bekannter Umweltrisiken einer Anlage getroffen werden müssen.

    Die Maßnahmen nach Art. 11 Buchst. a der Richtlinie umfassen insbesondere die Anwendung der besten verfügbaren Techniken gemäß Art. 11 Buchst. b. Bei der Anwendung dieser Bestimmung auf eine bestimmte Anlage ist es nicht notwendig, ihre konkreten gesundheitlichen Auswirkungen zu berücksichtigen.

    Die Maßnahmen nach Art. 11 Buchst. a der Richtlinie umfassen darüber hinaus die Maßnahmen, die notwendig sind, um zu verhindern, dass von einer Anlage erhebliche Umweltverschmutzungen im Sinne von Art. 11 Buchst. c ausgehen. Umweltverschmutzungen sind als erheblich anzusehen, wenn sie zu einem Zustand führen, der mit den anwendbaren Regelungen zum Umweltschutz – unter Berücksichtigung etwaiger Ausnahmen – unvereinbar ist. Unabhängig von solchen Regelungen sind Umweltverschmutzungen als erheblich anzusehen, wenn sie unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu übermäßigen Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit führen. Umweltverschmutzungen, die durch die Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit die Grundrechte der Betroffenen verletzen, sind immer erheblich.

    Gemäß Art. 21 Abs. 5 Buchst. a der Richtlinie ist eine Überprüfung der Genehmigung insbesondere notwendig, wenn nachträglich erkennbar wird, dass eine Anlage erhebliche Umweltverschmutzungen verursacht, etwa aufgrund einer Bewertung von Gesundheitsschäden.

    2.

    Bei der Genehmigung einer Anlage nach den Art. 5, 14 und 15 der Richtlinie 2010/75 und bei der Überprüfung einer solchen Genehmigung nach Art. 21 dieser Richtlinie müssen alle in relevanter Menge freigesetzten Schadstoffe berücksichtigt werden, die aufgrund der vorliegenden Informationen, insbesondere etwaiger BVT‑Schlussfolgerungen, eventueller Erfahrungen im tatsächlichen Betrieb der Anlage und sonstiger Hinweise, zu erwarten sind.

    3.

    Genehmigungsauflagen, die notwendig waren, um zunächst ab dem 30. Oktober 2007 die Einhaltung der Richtlinie 96/61 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, später die Einhaltung der Richtlinie 2008/1 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung und ab dem 7. Januar 2014 die Einhaltung der Richtlinie 2010/75 durch die genehmigte Anlage zu gewährleisten, mussten und müssen weiterhin gemäß Art. 3, Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 der Richtlinie 96/61 bzw. der Richtlinie 2008/1 sowie Art. 4, 5, 11 und 14 der Richtlinie 2010/75 ohne weiteren Aufschub mit Inkrafttreten der Genehmigung angewendet werden, falls nicht aufgrund besonderer Umstände ein Aufschub möglich ist, z. B., weil die Kommission eine neue Entscheidung über die besten verfügbaren Techniken erlassen hat, weil eine einzuhaltende Umweltqualitätsnorm im Sinne von Art. 18 der Richtlinie 2010/75 erst später wirksam wird oder wenn bestimmte, zunächst hinnehmbare Umweltverschmutzungen erst aufgrund absehbar später eintretender Entwicklungen als erheblich im Sinne von Art. 11 Buchst. c der Richtlinie 2010/75 anzusehen sind.


    ( 1 ) Originalsprache: Deutsch.

    ( 2 ) Urteile des EGMR vom 24. Januar 2019, Cordella u. a./Italien (CE:ECHR:2019:0124JUD005441413), sowie vom 5. Mai 2022, Ardimento u. a./Italien (CE:ECHR:2022:0505JUD000464217).

    ( 3 ) Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (ABl. 2010, L 334, S. 17).

    ( 4 ) Urteil vom 9. März 2023, Sdruzhenie Za Zemyata – dostap do pravosadie u. a. (C‑375/21, EU:C:2023:173).

    ( 5 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 (ABl. 2008, L 24, S. 8).

    ( 6 ) Richtlinie des Rates vom 24. September 1996 (ABl. 1996 L 257, S. 26).

    ( 7 ) Anhang I Nr. 2.2 bis 2.4 nennt verschiedene industrielle Tätigkeiten im Zusammenhang mit Stahl und Eisen.

    ( 8 ) Nach den Angaben auf der Website des Unternehmens wurde es 1995 privatisiert und steht heute zu 62 % im Eigentum eines internationalen Stahlkonzerns. Die verbleibenden Anteile hält der italienische Staat (https://www.acciaierieditalia.com/en/company/about-us/, besucht am 16. August 2023).

    ( 9 ) Urteil des EGMR vom 24. Januar 2019, Cordella u. a./Italien (CE:ECHR:2019:0124JUD005441413, § 12).

    ( 10 ) https://va.mite.gov.it/File/Documento/888984, besucht am 16. Oktober 2023.

    ( 11 ) Urteil vom 6. Oktober 2021, Sumal (C‑882/19, EU:C:2021:800, Rn. 27 und 28 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 12 ) Urteile vom 27. Oktober 2009, ČEZ (C‑115/08, EU:C:2009:660, Rn. 57), und vom 14. Juni 2017, Online Games u. a. (C‑685/15, EU:C:2017:452, Rn. 45).

    ( 13 ) Urteil des EGMR vom 24. Januar 2019, Cordella u. a./Italien (CE:ECHR:2019:0124JUD005441413, § 112), sowie Mitteilung der italienischen Regierung zur 1459. Sitzung des Ministerkomitees des Europarats (März 2023), Dokument DH-DD(2023)36 vom 6. Januar 2023, S. 9.

    ( 14 ) Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, angenommen mit Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. 2005, L 124, S. 1).

    ( 15 ) Urteil vom 7. August 2018, Smith (C‑122/17, EU:C:2018:631, Rn. 42 bis 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 16 ) Urteil vom 7. August 2018, Smith (C‑122/17, EU:C:2018:631, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 17 ) Siehe oben, Fn. 8.

    ( 18 ) Vgl. Urteile vom 12. Juli 1990, Foster u. a. (C‑188/89, EU:C:1990:313, Rn. 17), und vom 10. Oktober 2017, Farrell (C‑413/15, EU:C:2017:745, Rn. 32).

    ( 19 ) Vgl. Urteil vom 12. November 2019, Kommission/Irland (Windfarm Derrybrien) (C‑261/18, EU:C:2019:955, Rn. 91).

    ( 20 ) Vgl. schon Kirton, J., und Horrocks, S., Consideration of Human Health through IPPC: A Good Practice Guide (Impel report, 2004/10, insbesondere S. 12 und 13). Das European Union Network for the Implementation and Enforcement of Environmental Law (IMPEL) beschreibt sich als internationaler gemeinnütziger Zusammenschluss der Umweltbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der Beitritts- und Kandidatenländer der EU, der EWR- und EFTA-Länder sowie der potenziellen Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft. Seine Aufgabe sei es, die wirksame Umsetzung und Durchsetzung des europäischen Umweltrechts zu gewährleisten, indem es die fachliche Zusammenarbeit, die Information und den Austausch bewährter Praktiken zwischen den Umweltbehörden fördere (impel.eu).

    ( 21 ) Urteil vom 9. März 2023, Sdruzhenie Za Zemyata – dostap do pravosadie u. a. (C‑375/21, EU:C:2023:173, Rn. 53).

    ( 22 ) Urteile vom 5. Mai 1998, National Farmers‘ Union u. a. (C‑157/96, EU:C:1998:191, Rn. 63 und 64), vom 9. September 2003, Monsanto Agricoltura Italia u. a. (C‑236/01, EU:C:2003:431, Rn. 111), sowie vom 1. Oktober 2019, Blaise u. a. (C‑616/17, EU:C:2019:800, Rn. 43).

    ( 23 ) Vgl. Urteil vom 9. März 2023, Sdruzhenie Za Zemyata – dostap do pravosadie u. a. (C‑375/21, EU:C:2023:173, Rn. 53), zur Richtlinie über Industrieemissionen sowie zur Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7) Urteile vom 7. September 2004, Waddenvereniging und Vogelbeschermingsvereniging (C‑127/02, EU:C:2004:482, Rn. 44 sowie 58 und 59), und vom 10. Oktober 2019, Luonnonsuojeluyhdistys Tapiola (C‑674/17, EU:C:2019:851, Rn. 66), und zum Abfallrecht Urteil vom 24. Oktober 2019, Prato Nevoso Termo Energy (C‑212/18, EU:C:2019:898, Rn. 58). Vgl. auch Sobotta, C., „Recent applications of the precautionary principle in the jurisprudence of the CJEU – a new yardstick in EU environmental decision making?“, ERA Forum 2020, 723.

    ( 24 ) Urteil vom 26. April 2005, Kommission/Irland (C‑494/01, EU:C:2005:250, Rn. 165). Siehe aber auch Urteile vom 5. Oktober 1999, Lirussi und Bizzaro (C‑175/98 und C‑177/98, EU:C:1999:486, Rn. 51), sowie vom 22. Juni 2000, Fornasar u. a. (C‑318/98, EU:C:2000:337, Rn. 37), die in diesem Sinne auch den Vorsorgegrundsatz verstehen.

    ( 25 ) Siehe insbesondere meine Schlussanträge in der Rechtssache Bayer CropScience und Bayer/Kommission (C‑499/18 P, EU:C:2020:735, Nr. 107) sowie meine Schlussanträge in den Rechtssachen ERG u. a. (C‑378/08, EU:C:2009:650, Nrn. 67 und 75), Afton Chemical (C‑343/09, EU:C:2010:258, Nr. 60) und Kommission/Frankreich (C‑237/12, EU:C:2014:14, Nr. 30).

    ( 26 ) Urteile vom 27. Oktober 1977, Bouchereau (30/77, EU:C:1977:172, Rn. 13 und 14), vom 27. März 1990, Cricket St Thomas (C‑372/88, EU:C:1990:140, Rn. 19), und vom 6. Oktober 2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi (C‑561/19, EU:C:2021:799, Rn. 43).

    ( 27 ) Urteile vom 27. März 1990, Cricket St Thomas (C‑372/88, EU:C:1990:140, Rn. 18), und vom 26. Januar 2021, Hessischer Rundfunk (C‑422/19 und C‑423/19, EU:C:2021:63, Rn. 65).

    ( 28 ) Urteile vom 1. März 2016, Kreis Warendorf und Osso (C‑443/14 und C‑444/14, EU:C:2016:127, Rn. 27), und vom 24. Februar 2022, Tiketa (C‑536/20, EU:C:2022:112, Rn. 27).

    ( 29 ) Urteile vom 22. Oktober 2009, Zurita García und Choque Cabrera (C‑261/08 und C‑348/08, EU:C:2009:648, Rn. 57), vom 27. November 2012, Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 135), vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat (C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 50), und vom 20. Dezember 2017, Acacia und D‘Amato (C‑397/16 und C‑435/16, EU:C:2017:992, Rn. 31).

    ( 30 ) So die tschechische, die litauische, die maltesische, die ungarische, die polnische, die rumänische, die slowenische und die slowakische Fassung.

    ( 31 ) So die bulgarische, die estnische, die kroatische und die lettische Fassung.

    ( 32 ) Ähnlich auch schon Art. 4 Nr. 1 der Richtlinie 84/360/EWG des Rates vom 28. Juni 1984 zur Bekämpfung der Luftverunreinigung durch Industrieanlagen (ABl. 1984, L 188, S. 20): „alle geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegen Luftverunreinigung, einschließlich des Einsatzes der besten verfügbaren Technologie, …, sofern die Durchführung solcher Maßnahmen keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursacht“.

    ( 33 ) KOM(2007) 844 endgültig, Art. 12 (S. 31).

    ( 34 ) KOM(2007) 844 endgültig (S. 11).

    ( 35 ) Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. 2008, L 152, S. 1) in der Fassung der Richtlinie (EU) 2015/1480 der Kommission vom 28. August 2015 (ABl. 2015, L 226, S. 4).

    ( 36 ) Urteil vom 9. März 2023, Sdruzhenie Za Zemyata – dostap do pravosadie u. a. (C‑375/21, EU:C:2023:173, Rn. 50). Vgl. schon Art. 4 Nr. 4 der Richtlinie 84/360.

    ( 37 ) Vgl. Urteile vom 1. April 2008, Parlament und Dänemark/Kommission (C‑14/06 und C‑295/06, EU:C:2008:176, Rn. 75), sowie vom 1. Oktober 2019, Blaise u. a. (C‑616/17, EU:C:2019:800, Rn. 42).

    ( 38 ) Beschluss vom 12. Juli 1996, Vereinigtes Königreich/Kommission (C‑180/96 R, EU:C:1996:308, Rn. 93), sowie Urteile vom 17. Juli 1997, Affish (C‑183/95, EU:C:1997:373, Rn. 43), vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission (C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 99), und vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 156).

    ( 39 ) Zitiert in Fn. 20, S. 19.

    ( 40 ) Eurostat, Causes of death: tables and figures (https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/images/6/64/SE‑Causes_of_death_2023.xlsx, besucht am 1. September 2023).

    ( 41 ) Urteile des EGMR vom 24. Januar 2019, Cordella u. a./Italien (CE:ECHR:2019:0124JUD005441413), sowie vom 5. Mai 2022, Ardimento u. a./Italien (CE:ECHR:2022:0505JUD000464217).

    ( 42 ) Durchführungsbeschluss 2012/135/EU über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Industrieemissionen in Bezug auf die Eisen- und Stahlerzeugung (ABl. 2012, L 70, S. 63).

    ( 43 ) Remus, R., Aguado Monsonet, M. A., Roudier, S., Delgado Sancho, L., Best Available Techniques (BAT) Reference Document for Iron and Steel Production (2013).

    ( 44 ) Insbesondere Nrn. 7, 21, 28, 29, 39, 55, 56, 87 und 88 des Anhangs des Durchführungsbeschlusses 2012/135.

    ( 45 ) Die Region Apulien erwähnt den Durchführungsbeschluss (EU) 2017/1442 der Kommission vom 31. Juli 2017 über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates für Großfeuerungsanlagen (ABl. 2017, L 212, S. 1). Möglicherweise sind auch der Durchführungsbeschluss (EU) 2022/2110 der Kommission vom 11. Oktober 2022 über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Industrieemissionen in Bezug auf die Eisenmetallverarbeitungsindustrie (ABl. 2022, L 284, S 69) sowie Aries, E., Gómez, J., Mavromatis, S., Klein, G., Chronopoulos G., und Roudier, S., Best Available Techniques (BAT) Reference Document for the Ferrous Metals Processing Industry (2022), und Europäische Kommission, Reference Document on Best Available Techniques in the Smitheries and Foundries Industry (2005), von Bedeutung.

    ( 46 ) Siehe oben, Nrn. 91 bis 95.

    ( 47 ) Siehe oben, Nr. 100.

    ( 48 ) Urteil vom 9. März 2023, Sdruzhenie Za Zemyata – dostap do pravosadie u. a. (C‑375/21, EU:C:2023:173, Rn. 59).

    ( 49 ) Urteil vom 10. November 2020, Kommission/Italien (Grenzwerte für PM10) (C‑644/18, EU:C:2020:895), Tarent ist Teil des Gebiets IT 1613 (Puglia – Industriegebiet).

    ( 50 ) Arpa Puglia, Monitoraggio della qualità dell’aria, Rete Acciaierie d’Italia S.p.A, Report Anno 2022.

    ( 51 ) Siehe in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2023, Sdruzhenie Za Zemyata – dostap do pravosadie u. a. (C‑375/21, EU:C:2023:173, Rn. 67).

    ( 52 ) Vgl. Urteil vom 31. März 2011, Kommission/Italien (C‑50/10, EU:C:2011:200, Rn. 29).

    ( 53 ) Zitiert in Fn. 42.

    ( 54 ) Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. 2000, L 327, S. 1).

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