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Document 62020CC0328

    Schlussanträge des Generalanwalts J. Richard de la Tour vom 20. Januar 2022.


    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:45

     SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    JEAN RICHARD DE LA TOUR

    vom 20. Januar 2022 ( 1 )

    Rechtssache C‑328/20

    Europäische Kommission

    gegen

    Republik Österreich

    „Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit – Verordnung (EG) Nr. 883/2004 – Art. 4, 7 und 67 – Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Verordnung (EU) Nr. 492/2011 – Art. 7 – Gleichbehandlung – Familienleistungen – Soziale und steuerliche Vergünstigungen – Anpassung der Höhe von Leistungen und Vergünstigungen nach dem Preisniveau im Wohnsitzstaat der Kinder“

    I. Einleitung

    1.

    Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass

    1.

    die Republik Österreich durch die Einführung eines Anpassungsmechanismus in Bezug auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für Erwerbstätige, deren Kinder ständig in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, gegen ihre Verpflichtungen

    aus Art. 4, 7 und 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ( 2 ) sowie

    aus Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union ( 3 ) verstoßen hat und

    2.

    die Republik Österreich durch die Einführung eines Anpassungsmechanismus in Bezug auf den Familienbonus Plus, den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Alleinerzieherabsetzbetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag für Wanderarbeitnehmer, deren Kinder ständig in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 verstoßen hat.

    2.

    Die Kommission ist im Wesentlichen der Auffassung, dass das Unionsrecht bei seinem gegenwärtigen Stand den Mitgliedstaaten keinen Ermessensspielraum einräume, um die Höhe der von ihnen gewährten Familienleistungen an das Preisniveau des Wohnsitzstaats des betreffenden Kindes anzupassen, und dass diese Anpassung sowie die Anpassung bestimmter Steuervergünstigungen für Familien diskriminierend seien und nicht als notwendige und verhältnismäßige Maßnahme angesehen werden könnten.

    3.

    In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich die Gründe erläutern, aus denen ich der Ansicht bin, dass die von der Kommission vorgebrachten Rügen begründet sind.

    II. Rechtlicher Rahmen

    A. Unionsrecht

    1.   Verordnung Nr. 883/2004

    4.

    Die Erwägungsgründe 8, 12 und 16 der Verordnung Nr. 883/2004 lauten:

    „(8)

    Der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung ist für Arbeitnehmer, die nicht im Beschäftigungsmitgliedstaat wohnen, einschließlich Grenzgängern, von besonderer Bedeutung.

    (12)

    Im Lichte der Verhältnismäßigkeit sollte sichergestellt werden, dass der Grundsatz der Gleichstellung von Sachverhalten oder Ereignissen nicht zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Ergebnissen oder zum Zusammentreffen von Leistungen gleicher Art für denselben Zeitraum führt.

    (16)

    Innerhalb der [Europäischen Union] ist es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, Ansprüche der sozialen Sicherheit vom Wohnort der betreffenden Person abhängig zu machen; in besonderen Fällen jedoch – vor allem bei besonderen Leistungen, die an das wirtschaftliche und soziale Umfeld der betreffenden Person gebunden sind – könnte der Wohnort berücksichtigt werden.“

    5.

    Art. 1 Buchst. z dieser Verordnung bestimmt:

    „Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

    z)

    ‚Familienleistungen‘ alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I.“

    6.

    Art. 3 Abs. 1 Buchst. j der Verordnung Nr. 883/2004 sieht Folgendes vor:

    „Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften, die folgende Zweige der sozialen Sicherheit betreffen:

    j)

    Familienleistungen.“

    7.

    Art. 4 („Gleichbehandlung“) der Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt:

    „Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.“

    8.

    Art. 5 („Gleichstellung von Leistungen, Einkünften, Sachverhalten oder Ereignissen“) der Verordnung Nr. 883/2004 lautet:

    „Sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt ist, gilt unter Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:

    a)

    Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Bezug von Leistungen der sozialen Sicherheit oder sonstiger Einkünfte bestimmte Rechtswirkungen, so sind die entsprechenden Rechtsvorschriften auch bei Bezug von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gewährten gleichartigen Leistungen oder bei Bezug von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünften anwendbar.

    b)

    Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.“

    9.

    Art. 7 („Aufhebung der Wohnortklauseln“) der Verordnung Nr. 883/2004 sieht Folgendes vor:

    „Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.“

    10.

    Art. 67 („Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen“) der Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt:

    „Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ein Rentner hat jedoch Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats.“

    2.   Verordnung Nr. 492/2011

    11.

    Art. 7 Abs. 1 und 2 in Kapitel I Abschnitt 2 („Ausübung der Beschäftigung und Gleichbehandlung“) der Verordnung Nr. 492/2011 bestimmt:

    „(1)   Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.

    (2)   Er genießt dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.“

    B. Österreichisches Recht

    1.   FLAG

    12.

    Nach § 1 des Bundesgesetzes betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen ( 4 ) vom 24. Oktober 1967 werden die vorgesehenen Leistungen „[z]ur Herbeiführung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie … gewährt“.

    13.

    § 2 Abs. 1 und 8 FLAG bestimmt:

    „(1)   Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

    a)

    für minderjährige Kinder,

    (8)   Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.“

    14.

    § 4 FLAG lautet:

    „(1)   Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

    (2)   Österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 oder gemäß § 5 Abs. [4] vom Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person [§ 5 Abs. (4)] Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

    (3)   Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.

    (6)   Die Ausgleichszahlung gilt als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe finden jedoch auf die Ausgleichszahlung keine Anwendung.

    …“

    15.

    § 5 Abs. 3 und 4 FLAG bestimmt:

    „(3)   Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

    (4)   Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, für die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht. Die Gewährung einer Ausgleichszahlung (§ 4 Abs. 2) wird dadurch nicht ausgeschlossen.“

    16.

    § 8 FLAG bestimmt:

    „(1)   Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird.

    (2)   Die Familienbeihilfe beträgt monatlich

    3.

    ab 1. Jänner 2018

    a)

    114 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats der Geburt,

    b)

    121,9 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 3. Lebensjahr vollendet,

    c)

    141,5 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 10. Lebensjahr vollendet,

    d)

    165,1 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet.

    (3)   Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind

    3.

    ab 1. Jänner 2018, wenn sie

    a)

    für zwei Kinder gewährt wird, um 7,1 €,

    b)

    für drei Kinder gewährt wird, um 17,4 €,

    c)

    für vier Kinder gewährt wird, um 26,5 €,

    d

    für fünf Kinder gewährt wird, um 32 €,

    e)

    für sechs Kinder gewährt wird, um 35,7 €,

    f)

    für sieben und mehr Kinder gewährt wird, um 52 €.

    (4)   Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist,

    3.

    ab 1. Jänner 2018 um 155,9 €.

    (8)   Für jedes Kind, das in einem Kalenderjahr das 6. Lebensjahr bereits vollendet hat oder vollendet und das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erhöht sich die Familienbeihilfe für den September dieses Kalenderjahres um 100 €.“

    17.

    § 8a FLAG sieht vor:

    „(1)   Die Beträge an Familienbeihilfe (§ 8) für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum [vom 2. Mai 1992 ( 5 )] oder der Schweiz aufhalten, sind auf Basis der [von Eurostat] veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des [EWR] und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen.

    (2)   Die Beträge an Familienbeihilfe nach Abs. 1 gelten erstmals ab 1. Jänner 2019 auf Basis der zum Stichtag 1. Juni 2018 zuletzt veröffentlichten Werte nach Abs. 1. Die Beträge sind in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.

    (3)   Die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend oder der Bundesminister für Frauen, Familien und Jugend hat gemeinsam mit der Bundesministerin für Finanzen oder dem Bundesminister für Finanzen die Berechnungsgrundlagen und die Beträge nach Abs. 1 und 2 sowie die Beträge nach § 33 Abs. 3 Z 2 [des Bundesgesetzes über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen ( 6 ) vom 7. Juli 1988 ( 7 )] mit Verordnung kundzumachen.“

    18.

    § 53 FLAG bestimmt:

    „(1)   Staatsbürger von Vertragsparteien des [EWR-Abkommens] sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

    (4)   Abs. 1 zweiter Satz findet in Bezug auf § 8a Abs. 1 bis 3 keine Anwendung.

    (5)   § 26 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung … findet in Bezug auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz bis 31. Dezember 2018 Anwendung. Ab 1. Jänner 2019 ist für Leistungen nach diesem Bundesgesetz § 26 Abs. 3 [der Bundesabgabenordnung] nur für Personen mit Dienstort im Ausland, die im Auftrag einer Gebietskörperschaft tätig werden, sowie für deren Ehegatten und Kinder anwendbar.“

    2.   EStG

    19.

    § 33 EStG sieht vor:

    „…

    (2)   Von dem sich nach Abs. 1 ergebenden [Steuerbetrag] sind Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:

    1.

    Der Familienbonus Plus gemäß Abs. 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs. 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.

    2.

    Die Absetzbeträge nach Abs. 4 bis 6.

    (3)   Steuerpflichtigen, denen auf Grund des [FLAG] Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Abweichend davon gilt:

    1.

    Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der … Union, eines Staates des [EWR] oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu.

    2.

    Für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des [EWR-Abkommens] oder der Schweiz aufhalten, ist die Höhe des Kinderabsetzbetrages auf Basis der [von Eurostat] veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des [EWR] und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:

    a)

    Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist erstmals ab 1. Jänner 2019 auf Basis der zum Stichtag 1. Juni 2018 zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.

    b)

    Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist gemäß § 8a Abs. 3 des [FLAG] kundzumachen.

    (3a)   Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem [FLAG] gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des [EWR-Abkommens] oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

    1.

    Der Familienbonus Plus beträgt

    a)

    bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,

    b)

    nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.

    2.

    Abweichend von Z 1 ist für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des [EWR-Abkommens] oder der Schweiz aufhalten, die Höhe des Familienbonus Plus sowie der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 auf Basis der [von Eurostat] veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des [EWR] und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:

    a)

    Die Höhe des Familienbonus Plus und der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 ist ab 1. Jänner 2019 auf Basis der zum Stichtag 1. Juni 2018 zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.

    b)

    Der Bundesminister für Finanzen hat die Berechnungsgrundlagen und die Beträge mit Verordnung bis spätestens 30. September nach dem Stichtag gemäß lit. a kundzumachen[ ( 8 )].

    5.

    § 26 Abs. 3 zweiter Satz der Bundesabgabenordnung kommt nicht zur Anwendung. Davon ausgenommen sind Ehegatten und Kinder von Steuerpflichtigen mit Dienstort im Ausland, die im Auftrag einer Gebietskörperschaft tätig sind.

    (4)   Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des [EWR-Abkommens] oder der Schweiz aufhält:

    1.

    Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

    bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

    bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

    Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.

    2.

    Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

    bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

    bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

    Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

    3.

    Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu …

    4.

    Abweichend von Z 1 bis 3 bestimmt sich die Höhe der Absetzbeträge für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des [EWR-Abkommens] oder der Schweiz aufhalten, nach Abs. 3a Z 2. Steht ein Absetzbetrag für mehrere Kinder zu und halten diese sich in unterschiedlichen Ländern auf, sind zuerst ältere vor jüngeren anspruchsvermittelnden Kindern zu berücksichtigen.

    5.

    § 26 Abs. 3 zweiter Satz der Bundesabgabenordnung kommt nicht zur Anwendung. Davon ausgenommen sind Ehegatten und Kinder von Steuerpflichtigen mit Dienstort im Ausland, die im Auftrag einer Gebietskörperschaft tätig sind.

    (7)   Ergibt sich nach Abs. 1 eine Einkommensteuer unter 250 Euro und steht der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu, gilt bei Vorhandensein eines Kindes (§ 106 Abs. 1) Folgendes:

    1.

    Die Differenz zwischen 250 Euro und der Steuer nach Abs. 1 ist als Kindermehrbetrag zu erstatten.

    2.

    Hält sich das Kind ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des [EWR-Abkommens] oder der Schweiz auf, tritt an die Stelle des Betrages von 250 Euro der Betrag, der sich bei Anwendung des Abs. 3a Z 2 ergibt.

    Dieser Betrag erhöht sich für jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um den Betrag von 250 Euro oder den an seine Stelle tretenden Betrag.

    (8)   

    1.

    Ergibt sich nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, ist insoweit der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu erstatten.

    …“

    3.   Bundesabgabenordnung

    20.

    § 26 der Bundesabgabenordnung bestimmt:

    „(1)   Einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

    (2)   Den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. …

    (3)   In einem Dienstverhältnis zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes stehende österreichische Staatsbürger, die ihren Dienstort im Ausland haben (Auslandsbeamte), werden wie Personen behandelt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am Ort der die Dienstbezüge anweisenden Stelle haben. Das gleiche gilt für deren Ehegatten, sofern die Eheleute in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben, und für deren minderjährige Kinder, die zu ihrem Haushalt gehören.“

    III. Vorverfahren

    21.

    Mit Mahnschreiben vom 25. Januar 2019 machte die Kommission die Republik Österreich auf Bedenken hinsichtlich der Einführung eines Mechanismus zur Anpassung der Höhe von Familienleistungen sowie der sozialen und steuerlichen Vergünstigungen, die von Österreich zugunsten von Arbeitnehmern mit Kindern gewährt werden, nach dem allgemeinen Preisniveau jenes Mitgliedstaats, in dem sich das Kind ständig aufhält, ab dem 1. Jänner 2019 aufmerksam.

    22.

    Die Kommission war der Auffassung, dass eine Anpassung der Höhe der Familienleistung an den Wohnort des Kindes gegen Art. 7 und 67 der Verordnung Nr. 883/2004 verstoße, wonach Leistungen, die in Geld bestünden, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt werden dürften, dass ein Familienangehöriger wie ein Kind in einem anderen Mitgliedstaat wohne. Außerdem seien von der Anpassung der Leistungen und Vergünstigungen der Republik Österreich für Kinder vornehmlich Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten, und nicht österreichische Arbeitnehmer, betroffen. Eine derartige mittelbare Diskriminierung verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und nach Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011.

    23.

    In ihrer Antwort auf das Mahnschreiben vom 25. März 2019 machte die Republik Österreich geltend, dass

    im Unionsrecht selbst vergleichbare Anpassungsmechanismen vorgesehen seien;

    es zulässig sei, die Höhe der Familienleistung an den Wohnort des Kindes anzupassen, da Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 nicht vorschreibe, dass die Höhe der für die in einem anderen Mitgliedstaat wohnenden Kinder gezahlten Leistungen der entsprechen müsse, die für in Österreich wohnende Kinder gezahlt werde, und

    keine mittelbare Diskriminierung vorliege, da es sachlich gerechtfertigt und der Kohärenz der vergleichbaren Entlastung aller Arbeitnehmer geschuldet sei, wenn die Pauschalbeträge der Leistungen oder der Vergünstigung dem Preisniveau am Wohnort des Kindes angepasst würden.

    24.

    Da die Kommission diese Antwort nicht für zufriedenstellend hielt, gab sie am 26. Juli 2019 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie im Wesentlichen an ihrem Standpunkt festhielt. Sie wies darauf hin, dass es im Unionsrecht keine vergleichbaren Regelungen gebe und dass Pauschalbeträge gewährt würden, die nicht nach dem Preisniveau in den verschiedenen Gegenden innerhalb Österreichs und dem ständigen Aufenthalt des Kindes angepasst würden. Eine unterschiedliche Höhe der Leistungen und Vergünstigungen für Kinder, die für diejenigen angewandt werde, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnten, stelle eine mittelbare Diskriminierung dar, weil sie Wanderarbeitnehmer härter treffe als österreichische Arbeitnehmer. Der pauschale Charakter der Höhe dieser Leistungen und der Vorteile zeige, dass sie nicht von den tatsächlichen Kosten für den Unterhalt eines Kindes abhingen und daher keine gerechtere Verteilung der Lasten, die Familien bei der Versorgung von Kindern zu tragen hätten, gewährleisteten.

    25.

    Mit Schreiben vom 24. Oktober 2019 antwortete die Republik Österreich auf diese mit Gründen versehene Stellungnahme, dass die Familienleistungen und die sozialen und die steuerlichen Vergünstigungen nicht einfach Pauschalbeträge seien, sondern dem tatsächlichen Bedarf entsprächen. Außerdem stehe der Umstand, dass die fraglichen Leistungen und Vergünstigungen als Pauschalbeträge gewährt würden, nicht dem entgegen, dass deren Höhe nach dem Preisniveau am Wohnort der Kinder angepasst werde. Diese Anpassung sei keine Ungleichbehandlung, sondern stelle nur sicher, dass der Arbeitnehmer, der die Leistungen und Vergünstigungen empfange, dadurch in jedem Fall die gleiche Entlastung erhalte, unabhängig davon, wo sich das Kind tatsächlich aufhalte. Selbst wenn eine mittelbare Diskriminierung vorläge, wäre diese u. a. durch das Ziel der Ausgewogenheit der Aufwendungen für das Sozialsystem sowie das Ziel der Berücksichtigung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Begünstigten gerechtfertigt.

    26.

    Da die Kommission diese Antwort nicht für überzeugend hielt, hat sie gemäß Art. 258 AEUV die vorliegende Klage erhoben.

    IV. Anträge der Parteien

    27.

    Mit ihrer Klage beantragt die Kommission,

    festzustellen, dass die Republik Österreich durch die Einführung eines Anpassungsmechanismus in Bezug auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für Erwerbstätige, deren Kinder ständig in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, gegen ihre Verpflichtungen

    aus den Art. 7 und 67 der Verordnung Nr. 883/2004 sowie

    aus Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 verstoßen hat;

    festzustellen, dass die Republik Österreich durch die Einführung eines Anpassungsmechanismus in Bezug auf den Familienbonus Plus, den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Alleinerzieherabsetzbetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag für Wanderarbeitnehmer, deren Kinder ständig in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 verstoßen hat; und

    der Republik Österreich die Kosten des Verfahrens auferlegen.

    28.

    Die Republik Österreich beantragt,

    die Klage abzuweisen;

    der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

    29.

    Mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofs sind die Tschechische Republik (6. November 2020), die Republik Kroatien (20. November 2020), die Republik Polen (19. November 2020), Rumänien (12. November 2020), die Republik Slowenien (22. Oktober 2020) und die Slowakische Republik (22. Oktober 2020) als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

    30.

    Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs ist das Königreich Dänemark (20. November 2020) als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Republik Österreich zugelassen worden.

    31.

    Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 18. Dezember 2020 sind die EFTA-Überwachungsbehörde und das Königreich Norwegen als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission bzw. der Republik Österreich zugelassen worden.

    32.

    Die Kommission kommt in ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen zu dem Ergebnis, dass die Streithilfeschriftsätze der Tschechischen Republik, der Republik Kroatien, der Republik Polen, Rumäniens, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik und der EFTA-Überwachungsbehörde zur Gänze die Argumente der Kommission unterstützten, während das Vorbringen in den Streithilfeschriftsätzen des Königreichs Dänemark und des Königreichs Norwegen nicht geeignet sei, diese Argumente zu entkräften.

    33.

    In ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen führt die Republik Österreich aus, dass sie sich den Ausführungen des Königreichs Norwegen und des Königreichs Dänemark vollinhaltlich anschließe und dass die Streithelfer auf Seiten der Kommission kein neues Argument vorbrächten. Sie halte ihre in der Klagebeantwortung gestellten Anträge – auf die auch in der Gegenerwiderung verwiesen worden sei – weiterhin vollinhaltlich aufrecht.

    V. Würdigung

    34.

    Die Kommission macht zur Stützung ihrer Klage, die sich auf die Feststellung gründet, dass die Republik Österreich in Abweichung vom gesetzlich festgelegten Pauschalbetrag eine Anpassung der Höhe der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags sowie verschiedener anderer Steuervergünstigungen, nämlich des Familienbonus Plus, des Alleinverdienerabsetzbetrags, des Alleinerzieherabsetzbetrags und des Unterhaltsabsetzbetrags, nach dem Preisniveau in dem Mitgliedstaat ( 9 ) vorsehe, in dem sich das Kind, das den Anspruch auf diese Leistungen eröffne, ständig aufhalte, zwei Rügen geltend.

    35.

    Die erste Rüge betrifft einen Verstoß gegen die Art. 7 und 67 der Verordnung Nr. 883/2004. Mit der zweiten Rüge wird ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 geltend gemacht.

    A. Zur ersten Rüge: Verstoß gegen die Art. 7 und 67 der Verordnung Nr. 883/2004

    1.   Vorbringen der Parteien

    a)   Die Kommission

    36.

    Mit ihrer ersten Rüge macht die Kommission geltend, die Republik Österreich verstoße dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 7 und 67 der Verordnung Nr. 883/2004, dass die Regelung dieses Mitgliedstaats die Anpassung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags für die Erwerbstätigen, die dem österreichischen Sozialversicherungssystem angeschlossen seien, deren Kinder aber in einem anderen Mitgliedstaat wohnten, vorsehe.

    37.

    Die Kommission führt Folgendes aus:

    Die Republik Österreich gewähre Personen, die in Österreich arbeiteten, für ihre Kinder die Familienleistung und die soziale Vergünstigung, die die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag darstellten, in Form einheitlicher Pauschalbeträge.

    Nach den von der Republik Österreich vorgelegten Nachweisen und entgegen der Auffassung des Königreichs Dänemark und des Königreichs Norwegen würden diese Beträge vom österreichischen Gesetzgeber nur nach Maßgabe des Alters der Kinder und ihrer Zahl, unabhängig von ihren tatsächlichen Bedürfnissen und damit ihrem sozialen Umfeld, festgelegt.

    Seit dem 1. Januar 2019 sähen die österreichischen Regelungen vor, dass diese staatlichen Leistungen nach dem allgemeinen Preisniveau jenes Mitgliedstaates anzupassen seien, in dem sich das Kind ständig aufhalte.

    38.

    Die Kommission macht Folgendes geltend:

    Es stehe fest, dass die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag, die staatliche Geldleistungen seien, die die Kosten für den Unterhalt von Kindern verringern sollten, eine Familienleistung nach Art. 1 Buchst. z und nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. j der Verordnung Nr. 883/2004 seien.

    Diese Leistungen würden aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestands unabhängig von einer im Ermessen liegenden individuellen Prüfung der persönlichen Bedürftigkeit der Kinder gewährt ( 10 ). Nach § 8 Abs. 1 FLAG werde die Familienbeihilfe nach der Anzahl und dem Alter der Kinder berechnet, ebenso wie die Absetzbeträge, die unter den Voraussetzungen von § 33 Abs. 3, 3a, 4, 7 und 8 EStG gewährt würden.

    Die Republik Österreich trage zwar vor, dass der österreichische Gesetzgeber die für den Unterhalt von Kindern erforderlichen Standardausgaben als Ausgangspunkt gewählt habe, doch habe sie nicht nachgewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen der Höhe der österreichischen Familienbeihilfe und den gewöhnlichen Kosten für den Unterhalt eines Kindes bestehe.

    Dies gelte auch für die zusätzlichen Beträge für den Schulbesuch und für erheblich behinderte Kinder, für die die Republik Österreich zu diesen Pauschalbeträgen auch nicht nachweise, dass sie im Zusammenhang mit dem sozialen Umfeld der Kinder stünden, zumal sie auf der Schulpflicht in Österreich beruhten und nicht auf der Schulpflicht in dem Mitgliedstaat, in dem das Kind die Schule besuche. So sei die Erhöhung für den Schulbesuch gerade nicht vom tatsächlichen Schulbesuch abhängig, sondern allein vom Alter des Kindes.

    Hingegen werde der Unterhalt, den ein Elternteil aufgrund des österreichischen Privatrechts einem Kind in Geld zu leisten habe, konkret und individuell anhand der Lebensverhältnisse der Eltern und anhand des Bedarf des Kindes bemessen.

    Die Höhe der Familienleistungen könne nicht davon abhängen, dass die Familienangehörigen ( 11 ) des Erwerbstätigen in dem Mitgliedstaat wohnten, in dem die Leistungen erbracht würden, wie es Art. 7 der Verordnung Nr. 883/2004 im Fall einer Kürzung oder Änderung der Leistungen und Art. 67 dieser Verordnung in seiner Auslegung durch den Gerichtshof im Urteil vom 18. September 2019, Moser ( 12 ), ausdrücklich vorsähen.

    Diese Art. 7 und 67 seien eingeführt worden, nachdem der Gerichtshof das Urteil vom 15. Januar 1986, Pinna ( 13 ), zur Auslegung von Art. 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ( 14 ) erlassen habe, an dessen Stelle Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 getreten sei, der im Wesentlichen seinen Inhalt übernommen habe. Daraus ergebe sich im Licht der Schlussanträge des Generalanwalts Mancini in dieser Rechtssache ( 15 ), dass Familienleistungen nicht allein deshalb der Höhe nach angepasst werden dürften, weil Familienangehörige in einem anderen Mitgliedstaat wohnten.

    Art. 67 dieser Verordnung enthalte keine Angabe, dass Art. 7 der Verordnung in einer abweichenden Weise anzuwenden sei, anders als Art. 63 und Art. 70 Abs. 3 dieser Verordnung, die die Leistungen bei Arbeitslosigkeit bzw. besondere beitragsunabhängige Geldleistungen beträfen.

    Das vom Unionsgesetzgeber verfolgte Ziel bestehe darin, zu vermeiden, dass ein Erwerbstätiger aus einem anderen Mitgliedstaat davon abgehalten werde, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, wie der Gerichtshof im Urteil Pinna ausgeführt habe.

    Durch den Anpassungsmechanismus für Familienleistungen, der zu einer Änderung ihrer Höhe danach führe, in welchem Mitgliedstaat die Kinder wohnten, behandele Österreich diese Familienleistungen aber gerade nicht so, als ob die Familienangehörigen in Österreich wohnten.

    39.

    Auf das Vorbringen des Königreichs Dänemark, dass auch Art. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 883/2004 dafür spreche, dass eine Anpassung der Familienleistungen an den Wohnort des Kindes zulässig sei, trägt die Kommission vor, dass darin im Gegenteil dieselbe Fiktion des Wohnortes im zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Bestimmung enthalten sei, wenn dieser in einem anderen Mitgliedstaat eingetretene Tatsachen oder Ereignisse berücksichtigen müsse, was ihre Auslegung der Art. 7 und 67 der Verordnung bestätige.

    40.

    Zum Beschluss der im Europäischen Rat vereinigten Staats- und Regierungschefs über eine neue Regelung für das Vereinigte Königreich innerhalb der Europäischen Union ( 16 ), auf den sich die Republik Österreich beruft, weil dieser Beschluss vorsehe, dass die Kommission einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung Nr. 883/2004 vorlegen werde, um es den Mitgliedstaaten zu erlauben, Sozialleistungen für Kinder zu indexieren, die sich in einem anderen Mitgliedstaat aufhielten als demjenigen, in dem der Arbeitnehmer wohne, weist die Kommission zum einen darauf hin, dass diese Verordnung aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Union nicht geändert worden sei. Zum anderen ergebe sich aus dem von der Republik Österreich angeführten Impact Assessment der Änderung dieser Verordnung, soweit eine der in Aussicht genommenen Optionen in einer Anpassung der exportierten Familienleistungen entsprechend dem Lebensstandard im Wohnmitgliedstaat der Kinder bestanden habe ( 17 ), nicht, dass eine solche Indexierung mit dem geltenden Unionsrecht vereinbar sei, da darin insoweit Vorbehalte enthalten seien ( 18 ) und sie von dieser Option keinen Gebrauch gemacht habe.

    b)   Republik Österreich

    41.

    Was erstens die Familienbeihilfe betrifft, trägt die Republik Österreich vor, dass nach § 1 FLAG die Gewährung der Familienbeihilfe der Herbeiführung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie diene und dass die in § 8 Abs. 2 FLAG vorgesehene Erhöhung der Familienbeihilfebeträge mit steigendem Alter des Kindes, von dem die Höhe der Kosten abhänge, diesem Ziel entspreche. Das FLAG habe verschiedene Beihilfen für Familien, die seit den frühen Nachkriegsjahren, ursprünglich in Form von Sachleistungen, gewährt worden seien, um Familien gezielt zu unterstützen, zu einer einzigen Beihilfe zusammengeführt.

    42.

    Die Republik Österreich macht unter Berufung auf § 8 FLAG Folgendes geltend:

    Die Familienbeihilfe habe stets auf den typischen Aufwand zur Bestreitung des Lebensunterhalts von Kindern in Österreich als Maßstab abgestellt.

    Sie werde als Pauschalbetrag ausgezahlt, eines Nachweises über konkrete Aufwendungen bedürfe es nicht.

    Dieses System beruhe auf dem Gedanken, dass die „Grundkosten“, die ein Kind in Österreich verursache, bei allen Eltern immer gleich hoch seien.

    Dass die Leistungen nach Maßgabe des tatsächlichen Versorgungsbedarf des Kindes und der mit seinem wirtschaftlichen und sozialen Umfeld eng verbundenen Unterhaltskosten ( 19 ) berechnet würden, ergebe sich zum einen „grundsätzlich“ daraus, dass ihre Höhe nach dem Alter der Kinder ( 20 ), und insbesondere im September für den Schuljahresbeginn, während der gesamten Dauer der Schulpflicht sowie bei erheblichen Behinderungen der Kinder steige. Zum anderen werde ihre Höhe herabgesetzt, wenn ein 19-jähriges Kind über ein bestimmtes Einkommen verfüge.

    43.

    Die Familienbeihilfe, die den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten oder Grundbedürfnissen entspreche, sei nach Maßgabe des Lohn- und Preisniveaus sowie der Inflation erhöht worden. Umgekehrt habe sie aus Budgetgründen abgesenkt werden können.

    44.

    Zur Finanzierung und zu den Anspruchsvoraussetzungen der Familienbeihilfe führt die Republik Österreich Folgendes aus:

    Der Aufwand für die Familienbeihilfe werde vom Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen getragen ( 21 ).

    Die Mittel des Ausgleichsfonds würden insbesondere ( 22 ) durch Beiträge der Dienstgeber aufgebracht ( 23 ), die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigten ( 24 ).

    Selbständig Erwerbstätige zahlten nur als Arbeitgeber diese Beiträge, die nicht auf der Grundlage ihres Einkommens, sondern nach Maßgabe der ihren Arbeitnehmern gezahlten Arbeitslöhne berechnet würden.

    Diese Art von Beiträgen sei als eine Art Sondersteuer ausgestaltet, die von der Summe der Arbeitslöhne aller Dienstnehmer ( 25 ) berechnet werde, unabhängig davon, ob sie Kinder hätten oder nicht.

    Anders als Sozialversicherungsbeiträge sei der Dienstgeberbeitrag nicht als Abzug vom Bruttolohn des einzelnen Dienstnehmers ausgestaltet, und die Zahlung von Familienbeihilfe sei weder an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Österreich gemäß § 2 Abs. 1 FLAG noch an die Höhe der Beiträge des Arbeitgebers oder der Selbständigen geknüpft.

    45.

    Zweitens führt die Republik Österreich zum Kinderabsetzbetrag aus, dass gemäß § 33 Abs. 3 EStG Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt werde, im Weg der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von 58,40 Euro für jedes Kind zustehe. Wirtschaftlich komme dem Kinderabsetzbetrag daher der Charakter eines Zuschlags zur Familienbeihilfe zu. Anders als die Familienbeihilfe werde der Kinderabsetzbetrag jedoch nicht aus Mitteln des Ausgleichsfonds finanziert, sondern gehe zu Lasten des allgemeinen Steueraufkommens.

    46.

    Dagegen stellten der Familienbonus Plus und die übrigen in Rede stehenden Absetzbeträge ( 26 ) keinen Beitrag zum Kindesunterhalt dar, sondern, durch eine Erleichterung der Steuerlast, einen Ausgleich dafür, dass erwerbstätige Steuerpflichtige mit Kindern weniger leistungsfähig seien als erwerbstätige Steuerpflichtige ohne Kinder mit gleichem Einkommen. Diese Leistungsfähigkeit werde unter Berücksichtigung des Regelbedarfs (bzw. Durchschnittsbedarfs) für den Unterhalt eines Kindes, einschließlich der für sein Leben unerlässlichen Tätigkeiten, bewertet.

    47.

    Die Republik Österreich begründet ihre Entscheidung, die Höhe der in Rede stehenden Familienleistungen und Steuervergünstigungen ( 27 ) nach Maßgabe des Wohnsitzstaats des Kindes auf der Basis der von Eurostat veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus anzupassen, insbesondere mit dem Zweck der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, Eltern einen Teil jener Kosten zu refundieren, die sie für die Lebenshaltung ihres Kindes typischerweise aufzuwenden haben, sowie der Tatsache, dass diese Kosten naturgemäß vom Preisniveau am Ort des ständigen Aufenthalts abhängen.

    48.

    Die Zunahme der Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union und der damit einhergehende undifferenzierte Export der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags unabhängig davon, in welchem Staat die Kinder, für die Leistungen gewährt würden, ihren ständigen Aufenthalt hätten, hätten zunehmend zu Verzerrungen im Leistungssystem geführt. Habe das Kind in einem Mitgliedstaat mit niedrigerer Kaufkraft gelebt, sei es zu einem über die angestrebte Entlastung hinausgehenden Förderungseffekt gekommen ( 28 ). Umgekehrt sei Entlastung unter dem angestrebten Ausmaß geblieben, wenn das Kind in einem Mitgliedstaat mit höherer Kaufkraft gelebt habe.

    49.

    Drittens vertritt die Republik Österreich in Beantwortung der ersten Rüge der Kommission die Auffassung, dass der Mechanismus zur Anpassung der Höhe der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags für alle Arbeitnehmer unabhängig davon, ob sie Österreicher seien oder nicht, nicht nach den Art. 7 und 67 der Verordnung Nr. 883/2004 verboten sei.

    50.

    Die Republik Österreich macht Folgendes geltend:

    Im vorliegenden Fall sei allein Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 anwendbar, da er spezielle Vorschriften über den Export von Familienleistungen für Familienangehörige enthalte, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnten, während Art. 7 dieser Verordnung alle dort geregelten Leistungen der sozialen Sicherheit zum Gegenstand habe.

    Einer Berücksichtigung der konkreten Art, Zielsetzung und Ausgestaltung der betreffenden Familienleistung stehe der Wortlaut dieses Art. 67 nicht entgegen; wie das Königreich Norwegen zutreffend festhalte, liefe umgekehrt die Verpflichtung, in jedem Fall absolute Beträge exportieren zu müssen, dem Wortlaut von Art. 67 – sowie auch von Art. 7 – der Verordnung Nr. 883/2004 zuwider.

    Auch die Höhe der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags sei ihrem Wert nach nicht vom Aufenthalt der Kinder in Österreich abhängig, da diese Leistungen einen Teil der für die Lebenshaltung von Kindern aufzuwendenden Kosten ausgleichen sollten, die vom Preisniveau des Ortes abhängig seien, an dem das Kind lebe.

    51.

    In diesem Zusammenhang verweist die Republik Österreich auch auf Folgendes:

    Der 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 883/2004 halte fest, dass der Wohnort bei Leistungen, die an das wirtschaftliche und soziale Umfeld der betreffenden Person gebunden seien, berücksichtigt werden könnte ( 29 ).

    Aus dem Urteil vom 15. März 2001, Offermanns ( 30 ), ergebe sich, dass der Ausdruck „Ausgleich von Familienlasten“ einen staatlichen Beitrag zum Familienbudget erfasse, der die Kosten des Unterhalts von Kindern verringern solle; darin zeige sich bereits, dass Familienleistungen in einem direkten Zusammenhang mit den Kosten stünden, die für den Unterhalt eines Kindes aufzuwenden seien, und sie könnten daher auch an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten angepasst werden.

    Die Republik Österreich weist auf die Schlussanträge des Generalanwalts Slynn in der Rechtssache, in der das Urteil Lenoir ( 31 ) ergangen sei, und auf Rn. 16 dieses Urteils hin, in der der Gerichtshof in Bezug auf eine Beihilfe in Form eines pauschalen Betrags, der zu Beginn des Schuljahres gezahlt worden sei, entschieden habe, dass es mit der Verordnung Nr. 1408/71 vereinbar sei, dass ein Empfänger von Familienleistungen, der einem Mitgliedstaat angehöre und im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats wohne, von den Trägern der sozialen Sicherheit seines Herkunftslandes nicht die Zahlung der Beihilfe bei Schuljahresbeginn verlangen könne, wenn sie nicht ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und des Alters von Kindern, sondern unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen und sozialen Umfelds und damit auch des Wohnorts des Betroffenen berechnet würden.

    Aus dem Urteil Moser, insbesondere den Rn. 53 und 54, gehe hervor, dass das Ziel ( 32 ) der nationalen Regelung entscheidend sei. Da es im vorliegenden Fall darum gegangen sei, während eines Kinderbetreuungszeitraums eine Ersatzleistung für das Erwerbseinkommen bereitzustellen, habe der Gerichtshof entschieden, dass für die Berechnung der nach Art. 68 der Verordnung Nr. 883/2004 zu gewährenden Differenzzahlungen für eine Familienleistung die tatsächlichen Einkommensverhältnisse im Beschäftigungsstaat heranzuziehen seien.

    52.

    So vertritt die Republik Österreich erstens die Auffassung, die Kommission könne nicht unter Berufung auf die Urteile Lenoir und Moser geltend machen, dass Leistungen, die als Pauschalbetrag gewährt würden – anders als Leistungen, die unmittelbar in Bezug auf tatsächliche Umstände beim Begünstigten gewährt würden – keinesfalls angepasst werden dürften. Die Republik Österreich ist insoweit der Ansicht, dass die in Rede stehenden Leistungen mit denen vergleichbar seien, die Gegenstand des Urteils Lenoir gewesen seien. Auch im Rahmen der Familienbeihilfe würden Kosten für die Anschaffung von Bedarfsartikeln – nicht nur, aber etwa auch im Zusammenhang mit dem Schulstart – pauschaliert refundiert. Außerdem sei die im Urteil Moser in Rede stehende Berücksichtigung des Ziels der in Rede stehenden Leistung auf den vorliegenden Fall übertragbar.

    53.

    Konkret macht die Republik Österreich geltend, dass die im Sinne des Anpassungsmechanismus an die Kaufkraft im Aufenthaltsmitgliedstaat der Kinder angepasste Familienbeihilfe in einer Reihe von Mitgliedstaaten mit einem Faktor unter 100 % noch immer – zum Teil sogar beträchtlich – höher sei als die Leistung am Wohnort der Kinder. Sie nennt zwei Beispiele für den einer Familie mit einem neugeborenen Kind gezahlten Betrag: So habe die Höhe der Familienbeihilfe in Ungarn im Jahr 2020 monatlich 12200 ungarische Forint (HUF) betragen, das seien umgerechnet rund 34 Euro; die von Österreich gezahlte angepasste Familienbeihilfe zuzüglich Kinderabsetzbetrag habe 99,13 Euro betragen, also fast das Dreifache. Ebenso habe das Kindergeld in der Slowakei im Jahr 2020 monatlich rund 24,95 Euro betragen; die angepasste Familienbeihilfe zuzüglich Kinderabsetzbetrag habe 122,57 Euro betragen, also fast das Fünffache der slowakischen Beihilfe ( 33 ).

    54.

    Zweitens ist die die Republik Österreich der Ansicht, die Kommission könne sich nicht auf das Urteil Pinna beziehen, da es eine nationale Regelung betreffe, die die Gewährung von Familienleistungen ausschließe, was sie von dem von ihr eingeführten Mechanismus zur Anpassung der gezahlten Leistungen unterscheide.

    55.

    Der Gerichtshof habe dabei in Anbetracht des Gegenstands der französischen Regelung, die in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, in Rede gestanden habe, auch gerade nicht die Überlegungen des Generalanwalts Mancini ( 34 ) zu Regelungen, die eine Anpassung der exportierten Leistungen vorsähen, übernommen. Außerdem könne diese Ansicht auf die österreichische Familienbeihilfe nicht übertragen werden, weil diese die Lebenshaltungskosten berücksichtige; darüber hinaus seien weder die Familienbeihilfe noch der Kinderabsetzbetrag – zumal sie unabhängig von einem allfälligen Erwerbseinkommen gebührten – „integrierender Bestandteil des Grundgehalts“ ( 35 ).

    56.

    Drittens weist die Republik Österreich zum Argument der Kommission, dass die neue Regelung für das Vereinigte Königreich nie in Kraft getreten sei ( 36 ), darauf hin, dass die Zusage an das Vereinigte Königreich jedoch die unterschiedlichen Preisniveaus in der Union und zusätzlich auch – anders als die im gegenständlichen Vertragsverletzungsverfahren zu beurteilenden Regelungen – die Höhe der Leistungen für Kinder im Wohnstaat hätte berücksichtigen sollen. In Punkt 2 seiner Schlussfolgerungen habe der Europäische Rat festgestellt, dass die von ihm getroffenen Vereinbarungen „mit den Verträgen voll und ganz im Einklang stehen“ ( 37 ) und die Kommission sei davon ausgegangen, dass die gewählte Option nicht gegen Art. 48 AEUV verstoßen würde ( 38 ).

    57.

    Zwar sei eine Anpassung der Verordnung Nr. 883/2004 ins Auge gefasst worden, nicht jedoch eine Anpassung der Verordnung Nr. 492/2011. Folglich enthalte Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011 – wie auch Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 – kein über das Primärrecht hinausgehendes Diskriminierungsverbot.

    58.

    Die Republik Österreich weist abschließend darauf hin, dass eine Änderung der Verordnung Nr. 883/2004 für jene Fälle nicht erforderlich gewesen wäre, in denen ein Mitgliedstaat eine Familienleistung, die an die Lebenshaltungskosten und damit an das wirtschaftliche und soziale Umfeld im Mitgliedstaat geknüpft sei, beim Export nach objektiven Regeln sowohl „nach oben“ als auch „nach unten“ anpasse, und dass dies bei ihrer Regelung der Fall sei, die folglich von der im Jahr 2016 geplanten Maßnahme für das Vereinigte Königreich zu unterscheiden sei.

    2.   Würdigung

    59.

    Gegenstand der Vertragsverletzungsklage der Kommission ist die österreichische Regelung, die ab dem 1. Januar 2019 die Anpassung der Höhe bestimmter Familienleistungen sowie von sozialen und steuerlichen Vergünstigungen nach oben oder unten nach dem allgemeinen Preisniveau des Mitgliedstaats vorsieht, in dem sich die Kinder, die den Anspruch auf diese Leistungen eröffnen, ständig aufhalten, und zwar auf der Grundlage des Verhältnisses zwischen dem von Eurostat für jeden Mitgliedstaat der Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveau und dem der Republik Österreich ( 39 ).

    60.

    Die erste Rüge dieser Klage, mit der ein Verstoß gegen die Art. 7 und 67 der Verordnung Nr. 883/2004 geltend gemacht wird, betrifft die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag.

    61.

    Nach ihrem Art. 3 Abs. 1 Buchst. j gilt die Verordnung Nr. 883/2004 für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die Familienleistungen betreffen.

    62.

    Im vorliegenden Fall steht fest, dass die in Rede stehenden österreichischen Leistungen „Familienleistungen“ im Sinne von Art. 1 Buchst. z dieser Verordnung darstellen, da dieser Ausdruck alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I dieser Verordnung, bezeichnet ( 40 ).

    63.

    Folglich unterliegen diese Leistungen, wie die Kommission zu Recht geltend macht, der allgemeinen Regel von Art. 7 („Aufhebung der Wohnortklauseln“) der Verordnung Nr. 883/2004 betreffend u. a. die Höhe der Geldleistungen, da diese Bestimmung vorsieht, dass Geldleistungen nicht aufgrund der Tatsache gekürzt oder geändert werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

    64.

    Mit dieser Regel wird der in Art. 48 Abs. 1 Buchst. b AEUV aufgestellte Grundsatz der Exportierbarkeit der Leistungen der sozialen Sicherheit wiederholt. Die Festsetzung der Höhe dieser Leistungen nach dem Wohnsitz der Familienangehörigen stellt daher eine Verletzung des Freizügigkeitsrechts dar, das den Unionsbürgern verliehen wird ( 41 ).

    65.

    Art. 7 der Verordnung Nr. 883/2004 sieht zwar darin ausdrücklich zugelassene Vorbehalte vor ( 42 ). Allerdings gehört Art. 67 dieser Verordnung nicht zu diesen. Vielmehr wird durch diese Bestimmung in Kapitel 8 der Verordnung, das Familienleistungen betrifft, der Grundsatz abgestuft, dass der Wohnort der Familienangehörigen in einem Mitgliedstaat, der nicht derjenige ist, der diese Leistungen gewährt, keine Auswirkung hat, wie die Kommission und die Mehrheit der Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Kommission beigetreten sind, geltend machen.

    66.

    Insoweit hat der Gerichtshof noch unlängst darauf hingewiesen, dass Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 verhindern soll, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung oder die Höhe von Familienleistungen davon abhängig machen kann, dass die Familienangehörigen des Erwerbstätigen in dem Mitgliedstaat wohnen, in dem die Leistungen erbracht werden ( 43 ).

    67.

    Folglich bin ich unter Berücksichtigung der Fiktion, wonach der Arbeitnehmer und seine gesamte Familie in dem Mitgliedstaat, in dem er von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, wohnen ( 44 ), die in Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004, der die Gleichbehandlung der Wanderarbeitnehmer gewährleistet, aufgestellt wird, der Ansicht, dass es ohne Änderung dieser Bestimmung ( 45 ) nicht zulässig ist, dass ein Mitgliedstaat in seine Regelung eine Ausnahme vom Grundsatz der strikten Gleichwertigkeit der Höhe der Familienleistungen einführt, indem er davon ausgeht, dass dieses Erfordernis in Übereinstimmung mit dem vom nationalen Gesetzgeber verfolgten Ziel, nämlich dem Ausgleich von Familienlasten, nur wertmäßig erfüllt werden kann.

    68.

    Dieses Ergebnis wird zum einen durch die allgemeine Systematik der Verordnung Nr. 883/2004 bestätigt, deren Art. 68 die Prioritätsregeln vorsieht, die ein ungerechtfertigtes Zusammentreffen von Leistungen verhindern sollen, wenn für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren sind ( 46 ), und zum anderen durch Art. 60 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 ( 47 ), der von der EFTA-Überwachungsbehörde und der Tschechischen Republik angeführt wird und der das Verfahren bei der Anwendung von Art. 67 und 68 der Verordnung Nr. 883/2004 festlegt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist insoweit das verfolgte Ziel, dem Empfänger der von mehreren Mitgliedstaaten gezahlten Leistungen einen Gesamtbetrag an Leistungen zu garantieren, der gleich dem Betrag der günstigsten Leistung ist, die ihm nach dem Recht nur eines dieser Staaten zusteht ( 48 ). Dieses System beruht auf dem allgemeinen Gedanken, dass ein Wanderarbeitnehmer, wenn er in einem Mitgliedstaat Sozialabgaben und Steuern entrichtet, die gleichen Leistungen wie die eigenen Staatsangehörigen erhalten können muss ( 49 ). Dieses System wäre wirkungslos, wenn einer der Mitgliedstaaten das Recht hätte, die Höhe der Leistungen an den Wohnort des Begünstigten anzupassen.

    69.

    Dieser Auslegung widersprechende Argumente leitet die Republik Österreich, unterstützt durch das Königreich Dänemark und das Königreich Norwegen, aus den Urteilen Pinna ( 50 ), Lenoir ( 51 ) und Moser ( 52 ) ab. Sie sind meines Erachtens aufgrund der Entwicklung des Inhalts der auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit anwendbaren Verordnungen und der Tragweite dieser Urteile zurückzuweisen.

    70.

    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Exportierbarkeit von Familienleistungen vom Gerichtshof im Urteil Pinna, und sodann im Urteil Lenoir, das darauf Bezug nimmt ( 53 ), festgestellt worden ist. Aus dem Vorbringen der Parteien, auf das der Gerichtshof im Urteil Pinna ( 54 ) hingewiesen hat, ergibt sich sogar, dass der Rechtsstreit, der zu diesem Urteil geführt hat, den Unterschied hinsichtlich des Betrags oder der Höhe je nachdem, in welchem Staat die betreffenden Familienangehörigen wohnten, zum Gegenstand hatte, was zur Folge hatte, dass die erworbenen Rechte des Arbeitnehmers nach dem Recht, dem er unterlag, und damit das Ziel, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, in Frage gestellt wurden.

    71.

    Zweitens hat die im Urteil Lenoir zugelassene Ausnahme für den Fall, dass Leistungen gewährt werden, die eng an das soziale Umfeld ( 55 ) gebunden sind, meines Erachtens begrenzte Tragweite.

    72.

    Diese Entscheidung ist nämlich in dem rechtlichen Rahmen zu betrachten, auf dessen Grundlage sie ergangen ist, nämlich Art. 1 Buchst. u der Verordnung Nr. 1408/71, der zwischen den Familienbeihilfen – wobei dieser Begriff regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und gegebenenfalls des Alters von Familienangehörigen gewährt werden, bezeichnet – und Familienleistungen – wobei dieser Begriff alle Sach- oder Geldleistungen bezeichnet, die zum Ausgleich von Familienlasten bestimmt sind, jedoch mit Ausnahme der in Anhang I aufgeführten besonderen Geburtsbeihilfen – unterschied ( 56 ).

    73.

    Außerdem wurde, wie die Republik Polen dargelegt hat, die vom Gerichtshof im Urteil Lenoir anerkannte Abweichung vom Grundsatz der Exportierbarkeit von Leistungen der sozialen Sicherheit auf andere beitragsunabhängige Sonderleistungen erstreckt ( 57 ).

    74.

    Zum einen hat aber der Unionsgesetzgeber in Art. 1 Buchst. z der Verordnung Nr. 883/2004 eine solche Unterscheidung zwischen verschiedenen für Familien bestimmte Leistungen nicht übernommen. Zum anderen wurde das Kriterium des wirtschaftlichen und sozialen Umfelds als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz in Art. 7 dieser Verordnung betreffend Wohnortklauseln nur für Leistungen zugelassen, die in den sachlichen Anwendungsbereich von Art. 70 dieser Verordnung fallen ( 58 ).

    75.

    Was drittens das Urteil Moser betrifft, das nach Ansicht der Republik Österreich und des Königreichs Norwegen die Annahme rechtfertigt, dass das Ziel der betreffenden Leistung entscheidend sei, bin ich der Ansicht, dass die Auslegung des Gerichtshofs nicht übertragbar ist. Die Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen ist, betraf nämlich ein Kinderbetreuungsgeld, das in seiner einkommensabhängigen Variante eine Ersatzleistung für das Erwerbseinkommen darstellte. Seine Höhe hing ausdrücklich von der des bisherigen Einkommens ab, was es gerechtfertigt hat, dass der Gerichtshof eine Auslegung im Einklang mit dem Ziel vornimmt, den Einkommensausfall auszugleichen, indem er festgestellt hat, dass die Höhe der Leistung nach Maßgabe des tatsächlichen Einkommens zu berechnen war. Die vom Gerichtshof in diesem Urteil gewählte Lösung beruht somit nicht auf der Möglichkeit, eine Familienleistung je nach dem Wohnort ihres Empfängers an das wirtschaftliche und soziale Umfeld anzupassen.

    76.

    Im vorliegenden Fall ist die Bezugnahme auf das Urteil Moser erst recht nicht relevant, um die Anpassung der Höhe der Familienleistungen zu rechtfertigen, wenn diese nicht von den tatsächlichen Kosten abhängt und aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestands unabhängig von einer im Ermessen liegenden individuellen Prüfung der persönlichen Bedürftigkeit der Berechtigten gewährt wird ( 59 ).

    77.

    Wie die Kommission und die zu ihrer Unterstützung als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten weise ich nämlich darauf hin, dass sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt, dass die von der Republik Österreich gewährten Familienbeihilfen der Definition in der Verordnung Nr. 1408/71 entsprechen, nämlich, dass es sich um regelmäßige Geldleistungen handelt, die der Familie des Berechtigten ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und gegebenenfalls des Alters von Familienangehörigen gewährt werden.

    78.

    Insoweit weise ich erstens darauf hin, dass nach dem Wortlaut von § 8 FLAG der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe sich nach der Anzahl und dem Alter der Kinder bestimmt, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird. Zweitens wird der Zusammenhang zwischen der Höhe dieser Leistung und dem tatsächlichen Preisniveau, auf dessen Grundlage sie berechnet wird, nicht näher erläutert ( 60 ). Die Republik Österreich kann sich daher nicht auf das Vorbringen beschränken, der Umstand, dass die Höhe dieser Leistung mit zunehmendem Alter steige, zeige, dass diese „grundsätzlich“ mit den Kosten für den Unterhalt des Kindes zusammenhänge.

    79.

    Allgemein geht aus der fraglichen nationalen Regelung weder hervor, welche laufenden Kosten als Grundlage für die Festlegung des Pauschalbetrags der Familienleistungen dienen ( 61 ), noch, welche anderen Faktoren als das Alter oder die Zahl der Kinder deren Erhöhung rechtfertigen könnten oder nach welchem Verhältnis. Unter diesen Umständen macht die Kommission zu Recht geltend, dass die tatsächlichen Ausgaben für konkrete Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden ( 62 ), was durch die Einheitlichkeit der Beträge im gesamten österreichischen Staatsgebiet ohne Berücksichtigung der Schwankungen im Zusammenhang mit dem Preisniveau in Österreich bestätigt wird.

    80.

    Aus allen vorstehend dargelegten Gründen schlage ich dem Gerichtshof daher vor, festzustellen, dass die erste Rüge der Kommission begründet ist.

    B. Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011

    1.   Vorbringen der Parteien

    a)   Kommission

    81.

    Mit ihrer zweiten Rüge macht die Kommission geltend, die Republik Österreich verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, zum einen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011, indem die Regelung dieses Mitgliedstaats die Anpassung der Familienbeihilfe sowie des Kinderabsetzbetrags vornehme, und zum anderen nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011, indem die Regelung dieses Mitgliedstaats die Anpassung des Familienbonus Plus und des Alleinverdienerabsetzbetrags, Alleinerzieherabsetzbetrags und Unterhaltsabsetzbetrags an den Wohnort des Kindes vorsehe.

    82.

    Die Kommission führt Folgendes aus:

    Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 stelle entsprechend Art. 45 Abs. 2 AEUV zugunsten der erfassten Erwerbstätigen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit ohne Unterscheidung nach der Staatsangehörigkeit dadurch sicher, dass er alle Diskriminierungen beseitige, die sich insoweit aus den nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ergäben ( 63 ).

    Auch Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 konkretisiere den in Art. 45 Abs. 2 AEUV verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung, der Wanderarbeitnehmer nicht nur vor unmittelbaren Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch vor allen mittelbaren Formen der Diskriminierung schütze.

    Diese Bestimmung erfasse sämtliche Begünstigungen sowohl hinsichtlich der sozialen als auch der steuerlichen Vergünstigung, die – ob sie an einen Arbeitsvertrag anknüpften oder nicht – den inländischen Arbeitnehmern hauptsächlich wegen ihrer objektiven Arbeitnehmereigenschaft oder einfach wegen ihres Wohnorts im Inland gewährt würden ( 64 ).

    83.

    Die Kommission macht Folgendes geltend:

    Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag seien sowohl Familienleistungen, für die der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 anzuwenden sei, als auch soziale Vergünstigungen, für die Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 gelte ( 65 ).

    Der Familienbonus Plus, der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Alleinerzieherabsetzbetrag und der Unterhaltsabsetzbetrag, die von der Republik Österreich Personen, die in Österreich arbeiteten, für ihre Kinder, unabhängig von deren tatsächlichen Bedürfnissen und damit ihrem sozialen Umfeld, gewährt würden, seien steuerliche Vergünstigungen, denn diese Beträge setzten die Höhe der Steuer auf das Einkommen herab. Auch soweit der Alleinverdienerabsetzbetrag und der Alleinerzieherabsetzbetrag in dem Fall, dass keine Steuer geschuldet werde, in Form des Kindermehrbetrages ausgezahlt würden, werde vorausgesetzt, dass der Begünstigte in Österreich steuerpflichtig sei. Für sie gelte daher auch der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011.

    Die Anpassung des Pauschalbetrags der Familienleistungen sowie der sozialen und steuerlichen Vergünstigungen ab dem 1. Januar 2019, die allein auf den Wohnort der Kinder abstelle, betreffe im Wesentlichen Wanderarbeitnehmer, deren Familienangehörige außerhalb des Mitgliedstaats wohnten, in dem die Leistungen erbracht würden, was die Republik Österreich nicht bestreite.

    84.

    Hierzu führt die Kommission aus:

    Nach den Materialien zum Gesetz, das diesen Anpassungsmechanismus eingeführt habe, habe die Republik Österreich das Ziel verfolgt, sich Ausgaben im nationalen Budget zu ersparen, indem sie davon ausgegangen sei, dass die Zahl der Kinder, die in Mitgliedstaaten wohnten, in denen das Preisniveau niedriger sei als in Österreich, höher sei als die Zahl der Kinder, die in Mitgliedstaaten wohnen, in denen das Preisniveau höher sei als in Österreich.

    Aus der österreichischen Regelung gehe nämlich hervor, dass hinsichtlich der Mitgliedstaaten, die an Österreich angrenzten, der Anpassungsfaktor für die Tschechische Republik 0,619 betrage, für Deutschland 0,974, für Italien 0,948, für Ungarn 0,562, für Slowenien 0,79 und für die Slowakei 0,641. Lediglich gegenüber der Schweiz und Liechtenstein sei eine höhere Anpassung vorzunehmen oder der gleiche Pauschalbetrag wie in Österreich auszuzahlen.

    85.

    Die österreichische Regelung nehme aber Kinder aus, die einer Familie eines österreichischen Beamten angehörten und diesem gefolgt seien, als er im dienstlichen Auftrag in einen anderen Mitgliedstaat entsandt worden sei, wobei die Leistungen so behandelt würden, als ob die Kinder in Österreich wohnten.

    86.

    Nach den vom Gerichtshof festgelegten Kriterien für die Beurteilung der Vergleichbarkeit von Situationen ( 66 ) unterscheide sich die Situation von Grenzgängern, die mit ihren Kindern lebten, nicht von derjenigen der entsandten österreichischen Beamten. Sie würden zwar benachteiligt, indem sie in Mitgliedstaaten entsandt werden, in denen die Lebenshaltungskosten höher sind als die der Republik Österreich, jedoch sei ihre Zahl deutlich niedriger als die der Wanderarbeitnehmer. Auch die von diesem Mitgliedstaat angeführten Unterschiede nach dem Völkerrecht, dem Unionsrecht und dem nationalen Recht gingen ins Leere.

    87.

    Die Kommission schließt daraus, dass die Republik Österreich eine mittelbare Diskriminierung zu Lasten von Wanderarbeitnehmern schaffe, zu deren Rechtfertigung kein legitimes Ziel zu erkennen sei.

    88.

    Zum Vorbringen der Republik Österreich, dass erstens keine Diskriminierung vorliege, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz verlange, dass die einem Arbeitnehmer geschuldeten finanziellen Vergünstigungen für den Unterhalt eines Kindes der Höhe seiner Ausgaben am Wohnort dieses Kindes entsprächen ( 67 ), führt die Kommission aus, dass die in Rede stehenden Familienleistungen und die sozialen und die steuerlichen Vergünstigungen im Allgemeinen nicht nach dem tatsächlichen Preisniveau an diesem Ort berechnet würden und dass ihr Pauschalbetrag innerhalb Österreichs einheitlich sei, trotz der Kaufkraftunterschiede zwischen den verschiedenen regionalen Einheiten. Insoweit sei die Erklärung des Königreichs Dänemark zur Unterstützung der Republik Österreich, dass sich diese Einheitlichkeit aus der Berechnung der Höhe der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags unter Bezugnahme auf die Bevölkerungsgruppe mit dem niedrigsten Einkommen ergeben habe, dem Vorbringen Österreichs nicht zu entnehmen.

    89.

    Es sei auch nicht nachvollziehbar, wieso dieser Mitgliedstaat geltend machen könne, dass die von ihm gewährten Familienleistungen und sozialen und steuerlichen Vergünstigungen in einem tatsächlichen Verhältnis zum Aufwand stünden, der für Kinder zu erbringen sei, wobei er davon ausgehe, dass er z. B. gegenüber Deutschland und Italien eine Anpassung derselben Leistungen und Vergütungen bei einem Unterschied in der Kaufkraft von nur 2,6 % und 5,2 % vorzunehmen habe, der deutlich geringer sei als die Unterschiede in der Kaufkraft innerhalb Österreichs von 8 % zwischen den Ländern Wien und Niederösterreich, die nicht berücksichtigt würden ( 68 ).

    90.

    Der Anpassungsmechanismus nach österreichischem Recht, der sich nach dem Wohnort des Kindes richte, sei nicht mit den Berichtigungskoeffizienten vergleichbar, die auf die Gehälter und die Finanzhilfen gemäß den Rechtsakten der Union angewandt würden, weil sie vom Ort der dienstlichen Verwendung des Unionsbeamten oder dem Ort, an dem diese Finanzhilfen zu zahlen seien, abhingen und die österreichischen Familienbeihilfen einem Wanderarbeitnehmer nicht für sich selbst, sondern für seine Kinder gewährt würden.

    91.

    Außerdem könne das Königreich Dänemark nicht gleichzeitig geltend machen, dass ungleiche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln seien und dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet seien, die Höhe der Beihilfen anzupassen, wenn die Kaufkraft im Wohnmitgliedstaat der Kinder höher sei.

    92.

    Was zweitens die Rechtfertigung einer etwaigen Diskriminierung durch die Republik Österreich mit dem verfolgten Ziel angehe, nämlich eine Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts für das System der sozialen Sicherheit hintanzuhalten ( 69 ), erinnert die Kommission daran, dass diese Gefährdung erheblich zu sein habe ( 70 ). Aus einem Bericht des Rechnungshofs (Österreich), den die Republik Österreich im Vorverfahren zur Stützung der angeblichen Rechtfertigung selbst angeführt habe, gehe jedoch hervor, dass erstens Stützungen durch das nationale Budget zur Finanzierung der Familienleistungen nötig geworden seien, weil eine Erhöhung der Pauschalbeträge und eine gleichzeitige Verringerung der Quellen für die Finanzierung der Familienleistungen vorgenommen worden sei ( 71 ).

    93.

    Als Zweites machten die Zahlungen für Kinder, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Österreich aufhielten, ungefähr 6 % der gesamten Zahlungen aus.

    94.

    Als Drittes wirke sich die Gewährung dieser Familienleistungen auf die Finanzierung der Familienleistungen im Wesentlichen deshalb aus, weil es an entsprechenden Kontrollen durch die österreichischen Behörden für die Gewährung der Leistungen fehle ( 72 ).

    95.

    Als Viertes erschwere die Anpassung der Familienleistungen an das Preisniveau des jeweiligen Mitgliedstaats im Verhältnis zur Republik Österreich deren Handhabbarkeit in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht wegen des Systems der Zahlung des Unterschiedsbetrags auf die in dem Mitgliedstaat des Wohnorts des Kindes geleisteten Familienleistungen. Dieses durch Art. 68 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 eingeführte System gelte in drei Vierteln der Fälle der Gewährung von Familienleistungen für Kinder, die in anderen Mitgliedstaaten lebten.

    96.

    Was drittens die von der Republik Österreich hilfsweise geltend gemachte Rechtfertigung einer Diskriminierung betrifft, die auf das Ziel gestützt wird, die wertmäßige Entsprechung der Unterstützung und der finanziellen Entlastung in Österreich mit den anderen Mitgliedstaaten nach dem Wohnsitz des Kindes zu gewährleisten, macht die Kommission geltend, dass diese Rechtfertigung keinen anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstelle und sich auf Argumente stütze, die sich auf das Fehlen einer Ungleichbehandlung und die Kohärenz des Anpassungsmechanismus bezögen, die außerdem im Widerspruch zur Ausnahme vom Anpassungsmechanismus zugunsten von entsandten österreichischen Beamten stünden.

    97.

    Im Übrigen vertritt die Kommission, unterstützt durch die Slowakische Republik, die Auffassung, dass die Republik Österreich mit ihrer Annahme, dass sie auf Verzerrungen im Leistungssystem reagieren müsse, die sich daraus ergäben, dass die finanzielle Unterstützung von Wanderarbeitnehmern über das Maß ihrer Ausgaben hinausgehe, zu übersehen scheine, dass die Erwerbstätigen aus anderen Mitgliedstaaten in gleicher Weise zur Finanzierung des österreichischen Sozial- und Steuersystems beitrügen wie Erwerbstätige aus Österreich, egal wo sich ihre Kinder aufhielten. Ihr Einkommen, das sie in Österreich aufgrund ihrer Wirtschaftsleistung erzielten, werde in gleicher Höhe bei der Berechnung des Beitrags des Arbeitgebers zur Finanzierung der Familienbeihilfen und in gleicher Höhe bei der Berechnung der Steuern berücksichtigt.

    b)   Republik Österreich

    1) Zur mittelbaren Diskriminierung von Wanderarbeitnehmern durch ein Abstellen auf den Wohnort der Kinder

    i) Zum Fehlen einer mittelbaren Diskriminierung

    98.

    Nach Ansicht der Republik Österreich führt der Anpassungsmechanismus zu keiner Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte, sondern stelle sicher, dass ungleiche Sachverhalte auch entsprechend differenziert behandelt würden. Der österreichische Gesetzgeber habe das Ziel verfolgt, mit der Gewährung von sozialen und steuerlichen Vergünstigungen an Eltern mit unterhaltsberechtigten Kindern diesen zu ermöglichen, einen Teil der Aufwendungen für den Unterhalt ihrer Kinder zu tragen. Das führe dazu, dass zwischen der Situation der Arbeitnehmer mit im Ausland wohnhaften Kindern und der der Arbeitnehmer mit in Österreich wohnhaften Kindern unterschieden werden müsse, die wegen der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in den Mitgliedstaaten und folglich der Höhe der Ausgaben bei gleichwertigen Käufen sachlich nicht vergleichbar seien.

    99.

    Mit dem Königreich Dänemark weist die Republik Österreich ferner darauf hin, dass nach Auffassung des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte, der die Anwendung der Europäischen Sozialcharta ( 73 ) und der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung dieser Charta überwache, stehe das Gebot der Gleichbehandlung im Hinblick auf Leistungen der sozialen Sicherheit nach Art. 12 Abs. 4 der Charta einer Anpassung der Leistung nicht entgegen, wenn das Kind in einem Staat mit deutlich niedrigeren Lebenshaltungskosten wohne ( 74 ).

    100.

    Die Republik Österreich stellt fest, dass die Garantie derselben Kaufkraft nach den Lebenshaltungskosten in verschiedenen Staaten auch nicht nur durch einen Berichtigungskoeffizienten für die Dienstbezüge der Unionsbeamten einschließlich der Familienzulagen, wenn sie einer anderen Person als diesen Beamten geschuldet würden ( 75 ), umgesetzt werde, was dazu führe, dass der Wohnort der Kinder berücksichtigt werde, sondern auch durch eine Gliederung der am Programm Erasmus+ teilnehmenden Länder in drei Gruppen, um die Höhe des Zuschusses der Studenten für ihre Aufenthalts- und Reisekosten anzupassen ( 76 ).

    101.

    Die Republik Österreich weist schließlich noch auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 9. Oktober 2020 betreffend die Stärkung der Mindestsicherung zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in der COVID-19-Pandemie und darüber hinaus ( 77 ) hin. Unter Verweis auf die Empfehlung 92/441/EWG vom 24. Juni 1992 über gemeinsame Kriterien für ausreichende Zuwendungen und Leistungen im Rahmen der Systeme der sozialen Sicherung ( 78 ) identifizierten die Schlussfolgerungen unter den drei zentralen Grundsätzen jenen der „Angemessenheit“, wozu ausgeführt werde, dass „die Grundbedürfnisse durch Mindestsicherungsleistungen angemessen gedeckt werden [sollten], wobei dem jeweiligen Lebensstandard und Preisniveau […] in dem betreffenden Mitgliedstaat Rechnung zu tragen ist“.

    102.

    Zum Vorbringen der Kommission, dass es an einer Einheitlichkeit der Kaufkraft im österreichischen Hoheitsgebiet fehle, macht die Republik Österreich zunächst geltend, dass die Kaufkraftunterschiede im Vergleich zu den in den Mitgliedstaaten bestehenden sehr gering seien ( 79 ) und dass eine Anpassung nach Regionen auch in diesen Staaten vorgesehen werden müsste. Die Schwierigkeiten, die sich aus einem solchen System ergäben, rechtfertigten die Berechnung eines Durchschnittswerts pro Staat durch Eurostat, der den Vorteil biete, ein objektives Kriterium zu sein, das die Prüfung der Fälle vermeide, in denen, z. B. in Deutschland oder Italien, geringe Kaufkraftunterschiede bestünden.

    103.

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei eine solche Bezugnahme auf einheitliche und ungefähre Beträge ( 80 ) sowie die Wahl des Kriteriums der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten ( 81 ) rechtmäßig. Sie bezieht sich insoweit auch auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Hosse ( 82 ), wonach „man dem leistenden Staat eventuell das Recht zuerkennen [könnte], die Leistung bei einem deutlich abweichenden Kostenniveau im Wohnortstaat des Berechtigten anzupassen, soweit die Verordnung Nr. 1408/71 dem nicht entgegensteht. Keinesfalls kann dieses Argument jedoch dazu führen, dem Betroffenen die Leistung vollständig zu versagen“.

    104.

    Schließlich stelle die Union selbst etwa bei der Beurteilung der Förderwürdigkeit hinsichtlich der Regionalförderung – die gerade den Zweck habe, die Kohäsion zu fördern und damit die Lebensumstände innerhalb der Union aneinander anzupassen – auf Regionen ab, die in keinem Fall zu mehr als einem Mitgliedstaat gehörten ( 83 ). Träfe die von der Kommission im vorliegenden Verfahren vertretene Argumentation zu, wäre es nach Ansicht der Republik Österreich allerdings kaum als sachgerecht zu qualifizieren, dass die Regionen Burgenland (Österreich), Bratislavsky kraj (Slowakei) und Nyugat-Dunäntül (Ungarn) – mit den direkt aneinander grenzenden Gemeinden Deutsch Jahrndorf (Österreich), Rusovce (Slowakei) und Rajka (Ungarn) – erheblich unterschiedliche Ansprüche auf Mittel der Regionalförderung der Union hätten, obwohl sie direkt aneinander grenzten.

    ii) Zur hilfsweise vorgebrachten objektiven Rechtfertigung einer mittelbaren Diskriminierung

    105.

    Als Erstes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe Dokumente angeführt, die nicht belegten, dass sie ein spezifisches Ziel der Erzielung von Einsparungen verfolge, und ihre Analyse werde durch die Vorarbeiten zur nationalen Regelung ( 84 ) und insbesondere durch ihre wirkungsorientierte Folgenabschätzung ( 85 ) widerlegt.

    106.

    Als Zweites weist die Republik Österreich in Bezug auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag zum einen darauf hin, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ( 86 ) Sache der Mitgliedstaaten sei, ihre jeweiligen Systeme der sozialen Sicherheit auszugestalten, und dass sie in diesem Rahmen die Art der Berechnung der Leistungen entsprechend den tatsächlichen Lebenshaltungskosten, nach oben oder nach unten, geändert habe, um den Zielen der Abgeltung eines Teils der mit dem Unterhalt von Kindern typischerweise verbundenen Kosten und der wertmäßigen Ausgewogenheit des Sozialsystems gerecht zu werden. Zum anderen weist die Republik Österreich auf die Rechtsprechung der österreichischen Zivilgerichte zum Unterhalt bei im Ausland lebenden Kindern hin. Dieser Unterhalt werde nach den durchschnittlichen Lebensverhältnissen des Unterhaltsverpflichteten und der Kaufkraft in jenem Land, in dem das Kind lebe, bemessen. Auf dieser Basis würden die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten konkret und individuell mit den Lebensverhältnissen der Eltern in Relation gesetzt. Die Feststellung, dass die Familienbeihilfe nur die Grundbedürfnisse deckte, ändere nichts an ihrer Unterhaltsfunktion ( 87 ), da diese Leistungen grundsätzlich dasselbe Ziel hätten wie die Unterhaltszahlung, nämlich die typischen Kosten der Eltern für die Lebenshaltung ihres Kindes abzudecken, und es unerheblich sei, dass das Abstraktionsniveau bei einer allen Kindern zugutekommenden staatlichen Leistung naturgemäß etwas höher sei als jenes bei der individuellen Bemessung der Unterhaltsleistung eines Elternteils für ein konkretes Kind.

    107.

    Als Drittes macht die Republik Österreich in Bezug auf den Familienbonus Plus und die anderen Absetzbeträge geltend, dass mit dem Anpassungsmechanismus sichergestellt werde, dass die tatsächlichen Aufwendungen gleichmäßig berücksichtigt würden und alle steuerpflichtigen Erwerbstätigen mit Kindern hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit gleichgestellt seien.

    108.

    Insoweit verweist sie erneut auf das Leistungsfähigkeitsprinzip ( 88 ), wonach Kinderlasten in einem angemessenen Ausmaß steuerlich zu berücksichtigen seien. Dieser Grundsatz finde seine Grundlage im Unionsrecht im Bereich der direkten Steuern und stelle einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Steuerrechts innerhalb der Union dar. So habe der Gerichtshof im Urteil vom 15. September 2011, Schulz-Delzers und Schulz ( 89 ), entschieden, dass die Vergleichbarkeit zweier Sachverhalte im Zusammenhang mit Zulagen für Auslandsentsendungen „im Licht des mit der Anwendung eines progressiven Steuertarifs verfolgten Zwecks nicht gegeben ist, der … notwendigerweise auf einer Bewertung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen auf der Grundlage der Lebensbedingungen in dem betreffenden Mitgliedstaat beruht“.

    109.

    Als Viertes macht sie geltend, dass der Mechanismus zur Anpassung der in Rede stehenden Familienleistungen und Steuervergünstigungen, da er sicherstelle, dass wertmäßig die gleiche Unterstützung bzw. Entlastung gewährt werde, damit nicht über das hinausgehe, was zur Erreichung des Ziels erforderlich sei.

    110.

    Zum auf den Bericht des Rechnungshofs gestützten Vorbringen der Kommission führt die Republik Österreich Folgendes aus:

    Im Hinblick darauf, dass die Gewährung der familienbezogenen steuerlichen Absetzbeträge an den Kinderabsetzbetrag und somit die Familienbeihilfe anknüpften, für deren Gewährung festgestellt werden müsse, in welchem Staat das betreffende Kind seinen Wohnsitz habe, sei der zusätzliche Verwaltungsaufwand, der sich durch den Anpassungsmechanismus unter Anknüpfung an den Wohnortstaat ergebe, sehr beschränkt.

    Es sei festgestellt worden, dass die Zahl jener Kinder in anderen Mitgliedstaaten, für die Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, in den Jahren 2002 bis 2016 von etwa 1500 auf etwa 130000 Kinder gestiegen sei und dass die Fälle mit Auslandsbezug „aufgrund der Risikoqualifizierung öfter als Inlandssachverhalte kontrolliert wurden“.

    111.

    Zum Vorbringen der Kommission, dass die Republik Österreich für rund drei Viertel der Kinder, die in anderen Mitgliedstaaten wohnten, nur Differenzzahlungen leiste ( 90 ), weist Österreich darauf hin, dass selbst die Differenzzahlungen, einschließlich des Kinderabsetzbetrags, in vielen Fällen höher seien als die Primärleistungen im Wohnsitzstaat der Kinder.

    112.

    Zum allgemeinen Argument der Kommission, das auch von der Republik Kroatien, der Republik Polen und der Republik Slowenien unterstützt wird, es sei unfair, dass Arbeitnehmer zwar in Österreich Steuern zahlten sowie mit ihrem Lohn an der Berechnung der Arbeitgeberbeiträge teilnähmen und damit zur Finanzierung der gegenständlichen Leistungen beitrügen, sie letztlich aber nur wertmäßig angepasste Leistungen für ihre in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaften Kinder erhielten, ist die Republik Österreich der Ansicht, dass die Bemessungsgrundlage für Beiträge der Arbeitgeber ohne Belang sei und kein Zusammenhang zwischen Steuerpflicht und der Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen bestehe. Umgekehrt, wenn die Steuerpflicht eines Arbeitnehmers Einfluss auf die Exportierbarkeit von Leistungen der sozialen Sicherheit haben müsse, wäre die Regelung in Art. 70 der Verordnung Nr. 883/2004 unionsrechtswidrig.

    2) Zur mittelbaren Diskriminierung von Wanderarbeitnehmern im Hinblick auf die Regelungen für Auslandsbeamte

    i) Zum Fehlen einer mittelbaren Diskriminierung

    113.

    Die Republik Österreich macht geltend, dass das Vorbringen der Kommission zum Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung nur die Situation österreichischer Beamter im Ausland betreffen könne, deren Kinder ebenfalls übersiedelt seien, und dass diese aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht mit der von Wanderarbeitnehmern vergleichbar sei. Zum einen unterlägen die Beamten im Ausland nach den Art. 33, 34 und 37 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen ( 91 ) sowie nach den Art. 48 und 49 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen ( 92 ) einer Sonderregelung zur Befreiung vom System der sozialen Sicherheit des Empfangsstaates.

    114.

    Zudem finde sich die Besonderheit der Situation von Auslandsbeamten auch im Unionsrecht, in Art. 45 Abs. 4 AEUV sowie in Art. 11 Abs. 3 Buchst. b und Art. 13 Abs. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 ( 93 ), aus denen hervorgehe, dass Auslandsbeamte in den Empfangsstaaten keinen Anspruch auf dortige Familienleistungen hätten und damit auch keinen Anspruch auf Differenzzahlungen beziehungsweise zusätzliche Familienleistungen.

    115.

    Schließlich gälten nach österreichischem Recht Auslandsbeamte für die Zwecke der Sozialversicherung und für die steuerliche Behandlung ihrer Situation als im Inland tätige Personen. Außerdem hätten Auslandsbeamte in bürgerlichen Rechtssachen den allgemeinen Gerichtsstand stets in Österreich.

    116.

    Was zum anderen die Unterschiede in tatsächlicher Hinsicht betreffe, würden Auslandsbeamte regelmäßig versetzt, ihr Wohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen verblieben dabei jedoch in der Regel in Österreich.

    117.

    Für den Fall, dass man Auslandsbeamte und Wanderarbeitnehmer als zwei vergleichbare Gruppen qualifizierte, würden Auslandsbeamte dadurch, dass der Anpassungsmechanismus auf sie keine Anwendung finde, in ihrer Gesamtheit betrachtet nicht begünstigt, sondern benachteiligt. Zu berücksichtigen sei, dass sich der Großteil der in andere Mitgliedstaaten der Union sowie in Vertragsparteien des EWR-Abkommens und die Schweiz entsandten Auslandsbeamten der Republik Österreich in Staaten befinde, in denen die Lebenshaltungskosten über denjenigen in Österreich lägen.

    118.

    Insoweit könne die Kommission nicht mit einer im Vergleich zu den entsandten österreichischen Beamten größeren Zahl von Wanderarbeitnehmern argumentieren, die vom Anpassungsmechanismus betroffen seien, ohne gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs ( 94 ) nachzuweisen, dass der Anteil der betroffenen Wanderarbeitnehmer höher sei als derjenige der Beamten, die sich in der gleichen nachteiligen Lage befänden.

    ii) Zur hilfsweise vorgebrachten objektiven Rechtfertigung einer mittelbaren Diskriminierung

    119.

    Für den Fall, dass der Gerichtshof die Regelungen für Auslandsbeamte als Diskriminierung ansehen sollte, macht die Republik Österreich als zwingenden Grund des Allgemeininteresses die Fürsorgepflicht des Staates gegenüber seinen Beamten, die mit der Pflicht zur Treue gegenüber dem Staat verbunden sei, als Rechtfertigungsgrund geltend. Die Republik Österreich weist zunächst darauf hin, dass die Kommission die Grundlage für diese Rechtfertigung im Rahmen der Vertragsverletzungsklage nicht in Frage stelle, und verweist insoweit auf bestimmte Entscheidungen des Gerichtshofs über die Fürsorgepflicht in Bezug auf Tätigkeiten, die Bedienstete innerhalb der Unionsorgane und in der öffentlichen Verwaltung der Mitgliedstaaten ausübten ( 95 ).

    120.

    Die Republik Österreich gewährleiste in ihrer Funktion als Dienstgeberin in erhöhtem Maße die Fürsorge gegenüber ihren Beamten im In- und Ausland, indem diese Beamten einem schlüssigen und praktisch administrierbaren, völkerrechtlich determinierten System unterlägen, das für Auslandsbeamte eine Behandlung nach den Rechtsvorschriften des sie entsendenden Staates vorsehe und davon ausgehe, dass sämtliche Rechtsfolgen an den Wohnsitz ihres Heimatstaats geknüpft seien. Außerdem stünde die Anwendung des Anpassungsmechanismus innerhalb, aber nicht außerhalb der Union in Widerspruch zur Fürsorgepflicht der Republik Österreich gegenüber ihren Beamten, zu deren Gleichbehandlung sie verpflichtet sei.

    iii) Hilfsweise zu einem etwaigen Argument der mangelnden Kohärenz des Anpassungsmechanismus

    121.

    Die Republik Österreich weist zunächst darauf hin, dass im Rahmen der mit Gründen versehenen Stellungnahme die Kommission die Regelungen für Auslandsbeamte lediglich unter dem Gesichtspunkt einer mittelbaren Diskriminierung beanstandet habe. Sollte die Kommission mit ihren Ausführungen zur Stützung ihrer Klage auch eine mangelnde Kohärenz der den Gegenstand der Klage bildenden Regelungen zur Einführung eines Anpassungsmechanismus rügen, müsse dieses Argument nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs als unzulässig zurückgewiesen werden ( 96 ).

    122.

    Sollte dieses Argument jedoch geprüft werden, wiederholt die Republik Österreich die Ausführungen in ihrer Antwort, wonach die Regelungen für Auslandsbeamte Teil eines kohärenten, in sich schlüssigen Gesamtsystems seien. Der Gerichtshof habe entschieden, dass nicht jede Ausnahme von einer nationalen Regelung automatisch deren Inkohärenz bedinge, insbesondere wenn sie einen besonders engen Anwendungsbereich habe, was hier der Fall sei ( 97 ).

    2.   Würdigung

    a)   Zum Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung

    123.

    Zu den Grundlagen der zweiten Rüge der Kommission, die nicht bestritten werden, hat der Gerichtshof Folgendes entschieden:

    Unter „sozialen Vergünstigungen“ im Sinne von Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011 sind alle Vergünstigungen zu verstehen, die – ob sie an einen Arbeitsvertrag anknüpfen oder nicht – den inländischen Arbeitnehmern im Allgemeinen gewährt werden, und zwar hauptsächlich wegen ihrer objektiven Arbeitnehmereigenschaft oder einfach wegen ihres Wohnorts im Inland, und deren Erstreckung auf die Arbeitnehmer, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats sind, deshalb geeignet erscheint, deren Mobilität innerhalb der Union und daher auch ihre Integration im Aufnahmemitgliedstaat zu fördern ( 98 ).

    Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung kann auf soziale Vergünstigungen Anwendung finden, die zugleich in den besonderen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 fallen ( 99 ).

    124.

    Im vorliegenden Fall sind die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag sowohl Familienleistungen, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 unterliegen, als auch soziale Vergünstigungen, die in den Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 fallen, während der Familienbonus Plus, der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Alleinerzieherabsetzbetrag und der Unterhaltsabsetzbetrag dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 unterliegen.

    125.

    Hierzu ergibt sich Folgendes aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs:

    Der in Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 ( 100 ) im Einklang mit u. a. Art. 45 Abs. 2 AEUV niedergelegte Grundsatz der Gleichbehandlung verbietet nicht nur offenkundige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit der nach den Systemen der sozialen Sicherheit leistungsberechtigten Personen, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungskriterien tatsächlich zum gleichen Ergebnis führen ( 101 ).

    Dieses Verbot ergibt sich auch aus Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 ( 102 ), der eine besondere Ausprägung des in Art. 45 Abs. 2 AEUV enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatzes auf dem spezifischen Gebiet der Gewährung sozialer Vergünstigungen ist ( 103 ).

    Art. 7 Abs. 2 ist ebenso auszulegen wie Art. 45 AEUV ( 104 ).

    126.

    Folglich muss die Auslegung von Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011, soweit sie die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleisten sollen, aufeinander abgestimmt werden.

    127.

    Was das Verhältnis dieser beiden Verordnungen betrifft, deren Anwendungsbereiche sich überschneiden ( 105 ), hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Verordnung Nr. 492/2011 für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer allgemein gilt ( 106 ). Somit hat er die Lösung wiederholt, die er bei der Prüfung einer Vertragsverletzungsklage gewählt hat, die die Kommission sowohl auf einen Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1408/71 wegen der Festlegung eines Wohnortkriteriums für die Exportierbarkeit von Leistungen bei Krankheit als auch auf die Möglichkeit gestützt hat, die Wahl dieses Kriteriums im Hinblick auf Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft ( 107 ) zu rechtfertigen. Daher könnte die Anwendung von Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 auf Sachverhalte beschränkt sein, die nicht von der Verordnung Nr. 492/2011 erfasst werden, auch wenn die Verordnung Nr. 883/2004 besondere Bestimmungen enthält, die Wohnortklauseln verbieten, insbesondere Art. 7 ( 108 ).

    128.

    Die Republik Österreich macht in erster Linie geltend, dass der Anpassungsmechanismus für die Familienleistungen sowie die sozialen und steuerlichen Vergünstigungen zu keiner Ungleichbehandlung führe. Sie macht im Wesentlichen zum einen geltend, dass die Situationen der Arbeitnehmer mit Kindern, die nicht in Österreich wohnten, und Kindern, die dort wohnten, wegen der unterschiedlichen Lebensstandards in den Mitgliedstaaten nicht vergleichbar seien, da der Zweck der Leistungen und Vergünstigungen darin bestehe, entweder einen Teil der von den Eltern für den Unterhalt der Kinder aufgewandten Kosten zu erstatten oder ihre steuerlichen Belastungen zu verringern. Zum anderen erhielten die Wanderarbeitnehmer in Anwendung des Anpassungsmechanismus die Unterstützung, die sie nach Maßgabe der Lebenshaltungskosten im Wohnsitzstaat des Kindes benötigten.

    129.

    Wie der Gerichtshof jedoch entschieden hat, sind Voraussetzungen des nationalen Rechts als mittelbar diskriminierend anzusehen, die zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit gelten, aber im Wesentlichen Wanderarbeitnehmer betreffen oder die überwiegende Mehrheit der betroffenen Personen Wanderarbeitnehmer sind, wenn sie unterschiedslos gelten, aber von inländischen Arbeitnehmern leichter zu erfüllen sind als von Wanderarbeitnehmern, oder auch solche, bei denen die Gefahr besteht, dass sie sich besonders zum Nachteil von Wanderarbeitnehmern auswirken ( 109 ).

    130.

    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem in der österreichischen Regelung festgelegten Kriterium des Wohnsitzes der Kinder, dass die Verringerung der Familienleistungen sowie der sozialen und steuerlichen Vergünstigungen im Wesentlichen die Wanderarbeitnehmer betrifft, da insbesondere ihre Kinder in einem anderen Mitgliedstaat wohnen können ( 110 ). Außerdem geht aus den Tabellen, in denen die Koeffizienten für die Anpassung der Höhe ( 111 ) der Leistungen für die benachbarten Staaten der Republik Österreich festgelegt sind, sehr klar hervor, dass wegen der unterschiedlichen Lebensstandards in der Mehrheit dieser Staaten im Vergleich zur Republik Österreich die Arbeitnehmer, die aus diesen Staaten von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, ganz überwiegend diejenigen sind, die Leistungen sowie soziale und steuerliche Vergünstigungen erhalten, die geringer sind als die in Österreich gewährten. Nach den Daten des von der Kommission vorgelegten Berichts des Rechnungshofs ( 112 ), auf den sich die Republik Österreich beruft, betrafen ungefähr 50 % der Zahlungen im Jahr 2016 Kinder, die in Ungarn und in der Slowakei wohnten, und 40 % dieser Zahlungen betrafen Kinder, die in der Tschechischen Republik, in Polen, Rumänien sowie Slowenien wohnten.

    131.

    Diese Analyse wird durch die Erläuterungen der österreichischen Regierung zu den geschätzten Auswirkungen der Anpassung betreffend den Familienbonus Plus bestätigt ( 113 ). Diese Gesichtspunkte sind mit der Feststellung des Rechnungshofs in Verbindung zu bringen, wonach sich die Zahl der begünstigten Kinder zwischen 2004 und 2016 parallel zur Öffnung des österreichischen Arbeitsmarkts versechsfacht habe ( 114 ).

    132.

    Meines Erachtens reichen diese Gesichtspunkte ohne Prüfung der von den Parteien erörterten zusätzlichen Argumente für den Nachweis aus, dass die in der österreichischen Regelung vorgenommene Unterscheidung in Bezug auf die Höhe der exportierbaren Leistungen nach dem Wohnort der Kinder in den Mitgliedstaaten die Wanderarbeitnehmer stärker betrifft und eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit darstellt, die nur zulässig ist, wenn sie objektiv gerechtfertigt ist ( 115 ).

    133.

    Meines Wissens hat sich der Gerichtshof bei der Anwendung von Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 nicht ausdrücklich auf diese Voraussetzung bezogen. Allerdings ist die einzige Entscheidung des Gerichtshofs zu Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71, in dem der Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechend formuliert wurde, meines Erachtens übertragbar ( 116 ). Außerdem weise ich darauf hin, dass der Gerichtshof Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004, der darauf abzielt, dass Erwerbstätige nicht davon abgehalten werden, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen ( 117 ), in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 ausgelegt und allein auf dieser Grundlage die vom vorlegenden Gericht angeführten Rechtfertigungsgründe geprüft hat. Ich schließe daraus, dass die Wahl eines Wohnortkriteriums, das auf Familienleistungen anwendbar ist, durch einen Mitgliedstaat auch aufgrund der Regel der aufeinander abgestimmten Auslegung von Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011, die sich aus ihrer gemeinsamen Grundlage ergibt, nämlich Art. 45 AEUV, der das Ziel der Gewährleistung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer festlegt, gerechtfertigt werden kann ( 118 ).

    b)   Zur Rechtfertigung der mittelbaren Diskriminierung

    134.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Anwendung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 muss die mittelbare Diskriminierung, um gerechtfertigt zu sein, geeignet sein, die Verwirklichung eines legitimen Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist ( 119 ).

    135.

    Die Kommission macht zu Recht geltend, dass die Republik Österreich keinen Grund anführt, der die mittelbare Diskriminierung aufgrund des von ihr eingeführten Mechanismus zur Anpassung der Höhe der Leistungen sowie der sozialen und steuerlichen Vergünstigungen rechtfertigen könnte.

    136.

    Im Rahmen der vorliegenden Klage macht die Republik Österreich nämlich zum einen, mit Unterstützung des Königreichs Dänemark und des Königreichs Norwegen, geltend, dass mit der Anpassung der Höhe der Leistungen sichergestellt werden solle, dass die Unterstützung und die daraus folgende Erleichterung der Familienlasten wertmäßig den in Österreich gewährten entsprächen ( 120 ).

    137.

    Erstens muss meines Erachtens aber erneut darauf hingewiesen werden, dass die gewährten Leistungen pauschal sind ( 121 ) und die tatsächlichen Bedürfnisse des Kindes nicht berücksichtigen. Insoweit teile ich auch den Standpunkt Rumäniens, wonach die Republik Österreich nicht dieselben Argumente heranziehen kann, um das Vorliegen einer Diskriminierung zu bestreiten und sie zu rechtfertigen.

    138.

    Zweitens geht aus dem mit Zahlenangaben versehenen Nachweis der Kommission ( 122 ), der von der Republik Österreich nicht in Frage gestellt wurde, klar hervor, dass diese wertmäßige Übereinstimmung in Österreich nicht sichergestellt ist ( 123 ) und dass im Verhältnis kein Zusammenhang zwischen den in Österreich festgestellten unterschiedlichen Lebenshaltungskosten und den in einigen Mitgliedstaaten angewandten Koeffizienten besteht ( 124 ). Außerdem können, wie die Slowakische Republik hervorhebt, in diesen Mitgliedstaaten Unterschiede bestehen ( 125 ), was die Bedeutung des Ortes belegt, an dem die Käufe getätigt werden, wenn ein System der Übereinstimmung mit dem Preisniveau zugelassen werden sollte.

    139.

    Das Vorbringen der Republik Österreich, die Kaufkraftunterschiede seien deutlich größer, insbesondere zu Bulgarien ( 126 ), was auch die Auswirkungen des Anpassungsmechanismus kompensiere, ist nicht geeignet, diese Feststellungen insgesamt in Frage zu stellen.

    140.

    Folglich kann das Ziel, sicherzustellen, dass die Unterstützung und die daraus folgende Erleichterung der Familienlasten wertmäßig den in Österreich gewährten entsprechen, die in Rede stehende mittelbare Diskriminierung meines Erachtens nicht rechtfertigen.

    141.

    Zum anderen macht die Republik Österreich geltend, dass übergeordnetes Ziel des Anpassungsmechanismus die Herstellung oder Wiederherstellung der Unterhaltsfunktion sowie der Ausgewogenheit des Sozialsystems sei.

    142.

    Mit der Kommission weise ich erstens darauf hin, dass sich aus dem Bericht des Rechnungshofs ergibt ( 127 ), dass die Anpassung der Familienleistungen an das Preisniveau des jeweiligen Mitgliedstaats im Verhältnis zur Republik Österreich zusätzliche Kosten verursachen kann, auch wenn diese Auswirkungen von der Republik Österreich heruntergespielt werden. Diese Kosten müssen aber zwangsläufig von allen getragen werden, die Beiträge zum Staatshaushalt leisten. In diesem Zusammenhang erscheint es mir angebracht, darauf hinzuweisen, dass in diesem Bericht ( 128 ), wie die Kommission und die Republik Polen hervorheben, auch angegeben wird, dass der Grund, der das finanzielle Gleichgewicht des Systems der sozialen Sicherheit gefährden könnte, nicht in der Gewährung von Leistungen an Arbeitnehmer besteht, deren Kinder außerhalb der Republik Österreich wohnen, die ungefähr 6 % ( 129 ) der Ausgaben für Familienleistungen ausmacht, sondern im Fehlen einer angemessenen Kontrolle in Bezug auf die Gewährung dieser Leistungen.

    143.

    Zweitens teile ich die Auffassungen der Kommission ( 130 ) sowie der EFTA-Überwachungsbehörde und der Republik Slowenien, wonach es von entscheidender Bedeutung ist, darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften zum Schutz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union und des EWR ( 131 ), darunter die Gleichbehandlung, sich auf ein Gesamtsystem stützen, in dem zum einen im Bereich der sozialen Sicherheit allgemein die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden sind, in dem die betreffende Person eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt ( 132 ), und zum anderen Wanderarbeitnehmer mit den Sozialbeiträgen und Abgaben, die sie im Aufnahmemitgliedstaat aufgrund der dort von ihnen ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit entrichten, zur Finanzierung der sozialpolitischen Maßnahmen des Aufnahmemitgliedstaats beitragen ( 133 ), was die Gleichheit der gewährten Leistungen oder Vorteile rechtfertigt ( 134 ).

    144.

    Im vorliegenden Fall stelle ich mit der Tschechischen Republik, der Republik Kroatien und der Republik Polen fest, dass aus rein wirtschaftlicher Sicht, da die österreichischen Familienbeihilfen durch Beiträge der Arbeitgeber finanziert werden, die auf der Grundlage des Gesamtbetrags der Arbeitnehmerlöhne berechnet werden, ein Wanderarbeitnehmer dadurch an der Festsetzung der Höhe der von seinem Arbeitgeber gezahlten Beträge in gleicher Weise wie ein inländischer Arbeitnehmer beteiligt ist.

    145.

    Außerdem hat die Republik Österreich in Bezug auf den Familienbonus Plus und die anderen in Rede stehenden Absetzbeträge vorgetragen, dass diese Vorteile aus der Einkommensteuer der Arbeitnehmer finanziert würden, was ebenfalls jede Rechtfertigung der vom österreichischen Gesetzgeber gewählten fehlenden Gegenseitigkeit durch ein Ziel der sozialen Ausgewogenheit entkräftet.

    146.

    Daher bin ich der Ansicht, dass die unterschiedliche Behandlung je nach dem Wohnort des Kindes des betreffenden Arbeitnehmers weder geeignet noch erforderlich ist, um die Unterhaltsfunktion sowie die Ausgewogenheit des Sozialsystems herzustellen oder wiederherzustellen.

    147.

    Aus allen vorstehend dargelegten Gründen bin ich der Meinung, dass die österreichische Regelung über die Anpassung der Höhe von Familienleistungen sowie der sozialen und steuerlichen Vergünstigungen für Personen, die in Österreich arbeiten, deren Kinder aber in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, gegen den in Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt.

    148.

    Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass die zweite Rüge der Kommission begründet ist.

    VI. Kosten

    149.

    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Gerichtshof meines Erachtens den Anträgen der Kommission stattgeben sollte, ist die Republik Österreich zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

    150.

    Gemäß Art. 140 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung, wonach die Mitgliedstaaten, die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die EFTA-Überwachungsbehörde ihre eigenen Kosten tragen, wenn sie dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, tragen die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark, die Republik Kroatien, die Republik Polen, Rumänien, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik sowie das Königreich Norwegen und die EFTA-Überwachungsbehörde ihre eigenen Kosten.

    VII. Ergebnis

    151.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

    1.

    Die Republik Österreich hat durch die Einführung eines Anpassungsmechanismus in Bezug auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für Erwerbstätige, deren Kinder ständig in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, gegen ihre Verpflichtungen

    aus Art. 7 und 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sowie

    aus Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union verstoßen.

    2.

    Die Republik Österreich hat durch die Einführung eines Anpassungsmechanismus in Bezug auf den Familienbonus Plus, den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Alleinerzieherabsetzbetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag für Wanderarbeitnehmer, deren Kinder ständig in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 verstoßen.

    3.

    Die Republik Österreich trägt die Kosten.

    4.

    Die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark, die Republik Kroatien, die Republik Polen, Rumänien, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik sowie das Königreich Norwegen und die EFTA-Überwachungsbehörde tragen ihre eigenen Kosten.


    ( 1 ) Originalsprache: Französisch.

    ( 2 ) ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 200, S. 1 und im ABl. 2015, L 213, S. 65.

    ( 3 ) ABl. 2011, L 141, S. 1.

    ( 4 ) BGBl. 376/1967, im Folgenden: FLAG.

    ( 5 ) ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen.

    ( 6 ) BGBl. 400/1988, im Folgenden: EStG.

    ( 7 ) Die Anpassung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2019 durch die Verordnung der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend und des Bundesministers für Finanzen über die Anpassung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages in Bezug auf Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einer Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, vom 10. Dezember 2018 (BGBl. II 318/2018) umgesetzt, abrufbar unter folgender Internetadresse: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20010489&FassungVom=2019-07-08, erlassen auf der Grundlage des Bundesgesetzes, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Entwicklungshelfergesetz geändert werden, vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I 83/2018).

    ( 8 ) Die Anpassung des Familienbonus Plus und des Alleinverdiener‑, Alleinerzieher- und Unterhaltsabsetzbetrages wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2019 durch die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Anpassung des Familienbonus Plus, des Alleinverdiener‑, Alleinerzieher- und Unterhaltsabsetzbetrags sowie des Kindermehrbetrages in Bezug auf Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einer Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, vom 27. September 2018 (BGBl. II, 257/2018) eingeführt, abrufbar unter folgender Internetadresse: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20010319, erlassen auf der Grundlage des Jahressteuergesetzes 2018 vom 14. August 2018 (BGBl. I, 62/2018), mit dem u. a. das EStG geändert wurde.

    ( 9 ) Vgl. zu den Koeffizienten, die je nach den betroffenen Mitgliedstaaten angewandt werden, Fn. 7 und 8 sowie Nr. 84 zweiter Gedankenstrich der vorliegenden Schlussanträge zur Veranschaulichung der Verschiedenartigkeit dieser Koeffizienten für die benachbarten Mitgliedstaaten der Republik Österreich.

    ( 10 ) Die Kommission bezieht sich auf das Urteil vom 2. April 2020, Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (C‑802/18, im Folgenden: Urteil Caisse pour l’avenir des enfants [Kind des Ehegatten eines Grenzgängers], EU:C:2020:269, Rn. 38 und 39 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 11 ) Die Kommission hat ihren Standpunkt auch in Erwiderung auf das gegenteilige Vorbringen des Königreichs Norwegen bekräftigt, das ein Beispiel eines Kinderwagens anführt, dessen Kosten durch eine Familienleistung zu 50 % erstattet werden sollten, deren Höhe je nach Mitgliedstaat unterschiedlich sein könne (siehe auch Fn. 20 der vorliegenden Schlussanträge). In einem solchen Fall hänge die Höhe der Beihilfe für einen Wanderarbeitnehmer von der Höhe seines Aufwands ab. Der österreichische Anpassungsmechanismus fuße auf der Annahme, dass der Aufwand an dem Ort getätigt werde, an dem das Kind wohne, und blende das wirtschaftliche und soziale Umfeld des Kindes aus, das in einem anderen Mitgliedstaat als dem wohne, wo sein Elternteil arbeite. Folglich sei es, unter Weiterführung desselben Beispiels, nicht zulässig, dass die Übernahme der Kosten für den Erwerb eines Kinderwagens im Wert von 100 Euro durch zwei Arbeitnehmer 50 Euro betrage, wenn das Kind in Österreich wohne, und in anderer Höhe erfolge, wenn es nicht dort wohne, während der Aufwand gleich hoch sei.

    ( 12 ) C‑32/18, im Folgenden: Urteil Moser, EU:C:2019:752, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung. Unter Bezugnahme auf die Rn. 10 und 54 dieses Urteils hat die Kommission hinzugefügt, dass es nur deshalb, weil die Höhe des österreichischen Kinderbetreuungsgelds ausdrücklich vom Betrag des tatsächlichen vorherigen Erwerbseinkommens abhängig gewesen sei, möglich gewesen sei, diesen Betrag entsprechend dem wirtschaftlichen und sozialen Umfeld des Empfängers zu bemessen.

    ( 13 ) 41/84, im Folgenden: Urteil Pinna, EU:C:1986:1. Vgl. insbesondere Rn. 25 dieses Urteils.

    ( 14 ) Verordnung des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. 1971, L 149, S. 2). Die Kommission führt aus, dass aus dem Urteil vom 27. September 1988, Lenoir (313/86, im Folgenden: Urteil Lenoir, EU:C:1988:452, Rn. 9, 11 und 16), hervorgehe, dass für „regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und gegebenenfalls des Alters von Familienangehörigen gewährt werden“, keine Anpassung an das wirtschaftliche und soziale Umfeld möglich sei.

    ( 15 ) Schlussanträge des Generalanwalts Mancini in der Rechtssache Pinna (41/84, nicht veröffentlicht, EU:C:1985:215, Nr. 7).

    ( 16 ) Vgl. Anlage I Abschnitt D Nr. 2 Buchst. a des Auszugs aus den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 18. und 19. Februar 2016 (ABl. 2016, C 69 I, S. 1).

    ( 17 ) Siehe Nr. 56 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 18 ) Die Kommission bezieht sich auf das Impact Assessment SWD(2016) 460 final/2, Teil 1/6, S. 135, Nr. 7.3.2.

    ( 19 ) Nach Ansicht der Republik Österreich sowie des Königreichs Norwegen werde der Zusammenhang zwischen Familienleistungen und den Lebenshaltungskosten auch durch den FreSsco‑Bericht mit dem Titel „Assessment of the impact of amendments to the EU social security coordination rules on export of family benefits“, angeführt in Anhang VI des in Fn. 18 der vorliegenden Schlussanträge genannten Impact Assessment, Teil 3/6, Nr. 1.7.2, S. 44, bestätigt. Die Republik Österreich führt aus, dass der FreSsco‑Bericht insbesondere darauf hinweise, dass Familienleistungen regelmäßig angepasst würden, wobei sich die Anpassung jeweils an der Inflationsrate orientiere.

    ( 20 ) Die Republik Österreich weist darauf hin, dass das Kriterium der Anzahl der Kinder und ihres Alters für sich allein nicht ausschlaggebend sei, um den Charakter der Leistung und die konkret berücksichtigten Merkmale zu beurteilen. Insoweit hält sie folgendes Beispiel des Königreichs Norwegen für „instruktiv“: „Mitgliedstaat A hat aus Statistiken erfahren, dass ein Kinderwagen durchschnittlich 100 Euro kostet und eine Erstattung von 50 % sich somit auf 50 Euro beläuft. Um ein unnötig belastendes Rückerstattungssystem zu vermeiden, beschließt er, die Leistung im Voraus als Pauschalbetrag von 50 Euro gekoppelt an eine Indexierungsregel zu gewähren, die einen Anstieg der Preise für Kinderwägen korrigiert. Um sicherzustellen, dass das Ziel und die Funktion der Leistung unabhängig vom Wohnort der Kinder erreicht werden, was im früheren Rückerstattungssystem automatisch der Fall war, fügt der Gesetzgeber außerdem einen Indexierungsmechanismus hinzu, der die Leistung in Bezug auf die tatsächlichen Kosten für den Kauf von Kinderwägen in den verschiedenen Mitgliedstaaten berichtigt.“ Siehe insoweit Fn. 11 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 21 ) Vgl. § 39 Abs. 1 FLAG.

    ( 22 ) Die Republik Österreich führt aus, dass darüber hinaus dem Ausgleichsfonds im Wesentlichen ein Fixbetrag an Einkommensteuer, Anteile an Körperschaftssteuer und Einkommensteuer, Beiträge von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sowie Abgeltungsbeträge von verschiedenen Ministerien zuflössen. Vgl. § 39 Abs. 2 Buchst. b bis h FLAG.

    ( 23 ) Vgl. § 39 Abs. 2 Buchst. a FLAG.

    ( 24 ) Vgl. § 41 Abs. 1 FLAG.

    ( 25 ) Vgl. § 41 Abs. 3 FLAG.

    ( 26 ) Siehe Nr. 34 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 27 ) Vgl. Nr. 83 erster und zweiter Gedankenstrich der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 28 ) Vgl. zur Veranschaulichung Nr. 53 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 29 ) Nach Ansicht der Republik Österreich bezieht sich der 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 883/2004 nicht auf deren Art. 70, da dieser zum Gegenstand habe, von der Regel der Exportierbarkeit besondere Leistungen auszunehmen, die steuerfinanziert seien und einen Einkommensersatz garantierten oder dem besonderen Schutz von behinderten Personen dienten und die ausdrücklich am Wohnort der Begünstigten gewährt würden.

    ( 30 ) C‑85/99, EU:C:2001:166, Rn. 41, zur Auslegung von Art. 1 Buchst. u Ziff. i der Verordnung Nr. 1408/71 betreffend Familienleistungen, die von den in Ziff. ii dieser Bestimmung definierten Familienbeihilfen zu unterscheiden sind. Siehe auch Nr. 72 der vorliegenden Schlussanträge. Die in Art. 73 Abs. 1 dieser Verordnung aufgestellte Regel des Exports von Familienleistungen fand auf diese Leistungen keine Anwendung.

    ( 31 ) Schlussanträge des Generalanwalts Slynn in der Rechtssache Lenoir (313/86, nicht veröffentlicht, EU:C:1988:87).

    ( 32 ) Die Republik Österreich, die sich dem Streithilfeschriftsatz des Königreichs Norwegen anschließt, macht ferner geltend, dass Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 und die Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigten, dass die konkrete Art, Zielsetzung und Ausgestaltung der Leistungen sowie z. B. die Tatsache zu berücksichtigen seien, dass es sich um eine Leistung handele, die sich am Bedarf des Kindes orientiere oder nach dem Einkommen der Eltern bemessen sei. Folglich liefe die Verpflichtung, in jedem Fall absolute Beträge exportieren zu müssen, Art. 67 – sowie auch des Art. 7 – der Verordnung 883/2004 zuwider.

    ( 33 ) Um auch die Bedeutung der Indexierung anhand des Preisniveaus in Dänemark zu veranschaulichen, das die höchsten Verbraucherpreise in der Europäischen Union hat, zieht Dänemark als Beispiel einen Vergleich zu Bulgarien heran, das die niedrigsten Verbraucherpreise in der Europäischen Union hat. So sei im Fall eines Arbeitnehmers und Unionsbürgers mit einem einjährigen Kind die dänische monatliche Leistung zehnmal höher als die in Bulgarien. Bei einer Anpassung an die Lebenshaltungskosten in Bulgarien (ca. Faktor 40 bezogen auf ein Preisniveau in Dänemark von 100) wäre die Leistung in Dänemark viermal so hoch wie die in Bulgarien.

    ( 34 ) Schlussanträge des Generalanwalts Mancini in der Rechtssache Pinna (41/84, nicht veröffentlicht, EU:C:1985:215).

    ( 35 ) Schlussanträge des Generalanwalts Mancini in der Rechtssache Pinna (41/84, nicht veröffentlicht, EU:C:1985:215, Nr. 7). Hervorhebung nur hier.

    ( 36 ) Siehe Nr. 40 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 37 ) Hervorhebung in der Klagebeantwortung der Republik Österreich.

    ( 38 ) Die Republik Österreich bezieht sich auf die in Anlage V der Schlussfolgerungen wiedergegebene „Erklärung der Europäischen Kommission zur Indexierung von Leistungen für Kinder, die in einen anderen Mitgliedstaat als den Mitgliedstaat ausgeführt werden, in dem der Arbeitnehmer wohnt“ (siehe Fn. 16 der vorliegenden Schlussanträge) und das in Fn. 18 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Impact Assessment, Nr. 7.3.2, S. 135.

    ( 39 ) Dieser Mechanismus gilt auch zwischen der Republik Österreich und den Vertragsparteien des EWR-Abkommens sowie der Schweiz.

    ( 40 ) Insoweit hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass der Ausdruck „Ausgleich von Familienlasten“ dahin auszulegen ist, dass er u. a. einen staatlichen Beitrag zum Familienbudget erfassen soll, der die Kosten für den Unterhalt von Kindern verringert. Vgl. Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 41 ) Vgl. Urteile vom 19. Juli 2012, Reichel‑Albert (C‑522/10, EU:C:2012:475, Rn. 38), und Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 69).

    ( 42 ) Vgl. insbesondere Art. 70 der Verordnung Nr. 883/2004, der besondere beitragsunabhängige Geldleistungen betrifft.

    ( 43 ) Vgl. Urteile vom 25. November 2021, Finanzamt Österreich (Familienbeihilfe für Entwicklungshelfer) (C‑372/20, EU:C:2021:962, Rn. 76), und Moser (Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Urteil Pinna (Rn. 9) sowie Urteil vom 5. Oktober 1995, Imbernon Martínez ( C‑321/93, EU:C:1995:306, Rn. 22 ).

    ( 44 ) Vgl. Urteile vom 7. Juni 2005, Dodl und Oberhollenzer (C‑543/03, EU:C:2005:364, Rn. 45); vom 22. Oktober 2015, Trapkowski (C‑378/14, EU:C:2015:720, Rn. 35), sowie Moser (Rn. 37 und 38 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). In diesem Urteil hat der Gerichtshof bestätigt, dass Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 auf einen Arbeitnehmer anwendbar ist, der in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen arbeitet, dessen Rechtsvorschriften er unterliegt. Vgl. auch Art. 5 Buchst. b dieser Verordnung, in dem der Grundsatz der Gleichstellung von Sachverhalten verankert ist, in dem auch der Ausdruck „als ob“ enthalten ist, sowie Urteil vom 12. März 2020, Caisse d’assurance retraite et de la santé au travail d’Alsace-Moselle (C‑769/18, EU:C:2020:203, Rn. 42 bis 44).

    ( 45 ) Ich weise insoweit darauf hin, dass seit dem geplanten Entwurf zugunsten des Vereinigten Königreichs im Jahr 2016 keine Änderung erfolgt ist. Siehe Nrn. 40 und 56 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 46 ) Vgl. zu den Modalitäten der Antikumulierungsvorschriften für Leistungen, wenn Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren sind, Urteil Moser (Rn. 41).

    ( 47 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2009, L 284, S. 1).

    ( 48 ) Vgl. Urteil Moser (Rn. 42 und 46).

    ( 49 ) Vgl. Urteil vom 10. Juli 2019, Aubriet (C‑410/18, EU:C:2019:582, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 50 ) Siehe Nr. 54 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 51 ) Siehe Nr. 51 dritter Gedankenstrich der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 52 ) Siehe Nr. 51 vierter Gedankenstrich der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 53 ) Vgl. Urteile Pinna (Rn. 21) und Lenoir (Rn. 14).

    ( 54 ) Vgl. Urteil Pinna (Rn. 10, 11 und 14).

    ( 55 ) Vgl. Urteil Lenoir (Rn. 16).

    ( 56 ) Vgl. Urteile Lenoir (Rn. 9) zur Entstehungsgeschichte und Pinna (Rn. 9 und 18).

    ( 57 ) Vgl. Urteile vom 6. Juli 2006, Kersbergen-Lap und Dams-Schipper (C‑154/05, EU:C:2006:449, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 18. Dezember 2007, Habelt u. a. (C‑396/05, EU:C:2007:810, Rn. 81).

    ( 58 ) Vgl. 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 883/2004. In diesem Zusammenhang ist es logisch, dass der Unionsgesetzgeber dieses Kriterium wegen des Gegenstands der Leistungen, nämlich der Gewährleistung eines Mindesteinkommens zur Bestreitung des Lebensunterhalts, das nur anhand des wirtschaftlichen und sozialen Umfelds am Wohnort bestimmt werden kann, herangezogen hat.

    ( 59 ) Vgl. Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 36 und 37).

    ( 60 ) Es ist darauf hinzuweisen, dass der FreSsco‑Bericht, auf den sich die Republik Österreich im Anschluss an das Königreich Norwegen berufen hat (siehe Fn. 19 der vorliegenden Schlussanträge), zur Situation in den Jahren 2016 und 2017 keine näheren Angaben in diesem Sinne enthält und nur eine Anpassung nach Maßgabe der Inflationsrate anführt.

    ( 61 ) Gleiches gilt für die Beihilfe für den Schulbesuch oder für die Beihilfe bei einer Behinderung des Kindes, wie sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Unterlagen ergibt. Siehe Nr. 38 vierter Gedankenstrich und Nr. 42 vierter Gedankenstrich der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 62 ) Siehe Fn. 11 der vorliegenden Schlussanträge. Das vom Königreich Norwegen angeführte Beispiel zeigt insoweit, dass die Höhe der tatsächlichen Ausgaben nach dem Einkaufsort gerade nicht berücksichtigt wird. Gleiches gilt für die Vielfalt der Faktoren, die bei den Wanderarbeitnehmern zu berücksichtigen sind, darunter, wie Rumänien dargelegt hat, zusätzliche finanzielle Belastungen, u. a. aufgrund der Abwesenheit eines Elternteils.

    ( 63 ) Die Kommission bezieht sich auf das Urteil vom 22. Juni 2011, Landtová (C‑399/09, EU:C:2011:415, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 64 ) Die Kommission bezieht sich auf das Urteil vom 12. Mai 1998, Martínez Sala (C‑85/96, EU:C:1998:217, Rn. 25).

    ( 65 ) Die Kommission verweist auf das Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 66 ) Die Kommission bezieht sich auf das Urteil vom 12. Dezember 2019, Instituto Nacional de la Seguridad Social (Rentenzulage für Mütter) (C‑450/18, EU:C:2019:1075, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 67 ) Siehe Nr. 98 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 68 ) Siehe Fn. 79 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 69 ) Siehe zu diesem im Rahmen des Vorverfahrens vorgetragenen Argument Nr. 25 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 70 ) Die Kommission verweist auf das Urteil vom 28. April 1998, Kohll (C‑158/96, EU:C:1998:171, Rn. 41).

    ( 71 ) Die Kommission bezieht sich auf den Bericht des Rechnungshofs mit dem Titel „Familienbeihilfe – Ziele und Zielerreichung, Kosten und Kontrollsystem“, im Folgenden: Bericht des Rechnungshofs, abrufbar unter folgender Internetadresse: https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Familienbeihilfe.pdf (Rn. 6.1 und 6.3, S. 25 bis 27).

    ( 72 ) Die Kommission verweist auf den Bericht des Rechnungshofs (Rn. 15.1, S. 42 bis 45, Rn. 19.2, S. 53, und Rn. 23 bis 29, S. 59 bis 69).

    ( 73 ) Unterzeichnet in Turin am 18. Oktober 1961.

    ( 74 ) Die Republik Österreich führt das Dokument des Europarats mit dem Titel „Digest of the case law of the European Committee of Social Rights“, Dezember 2018, S. 141, an, abrufbar unter folgender Internetadresse: https://rm.coe.int/digest-2018-parts-i-ii-iii-iv-en/1680939f80.

    ( 75 ) Die Republik Österreich bezieht sich auf Art. 64 und Art. 67 Abs. 4 des Statuts der Beamten der Europäischen Union sowie auf den vierten Erwägungsgrund der Verordnung (EG, EGKS, Euratom) Nr. 2594/98 des Rates vom 27. November 1998 zur Änderung der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften (ABl. 1998, L 325, S. 1). Sie bezieht sich insoweit auf das Vorbringen des Königreichs Dänemark, wonach der Gerichtshof im Urteil vom 8. Mai 2014, Wiering (C‑347/12, EU:C:2014:300), das noch die Verordnung Nr. 1408/71 betroffen habe, hervorgehoben habe, dass das Kind der Empfänger der Familienzulagen sei. Die Anpassung solcher Zulagen stehe daher im Einklang mit der bereits vorgenommenen Auslegung des Grundsatzes der Gleichbehandlung.

    ( 76 ) Die Republik Österreich bezieht sich auf das Dokument der Kommission mit dem Titel „Erasmus+ Programme Guide“, Version 2 (2020), vom 26. Februar 2020, S. 45, abrufbar unter folgender Internetadresse: https://erasmus-plus.ec.europa.eu/sites/default/files/2021-09/erasmus_programme_guide_2020_v2_en.pdf.

    ( 77 ) Dokument 11721/2/20 REV 2, abrufbar unter folgender Internetadresse: https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST‑11721-2020-REV-2/de/pdf.

    ( 78 ) ABl. 1992, L 245, S. 46.

    ( 79 ) Die Republik Österreich hat dies wie folgt veranschaulicht: „[D]ie Kaufkraft in Wien (dem Bundesland mit dem niedrigsten Wert) [beläuft sich etwa] auf rund 92 Prozent der Kaufkraft in Niederösterreich. Des Weiteren sind etwa die Unterschiede in der Kaufkraft pro Einwohner innerhalb der Bezirke Niederösterreichs größer als zwischen den österreichischen Bundesländern. Siehe https://retailreport.at/sites/default/files/2019-05/GfK%20Kaufkraft%20%C3%B4sterreich%202019.pdf. Demgegenüber lag etwa die Kaufkraft in Bulgarien im Jahr 2019 bei 52 Prozent des Durchschnitts der EU-27, wohingegen jene für Österreich bei 113 Prozent lag (vgl. https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tec00120/default/table?lang=de).“

    ( 80 ) Die Republik Österreich führt das Urteil vom 24. Februar 2015, Sopora (C‑512/13, EU:C:2015:108, Rn. 34), an.

    ( 81 ) Die Republik Österreich führt die Urteile vom 17. Juli 1963, Italien/Kommission (13/63, EU:C:1963:20, Titel 4), und vom 18. September 2014, Bundesdruckerei (C‑549/13, EU:C:2014:2235, Rn. 34), an.

    ( 82 ) C‑286/03, EU:C:2005:621, Rn. 109. Es handelt sich um die Antwort der Generalanwältin Kokott auf das im Rahmen dieser Rechtssache gegen den Export einer Leistung vorgebrachte Argument, dass die Höhe der Leistung auf die Lebenshaltungs- und Pflegekosten in dem Sitzstaat des zuständigen Trägers abgestimmt sei.

    ( 83 ) Durchführungsbeschluss 2014/99/EU der Kommission vom 18. Februar 2014 zur Erstellung der Liste der Regionen, die für eine Unterstützung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds in Frage kommen, sowie der Mitgliedstaaten, die für eine Unterstützung aus dem Kohäsionsfonds in Frage kommen, mit Bezug auf den Zeitraum 2014-2020 (ABl. 2014, L 50, S. 22).

    ( 84 ) Es handelt sich um die Gesetzesentwürfe, die zu den in den Fn. 7 und 8 der vorliegenden Schlussanträge genannten Bundesgesetzen geführt haben, sowie um Erläuterungen der Regierung zu diesen Entwürfen in den Dokumenten Nrn. 111 und 190 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates (Österreich) betreffend die XXVI. Legislaturperiode, abrufbar unter den folgenden Internetadressen: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/I/I_00111/fname_692212.pdf bzw. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/I/I_00190/fname_698479.pdf.

    ( 85 ) Die Republik Österreich bezieht sich auf die Dokumente Nrn. 111 und 190 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates betreffend die XXVI. Legislaturperiode, S. 3 und S. 8 ff.

    ( 86 ) Die Republik Österreich verweist auf die Urteile vom 28. Juni 2018, Crespo Rey (C‑2/17, EU:C:2018:511, Rn. 45 ff. und die dort angeführte Rechtsprechung), und Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 68).

    ( 87 ) Die Republik Österreich verweist insoweit auf die Erläuterungen im Dokument Nr. 111 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates betreffend die XXVI. Legislaturperiode, S. 1 ff. (siehe Fn. 84 der vorliegenden Schlussanträge).

    ( 88 ) Siehe Nr. 46 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 89 ) C‑240/10, EU:C:2011:591, Rn. 37.

    ( 90 ) Siehe Nr. 95 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 91 ) In Wien am 18. April 1961 abgeschlossen und am 24. April 1964 in Kraft getreten.

    ( 92 ) In Wien am 24. April 1963 abgeschlossen und am 19. März 1967 in Kraft getreten.

    ( 93 ) Die Republik Österreich führt aus, dass zwar ein Wanderarbeitnehmer dem österreichischen Sozialversicherungssystem nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 angeschlossen sei, ein österreichischer Beamter, der in einen anderen Mitgliedstaat entsandt worden sei, jedoch weiterhin dem österreichischen Sozialversicherungssystem nach Buchst. b derselben Bestimmung angeschlossen sei. Gleiches gelte für Beamte, die eine Nebenbeschäftigung als Arbeitnehmer hätten oder eine Berufstätigkeit als Selbständige gemäß Art. 13 Abs. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 ausübten.

    ( 94 ) Die Republik Österreich bezieht sich auf das Urteil vom 17. Juni 2010, Kommission/Portugal (C‑105/08, EU:C:2010:345, Rn. 26 ff.).

    ( 95 ) Die Republik Österreich führt die Urteile vom 28. Mai 1980, Kuhner/Kommission (33/79 und 75/79, EU:C:1980:139, Rn. 22), und vom 13. Juli 2018, SQ/EIB (T‑377/17, EU:T:2018:478, Rn. 146), sowie die Urteile vom 22. Juni 2017, Bechtel (C‑20/16, EU:C:2017:488, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 12. November 2020, Fleig/SEAE (C‑446/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:918, Rn. 67), an.

    ( 96 ) Die Republik Österreich verweist auf das Urteil vom 18. Dezember 2007, Kommission/Spanien (C‑186/06, EU:C:2007:813, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 97 ) Die Republik Österreich bezieht sich auf das Urteil vom 19. Mai 2009, Kommission/Italien (C‑531/06, EU:C:2009:315, Rn. 69 und 73).

    ( 98 ) Vgl. Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 24 und 25 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 99 ) Vgl. Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 44 und 46 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 100 ) Vgl. auch als besondere Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes der Nichtdiskriminierung Art. 5 Buchst. b dieser Verordnung, in dem der Grundsatz der Gleichstellung von Sachverhalten verankert ist, worauf der Gerichtshof im Urteil vom 12. März 2020, Caisse d’assurance retraite et de la santé au travail d’Alsace-Moselle (C‑769/18, EU:C:2020:203, Rn. 44), hingewiesen hat.

    ( 101 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 22. Juni 2011, Landtová (C‑399/09, EU:C:2011:415, Rn. 42 und 44 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), zu Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71, mit dem der in Art. 39 EG, nunmehr Art. 45 AEUV, aufgestellte Grundsatz konkretisiert wird, der im Wesentlichen den gleichen Wortlaut hatte wie Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004. Der persönliche Geltungsbereich der zweiten Verordnung unterscheidet sich jedoch insofern von der ersten, als der nicht auf Arbeitnehmer und deren Familienangehörige beschränkt ist. Insoweit hat der Gerichtshof jüngst im Urteil vom 15. Juli 2021, A (Öffentliche Gesundheitsversorgung) (C‑535/19, EU:C:2021:595, Rn. 40), festgestellt, dass das in Art. 18 Abs. 1 AEUV niedergelegte grundsätzliche Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit in Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 in Bezug auf Unionsbürger konkretisiert wird, die Leistungen nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung in Anspruch nehmen wollen. Er hat auch auf seine ständige Rechtsprechung hingewiesen, wonach Art. 18 Abs. 1 AEUV eigenständig nur bei unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen zur Anwendung kommen soll, für die der AEU-Vertrag keine besonderen Diskriminierungsverbote vorsieht Dies ist nämlich im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht der Fall. Vgl. insoweit u. a. Urteil vom 25. November 2021, Finanzamt Österreich (Familienbeihilfe für Entwicklungshelfer) (C‑372/20, EU:C:2021:962, Rn. 68).

    ( 102 ) Vgl. Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 103 ) Vgl. Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 24 und 70 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 104 ) Vgl. Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 105 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 15. Juli 2021, A (Öffentliche Gesundheitsversorgung) (C‑535/19, EU:C:2021:595, Rn. 61).

    ( 106 ) Vgl. Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 107 ) ABl. 1968, L 257, S. 2. Die Verordnung Nr. 1612/68 wurde durch die Verordnung Nr. 492/2011 aufgehoben. Der Gerichtshof hat sich u. a. auf das Urteil vom 5. Mai 2011, Kommission/Deutschland (C‑206/10, EU:C:2011:283, Rn. 39), bezogen. Vgl. auch Rn. 36 und 37 dieses Urteils.

    ( 108 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 11. September 2007, Hendrix (C‑287/05, EU:C:2007:494, Rn. 51 und 52). Vgl. auch Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 65 und 69 bis 71).

    ( 109 ) Vgl. Urteile vom 18. Januar 2007, Celozzi (C‑332/05, EU:C:2007:35, Rn. 24), sowie vom 5. Dezember 2019, Bocero Torrico und Bode (C‑398/18 und C‑428/18, EU:C:2019:1050, Rn. 41).

    ( 110 ) Vgl. Urteile vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 44), und Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 56).

    ( 111 ) Siehe Fn. 9 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 112 ) Vgl. Rn. 15.1, Abbildung 6, S. 45, des Berichts des Rechnungshofs.

    ( 113 ) Vgl. Dokument Nr. 190 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates betreffend die XXVI. Legislaturperiode, S. 2 (siehe Fn. 84 der vorliegenden Schlussanträge).

    ( 114 ) Vgl. Rn. 15.1, Abbildung 5, S. 44, und Rn. 15.2, S. 45, des Berichts des Rechnungshofs. Insoweit wird in Fn. 34 dieses Berichts ausgeführt, dass am 1. Mai 2004 Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Malta und Zypern der Union beigetreten seien, am 1. Jänner 2007 seien Bulgarien und Rumänien gefolgt. Im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit bestanden für Österreich siebenjährige Übergangsfristen, so dass der österreichische Arbeitsmarkt für die 2004 beigetretenen Staaten 2011 und für die 2007 beigetretenen Staaten 2014 geöffnet wurde; Kroatien trat am 1. Juli 2013 der Union bei, eine Öffnung zum österreichischen Arbeitsmarkt erfolgte 2020.

    ( 115 ) Vgl. Urteil Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 56).

    ( 116 ) Vgl. Urteil vom 22. Juni 2011, Landtová (C‑399/09, EU:C:2011:415, Rn. 46 bis 48).

    ( 117 ) Vgl. Nrn. 66 und 67 der vorliegenden Schlussanträge sowie entsprechend Urteil vom 7. November 2002, Maaheimo (C‑333/00, EU:C:2002:641, Rn. 34).

    ( 118 ) Siehe insoweit Nr. 127 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 119 ) Vgl. u. a. Urteile vom 14. Dezember 2016, Bragança Linares Verruga u. a. (C‑238/15, EU:C:2016:949, Rn. 44), sowie Caisse pour l’avenir des enfants (Kind des Ehegatten eines Grenzgängers) (Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 120 ) Es ist darauf hinzuweisen, dass die Republik Österreich das Ziel, Budgeteinsparungen zu erzielen, das sie nach Ansicht der Kommission verfolgt haben soll, bestreitet. Aus den von dieser vorgelegten Unterlagen ergebe sich nämlich eine Schätzung der Verringerung der Ausgaben, ohne dass dadurch eine solche Absicht bestätigt würde.

    ( 121 ) Siehe Nrn. 77 bis 79 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 122 ) Die Kommission bezieht sich in Rn. 44 ihrer Klageschrift auf die Tabelle Bundesland-Ranking Österreich 2019, abrufbar unter folgender Internetadresse: https://cdn2.hubspot.net/hubfs/2405078/cms-pdfs/fileadmin/user_upload/dyna_content/de/documents/news/20190508_news_kaufkraft_dach_dfin.pdf, S. 3.

    ( 123 ) Die Kommission führt aus, dass die Kaufkraft etwa in Niederösterreich 104,7 %, in Kärnten dagegen nur 97,6 % des österreichischen Durchschnitts betrage. So erhalte bei der Anwendung der österreichischen Regelung über die sozialen und steuerlichen Vergünstigungen innerhalb Österreichs ein Arbeitnehmer für ein Kind, das beispielsweise in der Kärntner Gemeinde Arnoldstein lebe, einen Beitrag zu den Kosten für sein Kind in Höhe von 100 % der Pauschalbeträge, was ein um 7,1 % höherer Beitrag sei als etwa ein Arbeitnehmer erhalte, dessen Kind in Niederösterreich wohne.

    ( 124 ) In Fortführung des vorstehenden Beispiels veranschaulicht die Kommission die Auswirkungen des österreichischen Anpassungsmechanismus, indem sie ausführt, dass die Arbeitnehmer, die in Österreich arbeiteten, deren Kinder aber in Arnoldstein (Kärnten), Tarvisio (Italien) oder Kranjska Gora (Slowenien) wohnten, jeweils drei verschiedene Pauschalbeträge erhielten, nämlich 100 %, 94,8 % bzw. 79 % der Leistung. Der Pauschalbetrag liege jedoch über den Lebenshaltungskosten des österreichischen Durchschnitts und es sei davon auszugehen, dass in den drei aneinander angrenzenden Gemeinden – auch wenn sie in drei verschiedenen Mitgliedstaaten lägen – die Lebenshaltungskosten für den täglichen Bedarf in tatsächlicher Hinsicht, gerade durch die von der Union gewährte Freiheit des Waren- und Dienstleistungsverkehrs, durchaus vergleichbar seien.

    ( 125 ) Laut der Slowakischen Republik unterscheiden sich z. B. die Lebenshaltungskosten zwischen der Ostslowakei und dem Raum Bratislava, wobei die Lebenshaltungskosten im Raum Bratislava deutlich höher als im Großraum Wien seien.

    ( 126 ) Die Republik Österreich legt dar, dass die Kaufkraft in Bulgarien im Jahr 2019 bei 52 % des Durchschnitts der 27 Mitgliedstaaten der Union gelegen habe, wohingegen jene für Österreich bei 113 % gelegen habe (vgl. Fn. 79 der vorliegenden Schlussanträge). Siehe auch Nr. 53 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 127 ) Vgl. Rn. 18.2, S. 51, des Berichts des Rechnungshofs.

    ( 128 ) Vgl. Rn. 23.2, S. 60 und 61, Rn. 23.4, S. 62, sowie Rn. 25, S. 62 bis 65, des Berichts des Rechnungshofs.

    ( 129 ) Vgl. Rn. 15.1, Tabelle 8, des Berichts des Rechnungshofs.

    ( 130 ) Siehe Nr. 97 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 131 ) Vgl. Art. 28 Abs. 2 des EWR-Abkommens, der, wie Art. 45 Abs. 2 AEUV, jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der EG-Mitgliedstaaten und der EFTA-Staaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen verbietet.

    ( 132 ) Vgl. 17. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 883/2004.

    ( 133 ) Vgl. Urteil vom 14. Dezember 2016, Bragança Linares Verruga u. a. (C‑238/15, EU:C:2016:949, Rn. 49 und 50).

    ( 134 ) Die EFTA-Überwachungsbehörde hat den Grundsatz wie folgt zusammengefasst: „Im Hinblick auf die Verwirklichung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer erfordert der Binnenmarkt des EWR gleiche Leistungen für gleiche Arbeit.“

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