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Document 62016TJ0273

Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 16. Januar 2018 (Auszüge).
Sun Media Ltd gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke METAPORN – Ältere Unionswortmarke und ältere nationale Wortmarke META4 und ältere Unionsbildmarke und ältere nationale Bildmarke meta4 – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001) – Ähnlichkeit der Dienstleistungen – Begriff der ergänzenden Dienstleistungen – Ähnlichkeit der Zeichen – Verwechslungsgefahr.
Rechtssache T-273/16.

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2018:2

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

16. Januar 2018 ( *1 )

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke METAPORN – Ältere Unionswortmarke und ältere nationale Wortmarke META4 und ältere Unionsbildmarke und ältere nationale Bildmarke meta4 – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001) – Ähnlichkeit der Dienstleistungen – Begriff der ergänzenden Dienstleistungen – Ähnlichkeit der Zeichen – Verwechslungsgefahr“

In der Rechtssache T‑273/16

Sun Media Ltd mit Sitz in Hongkong (China), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Schnider,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Bonne als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Meta4 Spain, SA mit Sitz in Las Rozas (Spanien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt I. Temiño Ceniceros,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 3. März 2016 (verbundene Sachen R 653/2015-2 und R 674/2015-2) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Meta4 Spain und Sun Media

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter I. S. Forrester (Berichterstatter) und E. Perillo,

Kanzler: I. Dragan, Verwaltungsrat,

aufgrund der am 30. Mai 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 11. August 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 11. August 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2017

folgendes

Urteil ( 1 )

[nicht wiedergegeben]

Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

[nicht wiedergegeben]

Zum Vergleich der Dienstleistungen

32

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen sind nach ständiger Rechtsprechung alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis kennzeichnen, in dem diese zueinander stehen; zu diesen Faktoren gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihr Charakter als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Es können auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33

Dienstleistungen ergänzen einander, wenn zwischen ihnen ein enger Zusammenhang in dem Sinn besteht, dass die eine Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist, so dass die Verbraucher denken könnten, die Verantwortung für die Erbringung dieser Dienstleistungen liege bei demselben Unternehmen (vgl. Urteil vom 2. Oktober 2013, Cartoon Network/HABM – Boomerang TV [BOOMERANG], T‑285/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:520, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34

Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass die betreffenden Dienstleistungen teilweise identisch und teilweise ähnlich seien. Insbesondere ging sie davon aus, dass die von der Anmeldemarke erfassten Dienstleistungen der Klasse 41 zumindest einen geringen Grad an Ähnlichkeit sowohl mit den von den älteren Unionsmarken erfassten Ausstrahlungs- als auch mit den von diesen erfassten Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 aufwiesen, weil sie einander ergänzten.

35

Die Klägerin stellt die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer zur Identität oder Ähnlichkeit der von der Anmeldemarke erfassten Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 42 nicht in Frage. Sie hebt lediglich hervor, dass die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen habe, indem sie festgestellt habe, dass die von der Anmeldemarke erfassten Unterhaltungsdienstleistungen für Erwachsene, in Klasse 41, zumindest einen geringen Grad an Ähnlichkeit zu den von den älteren Marken erfassten Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 aufwiesen.

36

Hierzu ist erstens festzustellen, dass sich die von der Anmeldemarke erfassten Unterhaltungsdienstleistungen für Erwachsene in Klasse 41 zwar ihrer Art und ihrem Verwendungszweck nach von den von den älteren Unionsmarken erfassten Dienstleistungen der Klasse 38 unterscheiden. Wie die Beschwerdekammer in Rn.78 der angefochtenen Entscheidung zu Recht hervorgehoben hat, ist eine solche Feststellung jedoch nicht für sich genommen geeignet, das etwaige Ergänzungsverhältnis zwischen diesen Dienstleistungen in Frage zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Oktober 2013, BOOMERANG, T‑285/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:520, Rn. 29 bis 35).

37

Was zweitens das Ergänzungsverhältnis zwischen den von der Anmeldemarke erfassten Unterhaltungsdienstleistungen für Erwachsene in Klasse 41 und den von den älteren Unionsmarken erfassten Ausstrahlungsdienstleistungen der Klasse 38 angeht, ist zum einen festzustellen, dass diese Unterhaltungsdienstleistungen für Erwachsene nach Ansicht der Beschwerdekammer die Dienstleistungen der Produktion von Filmprogrammen umfassen (Rn. 79 der angefochtenen Entscheidung). Zum anderen war die Beschwerdekammer der Ansicht, die von den älteren Unionsmarken erfassten Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 würden die Ausstrahlungsdienstleistungen – einschließlich der Dienstleistungen der Ausstrahlung von Rundfunk- und Hörfunksendungen und der Ausstrahlung von Fernsehprogrammen – umfassen, und hob hervor, dass die ältere, unter der Nr. 1669720 eingetragene Unionsbildmarke ausdrücklich die Dienstleistungen der Ausstrahlung von Rundfunk- und Hörfunksendungen nenne (Rn. 76 der angefochtenen Entscheidung). Die Klägerin tritt zwar der Feststellung entgegen, zu der die Beschwerdekammer hinsichtlich des Ergänzungsverhältnisses der in Rede stehenden Dienstleistungen und hinsichtlich ihrer Ähnlichkeit gelangt ist, doch wendet sie sich nicht gegen die von der Beschwerdekammer in den Rn. 76 und 79 der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Würdigung hinsichtlich der Reichweite der von den einander gegenüberstehenden Zeichen umfassten Dienstleistungen.

38

Es ist bereits entschieden worden, dass die Dienstleistungen der Produktion von Filmprogrammen der Klasse 41 aufgrund ihres Ergänzungsverhältnisses eine gewisse Ähnlichkeit mit Ausstrahlungsdienstleistungen der Klasse 38 aufweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Oktober 2013, BOOMERANG, T‑285/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:520, Rn. 35). Dies gilt umso mehr, wenn, wie im vorliegenden Fall, den von der Anmeldemarke erfassten Dienstleistungen der Klasse 41 und den von den älteren Unionsmarken erfassten Ausstrahlungsdienstleistungen der Klasse 38 gemeinsam ist, dass sie in elektronischer Form, gegebenenfalls über Internet, angeboten werden, weil diese gemeinsame Art der Ausstrahlung geeignet ist, die Ähnlichkeit zwischen diesen Dienstleistungen zu verstärken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juni 2014, Free/HABM – Conradi + Kaiser [FreeLounge], T‑161/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:350, Rn. 29).

39

Darüber hinaus ist mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass es heutzutage immer häufiger vorkommt, dass Rundfunk- und Fernsehprogramme über Internet- oder Breitbandverbindungen ausgestrahlt werden (Rn. 80 der angefochtenen Entscheidung).

40

Was drittens das Ergänzungsverhältnis zwischen den Unterhaltungsdienstleistungen für Erwachsene und den Telekommunikationsleistungen der älteren Unionsmarken angeht, ist, wie die Beschwerdekammer in Rn. 81 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, darauf hinzuweisen, dass im Antrag auf Eintragung der Anmeldemarke präzisiert wird, dass die von der Anmeldemarke erfassten Unterhaltungsdienstleistungen für Erwachsene in Klasse 41 „insbesondere“ im elektronischen Wege und über Internet erbracht werden. In Bezug auf Dienstleistungen der Klasse 41, die, wie im vorliegenden Fall, über Internet erbracht werden, ist bereits entschieden worden, dass sie folgenden von den älteren Unionsmarken erfassten Dienstleistungen ähnlich sind: „Telekommunikation; Kommunikationsdienste mittels Computerterminals, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2012, Wall/HABM – Bluepod Media Worldwide [bluepod MEDIA], T‑227/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:375, Rn. 44 und 51).

41

Das Gericht hat in ebendiesem Urteil zwar die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer in der fraglichen Rechtssache bestätigt, wonach der Verbraucher, auch wenn gewisse Telekommunikationsbetreiber über spezialisierte Tochtergesellschaften bestimmte Unterhaltungsdienstleistungen der Klasse 41 anböten, nicht generell damit rechne, dass zwischen der Erbringung dieser Unterhaltungsdienstleistungen und den mit der Übermittlung von Daten durch Computer und Netzwerke verknüpften Dienstleistungen ein Zusammenhang gegeben sei (Urteil vom 12. Juli 2012, bluepod MEDIA, T‑227/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:375, Rn. 48).

42

Gleichwohl ist im Einklang mit der Beschwerdekammer der wirtschaftlichen Realität auf dem Markt, wie sie heutzutage besteht, Rechnung zu tragen, um überprüfen zu können, ob die Tatsachenfeststellung, die in der Rechtssache vorgenommen wurde, in der das Urteil vom 12. Juli 2012, bluepod MEDIA (T‑227/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:375), ergangen ist, unverändert aktuell ist. Die heutzutage anzutreffende wirtschaftliche Realität unterscheidet sich jedoch erheblich von der, die noch vor wenigen Jahren vorherrschte, und zwar nicht zuletzt wegen der raschen technischen Entwicklungen, die, bezogen auf die Art und Weise des Konsums der Inhalte von Film- und Fernsehunterhaltung, zu einem radikalen Wandel geführt haben. Zudem waren herkömmliche Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen früher nur gelegentlich im Bereich der Entwicklung von Unterhaltungsinhalten tätig, während dies heutzutage regelmäßig der Fall ist. Demgegenüber bieten Unterhaltungsdienstleister Dienstleistungen an, die früher der Telekommunikationsbranche vorbehalten waren. Bestimmte Unternehmen bieten im Übrigen Pauschalen an, mit denen den Verbrauchern sowohl eine Telekommunikationsverbindung zur Verfügung gestellt als auch – über diese Verbindung – der Zugang zu Unterhaltungsinhalten gewährt wird. Bei Verbrauchern von Telekommunikationsdienstleistungen kann somit der Eindruck erweckt werden, dass der – über ihre Internetverbindung zur Verfügung gestellte – Unterhaltungsinhalt vom selben Unternehmen zur Verfügung gestellt wird wie ihre Internetverbindung (Rn. 83 bis 86 der angefochtenen Entscheidung).

[nicht wiedergegeben]

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Sun Media Ltd trägt die Kosten.

 

Frimodt Nielsen

Forrester

Perillo

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Januar 2018.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

( 1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.

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