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Document 62022CC0566
Opinion of Advocate General Richard de la Tour delivered on 12 October 2023.#Inkreal s.r.o. v Dúha reality s.r.o.#Request for a preliminary ruling from the Nejvyšší soud.#Reference for a preliminary ruling – Judicial cooperation in civil matters – Jurisdiction and the recognition and enforcement of judgments in civil and commercial matters – Regulation (EU) No 1215/2012 – Scope – Article 25 – Agreement conferring jurisdiction – Parties to a contract established in the same Member State – Jurisdiction of the courts of another Member State to settle disputes arising from that contract – International element.#Case C-566/22.
Schlussanträge des Generalanwalts J. Richard de la Tour vom 12. Oktober 2023.
Inkreal s.r.o. gegen Dúha reality s.r.o.
Vorabentscheidungsersuchen des Nejvyšší soud.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 – Anwendungsbereich – Art. 25 – Gerichtsstandsvereinbarung – Vertragsparteien mit Wohnsitz in demselben Mitgliedstaat – Vereinbarung der Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats für Rechtsstreitigkeiten, die aus diesem Vertrag entstehen – Auslandsbezug.
Rechtssache C-566/22.
Schlussanträge des Generalanwalts J. Richard de la Tour vom 12. Oktober 2023.
Inkreal s.r.o. gegen Dúha reality s.r.o.
Vorabentscheidungsersuchen des Nejvyšší soud.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 – Anwendungsbereich – Art. 25 – Gerichtsstandsvereinbarung – Vertragsparteien mit Wohnsitz in demselben Mitgliedstaat – Vereinbarung der Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats für Rechtsstreitigkeiten, die aus diesem Vertrag entstehen – Auslandsbezug.
Rechtssache C-566/22.
Court reports – general
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2023:768
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
JEAN RICHARD DE LA TOUR
vom 12. Oktober 2023 ( 1 )
Rechtssache C‑566/22
Inkreal s. r. o.
gegen
Dúha reality s. r. o.
(Vorabentscheidungsersuchen des Nejvyšší soud [Oberstes Gericht, Tschechische Republik])
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 – Anwendungsbereich – Art. 25 – Gerichtsstandsklausel – Parteien eines Vertrags mit Wohnsitz im selben Mitgliedstaat, die die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats für die aus diesem Vertrag entstandenen Rechtsstreitigkeiten vereinbaren – Auslandsbezug“
I. Einleitung
1. |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft im Wesentlichen die Auslegung von Art. 25 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ( 2 ). |
2. |
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen zwei Gesellschaften mit Sitz in ein und demselben Mitgliedstaat über die Bestimmung des Gerichts, das örtlich zuständig ist für die Entscheidung über eine Klage auf Begleichung von Forderungen, die aus der Nichterfüllung von zwei Darlehensverträgen entstanden sind, die in diesem Mitgliedstaat geschlossen wurden und in denen ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats für den Fall von Rechtsstreitigkeiten für zuständig erklärt wird. |
3. |
Dem Gerichtshof wird die bisher ungeklärte Frage gestellt, ob das Vorliegen einer Gerichtsstandsklausel für sich genommen einen Auslandsbezug darstellt, der für die Anwendung von Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 ausreicht. |
4. |
Die Prüfung der verschiedenen Argumente aus dem Schrifttum und aus der Rechtsprechung verschiedener europäischer Gerichte führen mich dazu, dem Gerichtshof vorzuschlagen, diese Frage zu verneinen und klarzustellen, zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzung des Auslandsbezugs zu prüfen ist. |
II. Rechtlicher Rahmen
A. Unionsrecht
5. |
Im dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1215/2012 heißt es: „Die [Europäische] Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erhalten und weiterzuentwickeln, indem unter anderem der Zugang zum Recht, insbesondere durch den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen, erleichtert wird. Zum schrittweisen Aufbau eines solchen Raums hat die Union im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, die einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, Maßnahmen zu erlassen, insbesondere wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist.“ ( 3 ) |
6. |
Art. 25 Abs. 1 dieser Verordnung ( 4 ) bestimmt: „Haben die Parteien unabhängig von ihrem Wohnsitz vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig, es sei denn, die Vereinbarung ist nach dem Recht dieses Mitgliedstaats materiell ungültig. Dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats sind ausschließlich zuständig, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. …“ |
B. Tschechisches Recht
7. |
§ 11 Abs. 3 des Zákon č. 99/1963 Sb., občanský soudní řád (Gesetz Nr. 99/1963 über die Zivilprozessordnung, im Folgenden: Zivilprozessordnung) sieht vor: „Handelt es sich um eine Rechtssache, die in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Tschechischen Republik fällt, bei der aber die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit nicht gegeben sind oder nicht festgestellt werden können, so bestimmt der Nejvyšší soud [(Oberstes Gericht, Tschechische Republik)], welches Gericht in der Rechtssache verhandelt und entscheidet.“ |
III. Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits und Vorlagefrage
8. |
FD, der in der Slowakei seinen Wohnsitz hat, schloss als Darlehensgeber mit der Dúha reality s. r. o., einer Gesellschaft mit Sitz ( 5 ) in der Slowakei, als Darlehensnehmerin am 29. Juni 2016 bzw. am 11. März 2017 zwei Darlehensverträge. |
9. |
Mit Forderungsabtretungsvertrag vom 8. Dezember 2021 trat FD seine Forderungen aus diesen Darlehensverträgen an Inkreal, eine Gesellschaft mit Sitz in der Slowakei, ab. |
10. |
In jedem dieser Verträge kamen die Parteien überein, dass „alle Unklarheiten oder Streitigkeiten, die sich aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag ergeben, in erster Linie durch gemeinsame Verhandlungen gelöst werden, um zu einer für beide Vertragsparteien annehmbaren Lösung zu gelangen. Sind die Vertragsparteien nicht in der Lage, eine solche Streitigkeit zu lösen, hat das sachlich und örtlich zuständige tschechische Gericht in Einklang mit [der Zivilprozessordnung] in der geltenden Fassung über diese Streitigkeit zu entscheiden“. |
11. |
Da Dúha reality die Darlehen nicht zurückzahlte, erhob Inkreal am 30. Dezember 2021 auf der Grundlage dieser Klausel, die sie als Gerichtsstandsklausel zugunsten der tschechischen Gerichte für die Entscheidung über die sich aus den Darlehensverträgen ergebenden Rechtsstreitigkeiten ansah, Klage beim Nejvyšší soud (Oberstes Gericht). Mit ihren Anträgen begehrt Inkreal zum einen die Begleichung ihrer Forderungen und zum anderen die Bestimmung des tschechischen Gerichts, das für die Entscheidung in der Sache nach § 11 Abs. 3 der Zivilprozessordnung örtlich zuständig ist. |
12. |
Zur Stützung des letztgenannten Antrags macht Inkreal geltend, dass sie aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung handele, die in einem Privatrechtsverhältnis mit Auslandsbezug gemäß Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 gültig sei. Es bestehe keine weitere besondere oder ausschließliche Zuständigkeit eines Gerichts gemäß dieser Verordnung. |
13. |
In Anbetracht der Rechtsprechung des Gerichtshofs ( 6 ) bezweifelt das vorlegende Gericht, dass in einer Situation, in der der einzige Aspekt, der als international angesehen werden könnte, die Tatsache sei, dass die Vertragsparteien, die ihren Wohnsitz in demselben Mitgliedstaat hätten, die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats vereinbart hätten, die Verordnung Nr. 1215/2012 – und damit auch ihr Art. 25 Abs. 1 – anwendbar sei. |
14. |
Die Hauptargumente für die Anwendbarkeit dieser Verordnung seien insbesondere die Betonung der Vertragsautonomie der Parteien, die einheitliche Auslegung und die harmonisierte Anwendung von Art. 25 dieser Verordnung und die unlogischen bzw. unangemessenen Folgen für den Fall, dass dieser Artikel nicht angewandt werden könnte. |
15. |
Der Hauptgrund für eine Schlussfolgerung dahin gehend, dass diese Verordnung nicht anwendbar sei, sei dagegen der fehlende Auslandsbezug und damit die Einstufung des Falls als rein innerstaatlich. Dieser Schlussfolgerung liege insbesondere die Auffassung zugrunde, dass die bloße Absicht der Parteien, das Gericht eines anderen Mitgliedstaats für zuständig zu erklären, keine „Internationalisierung“ der betreffenden Situation zur Folge haben könne. |
16. |
Unter diesen Umständen und in Anbetracht der unterschiedlichen Auffassungen im Schrifttum und in der Rechtsprechung, die sich aus der Konsultierung bestimmter oberster Gerichte anderer Mitgliedstaaten ergeben, hat der Nejvyšší soud (Oberstes Gericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen: Wird die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1215/2012 im Hinblick auf das Vorliegen eines internationalen Bezugs, der für die Anwendbarkeit dieser Verordnung erforderlich ist, allein dadurch begründet, dass zwei in demselben Mitgliedstaat ansässige Parteien die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union vereinbaren? |
17. |
Schriftliche Erklärungen sind von Dúha reality, der tschechischen und der Schweizer Regierung sowie von der Europäischen Kommission eingereicht worden. |
IV. Würdigung
A. Vorbemerkungen
18. |
Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen von Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 bezüglich der Zuständigkeitsvereinbarung zum Teil denjenigen in den vorherigen Rechtsinstrumenten ( 7 ) entsprechen. Infolgedessen gilt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Auslegung, die er für eines von ihnen vorgenommen hat, auch für die anderen ( 8 ). |
19. |
Da im Ausgangsrechtsstreit eine Forderungsabtretung eine Rolle spielt, ist es meines Erachtens als Zweites nützlich, zum einen hervorzuheben, dass der Gerichtshof darauf hingewiesen hat, dass in Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 nicht geklärt wird, ob eine Gerichtsstandsklausel über den Kreis der Vertragsparteien hinaus an einen Dritten abgetreten werden kann, der Partei eines späteren Vertrags ist und ganz oder teilweise in die Rechte und Pflichten einer der Parteien des ursprünglichen Vertrags eintritt ( 9 ). Zum anderen hat er entschieden, dass nur dann, wenn der Dritte nach dem in der Sache anwendbaren nationalen Recht in alle Rechte und Pflichten der ursprünglichen Vertragspartei eingetreten ist, eine Gerichtsstandsklausel, der dieser Dritte nicht zugestimmt hat, ihn dennoch binden könnte ( 10 ). Im vorliegenden Fall geht aus dem vom vorlegenden Gericht geschilderten Verfahren hervor, dass sich Inkreal, die Dritte im Verhältnis zu dem die Gerichtsstandsklausel enthaltenden Vertrag ist, an diese gebunden fühlt. |
B. Beantwortung der Vorlagefrage
20. |
Mit seiner Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass er bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt allein deshalb anwendbar ist, weil die Parteien mit Wohnsitz im selben Mitgliedstaat ein Gericht oder Gerichte eines anderen Mitgliedstaats bestimmt haben, um über zwischen ihnen bereits entstandene oder künftig entstehende Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden. |
21. |
Es hat die beiden entgegengesetzten Standpunkte zutreffend dargestellt, die im Schrifttum und von den Gerichten der Mitgliedstaaten angesichts dessen vertreten werden, dass in Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 – und zwar ohne Änderung im Vergleich zu den vorhergehenden Artikeln, die im Bereich von Gerichtsstandsklauseln seit dem Inkrafttreten des Übereinkommens von Brüssel ( 11 ), auf das die Verordnung Nr. 44/2001 ( 12 ) nachfolgte, anwendbar waren – keine Voraussetzung hinsichtlich eines Auslandsbezugs niedergelegt ist. |
22. |
Aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen kann nämlich kein Argument abgeleitet werden. Es lässt sich nur feststellen, dass das Erfordernis, dass mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, um ein Gericht oder Gerichte eines Mitgliedstaats bestimmen zu können, nicht in Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 steht. Zudem bleibt die Reichweite einer Gerichtsstandsklausel auf Rechtsstreitigkeiten beschränkt, die ihren Ursprung in dem Rechtsverhältnis haben, anlässlich dessen sie vereinbart wurde ( 13 ). |
23. |
Um ein Gericht eines Mitgliedstaats als zuständiges Gericht bestimmen zu können, unterliegt die Wahl der Parteien infolgedessen keiner weiteren Anforderung, insbesondere nicht in Bezug auf das Vorliegen einer Verbindung zwischen dem bezeichneten Gericht und dem Rechtsstreit ( 14 ). Es genügt, wenn die Klausel die objektiven Kriterien nennt, über die sich die Parteien bei der Bestimmung des Gerichts oder der Gerichte, die über ihre bereits entstandenen oder künftigen Rechtsstreitigkeiten entscheiden sollen, geeinigt haben. Diese Kriterien müssen so genau sein, dass das angerufene Gericht feststellen kann, ob es zuständig ist ( 15 ). |
24. |
Diese Flexibilität ist seit dem Brüsseler Übereinkommen auf den Willen gestützt, der Parteiautonomie ( 16 ) im Bereich von Zuständigkeitsvereinbarungen volle Wirksamkeit zu verleihen, ohne dass dies jedoch, meines Erachtens, eine Ausnahme von den Anwendungsvoraussetzungen der Verordnung Nr. 1215/2012 darstellt, zu denen das Erfordernis eines Auslandsbezugs gehört ( 17 ). |
25. |
In diesem Zusammenhang ist zunächst hervorzuheben, dass die Verordnung Nr. 1215/2012 im Gegensatz zu bestimmten anderen Verordnungen ( 18 ), aber wie die meisten über die Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen, Unterhalt oder Zahlungsunfähigkeit, keine Bestimmung über den internationalen Charakter des in Rede stehenden Sachverhalts enthält, obwohl dieser Voraussetzung für ihre Anwendbarkeit ist ( 19 ). |
26. |
Des Weiteren hat der Gerichtshof in diesem Kontext klargestellt, dass „die Anwendung der Zuständigkeitsregeln des Brüsseler Übereinkommens … einen Auslandsbezug [verlangt]“ ( 20 ). Dieser Grundsatz wurde in mehreren weiteren Urteilen in Bezug auf die Verordnungen Nrn. 44/2001 ( 21 ) und 1215/2012 ( 22 ) bekräftigt. |
27. |
Schließlich ist eine solche Auslegung in Anbetracht der Rechtsgrundlagen dieser Verordnung ( 23 ) geboten, auch wenn die Neufassung der Verordnung Nr. 44/2001, die mit ihr vorgenommen wurde, zum Ziel hat, den Verkehr und die Anerkennung von Entscheidungen im europäischen Rechtsraum ohne Einschränkung wegen des internationalen Charakters des Rechtsstreits zu fördern ( 24 ) sowie im Fall von Gerichtsstandsvereinbarungen ihre universelle Anwendung, was bisher nicht der Fall war ( 25 ). |
28. |
Art. 81 AEUV, der die Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 1215/2012 bildet, sieht nämlich in seinem Abs. 1 Satz 1 vor, dass „[d]ie Union … eine justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug [entwickelt], die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen beruht“ ( 26 ). |
29. |
Da diese Verordnung darauf abzielt, Regeln über die internationale Zuständigkeit zu vereinheitlichen, und nicht darauf, die innerstaatlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten zur Regelung innerstaatlicher Streitigkeiten zu ersetzen, setzen ihre Anwendbarkeit und damit die ihres Art. 25 voraus, dass der in Rede stehende Sachverhalt einen internationalen Charakter in den Grenzen des Unionsrechts aufweist ( 27 ). |
30. |
Welche Kriterien sind nun heranzuziehen? |
31. |
Ich neige der Ansicht zu, die von einigen Autoren in deutscher ( 28 ), englischer ( 29 ) und französischer ( 30 ) Sprache vertreten wird und von obersten Gerichten einiger Mitgliedstaaten ( 31 ) übernommen wurde und nach der es ausgeschlossen ist, dass der in Rede stehende Sachverhalt allein durch den Willen der Parteien einen internationalen Charakter aufweist, und zwar aus fünf Hauptgründen. |
32. |
Als Erstes wäre es, wenn man davon ausgeht, dass der Rückgriff auf eine Bestimmung der Verordnung Nr. 1215/2012 das Vorliegen eines Auslandsbezugs voraussetzt, nicht logisch, anzunehmen, dass dieser a priori durch den bloßen Willen der Parteien in einem rein innerstaatlichen Sachverhalt erfüllt ist. Anders gesagt, würde eine solche Auslegung darauf hinauslaufen, auf jeden Auslandsbezug, der anhand objektiver Kriterien erfüllt sein muss, zu verzichten ( 32 ). |
33. |
Als Zweites wurde für einen grenzüberschreitenden Sachverhalt, der definitionsgemäß den speziellen in der Verordnung Nr. 1215/2012 festgelegten Zuständigkeitsregeln unterliegt, die in ihrem Art. 25 vorgesehene Zuständigkeitsvereinbarung als Mittel für die Parteien geschaffen, sich dafür zu entscheiden, von diesen verbindlichen Regeln einvernehmlich abzuweichen ( 33 ). Bei einem innerstaatlichen Sachverhalt würde eine solche Zuständigkeitsvereinbarung also bezwecken oder bewirken, von nationalen Vorschriften über die Zuständigkeit und die Wahl des Gerichtsstands abzuweichen ( 34 ). Auch wenn sich diese Verordnung in einen Kontext der Stärkung des gegenseitigen Vertrauens und der Vereinheitlichung der Kollisionsnormen einfügt ( 35 ), kann sie nicht zur Folge haben, jede Unterscheidung zwischen innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften und unionsrechtlich geregelten internationalen Zuständigkeitsvorschriften zu verwischen ( 36 ). |
34. |
Daher sind vier gegenteilige, den Wortlaut betreffende bzw. teleologische Argumente, die aus Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 gewonnen werden, meines Erachtens zurückzuweisen. Erstens kann aufgrund der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Verordnung ( 37 ) aus der Tatsache, dass eine Gerichtsstandsklausel vereinbart werden kann, ohne dass der Wohnsitz einer der Parteien eine Verbindung zu einem Mitgliedstaat herstellt ( 38 ), nicht gefolgert werden, dass der einzige vom Unionsgesetzgeber verlangte Auslandsbezug die Wahl eines Gerichts eines anderen Mitgliedstaats ist. |
35. |
Zweitens kann die Parteiautonomie, die traditionell die Regel der Zuständigkeit entsprechend der Zuständigkeitsvereinbarung im Fall der Wahl eines Gerichtsstands rechtfertigt, auch nicht in derart weitem Umfang geltend gemacht werden, dass sie den Parteien die Möglichkeit ließe, den Anwendungsbereich dieser Verordnung, der auf internationale und nicht rein innerstaatliche Sachverhalte begrenzt ist, in Frage zu stellen. |
36. |
Drittens kann die Klarstellung zum auf die materielle Gültigkeit der Gerichtsstandsklausel anwendbaren Recht in Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012, auch wenn sie von übergeordnetem Interesse ist, aber nicht dessen Anwendbarkeit rechtfertigen ( 39 ); andernfalls würde man zu einer auf das Ergebnis seiner Anwendung gestützten Auslegung kommen. |
37. |
Viertens ist es zwar unbestreitbar, dass das Ziel des Unionsgesetzgebers bei der Änderung von Art. 23 der Verordnung Nr. 44/2001 durch die Verordnung Nr. 1215/2012 darin bestand, den Rückgriff auf Gerichtsstandsvereinbarungen ( 40 ) und ihre Wirksamkeit zu stärken, um die Rechtssicherheit der Parteien zu gewährleisten ( 41 ), es kann es jedoch nicht rechtfertigen, es den Parteien zu erlauben, ohne irgendeine Begrenzung oder irgendeinen Anknüpfungspunkt von nationalen Zuständigkeitsregeln abzuweichen ( 42 ). Ich hebe in diesem Zusammenhang hervor, dass im vorliegenden Fall, obwohl der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Sachverhalt mit Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des Bankwesens in Verbindung gebracht werden könnte ( 43 ), das vorlegende Gericht ausdrücklich auf das Fehlen jeglichen Auslandsbezugs außer der Wahl eines Gerichts eines anderen Mitgliedstaats hingewiesen hat ( 44 ). |
38. |
Als Drittes teile ich, was die Rechtsprechung des Gerichtshofs betrifft, in der entschieden wurde, dass sich der Auslandsbezug aus dem Gegenstand des Rechtsstreits ergeben kann, wenn der in Rede stehende Sachverhalt Fragen hinsichtlich der Festlegung der internationalen Zuständigkeit der Gerichte aufwerfen kann ( 45 ), weder die Ansicht der tschechischen Regierung noch die der Kommission zu den Folgen, die sie daraus ziehen. Diese Rechtsprechung stützt sich nämlich auf objektive Kriterien (z. B. den Umstand, dass sich die streitigen Ereignisse in einem Drittstaat ereignet haben ( 46 ), oder die ausländische Staatsangehörigkeit des Beklagten ohne bekannten Wohnsitz ( 47 )), denen der Erfüllungsort der Schuld hinzugefügt werden könnte ( 48 ). |
39. |
Daraus kann also nicht abgeleitet werden, dass das Verfahren im Ausgangsverfahren allein deshalb unter diese Rechtsprechung fällt, weil es zum Gegenstand hat, zu klären, welches Gericht in Anbetracht der Wahl eines Gerichts eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen des Wohnsitzes der Parteien zuständig ist. Meiner Ansicht nach muss das vorlegende Gericht auf den bei ihm gestellten Antrag hin prüfen, ob Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 anwendbar ist. Mit anderen Worten muss es die Internationalität des in Rede stehenden Sachverhalts beurteilen und nicht die Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Klausel u. a. im Hinblick auf die in der Verordnung Nr. 1215/2012 vorgesehenen Schutzvorschriften über die Zuständigkeit prüfen, um über seine internationale Zuständigkeit zu entscheiden ( 49 ). |
40. |
Als Viertes teile ich in Bezug auf einen Vergleich mit anderen Rechtsinstrumenten erstens die Ansicht mancher Autoren, dass für die Auslegung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 Art. 3 Abs. 3 der Rom‑I-Verordnung ( 50 ), der die Wahl des anwendbaren Rechts bei einem innerstaatlichen Sachverhalt behandelt, nicht als Referenz dienen darf ( 51 ). |
41. |
Zum einen ist nämlich in dieser letztgenannten Verordnung das Kriterium in Art. 1 Abs. 1 ein Sachverhalt „[der] eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten [aufweist]“ ( 52 ) und nicht unbedingt international ist, wie sich aus dem Gegenstand von Art. 3 Abs. 3 dieser Verordnung ergibt ( 53 ). Zum anderen ändert diese Bestimmung nicht die Natur der rein innerstaatlichen Sachverhalte, in denen ein ausländisches Recht gewählt wurde, da sie weiterhin den zwingenden nationalen Vorschriften unterliegen. Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 garantiert jedoch keinen bestimmten Gerichtsstand. Zusammenfassend sind bei innerstaatlichen Sachverhalten die Rom‑I-Verordnung, die die sich aus dem Willen der Parteien ergebende Normenkollision behandelt, und die Verordnung Nr. 1215/2012 zu unterscheiden, die wegen ihrer Anwendungsvoraussetzungen nicht den sich aus der Wahl der Parteien ergebenden Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten behandelt. |
42. |
Zweitens unterstütze ich die Idee, dass die Auslegung des Gerichtshofs das am 30. Juni 2005 geschlossene Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen ( 54 ) berücksichtigen sollte. Wegen des in den Erwägungsgründen 4 und 5 des Beschlusses 2014/887 in Erinnerung gerufenen gegenseitigen Einflusses dieses Übereinkommens auf die Verordnung Nr. 1215/2012 ist eine Lösung vorzuziehen, die mit der Regel in Art. 1 Abs. 2 dieses Übereinkommens in Einklang steht, wonach „ein Sachverhalt international [ist], es sei denn, die Parteien haben ihren Aufenthalt im selben Vertragsstaat und die Beziehung der Parteien sowie alle anderen für den Rechtsstreit maßgeblichen Elemente weisen nur zu diesem Staat eine Verbindung auf, wobei der Ort des vereinbarten Gerichts unbeachtlich ist“ ( 55 ). |
43. |
Als Fünftes füge ich hinzu, dass, da sich die Internationalität aus verschiedenen Gesichtspunkten ergeben kann ( 56 ), diese vom angerufenen Gericht je nach Einzelfall flexibel oder gemäß einer weiten Konzeption geprüft werden sollten ( 57 ). |
44. |
Alle diese Argumente führen mich dazu, dem Gerichtshof vorzuschlagen, dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass die Anwendung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 von der Voraussetzung eines Auslandsbezugs abhängt, die nicht mit der bloßen Wahl eines Gerichts eines Mitgliedstaats erfüllt wird. |
45. |
Wegen der Auswirkungen einer solchen Auslegung in der Praxis sollte diese Lösung meines Erachtens in der Begründung des Gerichtshofs mit einer Klarstellung zu dem Zeitpunkt, zu dem der internationale Charakter des Sachverhalts zu beurteilen ist ( 58 ), ergänzt werden, um vollständig dem Ziel Genüge zu tun, dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben ( 59 ). |
46. |
Die Internationalität einer Situation kann sich nämlich mit der Zeit weiterentwickeln. Ich denke hier an den Fall einer Internationalisierung des Sachverhalts im Stadium des Rechtsstreits ( 60 ). Auch zu diesem Punkt divergieren mangels einer Klarstellung in der Verordnung Nr. 1215/2012 ( 61 ) die Analysen im Schrifttum und die Entscheidungen der Gerichte der Mitgliedstaaten ( 62 ). |
47. |
Ich habe festgestellt, dass sich die Autoren mehrheitlich für eine Beurteilung durch das Gericht bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Gerichtsstandsvereinbarung ( 63 ) und nicht auf den Zeitpunkt der Anrufung des von den Parteien bezeichneten Gerichts ( 64 ) aussprechen. Die Argumente, die aus dem vertraglichen Charakter der Bestimmung der Zuständigkeit ( 65 ) und der Rechtssicherheit ( 66 ) gewonnen werden, erscheinen mir – im Gegensatz zu dem der Vorhersehbarkeit ( 67 ) – überzeugend. Ich konnte auch feststellen, dass die Rechtsprechung der Mitgliedstaaten geteilt ist ( 68 ). |
48. |
Tatsächlich schließe ich das Kriterium der Prüfung der Internationalität zum Zeitpunkt der Klageerhebung aus, das mir den Anforderungen an die Rechtssicherheit nicht zu genügen scheint und die Gefahr des „forum shopping“ erhöht, obwohl der in Rede stehende Sachverhalt ursprünglich ein rein innerstaatlicher war ( 69 ). |
49. |
Unter Berücksichtigung des Verfahrensgegenstands der Klausel, nämlich der Wahl eines Gerichts im Rahmen einer europäischen Verordnung und ihrer Ziele, scheint mir eine alternative Lösung allerdings erwägenswert ( 70 ). So könnte zugelassen werden, dass bei einem innerstaatlichen Sachverhalt mit einer Aussicht auf dessen Internationalisierung ( 71 ) die Parteien beim Abschluss ihrer Vereinbarung übereinkommen, ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats mit einer hinreichend genauen Formulierung, die ihren Willen ausdrückt ( 72 ) und die Zuständigkeit allein der innerstaatlichen Gerichte bei Zweifeln am Vorliegen eines Auslandsbezugs vorsieht, zu bestimmen. Nur unter diesen Bedingungen scheint mir die Rechtssicherheit gewahrt ( 73 ). Es wäre also Sache des bestimmten Gerichts, zum Zeitpunkt seiner Anrufung zu prüfen, ob die Vorhersagen der Parteien eingetreten sind. |
V. Ergebnis
50. |
Vor dem Hintergrund aller vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage des Nejvyšší soud (Oberstes Gericht, Tschechische Republik) wie folgt zu beantworten: Art. 25 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass er bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt nicht allein deshalb anwendbar ist, weil die Parteien mit Wohnsitz im selben Mitgliedstaat ein Gericht oder Gerichte eines anderen Mitgliedstaats bestimmt haben, um über zwischen ihnen bereits entstandene oder künftig entstehende Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden. |
( 1 ) Originalsprache: Französisch.
( 2 ) ABl. 2012, L 351, S. 1, berichtigt in ABl. 2016, L 264, S. 43.
( 3 ) Hervorhebung nur hier.
( 4 ) Was die Vorschriften betrifft, die diesem Artikel vorausgegangen sind, vgl. Fn. 7, 11 und 12 der vorliegenden Schlussanträge.
( 5 ) Ich gehe davon aus, dass dem Nejvyšší soud (Oberstes Gericht), dem vorlegenden Gericht, zufolge Dúha reality und die Inkreal s. r. o. (vgl. Nr. 9 der vorliegenden Schlussanträge) damit einen entsprechenden „Wohnsitz“ im Sinne von Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 haben.
( 6 ) Das vorlegende Gericht bezieht sich auf die Urteile vom 1. März 2005, Owusu (C‑281/02, EU:C:2005:120, Rn. 25 und 26), und vom 7. Mai 2020, Parking und Interplastics (C‑267/19 und C‑323/19, EU:C:2020:351, Rn. 30 bis 35).
( 7 ) Vgl. Art. 17 des am 27. September 1968 in Brüssel unterzeichneten Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der Fassung der nachfolgenden Übereinkommen über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen (ABl. 1998, C 27, S. 1) (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) und Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).
( 8 ) Vgl. Urteil vom 24. November 2022, Tilman (C‑358/21, EU:C:2022:923, Rn. 34), ebenfalls zur einheitlichen Auslegung mit den identischen Bestimmungen des am 30. Oktober 2007 unterzeichneten Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, dessen Abschluss im Namen der Europäischen Gemeinschaft mit dem Beschluss 2009/430/EG des Rates vom 27. November 2008 (ABl. 2009, L 147, S. 1) genehmigt wurde (im Folgenden: Lugano‑II-Übereinkommen).
( 9 ) Vgl. u. a. Urteil vom 18. November 2020, DelayFix (C‑519/19, EU:C:2020:933, Rn. 40).
( 10 ) Vgl. Urteil vom 18. November 2020, DelayFix (C‑519/19, EU:C:2020:933, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).
( 11 ) Vgl. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 des Brüsseler Übereinkommens in der Fassung von Art. 11 des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zu diesem Übereinkommen (ABl. 1978, L 304, S. 1) und Art. 7 des Übereinkommens über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik zu diesem Übereinkommen (ABl. 1989, L 285, S. 1), in dem es heißt: „Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Vertragsstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Staates ausschließlich zuständig.“
( 12 ) Vgl. Art. 23 Abs. 1 dieser Verordnung, in dem es heißt: „Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig. Dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats sind ausschließlich zuständig, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. …“
( 13 ) Vgl. Urteile vom 21. Mai 2015, CDC Hydrogen Peroxide (C‑352/13, EU:C:2015:335, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 8. März 2018, Saey Home & Garden (C‑64/17, EU:C:2018:173, Rn. 30).
( 14 ) Vgl. Urteile vom 17. Januar 1980, Zelger (56/79, EU:C:1980:15, Rn. 4), sowie vom 16. März 1999, Castelletti (C‑159/97, EU:C:1999:142, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. allerdings dieselbe allgemeine Regel in den Erwägungsgründen 8 bzw. 13 der Verordnungen Nrn. 44/2001 und 1215/2012. Zum Vergleich siehe Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ABl. 2012, L 201, S. 107). Im selben Sinne vgl. Art. 7 der Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands (ABl. 2016, L 183, S. 1).
( 15 ) Vgl. Urteile vom 9. November 2000, Coreck (C‑387/98, EU:C:2000:606, Rn. 15), und vom 7. Juli 2016, Hőszig (C‑222/15, EU:C:2016:525, Rn. 43).
( 16 ) Vgl. Erwägungsgründe 14 und 15 der Verordnung Nr. 1215/2012 sowie Urteile vom 7. Juli 2016, Hőszig (C‑222/15, EU:C:2016:525, Rn. 44), und vom 18. November 2020, DelayFix (C‑519/19, EU:C:2020:933, Rn. 38).
( 17 ) Vgl. auch zur Erinnerung daran, dass der Rechtsstreit in den Bereich der Zivil- und Handelssachen im Sinne der Verordnung Nr. 1215/2012 fallen muss, Nourissat, C., „L’avenir des clauses attributives de juridiction d’après le règlement ‚Bruxelles I bis‘“, Mélanges en l’honneur du professeur Bernard Audit: les relations privées internationales, Librairie générale de droit et de jurisprudence, Issy-les-Moulineaux, 2014, S. 567 bis 579, insbesondere S. 570.
( 18 ) Vgl. Art. 3 Abs. 1 der Verordnungen (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. 2006, L 399, S. 1) und (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. 2007, L 199, S. 1). Vgl. zur Verordnung Nr. 1896/2006 Urteil vom 7. Mai 2020, Parking und Interplastics (C‑267/19 und C‑323/19, EU:C:2020:351, Rn. 33). Zum Vergleich siehe Verordnungen (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. 2008, L 177, S. 6) (im Folgenden: Rom‑I-Verordnung), (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (ABl. 2007, L 199, S. 40) (im Folgenden: Rom‑II-Verordnung) sowie (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts (ABl. 2010, L 343, S. 10) (im Folgenden: Rom‑III-Verordnung). Gemäß ihren Art. 1 Abs. 1 ist das Kriterium für ihre Anwendbarkeit das der „situations comportant [bzw., in der Rom‑III-Verordnung, impliquant] un conflit de lois“ (Situationen, in denen es zu einer Normenkollision kommt). In der deutschen Sprachfassung dieser Artikel ist insoweit von der „Verbindung zum Recht verschiedener Staaten“ die Rede.
( 19 ) Vgl. Urteil vom 7. Mai 2020, Parking und Interplastics (C‑267/19 und C‑323/19, EU:C:2020:351, Rn. 35).
( 20 ) Vgl. Urteil vom 1. März 2005, Owusu (C‑281/02, EU:C:2005:120, Rn. 25).
( 21 ) Vgl. Urteil vom 17. November 2011, Hypoteční banka (C‑327/10, EU:C:2011:745, Rn. 29).
( 22 ) Vgl. Urteile vom 25. Februar 2021, Markt24 (C‑804/19, EU:C:2021:134, Rn. 32), und vom 8. September 2022, IRnova (C‑399/21, EU:C:2022:648, Rn. 27).
( 23 ) Vgl. zu den Zielen dieser Verordnung Art. 3 Abs. 2 EUV und Art. 67 AEUV.
( 24 ) Gemäß dem Wortlaut des 26. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1215/2012 „[sollte e]ine von den Gerichten eines Mitgliedstaats erlassene Entscheidung … so behandelt werden, als sei sie im ersuchten Mitgliedstaat ergangen“.
( 25 ) Vgl. Nr. 22 der vorliegenden Schlussanträge.
( 26 ) Hervorhebung nur hier. Vgl. auch Erwägungsgründe 3 und 5 der Verordnung Nr. 1215/2012.
( 27 ) Vgl. Audit, B., und d’Avout, L., Droit international privé, 9. Aufl., Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris, 2022, Rn. 625 (S. 539 und 540) und Rn. 628 (S. 544). Vgl. auch Gaudemet-Tallon, H., und Ancel, M.‑E., Compétence et exécution des jugements en Europe, Règlements 44/2001 et 1215/2012, Conventions de Bruxelles (1968) et de Lugano (1998 et 2007), 6. Aufl., Librairie générale de droit et de jurisprudence, collection „Droit des affaires“, Paris, 2018, Rn. 82 (S. 117) und Rn. 141 (S. 189). Vgl. in Bezug auf die Notwendigkeit zur Klärung dieser Voraussetzung die von der Milieu SRL für die Kommission erstellte Studie mit dem Titel „Study to support the preparation of a report on the application of Regulation (EU) no 1215/2012 on jurisdiction and the recognition and enforcement of judgments in civil and commercial matters (Brussels Ia Regulation)“, im Folgenden: Studie für die Kommission, Januar 2023, S. 14, S. 54 bis 59 sowie S. 263 und 264. Vgl. ergänzend die Analyse mit dem Titel „Regulation Brussels Ia: a standard for free circulation of judgments and mutual trust in the European Union“, eine detaillierte Analyse vom 31. Juli 2022 der nationalen Praktiken in allen derzeitigen Mitgliedstaaten sowie im Vereinigten Königreich zur Anwendung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012, die auf der Grundlage der Fragen durchgeführt wurde, die auch der Studie für die Kommission (Fragen 41 bis 49) vom Internationaal Juridisch Instituut im Rahmen des von der Kommission finanzierten Projekts JUDGTRUST, S. 34 bis 38 und S. 163 bis 176, zugrunde lagen.
( 28 ) Vgl. Mankowski, P., „Artikel 25 Brüssel Ia-VO“, in Rauscher, T., und Leible, S., Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht: EuZPR/EuIPR: Kommentar. Band I, Brüssel Ia-Verordnung, 5. Aufl., Otto Schmidt, Köln, 2021, insbesondere Rn. 32 und 35; Hausmann, R., „Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen“, in Reithmann, C., und Martiny, D., Internationales Vertragsrecht, 9. Aufl., Otto Schmidt, Köln, 2022, Rn. 7.19 ff.; Dörner, H., „Artikel 25 [Zulässigkeit und Form von Gerichtsstandsvereinbarungen]“, in Saenger, I., Zivilprozessordnung: Familienverfahren, Gerichtsverfassung, Europäisches Verfahrensrecht: Handkommentar, 9. Aufl., Nomos, Baden-Baden, 2021, insbesondere Rn. 6. Zum gegenteiligen Standpunkt vgl. Staudinger, H., „Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen“, Internationale Zuständigkeit für Vertragsklagen; Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, De Gruyter, Berlin, 2011, Rn. 241; Geimer, R., „Artikel 25 EuGVVO“, Zöller, R., Zivilprozessordnung, 33. Aufl., Otto Schmidt, Köln, 2020, Rn. 3.
( 29 ) Vgl. Brosch, M., und Kahl, L.‑M., „Article 25“, in Requejo Isidro, M., Brussels I bis: A Commentary on Regulation (EU) no 1215/2012, Edward Elgar Publishing, Cheltenham, 2022, S. 344 bis 374, insbesondere Punkt 25.03, und andere Ansicht Magnus, U., „Article 25“, in Magnus, U., und Mankowski, P., European Commentaries on Private International Law, Brussels Ibis Regulation, 2. Aufl., Otto Schmidt, Köln, 2023, S. 579 bis 642, insbesondere Rn. 25 (S. 599).
( 30 ) Vgl. Schlosser-Bericht zum Übereinkommen vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof (ABl. 1979, C 59, S. 71), Rn. 174; Gothot, P., und Holleaux, D., La Convention de Bruxelles du 27 septembre 1968: compétence judiciaire et effets des jugements dans la CEE, Jupiter, Paris, 1985, Rn. 167 (S. 99); Gaudemet-Tallon, H., und Ancel, M.‑E., a. a. O., Rn. 141 (S. 189); im weiteren Sinne Sindres, D., „Compétence judiciaire, Reconnaissance et Exécution des décisions en matière civile et commerciale. – Compétence. – Règles ordinaires de compétence. – Dispositions générales. – Article 4 du règlement (UE) no 1215/2012“, JurisClasseur Droit international, LexisNexis, Paris, 2. November 2021, Heft 584-125, Rn. 27; Audit, B., und d’Avout, L., a. a. O., Rn. 675 (S. 587 und 588). Zur anderen Ansicht vgl. Bericht von Herrn P. Jenard zum Übereinkommen von Brüssel (ABl. 1979, C 59, S. 1), S. 38; Droz, G., Compétence judiciaire et effets des jugements dans le Marché commun (Étude de la Convention de Bruxelles du 27 septembre 1968), Dalloz, Paris, 1972, Rn. 207 (S. 129 und 130); Beraudo, J.‑P., und Beraudo, M.‑J., „Convention de Bruxelles/Conventions de Lugano. Règlement (CE) no 44/2001/Règlement (UE) no 1215/2012. – Généralités et champs d’application“, JurisClasseur procédure civile, LexisNexis, Paris, 24. März 2023, Heft 2100-15, Rn. 46.
( 31 ) Nach meiner Kenntnis ergibt sich u. a. aus folgenden Entscheidungen, dass verschiedene Kriterien bei der Beurteilung des Vorliegens eines internationalen Sachverhalts berücksichtigt werden: In Deutschland im Rahmen des am 16. September 1988 in Lugano geschlossenen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1988, L 319, S. 9) Urteil des Bundesgerichtshofs (Deutschland) vom 23. Juli 1998 (II ZR 286/97), in Frankreich Urteile der Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich), Erste Zivilkammer, vom 4. Oktober 2005 (Nr. 02-12.959) und vom 30. September 2020 (Nr. 19-15.626), in Italien Urteile der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien), Gemeinsamer Senat, vom 30. Dezember 1998 (Nr. 12907), vom 14. Februar 2011 (Nr. 3568, Punkt 5.2) und vom 10. Mai 2019 (Nr. 12585, Punkt 5) sowie in Portugal Urteile des Supremo Tribunal de Justiça (Oberster Gerichtshof, Portugal) vom 26. Januar 2016 (540/14.4TVLSB.S1) und vom 4. Februar 2016 (536/14.6TVLSB.L1.S1). Im gegenteiligen Sinne wurden folgende Entscheidungen erlassen: In Österreich Beschlüsse des Obersten Gerichtshofs (Österreich) vom 5. Juni 2007 (10 Ob 40/07s) und vom 29. Juni 2020 (2 Ob 104/19m, Rn. 2) sowie in den Niederlanden Urteil des Gerechtshof Arnhem-Leeuwarden (Berufungsgericht Arnheim-Leeuwarden, Niederlande) vom 27. Oktober 2015 (200.157.017/01, Punkte 3.10 und 3.12) und Entscheidung der Rechtbank Rotterdam (Bezirksgericht Rotterdam, Niederlande) vom 1. April 2016 (4080627 CV EXPL 15‑3441, Punkt 3.4). Vgl. hingegen die abweichende Entscheidung der Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam, Niederlande) vom 11. April 2019 (7342297 CV EXPL 18‑25262, Punkte 9 bis 11). Vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) wurde keine Entscheidung erlassen.
( 32 ) Vgl. hierzu Stark, L., L’internationalité en droit international privé, Dissertation vom 28. November 2020, S. 27 und 28.
( 33 ) Vgl. Urteile vom 24. Juni 1986, Anterist (22/85, EU:C:1986:255, Rn. 13), und vom 8. März 2018, Saey Home & Garden (C‑64/17, EU:C:2018:173, Rn. 24).
( 34 ) Vgl. zu diesem Punkt Stark, L., a. a. O., S. 261, sowie in diesem Sinne Sindres, D., a. a. O., Rn. 27.
( 35 ) Vgl. Verordnungen Rom I, II und III.
( 36 ) Vgl. hierzu Mailhé, F., „Convention attributive de juridiction“, Espace judiciaire civil européen, Arrêts de la CJUE et commentaires, Bruylant, Brüssel, 2020, S. 476 bis 480, insbesondere Rn. 571 (S. 478), wonach „die ‚Fungibilität‘ der Gerichte der Mitgliedstaaten nur noch für die Rechtsverhältnisse gilt, die bereits wegen des Vorliegens von Auslandsbezügen nicht mehr in die alleinige Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats fallen“.
( 37 ) Vgl. Nr. 29 der vorliegenden Schlussanträge.
( 38 ) Vgl. Magnus, U., a. a. O., Rn. 25 (S. 599).
( 39 ) Zum von der Kommission geltend gemachten Interesse an einer weiten Auslegung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012, um diese einheitliche Vorschrift anzuwenden, vgl. Magnus, U., a. a. O., Rn. 25 und 26 (S. 599 und 600). In Bezug auf die Anwendung des nationalen Rechts und internationaler Übereinkommen, die auf die Gerichte eines Drittstaats betreffende Gerichtsstandsvereinbarungen begrenzt ist, vgl. Mailhé, F., a. a. O., Rn. 571 (S. 477): Dieser Kommentar geht von dem Fall aus, dass die Voraussetzung eines Auslandsbezugs der Gerichtsstandsvereinbarung erfüllt ist (vgl. Rn. 571, S. 478). Vgl. auch Gaudemet-Tallon, H., und Ancel, M.‑E., a. a. O., Rn. 139 (S. 185 und 186). Vgl. für einen Hinweis auf das aus diesem Interesse abgeleitete Argument auch die Studie für die Kommission, S. 263 und 264.
( 40 ) Vgl. Nr. 27 der vorliegenden Schlussanträge.
( 41 ) Vgl. Nr. 36 der vorliegenden Schlussanträge.
( 42 ) Vgl. Nr. 33 der vorliegenden Schlussanträge. Vgl. in Bezug auf die Kontrolle eventueller Missbräuche auch Mankowski, P., a. a. O., Rn. 35, sowie Stein, F., und Jonas, M., „Artikel 25“, Kommentar zur Zivilprozessordnung, Bd. 12 EuGVVO, 23. Aufl., 2022, Mohr Siebeck, Tübingen, Rn. 23.
( 43 ) Vgl. zur Besonderheit der Klauseln im Bankwesen Gaudemet-Tallon, H., „Conflit de juridiction. – Contrat de prêt. – Clause attributive de juridiction. – Validité. – Conditions“, Journal du droit international (Clunet), LexisNexis, Paris, Nr. 3, S. 734 bis 743, insbesondere S. 739 und 740. Vgl. auch Kleiner, C., „L’élection du for en matière bancaire et financière: entre clauses asymétriques, clauses modèles et quasi-réglementaires“, Les clauses attributives de compétence internationale: de la prévisibilité au désordre, actes du colloque du 21 novembre 2019 au Centre de recherche en droit international privé et du commerce international (CRDI), sous la direction de Laazouzi, M., éditions Panthéon-Assas, Paris, 2021, S. 47 bis 73, insbesondere S. 48 bis 55.
( 44 ) Vgl. Nr. 13 der vorliegenden Schlussanträge.
( 45 ) Vgl. Urteile vom 1. März 2005, Owusu (C‑281/02, EU:C:2005:120, Rn. 26), vom 17. November 2011, Hypoteční banka (C‑327/10, EU:C:2011:745, Rn. 30), und vom 8. September 2022, IRnova (C‑399/21, EU:C:2022:648, Rn. 28).
( 46 ) Vgl. Urteile vom 1. März 2005, Owusu (C‑281/02, EU:C:2005:120, Rn. 26), sowie vom 8. September 2022, IRnova (C‑399/21, EU:C:2022:648, Rn. 26 und 31).
( 47 ) Vgl. Urteil vom 17. November 2011, Hypoteční banka (C‑327/10, EU:C:2011:745, Rn. 34). Im Zusammenhang zu lesen mit den Urteilen vom 7. Mai 2020, Parking und Interplastics (C‑267/19 und C‑323/19, EU:C:2020:351, Rn. 33), und vom 3. Juni 2021, Generalno konsulstvo na Republika Bulgaria (C‑280/20, EU:C:2021:443, Rn. 30 bis 37), in denen auf die Tatsache abgestellt wurde, dass zumindest eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts hat.
( 48 ) Vgl. Droz, G., „Synthesis of the Discussions of 11 and 12 March 1991“, Civil jurisdiction and judgements in Europe, Proceedings of the Colloquium on the Interpretation of the Brussels Convention by the Court of Justice Considered in the Context of the European Judicial Area, Luxemburg, 11. und 12. März 1991, Butterworths, London, 1992, S. 253 bis 271, insbesondere S. 263. Vgl. auch Gaudemet-Tallon, H., und Ancel, M.‑E., a. a. O., Rn. 142 (S. 190).
( 49 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. November 2011, Hypoteční banka (C‑327/10, EU:C:2011:745, Rn. 31).
( 50 ) Zu den Diskussionen im Schrifttum über diesen Artikel vgl. Stark, L., a. a. O., S. 137.
( 51 ) Vgl. Magnus, U., a. a. O., Rn. 26 (S. 599) und Rn. 40 (S. 606), sowie Calvo Caravaca, A.‑L., und Carrascosa González, J., Tratado de derecho internacional privado, Band II, Tirant lo Blanch, Valencia, 2020, S. 2538. Andere Ansicht Francq, S., „La refonte du Règlement Bruxelles I: champ d’application et compétence“, Revue de droit commercial belge, 2013, S. 307 bis 333, insbesondere S. 319 und Fn. 70.
( 52 ) Vgl. hierzu die Analyse von Stark, L., a. a. O., insbesondere S. 47 bis 49.
( 53 ) Vgl. auch Art. 14 Abs. 2 der Rom‑II-Verordnung.
( 54 ) Übereinkommen in Anhang I des Beschlusses 2009/397/EG des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unterzeichnung – im Namen der Europäischen Gemeinschaft – des Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen (ABl. 2009, L 133, S. 1), das mit dem Beschluss 2014/887/EU des Rates vom 4. Dezember 2014 über die Genehmigung – im Namen der Europäischen Union – des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30. Juni 2005 (ABl. 2014, L 353, S. 5) genehmigt wurde und am 1. Oktober 2015 in den Mitgliedstaaten mit Ausnahme des Königreichs Dänemark (1. September 2018) in Kraft getreten ist (im Folgenden: Haager Übereinkommen von 2005), abrufbar unter folgender Internetadresse: https://www.hcch.net/de/instruments/conventions/full-text/?cid=98. In Art. 1 Abs. 1 des Haager Übereinkommens von 2005 heißt es, dass dieses Übereinkommen bei internationalen Sachverhalten auf ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen anzuwenden ist, die in Zivil- oder Handelssachen geschlossen werden. Vgl. in Bezug auf das Zusammenspiel zwischen der Verordnung Nr. 1215/2012 und diesem Übereinkommen Magnus, U., a. a. O., Rn. 10 (S. 590 bis 592).
( 55 ) Vgl. zu dieser Koordinierung Urteil vom 27. April 2023, A1 und A2 (Versicherung eines Sportboots) (C‑352/21, EU:C:2023:344, Rn. 46).
( 56 ) Vgl. hierzu Nr. 38 der vorliegenden Schlussanträge. Vgl. für eine Darstellung verschiedener in Betracht kommender Kriterien Stark, L., a. a. O., S. 33 und 34. Vgl. zur Veranschaulichung Auslandsbezüge, zu denen das Supremo Tribunal de Justiça (Oberster Gerichtshof) mit seiner dritten Vorlagefrage den Gerichtshof in der im Register des Gerichtshofs gestrichenen Rechtssache befragt hat, in der der Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 10. März 2017, Sociedade Metropolitana de Desenvolvimento (C‑136/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:237), ergangen ist, sowie die Analyse von Kleiner, C., a. a. O., S. 59 bis 61. Vgl. zum Thema der Harmonisierung der Auslegungen der Verordnungen Nrn. 1896/2006 und 1215/2012 auch Urteil vom 7. Mai 2020, Parking und Interplastics (C‑267/19 und C‑323/19, EU:C:2020:351, Rn. 34 und 35).
( 57 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 2013, Maletic (C‑478/12, EU:C:2013:735, Rn. 25 bis 29). Vgl. auch die Analyse dieses Urteils von Stark, L., a. a. O., insbesondere S. 32 und 33. Vgl. auch Audit, B., und d’Avout, L., a. a. O., S. 586 bis 596, insbesondere Rn. 675 (S. 588) und Fn. 258. Vgl. darüber hinaus die in der Studie für die Kommission dargestellte Synthese der von bestimmten Gerichten zugrunde gelegten Kriterien, S. 58 und 59.
( 58 ) Nach Ansicht von Stark, L., a. a. O., S. 385, ist die Bestimmung des Zeitpunkts für die Prüfung der Internationalität „von größter Bedeutung“. Vgl. hierzu die Klarstellungen in den Art. 3 Abs. 3 der Verordnungen Nrn. 1896/2006 und 861/2007.
( 59 ) Aus der in Fn. 56 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtssache C‑136/16 (im Register des Gerichtshofs gestrichen) ergibt sich, dass sich auf diesem Gebiet eine weitere Frage stellen kann. Es handelt sich um die Frage, ob es möglich ist, eine Gerichtsstandsklausel nicht anzuwenden. In seinem Vorabentscheidungsersuchen hatte das vorlegende Gericht den Fall in Betracht gezogen, dass die Wahl der Gerichte eines Mitgliedstaats, bei dem es sich nicht um den Mitgliedstaat handelt, dessen Staatsangehörige die Parteien sind, zu schwerwiegenden Nachteilen für eine von ihnen führt und kein Interesse der anderen Partei diese Wahl rechtfertigt.
( 60 ) Vgl. zur Veranschaulichung Urteil vom 30. September 2021, Commerzbank (C‑296/20, EU:C:2021:784, Rn. 39 und 59).
( 61 ) Dies ist auch bei der Verordnung Nr. 650/2012 (Art. 5) und der Verordnung 2016/1103 (Art. 7) sowie dem Haager Übereinkommen von 2005 (Art. 1) der Fall. Vgl. in Bezug auf den fehlenden Konsens bei der Aushandlung dieses Übereinkommens Ancel, M.‑E., „L’internationalité à la lumière de la convention d’electio fori“, Le monde du droit: écrits rédigés en l’honneur de Jacques Foyer, Economica, Paris, 2008, S. 21 bis 47, insbesondere S. 36, und in Bezug auf fehlende Stellungnahmen zu dieser Frage Van Loon, H., „Quelques aspects de la mondialisation dans le domaine des conflits de juridictions“, Droit international privé: travaux du Comité français de droit international privé, 17e année, 2004‑2006, éditions A. Pedone, Paris, 2008, S. 227 bis 253. In Bezug auf die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (ABl. 2009, L 7, S. 1) vgl. hingegen Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2, der vorsieht, dass die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts zum Zeitpunkt des Abschlusses der Gerichtsstandsvereinbarung oder zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts erfüllt sein müssen.
( 62 ) Die Diskussionen sind vergleichbar mit denen, die die Voraussetzung des Wohnsitzes in den Artikeln, die Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 vorausgingen, betrafen. Vgl. hierzu Droz, G., „Synthesis of the Discussions of 11 and 12 March 1991“, a. a. O., insbesondere S. 262, sowie Gaudemet-Tallon, H., und Ancel, M.‑E., a. a. O., Rn. 136 (S. 181 und 182).
( 63 ) Vgl. Gaudemet-Tallon, H., und Ancel, M.‑E., a. a. O., Rn. 143 (S. 191), und Kleiner, C., a. a. O., S. 61, sowie Henriques, S., Os Pactos de Jurisdição, no Regulamento (CE) no 44 de 2001, Coimbra Editora, Coimbra, 2006, S. 60 und 61, und Ferreira Pinto, F. A., „Contractos de swap concluídos entre entidades com sede em território nacional – jurisdição e lei aplicável“, in Lobo Moutinho, J., Henrique, S., Vaz de Sequeira, E., und Garcia Marques, P., Homenagem ao Professor Doutor Germano Marques da Silva, Band I, Universidade Católica Editora, Lissabon, S. 799 bis 824, insbesondere S. 805.
( 64 ) Vgl. zu diesem Kriterium Hausmann, R., a. a. O., Punkt 7.23, § 7, und Calvo Caravaca, A.‑L., und Carrascosa González, J., Tratado de Derecho internacional privado, Band I, a. a. O., S. 122 ff. (Nach Ansicht dieser Autoren ist das Verschwinden des „internationalen“ Elements nach dem Abschluss der Vereinbarung zu berücksichtigen).
( 65 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Juni 1986, Anterist (22/85, EU:C:1986:255, Rn. 14).
( 66 ) Vgl. dritter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1215/2012 und Urteil vom 10. März 1992, Powell Duffryn (C‑214/89, EU:C:1992:115, Rn. 20). Infolgedessen entfaltet die Klausel ihre Wirkungen, wenn ein internationaler Sachverhalt während des Rechtsstreits innerstaatlich geworden ist.
( 67 ) Vgl. in diesem Sinne 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1215/2012, wonach „aufgrund … der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium [als das des Wohnsitzes des Beklagten] gerechtfertigt ist“, sowie Treppoz, E., „L’imprévisibilité du juge élu“, Les clauses attributives de compétence internationale: de la prévisibilité au désordre, a. a. O., S. 91 bis 105, insbesondere Rn. 1 und Fn. 1. Vgl. jedoch Urteil vom 24. Oktober 2018, Apple Sales International u. a. (C‑595/17, EU:C:2018:854, Rn. 34).
( 68 ) Meine Ansicht stützt sich auf folgende Entscheidungen, die die genauesten sind, die ich feststellen konnte: Urteil der Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich) vom 4. Oktober 2005 (Nr. 02‑12.959) sowie Beschluss des Sąd Apelacyjny w Katowicach (Berufungsgericht Kattowitz, Polen) vom 21. Januar 2016 (V ACz 52/16). Folgende Gerichte haben sich allerdings für eine Prüfung im Zeitpunkt der Klageerhebung ausgesprochen: in Deutschland Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 31. März 1987 (6 W 788/87); in Österreich Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 5. Juni 2007 (10 Ob 40/07s), in dessen Folge die Rechtssatz-Regel etabliert wurde; in Italien Urteil der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof), Gemeinsamer Senat, vom 4. März 2019 (Nr. 6280) gemäß der Regel der perpetuatio jurisdictionis im innerstaatlichen Recht.
( 69 ) Zur gegenteiligen Ansicht vgl. Stark, L., a. a. O., S. 394. Wenn dem verfahrensrechtlichen Aspekt der Klausel der Vorzug gegeben werden sollte, wäre eine eventuelle Angleichung an das Urteil vom 13. November 1979, Sanicentral (25/79, EU:C:1979:255, Rn. 6 und 7 bezüglich der Auslegung der Übergangsbestimmungen des Brüsseler Übereinkommens), auf das sich die in den Fn. 64 und 68 der vorliegenden Schlussanträge genannten Analysen und Entscheidungen stützen, sowie an das Urteil vom 24. November 2022, Tilman (C‑358/21, EU:C:2022:923, Rn. 30, bezüglich der zeitlichen Anwendung des Lugano‑II-Übereinkommens auf das Vereinigte Königreich) zu prüfen. Aufgrund des Gegenstands dieser Entscheidungen könnte ihre Tragweite nämlich auf die Auslegung der Bestimmungen über die zeitliche Anwendung des Unionsrechts beschränkt sein.
( 70 ) Vgl. in Bezug auf die dahin gehenden Überlegungen im Schrifttum Ancel, M.‑E., a. a. O., insbesondere Rn. 18 a. E. (S. 36), sowie Stark, L., a. a. O., insbesondere S. 393 bis 396.
( 71 ) Vgl. Gaudemet-Tallon, H., und Ancel, M.‑E., a. a. O., Rn. 143 (S. 191) mit einem Verweis in Fn. 67 auf Gothot, P., und Holleaux, D., a. a. O., Rn. 168 (S. 100).
( 72 ) Vgl. in Bezug auf das Genauigkeitserfordernis Urteil vom 16. März 1999, Castelletti (C‑159/97, EU:C:1999:142, Rn. 48), und die in Fn. 15 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Rechtsprechung. Vgl. zur Veranschaulichung auch Kleiner, C., a. a. O., S. 61, wonach ein zukünftiges Ereignis wie der Erfüllungsort einer nicht erfüllten Schuld ein maßgebliches Kriterium sein könnte. Vgl. für eine Kritik an dieser Lösung Stark, L., a. a. O., S. 393.
( 73 ) Mit dieser Lösung könnte den Bedenken von Geimer, R., „EuGVVO Art. 25“, in Geimer, R, und Schütze, R. A, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 4. Aufl., C. H. Beck, München, 2020, insbesondere Rn. 39, begegnet werden.