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Document 62021CC0647
Opinion of Advocate General Collins delivered on 11 April 2024.###
Schlussanträge des Generalanwalts A. M. Collins vom 11. April 2024.
Schlussanträge des Generalanwalts A. M. Collins vom 11. April 2024.
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2024:308
Vorläufige Fassung
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
ANTHONY MICHAEL COLLINS
vom 11. April 2024(1)
Verbundene Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21
D. K. (C‑647/21)
M. C.,
M. F. (C‑648/21)
Beteiligte:
Prokuratura Rejonowa w Bytowie,
Prokuratura Okręgowa w Łomży
(Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Okręgowy w Słupsku [Regionalgericht Słupsk, Polen])
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Rechtsstaatlichkeit – Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV – Grundsätze der Unabsetzbarkeit der Richter und der richterlichen Unabhängigkeit – Grundsatz der ‚internen‘ richterlichen Unabhängigkeit – Beschluss des Kollegiums eines nationalen Gerichts, einem Richter ohne dessen Zustimmung Rechtssachen zu entziehen – Nicht einvernehmliche Versetzung eines Richters von einer Berufungsabteilung in eine erstinstanzliche Abteilung eines nationalen Gerichts – Fehlen von Verfahrensgarantien und gerichtlicher Kontrolle nach nationalem Recht – Rechtswidrige Anwendung nationaler Vorschriften – Vorrang des Unionsrechts“
Einleitung
1. Die von der Richterin A. N-B. des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk, Polen) am 20. Oktober 2021 vorgelegten Vorabentscheidungsersuchen betreffen in erster Linie die Tragweite und die praktische Anwendung des Begriffs der „internen“ richterlichen Unabhängigkeit, wie er in Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV anerkannt wird, insbesondere die Freiheit des Richters von unzulässigen Einflüssen oder Druck von innerhalb der Justiz.
2. Im Oktober 2021 versetzte der Präsident des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) die Richterin A. N-B. von der Sechsten Abteilung für Strafsachen des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk), einer Berufungsinstanz, in die erstinstanzliche Zweite Abteilung für Strafsachen dieses Gerichts. 70(2) ihr zugewiesene Rechtssachen, einschließlich derjenigen, die Gegenstand der vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen sind, wurden ihr entzogen und anderen Richtern zugewiesen(3)(4). Diese Maßnahmen wurden ohne die Zustimmung der Richterin A. N-B. getroffen. Da diese Maßnahmen darauf abzielten, sie daran zu hindern, in Ausübung ihres Amtes in der Berufungsinstanz zu prüfen, ob das Erfordernis eines zuvor durch Gesetz errichteten Gerichts in den Rechtssachen, mit denen sie befasst war, erfüllt war, vertrat Richterin A. N-B. die Auffassung, dass sie gegen die Grundsätze der Unabsetzbarkeit der Richter und der richterlichen Unabhängigkeit verstießen. Daher zielt ihre Frage darauf ab, ob die Art und Weise der Berufung der Mitglieder des Kollegiums, ihre fehlende Zustimmung zur Entziehung der Rechtssachen und das Fehlen von Kriterien für diese Entziehung sie gemäß Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV, Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts dazu berechtigen, in den Rechtssachen zu entscheiden, die Gegenstand der vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen sind.
Rechtlicher Rahmen – Polnisches Recht
Gesetz über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit
3. Gemäß Art. 21 § 1 der Ustawa – Prawo o ustroju sądów powszechnych (Gesetz über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit) vom 27. Juli 2001 (Dz. U. 2001, Nr. 98, Pos. 1070) in der auf die Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit) sind die Organe des Sąd Okręgowy (Regionalgericht) der Präsident des Gerichts, das Kollegium des Gerichts und der Direktor des Gerichts.
4. Art. 22a des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit bestimmt:
„§ 1. Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts wird … vom Präsidenten des Sąd Okręgowy [(Regionalgericht)] nach Anhörung des Kollegiums des Regionalgerichts … beschlossen und legt Folgendes fest:
1) die Zuteilung der Richter … an die Abteilungen des Gerichts;
2) den Aufgabenbereich der Richter … sowie die Modalitäten ihrer Beteiligung an der Zuweisung von Rechtssachen;
3) einen Bereitschaftsdienstplan und die Vertretung von Richtern, …
– unter Berücksichtigung der Spezialisierung der Richter … auf den einzelnen Rechtsgebieten, des Erfordernisses, eine angemessene Zuteilung der Richter … an die Abteilungen des Gerichts und eine gerechte Verteilung ihrer Aufgaben zu gewährleisten, sowie der Notwendigkeit, eine ordnungsgemäße Rechtspflege sicherzustellen.
…
§ 4. Der Präsident des Gerichts kann jederzeit eine vollständige oder teilweise Neuverteilung der Aufgabenbereiche beschließen, wenn die in § 1 genannten Gründe dies rechtfertigen. …
§ 4a. Die Versetzung eines Richters in eine andere Abteilung ist von seiner Zustimmung abhängig.
§ 4b. Die Versetzung eines Richters in eine andere Abteilung ist nicht von seiner Zustimmung abhängig, wenn:
1) die Versetzung in eine Abteilung erfolgt, die sich mit Sachen aus dem gleichen Bereich befasst;
…
§ 5. Ein Richter oder Richter auf Probe, dessen Aufgaben- und infolgedessen Zuständigkeitsbereich geändert wurde, insbesondere durch Versetzung in eine andere Abteilung des betreffenden Gerichts, kann innerhalb von sieben Tagen ab Zuweisung des neuen Aufgabenbereichs Widerspruch bei der Krajowa Rada Sądownictwa [(Landesjustizrat, Polen)] [(im Folgenden: KRS)] einlegen. Der Widerspruch ist nicht statthaft, wenn
1) er in eine Abteilung versetzt wurde, die sich mit Sachen aus dem gleichen Bereich befasst;
…
§ 6. Der in § 5 genannte Widerspruch ist bei dem Präsidenten des Gerichts einzulegen, der die Aufgabenänderung vorgenommen hat, gegen die der Widerspruch gerichtet ist. Der Präsident des Gerichts leitet den Widerspruch innerhalb von 14 Tagen nach Eingang mit seiner Stellungnahme [an die KRS] weiter. Die [KRS] fasst unter Berücksichtigung der in § 1 genannten Kriterien einen Beschluss, mit dem sie dem Widerspruch des Richters stattgibt oder ihn zurückweist. Der Beschluss der [KRS] über den in § 5 genannten Widerspruch muss nicht begründet werden. Der Beschluss der [KRS] kann nicht angefochten werden. Bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nimmt der Richter oder Richter auf Probe seine bisherigen Aufgaben wahr.“
5. Art. 30 § 1 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit sieht vor:
„Das Kollegium des Sąd okręgowy [(Regionalgericht)] besteht aus:
1) dem Präsidenten des Sąd okręgowy [(Regionalgericht)];
2) den Präsidenten der Sądy rejonowe [(Rayongerichte)] im Zuständigkeitsbereich des Sąd okręgowy [(Regionalgericht)].“
6. In Art. 47a des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit heißt es:
„§ 1. Die Rechtssachen werden den Richtern und Richtern auf Probe in den einzelnen Kategorien von Rechtssachen nach dem Zufallsprinzip zugewiesen, soweit eine Rechtssache nicht dem Richter zuzuweisen ist, der den Bereitschaftsdienst ausübt.
§ 2. Die Rechtssachen werden innerhalb der einzelnen Kategorien zu gleichen Teilen verteilt, es sei denn, der Anteil wird aufgrund der ausgeübten Funktion, der Zuweisung von Rechtssachen einer anderen Kategorie oder aus anderen gesetzlich vorgesehenen Gründen verringert.“
7. Art. 47b des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit bestimmt:
„§ 1. Eine Änderung der Besetzung eines Gerichts ist nur dann zulässig, wenn die Behandlung der Rechtssache in der bisherigen Besetzung unmöglich ist oder ihr ein dauerhaftes Hindernis entgegensteht. Art. 47a gilt entsprechend.
…
§ 3. Die Entscheidungen in den in [§ 1] genannten Sachen … werden vom Präsidenten des Gerichts oder von einem von ihm hierzu ermächtigten Richter getroffen.
§ 4. Die Versetzung eines Richters oder seine Abordnung an ein anderes Gericht sowie die Beendigung einer Abordnung hindern den Richter nicht daran, in den ihm an seinem bisherigen Dienstort oder gegenwärtigen Tätigkeitsort zugewiesenen Rechtssachen bis zu deren Abschluss [prozessuale] Handlungen vorzunehmen.
§ 5. Das für den neuen Dienstort des Richters oder den Ort seiner Abordnung zuständige Gerichtskollegium kann auf Antrag des Richters oder von Amts wegen insbesondere im Fall einer erheblichen Entfernung zwischen dem betreffenden Gericht und dem neuen Dienstort des Richters oder dem Ort seiner Abordnung und unter Berücksichtigung des Standes der bei ihm anhängigen Rechtssachen den Richter von diesen Rechtssachen ganz oder teilweise entbinden. Vor dem Erlass einer Entscheidung hört das Kollegium des Gerichts die Präsidenten der zuständigen Gerichte an.
§ 6. Die Bestimmungen der §§ 4 und 5 gelten sinngemäß bei einer Versetzung in eine andere Abteilung desselben Gerichts.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
8. In der Rechtssache C‑647/21 verurteilte der Sąd Rejonowy w B. (Rayongericht B., Polen) D. K. am 11. Dezember 2020 wegen einer Straftat nach Art. 190 § 1 der Ustawa z dnia 6 czerwca 1997 r. – Kodeks karny (Gesetz vom 6. Juni 1997 – Strafgesetzbuch) und verhängte eine Freiheitsstrafe(5). Im Februar 2021 legte der Anwalt von D. K. beim vorlegenden Gericht Berufung gegen das Strafmaß ein. Dieses Berufungsverfahren wurde der Richterin A. N-B., Vorsitzende des Spruchkörpers, als Berichterstatterin und Einzelrichterin übertragen.
9. In der Rechtssache C‑648/21 wurden M. C. und M. F. wegen „Amtsmissbrauchs“ gemäß Art. 231 § 1 der Ustawa z dnia 6 czerwca 1997 r. – Kodeks karny (Gesetz vom 6. Juni 1997 – Strafgesetzbuch) angeklagt(6). Im März 2016 verurteilte das erstinstanzliche Gericht M. F. zu einer Freiheitsstrafe(7), während M. C. freigesprochen wurde. Im November 2016 hob das zweitinstanzliche Gericht dieses Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Prüfung an das erstinstanzliche Gericht zurück. Im Dezember 2017 verurteilte das letztgenannte Gericht M. C. und M. F. wegen der in Rede stehenden Straftaten. Nach einer weiteren Berufung sprach das zweitinstanzliche Gericht im April 2019 M. C. frei und bestätigte das Urteil gegen M. F. Der Generalstaatsanwalt (Prokurator Generalny) legte gegen dieses Urteil beim Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht, Polen) ein Rechtsmittel ein. Im April 2020 hob der Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht) das Urteil des zweitinstanzlichen Gerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an dieses Gericht zurück. Die Rechtssache ist beim Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) anhängig, dessen Berufungsabteilung die Rechtssache in einem aus dem Präsidenten des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk), der Berichterstatterin und Vorsitzenden des Spruchkörpers – Richterin A. N-B. – und einem dritten Richter bestehenden Spruchkörper zu prüfen hatte.
10. In einer nicht damit verbundenen Rechtssache(8) erließ die Richterin A. N-B im September 2021 unter Berufung auf Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV eine Verfügung, mit der sie den Vorsitzenden der Berufungsabteilung des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) aufforderte, anstellte des Präsidenten des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) in dem für diese Rechtssache zuständigen Spruchkörper einen anderen Richter zu benennen. In der Begründung dieser Verfügung berief sie sich darauf, dass die Tatsache, dass der Präsident des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) – der auf der Grundlage eines Beschlusses der KRS in ihrer neuen Zusammensetzung(9) an dieses Gericht berufen worden war – dem Spruchkörper angehöre, das Recht auf Zugang zu einem zuvor durch Gesetz errichteten Gericht im Sinne von Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Art. 47 der Charta, Art. 45 der Verfassung der Republik Polen und des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) in der Rechtssache Reczkowicz/Polen(10) verletze.
11. Der Vizepräsident des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) hob diese Verfügung auf der Grundlage von Art. 42a § 2 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit auf. Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts war der Vizepräsident auf der Grundlage eines Beschlusses der KRS(11) zum Richter ernannt worden. Der polnische Justizminister, der gleichzeitig Generalstaatsanwalt (Prokurator Generalny) war, ernannte ihn daraufhin zum Vizepräsidenten des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk). Das vorlegende Gericht bezweifelt, dass der Vizepräsident des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) seine Verfügung im Rahmen der Dienstaufsicht aufheben durfte, da die Zusammensetzung des Gerichts in den Bereich der Rechtsprechung fällt, in die der Vizepräsident nicht hätte eingreifen dürfen. Unabhängig davon habe der Beschluss der Vizepräsidentin des Gerichtshofs vom 14. Juli 2021, Kommission/Polen(12), mit dem die Anwendung bestimmter Vorschriften des polnischen Rechts, darunter Art. 42a § 2 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit, ausgesetzt worden sei, dem Vizepräsidenten des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) die Befugnis genommen, auf der Grundlage dieser Vorschrift eine Maßnahme zu erlassen.
12. Anfang Oktober 2021 hob die Richterin A. N-B. in einer anderen Rechtssache ein Urteil einer unteren Instanz auf, das von einem auf der Grundlage eines Beschlusses der KRS(13) ernannten Richter erlassen worden war(14).
13. Am 11. Oktober 2021 fasste das Kollegium den Beschluss, der Richterin A. N-B. etwa 70 Rechtssachen zu entziehen, darunter auch die Rechtssachen, in denen die vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen ergangen sind. Diese Entziehung erfolgte ohne Zustimmung der Richterin A. N-B. und „ohne den gesetzlich vorgeschriebenen Antrag“. Der Beschluss des Kollegiums wurde der Richterin A. N-B. nicht zugestellt, der Präsident des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) teilte ihr lediglich mit, dass sie von diesen Rechtssachen entbunden sei. Der Richterin A. N-B. sind weder die Gründe noch die Rechtsgrundlage für diesen Beschluss bekannt. Der Präsident des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) verweigerte der Richterin A. N-B. auch auf zweimaliges Ersuchen hin die Einsicht in den Inhalt des Beschlusses.
14. Am 13. Oktober 2021 erließ der Präsident des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) eine Anordnung(15) über die Versetzung der Richterin A. N-B. von der Berufungsabteilung(16) des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk)(17) in die erstinstanzliche Abteilung(18) dieses Gerichts (im Folgenden: Anordnung vom 13. Oktober 2021). Diese Anordnung verweise „lakonisch“ auf die Notwendigkeit, die ordnungsgemäße Arbeitsweise der Berufungsabteilung und der erstinstanzlichen Abteilungen des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) zu gewährleisten, sowie auf einen nicht näher bezeichneten Schriftwechsel zwischen dem Präsidenten dieses Gerichts und dem Vorsitzenden einer dieser Abteilungen. Die Anordnung des Präsidenten des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) trat am 18. Oktober 2021 in Kraft und wurde der Richterin A. N-B zugestellt. Die Anordnung enthält keine Angaben zu den dagegen gegebenen Rechtsbehelfen.
15. In ihren Erklärungen hat die Kommission darauf hingewiesen, dass gegen die Richterin A. N-B. auch ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde und dass sie ab dem 29. Oktober 2021 für mindestens einen Monat vom Dienst suspendiert war. In der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2024 hat die polnische Regierung die Existenz dieses Disziplinarverfahrens bestätigt, konnte aber keine Angaben zu seinem Ausgang machen.
16. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob in Anbetracht der oben genannten Umstände und des Urteils Review Simpson/Rat und HG/Kommission(19) die Entbindung der Richterin A. N-B. von den ihr zugewiesenen Rechtssachen, in denen die vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen ergangen sind, gegen Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV in Verbindung mit Art. 47 der Charta verstößt. Für den Fall, dass gegen diese Bestimmungen verstoßen wurde, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es den Beschluss des Kollegiums unangewendet zu lassen hat, mit dem Ergebnis, dass die Richterin A. N‑B. die Prüfung des Ausgangsverfahrens in der Rechtssache C‑647/21 als Vorsitzende der Einzelrichterbesetzung und des Ausgangsverfahrens in der Rechtssache C‑648/21 als Berichterstatterin und Vorsitzende des mit drei Richtern besetzten Spruchkörpers fortsetzen kann. Vor diesem Hintergrund hat der Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk, Polen) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV in Verbindung mit Art. 47 der Charta dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie Art. 47b §§ 5 und 6 in Verbindung mit Art. 30 § 1 und Art. 24 § 1 der Ustawa – Prawo o ustroju sądów powszechnych (Gesetz über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit) vom 27. Juli 2001 entgegensteht, wonach ein Organ eines nationalen Gerichts, z. B. das Kollegium des Gerichts, befugt ist, einen Richter dieses Gerichts teilweise oder ganz von seiner Verpflichtung zu entbinden, die ihm zugewiesenen Rechtssachen zu entscheiden, wenn:
a) dem Kollegium des Gerichts, von Rechts wegen, Gerichtspräsidenten angehören, die von einem Organ der Exekutive, wie dem Justizminister, der auch Generalstaatsanwalt ist, auf diese Posten berufen wurden;
b) die Entbindung des Richters von der Verpflichtung, die ihm zugewiesenen Rechtssachen zu entscheiden, ohne seine Zustimmung erfolgt;
c) im nationalen Recht weder Kriterien, die das Kollegium des Gerichts bei der Entbindung eines Richters von seiner Verpflichtung zur Entscheidung der ihm zugewiesenen Rechtssachen anzuwenden hat, noch eine Begründungspflicht und eine gerichtliche Überprüfung einer solchen Entbindung vorgesehen sind;
d) einige Mitglieder des Kollegiums des Gerichts unter Umständen, die mit den im Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 2021, Kommission/Polen (Disziplinarordnung für Richter) (C‑791/19, EU:C:2021:596), genannten vergleichbar sind, in das Richteramt berufen worden sind?
2. Sind die in der ersten Frage genannten Bestimmungen und der Grundsatz des Vorrangs [des Unionsrechts] dahin auszulegen, dass sie ein nationales Gericht, das mit einer in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2016/343(20) fallenden Strafsache befasst ist und in dem ein Richter in der in der ersten Frage beschriebenen Weise von seiner Verpflichtung zur Entscheidung von Rechtssachen entbunden wurde, und alle staatlichen Behörden berechtigen (oder verpflichten), die Handlung des Kollegiums des Gerichts und andere, nachfolgende Handlungen, wie z. B. Anordnungen zur Neuverteilung von Rechtssachen, einschließlich der Rechtssache des Ausgangsverfahrens, ohne Berücksichtigung des von seiner Verpflichtung entbundenen Richters, unangewendet zu lassen, damit dieser weiterhin dem mit dieser Rechtssache befassten Spruchkörper angehören kann?
3. Sind die in der ersten Frage genannten Bestimmungen und der Grundsatz des Vorrangs [des Unionsrechts] dahin auszulegen, dass die innerstaatliche Rechtsordnung in Strafverfahren, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2016/343 fallen, Wege vorsehen muss, die gewährleisten, dass die Verfahrensbeteiligten (wie die Angeklagten im Ausgangsverfahren) die in [der ersten Frage] genannten Entscheidungen – die zu einer Änderung der Zusammensetzung des mit der Rechtssache befassten Gerichts und folglich dazu führen sollen, dass der bisher zuständige Richter in der in [der ersten Frage] beschriebenen Weise von der Verpflichtung zur Entscheidung der Rechtssache entbunden wird – überprüfen lassen und Rechtsmittel gegen sie einlegen können?
Verfahren vor dem Gerichtshof
17. Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 29. November 2021 sind die Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
18. Das vorlegende Gericht hat beantragt, für die Vorabentscheidungsersuchen in den beiden Rechtssachen das beschleunigte Verfahren nach Art. 105 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durchzuführen. Mit Entscheidung vom 29. November 2021 hat der Präsident des Gerichtshofs diese Anträge abgelehnt. Er hat dargelegt, dass das vorlegende Gericht allgemeine Argumente vorgebracht hat(21), ohne konkrete Gründe für ein beschleunigtes Verfahren vorzubringen. Die Tatsache, dass es sich bei den beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtssachen um Strafverfahren handelt, stellt keine entsprechende Begründung dar.
19. Am 18. Oktober 2022 hat der Gerichtshof die verbundenen Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21 bis zum Erlass des Urteils in den verbundenen Rechtssachen C‑615/20 und C‑671/20 ausgesetzt. Am 20. Juli 2023 hat der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht das Urteil in der Rechtssache YP u. a. (Aufhebung der Immunität und Suspendierung eines Richters)(22) zugestellt und es aufgefordert, mitzuteilen, ob es seine Vorabentscheidungsersuchen aufrechterhalten möchte. Auf Anweisung des Präsidenten des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) hat die Richterin A. N-B. am 25. September 2023(23) geantwortet und dem Gerichtshof mitgeteilt, dass der Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) die Vorabentscheidungsersuchen in den verbundenen Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21 aufrechtzuerhalten wünsche.
20. In Anbetracht einiger Unklarheiten in der Antwort der Richterin A. N-B. hat der Gerichtshof sie gemäß Art. 101 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs um Klarstellung ersucht(24). Der Gerichtshof hat u. a. um Klarstellung gebeten, ob die Richterin A. N-B. weiterhin dem Spruchkörper angehört, der mit den Rechtssachen befasst ist, die Gegenstand der Vorabentscheidungsersuchen in den verbundenen Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21 sind, und, wenn ja, in welcher Eigenschaft. Die Richterin A. N-B. hat dieses Ersuchen am 17. Oktober 2023 beantwortet(25). Sie hat bestätigt, dass sie zum Zeitpunkt der Vorlage der Vorabentscheidungsersuchen am 20. Oktober 2021 in beiden Rechtssachen Berichterstatterin und Vorsitzende des Spruchkörpers am Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) gewesen sei. Das dem Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C‑648/21 zugrunde liegende Verfahren sei mit Beschluss vom 21. Oktober 2021 einem anderen Berichterstatter zugewiesen worden, der zuvor dem aus drei Richtern bestehenden Spruchkörper angehört habe(26). Am selben Tag sei auch die Einzelrichterbesetzung in der Rechtssache, die dem Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C‑647/21 zugrunde liegt, geändert worden. Die Richterin A. N-B. hat bestätigt, dass die Verfahren vor dem Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) in den Rechtssachen, die Gegenstand der vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen sind, aufgrund dieser Ersuchen ausgesetzt wurden und weiterhin ruhen. Sie hat den Gerichtshof außerdem darauf hingewiesen, dass der Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) in voller Besetzung(27) tage, wenn er in einem Verfahren in der Sache entscheide (Rozprawa). In anderen Verhandlungen (Posiedzenie) – wie denen in den Rechtssachen, die Gegenstand der Vorabentscheidungsersuchen in den verbundenen Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21 seien – tage der Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) in Einzelrichterbesetzung, wobei der Berichterstatter den Vorsitz führe.
21. Die Prokuratura Rejonowa w Bytowie (Rayonstaatsanwaltschaft Bytów), die Prokuratura Okręgowa w Łomży (Regionalstaatsanwaltschaft Łomża), die dänische, die niederländische, die polnische und die schwedische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Mit Ausnahme der Prokuratura Rejonowa w Bytowie (Rayonstaatsanwaltschaft Bytów), der Prokuratura Okręgowa w Łomży (Regionalstaatsanwaltschaft Łomża) und der niederländischen Regierung haben die vorgenannten Parteien in der Sitzung vom 24. Januar 2024 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichtshofs beantwortet.
Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs
Vorbringen
22. Die dänische und die polnische Regierung sowie die Kommission sind der Ansicht, dass Art. 47 der Charta nicht auf die beim Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) anhängigen Verfahren, in denen die vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen ergangen sind, anwendbar sei. Die Kommission meint, obwohl sich die Vorlagefragen auf die Richtlinie 2016/343 bezögen, zielten sie nicht auf eine Auslegung ihrer Bestimmungen ab.
23. Die Prokuratura Rejonowa w Bytowie (Rayonstaatsanwaltschaft Bytów) und die Prokuratura Okręgowa w Łomży (Regionalstaatsanwaltschaft Łomża) machen geltend, die Vorlagefragen beträfen die Entbindung eines Richters von den ihm zugewiesenen Rechtssachen. Dies sei eine Frage der Organisation der Justiz in einem Mitgliedstaat, eine ausschließliche nationale Zuständigkeit, die durch das Unionsrecht nicht geregelt werde. Die Prokuratura Okręgowa w Łomży (Regionalstaatsanwaltschaft Łomża) macht ferner geltend, dass die Fragen, die die Richterin A. N-B. gestellt habe, ihre individuellen Umstände beträfen und daher persönlicher und nicht juristischer Natur seien.
Würdigung
24. Nach Art. 51 Abs. 1 der Charta gelten ihre Bestimmungen für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Unionsrechts. Die Rechtssachen vor dem vorlegenden Gericht, die den verbundenen Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21 zugrunde liegen, sind strafrechtlicher Natur, und die zweite Vorlagefrage betrifft die Richtlinie 2016/343. Das vorlegende Gericht hat nicht dargelegt, inwiefern eine Auslegung dieser Richtlinie für die Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssachen von Bedeutung sein könnte. Den Vorlageentscheidungen ist auch nicht zu entnehmen, dass sie eine Frage der Auslegung oder Anwendung einer Vorschrift des Unionsrechts aufwerfen. Aus den Vorabentscheidungsersuchen geht in keiner Weise hervor, dass sich eine Person auf das in Art. 47 der Charta verankerte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf beruft oder dass sich eine Person, die dieses Recht geltend macht, auf ein Recht oder eine Freiheit beruft, die das Unionsrecht garantiert(28).
25. Nach ständiger Rechtsprechung fällt die Organisation der Justiz in den Mitgliedstaaten, einschließlich der Entziehung und Neuzuweisung von Rechtssachen, zwar in deren Zuständigkeit, doch muss die Ausübung dieser Zuständigkeit mit dem Unionsrecht und insbesondere mit Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV vereinbar sein(29). Nach Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV hat jeder Mitgliedstaat dafür zu sorgen, dass Gerichte, die zur Entscheidung über die Anwendung oder Auslegung des Unionsrechts angerufen werden können(30), den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz gerecht werden(31). Diese Bestimmung steht nationalen Vorschriften über die Organisation der Justiz entgegen, die den Schutz des Wertes der Rechtsstaatlichkeit vermindern(32). Die Mitgliedstaaten müssen also die Organisation der Justiz so gestalten, dass sie den Anforderungen des Unionsrechts entspricht. Dazu gehört insbesondere, dass die Unabhängigkeit der Gerichte, die über Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung oder Auslegung des Unionsrechts zu entscheiden haben, gewährleistet wird, um den Rechtsunterworfenen den erforderlichen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewährleisten(33). Daraus folgt, dass der Gerichtshof für die Auslegung des Unionsrechts in Fällen zuständig ist, die die Organisation des Justizsystems eines Mitgliedstaats betreffen.
26. Zum Vorbringen der Prokuratura Okręgowa w Łomży (Regionalstaatsanwaltschaft Łomża) zur persönlichen Natur der Vorlagefragen genügt der Hinweis, dass das Urteil YP auch die Zuständigkeit einzelner Richter betraf, die Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt hatten. In diesem Urteil hat der Gerichtshof über die Frage entschieden, ob diese Richter gemäß Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV weiterhin die bei ihnen anhängigen Strafsachen prüfen und entscheiden durften. Der Gerichtshof hat die Vorlagefragen beantwortet, um dem vorlegenden Gericht die Möglichkeit zu geben, in limine litis verfahrensrechtliche Fragen zu klären, die die Zuständigkeit dieser einzelnen Richter für die bei ihnen anhängigen Ausgangsverfahren betrafen(34).
27. Aus all diesen Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass er, soweit es nicht um die Auslegung von Art. 47 der Charta geht, für die Entscheidung über die vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen zuständig ist.
Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen
28. Die Prokuratura Rejonowa w Bytowie (Rayonstaatsanwaltschaft Bytów) und die Prokuratura Okręgowa w Łomży (Regionalstaatsanwaltschaft Łomża) bestreiten die Zulässigkeit der vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen. Die Rechtssachen seien der Richterin A. N-B. am 18. Oktober 2021 entzogen und danach (einem) anderen Richter(n) zugewiesen worden. Die Richterin A. N-B. sei am 20. Oktober 2021 für die Vorabentscheidungsersuchen nicht zuständig gewesen, da sie zu diesem Zeitpunkt weder mit den nationalen Ausgangsverfahren, die diesen Ersuchen zugrunde lägen, befasst gewesen sei noch den entsprechenden Spruchkörpern des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) angehört habe. Die Vorlagefragen seien daher hypothetischer Natur, da ihre Beantwortung für die Entscheidung der bei diesem Gericht anhängigen Strafverfahren nicht erforderlich sei. Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des/der Richter(s), dem/denen diese Rechtssachen zugewiesen worden seien, werde nicht in Frage gestellt. Die Prokuratura Rejonowa w Bytowie (Rayonstaatsanwaltschaft Bytów) und die Prokuratura Okręgowa w Łomży (Regionalstaatsanwaltschaft Łomża) tragen außerdem vor, dass die vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen nicht den Anforderungen des Art. 94 Buchst. a und b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs genügten.
29. Die dritte Vorlagefrage, die die Rechtsbehelfe betrifft, die den Beteiligten des Verfahrens vor dem vorlegenden Gericht zur Verfügung stehen, ist nach Ansicht der Kommission unzulässig, da sie sowohl hypothetisch sei als auch keine Vorfrage betreffe, die in limine litis zu entscheiden wäre. In der mündlichen Verhandlung hat die polnische Regierung erklärt, dass sie die Fragen des vorlegenden Gerichts für zulässig halte(35).
30. Ich halte es für zweckmäßig, zunächst die von der Kommission aufgeworfene Frage der Zulässigkeit der dritten Frage zu prüfen.
31. Die Vorabentscheidungsersuchen enthalten keinen Hinweis darauf, dass einer der Beteiligten des Verfahrens in den Rechtssachen, die den verbundenen Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21 zugrunde liegen, den Beschluss des Kollegiums, mit dem diese Rechtssachen der Richterin A. N-B entzogen werden sollten, beanstandet oder zu überprüfen versucht hat. Aus den dem Gericht vorliegenden Akten geht auch nicht hervor, dass diese Beteiligten in irgendeiner Weise daran gehindert oder davon abgehalten wurden, einen solchen Rechtsbehelf einzulegen oder eine solche Überprüfung zu beantragen. Daraus schließe ich, dass die dritte Frage des vorlegenden Gerichts hypothetischer Natur und damit unzulässig ist.
32. Zur Zulässigkeit der ersten und der zweiten Frage ist festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens während des gesamten Verfahrens erfüllt sein müssen(36). Nach Art. 100 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung bleibt der Gerichtshof mit einem Vorabentscheidungsersuchen befasst, solange das vorlegende Gericht es nicht zurückgenommen hat. Aus Art. 100 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung ergibt sich, dass der Gerichtshof jederzeit feststellen kann, dass die Voraussetzungen für die Ausübung seiner Zuständigkeit nicht mehr erfüllt sind.
33. Nach ständiger Rechtsprechung gilt für Fragen zur Auslegung des Unionsrechts, die ein nationales Gericht gemäß Art. 267 AEUV vorlegt, die Vermutung der Erheblichkeit. Im Rahmen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten ist es allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, das die Verantwortung für die spätere gerichtliche Entscheidung zu übernehmen hat, im Hinblick auf die besonderen Umstände der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen, die es dem Gerichtshof vorlegt. Sowohl aus dem Wortlaut wie auch aus dem Aufbau des Art. 267 AEUV folgt jedoch, dass ein nationales Gericht nur dann ein Vorabentscheidungsersuchen vorlegen kann, wenn bei ihm eine Rechtssache anhängig ist, in der es eine Entscheidung zu treffen hat, bei der die Antwort des Gerichtshofs berücksichtigt werden kann. Der Gerichtshof gibt keine Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen ab. Ein Vorabentscheidungsersuchen muss also für die tatsächliche Entscheidung eines Rechtsstreits vor dem vorlegenden Gericht oder zur Klärung einer Vorfrage des Unionsrechts oder des nationalen Verfahrensrechts in limine litis erforderlich sein(37).
34. Aus dem umfangreichen Schriftwechsel zwischen dem Gerichtshof und dem vorlegenden Gericht(38) ergibt sich, dass die Richterin A. N-B. zum Zeitpunkt der Vorlage der vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen am 20. Oktober 2021 nach polnischem Recht mit dem Verfahren vor dem Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) in den Rechtssachen, die Gegenstand der verbundenen Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21 sind, befasst war, was zur Aussetzung dieser Verfahren führte(39). Das vorlegende Gericht hat die Vorabentscheidungsersuchen nicht zurückgenommen, obwohl das Kollegium beschlossen hatte, Richterin A. N-B. die zugrunde liegenden Ausgangsverfahren zu entziehen und sie anderen Richtern zuzuweisen. Ich denke daher, dass der Gerichtshof am 20. Oktober 2021 mit den Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) befasst wurde und sie zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Schlussanträge gemäß Art. 100 Abs. 1 der Verfahrensordnung weiterhin anhängig sind.
35. Was den Einwand anbelangt, die Antwort des Gerichtshofs sei für die Entscheidung der Strafverfahren, die den vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegen, nicht erforderlich, so ist nicht ersichtlich, dass diese Strafverfahren einen materiellen Bezug zum Unionsrecht aufweisen, der es dem vorlegenden Gericht gebieten würde, dieses Recht anzuwenden, um in der Sache zu entscheiden(40). Das offensichtliche Fehlen eines Anknüpfungspunkts zwischen diesen Strafverfahren und dem Unionsrecht kann diese Problematik nicht immer ausräumen. Der Gerichtshof hat betont, dass eine Antwort auf Vorlagefragen erforderlich sein kann, um den vorlegenden Gerichten eine Auslegung des Unionsrechts zu liefern, die es ihnen ermöglicht, über Verfahrensfragen des innerstaatlichen Rechts zu entscheiden, um dann in den Rechtsstreitigkeiten, die bei ihnen anhängig sind, in der Sache entscheiden zu können(41). Ich schließe mich daher der Erklärung der polnischen Regierung in der mündlichen Verhandlung an, dass eine Antwort des Gerichtshofs objektiv erforderlich ist, um dem vorlegenden Gericht die Möglichkeit zu geben, in limine litis über eine Verfahrensfrage zu entscheiden, bevor es in den Ausgangsverfahren in der Sache entscheidet(42).
36. In Rn. 69 des Urteils G. hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Erforderlichkeit der vom Gerichtshof erbetenen Auslegung des Unionsrechts im Sinne von Art. 267 AEUV voraussetzt, dass das vorlegende Gericht „allein die Konsequenzen aus dieser Auslegung ziehen kann“. In dem Ausgangsverfahren, das dem Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C‑269/21 zugrunde lag, wollte der vorlegende Richter wissen, ob ein Richter, der demselben aus drei Richtern bestehenden Spruchkörper wie er selbst angehörte, den Anforderungen an ein unabhängiges, unparteiisches und zuvor durch Gesetz errichtetes Gericht im Sinne des Unionsrechts genügte. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung des Unionsrechts für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits nicht erforderlich ist und dass das Vorabentscheidungsersuchen daher unzulässig ist, da der berichterstattende Richter eines aus drei Richtern bestehenden Spruchkörpers die Antworten des Gerichtshofs nicht allein berücksichtigen kann. Der Gerichtshof hat damit entschieden, dass der Richter, der das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C‑269/21 vorgelegt hat, nicht befugt war, einen anderen Richter, der demselben Spruchkörper angehörte, auszuschließen(43).
37. Der dem Urteil G. zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich deutlich von dem, der Gegenstand der vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen ist. Die Richterin A. N-B. beantragt nicht den Ausschluss eines der anderen Mitglieder des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk). Wie in Nr. 35 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt, ersucht das vorlegende Gericht um Angaben, die es ihm ermöglichen, in limine litis über die verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten zu entscheiden, die sich aus dem Beschluss des Kollegiums ergeben, mit dem die Richterin A. N-B. daran gehindert wird, ihr zugewiesene und tatsächlich bei ihr anhängige Rechtssachen zu verhandeln und zu entscheiden(44). Bei einer solchen Überprüfung geht es um ein wesentliches Formerfordernis, das das vorlegende Gericht von Amts wegen prüfen kann(45).
38. Ich weise ferner darauf hin, dass die Antwort des Gerichtshofs das vorlegende Gericht einschließlich des Richters bzw. der Richter, bei dem/denen die Rechtssachen, die Gegenstand der vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen sind, anhängig sind, sowie die für die Änderung der Besetzung der Spruchkörper des nationalen Gerichts zuständigen Justizorgane bindet(46). Je nachdem, wie der Gerichtshof die erste und die zweite Vorlagefrage beantwortet, kann das vorlegende Gericht gemäß Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts verpflichtet sein, den Beschluss des Kollegiums unangewendet zu lassen und damit sicherzustellen, dass die Richterin A. N-B. in den anhängigen Strafsachen tätig wird(47). Andernfalls wären der/die Richter, dem/denen diese Rechtssachen zwischenzeitlich zugewiesen worden sind, für deren Prüfung zuständig.
39. Keiner der am Verfahren vor dem Gerichtshof Beteiligten bestreitet die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens in der Rechtssache C‑648/21(48) mit der Begründung, dass nur ein aus drei Richtern bestehender Spruchkörper des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) und nicht die Richterin A. N-B. allein nach nationalem Recht für dieses Ersuchen zuständig sei(49). Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Richterin A. N‑B. in ihrer Antwort vom 17. Oktober 2023 auf das Ersuchen des Gerichtshofs um Klarstellung bestätigt hat, dass sie in ihrer Eigenschaft als Berichterstatterin und Vorsitzende des mit drei Richtern besetzten Spruchkörpers nach polnischem Recht für das Ersuchen um Vorabentscheidung in der Rechtssache C‑648/21 zuständig gewesen sei(50).
40. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die verschiedenen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der ersten und der zweiten Frage zurückzuweisen. Aus den in den Nrn. 30 und 31 der vorliegenden Schlussanträge dargelegten Gründen bin ich der Auffassung, dass die dritte Frage unzulässig ist.
Materielle Prüfung
41. Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zweckmäßigerweise zusammen zu prüfen sind, möchte der Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) wissen, ob Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts es dem Kollegium verwehren, die Rechtssachen, die Gegenstand der verbundenen Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21 sind, der Richterin A. N-B. zu entziehen und sie (einem) anderen Richter(n) zuzuweisen. Die erste Frage bezieht sich auf die Art und Weise der Berufung der Richter zum Kollegium, die fehlende Zustimmung der Richterin A. N-B. zur Entziehung der Rechtssachen und das Fehlen von Kriterien für eine solche Entziehung nach polnischem Recht. Die Fragen beziehen sich nicht speziell auf die Versetzung der Richterin A. N-B. von der Sechsten (Berufungs‑)Abteilung in die zweite (erstinstanzliche) Abteilung des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk).
42. Aus dem Sachverhalt und den Ausführungen in den Vorabentscheidungsersuchen ergibt sich, dass die Versetzung der Richterin A. N-B.(51) und die anschließende Entziehung von 70 ihr zugewiesenen Rechtssachen Maßnahmen waren, die als Reaktion auf ihre Versuche ergriffen wurden, zu überprüfen, ob die Ernennung bestimmter Richter(52) im Einklang mit Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV steht. Die polnische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sie aus diesen Tatsachen und Feststellungen diese Schlussfolgerung zieht. Die polnische Regierung ist ferner der Ansicht, dass diese Maßnahmen nicht ergriffen worden seien, um eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten(53).
43. Es trifft auch zu, dass fast gleichzeitig Disziplinarverfahren gegen die Richterin A. N-B. eingeleitet wurden. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen kann nicht geschlossen werden, dass die Versetzung der Richterin A. N-B. von der Berufungsabteilung in die erstinstanzliche Abteilung desselben Gerichts und die Entziehung von ihr zugewiesenen Rechtssachen im Rahmen eines förmlichen Disziplinarverfahrens erfolgt sind. Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Versetzung der Richterin A. N-B. und die Entbindung von den ihr zugewiesenen Rechtssachen tatsächlich eine verdeckte und damit rechtswidrige Disziplinarmaßnahme darstellt.
44. In Anbetracht ihrer Gleichzeitigkeit und ihres offenkundig gemeinsamen Zwecks schlage ich vor, die Versetzung der Richterin A. N-B. zusammen mit der Entbindung von den ihr zugewiesenen Rechtssachen zu prüfen, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben(54).
45. Das Erfordernis der Unabhängigkeit der Gerichte, das dem Auftrag des Richters inhärent ist, gehört zum Wesensgehalt des Grundrechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz und ist von grundlegender Bedeutung für die Rechtsordnung der Union(55). Um dieses Erfordernis zu erfüllen, muss ein Gericht seine Funktionen in Autonomie ausüben, ohne mit irgendeiner Stelle hierarchisch verbunden oder ihr untergeordnet zu sein und ohne von irgendeiner Stelle Anordnungen oder Anweisungen zu erhalten, so dass es auf diese Weise vor Interventionen oder Druck von außen geschützt ist, die die Unabhängigkeit des Urteils seiner Mitglieder gefährden und deren Entscheidungen beeinflussen könnten(56). Der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit verlangt die Ausarbeitung von Regeln, die es ermöglichen, bei den Rechtsunterworfenen jeden berechtigten Zweifel an der Unempfänglichkeit der betreffenden Richter für äußere Faktoren, insbesondere für unmittelbare oder mittelbare Einflussnahmen durch die Legislative und die Exekutive, die ihre Entscheidungen leiten könnten, auszuräumen(57). Das Unionsrecht legt also großen Wert auf das Erfordernis, die Judikative des Staates vor dem Druck der Exekutive oder der Legislative zu schützen. Um jeden begründeten Zweifel an der Unempfänglichkeit der Richter gegenüber jeder unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme, die sich auf ihre Entscheidungen auswirken könnte, auszuräumen, muss in gleicher Weise der Schutz des einzelnen Richters vor unzulässigen Einflüssen oder Druck aus dem Justizsystem heraus betont werden(58).
46. Die verschiedenen Formen von Erklärungen oder Eiden, die Richter ablegen, um in uneingeschränkter Unabhängigkeit zu entscheiden, wären bedeutungslos, wenn sie Gefahr liefen, bei der Ausübung ihres Amtes von ihren Kollegen unter Druck gesetzt zu werden, insbesondere von denjenigen, die für die Besetzung der Spruchkörper und/oder die Zuweisung der Rechtssachen zuständig sind. Dieser Druck kann informeller Natur sein und von der Versetzung von Richtern (wie im vorliegenden Fall geschehen) über die Zuweisung und Neuzuweisung von Rechtssachen (wie im vorliegenden Fall ebenfalls geschehen) bis hin zur Einleitung und Durchführung von Disziplinarverfahren (wie im vorliegenden Fall möglicherweise geschehen) reichen. Ein solches Verhalten von Richterkollegen ist mehr als nur unethisch – es ist für Richter nicht minder rechtswidrig, ihre Kollegen bei der Ausübung ihres Amtes unter Druck zu setzen, wie für Mitglieder der Exekutive oder der Legislative. Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für Fälle, in denen Richter von ihren Kollegen unter Druck gesetzt werden, weil sie ihrer Pflicht nachkommen, sich in der Öffentlichkeit zu Fragen zu äußern, die die Gestaltung der Rechtsordnung und die Ausübung der richterlichen Gewalt betreffen(59).
47. Diese Auffassung wird durch die Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) als auch des Gerichtshofs gestützt. In seinem Urteil in der Rechtssache Parlov-Tkalčić/Kroatien hat der EGMR festgestellt, dass „die richterliche Unabhängigkeit [verlangt], dass der einzelne Richter nicht nur von unzulässigen Einflüssen außerhalb der Justiz, sondern auch von solchen innerhalb der Justiz frei sein muss. Diese interne richterliche Unabhängigkeit setzt voraus, dass der Richter frei von Weisungen oder Druck seitens der Richterkollegen oder derjenigen ist, die im Gericht Leitungsfunktionen ausüben, wie z. B. der Präsident des Gerichts oder der Vorsitzende einer Abteilung des Gerichts … Das Fehlen ausreichender Garantien, die die Unabhängigkeit der Richter innerhalb der Justiz und insbesondere gegenüber ihren richterlichen Vorgesetzten sicherstellen, kann den [EGMR] zu dem Schluss veranlassen, dass die Zweifel eines Beschwerdeführers an der (Unabhängigkeit und) Unparteilichkeit eines Gerichts als objektiv gerechtfertigt anzusehen sind …“(60).
48. Im Urteil W. Ż.(61) hat der Gerichtshof die Notwendigkeit von Verfahrensgarantien hervorgehoben, um die interne richterliche Unabhängigkeit und das Recht auf eine Anfechtung von Entscheidungen, die diese Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten, zu gewährleisten(62). Er hat den Standpunkt eingenommen, dass auch die nicht einvernehmliche Versetzung eines Richters an ein anderes Gericht oder zwischen zwei Abteilungen desselben Gerichts potenziell die Grundsätze der Unabsetzbarkeit und der richterlichen Unabhängigkeit verletzen und damit entsprechende Wirkungen wie eine Disziplinarstrafe haben kann. Solche Versetzungen können nämlich ein Mittel zur Kontrolle des Inhalts gerichtlicher Entscheidungen sein. Sie können nicht nur den Umfang der Befugnisse der betreffenden Richter und die Bearbeitung der ihnen zugewiesenen Fälle beeinflussen, sondern auch erhebliche Auswirkungen auf ihr Leben und ihre Laufbahn und damit entsprechende Wirkungen wie eine Disziplinarstrafe haben(63). Der Gerichtshof hat somit entschieden, dass die hinsichtlich der Disziplinarordnung für Richter angeführten Vorschriften und Grundsätze entsprechend auch für solche Versetzungen gelten müssen(64).
49. Daraus folgt, dass die Regeln für die nicht einvernehmliche Versetzung eines Richters zur Vermeidung von Willkür und/oder Manipulationsgefahr anhand von im Vorhinein bekannten Kriterien klar und transparent festgelegt werden müssen(65). Solche Versetzungen dürfen nur aus triftigen Gründen angeordnet werden, einschließlich solcher, die mit der Verteilung der verfügbaren Ressourcen zur Förderung einer ordnungsgemäßen Rechtspflege zusammenhängen. Die entsprechenden Entscheidungen sind angemessen zu begründen und müssen in einem Verfahren angefochten werden können, bei dem die in den Art. 47 und 48 der Charta verankerten Rechte, insbesondere die Verteidigungsrechte, in vollem Umfang gewahrt werden. Da die Versetzung von Richtern und die Entbindung eines Richters von den ihm zugewiesenen Rechtssachen ohne seine Zustimmung eine ähnlich „abschreckende Wirkung“ haben können, gelten die für solche Versetzungen und für jede Disziplinarordnung geltenden Vorschriften und Grundsätze gleichermaßen(66) für die nicht einvernehmliche Entbindung eines Richter von den ihm zugewiesenen Rechtssachen(67).
50. Aus den Vorabentscheidungsersuchen und dem schriftlichen und mündlichen Vorbringen der Beteiligten geht hervor, dass das polnische Recht über die nicht einvernehmliche Versetzung von Richtern und die Entziehung von Rechtssachen nicht mit den vorgenannten Vorschriften und Grundsätzen in Einklang steht(68). Die Art und Weise, wie das Kollegium und der Präsident des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) die Bestimmungen des polnischen Rechts auf die Richterin A. N-B. angewandt haben, hat diese Vorschriften und Grundsätze zusätzlich untergraben. Die festgestellten Mängel scheinen somit sowohl systemischer als auch individueller Natur zu sein.
51. Auf Fragen des Gerichtshofs in der mündlichen Verhandlung hat die polnische Regierung bestätigt, dass Art. 22a des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Änderung des Aufgaben- und infolgedessen Zuständigkeitsbereichs eines Richters einschließlich der Versetzung in eine andere Abteilung eines Gerichts regelt. Nach Art. 22a §§ 1 und 4a dieses Gesetzes bedürfen solche Änderungen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des betreffenden Richters. Zudem kann gegen solche Entscheidungen bei der KRS Widerspruch eingelegt werden(69).
52. Nach Art. 22a § 4b Nr. 1 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist die Zustimmung nicht erforderlich, wenn „die Versetzung in eine Abteilung erfolgt, die sich mit Sachen aus dem gleichen Bereich befasst“. Nach Art. 22a § 5 Nr. 1 des Gesetzes ist das Widerspruchsrecht eines Richters ausgeschlossen, wenn „er in eine Abteilung versetzt wurde, die sich mit Sachen aus dem gleichen Bereich befasst“(70). Diese Bestimmungen erlauben unter bestimmten Umständen die nicht einvernehmliche Versetzung von Richtern. Sie sehen kein Rechtsbehelfs- oder Prüfungsverfahren vor, das die in den Art. 47 und 48 der Charta verankerten Rechte, insbesondere die Verteidigungsrechte, in vollem Umfang wahrt(71). Da Bestimmungen wie Art. 22a § 4b Nr. 1 und Art. 22a § 5 Nr. 1 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit geeignet sind, die Richter einem unzulässigen Druck aus der Justiz heraus auszusetzen, verstoßen sie meines Erachtens gegen Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV sowie gegen die Grundsätze der Unabsetzbarkeit der Richter und der richterlichen Unabhängigkeit.
53. Was die Versetzung der Richterin A. N-B. von der Berufungsabteilung in die erstinstanzliche Abteilung des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) angeht, so ist der Verweis in der Anordnung vom 13. Oktober 2021 auf die Notwendigkeit, die ordnungsgemäße Arbeitsweise der Berufungsabteilung und der erstinstanzlichen Abteilung zu gewährleisten, sowie auf einen nicht näher bezeichneten Schriftwechsel zwischen dem Präsidenten des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) und dem Vorsitzenden einer seiner Abteilungen kurz und vage. Im Hinblick auf die möglichen negativen Auswirkungen dieser Versetzungsentscheidung sowohl auf die unabhängige Amtsausübung der Richterin A. N-B. als auch auf ihre berufliche Laufbahn stellt eine solche knappe Erklärung bei weitem keine ausreichende Begründung dar(72). Die Notwendigkeit dieser Versetzung im Interesse einer ordnungsgemäßen Rechtspflege erfordert die Angabe objektiver und nachprüfbarer Gründe, insbesondere im Hinblick auf die gleichzeitige Versetzung eines anderen Richters von der erstinstanzlichen Abteilung in die Berufungsabteilung des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk).
54. Hinsichtlich des Beschlusses des Kollegiums und der nicht einvernehmlichen Entbindung der Richterin A. N-B. von den ihr zugewiesenen Rechtssachen hat die polnische Regierung in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass gemäß Art. 47b des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit ein Richter grundsätzlich weiterhin mit den bei ihm anhängigen Rechtssachen befasst bleibt, auch wenn er an ein anderes Gericht versetzt oder abgeordnet wird. Diese Regelung scheint im Einklang mit dem Grundsatz der Unabsetzbarkeit der Richter zu stehen. Gemäß Art. 47b §§ 5 und 6 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit können jedoch einem Richter im Fall seiner Versetzung an einen anderen Dienstort oder seiner Abordnung entweder auf seinen Antrag hin oder von Amts wegen durch das Kollegium des betreffenden Gerichts Rechtssachen entzogen werden(73).
55. Meines Erachtens stehen Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und die Grundsätze der Unabsetzbarkeit der Richter und der richterlichen Unabhängigkeit Bestimmungen wie Art. 47b §§ 5 und 6 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit entgegen. Diese Bestimmungen scheinen eine willkürliche und ungehinderte Entziehung von Rechtssachen von Amts wegen(74) von einem Richter ohne dessen Zustimmung(75) und ohne Zugang zu einem Rechtsbehelfs- oder Überprüfungsverfahren, das die in den Art. 47 und 48 der Charta verankerten Rechte in vollem Umfang sicherstellt, zu ermöglichen(76). Über das unvorhersehbare und intransparente Vorgehen zum Nachteil der richterlichen Unabhängigkeit und der Unabsetzbarkeit von Richtern hinaus hat die polnische Regierung in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass es nach polnischem Recht keine Verpflichtung gibt, die Entbindung eines Richters von den ihm zugewiesenen Rechtssachen nach Art. 47b §§ 5 und 6 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu begründen.
56. Vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht hat es den Anschein, dass der Beschluss des Kollegiums, der Richterin A. N-B. die Rechtssachen zu entziehen, vor ihrer Versetzung von der Berufungsabteilung in die erstinstanzliche Abteilung des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) gefasst wurde. Sollte sich dies als zutreffend erweisen, könnte der Beschluss des Kollegiums unter Verstoß gegen Art. 47b §§ 5 und 6 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit gefasst worden sein, wonach einem Richter Rechtssachen nach, aber nicht vor einer Versetzung entzogen werden können. Die Gründe für die Entscheidung des Kollegiums sind ebenfalls unbekannt, zumindest in formeller Hinsicht(77). Die Richterin A. N-B. wurde im Übrigen weder an ein anderes Gericht versetzt noch vom Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) abgeordnet, was ebenfalls gegen polnisches Recht zu verstoßen scheint. Sollten diese Verstöße gegen das polnische Recht zur Zufriedenheit des vorlegenden Gerichts nachgewiesen werden, hätten sie einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV zur Folge, vorausgesetzt, das Gericht gelangt zu der Überzeugung, dass diese Verstöße geeignet waren, die Richterin A. N-B.(78) unzulässigen Einflüssen oder Druck aus dem Justizsystem heraus auszusetzen(79). In Anbetracht der in den Nrn. 50 bis 56 der vorliegenden Schlussanträge dargelegten Mängel der polnischen Rechtsvorschriften(80) und ihrer willkürlichen Anwendung im Rahmen des Sachverhalts, der den vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegt, bin ich ebenso wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen der Auffassung, dass der Gerichtshof im vorliegenden Verfahren davon absehen kann, die Art und Weise der Berufung der Richter zum Kollegium zu prüfen.
57. In Anbetracht der unmittelbaren Wirkung von Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV(81) und um den Vorrang des Unionsrechts zu gewährleisten, schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass die zuständigen Justizorgane die Anordnung des Präsidenten des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) vom 13. Oktober 2021, die Richterin A. N-B. von der Berufungsabteilung dieses Gerichts in die erstinstanzliche Abteilung zu versetzen, unangewendet lassen und sie in die Berufungsabteilung zurückversetzen müssen(82). Das Kollegium des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) und alle Justizorgane, die zur Bestimmung und Änderung der Zusammensetzung der Spruchkörper dieses Gerichts befugt sind, müssen den Beschluss des Kollegiums in den Rechtssachen, die Gegenstand der verbundenen Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21(83) sind, unangewendet lassen und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um diese Rechtssachen wieder der Richterin A. N-B. zuzuweisen(84).
Ergebnis
58. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk, Polen) vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:
Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV in Verbindung mit den Grundsätzen der Unabsetzbarkeit der Richter, der richterlichen Unabhängigkeit und des Vorrangs des Unionsrechts ist dahin auszulegen, dass
– er erstens nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die die nicht einvernehmliche Versetzung von Richtern zulassen und gegen eine solche Entscheidung kein Rechtsbehelfs- oder Überprüfungsverfahren vorsehen, das die in den Art. 47 und 48 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Rechte, insbesondere die Verteidigungsrechte, in vollem Umfang wahrt;
– er zweitens die zuständigen Justizorgane eines nationalen Gerichts unter diesen Umständen verpflichtet, eine Anordnung des Präsidenten dieses Gerichts, einen Richter von einer Berufungsabteilung dieses Gerichts in eine erstinstanzliche Abteilung zu versetzen, unangewendet zu lassen und diesen Richter wieder in die Berufungsabteilung zu versetzen;
– er drittens nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die es erlauben, einem Richter willkürlich und ungehindert Rechtssachen von Amts wegen ohne seine Zustimmung zu entziehen und gegen diese Entscheidung kein Rechtsbehelfs- oder Überprüfungsverfahren vorsehen, das die in den Art. 47 und 48 der Charta verankerten Rechte, insbesondere die Verteidigungsrechte, in vollem Umfang wahrt;
– viertens im Fall einer solchen Entziehung die Spruchkörper des nationalen Gerichts, denen die Rechtssachen neu zugewiesen worden sind, diese Neuzuweisung unangewendet lassen müssen und die für die Bestimmung und Änderung der Zusammensetzung der Spruchkörper dieses nationalen Gerichts zuständigen Justizorgane diese Rechtssachen dem ursprünglich mit ihnen befassten Spruchkörper wieder zuweisen müssen.
1 Originalsprache: Englisch.
2 Es handelt sich um eine ungefähre Zahl.
3 Das Kollegium des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) (im Folgenden: Kollegium) hat der Richterin A. N-B. mit Beschluss vom 11. Oktober 2021 (im Folgenden: Beschluss des Kollegiums) ungefähr 70 Rechtssachen entzogen. Das Kollegium setzt sich zusammen aus dem Präsidenten des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) und den Präsidenten der erstinstanzlichen Rayongerichte im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Regionalgerichts.
4 Aus den Vorabentscheidungsersuchen geht nicht hervor, wem die 70 Rechtssachen neu zugewiesen wurden und nach welchen Kriterien dies geschah. In ihren schriftlichen Erklärungen geben die Prokuratura Rejonowa w Bytowie (Rayonstaatsanwaltschaft Bytów, Polen) und die Prokuratura Okręgowa w Łomży (Regionalstaatsanwaltschaft Łomża, Polen) an, dass die den vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegenden Rechtssachen nach dem Zufallsprinzip anderen Richtern zugewiesen worden seien.
5 Dieses Urteil ist nicht rechtskräftig.
6 Die Straftaten sollen im Juli 2010 begangen worden sein.
7 Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
8 In jener Rechtssache ist das Vorabentscheidungsersuchen ergangen, das dem Beschluss vom 11. Februar 2021, Raiffeisen Bank International (C‑329/20, EU:C:2021:111), zugrunde liegt.
9 Art. 9a der Ustawa o Krajowej Radzie Sądownictwa (Gesetz über den Landesjustizrat) vom 12. Mai 2011 (Dz. U. 2011, Nr. 126, Pos. 714).
10 Urteil vom 22. Juli 2021, CE:ECHR:2021:0722JUD004344719.
11 In ihrer neuen Zusammensetzung.
12 C‑204/21 R, EU:C:2021:593.
13 In ihrer neuen Zusammensetzung.
14 Die Richterin A. N-B. stützte sich u. a. auf Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 47 der Charta.
15 Die Rechtsgrundlage für diese Anordnung scheint Art. 22a § 4 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu sein.
16 Der Sechsten Abteilung für Strafsachen.
17 Die Verfahren, die den vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegen, sind bei der Sechsten Abteilung für Strafsachen des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) anhängig.
18 Die Zweite Abteilung für Strafsachen. Ein anderer Richter, der zuvor sowohl in der ersten Instanz als auch in der Berufungsabteilung des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) tätig war, wurde in die Berufungsabteilung versetzt.
19 Urteil vom 26. März 2020 (C‑542/18 RX‑II und C‑543/18 RX‑II, EU:C:2020:232, Rn. 57) (im Folgenden: Urteil Simpson). Nach diesem Urteil sind die Gerichte verpflichtet zu überprüfen, ob sie in Anbetracht ihrer Zusammensetzung dem gesetzlich verankerten Recht auf ein unabhängiges, unparteiisches und zuvor durch Gesetz errichtetes Gericht entsprechen. Vgl. auch Urteil vom 6. Oktober 2021, W. Ż. (Kammer für außerordentliche Überprüfung und öffentliche Angelegenheiten des Obersten Gerichts – Ernennung) (C‑487/19, EU:C:2021:798, Rn. 114 und 115) (im Folgenden: Urteil W. Ż.).
20 Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren (ABl. 2016, L 65, S. 1).
21 So z. B. die grundsätzliche Natur des betreffenden Problems und die Bedeutung des Grundsatzes der Unabsetzbarkeit der Richter.
22 Urteil vom 13. Juli 2023 (C‑615/20 und C‑671/20, EU:C:2023:562) (im Folgenden: Urteil YP).
23 Vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht hat es den Anschein, dass der Präsident des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) die Richterin A. N-B. am 20. September 2023 aufgefordert hat, das Ersuchen des Gerichtshofs innerhalb von 14 Tagen zu beantworten.
24 Das Ersuchen vom 9. Oktober 2023 wurde an das e‑Curia-Konto der Richterin A. N-B. gesandt.
25 Nach der Übermittlung der nationalen Akten der verbundenen Rechtssachen C‑647/21 und C‑648/21 an die Richterin A. N-B. am 25. September 2023 habe der Präsident des Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) sie angewiesen, das Ersuchen des Gerichtshofs um Klarstellung zu beantworten.
26 Die Richterin A. N-B. fügte hinzu, dass diese Anordnung nie unterzeichnet worden sei und dass die anderen Mitglieder des Dreiergremiums nicht ernannt worden seien. Die Anordnung vom 11. März 2021, mit dem die ursprüngliche Zusammensetzung des Spruchkörpers festgelegt worden sei, sei im Übrigen nicht widerrufen worden.
27 Mit einem oder drei Richtern.
28 Vgl. entsprechend Beschluss vom 2. Juli 2020, S.A.D. Maler und Anstreicher (C‑256/19, EU:C:2020:523, Rn. 32 bis 34), und Urteil vom 20. April 2021, Repubblika (C‑896/19, EU:C:2021:311, Rn. 35 bis 44). Vgl. auch Beschluss vom 3. Oktober 2023, Centar za restrukturiranje i prodaju (C‑327/22, EU:C:2023:757, Rn. 27 bis 29).
29 Urteile vom 26. März 2020, Miasto Łowicz und Prokurator Generalny (C‑558/18 und C‑563/18, EU:C:2020:234, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 9. Januar 2024, G. u. a. (Ernennung von Richtern der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Polen) (C‑181/21 und C‑269/21, EU:C:2024:1, Rn. 57) (im Folgenden: Urteil G.). Vgl. auch Beschluss vom 2. Juli 2020, S.A.D. Maler und Anstreicher (C‑256/19, EU:C:2020:523, Rn. 35 bis 40).
30 Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV bezieht sich auf die „vom Unionsrecht erfassten Bereiche“, unabhängig davon, ob die Mitgliedstaaten Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta durchführen.
31 Urteil vom 2. März 2021, A. B. u. a. (Ernennung von Richtern am Obersten Gericht – Rechtsbehelf) (C‑824/18, EU:C:2021:153, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32 Urteil vom 20. April 2021, Repubblika (C‑896/19, EU:C:2021:311, Rn. 63 bis 65).
33 Vgl. entsprechend Urteil vom 18. Mai 2021, Asociaţia „Forumul Judecătorilor din România“ u. a. (C‑83/19, C‑127/19, C‑195/19, C‑291/19, C‑355/19 und C‑397/19, EU:C:2021:393, Rn. 230). Diese nach dem Unionsrecht erforderlichen Garantien der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit setzen voraus, dass es Regeln insbesondere für die Zusammensetzung der betreffenden Einrichtung, die Ernennung, die Amtsdauer und die Gründe für Enthaltung, Ablehnung und Abberufung ihrer Mitglieder gibt, die es ermöglichen, bei den Rechtsunterworfenen jeden berechtigten Zweifel an der Unempfänglichkeit dieser Einrichtung für äußere Faktoren und an ihrer Neutralität in Bezug auf die widerstreitenden Interessen auszuräumen. Vgl. Urteil vom 20. April 2021, Repubblika (C‑896/19, EU:C:2021:311, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34 Vgl. Urteil YP, Rn. 46 und 47 und die dort angeführte Rechtsprechung.
35 Sie hat sich auf das Urteil YP, Rn. 47, und das Urteil vom 16. November 2021, Prokuratura Rejonowa w Mińsku Mazowieckim u. a. (C‑748/19 bis C‑754/19, EU:C:2021:931, Rn. 48), gestützt.
36 Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Emiliou in der Rechtssache Cilevičs u. a. (C‑391/20, EU:C:2022:166, Nr. 24).
37 Vgl. Urteile vom 27. Juni 2013, Di Donna (C‑492/11, EU:C:2013:428, Rn. 24 bis 26 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 27. Februar 2014, Pohotovosť (C‑470/12, EU:C:2014:101, Rn. 27 bis 29 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 26. März 2020, Miasto Łowicz und Prokurator Generalny (C‑558/18 und C‑563/18, EU:C:2020:234, Rn. 44 und 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 24. November 2020, Openbaar Ministerie (Urkundenfälschung) (C‑510/19, EU:C:2020:953, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Vorabentscheidungsverfahren ist ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, das auf einem Dialog zwischen ihnen beruht. Die Aufnahme dieses Dialogs hängt ausschließlich von der Beurteilung der Erheblichkeit und Notwendigkeit der Vorlage durch das nationale Gericht ab. Die nationalen Gerichte haben somit ein unbeschränktes Recht zur Vorlage an den Gerichtshof, wenn sie der Auffassung sind, dass ein bei ihnen anhängiges Verfahren Fragen der Auslegung oder der Gültigkeit der unionsrechtlichen Bestimmungen aufwirft, über die diese Gerichte im konkreten Fall entscheiden müssen. Vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 12. Februar 2019, RH (C‑8/19 PPU, EU:C:2019:110, Rn. 37 und 38).
38 Siehe Nrn. 19 und 20 der vorliegenden Schlussanträge.
39 In ihrer Antwort vom 17. Oktober 2023 auf das Ersuchen des Gerichtshofs um Klarstellung hat die Richterin A. N-B. bestätigt, dass die Strafverfahren vor dem Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) nach nationalem Recht ausgesetzt sind.
40 Siehe Nr. 28 der vorliegenden Schlussanträge.
41 Urteil vom 26. März 2020, Miasto Łowicz und Prokurator Generalny (C‑558/18 und C‑563/18, EU:C:2020:234, Rn. 50).
42 Vgl. entsprechend Urteil vom 16. November 2021, Prokuratura Rejonowa w Mińsku Mazowieckim u. a. (C‑748/19 bis C‑754/19, EU:C:2021:931, Rn. 46 bis 50).
43 Vgl. Urteil G., Rn. 66 bis 73. Vgl. entsprechend Urteil vom 21. März 2023, Mercedes-Benz Group (Haftung der Hersteller von Fahrzeugen mit Abschalteinrichtungen) (C‑100/21, EU:C:2023:229, Rn. 54).
44 Vgl. entsprechend Urteil YP, Rn. 46 und 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil vom 26. März 2020, Miasto Łowicz und Prokurator Generalny (C‑558/18 und C‑563/18, EU:C:2020:234, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).
45 Vgl. in diesem Sinne Urteil Simpson, Rn. 57.
46 Siehe Nrn. 3 bis 7 der vorliegenden Schlussanträge.
47 Vgl. entsprechend Urteil YP, Rn. 70 bis 72 und 77 bis 79.
48 In der Rechtssache, die dem Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C‑647/21 zugrunde liegt, bildet Richterin A. N-B. als Einzelrichterin den Spruchkörper.
49 Vgl. dagegen Urteil G., Rn. 60, wo der Gerichtshof feststellt, dass die polnische Regierung die Zulässigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens bestritten hat, das von einem Richter eines Spruchkörpers mit drei Richtern vorgelegt wurde.
50 Siehe Nr. 20 der vorliegenden Schlussanträge.
51 Nach Ansicht der Richterin A. N-B. war ihre Versetzung von der Berufungsabteilung in die erstinstanzliche Abteilung atypisch. Parallel zu ihrer Versetzung wurde ein Richter von der erstinstanzlichen Abteilung in die Berufungsabteilung versetzt.
52 Durch die KRS in ihrer neuen Zusammensetzung. Wie von der schwedischen Regierung in ihren Erklärungen vorgetragen, ist die Entbindung eines Richters von ihm zugewiesenen Rechtssachen eine sehr einschneidende Maßnahme, die in manchen Fällen einer Amtsenthebung gleichkommt. Es besteht die Gefahr, dass solche Maßnahmen zu disziplinarischen Zwecken und missbräuchlich eingesetzt werden, um einen Richter an der Ausübung seiner richterlichen Tätigkeit zu hindern. Diese Gefahr ist besonders groß in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der Entzug der Zuständigkeit mit einer Disziplinarmaßnahme wie der Versetzung in eine andere Abteilung einherging.
53 Vgl. Urteil W. Ż., Rn. 118.
54 In der mündlichen Verhandlung haben sowohl die polnische Regierung als auch die Kommission in diesem Sinne vorgetragen.
55 Urteil vom 20. April 2021, Repubblika (C‑896/19, EU:C:2021:311, Rn. 48 bis 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).
56 Zudem müssen Gerichte den Parteien des Rechtsstreits und ihren jeweiligen Interessen mit dem gleichen Abstand begegnen. Dieser Aspekt der Unabhängigkeit verlangt, dass seitens der Gerichte Sachlichkeit obwaltet und neben der strikten Anwendung der Rechtsnormen keinerlei Interesse am Ausgang des Rechtsstreits besteht. Urteil vom 19. November 2019, A. K. u. a. (Unabhängigkeit der Disziplinarkammer des Obersten Gerichts), (C‑585/18, C‑624/18 und C‑625/18, EU:C:2019:982, Rn. 120 bis 122 und die dort angeführte Rechtsprechung).
57 Urteil vom 18. Mai 2021, Asociaţia „Forumul Judecătorilor din România“ u. a. (C‑83/19, C‑127/19, C‑195/19, C‑291/19, C‑355/19 und C‑397/19, EU:C:2021:393, Rn. 212). Dies spiegelt das Konzept der Gewaltenteilung wider. Urteil vom 20. April 2021, Repubblika (C‑896/19, EU:C:2021:311, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Urteil des EGMR vom 8. November 2021, Dolińska-Ficek und Ozimek/Polen (CE:ECHR:2021:1108JUD004986819, § 274). Die Freiheit der Richter von jeglichen Interventionen oder jeglichem Druck von außen erfordert bestimmte Garantien, die geeignet sind, die mit der Aufgabe des Richtens Betrauten in ihrer Person zu schützen, wie z. B. die Unabsetzbarkeit. Urteil vom 5. November 2019, Kommission/Polen (Unabhängigkeit der ordentlichen Gerichte) (C‑192/18, EU:C:2019:924, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung).
58 Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Pikamäe in den verbundenen Rechtssachen Financijska agencija und UDRUGA KHL MEDVEŠČAK ZAGREB (C‑554/21, C‑622/21 und C‑727/21, EU:C:2023:816, Nrn. 63 und 64).
59 Urteil des EGMR vom 23. Juni 2016, Baka/Ungarn (CE:ECHR:2016:0623JUD002026112, § 168).
60 Urteil des EGMR vom 22. Dezember 2009, (CE:ECHR:2009:1222JUD002481006, § 86). Der EGMR prüft u. a., ob die Befugnisse, die vorsitzenden Richtern und Gerichtspräsidenten übertragen werden, „geeignet sind, ihre interne Unabhängigkeit einzuschränken“, oder „geeignet sind, einen latenten Druck zu erzeugen, der dazu führt, dass sich Richter ihren richterlichen Vorgesetzten unterordnen oder zumindest einzelne Richter zögern, den Vorstellungen ihres Präsidenten zu widersprechen, d. h., dass sie eine ‚dämpfende‘ Wirkung auf die interne Unabhängigkeit der Richter haben …“ (ebd., § 91).
61 Siehe Rn. 113 bis 118.
62 Das Vorabentscheidungsersuchen erging im Rahmen eines Verfahrens, das Richter W. Ż. gegen eine Entschließung der KRS in ihrer neuen Zusammensetzung angestrengt hatte. Mit dieser Entschließung war der Widerspruch von W. Ż. gegen eine Entscheidung des Präsidenten des Sąd Okręgowy w K. (Regionalgericht K., Polen), mit der die nicht einvernehmliche Versetzung von W. Ż. von einer Abteilung in eine andere Abteilung dieses Gerichts angeordnet worden war, für erledigt erklärt worden.
63 Vgl. Urteil W. Ż., Rn. 113.
64 Vgl. Urteil W. Ż., Rn. 115. Nach Ansicht des Gerichtshofs verlangt das Erfordernis der richterlichen Unabhängigkeit, dass nationale Disziplinarordnungen für Richter die erforderlichen Garantien aufweisen, damit jegliche Gefahr verhindert wird, dass eine solche Regelung als System zur Kontrolle des Inhalts justizieller Entscheidungen eingesetzt wird. Zu diesen Garantien gehören Regeln, die insbesondere festlegen, welche Verhaltensweisen Disziplinarvergehen begründen und welche Sanktionen konkret anwendbar sind, die die Einschaltung einer unabhängigen Instanz gemäß einem Verfahren vorsehen, das die in den Art. 47 und 48 der Charta niedergelegten Rechte, namentlich die Verteidigungsrechte, in vollem Umfang sicherstellt, und die die Möglichkeit festschreiben, die Entscheidungen der Disziplinarorgane vor Gericht anzufechten: Urteil vom 18. Mai 2021, Asociaţia „Forumul Judecătorilor din România“ u. a. (C‑83/19, C‑127/19, C‑195/19, C‑291/19, C‑355/19 und C‑397/19, EU:C:2021:393, Rn. 198 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Urteil vom 11. Mai 2023, Inspecţia Judiciară (C‑817/21, EU:C:2023:391, Rn. 55 bis 73), über die Notwendigkeit angemessener Garantien zur Verhinderung eines Missbrauchs der Befugnisse des Direktors eines Organs, das für die Durchführung von Untersuchungen und die Einleitung von Disziplinarverfahren gegen Richter zuständig ist.
65 Vgl. entsprechend Urteil vom 16. November 2021, Prokuratura Rejonowa w Mińsku Mazowieckim u. a. (C‑748/19 bis C‑754/19, EU:C:2021:931, Rn. 79), in dem die Abordnung eines Richters aufgrund einer Entscheidung des polnischen Justizministers und nicht aufgrund eines Beschlusses von Angehörigen der Justiz beendet wurde.
66 Vgl. Rn. 13 der Erklärungen der niederländischen Regierung.
67 Siehe auch Art. 3-4 der vom International Association of Judges Central Council am 17. November 1999 in Taiwan angenommenen und am 14. November 2017 in Santiago de Chile aktualisierten Universal Charter of the Judge mit dem Titel „How cases should be allocated“ (Zuweisung von Rechtssachen). Dort heißt es: „… Eine Rechtssache sollte einem bestimmten Richter nicht ohne triftige Gründe entzogen werden. Die Beurteilung dieser Gründe muss auf der Grundlage objektiver, gesetzlich festgelegter Kriterien und nach einem transparenten Verfahren durch eine Justizbehörde erfolgen.“ https://www.unodc.org/res/ji/import/international_standards/the_universal_charter_of_the_judge/universal_charter_2017_english.pdf. Vgl. entsprechend auch Urteil des EGMR vom 5. Oktober 2010 DMD GROUP a.s./Slowakei, (CE:ECHR:2010:1005JUD001933403, §§ 62 bis 72) über die Neuzuweisung von Rechtssachen. Der EGMR hat entschieden, dass in Fällen, in denen der Präsident eines Gerichts sich selbst eine Rechtssache neu zuweist und in dieser Rechtssache als Richter tätig wird, die überragende Bedeutung der richterlichen Unabhängigkeit und der Rechtssicherheit für die Rechtsstaatlichkeit klare Garantien erfordert, um Objektivität und Transparenz zu gewährleisten und vor allem jeden Anschein von Willkür bei der Zuweisung bestimmter Rechtssachen zu vermeiden.
68 Vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht. Im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV entscheidet der Gerichtshof weder über die Auslegung und Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften noch würdigt er die Tatsachen. Dagegen kann der Gerichtshof im Rahmen der durch Art. 267 AEUV begründeten Zusammenarbeit zwischen den Gerichten und unter Berücksichtigung der Akten dem innerstaatlichen Gericht eine Auslegung des Unionsrechts an die Hand geben, die dem innerstaatlichen Gericht bei der Beurteilung der Wirkungen einer unionsrechtlichen Bestimmung dienlich sein kann.
69 Da die Richterin A. N-B. keinen Rechtsbehelf gemäß Art. 22a § 5 Nr. 1 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit einlegen konnte, erscheint es nicht sinnvoll, die Wirksamkeit dieses Rechtsbehelfsmechanismus zu prüfen.
70 Die schriftlichen Erklärungen der Prokuratura Okręgowa w Łomży (Regionalstaatsanwaltschaft Łomża) und der Prokuratura Rejonowa w Bytowie (Rayonstaatsanwaltschaft Bytów) gehen ebenfalls auf diese Frage ein.
71 Vgl. Urteil W. Ż., Rn. 113 bis 118.
72 Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, könnte eine solche Versetzung, vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht, einer Degradierung gleichkommen.
73 Art. 47b § 5 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
74 Wie die schwedische Regierung vorgetragen hat, muss die Neuzuweisung der Rechtssachen auf der Grundlage klarer und transparenter Regeln erfolgen, um den Eindruck der Willkür zu vermeiden.
75 Es fällt auf, dass gemäß Art. 47b § 5 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Präsidenten der zuständigen Gerichte angehört werden, nicht aber der betroffene Richter. Die Berücksichtigung bestimmter objektiver Kriterien, wie z. B. der Stand der Rechtssachen, reicht meines Erachtens bei Weitem nicht aus, um die anderen von mir festgestellten Mängel zu beheben.
76 Vgl. Urteil W. Ż., Rn. 113 bis 118.
77 Die polnische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dieser Beschluss, da er der Richterin A. N-B. nicht zugestellt worden sei, nach polnischem Recht keine Begründung enthalte.
78 Und indirekt auch andere Richter, da die gegenüber der Richterin A. N-B. ergriffenen Maßnahmen andere Richter davon abhalten könnten, die Einhaltung von Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 47 der Charta zu überprüfen.
79 Vgl. entsprechend Urteil W. Ż., Rn. 130 und die dort angeführte Rechtsprechung.
80 Art. 22a § 4b Nr. 1, Art. 22a § 5 Nr. 1, Art. 47b §§ 5 und 6 des Gesetzes über den Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
81 Urteil vom 2. März 2021, A. B. u. a. (Ernennung von Richtern am Obersten Gericht – Rechtsbehelf) (C‑824/18, EU:C:2021:153, Rn. 145 und 146).
82 Die dänische, die polnische und die schwedische Regierung sowie die Kommission haben diesen Standpunkt in der mündlichen Verhandlung vertreten.
83 Da diese Rechtssachen vor dem Sąd Okręgowy w Słupsku (Regionalgericht Słupsk) seit der Vorlage der Vorabentscheidungsersuchen ruhen, ist der Grundsatz der Rechtssicherheit nicht zu berücksichtigen. Vgl. Urteil YP, Rn. 78.
84 Vgl. entsprechend Urteil YP, Rn. 76 und 77. Vgl. auch Urteil vom 24. Juni 2019, Popławski (C‑573/17, EU:C:2019:530, Rn. 52 ff.).