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Document 62013CC0015

Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 23. Januar 2014.
Technische Universität Hamburg-Harburg und Hochschul-Informations-System GmbH gegen Datenlotsen Informationssysteme GmbH.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg - Deutschland.
Öffentliche Lieferaufträge - Richtlinie 2004/18/EG - Auftragserteilung ohne Einleitung eines Ausschreibungsverfahrens - ‚In-House‘-Vergabe - Auftragnehmer, der vom öffentlichen Auftraggeber rechtlich verschieden ist - Voraussetzung einer ‚Kontrolle wie über eigene Dienststellen‘ - Öffentlicher Auftraggeber und Auftragnehmer, zwischen denen kein Kontrollverhältnis besteht - Dritte öffentliche Stelle, die eine teilweise Kontrolle über den öffentlichen Auftraggeber und eine Kontrolle über den Auftragnehmer ausübt, die als eine Kontrolle ‚wie über eigene Dienststellen‘ qualifiziert werden kann - ‚Horizontales In-House-Geschäft‘.
Rechtssache C-15/13.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:23

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 23. Januar 2014 ( 1 )

Rechtssache C‑15/13

Technische Universität Hamburg-Harburg, Hochschul-Informations-System GmbH

gegen

Datenlotsen Informationssysteme GmbH

(Vorabentscheidungsersuchen des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg [Deutschland])

„Öffentliche Aufträge — Richtlinie 2004/18/EG — Tatbestandsvoraussetzungen der ‚In-House‘-Übertragung — ‚Horizontale In-House‘-Übertragung — Öffentlicher Auftraggeber und Auftragnehmer, die rechtlich getrennt sind und zwischen denen kein Kontrollverhältnis besteht — Über den öffentlichen Auftraggeber und den Auftragnehmer von einem Dritten, der seinerseits eine öffentliche Verwaltung ist, ausgeübte Kontrolle — Tragweite der Voraussetzung der ‚Kontrolle wie über eigene Dienststellen‘ — Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen“

1. 

Mit diesem Vorabentscheidungsersuchen legt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg einen im Bereich öffentlicher Aufträge neuen Sachverhalt vor, der dem Gerichtshof die Gelegenheit gibt, die Tragweite der Rechtsprechung zu präzisieren, die unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit vorsieht, die Verträge über bestimmte Aufträge der Anwendung der europäischen Regelung über öffentliche Vergabeverfahren zu entziehen.

2. 

Im Einzelnen ist der Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache aufgerufen, zu bestimmen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sogenannte „horizontale In-House-Geschäfte“ dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG ( 2 ) entzogen sein und ohne Einleitung der von dieser Richtlinie vorgesehenen öffentlichen Vergabeverfahren direkt übertragen werden können. Unter einem „horizontalen In-House-Geschäft“ versteht man den Abschluss eines Vertrags zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Auftragnehmer, die durch kein Kontrollverhältnis miteinander verbunden sind, die aber beide von demselben Träger, der seinerseits öffentlicher Auftraggeber im Sinne der Richtlinie 2004/18 ist, kontrolliert werden und im Wesentlichen für ihren gemeinsamen Träger tätig werden.

3. 

Mit den dem Gerichtshof gestellten Fragen möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob auch für ein derartiges Geschäft eine Ausnahme von der Anwendbarkeit der öffentlichen Vergabeverfahren nach dem Vorbild der von der Rechtsprechung des Gerichtshofs herausgearbeiteten Ausnahmen, auf die das vorlegende Gericht ausdrücklich verweist, in Betracht kommt.

4. 

Die erste dieser Ausnahmen, die auf das Urteil Teckal ( 3 ) zurückgeht, betrifft die sogenannten „In-House“-Übertragungen, für die nach der Rechtsprechung ein öffentlicher Auftraggeber von der Einleitung eines Vergabeverfahrens für einen öffentlichen Auftrag unter der Bedingung befreit ist, dass er über den Auftragnehmer eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt und dieser zugleich im Wesentlichen für den oder die öffentlichen Auftraggeber, die ihn kontrollieren, tätig wird ( 4 ). Bisher konnte der Gerichtshof sein Augenmerk noch nicht auf die Frage der Anwendbarkeit dieser Ausnahme auf „horizontale In-House“-Übertragungen richten, obwohl diese im Schrifttum ausführlich diskutiert wird; in seiner bisherigen und nunmehr reichhaltigen Rechtsprechung hat er sich ausschließlich mit In‑House-Übertragungen befasst, bei denen die auftraggebende Einrichtung und der Auftragnehmer in einem vertikalen Verhältnis zueinander standen ( 5 ).

5. 

Die zweite in der Rechtsprechung des Gerichtshofs ( 6 ) entwickelte und vom vorlegenden Gericht angeführte Ausnahme betrifft hingegen die Möglichkeit, vom Anwendungsbereich der Unionsvorschriften auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge die Verträge auszunehmen, die in den Bereich der sogenannten Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen fallen.

I – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsrecht

6.

Gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 sind „‚[ö]ffentliche Aufträge‘ … zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern geschlossene schriftliche entgeltliche Verträge über die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie“.

7.

Art. 7 der Richtlinie 2004/18 legt die Schwellenwerte fest, ab denen öffentliche Aufträge in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Zu dem in der vorliegenden Rechtssache maßgeblichen Zeitpunkt betrug dieser Schwellenwert 193000 Euro ( 7 ). Gemäß Art. 20 der Richtlinie 2004/18 „[werden] Aufträge über Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil A … nach den Artikeln 23 bis 55 vergeben“. Art. 28 dieser Richtlinie bestimmt, dass die Aufträge außer in Ausnahmefällen im Wege des offenen oder des nichtoffenen Verfahrens vergeben werden. Anhang II Teil A der Richtlinie enthält eine Kategorie 7, die „Datenverarbeitung und verbundene Tätigkeiten“ erfasst.

B – Nationales Recht

8.

Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) lautet: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“

9.

Nach Art. 91c Abs. 1 GG „[können] Bund und Länder … bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung benötigten informationstechnischen Systeme zusammenwirken“.

10.

Die nationalen Vergabevorschriften sind im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, das in § 99 die Definition des öffentlichen Auftrags enthält ( 8 ).

11.

Das Hamburgische Hochschulgesetz (im Folgenden: HmbHSchG) enthält die auf die öffentlichen Hochschulen der Freien und Hansestadt Hamburg (im Folgenden: Stadt Hamburg) anwendbaren Vorschriften.

12.

In § 2 HmbHSchG heißt es: „Die Hochschulen, Einrichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg, sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit dem Recht auf Selbstverwaltung. [Sie] regeln ihre Selbstverwaltungsangelegenheiten durch eine Grundordnung und weitere Satzungen.“

13.

Gemäß § 5 HmbHSchG („Selbstverwaltung“) nehmen die Hochschulen ihre Selbstverwaltungsangelegenheiten unter der Rechtsaufsicht der zuständigen Behörde selbständig wahr. Selbstverwaltungsangelegenheiten sind alle Angelegenheiten, die keine staatlichen Auftragsangelegenheiten sind.

14.

§ 6 HmbHSchG regelt die Haushaltsmittelzuweisung an die Hochschulen und zählt in Abs. 2 die von diesen wahrgenommenen staatlichen Auftragsangelegenheiten auf, darunter die Bewirtschaftung der ihnen zugewiesenen Haushaltsmittel einschließlich des Gebühren-, Kassen- und Rechnungswesens, die Verwaltung der ihnen zur Verfügung gestellten Grundstücke und Einrichtungen, die Personalangelegenheiten und die Einstellung von Personal sowie die Ermittlung der Ausbildungskapazität und die Vorschläge für die Festsetzung der Zulassungszahlen. Gemäß § 6 Abs. 3 kann den Hochschulen die Wahrnehmung weiterer Angelegenheiten übertragen werden. Schließlich übt gemäß Abs. 4 die zuständige Behörde in Auftragsangelegenheiten die „Fachaufsicht“ ( 9 ) über die Hochschulen durch Richtlinien und allgemeine Weisungen aus.

II – Sachverhalt, nationales Verfahren und Vorlagefragen

15.

Die Technische Universität Hamburg-Harburg (im Folgenden: TUHH), Beschwerdeführerin in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit, ist eine Hochschule der Stadt Hamburg. Diese ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne der Richtlinie 2004/18 ( 10 ).

16.

Die Hochschul‑Informations‑System GmbH (im Folgenden: HIS), zusammen mit der TUHH Beschwerdeführerin in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit, ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit vollständig öffentlichem Kapital, deren Anteilseigner zu einem Drittel die Bundesrepublik Deutschland und zu zwei Dritteln die 16 deutschen Bundesländer sind, unter ihnen die Stadt Hamburg, die am Stammkapital der HIS einen Anteil von 4,16 % hält. Gemäß § 2 ihrer Satzung ist der Gesellschaftszweck der HIS die Unterstützung der Hochschulen und der zuständigen Verwaltungen in ihrem Bemühen um eine rationelle und wirtschaftliche Erfüllung der Hochschulaufgaben u. a. durch Entwicklung von Verfahren zur Rationalisierung der Hochschulverwaltung sowie Mitwirkung bei deren Einführung und Anwendung und durch Bereitstellung von Informationen und Organisation von Informationsaustausch. Gemäß § 3 ihrer Satzung ist die HIS ausschließlich gemeinnützig tätig und arbeitet nicht gewinnorientiert.

17.

Die TUHH beabsichtigt die Beschaffung eines IT‑Hochschul-Managementsystems und unterzog dazu zwei solcher Systeme, das von der HIS und das von der Datenlotsen Informationssysteme GmbH (im Folgenden: Datenlotsen Informationssysteme) entwickelte, einer Evaluierung. Nach einem Vergleich dieser beiden Informatiksysteme schloss sie am 7. April 2011 einen Vertrag mit der HIS über die Einführung des von dieser entwickelten Systems, wobei der Auftrag direkt, ohne Anwendung der von der Richtlinie 2004/18 für öffentliche Aufträge vorgesehenen Vergabeverfahren erteilt wurde.

18.

Da die Datenlotsen Informationssysteme die direkte Erteilung dieses Auftrags an die HIS für rechtswidrig hielt, stellte sie bei der Vergabekammer bei der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg, dem insoweit zuständigen erstinstanzlichen Gericht, einen Nachprüfungsantrag, dem die Vergabekammer stattgab. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen für eine „In-House“- Übertragung nicht vorlägen, da zwischen der TUHH und der HIS kein Kontrollverhältnis bestehe.

19.

Die HIS und die TUHH legten gegen diese erstinstanzliche Entscheidung beim vorlegenden Gericht sofortige Beschwerde ein.

20.

Dieses Gericht führt aus, der Gerichtshof habe noch nicht geklärt, ob die Rechtsprechung, die für In-House-Geschäfte eine Ausnahme von der Anwendbarkeit der Vorschriften über die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge vorsehe, auf ein „horizontales In-House-Geschäft“ wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende übertragen werden könne. Sinn und Zweck der In-House-Ausnahme, wie sie von der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelt worden sei, könnten jedoch dafür sprechen, solche Geschäfte unter diese Ausnahme fallen zu lassen und somit die öffentlichen Auftraggeber von der Verpflichtung zu befreien, öffentliche Vergabeverfahren für derartige Aufträge durchzuführen. Da jedoch nach der Rechtsprechung die Ausnahmen von der Anwendung dieser Verfahren eng auszulegen seien, sei es Sache des Gerichtshofs, die Frage zu beantworten, ob horizontale In-House-Geschäfte in den Anwendungsbereich dieser Ausnahme fallen könnten oder nicht.

21.

Das vorlegende Gericht meint außerdem, dass die Voraussetzungen für die weitere von der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelte Ausnahme bezüglich der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen nicht vorlägen, da zum einen die HIS in der Form der Gesellschaft mit beschränkter Haftung privatrechtlich organisiert sei und sie zum anderen nicht unmittelbar mit einer öffentlichen Aufgabe betraut sei.

22.

Das vorlegende Gericht führt auch aus, dass nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften die Hochschulen wie die TUHH auf dem Gebiet von Forschung und Lehre über eine weitgehende Selbstverwaltungsautonomie verfügten und dass die Wahrnehmung dieser Selbstverwaltungsbefugnisse nur der Rechtsaufsicht unterliege. Der Vertrag, der Gegenstand des bei ihm anhängigen Rechtsstreits sei, falle aber in den Beschaffungsbereich, in dem die zuständigen Behörden im Wege der Fachaufsicht über eine Kontrollbefugnis verfügten, die bis zur Möglichkeit reiche, die von der Universität getroffenen Entscheidungen aufzuheben oder abzuändern. Das vorlegende Gericht fragt sich daher, ob die von der Teckal-Rechtsprechung vorgesehene Voraussetzung der „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“, die für den Beschaffungsbereich erfüllt wäre, nicht auf sämtliche Tätigkeitsfelder des Auftragnehmers gelten müsse.

23.

Im Licht dieser Erwägungen hat das vorlegende Gericht mit Beschluss vom 6. November 2012 das bei ihm anhängige Verfahren ausgesetzt, um dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist unter einem „öffentlichen Auftrag“ im Sinne von Art. 1, Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge auch ein Vertrag zu verstehen, bei dem der Auftraggeber den Auftragnehmer zwar nicht wie eine eigene Dienststelle kontrolliert, aber sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer von demselben Träger, der seinerseits öffentlicher Auftraggeber im Sinne der Richtlinie 2004/18 ist, kontrolliert werden und der Auftraggeber und der Auftragnehmer im Wesentlichen für ihren gemeinsamen Träger tätig werden (horizontales In-House-Geschäft)?

Wenn die Frage 1 bejaht wird:

2.

Muss sich die Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle auf die gesamte Tätigkeit des Auftragnehmers erstrecken oder genügt es, wenn sie sich auf den Beschaffungsbereich beschränkt?

III – Verfahren vor dem Gerichtshof

24.

Der Vorlagebeschluss ist am 10. Januar 2013 bei der Kanzlei eingegangen. Die TUHH, die HIS, die Datenlotsen Informationssysteme, die tschechische, die italienische, die spanische und die ungarische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2013 haben die TUHH, die HIS, die Datenlotsen Informationssysteme, die spanische Regierung und die Kommission Erklärungen abgegeben.

IV – Rechtliche Würdigung

A – Zur ersten Vorlagefrage

25.

Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob ein horizontales In-House-Geschäft – d. h., der Abschluss eines Vertrags zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Auftragnehmer, zwischen denen kein Kontrollverhältnis besteht, die aber von demselben Träger kontrolliert werden, der seinerseits öffentlicher Auftraggeber im Sinne der Richtlinie 2004/18 ist und für den beide im Wesentlichen tätig werden – einen öffentlichen Auftrag im Sinne der Richtlinie 2004/18 darstellt und daher den von dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge unterworfen werden muss.

26.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung der Richtlinie 2004/18 auf einen öffentlichen Auftrag der Bedingung unterliegt, dass sein geschätzter Wert unter Berücksichtigung des Normalwerts auf dem Markt für die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen, auf die sich dieser öffentliche Auftrag bezieht, den in ihrem Art. 7 Buchst. b festgelegten Schwellenwert erreicht. Andernfalls gelten die Grundregeln und die allgemeinen Grundsätze des AEU‑Vertrags ( 11 ). Dem Vorlagebeschluss ist zu entnehmen, dass der Wert des streitigen Vertrags auf mindestens 840000 Euro geschätzt wurde, ein Wert, der diesen Schwellenwert deutlich überschreitet ( 12 ), so dass dieser Vertrag in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18 fällt.

27.

Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 ist ein zwischen einem Wirtschaftsteilnehmer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossener schriftlicher entgeltlicher Vertrag über die Erbringung von in Anhang II Teil A dieser Richtlinie genannten Dienstleistungen ein öffentlicher Auftrag ( 13 ).

28.

Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht zum einen hervor, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag, der Gegenstand der direkten Vergabe ist, zwischen einem öffentlichen Auftraggeber, der TUHH, und einem Wirtschaftsteilnehmer, der HIS, geschlossen wurde, und zum anderen, dass die Dienstleistungen, die Gegenstand dieses Vertrags sind, unter den Begriff „Datenverarbeitung und verbundene Tätigkeiten“ im Sinne der Kategorie 7 des Anhangs II Teil A der Richtlinie 2004/18 fallen.

29.

Hierzu ist festzustellen, dass es nach der Rechtsprechung für den Begriff des öffentlichen Auftrags unerheblich ist, dass der Auftragnehmer, wie es bei der HIS nach § 3 ihrer Satzung der Fall ist ( 14 ), nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt ( 15 ). Was den entgeltlichen Charakter des fraglichen Vertrags betrifft, ist außerdem festzustellen, dass nach der Rechtsprechung ein Vertrag nicht allein deswegen aus dem Begriff des öffentlichen Auftrags herausfallen kann, weil die darin vorgesehene Vergütung auf den Ersatz der Kosten beschränkt bleibt, die durch die Erbringung der vereinbarten Dienstleistung entstehen ( 16 ). Auch wenn der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag nicht die Zahlung eines Marktpreises für die von der HIS an die TUHH erbrachten Informatikdienstleistungen vorsehen sollte, was festzustellen gegebenenfalls Sache des vorlegenden Gerichts ist, würde dies daher keinen entscheidenden Anhaltspunkt für seine Einordnung als Auftrag darstellen ( 17 ).

30.

Demzufolge und vorbehaltlich der erforderlichen Feststellungen, für die das vorlegende Gericht zuständig ist, bin ich daher der Auffassung, dass der im Ausgangsverfahren streitige Vertrag die Merkmale eines öffentlichen Auftrags aufweist, der als solcher grundsätzlich den in der Richtlinie 2004/18 vorgesehenen Vergabeverfahren unterliegt.

31.

Wie oben in den Nrn. 4 und 5 ausgeführt, geht allerdings aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass es zwei Arten von öffentlichen Aufträgen gibt, die nicht in den Anwendungsbereich des Vergaberechts der Union fallen ( 18 ) und für die der öffentliche Auftraggeber daher davon befreit ist, ein Vergabeverfahren, wie es in der Richtlinie 2004/18 vorgesehen ist, einzuleiten.

32.

Es handelt sich zum einen um die Aufträge, die unter die Ausnahme für die sogenannten „In-House“-Geschäfte fallen, und zum anderen um diejenigen, mit denen eine Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen vereinbart wird. Da sich das vorlegende Gericht in seinem Beschluss auf beide von der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelte Ausnahmen bezieht, die im Übrigen Gegenstand der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung waren, bin ich der Meinung, dass beide zu analysieren sind.

1. Zur Anwendung der „In-House“-Ausnahme auf horizontale interne Übertragungen

33.

Wie bereits angedeutet, ist nach einer gefestigten Rechtsprechung, die auf das Urteil Teckal ( 19 ) zurückgeführt werden kann, ein öffentlicher Auftraggeber davon befreit, ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags einzuleiten, wenn zwei kumulative Voraussetzungen gegeben sind: Erstens muss der Auftraggeber über den Auftragnehmer eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausüben, und zweitens muss der Auftragnehmer seine Tätigkeit im Wesentlichen für den oder die öffentlichen Auftraggeber verrichten, die ihn kontrollieren ( 20 ).

34.

Was die erste dieser Voraussetzungen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ vorliegt, wenn der fragliche Auftragnehmer einer Kontrolle unterliegt, die es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglicht, auf seine Entscheidungen einzuwirken. Es muss sich dabei um eine Möglichkeit handeln, sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wichtigen Entscheidungen dieser Einrichtung ausschlaggebenden Einfluss zu nehmen. Mit anderen Worten muss es dem öffentlichen Auftraggeber möglich sein, über diese Einrichtung eine strukturelle und funktionelle Kontrolle auszuüben. Der Gerichtshof verlangt auch, dass diese Kontrolle wirksam ist ( 21 ).

35.

Nach der Rechtsprechung kann bei Einschaltung einer von mehreren öffentlichen Stellen gemeinsam gehaltenen Einrichtung die „Kontrolle wie über die eigenen Dienststellen“ von diesen Stellen gemeinsam ausgeübt werden, ohne dass es notwendig wäre, dass diese Kontrolle von jeder von ihnen einzeln ausgeübt wird ( 22 ).

36.

Daraus, dass eine der kumulativen Voraussetzungen für die Anwendung der von der Rechtsprechung für die In-House-Übertragung entwickelten Ausnahme das Vorliegen eines Kontrollverhältnisses zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem Auftragnehmer ist, folgt zwingend, dass diese Ausnahme in den Fällen der horizontalen In-House-Übertragung, in denen per definitionem kein direktes Kontrollverhältnis zwischen diesen Einrichtungen bestehen kann, als solche keine Anwendung finden kann ( 23 ). Daraus ergibt sich daher, dass solche Geschäfte nach jetzigem Stand des Rechts grundsätzlich den in der Richtlinie 2004/18 vorgesehenen Vergabeverfahren unterworfen werden müssen.

37.

Das vorlegende Gericht ist allerdings der Auffassung, dass Sinn und Zweck der „In-House“-Ausnahme, wie sie von der Rechtsprechung des Gerichtshofs für vertikale interne Übertragungen entwickelt worden sei, dafür sprechen könnten, auch die horizontalen In-House-Geschäfte in den Anwendungsbereich dieser Ausnahme aufzunehmen. Dies sei jedoch nur dadurch möglich, dass man diese Ausnahme auch auf Geschäfte erstrecke, bei denen zwar eine Behörde, die sowohl über den öffentlichen Auftraggeber als auch über den Auftragnehmer eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen ausübe, aber nicht die erste von der Rechtsprechung aufgestellte Voraussetzung erfüllt sei, da zwischen den beiden Vertragsparteien kein unmittelbares Kontrollverhältnis bestehe. Hierzu sind meiner Meinung nach einige Ausführungen erforderlich.

38.

Erstens ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof mehrfach als Hauptziel der Unionsvorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens den freien Dienstleistungsverkehr und die Öffnung für einen möglichst umfassenden Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten genannt hat ( 24 ). Dieses Ziel bedeutet die Verpflichtung für jeden öffentlichen Auftraggeber, die Normen des Vergaberechts der Union anzuwenden, wenn die darin vorgesehenen Voraussetzungen vorliegen; folglich ist jede Ausnahme von der Geltung dieser Verpflichtung eng auszulegen ( 25 ). Daraus folgt, dass jede Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Ausnahme von der Anwendbarkeit der Vorschriften der Union im Bereich des öffentlichen Auftragswesens mit äußerster Zurückhaltung zu beurteilen ist.

39.

Zweitens ist allerdings auch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof anerkannt hat, dass eine öffentliche Stelle, die ein öffentlicher Auftraggeber ist, die Möglichkeit hat, ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben mit ihren eigenen administrativen, technischen und sonstigen Mitteln zu erfüllen, ohne gezwungen zu sein, sich an externe Einrichtungen zu wenden, die nicht zu ihren Dienststellen gehören ( 26 ).

40.

Unter eben dieser Prämisse hat der Gerichtshof für In-House- Übertragungen die Ausnahme von der Unterwerfung unter die öffentlichen Vergabeverfahren anerkannt. Wenn nämlich eine Verwaltung ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben mittels einer Einrichtung erfüllt, die ihr als ein eigenes Mittel zur Verfügung steht, kann von einem entgeltlichen Vertrag mit einer rechtlich von dem öffentlichen Auftraggeber getrennten Einrichtung keine Rede sein, so dass die unionsrechtlichen Vorschriften über das öffentliche Auftragswesen nicht anwendbar sind ( 27 ).

41.

Aus einer sorgfältigen Analyse der Rechtsprechung ( 28 ) ergibt sich im Übrigen, dass die Grundlage für die Ausnahme für In-House- Übertragungen gerade darin besteht, dass der Auftragnehmer nicht über einen Autonomiespielraum verfügt, der so groß ist, dass er den öffentlichen Auftraggeber daran hindert, über ihn eine Kontrolle wie über die von diesem über die eigenen Dienststellen ausgeübte Kontrolle auszuüben, und dass daher zwischen den beiden keine vertragliche Beziehung im strengen Sinne bestehen kann, da es hierfür an der Voraussetzung „zweier übereinstimmender selbständiger Willenserklärungen [fehlt], die unterschiedliche berechtigte Interessen verkörpern“ ( 29 ).

42.

Nach meiner Auffassung kann daher, wenn ein horizontales In-House-Geschäft Teil der Erfüllung von dem öffentlichen Auftraggeber obliegenden Aufgaben von allgemeinem Interesse ist, die dieser mittels zweier Einrichtungen erfüllt, über die er eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt, die Ratio der „In-House-Ausnahme“, wie sie von der Rechtsprechung entwickelt wurde, grundsätzlich Anwendung finden. Nach der oben in Nr. 39 angeführten Rechtsprechung nämlich kann die Verwaltung, wenn sie eigene Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben von allgemeinem Interesse einsetzt, nicht verpflichtet sein, externe Einrichtungen, die nicht zu den eigenen Dienststellen gehören, in Anspruch zu nehmen. Dies gilt meiner Meinung nach auch für den Fall, dass diese eigenen Mittel in zwei Einrichtungen bestehen, die von dieser Verwaltung kontrolliert werden, und dass zur Erfüllung dieser Aufgaben der Abschluss eines Vertrags zwischen diesen Einrichtungen notwendig wird. Auch in einem Fall dieser Art könnten also unter bestimmten Bedingungen die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschriften der Union über das öffentliche Auftragswesen nicht vorliegen.

43.

Allerdings ist daran zu erinnern, dass, wie oben in den Nrn. 40 und 41 ausgeführt, die Grundlage, die die Anwendung der In-House-Ausnahme rechtfertigt, darin besteht, dass der Abschluss des fraglichen Vertrags nicht das Ergebnis selbständiger Willenserklärungen der Einrichtungen, die Parteien des Vertrags sind, sondern einer einzigen Willenserklärung ist. Hierzu ist festzustellen, dass das zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem Auftragnehmer bei einer horizontalen internen Übertragung bestehende Verhältnis viel schwächer ist als bei einer vertikalen „In-House“-Übertragung. Es handelt sich nämlich nicht um ein unmittelbares Kontrollverhältnis, sondern nur um ein indirektes Band, dessen Bedeutung von den jeweiligen Beziehungen abhängt, die zwischen den beiden Einrichtungen und der sie beide kontrollierenden Verwaltung bestehen.

44.

Unter diesem Blickwinkel kann daher meines Erachtens die Voraussetzung, dass der Vertrag Ausdruck einer einzigen Willenserklärung ist, nur in dem Fall erfüllt sein, in dem die beiden Einrichtungen, die ihn abschließen, ausschließlich von derselben Verwaltung kontrolliert werden. Nur in diesem Fall lässt sich nämlich meiner Meinung nach sagen, dass der Abschluss des Vertrags Ausdruck einer einzigen Willenserklärung einer Behörde ist, die mit dieser Handlung ihr obliegende Aufgaben von öffentlichem Interesse mit eigenen Mitteln erfüllen will. Im Fall des Abschlusses eines Vertrags zwischen einer Einrichtung, über die mehrere Verwaltungen gemeinsam die Kontrolle ausüben, und einer anderen Einrichtung, die (ausschließlich oder gemeinsam mit anderen Verwaltungen) von einer der Verwaltungen, die die Kontrolle über die erste Einrichtung ausübt, kontrolliert werden, kann nämlich meines Erachtens die Handlung kaum als Ausdruck eines einzigen Willens angesehen werden.

45.

Daher meine ich, dass die für horizontale interne Übertragungen bestehende Ausnahme von der Anwendung der Unionsvorschriften nur zulässig sein kann, wenn die Einrichtung, die über die beiden Vertragsparteien, d. h. den öffentlichen Auftraggeber und den Auftragnehmer, eine Kontrolle wie über die eigenen Dienststellen ausübt, nicht nur dieselbe ist, sondern über beide die Kontrolle wie über die eigenen Dienststellen in ausschließlicher Weise ausübt. Ich meine daher, dass die Möglichkeit einer Erstreckung der „In-House“-Ausnahme auf horizontale Geschäfte zwischen Vertragsparteien, über die eine Verwaltung eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen, wie sie von der Rechtsprechung definiert wird, gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern ausübt, ausgeschlossen werden muss.

46.

Eine solche restriktive Herangehensweise in Bezug auf die Art der Kontrolle, die die kontrollierende Verwaltung notwendigerweise über die beiden Parteien, die den Vertrag abschließen, ausüben muss, damit die für horizontale In-House-Übertragungen bestehende Ausnahme von den unionsrechtlichen Vergabevorschriften in Betracht kommt, scheint mir nicht nur der Ratio der In-House-Ausnahme und der vom Gerichtshof ausgedrückten und oben in Nr. 38 genannten Notwendigkeit zu entsprechen, diese Ausnahme eng auszulegen; sie scheint mir auch dem von einigen Parteien in ihren Erklärungen angesprochenen Erfordernis zu genügen, die Ausnahmen von der Regelung der öffentlichen Aufträge nicht über die Grenzen des Vernünftigen hinaus auf die Gefahr hin auszudehnen, bedeutende Teile von Wirtschaftszweigen der für öffentliche Aufträge geltenden Regelung und den Zielen der Öffnung für den Wettbewerb ( 30 ) zu entziehen, die diese Regelung, wie in Nr. 38 ausgeführt, verfolgt ( 31 ).

47.

Was den Ausgangsrechtsstreit betrifft, geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass die Stadt Hamburg über die HIS zusammen mit den anderen Bundesländern und dem Bund möglicherweise eine gemeinsame Kontrolle ausüben kann, was u. a. von einigen Parteien bestritten wird ( 32 ). Auch wenn man also annähme, dass die Stadt Hamburg über die TUHH eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen in ausschließlicher Weise ausübt – was festzustellen jedenfalls Sache des vorlegenden Gerichts ist, das dabei auch die Antwort auf die zweite Vorlagefrage zugrunde zu legen hat – würde die Ausnahme, wie sie in den vorstehenden Nummern dargestellt worden ist, auf horizontale interne Übertragungen keine Anwendung finden.

48.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass vorbehaltlich der Feststellungen, die in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts fallen, ein Vertrag wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende einen öffentlichen Auftrag im Sinne der Richtlinie 2004/18 darstellt, soweit es sich um einen zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Wirtschaftsteilnehmer schriftlich geschlossenen Vertrag handelt, der die Erbringung von Dienstleistungen nach der genannten Richtlinie zum Gegenstand hat. Als solcher ist dieser Vertrag grundsätzlich den in dieser Richtlinie vorgesehenen Vergabeverfahren unterworfen. Unabhängig von der Frage, ob zwischen der Stadt Hamburg auf der einen und der TUHH und der HIS auf der anderen Seite ein Verhältnis der „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ besteht, kann dieser Auftrag nicht unter die Ausnahme von der Anwendung dieser Verfahren nach der Teckal-Rechtsprechung fallen, da zwischen dem öffentlichen Auftraggeber, der TUHH, und dem Wirtschaftsteilnehmer, der Auftragnehmer ist, d. h. der HIS, kein Kontrollverhältnis besteht. Ein solcher Vertrag ist meiner Ansicht nach kein Fall einer horizontalen internen Übertragung, der als Geschäft, das die Verwaltung, die die beiden den Vertrag schließenden Parteien kontrolliert, zur Erfüllung von im öffentlichem Interesse liegenden Aufgaben tätigt, eine Ausnahme von der Anwendung der Verfahren zur öffentlichen Vergabe zugutekommen kann; wie ich in den vorstehenden Nrn. 44 bis 46 ausgeführt habe, muss diese Möglichkeit vielmehr meiner Ansicht nach auf die Fälle beschränkt sein, in denen die kontrollierende Verwaltung über die beiden Vertragsparteien eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen in ausschließlicher Weise ausübt, was in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit gewiss nicht der Fall ist.

2. Zur Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen

49.

Das vorlegende Gericht spricht auch die Möglichkeit an, dass dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Auftrag die zweite in der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme von der Anwendung der Verfahren zur öffentlichen Vergabe zugutekommen kann, d. h. die oben in Nr. 5 genannte für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen vorgesehene Ausnahme.

50.

Die Rechtsprechung macht diese Ausnahme vom Vorliegen von fünf kumulativen Voraussetzungen abhängig, die sämtlich erfüllt sein müssen, damit der fragliche Vertrag vom Anwendungsbereich des Unionsrechts auf dem Gebiet öffentlichen Auftragswesens ausgenommen werden kann ( 33 ). So hat der Gerichtshof entschieden, dass die Verträge aus dem Anwendungsbereich der öffentlichen Vergabeverfahren herausfallen können, mit denen, erstens, zwischen öffentlichen Einrichtungen eine Zusammenarbeit vereinbart wird, die, zweitens, auf die Wahrnehmung einer diesen Einrichtungen obliegenden öffentlichen Aufgabe gerichtet ist. Drittens müssen diese Verträge ausschließlich zwischen öffentlichen Einrichtungen ohne die Beteiligung Privater geschlossen werden. Viertens darf kein privater Dienstleister besser gestellt werden als seine Mitbewerber, und schließlich darf, fünftens, die von den öffentlichen Einrichtungen vereinbarte Zusammenarbeit nur durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt werden, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen ( 34 ).

51.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, die Feststellungen zu treffen, die zur Beantwortung der Frage notwendig sind, ob alle dieser Kriterien im konkreten Fall vorliegen. Jedoch kann der Gerichtshof dem nationalen Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts geben, die für seine Entscheidung dienlich sein könnten ( 35 ).

52.

Insbesondere hält das vorlegende Gericht die Anwendbarkeit der für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen vorgesehenen Ausnahme auf den vorliegenden Fall in zweifacher Hinsicht für zweifelhaft.

53.

Erstens schließt das vorlegende Gericht die Anwendbarkeit dieser Ausnahme wegen der Rechtsform der HIS als privatrechtliche Gesellschaft mit beschränkter Haftung aus. Diese Erwägung des vorlegenden Gerichts wirft die Frage nach dem subjektiven Anwendungsbereich der fraglichen Ausnahme auf.

54.

Hier ist zu beachten, dass im Urteil Kommission/Deutschland, dem ersten Fall, in dem das Bestehen dieser Ausnahme anerkannt worden ist, der Gerichtshof den Begriff „öffentliche Stellen“ ( 36 ) für die Bezeichnung derjenigen verwendet hat, die an der Zusammenarbeit beteiligt sein können, wobei die in Rede stehende Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Hamburg und vier angrenzenden Landkreisen geschlossen worden war ( 37 ). Die Verwendung dieses Begriffs durch den Gerichtshof zeigte, dass die Ausnahme nicht ausschließlich auf die Zusammenarbeit zwischen lokalen Einrichtungen beschränkt ist ( 38 ). Später hat der Gerichtshof im Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. den Begriff der Zusammenarbeit zwischen „öffentlichen Einrichtungen“ verwendet ( 39 ).

55.

Unabhängig von der terminologischen Frage bin ich jedoch der Auffassung, dass hier ein funktionaler und kein formaler Ansatz geboten ist ( 40 ). Aus dieser Sicht meine ich, dass die privatrechtliche Rechtsform eines der an der Zusammenarbeit Beteiligten nicht per se ein Hindernis für die Anwendung der fraglichen Ausnahme darstellt, soweit dennoch festgestellt wird, dass trotz dieser Rechtsnatur das Subjekt in Wirklichkeit ein öffentliches Rechtssubjekt ist ( 41 ), was mir im Fall einer Gesellschaft mit vollständig öffentlichem Stammkapital wie der HIS klar der Fall zu sein scheint.

56.

Meiner Meinung nach verlangt nämlich die dritte der in der Nr. 50 genannten von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen keine öffentlich-rechtliche Rechtsform der Einrichtungen, die die Zusammenarbeit vereinbaren, sondern fordert eher das vollständige Fehlen privater Interessen bei diesen Einrichtungen. Dem kann man hinzufügen, dass die Beteiligung privater Interessen während der gesamten Laufzeit des Vertrags um den es im Ausgangsverfahren geht, ausgeschlossen sein muss. Wenn nämlich das Kapital des Auftragnehmers, das privatrechtlicher Natur ist, für private Aktionäre geöffnet würde, hätte dies die Übertragung eines öffentlichen Auftrags an eine gemischte Gesellschaft ohne Wettbewerbsverfahren zur Folge, was den vom Unionsrecht verfolgten Zielen zuwiderliefe ( 42 ).

57.

Zweitens ist das vorlegende Gericht der Meinung, dass das zweite von der Rechtsprechung aufgestellte Tatbestandsmerkmal, dass die Zusammenarbeit auf die Erfüllung einer den beiden öffentlichen Einrichtungen gemeinsam obliegenden öffentlichen Aufgabe gerichtet ist, im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei, da, obwohl die §§ 2 und 3 der Satzung der HIS vorsähen, dass ihr Gesellschaftszweck in der Unterstützung der Hochschulen liege und daher diese Einrichtung Zwecke des Allgemeininteresses verfolge, ihre Funktion nicht einer eigenen öffentlichen Aufgabe gleichgesetzt werden könnte.

58.

Ich teile nicht den vom vorlegenden Gericht offenbar vertretenen Ansatz, dass die an der Zusammenarbeit beteiligten öffentlichen Einrichtungen nur dann als gemeinsam mit einer öffentlichen Aufgabe betraut angesehen werden können, wenn die Ausführung dieses Auftrags jeder von ihnen eigen ist.

59.

Auch wenn es nämlich erforderlich ist, dass die Zusammenarbeit der Erfüllung einer gemeinsamen öffentlichen Aufgabe dient, und es daher nicht ausreicht, dass die gesetzliche Pflicht zur Wahrnehmung der fraglichen öffentlichen Aufgabe nur eine der beteiligten öffentlichen Stellen trifft, während die andere sich auf die Rolle einer Erfüllungsgehilfin beschränkt, welche die Durchführung dieser fremden Aufgabe auftragshalber übernimmt ( 43 ), bin ich doch der Auffassung, dass eine Zusammenarbeit, die darauf gerichtet ist, die Erfüllung einer gemeinsamen öffentlichen Aufgabe sicherzustellen, auch denkbar ist, wenn es eine spezifische Komplementarität zwischen den von den betreffenden öffentlichen Einrichtungen wahrgenommenen öffentlichen Aufgaben gibt und die Zusammenarbeit genau diese spezifisch komplementären Aufgaben betrifft. Jedoch kann der Begriff der Komplementarität nicht den Zugang zum Regime der Ausnahmen für Kooperationen eröffnen, die irgendeine Art von Konnexität aufweisen. Eine bloße und einfache Komplementarität zwischen den öffentlichen Aufgaben reicht meines Erachtens nämlich nicht aus. Diese Komplementarität muss in dem Sinn spezifisch sein, dass sie mit Bezug auf alle beteiligten öffentlichen Einrichtungen die Aufgabe, die Gegenstand der Zusammenarbeit ist, spezifisch betrifft, wie mir dies bei Bildung und Forschung, um die es im Ausgangsverfahren geht, der Fall zu sein scheint.

60.

In dieser Hinsicht ergibt sich aus den Akten, dass die spezifische Aufgabe, die die HIS, eine Gesellschaft mit vollständig öffentlichem Kapital, wahrnimmt, die Unterstützung der Hochschulen in ihrem Bemühen um eine rationelle und wirtschaftliche Erfüllung der Hochschulaufgaben ist. Diese Aufgabe scheint mir nun in einem solchen Verhältnis spezifischer Komplementarität zu der von der Universität wahrgenommenen Aufgabe der Forschung und Lehre zu stehen, dass sie, die Erfüllung aller anderen Voraussetzungen vorausgesetzt, eine Zusammenarbeit darstellen kann, die unter die von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen fällt. Außerdem ist es meiner Meinung nach bei dieser Würdigung alles andere als zweitrangig, dass die Erfüllung der genannten Aufgabe Ausdruck des Willens des deutschen Verfassungsgesetzgebers ist, der in Art. 91c Abs. 1 GG Formen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern bei Errichtung und Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung benötigten informationstechnischen Systeme vorgesehen hat.

61.

Nachdem die vom vorlegenden Gericht geäußerten Zweifel behandelt worden sind, ist noch auf eine von der Kommission aufgeworfene Frage einzugehen. Diese hat nämlich in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, dass die Anwendung der fraglichen Ausnahme auf den vorliegenden Fall ausgeschlossen sei, weil eine Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen, die Tätigkeiten betreffe, die unter die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben fielen, nicht im Rahmen eines Vertrags erfolgen könne, der die Erbringung von Dienstleistungen vorsehe, die entgeltlich erbracht würden.

62.

Hierzu stelle ich vorab fest, dass der Gerichtshof im Urteil Kommission/Deutschland bereits entschieden hat, dass das Unionsrecht den öffentlichen Stellen für die gemeinsame Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben keine spezielle Rechtsform vorschreibt ( 44 ). In jenem Fall erfolgte im Übrigen die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Hamburg und den Landkreisen gerade in Vertragsform.

63.

Allerdings ist auch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in diesem Urteil festgestellt hat, dass die Erbringung der in Rede stehenden Dienstleistungen, und zwar die Abfallentsorgung, nur gegenüber dem Betreiber der Entsorgungsanlage, dem Vertragspartner der Stadt Hamburg, vergütet wurde, während die eigentliche im Vertrag zwischen den beteiligten Verwaltungen vorgesehene Zusammenarbeit, nämlich die zwischen der Stadtreinigung Hamburg und den Landkreisen, nicht zu Finanztransfers zwischen ihnen führte ( 45 ).

64.

Ich frage mich daher, ob es für die Anwendbarkeit der in Rede stehenden Ausnahme auf die Vereinbarung, mit der die Zusammenarbeit verabredet wird, erforderlich ist, dass diese Vereinbarung nicht zu Finanztransfers zwischen den betreffenden öffentlichen Einrichtungen führt.

65.

Hierzu weise ich jedoch darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a., in dem er auf der Grundlage des vorausgegangenen Urteils Kommission/Deutschland die fünf kumulativen Tatbestandsvoraussetzungen für die Erstreckung der Ausnahme von der Anwendung der unionsrechtlichen Vergabevorschriften auf die in Rede stehende Vereinbarung detaillierter und systematischer übernommen hat, nicht auf ein derartiges Kriterium Bezug genommen hat. Aus diesem Schweigen leite ich ab, dass der Gerichtshof das völlige Fehlen von Finanztransfers zwischen den Einrichtungen, die die Zusammenarbeit vereinbaren, nicht als notwendiges Kriterium für die Anwendung dieser Ausnahme aufstellen wollte.

66.

Dennoch halte ich es für im Wesen einer solchen Ausnahme liegend, dass die von einer Einrichtung für die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung zugunsten einer anderen Einrichtung im Rahmen ihrer Zusammenarbeit vorgesehenen Zahlungen nicht gleich dem Marktpreis sein können, sondern sich an den tatsächlich für die Erbringung der Dienstleistung getragenen Kosten und Auslagen orientieren müssen, so dass mir die Vereinbarkeit einer eventuell vorgesehenen pauschalen Bezahlung der Kosten der Erbringung der Dienstleistung mit diesem Erfordernis zweifelhaft erscheint.

67.

Es ist auf jeden Fall Sache des vorlegenden Gerichts, die notwendigen Feststellungen hierzu sowie zum Vorliegen aller anderen von der Rechtsprechung vorgesehenen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen vorgesehenen Ausnahme zu treffen.

B – Zur zweiten Vorlagefrage

68.

Mit seiner zweiten Vorlagefrage, die für den Fall gestellt wird, dass die erste Frage bejaht wird, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich die von der Teckal-Rechtsprechung geforderte Kontrolle wie über eigene Dienststellen auf die gesamte Tätigkeit des Auftragnehmers erstrecken muss oder ob es genügt, dass sich diese Kontrolle auf den Beschaffungsbereich beschränkt.

69.

Ich stelle zunächst fest, dass es im Licht meiner Erwägungen im Rahmen der Würdigung der ersten Vorlagefrage, falls der Gerichtshof dem von mir vorgeschlagenen Ansatz folgen sollte, nicht notwendig wäre, die zweite Frage zu beantworten, da die Anwendbarkeit der In-House-Ausnahme in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit auf jeden Fall ausgeschlossen wäre. Die folgenden Ausführungen zur zweiten Frage mache ich daher nur vollständigkeitshalber.

70.

In der vorstehenden Nr. 34 habe ich bereits auf die grundlegenden Merkmale der Kontrolle wie über eigene Dienststellen, wie sie von der Rechtsprechung festgelegt wurden, hingewiesen. In den Nrn. 39 bis 41 habe ich hingegen auf die Ratio hingewiesen, die der In-House-Ausnahme zugrunde liegt und die auch den Sinn des Erfordernisses der Kontrolle wie über eigene Dienststellen erklärt.

71.

Aus diesen Erwägungen und insbesondere aus der Notwendigkeit, dass die Kontrolle strukturell und funktionell ist, lässt sich meiner Meinung nach ableiten, dass sich diese Kontrolle grundsätzlich auf die gesamte Tätigkeit des Auftragnehmers erstrecken muss und nicht nur auf den Vergabebereich beschränkt sein darf. Die „In-House“-Einrichtung muss nämlich im Wesentlichen wie ein Organ der Verwaltung handeln, und diese muss einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und die wichtigen Entscheidungen des von ihr kontrollierten Subjekts ausüben ( 46 ).

72.

Wie allerdings der Gerichtshof bereits geklärt hat, verlangt die Rechtsprechung zwar, dass ein öffentlicher Auftraggeber über den Auftragnehmer eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen ausübt, nicht aber, dass die über den Auftragnehmer ausgeübte Kontrolle in allen Punkten mit der über die eigenen Dienststellen identisch sein muss ( 47 ).

73.

Hierzu ist festzustellen, dass die Autonomie, über die die Universitäten im Bereich von Lehre und Forschung verfügen, Ausdruck der Lehr- und Forschungsfreiheit sind, eines Grundsatzes, der nicht nur auf verfassungsrechtlicher Ebene in Art. 5 Abs. 3 GG Ausdruck findet, sondern auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die in ihrem Art. 13 bestimmt, dass die Forschung frei ist und dass die akademische Freiheit geachtet wird. Unter diesem Blickwinkel bin ich daher der Meinung, dass für die Erstreckung der In-House-Ausnahme auf Einrichtungen wie die Universitäten nicht verlangt werden kann, dass über sie eine Kontrolle ausgeübt wird, die sich auch auf Lehr- und Forschungstätigkeiten erstreckt, da die Autonomie der Universitäten in Bezug auf diese Tätigkeiten Ausdruck von Werten verfassungsrechtlicher Art sind, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam und in der Charta verankert sind.

74.

Im Übrigen ist hierzu auch festzustellen, dass sich der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits zur Besonderheit universitärer Einrichtungen in Bezug auf die vergaberechtlichen Vorschriften geäußert hat ( 48 ).

75.

Falls es der Gerichtshof für erforderlich halten sollte, die zweite vom vorlegenden Gericht gestellte Frage zu beantworten, sollte daher meiner Meinung nach die Antwort dahin gehen, dass sich die Kontrolle wie über eigene Dienststellen auf die gesamten Tätigkeiten des Auftragnehmers vorbehaltlich der den Universitäten eigenen Befugnisse auf dem Gebiet von Lehre und Forschung erstrecken muss.

V – Ergebnis

76.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg vorgelegten Fragen wie folgt zu antworten:

Ein Vertrag, der die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand hat, in Bezug auf die der Empfänger dieser Dienstleistungen, der ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne der Richtlinie 2004/18 ist, über denjenigen, der sie erbringt, keine Kontrolle wie über eigene Dienststellen ausübt, wobei aber beide von demselben Träger, der als öffentlicher Auftraggeber im Sinne der genannten Richtlinie qualifiziert werden kann, kontrolliert werden und sowohl der Dienstleistungsempfänger als auch der Dienstleistungserbringer im Wesentlichen für den Träger, der sie kontrolliert, tätig werden, stellt einen öffentlichen Auftrag dar, sofern es sich um einen zwischen dem öffentlichen Auftraggeber, der Dienstleistungsempfänger ist, und dem Wirtschaftsteilnehmer, der die Dienstleistungen erbringt, schriftlich geschlossenen Vertrag handelt und dieser Vertrag eine Leistung zum Gegenstand hat, die als Dienstleistung im Sinne der genannten Richtlinie qualifiziert werden kann.

Einem solchen Vertrag kann eine Ausnahme von der Anwendung der von den vergaberechtlichen Vorschriften der Union vorgesehenen Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge nur dann zugute kommen, wenn die kontrollierende Verwaltung über den Empfänger der Dienstleistungen oder über deren Erbringer eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen in ausschließlicher Weise ausübt und beide im Wesentlichen für diese kontrollierende Verwaltung tätig werden oder wenn dieser Vertrag alle Voraussetzungen erfüllt, die für die Anwendung der Ausnahme zugunsten der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen vorgesehen sind.


( 1 ) Originalsprache: Italienisch.

( 2 ) Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114).

( 3 ) Urteil vom 18. November 1999 (C-107/98, Slg. 1999, I-8121).

( 4 ) Vgl. z. B. Urteile Teckal (Rn. 50), vom 11. Januar 2005, Stadt Halle und RPL Lochau (C-26/03, Slg. 2005, I-1, Rn. 49), vom 13. Oktober 2005, Parking Brixen (C-458/03, Slg. 2005, I-8585, Rn. 62), vom 11. Mai 2006, Carbotermo und Consorzio Alisei (C-340/04, Slg. 2006, I-4137, Rn. 33), vom 19. April 2007, Asemfo (C-295/05, Slg. 2007, I-2999, Rn. 55), vom 13. November 2008, Coditel Brabant (C-324/07, Slg. 2008, I-8457, Rn. 27), vom 10. September 2009, Sea (C-573/07, Slg. 2009, I-8127, Rn. 40), und vom 29. November 2012, Econord (C‑182/11 und C‑183/11, Rn. 25).

( 5 ) Vgl. die in der vorherigen Fußnote angeführten Rechtssachen.

( 6 ) Urteile vom 9. Juni 2009, Kommission/Deutschland (C-480/06, Slg. 2009, I-4747, Rn. 37, 44 und 47), vom 19. Dezember 2012, Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (C‑159/11, Rn. 34 und 35), und Beschluss vom 20. Juni 2013, Consiglio Nazionale degli Ingegneri (C‑352/12, Rn. 43 ff.).

( 7 ) Vgl. Art. 7 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1177/2009 der Kommission vom 30. November 2009 (ABl. L 314, S. 64) geänderten Fassung.

( 8 ) § 99 GWB: „Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge von öffentlichen Auftraggebern mit Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, Baukonzessionen und Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungsaufträgen führen sollen.“

( 9 ) Aus den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen geht hervor, dass im deutschen Verwaltungsrecht die „Fachaufsicht“ eine weiter gehende Kontrolle als die Rechtsaufsicht darstellt und sich auch auf die Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns erstreckt.

( 10 ) Vgl. Art. 1 Abs. 9 dieser Richtlinie.

( 11 ) Der Umstand, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag gegebenenfalls entweder unter die Richtlinie 2004/18 oder unter die Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des AEU‑Vertrags fallen kann, hat jedoch keine Auswirkung auf die Beantwortung der Vorlagefrage. Denn die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgeführten Kriterien, anhand deren geprüft wird, ob eine Ausschreibung zwingend ist oder nicht, gelten sowohl für die Auslegung dieser Richtlinie als auch für die Auslegung der betreffenden Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des AEU‑Vertrags. Vgl. in diesem Sinne Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (Rn. 23 und 24).

( 12 ) Siehe oben, Nr. 7.

( 13 ) Vgl. dazu Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (Rn. 25).

( 14 ) Siehe oben, Nr. 16.

( 15 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. Dezember 2009, CoNISMa (C-305/08, Slg. 2009, I-12129, Rn. 30 und 45), und Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (Rn. 26).

( 16 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (Rn. 29).

( 17 ) Vgl. hierzu die Ausführungen von Generalanwältin Trstenjak in den Nrn. 30 bis 34 ihrer Schlussanträge vom 23. Mai 2012 in der Rechtssache Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (Urteil angeführt in Fn. 6).

( 18 ) Vgl. Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (Rn. 31) und Beschluss Consiglio Nazionale degli Ingegneri (Rn. 40).

( 19 ) Angeführt in Fn. 4.

( 20 ) Vgl. die in Fn. 4 angeführte Rechtsprechung.

( 21 ) Vgl. Urteil Econord (Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 22 ) Vgl. Urteil Econord (Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 23 ) Siehe oben, Nrn. 2 und 25.

( 24 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil CoNISMa (Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 25 ) Vgl. u. a. Urteile Stadt Halle und RPL Lochau (Rn. 44 und 46) und Parking Brixen (Rn. 63) sowie vom 6. April 2006, ANAV (C-410/04, Slg. 2006, I-3303, Rn. 26).

( 26 ) Vgl. u. a. Urteile Stadt Halle und RPL Lochau (Rn. 48), Coditel Brabant (Rn. 48), Kommission/Deutschland (Rn. 45) und Sea (Rn. 57).

( 27 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile Stadt Halle und RPL Lochau (Rn 48).

( 28 ) Vgl. hierzu die Analyse der Rechtsprechung von Generalanwalt Cruz Villalón in den Nrn. 38 ff. seiner Schlussanträge vom 19. Juli 2012 in der Rechtssache Econord.

( 29 ) Vgl. die Schlussanträge von Generalanwalt Cosmas vom 1. Juli 1999 in der Rechtssache Teckal (Nr. 64) und die Schlussanträge von Generalanwalt Cruz Villalón in der Rechtssache Econord (Nr. 43). Vgl. auch eine Gesamtbetrachtung der Rn. 49 und 50 des Urteils Teckal.

( 30 ) Vgl. hierzu auch Urteil Carbotermo und Consorzio Alisei (Rn. 58 und 59).

( 31 ) Es sei darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Regelung Eingang in die letzte Fassung des Vorschlags für eine Richtlinie des Parlaments und des Rates über öffentliche Aufträge gefunden zu haben scheint (Dokument des Rates Nr. 11745/13, vgl. insbesondere Art. 11 Abs. 2 dieses Vorschlags).

( 32 ) Insbesondere bestreitet die Kommission das Vorliegen eines Kontrollverhältnisses zwischen der Stadt Hamburg und der HIS, da sie im Aufsichtsrat der HIS nicht dauerhaft vertreten sei. Angesichts der Beantwortung der Vorlagefrage ist hierzu jedoch nicht Stellung zu nehmen.

( 33 ) Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung) und Beschluss Consiglio Nazionale degli Ingegneri (Rn. 45).

( 34 ) Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (Rn. 34 und 35 und die dort angeführte Rechtsprechung) und Beschluss Consiglio Nazionale degli Ingegneri (Rn. 43 und 44).

( 35 ) Vgl. Urteil vom 26. September 2013, Texdata Software (C‑418/11, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 36 ) Vgl. Rn. 34, 44, 45 und 47 dieses Urteils.

( 37 ) Landkreise sind in Deutschland Verwaltungseinheiten, in denen mehrere in derselben geografischen Region liegende Gemeinden zusammengeschlossen sind.

( 38 ) Vgl. Nr. 69 der Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a.

( 39 ) Vgl. Rn. 34 und 35 dieses Urteils.

( 40 ) Was im Übrigen dem Vorgehen des Gerichtshofs bei der Definition des Begriffs des öffentlichen Auftraggebers und der Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 entspricht. Vgl. hierzu Urteile vom 13. Dezember 2007, Bayerischer Rundfunk u. a. (C-337/06, Slg. 2007, I-11173, Rn. 37), und vom 10. April 2008, Ing. Aigner (C-393/06, Slg. 2008, I-2339, Rn. 37).

( 41 ) Hierzu sei angemerkt, dass nach der Rechtsprechung der privatrechtliche Charakter einer Einrichtung kein Kriterium darstellt, das geeignet ist, seine Qualifizierung als Einrichtung des öffentlichen Rechts und damit als öffentlicher Auftraggeber auszuschließen (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 15. Mai 2003, Kommission/Spanien, C-214/00, Slg. 2003, I-4667, Rn. 55, und vom 16. Oktober 2003, Kommission/Spanien, C-283/00, Slg. 2003, I-11697, Rn. 74, betreffend die Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge [ABl. L 199, S. 54], die in ihrem Art. 1 Buchst. b eine Definition des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ enthielt, die mit dem in der Richtlinie 2004/18 enthaltenen Begriff identisch ist). Es ist eher zu prüfen, was Sache des vorlegenden Gerichts ist, ob im Licht der einschlägigen Rechtsprechung diese Einrichtung die drei in Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 vorgesehenen kumulativen Tatbestandsmerkmale erfüllt, wobei hierfür die Gründungsmodalitäten der betreffenden Einrichtungen unerheblich sind. Vgl. Urteil Kommission/Spanien (C‑214/00, Rn. 54).

( 42 ) Vgl. entsprechend Urteil ANAV (Rn. 30).

( 43 ) Vgl. in diesem Sinne Nr. 75 der Schlussanträge von Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a.

( 44 ) Vgl. Rn. 47 dieses Urteils.

( 45 ) Vgl. Rn. 43 des Urteils Kommission/Deutschland.

( 46 ) Vgl. die in Fn. 21 angeführte Rechtsprechung und Urteil Sea (Rn. 65).

( 47 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Coditel Brabant (Rn. 46).

( 48 ) Vgl. Urteile CoNISMa, Rn. 48, 49 und 51, sowie Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (Rn. 27).

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