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Document 62021TJ0402

Urteil des Gerichts (Achte erweiterte Kammer) vom 17. Juli 2024 (Auszüge).
UniCredit Bank AG gegen Einheitlicher Abwicklungsausschuss.
Wirtschafts- und Währungsunion – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) – Einheitlicher Abwicklungsfonds (SRF) – Beschluss des SRB über die Berechnung der für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge – Begründungspflicht – Anspruch auf rechtliches Gehör – Rechtssicherheit – Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz – Einrede der Rechtswidrigkeit – Zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils.
Rechtssache T-402/21.

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2024:484

 URTEIL DES GERICHTS (Achte erweiterte Kammer)

17. Juli 2024 ( *1 )

„Wirtschafts- und Währungsunion – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) – Einheitlicher Abwicklungsfonds (SRF) – Beschluss des SRB über die Berechnung der für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge – Begründungspflicht – Anspruch auf rechtliches Gehör – Rechtssicherheit – Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz – Einrede der Rechtswidrigkeit – Zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils“

In der Rechtssache T‑402/21,

UniCredit Bank AG mit Sitz in München (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte F. Schäfer, H. Großerichter, F. Kruis und N. Bartmann,

Klägerin,

gegen

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB), vertreten durch J. Kerlin, C. Flynn und D. Ceran als Bevollmächtigte im Beistand des Rechtsanwalts G. Coppo sowie der Rechtsanwältinnen S. Reinart und K. Bongs,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäisches Parlament, vertreten durch U. Rösslein, M. Menegatti und G. Bartram als Bevollmächtigte,

und durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J. Bauerschmidt, J. Haunold und A. Westerhof Löfflerová als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov, der Richter G. De Baere, D. Petrlík (Berichterstatter) und K. Kecsmár sowie der Richterin S. Kingston,

Kanzler: S. Jund, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2023

folgendes

Urteil ( 1 )

1

Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die UniCredit Bank AG, die Nichtigerklärung des Beschlusses SRB/ES/2021/22 des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) vom 14. April 2021 über die Berechnung der für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (im Folgenden: angefochtener Beschluss), soweit er sie betrifft.

[nicht wiedergegeben]

III. Anträge der Parteien

19

Die Klägerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss einschließlich seiner Anhänge für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft;

dem SRB die Kosten aufzuerlegen.

20

Der SRB beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen;

hilfsweise, im Fall der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses dessen Wirkungen bis zu seiner Ersetzung oder zumindest für einen Zeitraum von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem das Urteil rechtskräftig wird, aufrechtzuerhalten.

21

Das Europäische Parlament beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit sie auf die Einrede der Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 806/2014 und der Richtlinie 2014/59 gestützt ist;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

22

Der Rat der Europäischen Union beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

IV. Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

B.   Zu den die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses betreffenden Klagegründen

[nicht wiedergegeben]

2. Zum zweiten Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne von Art. 263 Abs. 2 AEUV und des Rechts auf eine gute Verwaltung, da dem angefochtenen Beschluss die nach Art. 296 Abs. 2 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta erforderliche ausreichende Begründung fehle

80

Der zweite Klagegrund besteht aus sieben Teilen.

[nicht wiedergegeben]

b) Zum ersten Teil: Ausschluss bestimmter Risikoindikatoren

95

Die Klägerin macht geltend, der SRB habe nicht hinreichend begründet, warum er bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge für den Beitragszeitraum 2021 die Risikoindikatoren „strukturelle Liquiditätsquote“ (im Folgenden: NSFR‑Indikator) und „vom Institut gehaltene Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, die über die Mindestanforderung an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten hinausgehen“ (im Folgenden: MREL‑Indikator und MREL), sowie die in Art. 6 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 genannten Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ nicht angewendet habe.

96

Der SRB tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

97

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 vorsieht, dass, wenn „die für einen spezifischen Indikator gemäß Anhang II [dieser Delegierten Verordnung] benötigten Informationen nicht der für das Bezugsjahr bestehenden aufsichtlichen Meldepflicht gemäß Artikel 14 [der Delegierten Verordnung unterliegen], … der betreffende Indikator so lange keine Anwendung [findet], bis die entsprechende aufsichtliche Meldepflicht wirksam wird“.

98

Im vorliegenden Fall hat der SRB in den Rn. 21 bis 29 des angefochtenen Beschlusses angegeben, dass er die Indikatoren NSFR und MREL sowie die Subindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ nicht angewandt habe, da beim Erlass dieses Beschlusses die für diese Risikoindikatoren und ‑subindikatoren erforderlichen Informationen nicht für alle Institute in harmonisierter Form verfügbar gewesen seien.

99

Insbesondere in Bezug auf den NSFR‑Indikator hat der SRB darauf hingewiesen, dass es bislang „in der [Union] keinen verbindlichen einheitlichen Standard für die NSFR [gab], so dass es [ihm] nicht möglich war, auf nationaler Ebene entsprechende Indikatoren zu bestimmen“. Zum MREL‑Indikator hat der SRB ausgeführt, dass er, „[d]a … die MREL-bezogenen Anforderungen im Großen und Ganzen schrittweise umgesetzt wurden, … nicht über Daten [verfügt], die die Umsetzung dieses Indikators auf Ebene jedes Instituts ermöglichen, das zum [SRF] beiträgt“. Hinsichtlich der Subindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ hat der SRB dargelegt, dass „[d]ie Daten, die für [diese Subindikatoren] benötigt werden, für das Bezugsjahr 2019 nicht für alle Institute in den teilnehmenden Mitgliedstaaten in harmonisierter Form verfügbar sind“.

100

Diese Begründung ermöglicht es der Klägerin, die Gründe zu verstehen, aus denen der SRB die betreffenden Risikoindikatoren und ‑subindikatoren nicht angewandt hat, und erfüllt somit die Anforderungen der oben in den Rn. 82 und 83 angeführten Rechtsprechung.

101

Diese Schlussfolgerung wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.

102

Erstens ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, der SRB hätte im angefochtenen Beschluss begründen müssen, warum ihm hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Indikatoren NSFR und MREL sowie der Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ ein Ermessen zustehe, da dieses Vorbringen auf einer falschen Prämisse beruht. Schon aus dem Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 ergibt sich nämlich, dass dem SRB kein Ermessen hinsichtlich der Nichtberücksichtigung eines Risikoindikators zusteht, da er, sobald die in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind, diesen Indikator unberücksichtigt lassen muss.

103

Zweitens macht die Klägerin geltend, der angefochtene Beschluss enthalte bestimmte „relativierende Behauptungen“ in Bezug auf die Nichtberücksichtigung der betreffenden Risikoindikatoren und ‑subindikatoren, die die Klägerin und die Unionsgerichte nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen könnten. Die Klägerin legt jedoch nicht dar, inwiefern die Erwägungen im angefochtenen Beschluss, selbst wenn sie „relativierend“ sein sollten, sie daran hindern, die Gründe zu verstehen, aus denen die betreffenden Risikoindikatoren und ‑subindikatoren nicht angewandt wurden, zumal der angefochtene Beschluss, wie oben in den Rn. 98 und 99 ausgeführt, hierzu ausreichende Erläuterungen enthält.

104

Drittens bringt die Klägerin im Wesentlichen vor, der SRB habe im angefochtenen Beschluss nicht dargelegt, warum er für die Berechnung des auf nationaler Grundlage ermittelten Prozentsatzes ihres im Voraus erhobenen Beitrags nicht die in Deutschland verfügbaren Risikoindikatoren berücksichtigt habe. Solche Erläuterungen seien jedoch erforderlich, da nach Art. 20 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 3 und 6 der Delegierten Verordnung 2015/63 ein Risikoindikator zu berücksichtigen sei, wenn nach nationalem Recht in Bezug auf diesen Indikator Anforderungen an aufsichtliche Meldungen gälten.

105

Hierzu ergibt sich aus der oben in Rn. 83 angeführten Rechtsprechung, dass die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des angefochtenen Beschlusses zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet und insbesondere anhand des Interesses, das die vom Rechtsakt betroffenen Personen an Erläuterungen haben können.

106

Zur Anwendung des NSFR‑Indikators hat der SRB in Rn. 23 des angefochtenen Beschlusses in Verbindung mit Rn. 31 des Anhangs III des Beschlusses erläutert, dass „es [ihm] nicht möglich war, auf nationaler Ebene entsprechende Indikatoren zu bestimmen“, da er die aufsichtliche Meldepflicht für diesen Indikator als unzureichend angesehen habe. Ebenso geht aus Rn. 25 dieses Beschlusses in Verbindung mit den Rn. 32 und 33 des Anhangs III des Beschlusses im Wesentlichen hervor, dass der SRB aufgrund der schrittweisen Umsetzung der MREL-bezogenen Anforderungen durch die NRA nicht über auf nationaler Ebene erhobene Daten verfügte, die es ihm erlaubt hätten, diesen Indikator anzuwenden.

107

Unter diesen Umständen hat der SRB eine ausreichende Begründung dafür vorgelegt, dass die für die Anwendung der Indikatoren NSFR und MREL benötigten Daten auf nationaler Ebene nicht verfügbar waren.

108

Des Weiteren heißt es in Rn. 32 des Anhangs III des angefochtenen Beschlusses, dass die Bestimmung der Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ in engem Zusammenhang mit der Abwicklungsplanung für die Institute stehe, was bedeutet, dass diese Risikosubindikatoren mit der Ausarbeitung von Abwicklungsplänen verbunden sind.

109

Als verständiger Wirtschaftsteilnehmer musste die Klägerin jedoch wissen, dass die NRA solche Pläne nicht für alle Institute erstellt hatten, die im Voraus erhobene Beiträge zu entrichten haben, wie der SRB in seiner Klagebeantwortung und seiner Gegenerwiderung unwidersprochen ausführt, und dass diese Pläne folglich nicht für alle Institute mit Sitz in Deutschland abgeschlossen waren. Die Klägerin war somit in der Lage, nachzuvollziehen, dass der SRB aufgrund des Fehlens von Abwicklungsplänen für alle deutschen Institute nicht über ausreichende auf nationaler Ebene erhobene Daten für die Anwendung der Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ verfügte.

110

Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin, der SRB hätte erläutern müssen, warum er unionsweit uneinheitlich erhobene Daten nicht auf ein vergleichbares Niveau angepasst habe, zurückzuweisen, da es auf einer falschen Prämisse beruht. Aus Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 ergibt sich nämlich nicht, dass der SRB uneinheitlich erhobene Daten in irgendeiner Weise anzupassen hat.

111

Der erste Teil des zweiten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

c) Zum zweiten Teil: Begründung der jährlichen Zielausstattung

112

Die Klägerin macht geltend, der SRB begründe nicht nachvollziehbar, warum er die jährliche Zielausstattung auf ein Achtel von 1,35 % der im Jahr 2020 gedeckten Einlagen aller Institute festgelegt habe. Insbesondere habe der SRB nicht erklärt, wie er das ökonomische Modell geprüft habe, das die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) der Kommission erstellt habe, um die Wachstumsrate der gedeckten Einlagen und der Gesamteinlage in der Bankenunion während der Aufbauphase zu projizieren. Ebenso wenig habe der SRB die Nutzung des Simulationsmodells hinsichtlich verschiedener Szenarien für das Wachstum der gedeckten Einlagen und die endgültige Zielausstattung erläutert.

113

Der SRB führt aus, in den Rn. 35 bis 48 des angefochtenen Beschlusses sowie in den Rn. 46 bis 84 des Anhangs III dieses Beschlusses seien die Schritte zur Bestimmung der jährlichen Zielausstattung und die dabei berücksichtigten Faktoren klar und genau beschrieben. Außerdem ergebe sich aus Rn. 40 des Beschlusses, dass das ökonometrische Modell der JRC – wie die Bewertung des SRB – auf historischen Daten zu den Gesamteinlagen und den gedeckten Einlagen beruhe und der konstante Wachstumstrend der gedeckten Einlagen aller Institute bestätigt sei. Im Übrigen habe das vom SRB verwendete Simulationsmodell eine so große Bandbreite abgedeckt, dass es offensichtlich nur ein Schritt im Entscheidungsprozess gewesen sei.

114

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 69 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 bis zum Ende der Aufbauphase die im SRF verfügbaren Mittel die endgültige Zielausstattung erreichen müssen, die mindestens 1 % der gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute entspricht.

115

Nach Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 müssen die im Voraus erhobenen Beiträge während der Aufbauphase zeitlich so gleichmäßig wie möglich gestaffelt werden, bis die oben in Rn. 114 erwähnte endgültige Zielausstattung erreicht ist, wobei jedoch die Konjunkturphase und die etwaigen Auswirkungen prozyklischer Beiträge auf die Finanzlage der Institute zu berücksichtigen sind.

116

Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 bestimmt, dass die Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten sind, jährlich 12,5 % der endgültigen Zielausstattung nicht übersteigen dürfen.

117

Was die Vorgehensweise zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge betrifft, sieht Art. 4 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2015/63 vor, dass der SRB deren Höhe auf der Grundlage der jährlichen Zielausstattung und unter Berücksichtigung der endgültigen Zielausstattung sowie auf der Grundlage des auf Quartalsbasis berechneten durchschnittlichen Betrags der im vorangegangenen Jahr gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute festlegt.

118

Im vorliegenden Fall hat der SRB, wie aus Rn. 48 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, die Höhe der jährlichen Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 auf 11287677212,56 Euro festgesetzt.

119

In den Rn. 36 und 37 des angefochtenen Beschlusses hat der SRB im Wesentlichen erläutert, dass die jährliche Zielausstattung auf der Grundlage einer Analyse der Entwicklung der gedeckten Einlagen in den Vorjahren und aller relevanten Entwicklungen der wirtschaftlichen Lage sowie einer Analyse der Indikatoren für die Phase des Konjunkturzyklus und der Auswirkungen prozyklischer Beiträge auf die Finanzlage der Institute zu bestimmen sei. Infolgedessen hielt es der SRB für angemessen, einen Koeffizienten festzusetzen, der auf dieser Analyse und den im SRF verfügbaren Finanzmitteln beruhte (im Folgenden: Koeffizient). Der SRB wandte diesen Koeffizienten auf ein Achtel des durchschnittlichen Betrags der gedeckten Einlagen im Jahr 2020 an, um die jährliche Zielausstattung zu erhalten.

120

Der SRB hat die Vorgehensweise bei der Festsetzung des Koeffizienten in den Rn. 38 bis 47 des angefochtenen Beschlusses dargelegt.

121

In Rn. 38 des angefochtenen Beschlusses hat der SRB einen konstanten Wachstumstrend der gedeckten Einlagen aller Institute in den teilnehmenden Mitgliedstaaten festgestellt. Insbesondere habe sich der vierteljährlich berechnete durchschnittliche Betrag dieser Einlagen für das Jahr 2020 auf 6,689 Billionen Euro belaufen.

122

In den Rn. 40 und 41 des angefochtenen Beschlusses hat der SRB die prognostizierte Entwicklung der gedeckten Einlagen für die verbleibenden drei Jahre der Aufbauphase, d. h. 2021 bis 2023, dargelegt. Er hat geschätzt, dass die jährlichen Wachstumsraten der gedeckten Einlagen bis zum Ende der Aufbauphase zwischen 4 % und 7 % liegen würden.

123

In den Rn. 42 bis 45 des angefochtenen Beschlusses hat der SRB eine Beurteilung der Konjunkturphase und der möglichen prozyklischen Auswirkungen der im Voraus erhobenen Beiträge auf die Finanzlage der Institute dargelegt. Er hat angegeben, er habe hierfür mehrere Indikatoren berücksichtigt, wie etwa die Prognose der Kommission in Bezug auf das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts und die diesbezüglichen Projektionen der Europäischen Zentralbank (EZB) oder die Kreditvergabe an den Privatsektor, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt.

124

In Rn. 46 des angefochtenen Beschlusses ist der SRB zu dem Schluss gelangt, dass zwar mit einem weiteren Anstieg der gedeckten Einlagen in der Bankenunion zu rechnen sei, aber ein langsameres Wachstum als im Jahr 2020 zu erwarten sei. Insoweit hat der SRB in Rn. 47 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass er hinsichtlich der Wachstumsraten der gedeckten Einlagen in den kommenden Jahren bis 2023 einen „konservativen Ansatz“ gewählt habe.

125

In Anbetracht dieser Erwägungen hat der SRB in Rn. 48 des angefochtenen Beschlusses den Wert des Koeffizienten auf 1,35 % festgesetzt. Anschließend hat er den Betrag der jährlichen Zielausstattung berechnet, indem er den Durchschnittsbetrag der gedeckten Einlagen im Jahr 2020 mit diesem Koeffizienten multipliziert und das Ergebnis dieser Berechnung gemäß der folgenden, in Rn. 48 dieses Beschlusses angegebenen mathematischen Formel durch acht dividiert hat:

„Target0 [Betrag der jährlichen Zielausstattung] = Summe gedeckte Einlagen2020 * 0,0135 * ⅛ = EUR 11287677212,56“.

126

In der mündlichen Verhandlung hat der SRB allerdings ausgeführt, dass er die jährliche Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 wie folgt ermittelt hat.

127

Erstens hat der SRB auf der Grundlage einer prospektiven Analyse die für das Ende der Aufbauphase prognostizierte Höhe der gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute auf rund 7,5 Billionen Euro festgesetzt. Zur Ermittlung dieses Betrags hat der SRB den durchschnittlichen Betrag der gedeckten Einlagen im Jahr 2020, d. h. 6,689 Billionen Euro, eine jährliche Wachstumsrate der gedeckten Einlagen von 4 % sowie die Zahl der verbleibenden Beitragszeiträume bis zum Ende der Aufbauphase, d. h. drei, berücksichtigt.

128

Zweitens hat der SRB gemäß Art. 69 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 1 % dieser 7,5 Billionen Euro berechnet, um den geschätzten Betrag der endgültigen Zielausstattung zu erhalten, der am 31. Dezember 2023 erreicht werden sollte, d. h. ca. 75 Mrd. Euro.

129

Drittens hat der SRB von diesem Betrag die Finanzmittel abgezogen, die dem SRF im Jahr 2021 bereits zur Verfügung standen, d. h. rund 42 Mrd. Euro, um den Betrag zu erhalten, den er in den verbleibenden Beitragszeiträumen bis zum Ende der Aufbauphase, d. h. 2021 bis 2023, noch zu erheben hatte. Dieser Betrag belief sich auf etwa 33 Mrd. Euro.

130

Viertens hat der SRB den letztgenannten Betrag durch drei dividiert, um ihn gleichmäßig auf die drei verbleibenden Beitragszeiträume aufzuteilen. Die jährliche Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 wurde auf diese Weise auf den oben in Rn. 118 genannten Betrag, d. h. etwa 11,287 Mrd. Euro, festgesetzt.

131

Der SRB hat in der mündlichen Verhandlung außerdem vorgetragen, er habe Informationen veröffentlicht, auf die sich die oben in den Rn. 127 bis 130 beschriebene Methode gestützt habe und die es der Klägerin ermöglicht hätten, die Methode zu verstehen, mit der die jährliche Zielausstattung bestimmt worden sei. Insbesondere habe er im Mai 2021, d. h. nach Erlass des angefochtenen Beschlusses, aber vor Erhebung der vorliegenden Klage, auf seiner Website ein Informationsblatt mit der Bezeichnung „Fact Sheet 2021“ (im Folgenden: Informationsblatt) veröffentlicht, in dem der geschätzte Betrag der endgültigen Zielausstattung angegeben worden sei. Desgleichen sei auch der Betrag der im SRF verfügbaren Finanzmittel auf seiner Website sowie über andere öffentliche Quellen verfügbar gewesen, und zwar lange vor Erlass des angefochtenen Beschlusses.

132

Zum Zweck der Prüfung, ob der SRB seiner Begründungspflicht in Bezug auf die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung nachgekommen ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine fehlende oder unzureichende Begründung ein Gesichtspunkt zwingenden Rechts ist, den die Unionsgerichte von Amts wegen prüfen können und müssen (vgl. Urteil vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich kann und muss das Gericht auch andere Begründungsmängel als die von der Klägerin geltend gemachten berücksichtigen, insbesondere wenn sie während des Verfahrens zutage treten.

133

Zu diesem Zweck sind die Parteien im mündlichen Verfahren zu allen etwaigen Begründungsmängeln des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung angehört worden. Insbesondere hat der SRB auf mehrfache ausdrückliche Nachfrage Schritt für Schritt, wie oben in den Rn. 127 bis 130 dargelegt, die Methode beschrieben, die er tatsächlich angewandt habe, um die jährliche Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 zu bestimmen.

134

Was sodann den Inhalt der Begründungspflicht betrifft, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Begründung einer Entscheidung eines Organs oder einer Einrichtung der Union u. a. widerspruchsfrei sein muss, damit die Betroffenen, um ihre Rechte vor dem zuständigen Gericht zu verteidigen, die wahren Gründe dieser Entscheidung erkennen können und dieses Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 169 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 22. September 2005, Suproco/Kommission, T‑101/03, EU:T:2005:336, Rn. 20 und 45 bis 47, sowie vom 16. Dezember 2015, Griechenland/Kommission, T‑241/13, EU:T:2015:982, Rn. 56).

135

Ebenso müssen, wenn der Urheber der angefochtenen Entscheidung im Verfahren vor dem Unionsgericht bestimmte Erläuterungen zu deren Gründen liefert, diese Erläuterungen mit den in der Entscheidung dargelegten Erwägungen in Einklang stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. September 2005, Suproco/Kommission, T‑101/03, EU:T:2005:336, Rn. 45 bis 47, und vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 54 und 55).

136

Wenn die in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Erwägungen nicht im Einklang mit solchen im gerichtlichen Verfahren angeführten Erläuterungen stehen, erfüllt die Begründung der betreffenden Entscheidung nämlich nicht die oben in den Rn. 82 und 83 genannten Funktionen. Insbesondere hindert eine solche Inkohärenz zum einen die Betroffenen daran, die wahren Gründe der angefochtenen Entscheidung vor der Klageerhebung zu erfahren und ihre Verteidigung in Bezug auf diese Gründe vorzubereiten, und zum anderen hindert sie das Unionsgericht daran, die Gründe zu identifizieren, die tatsächlich als rechtliche Grundlage für diese Entscheidung gedient haben, und ihre Vereinbarkeit mit den anwendbaren Vorschriften zu prüfen.

137

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der SRB, wenn er einen Beschluss zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge erlässt, den betroffenen Instituten die Methode zur Berechnung dieser Beiträge mitteilen muss (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 122).

138

Das Gleiche muss für die Methode zur Bestimmung des Betrags der jährlichen Zielausstattung gelten, da diesem Betrag in der Systematik eines solchen Beschlusses eine wesentliche Bedeutung zukommt. Wie sich nämlich aus Rn. 15 des vorliegenden Urteils ergibt, besteht die Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge in der Aufteilung dieses Betrags auf alle betroffenen Institute, so dass eine Erhöhung oder Verringerung dieses Betrags zu einer entsprechenden Erhöhung oder Verringerung des im Voraus erhobenen Beitrags jedes dieser Institute führt.

139

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der SRB zwar verpflichtet ist, den Instituten bereits im angefochtenen Beschluss Erläuterungen bezüglich der Methode zur Bestimmung der jährlichen Zielausstattung zu geben, diese Erläuterungen aber mit denjenigen im Einklang stehen müssen, die der SRB im gerichtlichen Verfahren anführt und die die tatsächlich angewandte Methode betreffen.

140

Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

141

So ist zunächst festzustellen, dass in Rn. 48 des angefochtenen Beschlusses eine mathematische Formel angegeben wird, die als Grundlage für die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung gedient haben soll. Es zeigt sich jedoch, dass diese Formel nicht die Elemente der vom SRB tatsächlich angewandten Methode enthält, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist. Wie sich nämlich aus den vorstehenden Rn. 127 bis 130 ergibt, hat der SRB nach dieser Methode den Betrag der jährlichen Zielausstattung ermittelt, indem er von der endgültigen Zielausstattung die im SRF verfügbaren Finanzmittel abgezogen hat, um den Betrag zu berechnen, den er bis zum Ende der Aufbauphase noch zu erheben hatte, und indem er diesen Betrag durch drei geteilt hat. Diese beiden Rechenschritte finden sich jedoch in der fraglichen mathematischen Formel in keiner Weise wieder.

142

Diese Feststellung kann auch nicht durch das Vorbringen des SRB in Frage gestellt werden, er habe im Mai 2021 das Informationsblatt mit einer Spanne, in der die möglichen Beträge der endgültigen Zielausstattung angegeben worden seien, und auf seiner Website den Betrag der im SRF verfügbaren Finanzmittel veröffentlicht. Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin tatsächlich Kenntnis von diesen Beträgen hatte, konnte sie nämlich allein aufgrund der Beträge nicht erkennen, dass die beiden oben in Rn. 141 genannten Rechenschritte vom SRB tatsächlich angewandt wurden, zumal diese in der in Rn. 48 des angefochtenen Beschlusses angegebenen mathematischen Formel nicht einmal erwähnt wurden.

143

Ähnliche Unstimmigkeiten betreffen auch die Art und Weise, in der der Koeffizient von 1,35 % festgesetzt wurde, obwohl diesem in der oben in Rn. 142 erwähnten mathematischen Formel eine zentrale Rolle zukommt. Dieser Koeffizient könnte nämlich in dem Sinne verstanden werden, dass er neben anderen Parametern auf dem prognostizierten Wachstum der gedeckten Einlagen in den verbleibenden Jahren der Aufbauphase beruht. Wie der SRB in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, wurde der Koeffizient jedoch so festgesetzt, dass er das Ergebnis der Berechnung des Betrags der jährlichen Zielausstattung rechtfertigen konnte, d. h., nachdem der SRB diesen Betrag in Anwendung der oben in den Rn. 127 bis 130 dargelegten vier Schritte berechnet hatte, insbesondere durch Teilung des Betrags, der sich aus dem Abzug der im SRF verfügbaren Finanzmittel von der endgültigen Zielausstattung ergab, durch drei. Diese Vorgehensweise geht aber aus dem angefochtenen Beschluss in keiner Weise hervor.

144

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass sich der geschätzte Betrag der endgültigen Zielausstattung gemäß dem Informationsblatt innerhalb einer Spanne von 70 bis 75 Mrd. Euro bewegte. Diese Spanne erweist sich jedoch als unvereinbar mit der in Rn. 41 des angefochtenen Beschlusses genannten Spanne der Wachstumsrate der gedeckten Einlagen, d. h. 4 % bis 7 %. Der SRB hat nämlich in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er habe zur Bestimmung der jährlichen Zielausstattung die Wachstumsrate der gedeckten Einlagen von 4 % (d. h. die niedrigste Rate der zweitgenannten Spanne) berücksichtigt und auf diese Weise die geschätzte endgültige Zielausstattung von 75 Mrd. Euro errechnet (d. h. den höchsten Wert der erstgenannten Spanne). Es zeigt sich somit, dass es eine Diskrepanz zwischen diesen beiden Spannen gibt. Zum einen umfasst nämlich die Spanne betreffend die Wachstumsrate der gedeckten Einlagen auch Werte über 4 %, deren Anwendung allerdings zu einem geschätzten Betrag der endgültigen Zielausstattung geführt hätte, der höher gewesen wäre als die in der Spanne betreffend diese Zielausstattung liegenden Werte. Zum anderen ist es für die Klägerin unmöglich, nachzuvollziehen, warum der SRB in die Spanne betreffend die Zielausstattung Beträge von weniger als 75 Mrd. Euro einbezogen hat. Um diese zu erreichen, hätte nämlich eine Rate von weniger als 4 % angewandt werden müssen, die aber in der Spanne betreffend die Wachstumsrate der gedeckten Einlagen nicht enthalten ist. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin nicht erkennen, auf welche Weise der SRB die Spanne betreffend die Wachstumsrate der Einlagen herangezogen hatte, um die geschätzte endgültige Zielausstattung zu berechnen.

145

Daraus folgt, dass in Bezug auf die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung die vom SRB tatsächlich angewandte Methode, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist, nicht der im angefochtenen Beschluss beschriebenen Methode entspricht, so dass die wahren Gründe für die Festlegung dieser Zielausstattung auf der Grundlage des angefochtenen Beschlusses weder von den Instituten noch vom Gericht erkannt werden konnten.

146

Nach alledem ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Bestimmung der jährlichen Zielausstattung mangelhaft begründet ist.

147

Dem zweiten Teil des zweiten Klagegrundes ist daher stattzugeben. Angesichts der rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der vorliegenden Rechtssache liegt es jedoch im Interesse einer geordneten Rechtspflege, auch die übrigen Klagegründe zu prüfen.

[nicht wiedergegeben]

4. Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 6, 7 und 20 der Delegierten Verordnung 2015/63

250

Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss verstoße gegen die Art. 6, 7 und 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63, indem der SRB im Rahmen der Berechnung des Anpassungsmultiplikators weder die Indikatoren NSFR und MREL noch die Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ berücksichtigt habe. Insbesondere räumten die Art. 6 und 7 dieser Delegierten Verordnung dem SRB kein Ermessen dahin gehend ein, einzelne Risikoindikatoren auszublenden. Darüber hinaus könne die Nichtberücksichtigung dieser Risikoindikatoren auch nicht auf Art. 20 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 der Delegierten Verordnung gestützt werden. Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 gelte nämlich nur für die in deren Anhang II genannten Informationen. In diesem Anhang seien aber jedenfalls der MREL‑Indikator und die Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ nicht genannt.

251

Der SRB tritt diesem Vorbringen entgegen.

252

Nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. a, Abs. 3 Buchst. a und Abs. 5 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 hat der SRB bei der Bestimmung des Risikoprofils der betreffenden Institute grundsätzlich die Indikatoren MREL und NSFR sowie die Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ zu berücksichtigen.

253

Nach Art. 20 („Übergangsbestimmungen“) Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 findet ein Risikoindikator jedoch keine Anwendung, solange die für diesen spezifischen Risikoindikator gemäß Anhang II dieser Delegierten Verordnung benötigten Informationen nicht den aufsichtlichen Meldepflichten gemäß Art. 14 der Delegierten Verordnung unterliegen, d. h. den in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014 der Kommission vom 16. April 2014 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die aufsichtlichen Meldungen der Institute gemäß der Verordnung Nr. 575/2013 (ABl. 2014, L 191, S. 1) oder gegebenenfalls im nationalen Recht festgelegten aufsichtlichen Meldepflichten.

254

Gemäß Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63, dessen Rechtmäßigkeit in der vorliegenden Rechtssache nicht in Frage gestellt worden ist, besteht die Möglichkeit, einen Risikoindikator nicht anzuwenden, somit nur unter zwei Voraussetzungen: Erstens dürfen die für diesen Indikator benötigten Informationen nicht den aufsichtlichen Meldepflichten gemäß Art. 14 dieser Delegierten Verordnung unterliegen, und zweitens muss der Indikator in Anhang II („Den Abwicklungsbehörden vorzulegende Daten“) der Delegierten Verordnung aufgeführt sein, der 15 Datenkategorien enthält.

255

Zur ersten Voraussetzung ist darauf hinzuweisen, dass der SRB für die Feststellung, ob gemäß Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 die für einen spezifischen Risikoindikator benötigten Informationen den aufsichtlichen Meldepflichten unterliegen, zu prüfen hat, ob die Institute gemäß der Durchführungsverordnung Nr. 680/2014 oder dem nationalen Recht verpflichtet waren, diese Informationen der zuständigen Behörde für das betreffende Bezugsjahr für Aufsichtszwecke zu melden. Nach Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 bis 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 ist dieses Bezugsjahr das Jahr, auf das sich der festgestellte Jahresabschluss bezieht, der am 31. Dezember des dem Beitragszeitraum vorangehenden Jahres verfügbar ist. Daraus folgt, dass das Bezugsjahr in der vorliegenden Rechtssache das Jahr ist, auf das sich der festgestellte Jahresabschluss bezieht, der am 31. Dezember 2020 verfügbar war (im Folgenden: maßgebliches Bezugsjahr). Wie der SRB vorträgt, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, entspricht dieses Bezugsjahr dem Jahr 2019.

256

Zur zweiten oben in Rn. 254 genannten Voraussetzung ist darauf hinzuweisen, dass Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 seinem Wortlaut nach u. a. dann Anwendung findet, wenn die in Anhang II dieser Delegierten Verordnung aufgeführten Daten selbst Risikoindikatoren darstellen.

257

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung findet Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 jedoch auch dann Anwendung, wenn Anhang II dieser Delegierten Verordnung auf Daten verweist, die für die Berechnung der Risikoindikatoren, die selbst nicht in diesem Anhang aufgeführt sind, maßgeblich sind, ohne selbst Risikoindikatoren zu sein. Ein Risikoindikator kommt somit möglicherweise nicht zur Anwendung, wenn die für seine Berechnung unerlässlichen Daten in Anhang II aufgeführt sind.

258

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteile vom 17. November 1983, Merck, 292/82, EU:C:1983:335, Rn. 12, und vom 19. Juli 2012, ebookers.com Deutschland, C‑112/11, EU:C:2012:487, Rn. 12). Im Übrigen ist deren praktische Wirksamkeit zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012, BLV Wohn- und Gewerbebau, C‑395/11, EU:C:2012:799, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

259

Was den Zusammenhang und die mit Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 verfolgten Ziele betrifft, so trägt diese Bestimmung dem Umstand Rechnung, dass der Prozess der Einführung der Aufsichtsanforderungen und der entsprechenden Informationspflichten schrittweise erfolgt und sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Wie sich u. a. aus dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/59 ergibt, wurde die Delegierte Verordnung 2015/63 nämlich zu einem Zeitpunkt erlassen, zu dem diese Anforderungen noch nicht endgültig festgelegt waren oder noch angepasst wurden. Insoweit hat die Klägerin das Vorbringen des SRB nicht ernsthaft bestritten, dass die zuständigen Behörden nach und nach einige dieser Anforderungen festlegten, die dann ihrerseits die Daten beeinflussten, die für die Berechnung der in der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehenen Risikoindikatoren verfügbar sein müssten. Daraus folgt, dass solche Daten, die für die Berechnung einiger dieser Risikoindikatoren notwendig sind, zumindest während eines Teils der Aufbauphase möglicherweise nicht für alle betreffenden Institute oder zumindest nicht für alle Institute mit Sitz in einem Mitgliedstaat verfügbar waren, da sie im Rahmen aufsichtsrechtlicher Meldungen nach dem Unionsrecht oder gegebenenfalls nach nationalem Recht möglicherweise nicht zu übermitteln waren.

260

In diesem Zusammenhang soll Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 verhindern, dass den Instituten bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge gegebenenfalls unverhältnismäßige oder diskriminierende Belastungen auferlegt werden, gerade weil die Aufsichtsanforderungen und die damit verbundenen Informationspflichten schrittweise eingeführt werden. Diese Berechnung erfordert nämlich eine vergleichsbasierte Vorgehensweise. Insoweit hat der SRB, ohne auf Widerspruch zu stoßen, im Wesentlichen ausgeführt, dass er, wenn die für die Berechnung bestimmter Risikoindikatoren unerlässlichen Daten nicht von allen Instituten oder zumindest von allen Instituten mit Sitz in einem Mitgliedstaat im Rahmen aufsichtsrechtlicher Meldungen übermittelt würden, gezwungen wäre, Daten heranzuziehen, die sich zwar auf solche Indikatoren bezögen, aber nicht vergleichbar seien.

261

Dieses Risiko besteht nicht nur, wenn die fraglichen Daten selbst Risikoindikatoren darstellen, sondern auch dann, wenn diese Daten, ohne selbst Risikoindikatoren zu sein, für deren Berechnung erforderlich sind.

262

Vor diesem Hintergrund ist Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 dahin auszulegen, dass er nicht nur Anwendung findet, wenn die in Anhang II dieser Delegierten Verordnung aufgeführten Daten selbst Risikoindikatoren darstellen, sondern auch dann, wenn die in diesem Anhang aufgeführten Daten für die Berechnung der Risikoindikatoren unerlässlich sind.

263

Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob der SRB bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge für den Beitragszeitraum 2021 zwei Risikoindikatoren, nämlich die Indikatoren NSFR und MREL, sowie zwei Risikosubindikatoren, nämlich die Subindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“, unberücksichtigt lassen konnte, ohne gegen die Art. 6, 7 und 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 zu verstoßen.

264

In Bezug auf den NSFR‑Indikator ergibt sich erstens aus Art. 17 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/451 der Kommission vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die Anwendung der Verordnung Nr. 575/2013 auf die aufsichtlichen Meldungen der Institute und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung Nr. 680/2014 (ABl. 2021, L 97, S. 1), dass die Institute der zuständigen Behörde die Daten für den NSFR‑Indikator für Aufsichtszwecke und auf harmonisierter Basis erst ab dem 28. Juni 2021, d. h. nach dem maßgeblichen Bezugsjahr, melden mussten.

265

Ohne dass darüber entschieden zu werden braucht, ob eine etwaige Verpflichtung nach nationalem Recht zur Erklärung der für den NSFR‑Indikator benötigten Informationen im Rahmen aufsichtlicher Meldungen den SRB verpflichtete, diese bei der Bestimmung dieses Indikators zumindest bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge auf nationaler Grundlage zu berücksichtigen, hat der SRB darüber hinaus in seiner Klagebeantwortung und seiner Gegenerwiderung sowie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, ohne dass ihm widersprochen worden wäre, dass sich eine solche Verpflichtung für das maßgebliche Bezugsjahr jedenfalls nicht aus dem Recht des Mitgliedstaats ergebe, in dem die Klägerin ihren Sitz habe, also Deutschland. Vor diesem Hintergrund enthält die dem Gericht vorliegende Akte keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Daten für den NSFR‑Indikator für das maßgebliche Bezugsjahr nach deutschem Recht aufsichtlichen Meldepflichten unterfielen.

266

Der Umstand, dass die Klägerin diese Daten in Deutschland gemeldet hat, ist insoweit unerheblich, da nicht nachgewiesen worden ist, dass diese Meldungen auf der Grundlage von aufsichtlichen Meldepflichten gemäß der Verordnung Nr. 680/2014 oder dem deutschen Recht erfolgten.

267

Zweitens gehört der NSFR‑Indikator zu den Daten, die in Anhang II der Delegierten Verordnung 2015/63 ausdrücklich aufgeführt sind.

268

Unter diesen Umständen hat der SRB nicht gegen die Art. 6, 7 und 20 der Delegierten Verordnung 2015/63 verstoßen, indem er den NSFR‑Indikator bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge für den Beitragszeitraum 2021 nicht berücksichtigt hat.

269

Was den MREL‑Indikator betrifft, so enthält die Durchführungsverordnung Nr. 680/2014 keine Bestimmung, nach der die Institute der zuständigen Behörde für das maßgebliche Bezugsjahr Informationen über ihre berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten im Rahmen aufsichtlicher Meldungen zu übermitteln hatten. Eine solche Verpflichtung wurde erst mit Wirkung vom 28. Juni 2021 eingeführt, wie sich aus Titel I in Verbindung mit Art. 17 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/763 der Kommission vom 23. April 2021 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die Anwendung der Verordnung Nr. 575/2013 und der Richtlinie 2014/59 im Hinblick auf die aufsichtlichen Meldungen und die Offenlegung der [MREL] (ABl. 2021, L 168, S. 1) ergibt.

270

Mit dem von der Klägerin angeführten Art. 45 Abs. 1 der Richtlinie 2014/59 wird diese Feststellung nicht in Frage gestellt. Diese Bestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass die Institute zu jedem Zeitpunkt die Anforderungen an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten einhalten, wenn dies in diesem Artikel oder anderen Bestimmungen dieser Richtlinie vorgeschrieben ist. Dagegen enthält die Bestimmung keine Verpflichtung, die berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten während des maßgeblichen Bezugsjahres im Rahmen aufsichtlicher Meldungen zu erklären.

271

Ohne dass darüber entschieden zu werden braucht, ob eine etwaige Verpflichtung nach nationalem Recht zur Erklärung berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten im Rahmen aufsichtlicher Meldungen den SRB verpflichtete, diese bei der Bestimmung des MREL‑Indikators zumindest in Bezug auf die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge auf nationaler Grundlage zu berücksichtigen, hat der SRB darüber hinaus in seiner Klagebeantwortung und seiner Gegenerwiderung sowie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, ohne dass ihm die Klägerin widersprochen hätte, dass sich eine solche Verpflichtung für das maßgebliche Bezugsjahr jedenfalls nicht aus dem deutschen Recht ergebe. Vor diesem Hintergrund enthält die dem Gericht vorliegende Akte keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Informationen für den MREL‑Indikator nach deutschem Recht während des maßgeblichen Bezugsjahres aufsichtlichen Meldepflichten unterfielen.

272

Der Umstand, dass die Klägerin ab dem Jahr 2017 in Deutschland Informationen für den MREL‑Indikator gemeldet hat, erbringt keinen Gegenbeweis, da, wie oben aus Rn. 271 hervorgeht, nicht nachgewiesen ist, dass diese Informationen nach nationalem Recht im Rahmen aufsichtsrechtlicher Meldungen übermittelt wurden.

273

Im Übrigen ist der MREL‑Indikator zwar nicht als solcher in Anhang II der Delegierten Verordnung 2015/63 aufgeführt, jedoch werden die „berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten“ in diesem Anhang als den Abwicklungsbehörden vorzulegende Daten genannt. Diese Verbindlichkeiten stellen im Übrigen Daten dar, die für die Berechnung dieses Risikoindikators ausschlaggebend sind. Nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. a und Anhang I Schritt 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 stützt sich der Indikator nämlich auf Daten wie u. a. Eigenmittel, berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten und die MREL, wobei der SRB für die Zwecke der Berechnung dieses Indikators den Überschuss der Eigenmittel und der berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten über die MREL zu ermitteln hat.

274

Unter diesen Umständen konnte der SRB davon absehen, den MREL‑Indikator anzuwenden, ohne gegen die Art. 6, 7 und 20 der Delegierten Verordnung 2015/63 zu verstoßen.

275

Hinsichtlich der Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ geht aus Art. 6 Abs. 6 Buchst. a Ziff. iv der Delegierten Verordnung 2015/63 hervor, dass der SRB bei der Bestimmung des Risikosubindikators „Komplexität“ den Umfang zu berücksichtigen hat, in dem Geschäftsmodell und Organisationsstruktur des betreffenden Instituts im Einklang mit Titel II Kapitel II der Richtlinie 2014/59 als komplex anzusehen sind. Ebenso hat der SRB nach Art. 6 Abs. 6 Buchst. b Ziff. ii der Delegierten Verordnung bei der Bestimmung des Risikosubindikators „Abwicklungsfähigkeit“ den Umfang zu berücksichtigen, in dem dieses Institut im Einklang mit Titel II Kapitel II der Richtlinie 2014/59 sofort und ohne rechtliche Hindernisse abgewickelt werden kann.

276

Der SRB muss somit die Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ unter Berücksichtigung der Vorgaben bestimmen, die sich aus Titel II Kapitel II („Abwicklungsfähigkeit“) der Richtlinie 2014/59 ergeben, das die Art. 15 bis 18 umfasst.

277

Insoweit wird nach Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2014/59 die Bewertung der Abwicklungsfähigkeit eines Instituts von der Abwicklungsbehörde gleichzeitig mit der Erstellung und Aktualisierung des Abwicklungsplans gemäß Art. 10 dieser Richtlinie und für deren Zwecke durchgeführt.

278

Ebenso ist, wie der SRB in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt hat, bei der Beurteilung der Abwicklungsfähigkeit eines Instituts dessen Komplexität zu berücksichtigen, wobei die Auswirkungen auf die Abwicklungsfähigkeit des Instituts umso größer sind, je komplexer seine Struktur ist. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Verweises in Art. 6 Abs. 6 Buchst. a Ziff. iv der Delegierten Verordnung 2015/63 auf die Art. 15 bis 18 der Richtlinie 2014/59, also einschließlich deren Art. 15 Abs. 3, wird die Komplexität auch bei der Erstellung des Abwicklungsplans beurteilt.

279

Daraus folgt, dass die Erstellung der Abwicklungspläne eine Voraussetzung für die Bestimmung der Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ durch den SRB darstellt.

280

Außerdem berücksichtigt die Abwicklungsbehörde nach Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 für die Zwecke der Erstellung des Abwicklungsplans der Institute mindestens die in Abschnitt C des Anhangs dieser Richtlinie genannten Aspekte. Zu diesen Aspekten gehört nach Abschnitt C Nr. 17 dieses Anhangs, wie hoch und welcher Art die bail-in-fähigen Verbindlichkeiten des Instituts sind, die in Art. 2 Abs. 1 Nr. 71 der Richtlinie 2014/59 in ihrer durch die Richtlinie (EU) 2019/879 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 (ABl. 2019, L 150, S. 296) geänderten Fassung definiert sind.

281

Wie sich aus Art. 3 Nr. 17 der Delegierten Verordnung 2015/63 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 71 der Richtlinie 2014/59 ergibt, entsprechen diese Verbindlichkeiten den „berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten“ im Sinne dieser Delegierten Verordnung.

282

Daraus folgt, dass es sich bei den berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten um Daten handelt, die erforderlich sind, damit der SRB die Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ festlegen kann.

283

Insoweit geht zum einen aus den Rn. 269 bis 271 des vorliegenden Urteils hervor, dass die Institute nicht gemäß der Durchführungsverordnung Nr. 680/2014 verpflichtet waren, der zuständigen Behörde die berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten für das maßgebliche Bezugsjahr zu melden. Zum anderen gibt es, ohne dass über die Frage entschieden zu werden braucht, ob das etwaige Bestehen einer solchen Pflicht zur Meldung berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten den SRB verpflichten würde, sie bei der Bestimmung der Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ zumindest in Bezug auf die Berechnung des im Voraus erhobenen Beitrags auf nationaler Grundlage zu berücksichtigen, keinen dem Gericht vorliegenden Anhaltspunkt, dass eine solche Pflicht nach deutschem Recht bestand.

284

Folglich ist die erste Voraussetzung des Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 in Bezug auf die Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ erfüllt.

285

Was die zweite in Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehene Voraussetzung betrifft, so sind die Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ zwar als solche nicht in Anhang II der Delegierten Verordnung 2015/63 aufgeführt, doch werden die berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten, die für ihre Bestimmung erforderlich sind, dort ausdrücklich genannt.

286

Unter diesen Umständen hat der SRB nicht gegen die Art. 6, 7 und 20 der Delegierten Verordnung 2015/63 verstoßen, indem er die Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ für den Beitragszeitraum 2021 nicht berücksichtigt hat.

287

Diese Schlussfolgerung wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht entkräftet.

288

Was erstens das Vorbringen der Klägerin betrifft, der SRB hätte sich die für den Erlass eines Beschlusses zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge erforderlichen Informationen anders als durch die Übermittlung dieser Informationen über die von jedem Institut abgegebenen Meldungen für Aufsichtszwecke beschaffen müssen, so ist festzustellen, dass sich eine solche Pflicht aus keiner Bestimmung der anwendbaren Regelung ergibt.

289

Insoweit kann die Klägerin insbesondere nicht geltend machen, der SRB sei verpflichtet gewesen, den NSFR‑Indikator unter Verwendung der nationalen Daten der NRA anzuwenden, da, wie aus Rn. 265 des vorliegenden Urteils hervorgeht, die dem Gericht vorliegende Akte keinen Anhaltspunkt dafür enthält, dass die Informationen für diesen Risikoindikator nach deutschem Recht im Rahmen aufsichtsrechtlicher Meldungen zu übermitteln waren.

290

Zweitens ist das auf Rn. 137 des Urteils vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB (C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601), gestützte Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, da weder in dieser Randnummer noch in diesem Urteil über die Anwendbarkeit von Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 entschieden wurde.

291

Drittens macht die Klägerin geltend, dass der Ansatz des SRB in Bezug auf die Anwendung von Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 jedenfalls in Bezug auf den auf nationaler Grundlage berechneten Teil des im Voraus erhobenen Beitrags fehlerhaft sei, da unstreitig sei, dass die Indikatoren NSFR und MREL sowie die Risikosubindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ für die deutschen Institute zur Verfügung gestanden hätten. Der SRB hätte sie somit bei der Berechnung des auf nationaler Grundlage bestimmten Beitrags berücksichtigen müssen. Dies gelte umso mehr, als die Nichtbeachtung dieser Risikoindikatoren und ‑subindikatoren nicht mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung gerechtfertigt werden könne, da im Rahmen der Richtlinie 2014/59 nur Institute ein und desselben Mitgliedstaats zu vergleichen seien. Unter diesen Umständen sei es nicht gleichheitswidrig, wenn die in den einzelnen Mitgliedstaaten verfügbaren Informationen für diese Indikatoren nicht in jedem Mitgliedstaat identisch seien.

292

Ohne dass über die Frage entschieden zu werden braucht, ob das etwaige Bestehen einer Pflicht zur Meldung der Daten für die Indikatoren NSFR und MREL sowie für die Subindikatoren „Komplexität“ und „Abwicklungsfähigkeit“ im nationalen Recht den SRB verpflichten würde, diese Daten zumindest bei der Berechnung des im Voraus erhobenen Beitrags auf nationaler Grundlage zu berücksichtigen, ist insoweit darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus den Rn. 265, 271 und 283 des vorliegenden Urteils ergibt, nicht nachgewiesen worden ist, dass in Deutschland für das maßgebliche Bezugsjahr eine solche Pflicht bestand. Vor diesem Hintergrund geht aus der dem Gericht vorliegenden Akte nicht hervor, dass es eine Rechtsgrundlage gab, die es dem SRB erlaubte oder ihn verpflichtete, diese Daten nur für die nationale Grundlage zu berücksichtigen.

293

Viertens war die Berücksichtigung aller Risikoindikatoren und ‑subindikatoren nach Ansicht der Klägerin tatsächlich möglich und deshalb zwingend, weil der SRB für eine geeignete Datenerhebung zu sorgen oder uneinheitlich gelieferte Daten nachträglich auf ein einheitliches Datenniveau anzupassen habe. Außerdem hätte der SRB die fehlenden Daten mittels einer Schätzung oder unter Einholung von Sachverständigengutachten ergänzen können.

294

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die anwendbare Regelung weder verlangt, dass der SRB die im Rahmen der aufsichtlichen Meldepflichten fehlenden Daten ergänzt, noch, dass er uneinheitlich erhobene Daten in irgendeiner Weise anpasst.

295

Nach alledem ist der sechste Klagegrund zurückzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Der Beschluss SRB/ES/2021/22 des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) vom 14. April 2021 über die Berechnung der für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds wird für nichtig erklärt, soweit er die UniCredit Bank AG betrifft.

 

2.

Die Wirkungen des Beschlusses SRB/ES/2021/22, soweit er die UniCredit Bank AG betrifft, werden aufrechterhalten, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die sechs Monate ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils nicht überschreiten darf, ein neuer Beschluss des SRB in Kraft tritt, mit dem der im Voraus erhobene Beitrag dieses Instituts zum einheitlichen Abwicklungsfonds für den Beitragszeitraum 2021 festgesetzt wird.

 

3.

Der SRB trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten der UniCredit Bank AG.

 

4.

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union tragen ihre eigenen Kosten.

 

Kornezov

De Baere

Petrlík

Kecsmár

Kingston

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Juli 2024.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

( 1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.

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