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Document 62020CJ0347

Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 27. Januar 2022.
SIA „ Zinātnes parks” gegen Finanšu ministrija.
Vorabentscheidungsersuchen des Administratīvā rajona tiesa.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Strukturfonds – Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) – Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 – Kofinanzierungsprogramm – Staatliche Beihilfen – Verordnung (EU) Nr. 651/2014 – Geltungsbereich – Grenzen – Begriffe ‚gezeichnetes Stammkapital‘ und ‚Unternehmen in Schwierigkeiten‘ – Ausschluss von Unternehmen in Schwierigkeiten von der Unterstützung aus dem EFRE – Modalitäten des Wirksamwerdens einer Erhöhung des gezeichneten Stammkapitals – Datum der Vorlage von Nachweisen für diese Erhöhung – Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Transparenz.
Rechtssache C-347/20.

Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:59

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

27. Januar 2022 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Strukturfonds – Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) – Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 – Kofinanzierungsprogramm – Staatliche Beihilfen – Verordnung (EU) Nr. 651/2014 – Geltungsbereich – Grenzen – Begriffe ‚gezeichnetes Stammkapital‘ und ‚Unternehmen in Schwierigkeiten‘ – Ausschluss von Unternehmen in Schwierigkeiten von der Unterstützung aus dem EFRE – Modalitäten des Wirksamwerdens einer Erhöhung des gezeichneten Stammkapitals – Datum der Vorlage von Nachweisen für diese Erhöhung – Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Transparenz“

In der Rechtssache C‑347/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Administratīvā rajona tiesa (Verwaltungsgericht erster Instanz, Lettland) mit Entscheidung vom 15. Juli 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Juli 2020, in dem Verfahren

SIA „Zinātnes parks“

gegen

Finanšu ministrija

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan (Berichterstatter), des Präsidenten der Vierten Kammer C. Lycourgos sowie der Richter I. Jarukaitis, M. Ilešič und A. Kumin,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: C. Di Bella, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2021,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der SIA „Zinātnes parks“, vertreten durch I. Duka, advokāte,

der lettischen Regierung, ursprünglich vertreten durch K. Pommere und V. Soņeca, dann durch K. Pommere und J. Davidoviča als Bevollmächtigte,

von Irland, vertreten durch M. Browne, J. Quaney, M. Lane und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von D. Fennelly, BL,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, J. Hradil und L. Ozola als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 9. September 2021

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 125 Abs. 3 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 320) sowie von Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 [AEUV] (ABl. 2014, L 187, S. 1).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der SIA „Zinātnes parks“ und dem Finanšu ministrija (Finanzministerium, Lettland) wegen dessen Entscheidung vom 4. November 2019, mit der der Projektvorschlag der SIA „Zinātnes parks“ im Rahmen eines Kofinanzierungsprogramms des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) abgelehnt wurde (im Folgenden: ablehnende Entscheidung).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung (EU) Nr. 1301/2013

3

Im ersten Erwägungsgrund der Verordnung (EU) Nr. 1301/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und mit besonderen Bestimmungen hinsichtlich des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 (ABl. 2013, L 347, S. 289) heißt es:

„Nach Artikel 176 [AEUV] ist es Aufgabe des [EFRE], zum Ausgleich der wichtigsten regionalen Ungleichgewichte in der Union beizutragen. …“

4

Art. 3 („Interventionsbereich des EFRE“) dieser Verordnung bestimmt in Abs. 3:

„Der EFRE unterstützt nicht

d)

Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß der Definition in den Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen;

…“

Verordnung Nr. 1303/2013

5

Die Verordnung Nr. 1303/2013 legt die gemeinsamen Regelungen und die allgemeinen Bestimmungen für den EFRE, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, die gemeinsam als europäische Struktur- und Investitionsfonds bezeichnet werden (im Folgenden: ESI-Fonds), fest.

6

Nach Art. 4 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1303/2013 werden die den ESI-Fonds im Unionshaushalt zugewiesenen Mittel grundsätzlich im Rahmen der zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission geteilten Mittelverwaltung eingesetzt.

7

Art. 26 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1303/2013 lautet:

„(1)   Die ESI-Fonds werden durch Programme im Einklang mit der Partnerschaftsvereinbarung genutzt. Jedes Programm deckt den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2020 ab.

(2)   Die Programme werden von den Mitgliedstaaten oder jedweder von ihnen benannten Behörde in Zusammenarbeit mit den in Artikel 5 genannten Partnern erstellt. Die Mitgliedstaaten erstellen die Programme auf der Grundlage von für die Öffentlichkeit transparenten Verfahren gemäß ihrem institutionellen und rechtlichen Rahmen.“

8

Art. 123 der Verordnung Nr. 1303/2013 verpflichtet jeden Mitgliedstaat, für jedes operationelle Programm eine Verwaltungsbehörde, eine Bescheinigungsbehörde und eine Prüfbehörde zu benennen.

9

Art. 125 der Verordnung Nr. 1303/2013 legt die Aufgaben der Verwaltungsbehörde fest. Nach Abs. 1 dieses Artikels ist diese Behörde dafür verantwortlich, das operationelle Programm im Einklang mit dem Grundsatz der wirtschaftlichen Haushaltsführung zu verwalten.

10

In Bezug auf die Auswahl der Vorhaben sieht Art. 125 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1303/2013 vor, dass die Verwaltungsbehörde

„a)

geeignete Auswahlverfahren und ‑kriterien aufstellen und – nach Billigung – anwenden [muss], die

i)

sicherstellen, dass die Vorhaben zum Erreichen der spezifischen Ziele und Ergebnisse der entsprechenden Prioritäten beitragen;

ii)

nicht diskriminierend und transparent sind;

iii)

den allgemeinen Grundsätzen der Artikel 7 und 8 Rechnung tragen;

d)

sich vor Genehmigung eines Vorhabens vergewissern [muss], dass der Begünstigte über die administrative, finanzielle und operationelle Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der unter Buchstabe c genannten Bedingungen verfügt;

…“

Verordnung Nr. 651/2014

11

Der 14. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 651/2014 lautet:

„Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten sollten nicht unter diese Verordnung fallen, da diese Beihilfen anhand der Leitlinien der Gemeinschaft vom 1. Oktober 2004 für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten [(ABl. 2004, C 244, S. 2)], verlängert durch die Mitteilung der Kommission betreffend die Verlängerung der Anwendbarkeit der Leitlinien der Gemeinschaft vom 1. Oktober 2004 für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten [(ABl. 2012, C 296, S. 3)], beziehungsweise ihrer Folgeleitlinien gewürdigt werden sollten, um deren Umgehung zu verhindern; ausgenommen sind Beihilferegelungen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen. Um Rechtssicherheit hinsichtlich der Frage zu schaffen, ob ein Unternehmen für die Zwecke dieser Verordnung als Unternehmen in Schwierigkeiten gilt, sollten diesbezüglich eindeutige Kriterien festgelegt werden, die auch ohne eine detaillierte Untersuchung der besonderen Lage eines Unternehmens überprüfbar sind.“

12

Art. 1 („Geltungsbereich“) Abs. 4 der Verordnung Nr. 651/2014 bestimmt:

„Diese Verordnung gilt nicht für

c)

Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten, ausgenommen Beihilferegelungen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen.“

13

Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Verordnung Nr. 651/2014 sieht vor:

„Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

18.

‚Unternehmen in Schwierigkeiten‘: Unternehmen, auf das mindestens einer der folgenden Umstände zutrifft:

a)

Im Falle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung …: Mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen. Dies ist der Fall, wenn sich nach Abzug der aufgelaufenen Verluste von den Rücklagen (und allen sonstigen Elementen, die im Allgemeinen den Eigenmitteln des Unternehmens zugerechnet werden) ein negativer kumulativer Betrag ergibt, der mehr als der Hälfte des gezeichneten Stammkapitals entspricht. Für die Zwecke dieser Bestimmung bezieht sich der Begriff ‚Gesellschaft mit beschränkter Haftung‘ insbesondere auf die in Anhang I der Richtlinie 2013/34/EU [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. 2013, L 182, S. 19)] genannten Arten von Unternehmen und der Begriff ‚Stammkapital‘ umfasst gegebenenfalls alle Agios.

c)

Das Unternehmen ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder erfüllt die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger.

…“

Richtlinie (EU) 2017/1132

14

Die Erwägungsgründe 7 und 8 der Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (ABl. 2017, L 169, S. 46) lauten:

„(7)

Der Koordinierung der nationalen Vorschriften über die Offenlegung, die Wirksamkeit eingegangener Verpflichtungen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie die Nichtigkeit dieser Gesellschaften kommt insbesondere zum Schutz der Interessen Dritter eine besondere Bedeutung zu.

(8)

Die Offenlegung sollte es Dritten erlauben, sich über die wesentlichen Urkunden einer Gesellschaft sowie einige sie betreffende Angaben, insbesondere die Personalien derjenigen, welche die Gesellschaft verpflichten können, zu unterrichten.“

15

Art. 4 („Erforderliche Angaben, die in der Satzung, im Errichtungsakt oder in gesonderten Schriftstücken enthalten sein müssen“) der Richtlinie 2017/1132 sieht vor:

„Die Satzung, der Errichtungsakt oder ein gesondertes Schriftstück, das nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offenzulegen ist, enthalten mindestens folgende Angaben:

b)

den Nennbetrag der gezeichneten Aktien und zumindest jährlich deren Zahl;

g)

den eingezahlten Betrag des gezeichneten Kapitals im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit“.

16

Art. 14 („Pflicht zur Offenlegung von Urkunden und Angaben“) der Richtlinie 2017/1132 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit sich die Pflicht zur Offenlegung durch Gesellschaften mindestens auf folgende Urkunden und Angaben erstreckt:

a)

den Errichtungsakt und, falls sie Gegenstand eines gesonderten Aktes ist, die Satzung;

b)

Änderungen der unter Buchstabe a genannten Akte, einschließlich der Verlängerung der Dauer der Gesellschaft;

e)

zumindest jährlich den Betrag des gezeichneten Kapitals, falls der Errichtungsakt oder die Satzung ein genehmigtes Kapital erwähnt und falls die Erhöhung des gezeichneten Kapitals keiner Satzungsänderung bedarf;

…“

17

Art. 16 („Offenlegung im Register“) der Richtlinie 2017/1132 sieht in den Abs. 3 sowie 5 bis 7 vor:

„(3)   Alle Urkunden und Angaben, die nach Artikel 14 der Offenlegung unterliegen, werden in dieser Akte hinterlegt oder in das Register eingetragen; der Gegenstand der Eintragungen in das Register muss in jedem Fall aus der Akte ersichtlich sein.

(5)   Die in Absatz 3 bezeichneten Urkunden und Angaben sind in einem von dem Mitgliedstaat zu bestimmenden Amtsblatt entweder in Form einer vollständigen oder auszugsweisen Wiedergabe oder in Form eines Hinweises auf die Hinterlegung des Dokuments in der Akte oder auf seine Eintragung in das Register bekannt zu machen. Das von dem Mitgliedstaat zu diesem Zweck bestimmte Amtsblatt kann in elektronischer Form geführt werden.

(6)   Die Urkunden und Angaben können Dritten von der Gesellschaft erst nach der Offenlegung gemäß Absatz 5 entgegengehalten werden, es sei denn, die Gesellschaft weist nach, dass die Urkunden oder Angaben den Dritten bekannt waren.

Bei Vorgängen, die sich vor dem sechzehnten Tag nach der Offenlegung ereignen, können die Urkunden und Angaben Dritten jedoch nicht entgegengehalten werden, die nachweisen, dass es ihnen unmöglich war, die Urkunden oder Angaben zu kennen.

(7)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um zu verhindern, dass der Inhalt der nach Absatz 5 offengelegten Informationen und der Inhalt des Registers oder der Akte voneinander abweichen.

Im Fall einer Abweichung kann der nach Absatz 5 offengelegte Text Dritten jedoch nicht entgegengehalten werden; diese können sich jedoch auf den offengelegten Text berufen, es sei denn, die Gesellschaft weist nach, dass der in der Akte hinterlegte oder im Register eingetragene Text den Dritten bekannt war.

Dritte können sich darüber hinaus stets auf Urkunden und Angaben berufen, für die die Formalitäten der Offenlegung noch nicht erfüllt worden sind, es sei denn, die Urkunden oder Angaben sind mangels Offenlegung nicht wirksam.“

18

Nach Anhang II der Richtlinie 2017/1132 gehört zu den in Lettland betroffenen Gesellschaftsformen insbesondere die sabiedrība ar ierobežotu atbildību (Gesellschaft mit beschränkter Haftung), die Rechtsform der Klägerin des Ausgangsverfahrens.

Lettisches Recht

Gesetz über die Verwaltung der Fonds

19

Die Durchführung der Förderung durch Fonds der Union in Lettland ist durch das Eiropas Savienības struktūrfondu un Kohēzijas fonda 2014.–2020. gada plānošanas perioda vadības likums (Gesetz über die Verwaltung der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds der Europäischen Union für den Programmplanungszeitraum 2014–2020) (im Folgenden: Gesetz über die Verwaltung der Fonds) geregelt. Art. 21 („Auswahl der Projektvorschläge“) dieses Gesetzes sieht Folgendes vor:

„1.   Die Auswahl der Projektvorschläge ist:

1)

offen, wenn ein Wettbewerb unter gleichen Bedingungen zwischen den Bewerbern im Hinblick auf die Annahme der Projektvorschläge und die Gewährung einer Finanzierung aus einem Fonds der Europäischen Union stattfindet; …

2.   Die Verbindungsbehörde wählt die Projektvorschläge nach den Auswahlmethoden und den Auswahlbedingungen für Projektvorschläge aus. Die Auswahlbedingungen werden von der Verbindungsbehörde ausgearbeitet und im Einvernehmen mit der zuständigen Behörde und der Verwaltungsbehörde genehmigt.

5.   Die Vorschläge werden von den Bewerbern nach Maßgabe der in den Auswahlbedingungen enthaltenen Bestimmungen vorbereitet und eingereicht.

…“

20

Art. 25 („Annahme, bedingte Annahme oder Ablehnung von Vorschlägen bei öffentlichen Aufrufen zur Einreichung von Projektvorschlägen“) des Gesetzes über die Verwaltung der Fonds bestimmt in den Abs. 3 und 4:

„3.   Der Projektvorschlag ist abzulehnen, wenn mindestens einer der folgenden Umstände erfüllt ist:

2)

Der Vorschlag entspricht nicht den Bewertungskriterien, und die Behebung von Mängeln nach Abs. 4 dieser Vorschrift hätte Auswirkungen auf seinen materiellen Inhalt.

4.   Eine Entscheidung über die bedingte Annahme des Vorschlags ergeht, wenn der Bewerber bestimmte von der Verbindungsbehörde festgelegte Maßnahmen durchführen muss, damit der Vorschlag die Bewertungskriterien vollständig erfüllt und das Projekt in geeigneter Weise durchgeführt werden kann. In dieser Entscheidung sind die entsprechenden Bedingungen anzugeben, deren Einhaltung unter Berücksichtigung der Auswahlbedingungen zu überprüfen ist. Wird eine der in dieser Entscheidung festgelegten Bedingungen nicht oder nicht innerhalb der in der Entscheidung festgelegten Frist erfüllt, gilt der Vorschlag als abgelehnt.“

21

Art. 30 („Klarstellungen zu Projektvorschlägen“) des Gesetzes über die Verwaltung der Fonds bestimmt:

„Zwischen ihrer Einreichung und dem Erlass einer annehmenden, bedingt annehmenden oder ablehnenden Entscheidung sind Klarstellungen zu Projektvorschlägen nicht zulässig.“

Durchführungsverordnung

22

Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beihilfemaßnahme ist durch die Ministru kabineta noteikumi Nr. 612 „Darbības programmas ‚Izaugsme un nodarbinātība‘ 3.1.1. specifiskā atbalsta mērķa ‚Sekmēt MVK izveidi un attīstību, īpaši apstrādes rūpniecībā un RIS3 prioritārajās nozarēs‘ 3.1.1.5. pasākuma ‚Atbalsts ieguldījumiem ražošanas telpu un infrastruktūras izveidei vai rekonstrukcijai‘ otrās projektu iesniegumu atlases kārtas īstenošanas noteikumi“ (Verordnung Nr. 612 des Ministerrats über die Regeln zur Durchführung der zweiten Phase der Projektauswahl für das operationelle Programm „Wachstum und Beschäftigung“, spezifisches Ziel 3.1.1 „Förderung der Gründung und Entwicklung von KMU, insbesondere im produzierenden Gewerbe und in den prioritären RIS3-Bereichen“, Maßnahme 3.1.1.5 „Investitionsbeihilfen zugunsten der Schaffung oder Wiederherstellung von Produktionsstätten und Produktionsinfrastruktur“) vom 25. September 2018 (Latvijas Vēstnesis, 2018, Nr. 101, im Folgenden: Durchführungsverordnung) geregelt. Art. 7 der Durchführungsverordnung sieht vor:

„Die Durchführung der zweiten Phase der Projektauswahl im Rahmen der Maßnahme erfolgt durch einen öffentlichen Aufruf.“

23

In Art. 15 der Durchführungsverordnung heißt es:

„Eine Finanzierung kann nicht gewährt werden, wenn:

15.3. der Bewerber ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne von Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 ist;

…“

Auswahlbedingungen für Projektvorschläge

24

Die praktischen Aspekte der Auswahl von Vorschlägen werden durch die von der Centrālā finanšu un līgumu aģentūra (Zentrale Agentur für Finanzierungen und öffentliches Auftragswesen) (im Folgenden: zuständige nationale Agentur) verfassten Auswahlbedingungen und ihre Anhänge geregelt.

25

Anhang 5 („Methodologie für die Anwendung der Kriterien zur Bewertung von Vorschlägen“) Abschnitt II Abs. 6 der Auswahlbedingungen sieht vor:

„Der Vorschlag ist mit ‚unbedingt positiv‘ zu bewerten, wenn es sich bei dem Bewerber nicht um einen Wirtschaftsbeteiligten in Schwierigkeiten handelt. Die Einstufung als Unternehmen in Schwierigkeiten zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Gewährung der Beihilfe muss auf überprüfbaren und zuverlässigen Angaben über den Bewerber und die mit ihm verbundenen Unternehmen beruhen:

a)

Die Informationen im zuletzt veröffentlichten endgültigen Jahresbericht sind zu überprüfen.

b)

Wird ein von einem vereidigten Rechnungsprüfer genehmigter Zwischenbericht zur Lage des Unternehmens vorgelegt, sind zur Feststellung, ob es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelt, die Daten dieses Berichts zu verwenden.

c)

Verweist der Bewerber auf (überprüfbare) öffentlich zugängliche Informationen und nimmt er dabei auf eine Erhöhung des satzungsmäßigen Kapitals nach dem letzten endgültigen Jahresbericht Bezug, so sind diese – zusammen mit einem von einem vereidigten Rechnungsprüfer genehmigten Zwischenbericht zur Lage des Unternehmens vorgelegten – Angaben zu berücksichtigen.

Der Vorschlag ist mit ‚bedingt positiv‘ zu bewerten, wenn die eingereichten Informationen unvollständig oder nicht spezifisch genug sind. Der Bewerber wird in diesem Fall aufgefordert, Klarstellungen zu den eingereichten Informationen nachzureichen. Die Klarstellungen dürfen sich jedoch nur auf technische, arithmetische und redaktionelle Aspekte beziehen. …“

Handelsgesetzbuch

26

Art. 12 („Registerpublizität“) des Komerclikums (Handelsgesetzbuch) bestimmt:

„1.   Eintragungen im Handelsregister werden gegenüber Dritten im Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wirksam. …

2.   Sind die in das Handelsregister einzutragenden Angaben nicht eingetragen oder sind sie zwar eingetragen, aber nicht veröffentlicht, so können diese Angaben von der Person, zu deren Gunsten sie hätten eingetragen werden müssen, Dritten nicht entgegengehalten werden, es sei denn, dass diese Dritten die Angaben bereits kannten.

…“

27

Art. 196 („Beschlüsse über die Änderung des satzungsmäßigen Kapitals“) des Handelsgesetzbuchs bestimmt:

„1.   Die Erhöhung oder Herabsetzung des satzungsmäßigen Kapitals kann nur durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung erfolgen, in dem die Modalitäten dieser Erhöhung oder Herabsetzung festgelegt werden.

3.   Bei einem Beschluss zur Änderung des satzungsmäßigen Kapitals muss gleichzeitig die entsprechende Änderung der Satzung vorgenommen werden.“

28

Art. 202 („Anträge an das Handelsregister betreffend die Erhöhung des satzungsmäßigen Kapitals“) Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs bestimmt:

„Die Erhöhung des satzungsmäßigen Kapitals gilt mit dem Tag als erfolgt, an dem die neue Höhe des Kapitals in das Handelsregister eingetragen wird.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

29

Im Rahmen eines öffentlichen Aufrufs im Hinblick auf die Auswahl von Projekten zur Gewährung einer Finanzierung aus dem EFRE im Rahmen des Kofinanzierungsprogramms „Wachstum und Beschäftigung“ reichte Zinātnes parks, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung lettischen Rechts, am 30. April 2019, dem letzten Tag der Frist für die Einreichung von Projektvorschlägen, bei der zuständigen nationalen Agentur einen Projektvorschlag ein. Zusammen mit diesem Vorschlag legte die Klägerin einen Beschluss ihrer Gesellschafterversammlung vom 29. April 2019 über die Änderung ihrer Satzung und die Erhöhung ihres satzungsmäßigen Kapitals durch die Einzahlung neuer Anteile am satzungsmäßigen Kapital zuzüglich eines Agios von Seiten eines bestimmten Gesellschafters bis zum Ablauf einer bestimmten Frist vor.

30

In der Bewertungsphase teilte die Klägerin der zuständigen nationalen Agentur mit, die Erhöhung des satzungsmäßigen Kapitals sei am 24. Juli 2019 in das Handelsregister eingetragen worden. Anschließend reichte sie ergänzend einen von einem vereidigten Rechnungsprüfer genehmigten Zwischenbericht zur Lage des Unternehmens ein.

31

Mit seiner ablehnenden Entscheidung lehnte das Finanzministerium den Vorschlag von Zinātnes parks mit der Begründung ab, dass diese Gesellschaft zum Zeitpunkt der Einreichung ihres Vorschlags als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ im Sinne von Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung Nr. 651/2014 anzusehen gewesen sei.

32

Die mit einer Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung befasste Administratīvā rajona tiesa (Verwaltungsgericht erster Instanz, Lettland), das vorlegende Gericht, weist darauf hin, dass zwischen den Parteien unstreitig sei, dass Zinātnes parks, falls die Angaben in ihrem letzten Finanzbericht, der dem Jahr 2018 entspreche, zu berücksichtigen sein sollten, die Eigenschaft eines „Unternehmens in Schwierigkeiten“ im Sinne von Art. 2 Nr. 18 Buchst. a dieser Verordnung hätte. Unstreitig sei auch, dass diese Gesellschaft nach der Erhöhung des Stammkapitals und der Eintragung der entsprechenden Änderungen in das Handelsregister nicht mehr das Kriterium nach Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung Nr. 651/2014 erfülle, um als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ eingestuft zu werden. Dagegen bestünden zwischen den Parteien unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf die Frage, inwieweit die Eintragung der oben genannten Erhöhung des Stammkapitals in das Handelsregister und das Beweisangebot von Zinātnes parks während des Verfahrens zur Prüfung der Vorschläge von der zuständigen nationalen Agentur hätten berücksichtigt werden müssen.

33

In diesem Zusammenhang hegt das vorlegende Gericht zunächst Zweifel, ob das Finanzministerium mit dem Erlass der ablehnenden Entscheidung den Begriff „gezeichnetes Stammkapital“ in Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung Nr. 651/2014 im Licht des in der nationalen lettischen Regelung verwendeten Begriffs „satzungsmäßiges Kapital“ zu Recht dahin ausgelegt hat, dass er allein das Stammkapital bezeichnet, das im Einklang mit den in den nationalen Rechtsvorschriften geregelten Verfahren offengelegt wurde.

34

In der lettischen Rechtsordnung gelte nämlich nach Art. 202 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs die Erhöhung des satzungsmäßigen Kapitals als an dem Tag erfolgt, an dem die neue Höhe des Kapitals in das Handelsregister eingetragen werde, und erst ab diesem Zeitpunkt könne eine solche Erhöhung Dritten entgegengehalten werden. Das vorlegende Gericht weist jedoch darauf hin, dass zum einen Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung Nr. 651/2014 für die Zwecke der Definition des Begriffs „Stammkapital“ nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweise. Zum anderen mache die Richtlinie 2017/1132, insbesondere ihre Art. 14 und 16, die Gültigkeit von Beschlüssen über die Erhöhung des Stammkapitals nicht von einer Vorbedingung abhängig und überlasse den Mitgliedstaaten auch nicht ausdrücklich die Befugnis, die Frage zu regeln.

35

Das vorlegende Gericht fragt sich auch, ob die im Rahmen des Auswahlverfahrens vorgesehenen Anforderungen in Bezug auf die vorzulegenden Unterlagen und insbesondere den Zeitpunkt, zu dem diese vorzulegen sind, für die Beurteilung der finanziellen Situation des Bewerbers relevant sind und ob etwaige Mängel eines Vorschlags in Bezug auf den Nachweis der finanziellen Lage des Bewerbers im Auswahlverfahren gegebenenfalls korrigiert werden können. Das vorlegende Gericht weist nämlich u. a. darauf hin, dass die Auswahlverfahren und ‑kriterien gemäß Art. 125 Abs. 3 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 1303/2013 transparent und nicht diskriminierend sein müssen.

36

Dieses Gericht ist der Ansicht, dass diese Grundsätze auf den ersten Blick dem Prinzip zugrunde lägen, das in Art. 30 des Gesetzes über die Verwaltung der Fonds verankert und in den Auswahlbedingungen präzisiert worden sei, wonach Projektvorschläge nach ihrer Einreichung nicht präzisiert oder ergänzt werden könnten. Folglich müsse die zuständige nationale Agentur die von ihr selbst festgelegten Kriterien einhalten, so dass sie von der Auswahl der Projekte diejenigen Bewerber habe ausschließen müssen, die ein Dokument nicht beigefügt oder eine Information nicht übermittelt hätten, dessen bzw. deren Vorlage nach den für die Auswahl maßgeblichen Bestimmungen vorgeschrieben gewesen sei. Das vorlegende Gericht weist allerdings darauf hin, dass der Gerichtshof zwar im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen bereits festgestellt habe, dass bei der Auswahl von Angeboten auch eine Verpflichtung zur Beachtung ähnlicher Grundsätze bestehe, doch ergebe sich dies nicht ausdrücklich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu staatlichen Beihilfen.

37

Unter diesen Umständen hat die Administratīvā rajona tiesa (Verwaltungsgericht erster Instanz) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist der in Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung Nr. 651/2014 verwendete Begriff „gezeichnetes Stammkapital“ in Verbindung mit anderen Vorschriften des Unionsrechts über die Tätigkeiten von Gesellschaften dahin auszulegen, dass die Bestimmung des gezeichneten Stammkapitals ausschließlich auf der Grundlage der Angaben zu erfolgen hat, die nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten vorgesehenen Modalitäten veröffentlicht worden sind, so dass diese Angaben erst ab dem Zeitpunkt dieser Veröffentlichung als wirksam anzusehen sind?

2.

Sind bei der Subsumtion unter den in Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 verwendeten Begriff „Unternehmen in Schwierigkeiten“ den in dem Projektauswahlverfahren für Europäische Fonds festgelegten Voraussetzungen betreffend die zum Nachweis der finanziellen Lage des betreffenden Unternehmens einzureichenden Dokumente Bedeutung beizumessen?

3.

Ist, falls die zweite Vorlagefrage bejaht wird, eine nationale Regelung über die Auswahl von Projekten, die festlegt, dass Klarstellungen zu den Projektvorschlägen nach deren Einreichung nicht mehr möglich sind, mit den Grundsätzen der Transparenz und der Nichtdiskriminierung vereinbar, die in Art. 125 Abs. 3 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 1303/2013 genannt werden?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

38

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung Nr. 651/2014 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „gezeichnetes Stammkapital“ für die Zwecke der Feststellung, ob sich eine Gesellschaft „in Schwierigkeiten“ im Sinne dieser Bestimmung befindet, dahin zu verstehen ist, dass er sich nur auf Einlagen bezieht, die nach den im nationalen Recht des Mitgliedstaats, in dem diese Gesellschaft gegründet wurde, vorgesehenen Modalitäten offengelegt wurden.

39

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 3 der Verordnung Nr. 1301/2013 Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß der Definition in den Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen von jeglicher Unterstützung aus dem EFRE ausschließt.

40

Zur Zeit des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens wurde der Begriff „Unternehmen in Schwierigkeiten“ durch die in Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 niedergelegten Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen definiert. Statt auf eine einheitliche Definition des Begriffs „Unternehmen in Schwierigkeiten“ zurückzugreifen, nennt diese Bestimmung mehrere alternative Kriterien, zu denen unter Buchst. a gehört, dass bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung Verluste auflaufen, die mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals ausmachen.

41

In Bezug auf den in Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 verwendeten Begriff „gezeichnetes Stammkapital“ wird in dieser Bestimmung jedoch nur präzisiert, dass er gegebenenfalls Agios umfasst. Dagegen enthält weder diese Bestimmung noch eine andere in der Verordnung enthaltene Bestimmung eine Definition dieses Begriffs oder eine Regelung dazu, wann die Wirkung einer Erhöhung dieses Kapitals als eingetreten gilt.

42

Nach ständiger Rechtsprechung folgt aus den Erfordernissen sowohl der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch des Gleichheitssatzes, dass die Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen. Zudem sind Bedeutung und Tragweite von Begriffen, die das Unionsrecht nicht definiert, entsprechend ihrem üblichen Sinn und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie verwendet werden, und der Ziele der Regelung, zu der sie gehören, zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 17. Dezember 2020, BAKATI PLUS, C‑656/19, EU:C:2020:1045, Rn. 38 und 39 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

43

Insoweit ist festzustellen, dass sich der Begriff „Stammkapital“ im Kontext von Gesellschaften mit beschränkter Haftung in seinem üblichen Sinn auf den Wert der Einlagen bezieht, die die Gesellschafter oder Aktionäre einer Gesellschaft dieser – als Gegenleistung für die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen oder Aktien an sie – zur Verfügung gestellt haben oder zu deren Zurverfügungstellung sie sich verpflichtet haben. Der Begriff „gezeichnet“ wird im Allgemeinen verwendet, um den Betrag zu bezeichnen, in Bezug auf den sich die derzeitigen oder künftigen Gesellschafter oder Aktionäre unwiderruflich verpflichtet haben, ihn in die Gesellschaft einzubringen, unabhängig davon, ob die entsprechenden Einlagen bereits eingezahlt wurden oder nicht. Nur wenn diesem Begriff seinerseits das Adjektiv „eingezahlt“ vorausgeht, wird der Ausdruck „gezeichnetes Stammkapital“ ausnahmsweise verwendet, um allein auf das von den Gesellschaftern oder Aktionären tatsächlich eingezahlte Stammkapital Bezug zu nehmen.

44

Daraus folgt, dass der Begriff „gezeichnetes Stammkapital“ in Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung Nr. 651/2014, da er dort ohne weitere nähere Bestimmung verwendet wird, dahin zu verstehen ist, dass er sich auf alle Einlagen bezieht, die die derzeitigen oder künftigen Gesellschafter oder Aktionäre bereits geleistet haben oder zu deren Leistung sie sich unwiderruflich verpflichtet haben.

45

Diese Schlussfolgerung wird durch die Ziele bestätigt, die mit der Verordnung Nr. 651/2014 unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs verfolgt werden.

46

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass mit den alternativen Kriterien für die Definition des Begriffs „Unternehmen in Schwierigkeiten“ in Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 die Tragweite von Art. 1 Abs. 4 dieser Verordnung präzisiert werden soll, wonach diese Verordnung nicht für Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten gilt, ausgenommen Beihilferegelungen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen.

47

Nach dem 14. Erwägungsgrund dieser Verordnung wird mit ihrem Art. 1 Abs. 4 und folglich mit dem Begriff „Unternehmen in Schwierigkeiten“ wiederum das Ziel verfolgt, dafür zu sorgen, dass die den betreffenden Unternehmen gewährten Beihilfen anhand der Leitlinien speziell für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten geprüft werden, um deren Umgehung zu verhindern.

48

Insoweit heißt es in den Rn. 20 und 23 der Mitteilung der Kommission über Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. 2014, C 249, S. 1), auf die der 14. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 651/2014 ausdrücklich verweist, dass „ein Unternehmen dann als Unternehmen in Schwierigkeiten [gilt], wenn es auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher zur Einstellung seiner Geschäftstätigkeiten gezwungen sein wird, wenn der Staat nicht eingreift. … Da ein Unternehmen in Schwierigkeiten in seiner Existenz bedroht ist, kann es nicht als geeignetes Mittel zur Verwirklichung anderer Ziele des öffentlichen Interesses dienen, bis seine Rentabilität gewährleistet ist.“

49

In Anbetracht der Hinweise in dieser Mitteilung der Kommission sind das im 14. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 651/2014 genannte Ziel und das entsprechende Kriterium in Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung Nr. 651/2014 dahin auszulegen, dass damit darauf abgezielt wird, zu beurteilen, ob die betreffende Gesellschaft in der Lage ist, ihre Geschäftstätigkeiten auf kurze oder mittlere Sicht fortzusetzen.

50

Die Prüfung dieses Kriteriums setzt daher die Berücksichtigung aller Einlagen voraus, zu deren Leistung sich die Gesellschafter oder Aktionäre unwiderruflich verpflichtet haben. Selbst wenn diese Einlagen noch nicht eingezahlt sind, stellen sie ebenso wie die eingezahlten Einlagen eine relevante Information über die Fähigkeit der betreffenden Gesellschaft dar, ihre Geschäftstätigkeiten auf kurze oder mittlere Sicht fortzusetzen.

51

Folglich ist der Begriff „gezeichnetes Stammkapital“ im Sinne von Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung Nr. 651/2014 dahin auszulegen, dass es sich um einen autonomen Begriff handelt, der sich auf alle Einlagen bezieht, die die derzeitigen oder künftigen Gesellschafter oder Aktionäre der Gesellschaft geleistet haben oder zu deren Leistung sie sich unwiderruflich verpflichtet haben.

52

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den in Rn. 29 des vorliegenden Urteils angeführten Angaben in den dem Gerichtshof vorgelegten Akten, dass die Gesellschafterversammlung von Zinātnes parks, bevor diese ihr Projekt zum Zweck einer Finanzierung aus dem EFRE im Rahmen eines Kofinanzierungsprogramms bei der zuständigen nationalen Agentur eingereicht hat, ihre Zustimmung dazu gegeben hat, dass ihr satzungsmäßiges Kapital erhöht wird, indem ein bestimmter Gesellschafter innerhalb einer bestimmten Frist neue Gesellschaftsanteile zuzüglich eines Agios zahlt. Im Hinblick auf die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils vorgenommene autonome und einheitliche Auslegung des Begriffs „gezeichnetes Stammkapital“ ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob dieser zum Zeitpunkt der Einreichung des betreffenden Projekts gegebene Sachverhalt das Vorliegen einer unwiderruflichen Verpflichtung des betreffenden Gesellschafters zur Vornahme der entsprechenden Kapitalerhöhung belegt, wobei es die Kriterien zugrunde zu legen hat, die das nationale Recht, nach dem die betreffende Gesellschaft gegründet wurde, hierfür vorsieht.

53

Insoweit ist nämlich darauf hinzuweisen, dass das Unionsrecht zwar in den Kapiteln III und IV des Titels I der Richtlinie 2017/1132 eine Koordinierung der nationalen Vorschriften über die Offenlegung im Bereich der Kapitalerhöhungen von in den Anwendungsbereich dieser Kapitel fallenden Gesellschaften vornimmt. Aus den Erwägungsgründen 7 und 8 sowie aus ihrem Art. 1 erster Gedankenstrich ergibt sich jedoch, dass diese Koordinierung es insbesondere Dritten ermöglichen soll, von den wesentlichen Urkunden der betreffenden Gesellschaft Kenntnis zu erlangen. Dagegen ergibt sich weder aus den Erwägungsgründen der Richtlinie noch aus irgendeiner ihrer Bestimmungen, dass diese Offenlegungsvorschriften Bedingungen darstellen, die beachtet werden müssen, damit die eingegangene Verpflichtung, eine Einlage zu leisten, als unwiderruflich angesehen werden kann.

54

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung Nr. 651/2014 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „gezeichnetes Stammkapital“ für die Zwecke der Feststellung, ob sich eine Gesellschaft „in Schwierigkeiten“ im Sinne dieser Bestimmung befindet, dahin zu verstehen ist, dass er sich auf alle Einlagen bezieht, die die derzeitigen oder zukünftigen Gesellschafter oder Aktionäre einer Gesellschaft geleistet haben oder zu deren Leistung sie sich unwiderruflich verpflichtet haben.

Zur zweiten Frage

55

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1301/2013 dahin auszulegen ist, dass die zuständige Verwaltungsbehörde für die Zwecke der Feststellung, ob ein Bewerber als nicht „in Schwierigkeiten“ im Sinne von Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 befindlich anzusehen ist, nur die Beweisangebote berücksichtigen muss, die den Anforderungen entsprechen, die bei der Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der Projekte bestimmt wurden.

56

Hierzu ist festzustellen, dass es in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1301/2013 lediglich heißt, dass der EFRE Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß der Definition in den Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen nicht unterstützt. Daher ist festzustellen, dass diese Bestimmung keine Angaben zur Art der Beweise enthält, die für die Feststellung herangezogen werden können, dass sich ein Unternehmen nicht in Schwierigkeiten befindet.

57

Allerdings ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 125 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1303/2013, der die Rolle der mit der Verwaltung der operationellen Programme betrauten Verwaltungsbehörden festlegt, dass diese geeignete Auswahlverfahren und ‑kriterien aufstellen und – nach Billigung – anwenden müssen und sich u. a. zu vergewissern haben, dass die Begünstigten der Beihilfen über die finanzielle Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Bedingungen für die Unterstützung verfügen und dass diese Begünstigten somit, soweit es um eine Unterstützung aus dem EFRE geht, nicht „in Schwierigkeiten“ im Sinne von Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 sind.

58

Um dieser Verpflichtung nachzukommen, müssen sich die Verwaltungsbehörden zwangsläufig auf Informationen stützen, die zuverlässig genug sind, um jeden vernünftigen Zweifel im Hinblick auf die finanzielle Situation der betreffenden Gesellschaften auszuschließen.

59

Die Bestimmung der genauen Art der Beweise, die berücksichtigt werden können, fällt, da die Unionsregelung insoweit keinen Hinweis enthält, unter die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, und die zuständigen nationalen Behörden verfügen insoweit über einen Spielraum bei der Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der Projekte.

60

Nach den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität dürfen die entsprechenden Beweisanforderungen jedoch weder höher sein als diejenigen, die für gleichartige Sachverhalte gelten, die dem innerstaatlichen Recht unterliegen, sofern solche Anforderungen es im Falle ihrer Anwendung erlauben würden, die praktische Wirksamkeit von Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1301/2013 zu wahren, noch die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, insbesondere nicht die Ausübung des Rechts eines jeden Projektträgers, das Projekt in sachdienlicher Weise einzureichen, um in den Genuss einer Unterstützung aus dem EFRE zu kommen (vgl. entsprechend Urteile vom 21. Januar 2016, Eturas u. a., C‑74/14, EU:C:2016:42, Rn. 32, und vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 47).

61

Da das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verfahren die Gewährung von Finanzierungen aus dem Unionshaushalt im Rahmen der EFRE‑Programme betrifft und daher eine Maßnahme zur Durchführung des Unionsrechts darstellt, muss es auch mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts im Einklang stehen, zu denen insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit gehören, die von grundlegender Bedeutung sind, wenn es um ein Verfahren geht, in dem Wirtschaftsteilnehmer miteinander konkurrieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2017, Farkas, C‑564/15, EU:C:2017:302, Rn. 50 und 59).

62

Insbesondere impliziert die Beachtung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung, dass für alle Bewerber in einem Programm dieselben Beweisanforderungen gelten und dass diese Anforderungen bekannt gemacht werden (vgl. entsprechend Urteile vom 2. Juni 2016, Pizzo, C‑27/15, EU:C:2016:404, Rn. 37, und vom 11. Mai 2017, Archus und Gama, C‑131/16, EU:C:2017:358, Rn. 26). Was den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz anbelangt, so dürfen danach die Anforderungen nicht über das hinausgehen, was zur Überprüfung der im Unionsrecht aufgestellten materiellen Voraussetzungen erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2021, Rad Service u. a., C‑210/20, EU:C:2021:445, Rn. 34).

63

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob im vorliegenden Fall alle diese Voraussetzungen erfüllt sind. Gleichwohl kann der Gerichtshof diesem Gericht, um es bei dieser Beurteilung zu leiten, alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts geben, die ihm dienlich sein können (vgl. u. a. Urteile vom 16. Juli 2015, CHEZ Razpredelenie Bulgaria, C‑83/14, EU:C:2015:480, Rn. 62, und vom 6. Oktober 2021, A [Grenzüberschreitung mit einem Vergnügungsboot], C‑35/20, EU:C:2021:813, Rn. 85).

64

Insoweit geht aus der von dem vorlegenden Gericht angeführten nationalen Regelung hervor, dass die Einstufung als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ nach den in dieser Regelung für die Zwecke des Auswahlverfahrens festgelegten Anforderungen allein anhand der Informationen vorzunehmen ist, die in dem letzten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten endgültigen Jahresbericht enthalten sind, oder, wenn der Bewerber einen von einem vereidigten Rechnungsprüfer genehmigten Zwischenbericht zur Lage des Unternehmens vorlegt, anhand der darin enthaltenen Informationen. Verweist der Bewerber auf öffentlich zugängliche Informationen und nimmt er dabei auf eine Erhöhung des satzungsmäßigen Kapitals nach dem letzten endgültigen Jahresbericht Bezug, so sind diese – zusammen mit einem von einem vereidigten Rechnungsprüfer genehmigten Zwischenbericht zur Lage des Unternehmens vorgelegten – Angaben zu berücksichtigen.

65

Zunächst ist festzustellen, dass eine solche Regelung grundsätzlich nicht als gegen den Grundsatz der Effektivität verstoßend angesehen werden kann, da eine Gesellschaft grundsätzlich jederzeit einen Zwischenbericht zur Lage des Unternehmens durch einen vereidigten Rechnungsprüfer erstellen lassen kann, ohne dass dies für sie Kosten darstellt, die derart unverhältnismäßig sind, dass eine solche Anforderung einer Gesellschaft, die sich zur Zeit der Erstellung ihres letzten endgültigen Jahresberichts im Sinne von Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 „in Schwierigkeiten“ befand, den Nachweis, dass sie es nicht mehr ist, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren würde.

66

Was sodann die Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz betrifft, geht aus den Akten nicht hervor, dass das vorlegende Gericht Zweifel daran hätte, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Anforderungen ordnungsgemäß veröffentlicht wurden und unterschiedslos anwendbar sind.

67

Was schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anbelangt, so ist in Anbetracht der für die Erstellung von Jahresberichten geltenden Anforderungen, die zur Verlässlichkeit der darin enthaltenen Informationen beitragen, sowie der Garantien, die die Genehmigung der Zwischenberichte zur Lage eines Unternehmens durch einen vereidigten Rechnungsprüfer bietet, nicht ersichtlich, dass die Verpflichtung einer Verwaltungsbehörde, sich ausschließlich auf diese Arten von Dokumenten zu stützen, über das hinausgeht, was zur Überprüfung der in Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 aufgestellten Voraussetzung erforderlich ist.

68

Unter diesen Umständen verbietet es das Unionsrecht grundsätzlich nicht, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende von einer Verwaltungsbehörde verlangt, die finanzielle Situation eines Unternehmens allein anhand der Informationen zu beurteilen, die in dem letzten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten endgültigen Jahresbericht der sich bewerbenden Gesellschaft sowie gegebenenfalls in einem von einem Rechnungsprüfer genehmigten Zwischenbericht zur Lage des Unternehmens, sofern dieser der Verwaltungsbehörde vorgelegt wurde, enthalten sind, es sei denn, durch diese Anforderungen würde der Grundsatz der Äquivalenz missachtet, was von der Verwaltungsbehörde zu prüfen ist.

69

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1301/2013 dahin auszulegen ist, dass die zuständige Verwaltungsbehörde für die Zwecke der Feststellung, ob ein Bewerber als nicht „in Schwierigkeiten“ im Sinne von Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 befindlich anzusehen ist, nur die Beweise berücksichtigen muss, die den Anforderungen entsprechen, die bei der Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der Projekte bestimmt wurden, sofern diese Anforderungen mit den Grundsätzen der Effektivität und der Äquivalenz sowie den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts wie insbesondere den Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen.

Zur dritten Frage

70

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 125 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1303/2013 sowie die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Transparenz, auf die diese Bestimmung verweist, dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der Klarstellungen zu Projektvorschlägen nach deren Einreichung nicht mehr möglich sind.

71

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das vorlegende Gericht nicht angibt, ob es, soweit es in seiner Frage auf die Einreichung von Projekten Bezug nimmt, auf das im nationalen Recht vorgesehene Datum abstellt, bis zu dem Projektvorschläge eingereicht worden sein müssen, oder auf das Datum, zu dem der Projektvorschlag des betreffenden Bieters eingereicht wurde. Aus den Akten geht jedoch hervor, dass im Ausgangsverfahren Zinātnes parks ihre Unterlagen am letzten Tag der im nationalen Recht vorgesehenen Frist für die Einreichung von Projektvorschlägen eingereicht hat. Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob das Unionsrecht die Mitgliedstaaten verpflichtet, Bewerbern zu gestatten, nach Einreichung ihres Projektvorschlags, aber vor Ablauf der dafür geltenden Frist Klarstellungen vorzunehmen. Dagegen stellt sich diese Frage in Bezug auf eventuelle Klarstellungen nach Ablauf dieser Frist.

72

Sodann ist darauf hinzuweisen, dass sich Art. 125 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1303/2013 auf den Hinweis beschränkt, dass sich die zuständige Verwaltungsbehörde vor der Genehmigung von Vorhaben vergewissern muss, dass jeder Begünstigte einer Unterstützung aus dem EFRE über die administrative, finanzielle und operationelle Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Förderbedingungen für jedes Vorhaben verfügt, ohne dass angegeben wird, zu welchem Zeitpunkt diese Leistungsfähigkeit zu beurteilen ist und zu welchem Zeitpunkt die Bewerber dieser Behörde die für die Überprüfung der Leistungsfähigkeit erforderlichen Informationen übermitteln müssen.

73

Da das Unionsrecht nicht regelt, bis wann die erforderlichen Nachweise den Verwaltungsbehörden vorzulegen sind, ist es Sache der Mitgliedstaaten, darüber zu entscheiden, innerhalb der Grenzen, die durch die Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz sowie durch die für jede Verwaltungsbehörde geltende Verpflichtung gezogen werden, die allgemeinen Rechtsgrundsätze, zu denen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz, auf die Art. 125 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1303/2013 verweist, sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehören, genau zu beachten.

74

Was insbesondere die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung angeht, ist darauf hinzuweisen, dass, wenn ein Mitgliedstaat den Bewerbern eine Frist für die Vervollständigung ihrer Unterlagen gesetzt hat, diese Grundsätze die Verwaltungsbehörden verpflichten, alle Vorschläge vom Auswahlverfahren auszuschließen, die bei Ablauf dieser Frist nicht mit den erforderlichen Informationen versehen waren (vgl. entsprechend Urteile vom 6. November 2014, Cartiera dell’Adda, C‑42/13, EU:C:2014:2345, Rn. 42, und vom 2. Juni 2016, Pizzo, C‑27/15, EU:C:2016:404, Rn. 42 bis 44).

75

Im Ausgangsverfahren geht aus den Angaben des vorlegenden Gerichts hervor, dass sich der betreffende Mitgliedstaat, obwohl er davon ausgeht, dass die in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1301/2013 aufgestellte Voraussetzung zum Zeitpunkt der Annahme der Projektvorschläge zu beurteilen ist, dafür entschieden hat, es den Bewerbern zu verbieten, ihre Unterlagen nach Ablauf der Frist für die Einreichung dieser Vorschläge zu vervollständigen.

76

Angesichts dessen, dass die nationalen Verwaltungsbehörden über die für die Prüfung der ihnen vorgelegten Unterlagen erforderliche Zeit verfügen müssen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 10. Februar 1998, Deutschland/KommissionC‑263/95, EU:C:1998:47, Rn. 31, und vom 25. März 2010, Kommission/Spanien, C‑392/08, EU:C:2010:164, Rn. 21), kann diesem Mitgliedstaat indessen nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er den Bewerbern für die Vorlage aller Informationen, die die zuständige Verwaltungsbehörde benötigt, eine Ausschlussfrist gesetzt hat, die vor dem Datum der Annahme der Projektvorschläge abläuft.

77

Sodann könnte, wie die Generalanwältin in Nr. 80 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, die zuständige Verwaltungsbehörde, wenn es den Bewerbern gestattet wäre, ihre Unterlagen nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Projektvorschläge zu vervollständigen, gezwungen sein, wiederholt die gleichen Unterlagen erneut zu prüfen, was insbesondere mit der Gefahr verbunden wäre, dass das Datum der Annahme dieser Vorschläge verschoben werden muss, wodurch die Ziele der Finanzierungsprogramme gefährdet würden, oder dass die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz nicht mehr beachtet werden. Eine solche Möglichkeit könnte der zuständigen Verwaltungsbehörde ferner Mehrkosten verursachen, in Bezug auf die ein Mitgliedstaat nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung berechtigterweise den Standpunkt einnehmen kann, dass er sie nicht tragen möchte.

78

Daher ist festzustellen, dass ein Mitgliedstaat entscheiden kann, dass die Bewerber nicht berechtigt sind, ihre Unterlagen nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Projektvorschlägen zu ergänzen, auch wenn die nationalen Rechtsvorschriften vorsehen, dass die genannte in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1301/2013 aufgestellte Voraussetzung zu einem späteren Zeitpunkt zu beurteilen ist.

79

Im Einklang mit dem Äquivalenzgrundsatz sind im nationalen Recht die Verfahren zu ermitteln, die im Hinblick auf ihren Gegenstand, ihren Rechtsgrund und ihre wesentlichen Merkmale mit dem Verfahren vergleichbar sind, das für die Inanspruchnahme einer Unterstützung aus dem EFRE vorgesehen ist, und es ist sicherzustellen, dass diese Verfahren nicht günstiger sind als das Verfahren, das im Ausgangsverfahren in Rede steht, indem sie es den Bewerbern ermöglichen, ihre Unterlagen nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Projektvorschlägen zu ergänzen (vgl. entsprechend Urteil vom 26. September 2018, Belastingdienst/Toeslagen [Aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels], C‑175/17, EU:C:2018:776, Rn. 42 bis 44).

80

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 125 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1303/2013 sowie die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Transparenz, auf die diese Bestimmung verweist, dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der Klarstellungen zu Projektvorschlägen nach Ablauf der Frist für deren Einreichung nicht mehr möglich sind. Entsprechend dem Äquivalenzgrundsatz muss sich diese fehlende Möglichkeit für die Bewerber, ihre Unterlagen nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Projektvorschlägen zu ergänzen, jedoch auf alle Verfahren beziehen, die gegebenenfalls im Hinblick auf ihren Gegenstand, ihren Rechtsgrund und ihre wesentlichen Merkmale mit dem Verfahren, das für die Inanspruchnahme einer Unterstützung aus dem EFRE vorgesehen ist, als vergleichbar angesehen werden können.

Kosten

81

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 [AEUV] ist dahin auszulegen, dass der Begriff „gezeichnetes Stammkapital“ für die Zwecke der Feststellung, ob sich eine Gesellschaft „in Schwierigkeiten“ im Sinne dieser Bestimmung befindet, dahin zu verstehen ist, dass er sich auf alle Einlagen bezieht, die die derzeitigen oder zukünftigen Gesellschafter oder Aktionäre einer Gesellschaft geleistet haben oder zu deren Leistung sie sich unwiderruflich verpflichtet haben.

 

2.

Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1301/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und mit besonderen Bestimmungen hinsichtlich des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 ist dahin auszulegen, dass die zuständige Verwaltungsbehörde für die Zwecke der Feststellung, ob ein Bewerber als nicht „in Schwierigkeiten“ im Sinne von Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 651/2014 befindlich anzusehen ist, nur die Beweise berücksichtigen muss, die den Anforderungen entsprechen, die bei der Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der Projekte bestimmt wurden, sofern diese Anforderungen mit den Grundsätzen der Effektivität und der Äquivalenz sowie den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts wie insbesondere den Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen.

 

3.

Art. 125 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates sowie die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Transparenz, auf die diese Bestimmung verweist, sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der Klarstellungen zu Projektvorschlägen nach Ablauf der Frist für deren Einreichung nicht mehr möglich sind. Entsprechend dem Äquivalenzgrundsatz muss sich diese fehlende Möglichkeit für die Bewerber, ihre Unterlagen nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Projektvorschlägen zu ergänzen, jedoch auf alle Verfahren beziehen, die gegebenenfalls im Hinblick auf ihren Gegenstand, ihren Rechtsgrund und ihre wesentlichen Merkmale mit dem Verfahren, das für die Inanspruchnahme einer Unterstützung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung vorgesehen ist, als vergleichbar angesehen werden können.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Lettisch.

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