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Document 62020TJ0525

Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 13. September 2023 (Auszüge).
ITD, Brancheorganisation for den danske vejgodstransport und Danske Fragtmænd A/S gegen Europäische Kommission.
Staatliche Beihilfen – Postsektor und Straßengüterverkehr – Beschwerde eines Wettbewerbers – Kapitalzuführung, die ein öffentliches Unternehmen seiner Tochtergesellschaft gewährt – Beschluss, mit dem am Ende der Vorprüfungsphase das Nichtvorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt wird – Muttergesellschaft des Konzerns, die von zwei Mitgliedstaaten gemeinsam kontrolliert wird – Genehmigung der Kapitalzuführung durch die Muttergesellschaft des Konzerns – Zurechenbarkeit an den Staat.
Rechtssache T-525/20.

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2023:542

 URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)

13. September 2023 ( *1 )

„Staatliche Beihilfen – Postsektor und Straßengüterverkehr – Beschwerde eines Wettbewerbers – Kapitalzuführung, die ein öffentliches Unternehmen seiner Tochtergesellschaft gewährt – Beschluss, mit dem am Ende der Vorprüfungsphase das Nichtvorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt wird – Muttergesellschaft des Konzerns, die von zwei Mitgliedstaaten gemeinsam kontrolliert wird – Genehmigung der Kapitalzuführung durch die Muttergesellschaft des Konzerns – Zurechenbarkeit an den Staat“

In der Rechtssache T‑525/20,

ITD, Brancheorganisation for den danske vejgodstransport mit Sitz in Padborg (Dänemark),

Danske Fragtmænd A/S mit Sitz in Åbyhøj (Dänemark),

vertreten durch Rechtsanwältin L. Sandberg-Mørch,

Klägerinnen,

unterstützt durch

Jørgen Jensen Distribution A/S mit Sitz in Ikast (Dänemark), vertreten durch Rechtsanwältin L. Sandberg-Mørch,

und

Specialforeningen for Logistik og Distribution (SLD) mit Sitz in Kopenhagen (Dänemark), vertreten durch Rechtsanwältin L. Sandberg-Mørch,

Streithelferinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn als Bevollmächtigten,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Dänemark, vertreten durch M. Søndahl Wolff als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt R. Holdgaard,

Königreich Schweden, vertreten durch C. Meyer-Seitz, H. Eklinder, A. Runeskjöld, M. Salborn Hodgson, H. Shev, R. Shahsavan Eriksson und O. Simonsson als Bevollmächtigte,

PostNord Logistics A/S mit Sitz in Køge (Dänemark)

und

PostNord Group AB mit Sitz in Solna (Schweden),

vertreten durch Rechtsanwalt O. Koktvedgaard,

Streithelfer,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. da Silva Passos (Berichterstatter), des Richters S. Gervasoni sowie der Richterinnen N. Półtorak, I. Reine und T. Pynnä,

Kanzler: A. Marghelis, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 2023

folgendes

Urteil ( 1 )

1

Die Klägerinnen, die ITD, Brancheorganisation for den danske vejgodstransport (im Folgenden: ITD) und die Danske Fragtmænd A/S, beantragen mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2020) 3006 final der Kommission vom 12. Mai 2020 in den Beihilfesachen SA.52489 (2018/FC) – Dänemark und SA. 52658 – Schweden – mutmaßliche staatliche Beihilfe zugunsten von PostNord Logistics (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

Vorgeschichte des Rechtsstreits

2

ITD ist eine Branchenvereinigung von Gesellschaften dänischen Rechts, die auf nationaler und internationaler Ebene auf den Märkten für Straßengüterverkehrsdienstleistungen und Logistikdienstleistungen tätig sind. Danske Fragtmænd ist eine Gesellschaft dänischen Rechts, die u. a. auf dem dänischen Markt für Straßengüterverkehrsdienstleistungen und Paketzustelldienste vertreten ist.

3

Die PostNord AB ist eine Gesellschaft schwedischen Rechts, deren Gesellschaftskapital zu 40 % vom Königreich Dänemark und zu 60 % vom Königreich Schweden gehalten wird. Sie wurde 2009 unter dem Namen Posten Norden AB nach einer Fusion der Post Danmark A/S, dem etablierten Postbetreiber des Königreichs Dänemark, mit der Posten AB, dem etablierten Postbetreiber des Königreichs Schweden, gegründet.

4

PostNord ist Alleineigentümerin der Gesellschaft PostNord Group AB, die ihrerseits Alleineigentümerin der Gesellschaften Post Danmark und Posten ist, die in Dänemark bzw. Schweden mit der Bereitstellung des Universalpostdiensts betraut sind. PostNord Group ist auch Alleineigentümerin der PostNord Logistics A/S, einer Gesellschaft dänischen Rechts mit Sitz in Kopenhagen (Dänemark), die in Dänemark mit Straßengüterverkehrsdienstleistungen betraut ist.

5

Am 22. November 2018 reichte ITD bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde ein, mit der sie geltend machte, PostNord Logistics habe in ihren Jahresberichten für die Jahre 2017 und 2018 angekündigt, dass sie Kapitalerhöhungen durch PostNord erhalten werde. Nach Ansicht von ITD stellten diese Kapitalerhöhungen eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe dar.

6

PostNord Logistics hatte seit 2015 Verluste verzeichnet und ihr Eigenkapital bis zum Ende des Finanzjahrs 2017 aufgebraucht. Vor diesem Hintergrund empfahl PostNord Logistics der Geschäftsführung der PostNord Group am 30. November 2018 auf einer außerordentlichen Hauptversammlung, das Kapital der PostNord Logistics um 115 Mio. dänische Kronen (DKK) (etwa 15,4 Mio. Euro) zu erhöhen (im Folgenden: Kapitalerhöhung).

7

In Anbetracht des Betrags der Kapitalerhöhung beantragte PostNord Group am 7. Dezember 2018 beim Verwaltungsrat ihrer Muttergesellschaft PostNord, diese Maßnahme zu genehmigen und ihre Auszahlung in mehreren Teilbeträgen dem Grunde nach zu bewilligen.

8

Am 11. Dezember 2018 genehmigte der Verwaltungsrat von PostNord die Kapitalerhöhung.

9

Am 20. Dezember 2018 erhielt PostNord Logistics einen ersten Teilbetrag der Kapitalerhöhung in Höhe von 70 Mio. DKK (etwa 9,37 Mio. Euro).

10

Am 7. Juni 2019 übermittelte ITD der Kommission eine ergänzende Stellungnahme zu ihrer Beschwerde. In dieser machte sie u. a. geltend, dass PostNord Logistics eine Quersubventionierung ihrer Tätigkeiten durch Post Danmark erhalte, die es ihr ermögliche, mehrere ihrer Infrastrukturen kostenlos zu nutzen, die durch den öffentlichen Ausgleich finanziert würden, den sie für die Bereitstellung des Universalpostdiensts in Dänemark erhalte (im Folgenden: Quersubventionierung).

11

Am 30. März 2020 übermittelte ITD der Kommission eine weitere Stellungnahme zur Quersubventionierung sowie ein Aufforderungsschreiben, in dem sie ankündigte, beim Gericht eine Untätigkeitsklage gemäß Art. 265 AEUV zu erheben, wenn die Kommission nicht innerhalb von zwei Monaten endgültig zu ihrer Beschwerde Stellung nehme.

12

Am 12. Mai 2020 erließ die Kommission den streitigen Beschluss. Erstens stellte sie fest, dass die Erklärungen in den Jahresberichten von PostNord Logistics für die Jahre 2017 und 2018 nicht zur Gewährung eines Vorteils geführt hätten und daher keine staatliche Beihilfe dargestellt hätten. Zweitens sei die Kapitalerhöhung dem dänischen und dem schwedischen Staat nicht zuzurechnen und stelle auch deshalb keine staatliche Beihilfe dar. Drittens sei die Quersubventionierung nicht erwiesen, so dass die Transaktionen zwischen Post Danmark und PostNord Logistics keine staatliche Beihilfe beinhalteten.

Anträge der Parteien

13

Die Klägerinnen, unterstützt durch die Jørgen Jensen Distribution A/S und Specialforeningen for Logistik og Distribution (SLD), beantragen,

den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

14

Die Kommission, unterstützt durch PostNord Group und PostNord Logistics, beantragt,

die Klage abzuweisen;

den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

15

Das Königreich Dänemark und das Königreich Schweden beantragen als Streithelfer der Kommission ebenfalls, die Klage abzuweisen.

Rechtliche Würdigung

Zum Klagegegenstand

16

In dem angefochtenen Beschluss hat sich die Kommission zum Beihilfecharakter dreier verschiedener Maßnahmen geäußert (vgl. oben, Rn. 12).

17

Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund. Mit diesem rügen sie, dass die Kommission kein förmliches Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV eingeleitet habe, obwohl die Beurteilung zweier dieser Maßnahmen, nämlich die Kapitalerhöhung und die Quersubventionierung, ernsthafte Schwierigkeiten aufgeworfen habe. Dagegen stellen sie mit der vorliegenden Klage die Beurteilung der Kommission in Bezug auf die Erklärungen in den Jahresberichten von PostNord Logistics für die Jahre 2017 und 2018 nicht in Frage.

18

Obwohl die Klägerinnen also formal beantragen, den angefochtenen Beschluss insgesamt für nichtig zu erklären, ist die vorliegende Klage dahin zu verstehen, dass sie darauf gerichtet ist, den angefochtenen Beschluss teilweise für nichtig zu erklären, weil die Kommission mit ihrer Feststellung, dass die Kapitalerhöhung keine staatliche Beihilfe darstelle und eine Quersubventionierung nicht nachgewiesen sei, gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV verstoßen habe.

Vorbemerkungen

19

Gemäß Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 108 AEUV (ABl. 2015, L 248, S. 9) hat jeder Beteiligte das Recht, eine Beschwerde einzulegen, um die Kommission über mutmaßliche rechtswidrige Beihilfen zu informieren. Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung bewirkt die Einreichung einer solchen Beschwerde, dass die Vorprüfungsphase gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV eingeleitet wird, die zu einem Beschluss der Kommission nach Art. 4 Abs. 2, 3 oder 4 der Verordnung 2015/1589 führt.

20

Die Vorprüfungsphase, die in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehen und in Art. 4 der Verordnung 2015/1589 geregelt ist, soll der Kommission ermöglichen, sich eine erste Meinung zu den Maßnahmen zu bilden, die ihr zur Prüfung vorgelegt werden. Am Ende dieser Prüfungsphase gelangt die Kommission entweder zu dem Schluss, dass die Maßnahme keine Beihilfe darstellt. In diesem Fall erlässt sie einen Beschluss nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589, mit dem sie das Nichtvorliegen einer Beihilfe feststellt. Oder sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt. Stellt die Kommission nach der Vorprüfungsphase fest, dass die betreffende Maßnahme, soweit sie in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt, keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt, erlässt sie einen Beschluss gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589, keine Einwände zu erheben.

21

Das Bestehen von Bedenken, die geeignet sind, die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu rechtfertigen, manifestiert sich darin, dass die Kommission bei der Prüfung des Beihilfecharakters der in Rede stehenden Maßnahme oder ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt objektiv auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen ist. Nach der Rechtsprechung ist der Begriff der ernsthaften Schwierigkeiten nämlich seinem Wesen nach objektiv (Urteil vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 31). Ob solche Schwierigkeiten vorliegen, ist anhand der Umstände des Erlasses des angefochtenen Rechtsakts sowie seines Inhalts in objektiver Weise zu beurteilen, wobei die Gründe der Entscheidung zu den Angaben in Beziehung zu setzen sind, über die die Kommission verfügte oder verfügen konnte, als sie sich zu den streitigen Beihilfen äußerte, wobei insoweit darauf hinzuweisen ist, dass zu den Informationen, über die die Kommission verfügen konnte, diejenigen gehören, die für die Beurteilung erheblich erschienen und die sie in der Vorprüfungsphase auf ihr Ersuchen hin hätte erhalten können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Mai 2021, ITD und Danske Fragtmænd/Kommission, T‑561/18, EU:T:2021:240, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22

Wenn die Prüfung durch die Kommission im Vorprüfungsverfahren unzureichend oder unvollständig war, stellt dies außerdem einen Anhaltspunkt für das Bestehen ernster Schwierigkeiten bei der Beurteilung der in Rede stehenden Maßnahme dar, bei deren Bestehen die Kommission das förmliche Prüfverfahren eröffnen muss (vgl. Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23

Der Nachweis des Bestehens ernsthafter Schwierigkeiten ist durch ein Bündel übereinstimmender Anhaltspunkte von demjenigen zu erbringen, der die Nichtigerklärung des nach Abschluss der vorläufigen Prüfung erlassenen Beschlusses beantragt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. November 2022, Irish Wind Farmers’ Association u. a./Kommission, C‑578/21 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:898, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24

Das Vorbringen der Klägerinnen, mit dem das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten nachgewiesen werden soll, die die Kommission zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens hätten veranlassen müssen, ist anhand der vorstehenden Erwägungen zu prüfen.

Zur Kapitalerhöhung

25

Die Klägerinnen, die insoweit von Jørgen Jensen Distribution unterstützt werden, machen geltend, dass das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten dadurch belegt werde, dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss festgestellt habe, dass die Kapitalerhöhung keine staatliche Beihilfe darstelle, da sie dem dänischen und dem schwedischen Staat nicht zuzurechnen sei.

26

Als Erstes sei der angefochtene Beschluss in Bezug darauf, wer die Kapitalerhöhung vorgenommen habe, widersprüchlich. Obwohl die Kapitalerhöhung in einigen Passagen des angefochtenen Beschlusses der Muttergesellschaft der Gruppe zugerechnet worden sei, nämlich PostNord, was den Tatsachen entspreche, sei die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass PostNord Group, eine Tochtergesellschaft von PostNord, über die Kapitalerhöhung entschieden habe.

27

Als Zweites bringen die Klägerinnen und Jørgen Jensen Distribution vor, dass das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten durch verschiedene Indizien belegt werde. Dem Gesamteindruck dieser Indizien nach sei es unwahrscheinlich, dass der dänische und der schwedische Staat nicht an der Entscheidung über die Kapitalerhöhung beteiligt gewesen seien, so dass diese ihnen zuzurechnen sei.

28

Erstens stützen sich die Klägerinnen darauf, dass der dänische und der schwedische Staat die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrats von PostNord ernannt hätten, von denen zwei hohe Beamte in diesen Staaten seien. Zweitens gehe aus dem Jahresbericht von PostNord für das Jahr 2017 (im Folgenden: Jahresbericht 2017) hervor, dass der dänische und der schwedische Staat mit dem Verwaltungsrat von PostNord „Gespräche“ über die Kapitalerhöhung geführt hätten. Drittens sei PostNord von politischem Interesse, da ihre Tochtergesellschaften Post Danmark und Posten in Dänemark bzw. Schweden, wo sie die etablierten Postbetreiber seien, mit dem Universalpostdienst betraut seien. Viertens tragen die Klägerinnen in ihren Stellungnahmen zum Streithilfeschriftsatz des Königreichs Schweden sowie zum Streithilfeschriftsatz von PostNord Group und PostNord Logistics vor, dass nicht nur der Betrag der Kapitalerhöhung an sich bedeutend gewesen sei, sondern diese Maßnahme auch zu einer Reihe anderer Kapitalerhöhungen gehört habe, mit denen die Verluste von PostNord Logistics ausgeglichen und ihre Insolvenz abgewendet werden sollte.

29

Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Dänemark, das Königreich Schweden sowie PostNord Group und PostNord Logistics, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

30

Als Erstes weist die Kommission darauf hin, dass sie in dem angefochtenen Beschluss stets davon ausgegangen sei, dass PostNord Group über die Kapitalerhöhung entschieden habe. In Anbetracht des Betrags dieser Maßnahme sei PostNord nur um ihre Genehmigung ersucht worden.

31

Als Zweites wendet sich die Kommission dagegen, dass die Klägerinnen Indizien beigebracht hätten, die belegen könnten, dass die Kapitalerhöhung dem dänischen und dem schwedischen Staat zuzurechnen sei.

32

Erstens hebt die Kommission hervor, dass die Zurechenbarkeit einer Maßnahme an einen Staat dessen aktive Beteiligung voraussetze, die sich aus einer konkreten Beurteilung einer Gesamtheit genauer und übereinstimmender Indizien ergebe. Vorliegend stützten sich die Klägerinnen jedoch im Wesentlichen auf organbezogene Faktoren, die nicht ausreichten.

33

Was zweitens die Zusammensetzung des Verwaltungsrats von PostNord betrifft, so macht die Kommission zunächst geltend, dass weder der dänische noch der schwedische Staat allein die Mehrheit der Mitglieder dieses Organs bestimme. Zudem verfüge keines der Mitglieder des Verwaltungsrats von PostNord, die vom dänischen und vom schwedischen Staat ernannt worden seien, über ein Vetorecht. Das Königreich Dänemark fügt hinzu, dass es nicht Sache des dänischen und des schwedischen Staates sei, die Mitglieder der Geschäftsführung von PostNord oder von PostNord Group zu ernennen und dass die Interessen dieser Staaten nicht notwendigerweise übereinstimmten. PostNord Group und PostNord Logistics fügen weiter hinzu, dass es angesichts des geringen Betrags der Kapitalerhöhung und der geringen politischen Bedeutung von PostNord Logistics unwahrscheinlich sei, dass es Absprachen zwischen dem dänischen und dem schwedischen Staat gegeben habe.

34

Sodann weisen das Königreich Dänemark und das Königreich Schweden darauf hin, dass ihre jeweiligen für die Leitung öffentlicher Unternehmen geltenden Grundsätze bedeuteten, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats eines Unternehmens aufgrund ihrer Befähigung ausgewählt würden, die ordnungsgemäße Geschäftsführung des betreffenden Unternehmens in völliger Unabhängigkeit von den Eigentümern sicherzustellen. Zwar könnten die Aktionäre einer Gesellschaft deren Verwaltungsrat in der Hauptversammlung Weisungen erteilen, doch sei dies vorliegend nicht geschehen.

35

Was schließlich die Tatsache betrifft, dass jeweils ein Beamter des Königreichs Dänemark und des Königreichs Schweden im Verwaltungsrat von PostNord sitze, ist die Kommission der Auffassung, dass die Klägerinnen nichts vortragen, was belegen könnte, dass diese Beamten, die unabhängig handeln sollen, Weisungen der Staaten, denen sie angehören, erhalten hätten oder die Entscheidungsfindung von PostNord beeinflussen könnten.

36

Was drittens die im Jahresbericht 2017 angeführten „Gespräche über die Finanzierung“ zwischen dem Verwaltungsrat von PostNord und ihren Eigentümern angeht, bestreiten das Königreich Dänemark sowie PostNord Group und PostNord Logistics, dass dieser Umstand bedeute, dass es Weisungen des dänischen und des schwedischen Staates in Bezug auf die Kapitalerhöhung gegeben habe, da es in diesen Gesprächen nur um die Umstrukturierung von Post Danmark und nicht um die Kapitalerhöhung gegangen sei.

37

Viertens bestreitet die Kommission, dass der von den Klägerinnen geltend gemachte Umstand maßgeblich sei, dass zwei Tochtergesellschaften von PostNord zur Erbringung des Universalpostdiensts verpflichtet seien. Denn dies treffe auf PostNord Logistics nicht zu, deren Kapital erhöht worden sei und deren Leistungen sich ausschließlich an Unternehmer richteten. In gleicher Weise weisen PostNord Group und PostNord Logistics darauf hin, dass die Kapitalerhöhung eine wirtschaftlich vernünftige Maßnahme gewesen sei, da der Logistikmarkt stark wachse.

38

Einleitend ist zunächst festzustellen, dass der angefochtene Beschluss in Bezug auf die Feststellung, wer die Kapitalerhöhung vorgenommen hat, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht widersprüchlich ist.

39

Zwar hat die Kommission in Rn. 26 des angefochtenen Beschlusses dargelegt, dass PostNord am 11. Dezember 2018„entschieden [habe], die Kapitalerhöhung vorzunehmen“.

40

Im nächsten Satz führte sie jedoch sogleich zum einen aus, dass in Anbetracht des Betrags der Kapitalerhöhung „die Zustimmung des Verwaltungsrats der PostNord AB erforderlich [gewesen sei]“, und verwies hierbei auf Rn. 20 des angefochtenen Beschlusses, in deren letztem Satz es heißt, dass „Entscheidungen über konzerninterne Kapitalzuführungen, die einen Betrag von … übersteigen, die Zustimmung des Verwaltungsrats der PostNord AB erfordern“. Zum anderen hat sich die Kommission im Rahmen ihrer Beurteilung der Frage, ob die Kapitalerhöhung dem Staat zurechenbar ist, in Rn. 76 des angefochtenen Beschlusses auf „die Entscheidung von [PostNord Group], das Kapital von [PostNord Logistics] zu erhöhen“, bezogen, bevor sie in der nächsten Randnummer ausgeführt hat, dass PostNord gemäß den internen Konzernregelungen aufgrund des Betrags der Kapitalerhöhung in die Entscheidungsfindung eingebunden gewesen sei.

41

Des Weiteren geht aus dem Jahresbericht 2018 von PostNord Logistics hervor, dass diese ihr Eigenkapital durch eine Einlage ihrer Muttergesellschaft PostNord Group wiederherstellte.

42

Somit lässt eine Gesamtschau des angefochtenen Beschlusses in Verbindung mit dem Akteninhalt erkennen, dass die Kommission zutreffend festgestellt hat, dass PostNord Group das Kapital von PostNord Logistics erhöht habe und gemäß den internen Regeln der PostNord-Gruppe in Anbetracht des Betrags der Kapitalerhöhung die Zustimmung des Verwaltungsrats von PostNord erforderlich gewesen sei.

43

Ferner ging die Kommission zwar davon aus, dass es sich bei der Kapitalerhöhung um eine Entscheidung von PostNord Group gehandelt habe. Sie ließ aber die Rolle der Gesellschaft PostNord nicht außer Acht, da sie in den Rn. 69 ff. des angefochtenen Beschlusses die Verbindungen zwischen dieser Gesellschaft und dem dänischen und dem schwedischen Staat bei der Beurteilung der Frage, ob die Kapitalerhöhung diesen Staaten zuzurechnen war, berücksichtigt hat.

44

Was die Frage betrifft, ob die von der Kommission vorgenommene Beurteilung einer solchen Zurechenbarkeit das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten erkennen lässt, ist darauf hinzuweisen, dass Vergünstigungen, damit sie als „Beihilfen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden können, u. a. dem Staat zuzurechnen sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45

Allein daraus, dass eine Maßnahme von einem öffentlichen Unternehmen getroffen wurde, kann nicht geschlossen werden, dass diese Maßnahme dem Staat gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV zurechenbar ist. Auch wenn der Staat in der Lage ist, ein öffentliches Unternehmen zu kontrollieren und einen beherrschenden Einfluss auf dessen Tätigkeiten auszuüben, kann nämlich nicht ohne Weiteres vermutet werden, dass diese Kontrolle in einem konkreten Fall tatsächlich ausgeübt wird. Es muss außerdem geprüft werden, ob davon auszugehen ist, dass die Behörden in irgendeiner Weise am Erlass der fraglichen Maßnahme beteiligt waren (vgl. Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46

So kann die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat aus einer Gesamtheit von Indizien abgeleitet werden, die sich aus den Umständen des konkreten Falles und aus dem Kontext ergeben, in dem diese Maßnahme ergangen ist. Insoweit kann nicht verlangt werden, dass anhand einer genauen Weisung belegt wird, dass die Behörden das öffentliche Unternehmen konkret veranlasst haben, die in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen zu treffen (vgl. Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47

Insbesondere ist jedes Indiz von Bedeutung, das im konkreten Fall entweder auf eine Beteiligung der Behörden oder auf die Unwahrscheinlichkeit ihrer fehlenden Beteiligung am Erlass einer Maßnahme, wobei auch der Umfang dieser Maßnahme, ihr Inhalt oder ihre Bedingungen zu berücksichtigen sind, oder auf das Fehlen einer Beteiligung der Behörden am Erlass der Maßnahme hinweist (vgl. Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48

Zu den Indizien, die den Schluss auf eine solche Zurechenbarkeit zulassen, gehören außerdem der Umstand, dass das fragliche öffentliche Unternehmen die beanstandete Entscheidung nicht treffen konnte, ohne den Anforderungen der staatlichen Stellen oder den Richtlinien der Behörden Rechnung zu tragen, die Eingliederung des öffentlichen Unternehmens in die Strukturen der öffentlichen Verwaltung, die Art seiner Tätigkeit und deren Ausübung auf dem Markt unter normalen Bedingungen des Wettbewerbs mit privaten Wirtschaftsteilnehmern, der Rechtsstatus des Unternehmens oder die Intensität der behördlichen Aufsicht (vgl. Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49

Im vorliegenden Fall hat die Kommission im angefochtenen Beschluss in einem ersten Schritt hervorgehoben, dass die Eigenschaft von PostNord als öffentliches Unternehmen nicht ausreiche, um die von ihr getroffenen Maßnahmen ihren Aktionären, dem dänischen und dem schwedischen Staat, zuzurechnen. In einem zweiten Schritt hat sie verschiedene Faktoren geprüft, auf deren Grundlage sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Kapitalerhöhung dem dänischen und dem schwedischen Staat nicht zuzurechnen sei und somit keine staatliche Beihilfe darstelle. Diese Schlussfolgerung stützt sich im Wesentlichen auf die folgenden zwölf Gesichtspunkte:

Die Kapitalerhöhung sei auf Antrag der Gesellschaft, deren Kapital erhöht worden sei, nämlich PostNord Logistics, beschlossen worden und nicht von PostNord, sondern von PostNord Group durchgeführt worden (Rn. 76 und 78 des angefochtenen Beschlusses).

PostNord habe die Kapitalerhöhung in Anbetracht ihres Betrags genehmigen müssen, aber es sei nicht ersichtlich, dass der dänische oder der schwedische Staat oder die Beamten, die diese Staaten in den Verwaltungsrat von PostNord berufen hätten, sich besonders für diese Maßnahme ausgesprochen hätten (Rn. 77 des angefochtenen Beschlusses).

Die Ernennung von Mitgliedern des Verwaltungsrats von PostNord durch den dänischen und den schwedischen Staat sei für sich genommen nicht ausreichend, um diesen Staaten die Kapitalerhöhung zuzurechnen. Denn es gebe keine Hinweise darauf, dass diese Beamten nicht unabhängig handelten. Sie hätten keine besonderen Stimmrechte und kein Vetorecht. Die übrigen Mitglieder des Verwaltungsrats von PostNord arbeiteten außerdem nicht für die Aktionärsstaaten und seien daher unabhängig (Rn. 79 und 80 des angefochtenen Beschlusses).

Die Mitglieder des Verwaltungsrats von PostNord seien nicht verpflichtet, besondere Weisungen der Aktionärsstaaten zu befolgen. Es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass derartige Weisungen in Bezug auf die Kapitalerhöhung erteilt worden seien (Rn. 86 und 88 des angefochtenen Beschlusses).

Die Genehmigung der Kapitalerhöhung habe eine einfache Mehrheit im Verwaltungsrat von PostNord erfordert. Somit sei es weder dem dänischen Staat noch dem schwedischen Staat möglich gewesen, seinen Willen im Verwaltungsrat durchzusetzen (Rn. 95 des angefochtenen Beschlusses).

PostNord und ihre Tochtergesellschaften seien nicht in die dänische oder die schwedische öffentliche Verwaltung eingegliedert (Rn. 89 des angefochtenen Beschlusses).

Die Tätigkeiten von PostNord und ihren Tochtergesellschaften seien rein gewerblich, mit Ausnahme der Tätigkeiten von Post Danmark im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Erbringung des Universalpostdiensts, die jedoch nicht mit der Tätigkeit von PostNord Logistics zusammenhingen (Rn. 90 und 91 des angefochtenen Beschlusses).

PostNord Group sei eine Gesellschaft des Privatrechts (Rn. 92 des angefochtenen Beschlusses).

PostNord Group, die von PostNord und nicht vom dänischen oder vom schwedischen Staat überwacht werde, sei gegenüber diesen Staaten eigenständig (Rn. 93 und 94 des angefochtenen Beschlusses).

PostNord Logistics sei ein verhältnismäßig kleines Unternehmen, das politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich unbedeutend sei, so dass die Insolvenz des Unternehmens keine besonderen Auswirkungen gehabt hätte, die ein staatliches Eingreifen zur Vermeidung seiner Insolvenz gerechtfertigt hätten (Rn. 97 und 99 des angefochtenen Beschlusses).

Der Betrag der Kapitalerhöhung sei zwar für PostNord Logistics bedeutend, nicht aber für PostNord Group im Hinblick auf ihren Umsatz (Rn. 98 des angefochtenen Beschlusses).

Die Kapitalerhöhung sei wirtschaftlich vernünftig, da der Logistikmarkt stark wachse (Rn. 100 des angefochtenen Beschlusses).

50

Die Klägerinnen führen verschiedene Indizien an, die ihrer Ansicht nach belegen, dass es unwahrscheinlich sei, dass der dänische und der schwedische Staat nicht an der Kapitalerhöhung beteiligt gewesen seien, und machen damit geltend, dass die Analyse der Kommission zeige, dass sie auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen sei, die sie nicht ausgeräumt habe.

Zu den organbezogenen Verbindungen zwischen PostNord und dem dänischen und dem schwedischen Staat

51

Die Klägerinnen verweisen auf die Zusammensetzung des Verwaltungsrats von PostNord, dessen Mitglieder mehrheitlich vom dänischen und vom schwedischen Staat ernannt werden, wobei im Übrigen beide Staaten die Wahl getroffen haben, einen ihrer Beamten in den Verwaltungsrat zu berufen.

52

Zwar stellt die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats ein Vorrecht der Eigentümer einer Gesellschaft dar und lässt für sich allein grundsätzlich nicht die Vermutung zu, dass eine Maßnahme, die ein öffentliches Unternehmen trifft, dem Staat, der dieses Unternehmen kontrolliert, zugerechnet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juni 2015, SACE und Sace BT/Kommission, T‑305/13, EU:T:2015:435, Rn. 42 und 61).

53

Gleichwohl ist bei der Beurteilung der Frage, ob eine Maßnahme, die der Verwaltungsrat eines öffentlichen Unternehmens trifft, dem Staat zuzurechnen ist, die Bestellung der Mitglieder dieses Organs gebührend zu berücksichtigen, da sie besondere Beziehungen zwischen dem betreffenden öffentlichen Unternehmen und dem Staat, der dieses kontrolliert, belegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Januar 2016, Slowenien/Kommission, T‑507/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:35, Rn. 102 bis 107). Diese besonderen Beziehungen können im Sinne der oben in Rn. 47 wiedergegebenen Rechtsprechung ein Indiz dafür darstellen, dass es unwahrscheinlich ist, dass der Staat nicht am Erlass der betreffenden Maßnahme beteiligt ist.

54

Insbesondere können die Umstände, unter denen die Mitglieder der Leitungsorgane eines öffentlichen Unternehmens ernannt werden, in bestimmten Fällen belegen, dass dieses Unternehmen gegenüber dem Staat, der es kontrolliert, über einen beschränkten Spielraum für Unabhängigkeit verfügt, so dass eine derartige Ernennung ein wichtiges Indiz für die Zurechenbarkeit an den Staat darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juni 2015, SACE und Sace BT/Kommission, T‑305/13, EU:T:2015:435, Rn. 63) oder sogar eine solche Zurechenbarkeit belegen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2014, Commerz Nederland, C‑242/13, EU:C:2014:2224, Rn. 35).

55

Vorliegend ist erstens festzustellen, dass, wie aus Rn. 20 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, der Verwaltungsrat von PostNord aus elf Mitgliedern besteht, von denen vier vom Königreich Dänemark, vier vom Königreich Schweden und drei von den Angestellten von Post Danmark und Posten, die Tochtergesellschaften von PostNord sind, ernannt werden.

56

Insbesondere geht aus den verschiedenen Jahresberichten von PostNord, die von den Klägerinnen als Anlagen zur Klageschrift vorgelegt wurden, hervor, dass die acht vom dänischen und vom schwedischen Staat ernannten Mitglieder in der Jahreshauptversammlung ernannt werden, in der das Königreich Dänemark durch seinen Verkehrsminister und das Königreich Schweden durch seinen Minister für Unternehmen und Innovation vertreten ist.

57

Des Weiteren ist zwischen den Parteien unstreitig, dass zu dem Zeitpunkt, als die Kapitalerhöhung stattfand, eines der vier Mitglieder des Verwaltungsrats von PostNord, die vom dänischen Staat ernannt werden, zugleich ein hoher Beamter Dänemarks war, während eines der vier Verwaltungsratsmitglieder, die vom schwedischen Staat ernannt werden, ebenfalls zugleich ein hoher Beamter Schwedens war. Der dänische Beamte übte im dänischen Finanzministerium das Amt des stellvertretenden Generaldirektors der Abteilung für Unternehmen, Produktivität, Versorgung, Energie und Unionshaushalt aus, während der schwedische Beamte im schwedischen Ministerium für Unternehmen und Innovation das Amt des stellvertretenden Direktors der Abteilung für öffentliche Unternehmen innehatte.

58

In Bezug auf diese beiden Beamten hat die Kommission festgestellt, dass sie keine besondere Meinung zu der Kapitalerhöhung vertreten hätten (Rn. 77 des angefochtenen Beschlusses), dass sie insoweit keine besonderen Weisungen vom dänischen bzw. vom schwedischen Staat erhalten hätten (Rn. 86 des angefochtenen Beschlusses), dass zu vermuten sei, dass sie unabhängig handelten, und dass sie nicht in der Lage gewesen seien, ihren Willen durchzusetzen, da sie weder ein besonderes Stimmrecht noch ein Vetorecht gehabt hätten (Rn. 80 des angefochtenen Beschlusses).

59

Allein diese Erwägungen führen jedoch nicht dazu, dass die Tatsache, dass im Verwaltungsrat von PostNord Beamte sitzen, bei der Beurteilung, ob die Kapitalerhöhung dem dänischen und dem schwedischen Staat zurechenbar ist, jegliche Bedeutung verlöre. Denn der Nachweis, dass eine Maßnahme eines öffentlichen Unternehmens dem Staat, der es kontrolliert, zuzurechnen ist, erfordert es nicht, den Beweis zu führen, dass die Behörden dieses Unternehmen mittels einer genauen Weisung konkret zu der betreffenden Maßnahme veranlasst haben (vgl. oben, Rn. 46).

60

Insoweit ist aufgrund der Tatsache, dass Mitglieder in den Verwaltungsrat von PostNord berufen wurden, die zugleich in Tätigkeitsbereichen, die eine unmittelbare Verbindung zu den öffentlichen Unternehmen aufweisen, zu denen PostNord gehört, hohe leitende Ämter in Ministerien der dänischen und der schwedischen Regierung innehatten, davon auszugehen, dass diese Beamten das Vertrauen dieser Staaten genossen und somit informelle Kontakte zu den Bediensteten der Ministerien, denen sie angehörten, pflegten, so dass sie den Einfluss dieser Staaten auf die Entscheidungsfindung bei PostNord ausdehnen konnten.

61

Im Übrigen hat die Kommission in Rn. 77 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass es „höchst wahrscheinlich [gewesen sei], dass Dänemark und Schweden Kenntnis von der geplanten Kapitalerhöhung [gehabt hätten] (u. a., weil zwei Mitglieder des Verwaltungsrats auch Beamte Dänemarks bzw. Schwedens [gewesen seien])“. Ferner hat das Königreich Dänemark in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen erklärt, dass es speziell einen Beamten in den Verwaltungsrat von PostNord berufen habe, um das Finanzministerium und das Verkehrsministerium über die Besprechungen des Verwaltungsrats zu informieren, die im Rahmen der Umstrukturierung von Post Danmark den Universalpostdienst betrafen.

62

Unter diesen Umständen legen die von den Klägerinnen vorgebrachten organbezogenen Indizien nahe, dass PostNord zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung über einen beschränkten Spielraum für Unabhängigkeit gegenüber dem dänischen und dem schwedischen Staat verfügte, da sich ihr Verwaltungsrat aus elf Mitgliedern zusammensetzte, von denen acht durch Ministerien dieser Staaten ernannt wurden, wobei zwei dieser acht Mitglieder außerdem hohe Beamte waren (vgl. entsprechend Urteil vom 25. Juni 2015, SACE und Sace BT/Kommission, T‑305/13, EU:T:2015:435, Rn. 61 bis 63).

63

Diese Schlussfolgerung wird durch die Feststellung in Rn. 21 des angefochtenen Beschlusses gestützt, wonach bei den Sitzungen des Verwaltungsrats von PostNord mindestens ein vom dänischen Staat ernanntes Mitglied und ein vom schwedischen Staat ernanntes Mitglied anwesend sein müssen.

64

Daraus folgt, dass die organbezogenen Gesichtspunkte gebührend berücksichtigt werden mussten und ein nicht unerhebliches Indiz dafür darstellen konnten, dass die Kapitalerhöhung dem dänischen und dem schwedischen Staat zurechenbar war.

65

Im angefochtenen Beschluss hat sich die Kommission jedoch in den Rn. 79 und 80 im Wesentlichen auf die Feststellung beschränkt, dass die organbezogenen Verbindungen zwischen PostNord und dem dänischen und dem schwedischen Staat nicht ausreichten, um diesen Staaten die Kapitalerhöhung zuzurechnen, wobei sie diesen Gesichtspunkten im Verhältnis zu anderen von ihr geprüften Indizien für die Zurechenbarkeit keine besondere Bedeutung beigemessen hat.

66

Zweitens kann dem Vorbringen der Kommission nicht gefolgt werden, dass PostNord im Eigentum zweier Mitgliedstaaten stehe, von denen keiner allein die für die Genehmigung der Kapitalerhöhung erforderliche Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrats von PostNord stellen könne.

67

Aus der Aktionärsvereinbarung von PostNord, auf die die Kommission in Rn. 95 des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen hat und die ihr folglich im Verwaltungsverfahren zur Verfügung stand, geht nämlich hervor, dass der dänische und der schwedische Staat eng zusammenarbeiten müssen, wenn sie in die Angelegenheiten von PostNord eingreifen. Zum einen haben sich der dänische und der schwedische Staat nach Punkt 3.1.1 der Aktionärsvereinbarung dazu verpflichtet, sowohl im Verhältnis zueinander als auch im Verhältnis zu PostNord nach Treu und Glauben zu handeln. Zum anderen müssen gemäß Punkt 3.11 der Aktionärsvereinbarung der dänische und der schwedische Staat, wenn die Beschlussfassung im Verwaltungsrat blockiert ist, jeweils einen Hohen Vertreter benennen, der die Blockade lösen soll.

68

Jedenfalls darf die Kommission im Stadium des Vorprüfungsverfahrens nicht ausschließen, dass eine Maßnahme, die von einem Unternehmen getroffen wird, das von zwei Staaten kontrolliert wird, diesen Staaten zurechenbar ist, indem sie sich auf die Feststellung beschränkt, dass keiner dieser beiden Staaten über die einfache Mehrheit der Stimmrechte im Verwaltungsrat verfüge, ohne diese Frage eingehender zu prüfen. Diesem Ansatz zu folgen, würde bedeuten, dass sich mehrere Mitgliedstaaten gleichberechtigt in multinationalen Einrichtungen, denen die Verteilung von Beihilfen übertragen ist, zusammenschließen könnten, um die Vorschriften über staatliche Beihilfen zu umgehen.

69

Drittens kommt es nicht auf den vom Königreich Dänemark geltend gemachten Umstand an, dass der dänische und der schwedische Staat nicht befugt seien, die Mitglieder der Geschäftsführung von PostNord oder von PostNord Group zu ernennen, da vorliegend die Kapitalerhöhung von einem anderen Organ (dem Verwaltungsrat von PostNord) genehmigt werden musste, dessen Mitglieder mehrheitlich von diesen Staaten ernannt wurden.

70

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die von der Kommission im Hinblick auf die organbezogenen Verbindungen zwischen zum einen dem dänischen und dem schwedischen Staat sowie zum anderen PostNord vorgenommene Beurteilung belegt, dass ihre Prüfung der Frage, ob die Kapitalerhöhung diesen Staaten zuzurechnen war, unvollständig und unzureichend war, so dass diese Beurteilung ein Indiz für das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten darstellt.

71

Jedoch sind die organbezogenen Verbindungen zwischen einem öffentlichen Unternehmen und dem Staat, der dessen Eigentümer ist, grundsätzlich nicht ausreichend, um eine von diesem Unternehmen getroffene Maßnahme diesem Staat zuzurechnen (vgl. oben, Rn. 52). Daher ist noch zu prüfen, ob andere Informationen, über die die Kommission verfügen konnte, als Indizien für das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten dienen können.

Zu den anderen Indizien dafür, dass es unwahrscheinlich war, dass der dänische und der schwedische Staat an der Kapitalerhöhung nicht beteiligt waren

– Zu dem Umstand, dass es zwischen den Mitgliedern des Verwaltungsrats von PostNord und dem dänischen und dem schwedischen Staat Gespräche gab

72

Die Klägerinnen berufen sich auf den Jahresbericht 2017, in dem von „Gesprächen mit den Eigentümern über die Finanzierung“ die Rede gewesen sei.

73

Insoweit ist festzustellen, dass allein diese Erwähnung nicht die Annahme zulässt, dass der dänische und der schwedische Staat mit den Leitungsorganen von PostNord alle finanziellen Aspekte erörtert haben oder dass, wenn man solche Erörterungen unterstellt, diese Aspekte notwendigerweise jede Rekapitalisierungsmaßnahme zugunsten der Tochtergesellschaften der PostNord-Gruppe und somit die Kapitalerhöhung mit einschließen.

74

Wie das Königreich Dänemark, PostNord Group und PostNord Logistics ausführen, wird im Übrigen beim Lesen des ganzen Satzes, dem der oben in Rn. 72 zitierte Teil entnommen ist, deutlich, dass sich der dort verwendete Begriff „Finanzierung“ nicht auf alle finanziellen Aspekte der Gesellschaften der PostNord-Gruppe bezieht, sondern auf einen bestimmten Vorgang, nämlich „die Umstrukturierung der Tätigkeit in Dänemark“.

75

Das Königreich Dänemark wie auch PostNord Group und PostNord Logistics räumen zwar ein, dass der dänische und der schwedische Staat an dieser Umstrukturierung beteiligt gewesen seien. Diese Streithelfer machen jedoch geltend, dass die Umstrukturierung nur den im Jahr 2017 beschlossenen und im Jahr 2018 finanzierten Modellwechsel bei Post Danmark umfasst habe. Sie stehe daher in keinem Zusammenhang mit der Erhöhung des Kapitals von PostNord Logistics.

76

Die Klägerinnen treten diesem Vortrag entgegen und machen geltend, dass sich der Begriff „Tätigkeit in Dänemark“ auch auf die Situation von PostNord Logistics beziehe. Zur Stützung ihres Vorbringens legen sie ein von der Gesellschaft McKinsey & Company erstelltes Dokument mit dem Titel „Analysebericht für die Postverhandlungen 2020“ (im Folgenden: McKinsey-Bericht) vor, dessen Vorlage die Kommission als verspätet und somit als unzulässig rügt.

77

Der McKinsey-Bericht wurde von den Klägerinnen nicht als Anlage zur Klageschrift vorgelegt, sondern nur als Anlage zu ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz des Königreichs Dänemark sowie als Anlage zu ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz von PostNord Group und PostNord Logistics.

78

Insoweit bestimmt Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts, dass Beweise und Beweisangebote im Rahmen des ersten Schriftsatzwechsels vorzulegen sind. Jedoch sind der Gegenbeweis und die Erweiterung der Beweisangebote im Anschluss an einen Gegenbeweis der Gegenpartei von der Präklusionsvorschrift von Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung nicht erfasst (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Mai 2021, ITD und Danske Fragtmænd/Kommission, T‑561/18, EU:T:2021:240, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79

Vorliegend wurde, wie oben in Rn. 76 dargelegt, der McKinsey-Bericht vorgelegt, um das Vorbringen des Königreichs Dänemark, von PostNord Group und von PostNord Logistics zu widerlegen, wonach die Gespräche zwischen den Eigentümern von PostNord und dem Verwaltungsrat von PostNord ausschließlich die Umstrukturierung von Post Danmark betroffen hätten.

80

Die Vorlage des McKinsey-Berichts ist daher zulässig.

81

Aus diesem Bericht sowie aus den Erläuterungen, mit denen PostNord Group und PostNord Logistics eine prozessleitende Maßnahme beantwortet haben, geht jedoch hervor, dass PostNord aus operativer Sicht in geografische Einheiten gegliedert ist, nämlich u. a. PostNord Denmark in Dänemark, PostNord Sweden in Schweden, PostNord Finland in Finnland und PostNord Norway in Norwegen. Ihnen ist auch zu entnehmen, dass die geografische Einheit PostNord Denmark sowohl Post Danmark als auch PostNord Logistics (Letztere ist eine in Dänemark tätige Gesellschaft nach dänischem Recht) umfasst (vgl. oben, Rn. 4) und dass der Vorstandsvorsitzende von PostNord Logistics dem operativen Leiter dieser geografischen Einheit untersteht, der auch der Vorstandsvorsitzende von Post Danmark ist.

82

Daher ist nicht auszuschließen, dass es in den Gesprächen zwischen PostNord sowie dem dänischen und dem schwedischen Staat über die Umstrukturierung der „Tätigkeit in Dänemark“ möglicherweise nicht nur um die Tätigkeiten von Post Danmark, sondern auch um die von PostNord Logistics ging.

83

Dies gilt umso mehr, als aus dem Jahresbericht 2017 hervorgeht, dass PostNord Denmark, eine geografische Einheit, die sowohl Post Danmark als auch PostNord Logistics umfasst (vgl. oben, Rn. 81), einer „Umstrukturierung in ein rentables Kommunikations- und Logistikunternehmen … mittels der Umsetzung eines neuen Produktionsmodells“ unterzogen wurde, was dafür spricht, dass PostNord Logistics von dieser Umstrukturierung betroffen sein konnte.

84

Im angefochtenen Beschluss prüfte die Kommission jedoch nicht, ob es solche Gespräche über die Umstrukturierung der Tätigkeit von PostNord in Dänemark gegeben hatte, obwohl ITD in ihrer Beschwerde diesen Gesichtspunkt als Indiz dafür angeführt hatte, dass der dänische und der schwedische Staat bei der Kontrolle und Überwachung der von PostNord genehmigten Kapitalerhöhung eine Rolle gespielt hätten.

85

Unter diesen Umständen belegt der Umstand, dass die Kommission die Verbindungen zwischen PostNord Logistics und der Umstrukturierung der Tätigkeit von PostNord in Dänemark nicht berücksichtigt hat, dass ihre Prüfung der Frage, ob die Kapitalerhöhung diesen Staaten zuzurechnen war, unvollständig und unzureichend war, und stellt somit ein Indiz für das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten dar.

– Zur Art der Tätigkeiten von PostNord

86

Die Klägerinnen machen geltend, dass die Tätigkeiten von PostNord mit dem Universalpostdienst in Dänemark und in Schweden verbunden seien, so dass eine Verbindung zwischen den von PostNord getroffenen Maßnahmen sowie dem dänischen und dem schwedischen Staat naheliege.

87

Insoweit ist die Art der Tätigkeiten eines öffentlichen Unternehmens, das eine Beihilfe gewährt, ein relevantes Indiz, um zu beurteilen, ob diese Beihilfe dem Staat zuzurechnen ist (vgl. oben, Rn. 48). Insbesondere hat das Unionsgericht bereits die Tatsache, dass ein solches Unternehmen Ziele des Gemeinwohls verfolgt, als Indiz dafür angesehen, dass die von ihm ergriffenen Maßnahmen dem Staat, der es kontrolliert, zuzurechnen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Februar 2013, Nitrogénművek Vegyipari/Kommission, T‑387/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:98, Rn. 63, und vom 12. März 2020, Elche Club de Fútbol/Kommission, T‑901/16, EU:T:2020:97, Rn. 58 und 59). Das Gleiche gilt für den Umstand, dass ein öffentliches Unternehmen Tätigkeiten ausübt, die in die Zuständigkeit dieses Staates fallen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Januar 2016, Slowenien/Kommission, T‑507/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:35, Rn. 92).

88

Als Erstes hat die Kommission vorliegend in Rn. 90 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Art der Tätigkeiten von PostNord kein Indiz für die Zurechenbarkeit darstelle, da solche Tätigkeiten rein gewerblich seien, mit Ausnahme des Universalpostdiensts in Dänemark, für den Post Danmark öffentliche Ausgleichsleistungen erhalte.

89

Aus § 3 der Satzung von PostNord geht jedoch hervor, dass der Zweck dieser Gesellschaft hauptsächlich darin besteht, entweder unmittelbar oder mittelbar über Tochtergesellschaften landesweite Postdienste in Dänemark und Schweden bereitzustellen und Tätigkeiten auszuüben, die mit diesen Diensten vereinbar sind. Des Weiteren steht fest, dass die einzigen Betreiber, die mit dem Universalpostdienst für die Hoheitsgebiete Dänemarks und Schwedens betraut wurden, Post Danmark bzw. Posten (Tochtergesellschaften von PostNord) sind, die in diesen Staaten auch die etablierten Betreiber sind.

90

Insoweit stellt der Universalpostdienst eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse dar, zu deren Sicherstellung die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarkts der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998, L 15, S. 14) verpflichtet sind.

91

Daraus folgt, dass PostNord, eine Gesellschaft, deren Verwaltungsrat die Kapitalerhöhung genehmigen musste, Ziele des Gemeinwohls verfolgt, die in die Zuständigkeit des dänischen und des schwedischen Staates fallen. Wie die Klägerinnen im Wesentlichen vorbringen, legt dieser Umstand nahe, dass diese Staaten grundsätzlich den von dieser Gesellschaft getroffenen Entscheidungen besondere Aufmerksamkeit widmen.

92

Insoweit sind die von der Kommission, von PostNord Group und von PostNord Logistics geltend gemachten Umstände, wonach zum einen PostNord auf wettbewerbsorientierten Märkten tätig sei und zum anderen die Kapitalerhöhung einen wirtschaftlich vernünftigen Vorgang darstelle – wenn man sie als gegeben unterstellt – nicht entscheidend für die Feststellung, dass diese Maßnahme für die Staaten, die Aktionäre dieser Gesellschaft sind, nicht von Interesse gewesen sei. Es steht nämlich nichts dem entgegen, dass die Behörden an einer unternehmerischen Handlung eines öffentlichen Unternehmens beteiligt sind, die zwar gegebenenfalls dem Kriterium des privaten Kapitalgebers entsprechen kann, aber in jedem Fall dem Staat zuzurechnen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Juni 2015, SACE und Sace BT/Kommission, T‑305/13, EU:T:2015:435, Rn. 49, und vom 28. Januar 2016, Slowenien/Kommission, T‑507/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:35, Rn. 92).

93

Als Zweites hat die Kommission in Rn. 91 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass zwischen den Tätigkeiten von PostNord Logistics und den Tätigkeiten von Post Danmark, die zum Universalpostdienst gehören, keine Verbindung bestehe.

94

Insoweit trifft es zu, dass der Inhalt der fraglichen Maßnahme ein relevantes Indiz sein kann, um zu beurteilen, ob diese Beihilfe dem Staat zuzurechnen ist (vgl. oben, Rn. 47), und dass vorliegend das Kapital von PostNord Logistics, einer nicht mit einer Universaldienstverpflichtung betrauten Tochtergesellschaft von PostNord Group, erhöht wurde.

95

Da jedoch der Verwaltungsrat von PostNord, einer Gesellschaft, deren Gesellschaftszweck hauptsächlich darin besteht, Postdienste in Dänemark und in Schweden sowie mit diesen Diensten vereinbare Tätigkeiten zu erbringen, die Kapitalerhöhung genehmigen musste, sollten die von ihrem Verwaltungsrat getroffenen Entscheidungen mit diesem Gesellschaftszweck übereinstimmen. Somit durfte sich die Kommission im Stadium des Vorprüfungsverfahrens nicht auf die Feststellung beschränken, dass der Empfänger der Kapitalerhöhung nicht mit dem Universalpostdienst betraut gewesen sei. Die Kommission hätte in der Lage sein müssen, hinreichend konkret auszuschließen, dass die Kapitalerhöhung eine wie auch immer geartete positive oder negative Auswirkung auf die Erbringung dieses Dienstes hat.

96

Daher vermag der Umstand, dass die Kommission den Gesellschaftszweck von PostNord, die die Kapitalerhöhung genehmigen musste, nicht berücksichtigt hat, zu belegen, dass ihre Beurteilung der Frage, ob diese Maßnahme dem dänischen und dem schwedischen Staat zuzurechnen war, unvollständig und unzureichend war, und stellt somit ein Indiz für das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten dar.

– Zum Umfang der Kapitalerhöhung

97

Die Klägerinnen bringen in ihren Stellungnahmen zum Streithilfeschriftsatz des Königreichs Schweden sowie zum Streithilfeschriftsatz von PostNord Group und PostNord Logistics vor, dass der Betrag der Kapitalerhöhung bedeutend sei. Die Kommission hat in ihrer Antwort auf eine Frage, die das Gericht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme gestellt hat, im Wesentlichen die Zulässigkeit dieses Vorbringens beanstandet, weil es sich um neues Vorbringen handele, das erstmals in den oben genannten Stellungnahmen vorgebracht worden sei.

98

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Laufe des Verfahrens unzulässig ist, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Jedoch muss ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und das in engem Zusammenhang mit diesem steht, für zulässig erklärt werden. Um als Erweiterung eines bereits zuvor vorgetragenen Angriffsmittels oder einer bereits zuvor vorgebrachten Rüge betrachtet werden zu können, muss ein neues Argument mit den ursprünglich in der Klageschrift dargelegten Angriffsmitteln oder Rügen einen so engen Zusammenhang aufweisen, dass es als Bestandteil der üblichen sich in einem streitigen Verfahren entwickelnden Erörterung angesehen werden kann (vgl. Urteil vom 5. Mai 2021, ITD und Danske Fragtmænd/Kommission, T‑561/18, EU:T:2021:240, Rn. 183 und die dort angeführte Rechtsprechung).

99

Vorliegend trifft es zu, dass die Klägerinnen in der Klageschrift die Höhe des Betrags der Kapitalerhöhung als solche nicht als Indiz für das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten dargestellt haben, auf die die Kommission bei der Prüfung der Zurechenbarkeit dieser Maßnahme gestoßen sei.

100

In der Klageschrift haben die Klägerinnen jedoch, um darzulegen, dass die Kommission auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen sei, geltend gemacht, dass die Kapitalerhöhung dem dänischen und dem schwedischen Staat zuzurechnen sei, und dazu ausgeführt, dass der Verwaltungsrat von PostNord für diese Maßnahme zuständig sei, da es sich um eine „wichtige“ finanzielle Entscheidung handele.

101

Somit ist in der Klageschrift bereits darauf hingewiesen worden, dass – entgegen dem Vorbringen der Kommission im angefochtenen Beschluss – nach Auffassung der Klägerinnen der Betrag der Kapitalerhöhung als bedeutend anzusehen sei. Das Vorbringen der Klägerinnen zum Betrag der Kapitalerhöhung ist daher, da es einen engen Zusammenhang mit einer in der Klageschrift zumindest implizit erhobenen Rüge aufweist, als Bestandteil der üblichen sich in einem Gerichtsverfahren entwickelnden Erörterung und somit als Erweiterung dieser Rüge anzusehen. Dieses Vorbringen ist daher für zulässig zu erklären.

102

Zur Begründetheit dieses Vorbringens ist darauf hinzuweisen, dass der Umfang einer Maßnahme ein relevanter Gesichtspunkt bei der Beurteilung der Frage sein kann, ob diese Maßnahme dem Staat zuzurechnen ist (vgl. oben, Rn. 47).

103

Vorliegend hat die Kommission in Rn. 98 des angefochtenen Beschlusses die Auffassung vertreten, dass der Betrag der Kapitalerhöhung nicht geeignet sei, einen Verdacht hinsichtlich der Beteiligung des dänischen und des schwedischen Staates zu erwecken, da dieser Betrag 0,3 % des Umsatzes der PostNord-Gruppe ausgemacht habe.

104

Zum einen geht aus dem angefochtenen Beschluss jedoch nicht hervor, dass die Kommission den absoluten Betrag der Kapitalerhöhung berücksichtigt hat, der mit mehr als 15 Mio. Euro nicht als unerheblich anzusehen ist. Insoweit hat das Unionsgericht bereits den Umfang einer von einem öffentlichen Unternehmen vorgenommenen Rekapitalisierungsmaßnahme in Höhe von 10 Mio. Euro bei der Beurteilung, ob diese Maßnahme dem Staat zurechenbar war, berücksichtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Januar 2016, Slowenien/Kommission, T‑507/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:35, Rn. 186). Dieser Betrag erscheint für die Empfängerin der Kapitalerhöhung, PostNord Logistics, deren wirtschaftliche Lebensfähigkeit von ihr abhing, umso bedeutender.

105

Zum anderen hat die Kommission im Stadium der Prüfung des Betrags der Kapitalerhöhung auch nicht berücksichtigt, dass ein solcher Betrag die Schwelle überstieg, ab der konzerninterne Kapitalzuführungen von PostNord, der Muttergesellschaft des Konzerns, genehmigt werden mussten, deren Verwaltungsratsrat enge Verbindungen zum dänischen und zum schwedischen Staat aufwies (vgl. oben, Rn. 62).

106

Unter diesen Umständen zeigt die Beurteilung der Kommission, wonach der Betrag der Kapitalerhöhung nicht geeignet gewesen sei, den Verdacht zu erwecken, dass der dänische und der schwedische Staat am Erlass dieser Maßnahme beteiligt gewesen seien, dass ihre Prüfung der Frage, ob diese Maßnahme diesen Staaten zuzurechnen war, unvollständig und unzureichend war, und stellt somit ein Indiz für das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten dar.

107

Nach alledem ist den Klägerinnen der Nachweis gelungen, dass die Kommission die Frage, ob die Kapitalerhöhung eine Beihilfe darstellte, unvollständig und unzureichend geprüft hat. Somit haben die Klägerinnen den Beweis erbracht, dass es ernsthafte Schwierigkeiten gab, die die Kommission hinsichtlich der Beurteilung der Kapitalerhöhung nicht ausgeräumt hat. Folglich ist der vorliegenden Klage stattzugeben, soweit sie sich gegen den Teil des angefochtenen Beschlusses richtet, in dem die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Kapitalerhöhung dem dänischen und dem schwedischen Staat nicht zuzurechnen sei und daher keine staatliche Beihilfe darstelle.

[nicht wiedergegeben]

Kosten

132

Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, trägt nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung jede Partei ihre eigenen Kosten. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

133

Da der Klage teilweise stattgegeben worden ist, erscheint es vorliegend bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles geboten, den Klägerinnen die Hälfte ihrer eigenen Kosten und der Kommission die übrigen Kosten der Klägerinnen sowie ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

134

Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen das Königreich Dänemark und das Königreich Schweden ihre eigenen Kosten. Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung tragen Jørgen Jensen Distribution, SLD, PostNord Group und PostNord Logistics ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Der Beschluss C(2020) 3006 final der Kommission vom 12. Mai 2020 in den Beihilfesachen SA.52489 (2018/FC) – Dänemark und SA.52658 – Schweden – mutmaßliche staatliche Beihilfe zugunsten von PostNord Logistics wird für nichtig erklärt, soweit nach der Vorprüfungsphase festgestellt wurde, dass die von der PostNord AB am 11. Dezember 2018 genehmigte Erhöhung des Kapitals der PostNord Logistics A/S keine staatliche Beihilfe darstelle.

 

2.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

3.

ITD, Brancheorganisation for den danske vejgodstransport und die Danske Fragtmænd A/S tragen die Hälfte ihrer eigenen Kosten. Ihre übrigen Kosten werden von der Europäischen Kommission getragen.

 

4.

Die Kommission, das Königreich Dänemark, das Königreich Schweden, die Jørgen Jensen Distribution A/S, Specialforeningen for Logistik og Distribution (SLD), die PostNord Group AB und PostNord Logistics tragen ihre eigenen Kosten.

 

da Silva Passos

Gervasoni

Półtorak

Reine

Pynnä

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. September 2023.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

( 1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.

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