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Document 62010CJ0295

Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 22. September 2011.
Genovaitė Valčiukienė und andere gegen Pakruojo rajono savivaldybė und andere.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Vyriausiasis administracinis teismas - Litauen.
Richtlinie 2001/42/EG - Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme - Pläne, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen - Art. 3 Abs. 3 - Raumplanungsdokumente auf lokaler Ebene, die sich auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen - Nach nationalem Recht ausgeschlossene Prüfung gemäß der Richtlinie 2001/42/EG - Ermessen der Mitgliedstaaten - Art. 3 Abs. 5 - Zusammenhang mit der Richtlinie 85/337/EWG - Art. 11 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/42/EG.
Rechtssache C-295/10.

Sammlung der Rechtsprechung 2011 I-08819

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2011:608

Rechtssache C‑295/10

Genovaitė Valčiukienė u. a.

gegen

Pakruojo rajono savivaldybė u. a.

(Vorabentscheidungsersuchen des Vyriausiasis administracinis teismas)

„Richtlinie 2001/42/EG – Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme – Pläne, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen – Art. 3 Abs. 3 – Raumplanungsdokumente auf lokaler Ebene, die sich auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen – Nach nationalem Recht ausgeschlossene Prüfung gemäß der Richtlinie 2001/42/EG – Ermessen der Mitgliedstaaten – Art. 3 Abs. 5 – Zusammenhang mit der Richtlinie 85/337/EWG – Art. 11 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/42/EG“

Leitsätze des Urteils

1.        Umwelt – Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme – Richtlinie 2001/42 – Geltungsbereich – Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben – Ermessen der Mitgliedstaaten – Umfang und Grenzen

(Richtlinie 2001/42 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 2, 3 und 5)

2.        Umwelt – Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme – Richtlinie 2001/42 – Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unbeschadet der in anderen unionsrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Anforderungen – Grenzen

(Richtlinie 85/337 des Rates; Richtlinie 2001/42 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 11 Abs. 1 und 2)

1.        Das den Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2001/42 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme eingeräumte Ermessen bei der Beurteilung, ob bestimmte Arten von Plänen voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, wird durch die Verpflichtung nach Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 dieser Richtlinie eingeschränkt, Pläne, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Merkmale, ihrer Auswirkungen und der voraussichtlich betroffenen Gebiete mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Umweltprüfung zu unterziehen.

Wenn daher ein Mitgliedstaat ein Kriterium so festlegte, dass in der Praxis eine ganze Kategorie von Plänen von vornherein einer Umweltprüfung entzogen würde, würde er das ihm nach Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/42 eingeräumte Ermessen überschreiten, sofern nicht aufgrund von einschlägigen Kriterien bezüglich aller ausgenommenen Pläne – insbesondere z. B. im Hinblick auf deren Gegenstand, den Umfang des Gebiets, auf das sie sich beziehen, oder die Belastbarkeit der betroffenen Landschaften – davon auszugehen ist, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.

Demzufolge ist Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/42 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die derart allgemein und ohne Einzelfallprüfung vorsieht, dass eine Prüfung nach dieser Richtlinie dann nicht durchgeführt werden muss, wenn sich die Pläne, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen, auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen. Ein solches Kriterium würde es nämlich nicht ermöglichen, zu beurteilen, ob ein Plan erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(vgl. Randnrn. 46-48, 54, Tenor 1)

2.        Art. 11 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/42 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme ist dahin auszulegen, dass eine nach der Richtlinie 85/337 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 97/11 geänderten Fassung durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung nicht von der Verpflichtung entbindet, eine Umweltprüfung gemäß der Richtlinie 2001/42 durchzuführen.

Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine nach der Richtlinie 85/337 in ihrer geänderten Fassung durchgeführte Prüfung als Ausdruck eines koordinierten oder gemeinsamen Verfahrens aufgefasst werden kann und ob dieses bereits sämtliche Anforderungen der Richtlinie 2001/42 umfasst. Sollte das der Fall sein, bestünde keine Verpflichtung zur Durchführung einer erneuten Prüfung nach der letztgenannten Richtlinie.

Außerdem verpflichtet Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2001/42 die Mitgliedstaaten nicht, in ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung koordinierte oder gemeinsame Verfahren vorzusehen, die die Anforderungen der Richtlinie 2001/42 und der Richtlinie 85/337 erfüllen.

(vgl. Randnrn. 63, 66, Tenor 2-3)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

22. September 2011(*)

„Richtlinie 2001/42/EG – Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme – Pläne, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen – Art. 3 Abs. 3 – Raumplanungsdokumente auf lokaler Ebene, die sich auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen – Nach nationalem Recht ausgeschlossene Prüfung gemäß der Richtlinie 2001/42/EG – Ermessen der Mitgliedstaaten – Art. 3 Abs. 5 – Zusammenhang mit der Richtlinie 85/337/EWG – Art. 11 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/42/EG“

In der Rechtssache C‑295/10

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vyriausiasis administracinis teismas (Litauen) mit Entscheidung vom 13. Mai 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Juni 2010, in dem Verfahren

Genovaitė Valčiukienė,

Julija Pekelienė,

Lietuvos žaliųjų judėjimas,

Petras Girinskis,

Laurynas Arimantas Lašas

gegen

Pakruojo rajono savivaldybė,

Šiaulių visuomenės sveikatos centras,

Šiaulių regiono aplinkos apsaugos departamentas,

Beteiligte:

Sofita UAB,

Oltas UAB,

Šiaulių apskrities viršininko administracija,

Rimvydas Gasparavičius,

Rimantas Pašakinskas

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, der Richter K. Schiemann und L. Bay Larsen (Berichterstatter) sowie der Richterinnen C. Toader und A. Prechal,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: K. Sztranc-Sławiczek, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Frau Valčiukienė, Frau Pekelienė, des Lietuvos žaliųjų judėjimas, Herrn Girinskis und Herrn Arimantas Lašas, vertreten durch S. Dambrauskas, advokatas,

–        der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas und J. Balčiūnaitė als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Oliver und A. Steiblytė als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 2 Buchst. a, 3 und 5 sowie Art. 11 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. L 197, S. 30).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Valčiukienė, Frau Pekelienė, dem Lietuvos žaliųjų judėjimas (Die Bewegung der Grünen in Litauen), Herrn Girinskis und Herrn Arimantas Lašas auf der einen und der Pakruojo rajono savivaldybė (Gemeindeverwaltung des Bezirks Pakruojas), dem Šiaulių visuomenės sveikatos centras (Zentrum für öffentliche Gesundheit Šiauliai) und der Šiaulių regiono aplinkos apsaugos departamentas (regionale Umweltschutzbehörde Šiauliai) auf der anderen Seite über insbesondere zwei Entscheidungen vom 23. März und 20. April 2006, mit denen die Gemeindeverwaltung des Bezirks Pakruojas zwei Detailpläne über den Bau eines Gebäudekomplexes zur Intensivhaltung von 4 000 Schweinen und über die Nutzung von zwei für diesen Komplex vorgesehenen Flächen genehmigte.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Richtlinie 2001/42

3        Die Erwägungsgründe 10 bis 12 und 19 der Richtlinie 2001/42 lauten:

„(10) Alle Pläne und Programme, die für eine Reihe von Bereichen ausgearbeitet werden und einen Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten setzen, die in den Anhängen I und II der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten [(ABl. L 175, S. 40) in der durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 (ABl. L 73, S. 5) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 85/337)] aufgeführt sind, … können erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben und sollten grundsätzlich systematischen Umweltprüfungen unterzogen werden. Wenn sie die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen …, sollten sie nur dann geprüft werden, wenn die Mitgliedstaaten bestimmen, dass sie voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben.

(11)      Andere Pläne und Programme, die den Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten setzen, haben möglicherweise nicht in allen Fällen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und sollten nur dann geprüft werden, wenn die Mitgliedstaaten bestimmen, dass sie voraussichtlich derartige Auswirkungen haben.

(12)      Bei derartigen Entscheidungen sollten die Mitgliedstaaten die in dieser Richtlinie enthaltenen einschlägigen Kriterien berücksichtigen.

(19)      Ergibt sich die Verpflichtung, eine Prüfung der Auswirkungen auf die Umwelt durchzuführen, sowohl aus dieser Richtlinie als auch aus anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, wie etwa der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten [ABl. L 103, S. 1], der Richtlinie 92/43/EWG [des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7)] oder der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik [ABl. L 337, S. 1], so können die Mitgliedstaaten zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen koordinierte oder gemeinsame Verfahren vorsehen, die die Anforderungen der einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erfüllen.“

4        Gemäß Art. 1 der Richtlinie 2001/42 hat diese zum Ziel, im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und dazu beizutragen, dass Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme von Plänen und Programmen einbezogen werden, indem dafür gesorgt wird, dass bestimmte Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, entsprechend dieser Richtlinie einer Umweltprüfung unterzogen werden.

5        Art. 2 der Richtlinie 2001/42 bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

„a)      ‚Pläne und Programme‘ Pläne und Programme … sowie deren Änderungen,

–      die von einer Behörde auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene ausgearbeitet und/oder angenommen werden oder die von einer Behörde für die Annahme durch das Parlament oder die Regierung im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden und

–      die aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erstellt werden müssen;

b)      ‚Umweltprüfung‘ die Ausarbeitung eines Umweltberichts, die Durchführung von Konsultationen, die Berücksichtigung des Umweltberichts und der Ergebnisse der Konsultationen bei der Entscheidungsfindung und die Unterrichtung über die Entscheidung gemäß den Artikeln 4 bis 9;

…“

6        Art. 3 der Richtlinie 2001/42 lautet:

„(1)      Die unter die Absätze 2 bis 4 fallenden Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, werden einer Umweltprüfung nach den Artikeln 4 bis 9 unterzogen.

(2)      Vorbehaltlich des Absatzes 3 wird eine Umweltprüfung bei allen Plänen und Programmen vorgenommen,

a)      die in den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Energie, Industrie, Verkehr, Abfallwirtschaft, Wasserwirtschaft, Telekommunikation, Fremdenverkehr, Raumordnung oder Bodennutzung ausgearbeitet werden und durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der Richtlinie 85/337/EWG aufgeführten Projekte gesetzt wird …

(3)      Die unter Absatz 2 fallenden Pläne und Programme, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen, … bedürfen nur dann einer Umweltprüfung, wenn die Mitgliedstaaten bestimmen, dass sie voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben.

(5)      Die Mitgliedstaaten bestimmen entweder durch Einzelfallprüfung oder durch Festlegung von Arten von Plänen und Programmen oder durch eine Kombination dieser beiden Ansätze, ob die in den Absätzen 3 und 4 genannten Pläne oder Programme voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Zu diesem Zweck berücksichtigen die Mitgliedstaaten in jedem Fall die einschlägigen Kriterien des Anhangs II, um sicherzustellen, dass Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, von dieser Richtlinie erfasst werden.

…“

7        Art. 11 („Verhältnis zu anderen Gemeinschaftsvorschriften“) Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/42 bestimmt:

„(1)      Die Umweltprüfungen gemäß dieser Richtlinie lassen die Anforderungen der Richtlinie 85/337/EWG sowie anderer Rechtsvorschriften der Gemeinschaft unberührt.

(2)      Bei Plänen und Programmen, bei denen sich die Verpflichtung, eine Prüfung der Umweltauswirkungen durchzuführen, sowohl aus dieser Richtlinie als auch aus anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft ergibt, können die Mitgliedstaaten koordinierte oder gemeinsame Verfahren, die die Anforderungen der einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erfüllen, vorsehen, unter anderem, um Mehrfachprüfungen zu vermeiden.“

8        Anhang II der Richtlinie 2001/42 nennt Kriterien für die Bestimmung der voraussichtlichen Erheblichkeit von Umweltauswirkungen im Sinne des Art. 3 Abs. 5 dieser Richtlinie.

 Richtlinie 85/337

9        Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 85/337 werden die Projekte ihres Anhangs I vorbehaltlich der Ausnahmefälle gemäß Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie einer Prüfung unterzogen.

10      Anhang I Nr. 17 der Richtlinie 85/337 betrifft Anlagen zur Intensivhaltung oder ‑aufzucht von Schweinen mit mehr als 3 000 Plätzen für Mastschweine.

11      Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 85/337 lautet:

„Bei Projekten des Anhangs II bestimmen die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 anhand

a)      einer Einzelfalluntersuchung

oder

b)      der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien,

ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden muss.

Die Mitgliedstaaten können entscheiden, beide unter den Buchstaben a) und b) genannten Verfahren anzuwenden.“

 Nationales Recht

 Umweltschutzgesetz

12      Nach Art. 1 Abs. 10, 17 und 18 des litauischen Gesetzes über den Umweltschutz (Aplinkos apsaugos įstatymas) in der durch das Gesetz vom 19. Februar 2004 (Žin., 2004, Nr. 36-1179) geänderten Fassung (im Folgenden: Umweltschutzgesetz) gelten im Rahmen dieses Gesetzes folgende Definitionen:

„(10) [E]ine Umweltverträglichkeitsprüfung [ist] ein Verfahren, mit dem die möglichen Auswirkungen einer geplanten wirtschaftlichen Betätigung auf die Umwelt festgestellt, definiert und bewertet werden;

(17)      [E]ine strategische Umweltprüfung [ist] ein Verfahren, mit dem mögliche, sich aus der Durchführung bestimmter Pläne und Programme ergebende Folgen für die Umwelt festgestellt, definiert und bewertet werden, in dessen Verlauf die strategische Umweltprüfung dokumentiert wird, Beratungen durchgeführt werden, die Ergebnisse der Prüfungen und Beratungen vor dem Erlass und/oder der Bestätigung von Plänen und Programmen zu berücksichtigen sind und über Entscheidungen betreffend den Erlass und/oder die Bestätigung von Plänen oder Programmen unterrichtet wird;

(18)      Pläne und Programme sind Planungsdokumente mit Bezug zur Planung auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene (… Raumplanungsdokumente, …), die nach geltenden Gesetzen oder aufgrund der Durchführungsbefugnisse der öffentlichen Verwaltung aufgestellt, bestätigt bzw. erlassen werden und aus deren Durchführung sich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt ergeben können, einschließlich an solchen Plänen oder Programmen im Ganzen oder teilweise vorgenommene Änderungen.“

13      Art. 27 Abs. 1 dieses Gesetzes sieht vor, dass Pläne und Programme, deren Durchführung erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann, nach diesem und anderen Gesetzen und Rechtsvorschriften über strategische Umweltprüfungen, Raumplanung und Umweltüberwachung aufzustellen sind.

 Raumplanungsgesetz

14      Bei Detailplänen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden handelt es sich gemäß Art. 4 Abs. 3 Nr. 4 des Raumplanungsgesetzes (Teritorijų planavimo įst atymas) in der durch das Gesetz vom 15. Januar 2004 (Žin., 2004, Nr. 21-617) geänderten Fassung (im Folgenden: Raumplanungsgesetz) um Raumplanungsdokumente auf lokaler Ebene.

15      Nach Art. 25 Abs. 4 dieses Gesetzes ist im Fall der Aufstellung eines Detailplans eine strategische Umweltprüfung zu den mit dem Planungsdokument verbundenen Entscheidungen nur dann durchzuführen, wenn dies gesetzlich oder durch andere Rechtsvorschriften vorgeschrieben ist.

 Verordnung Nr. 967 vom 18. August 2004

16      Die Richtlinie 2001/42 wurde insbesondere durch die Verordnung Nr. 967 der Regierung der Republik Litauen vom 18. August 2004 zur Festlegung des Rahmens strategischer Umweltprüfungen für Pläne und Programme (Nutarimas dėl planų ir programų strateginio pasekmių aplinkai vertinimo tvarkos aprašo patvirtinimo, Žin., 2004, Nr. 130-4650) (im Folgenden: durch die Verordnung Nr. 967 festgelegter Rahmen) in litauisches Recht umgesetzt.

17      Nach Ziff. 7.1 des durch die Verordnung Nr. 967 festgelegten Rahmens muss eine strategische Umweltprüfung dann durchgeführt werden, wenn Pläne und Programme für eine Flächennutzung oder für die Raumplanung aufgestellt werden und die Grundlage für die Durchführung von Projekten festlegen, die bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten betreffen, die in den Anhängen 1 und 2 des Gesetzes der Republik Litauen über Umweltverträglichkeitsprüfungen für geplante wirtschaftliche Betätigungen (Planuojamos ūkinės veiklos poveikio aplinkai vertinimo įstatymas) in der durch das Gesetz vom 21. Juni 2005 (Žin., 2005, Nr. 84-3105) geänderten Fassung (im Folgenden: Gesetz über Umweltverträglichkeitsprüfungen für geplante wirtschaftliche Betätigungen) aufgeführt sind.

18      Ziff. 3.4 des durch die Verordnung Nr. 967 festgelegten Rahmens sieht jedoch vor, dass dieser auf die Erstellung und Genehmigung von „Raumplanungsdokumenten, die sich auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen“, keine Anwendung findet.

19      Die Verordnung Nr. 967 vom 18. August 2004 wurde durch die Verordnung Nr. 467 der Regierung der Republik Litauen vom 27. April 2011 (Žin., 2011, Nr. 50) aufgehoben, die Ziff. 3.4 des durch die Verordnung Nr. 967 festgelegten Rahmens mit Wirkung ab 1. Mai 2011 aufhob.

 Gesetz über Umweltverträglichkeitsprüfungen für geplante wirtschaftliche Betätigungen

20      Das Gesetz über Umweltverträglichkeitsprüfungen für geplante wirtschaftliche Betätigungen dient insbesondere zur Umsetzung der Richtlinie 85/337.

21      In Ziff. 1.1 des Anhangs 1 dieses Gesetzes werden u. a. „Schweinezuchtbetriebe (ab 900 Sauen; ab 3 000 Schweine ohne Sauen)“ genannt.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

22      Mit Entscheidung vom 24. März 2005 genehmigte die Gemeindeverwaltung des Bezirks Pakruojas den vom Unternehmen Saerimner UAB beantragten Bau von bis zu elf Gebäudekomplexen für Schweinezuchtbetriebe im Bezirk Pakruojas.

23      Am 23. Februar 2006 erteilte die Gemeindeverwaltung des Bezirks Pakruojas den Unternehmen Sofita UAB und Oltas UAB, Tochtergesellschaften von Saerimner UAB, die Genehmigung, die Erstellung von Detailplänen für den Bau von zwei Gebäudekomplexen zur Intensivhaltung von 4 000 Schweinen an zwei Orten in der Nähe der im Bezirk Pakruojas liegenden Gemeinde Klovainiai in Auftrag zu geben.

24      Mit Entscheidungen vom 23. März und 20. April 2006 genehmigte die Gemeindeverwaltung des Bezirks Pakruojas diese Detailpläne, in denen die Errichtung dieser Gebäudekomplexe mit einer Kapazität für 4 000 Schweine und einem Güllespeicher mit einem Fassungsvermögen von 10 000 m3 sowie die Flächennutzung der beiden für die Gebäudekomplexe vorgesehenen Grundstücke auf die gleiche Weise geregelt sind.

25      Mit den genannten Detailplänen wurde die Flächennutzung der Grundstücke auf lokaler Ebene festgelegt. Gemäß Art. 4 Abs. 3 Nr. 4 des Raumplanungsgesetzes handelt es sich bei derartigen Detailplänen um Raumplanungsdokumente auf lokaler Ebene.

26      Die Kläger des Ausgangsverfahrens stellten beim Šiaulių apygardos administracinis teismas (regionales Verwaltungsgericht Šiauliai) die Rechtmäßigkeit dieser beiden Genehmigungen in Frage, indem sie geltend machten, dass die zuständigen Behörden eine strategische Umweltprüfung im Sinne von Art. 1 Abs. 17 des Umweltschutzgesetzes hätten durchführen müssen.

27      Mit Urteil vom 21. Februar 2009 wies das genannte Gericht die Klage als unbegründet ab.

28      Es stellte fest, dass die strategische Umweltprüfung nach dem nationalen Recht, insbesondere nach Ziff. 3.4 des durch die Verordnung Nr. 967 festgelegten Rahmens, nicht für Raumplanungsdokumente durchzuführen sei, die sich – wie die beiden fraglichen Detailpläne – auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung bezögen.

29      Im vorliegenden Fall sei, wie geschehen, allein das Gesetz über Umweltverträglichkeitsprüfungen für geplante wirtschaftliche Betätigungen anzuwenden. Deshalb sei für die von den betreffenden Unternehmen vorgesehene wirtschaftliche Tätigkeit lediglich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Art. 1 Abs. 10 des Umweltschutzgesetzes durchgeführt worden.

30      Das genannte Gericht wies daher das Vorbringen der Kläger des Ausgangsverfahrens zurück, wonach auch eine strategische Umweltprüfung hätte durchgeführt werden müssen.

31      Mit ihrem beim vorlegenden Gericht eingelegten Rechtsmittel machen die Kläger des Ausgangsverfahrens geltend, dass nach Art. 16 des Raumplanungsgesetzes die für die Raumplanung verantwortlichen Entscheidungsträger in dem Fall, dass keine Planungsdokumente zur allgemeinen Raumplanung vorlägen, vor dem Bau eines Projekts verpflichtet seien, einen Plan zu erstellen und für dieses Projekt eine strategische Umweltprüfung durchzuführen.

32      Hinsichtlich Ziff. 3.4 des durch die Verordnung Nr. 967 festgelegten Rahmens sind sie der Auffassung, dass die durch die Entscheidungen vom 23. März und 20. April 2006 genehmigten Pläne nicht als Pläne anzusehen seien, die sich auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung im Sinne des nationalen Rechts bezögen. Dies entspreche nicht den Tatsachen, und demzufolge hätte eine strategische Umweltprüfung durchgeführt werden müssen.

33      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts war nach der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden nationalen Regelung die Durchführung einer strategischen Umweltprüfung für die beiden in Rede stehenden Pläne nicht geboten. Das Gericht ist sich jedoch nicht sicher, ob diese Regelung, die zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42 dient, mit dieser Richtlinie vereinbar ist.

34      Vor diesem Hintergrund hat das Vyriausiasis administracinis teismas (Oberstes Verwaltungsgericht) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Kann die Bestimmung, wonach eine strategische Umweltprüfung für Raumplanungsdokumente auf lokaler Ebene, in deren detaillierten Schlussfolgerungen nur ein Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung erwähnt wird, nicht durchgeführt werden muss, wie sie in den Rechtsvorschriften der Republik Litauen, u. a. in Ziff. 3.4 des durch die Verordnung Nr. 967 festgelegten Rahmens enthalten ist, als eine Festlegung von Arten von Plänen und Programmen im Sinne von Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2001/42 angesehen werden?

2.      Sind die im vorliegenden Fall anwendbaren Vorschriften des nationalen Rechts, wonach – ohne dass in jedem Einzelfall feststeht, ob es potenziell erhebliche Umweltfolgen gibt – eine strategische Umweltprüfung für auf kleine Grundflächen bezogene Raumplanungsdokumente auf lokaler Ebene bereits dann nicht durchgeführt werden muss, wenn sich diese Planungsdokumente auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen, mit den Anforderungen gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. a, 3 und 5 der Richtlinie 2001/42 vereinbar?

3.      Sind die Bestimmungen der Richtlinie 2001/42 einschließlich ihres Art. 11 Abs. 1 dahin auszulegen, dass die Richtlinie 2001/42 unter bestimmten Umständen wie den im vorliegenden Fall gegebenen, in dem eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Richtlinie 85/337 durchgeführt wurde, nicht anwendbar ist?

4.      Umfasst der Anwendungsbereich von Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2001/42 die Richtlinie 85/377?

5.      Wenn Frage 4 zu bejahen ist: Folgt aus der vorherigen Durchführung einer Prüfung nach der Richtlinie 85/337, dass die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Richtlinie 2001/42 in einer Situation wie der im vorliegenden Fall gegebenen zu einer Mehrfachprüfung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2001/42 führt?

6.      Wenn Frage 5 zu bejahen ist: Ergibt sich aus der Richtlinie 2001/42 einschließlich ihres Art. 11 Abs. 2 eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, im nationalen Recht kombinierte oder koordinierte Verfahren gemäß den Richtlinien 2001/42 und 85/337 vorzusehen, um Mehrfachprüfungen zu vermeiden?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur den Fragen 1 und 2

35      Zunächst ist der Vorlageentscheidung zu entnehmen, dass es sich bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden „Detailplänen“ um „Raumplanungsdokumente auf lokaler Ebene“ im Sinne der Ziff. 3.4 und 7.1 des durch die Verordnung Nr. 967 festgelegten Rahmens handelt. Diese Dokumente stellen „Pläne und Programme“ im Sinne von Art. 1 Abs. 18 des Umweltschutzgesetzes dar. Die im Ausgangsverfahren beanstandeten Pläne wurden vor Erstellung der Planungsdokumente zur allgemeinen Raumplanung genehmigt.

36      Angesichts dieser Vorbemerkungen ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht mit seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, wissen möchte, ob Art. 3 Abs. 2 Buchst. a, 3 und 5 der Richtlinie 2001/42 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach eine Prüfung nach der genannten Richtlinie dann nicht durchgeführt werden muss, wenn sich die Pläne, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen, auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen.

37      Das Hauptziel der Richtlinie 2001/42 besteht gemäß ihrem Art. 1 darin, dass Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, bei ihrer Ausarbeitung und vor ihrer Annahme einer Umweltprüfung unterzogen werden.

38      Zunächst ist festzustellen, dass Pläne wie die im Ausgangsverfahren beanstandeten solche im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42 sind, für die vorbehaltlich des Abs. 3 dieser Vorschrift eine Umweltprüfung durchgeführt werden muss, und dass sie, wie der Vorlageentscheidung zu entnehmen ist, konkret den Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten festlegen, wie sie in Anhang I Nr. 17 der Richtlinie 85/337 genannt sind.

39      Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42 ist in diesem Zusammenhang dahin auszulegen, dass er auch einen Plan erfasst, der innerhalb eines einzelnen Bereichs den Rahmen für ein Projekt festlegt, das sich auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung bezieht.

40      Der Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42 lässt in Anbetracht des zehnten Erwägungsgrundes dieser Richtlinie nicht darauf schließen, dass sich sein Anwendungsbereich auf Pläne und Programme beschränkt, die den Rahmen für Projekte festlegen, die sich auf mehrere Gegenstände in einem oder mehreren in dieser Vorschrift aufgeführten Bereichen beziehen.

41      Im Übrigen bestätigt die in dem genannten Erwägungsgrund enthaltene Wendung „[a]lle Pläne und Programme, die für eine Reihe von Bereichen ausgearbeitet werden“, dass sich Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie auf alle Pläne und Programme bezieht, die für die in ihm erwähnten einzelnen Bereiche – einschließlich des Bereichs der landwirtschaftlichen Raumordnung allein – erstellt werden, und nicht nur auf Pläne und Programme, die gleichzeitig für mehrere dieser Bereiche erstellt werden.

42      Da die betreffenden Bereiche sehr weit sind, hätte jede andere Auslegung zur Folge, dass der Anwendungsbereich der genannten Vorschrift stark eingeschränkt würde, so dass das Hauptziel der Richtlinie 2001/42 in Frage gestellt würde. Eine derartige Auslegung würde dazu führen, dass Großprojekte, die sich auf nur eine einzige wirtschaftliche Betätigung beziehen, möglicherweise nicht mehr unter diese Richtlinie fallen.

43      Außerdem könnten die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Pläne unter Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/42 fallen, wonach Pläne, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen, nur dann einer Umweltprüfung bedürfen, wenn die Mitgliedstaaten „bestimmen, dass sie voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben“.

44      Die Mitgliedstaaten bestimmen gemäß Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2001/42 in Bezug auf Pläne wie die im Ausgangsverfahren fraglichen entweder durch Einzelfallprüfung oder durch Festlegung von Arten von Plänen und Programmen, ob die genannten Pläne voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, die eine Umweltprüfung nach dieser Richtlinie erfordern. Nach dieser Vorschrift können die Mitgliedstaaten auch entscheiden, die beiden Ansätze zu kombinieren.

45      Dazu ist zu bemerken, dass die Mechanismen für eine Überprüfung der in Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2001/42 genannten Pläne dazu dienen, die Pläne zu bestimmen, die geprüft werden müssen, weil sie voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben.

46      Das den Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2001/42 eingeräumte Ermessen bei der Beurteilung, ob bestimmte Arten von Plänen voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, wird durch die Verpflichtung nach Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 dieser Richtlinie eingeschränkt, Pläne, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Merkmale, ihrer Auswirkungen und der voraussichtlich betroffenen Gebiete mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Umweltprüfung zu unterziehen.

47      Wenn daher ein Mitgliedstaat ein Kriterium so festlegte, dass in der Praxis eine ganze Kategorie von Plänen von vornherein einer Umweltprüfung entzogen würde, würde er das ihm nach Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/42 eingeräumte Ermessen überschreiten, sofern nicht aufgrund von einschlägigen Kriterien bezüglich aller ausgenommenen Pläne – insbesondere z. B. im Hinblick auf deren Gegenstand, den Umfang des Gebiets, auf das sie sich beziehen, oder die Belastbarkeit der betroffenen Landschaften – davon auszugehen ist, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist (vgl. in diesem Sinne zu dem Ermessen, das den Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 85/337 eingeräumt ist, Urteil vom 16. Juli 1999, Kommission/Irland, C‑427/07, Slg. 1999, I‑6277, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Bei dem Kriterium, nach dem sich das fragliche Raumplanungsdokument auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung bezieht, ist das nicht der Fall. Abgesehen davon, dass ein solches Kriterium gegen Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42 verstoßen würde, würde es auch nicht ermöglichen, zu beurteilen, ob ein Plan „erhebliche Auswirkungen“ auf die Umwelt hat.

49      Der wenig präzise Wortlaut von Ziff. 3.4 des durch die Verordnung Nr. 967 festgelegten Rahmens könnte darüber hinaus zu Problemen führen, den Umfang der Kategorie von Plänen klar zu bestimmen, die von den zuständigen Behörden als Pläne angesehen werden könnten, die „sich auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen“.

50      Eine nationale Vorschrift wie diese Ziff. 3.4 führt jedoch dazu, dass alle Pläne, die sich auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen, wie die Gebäudekomplexe für Schweinemast nach Anhang I Nr. 17 der Richtlinie 85/337, von einer Umweltprüfung nach Art. 1 Abs. 17 des Umweltschutzgesetzes ausgenommen sind, obwohl nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich bei einer Prüfung von Plänen, die unter eine derartige Vorschrift fallen, herausstellen würde, dass sie erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben.

51      Man kann daher nicht aufgrund einer Gesamtbeurteilung davon ausgehen, dass bei keinem der Pläne, die nach einer nationalen Vorschrift wie Ziff. 3.4 des durch die Verordnung Nr. 967 festgelegten Rahmens ausgenommen sind, mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.

52      Selbst wenn mehrere Pläne in den Anwendungsbereich einer derartigen Vorschrift fallen sollten, ohne erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt zu haben, kann im Übrigen ohne eine Gesamtbeurteilung nicht davon ausgegangen werden, dass das Gleiche auch für die kumulativen Auswirkungen dieser Pläne gilt.

53      Schließlich ist festzustellen, dass Regeln wie die in Ziff. 3.4 des durch die Verordnung Nr. 967 festgelegten Rahmens nicht nur das Ziel der Richtlinie 2001/42 und insbesondere deren Art. 3 Abs. 2, 3 und 5, der bezweckt, dass kein Plan, der voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat, der Umweltprüfung entzogen wird, in Frage stellen, sondern nicht einmal gewährleisten, dass die zuständigen Behörden die in Anhang II der Richtlinie 2001/42 festgelegten Kriterien berücksichtigen, wie Art. 3 Abs. 5 Satz 2 der Richtlinie 2001/42 ausdrücklich vorschreibt, um sicherzustellen, dass alle Pläne, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, von der Richtlinie erfasst werden.

54      Demzufolge ist auf die Fragen 1 und 2 zu antworten, dass Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/42 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die derart allgemein und ohne Einzelfallprüfung vorsieht, dass eine Prüfung nach dieser Richtlinie dann nicht durchgeführt werden muss, wenn sich die Pläne, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen, auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen.

 Zu den Fragen 3 bis 5

55      Das vorlegende Gericht möchte mit diesen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, wissen, ob Art. 11 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/42 dahin auszulegen ist, dass eine nach der Richtlinie 85/337 durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung von der Verpflichtung entbindet, eine Umweltprüfung gemäß der Richtlinie 2001/42 durchzuführen.

56      Zur Beantwortung dieser Frage ist daran zu erinnern, dass der Vorlageentscheidung zufolge bei der Erstellung der im Ausgangsverfahren beanstandeten Detailpläne keine Prüfung gemäß der Richtlinie 2001/42 durchgeführt wurde.

57      Nach dem Wortlaut von Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2001/42 lassen Umweltprüfungen gemäß dieser Richtlinie die Anforderungen der Richtlinie 85/337 unberührt.

58      Demzufolge ist zusätzlich zu einer Umweltprüfung gemäß der Richtlinie 2001/42 eine Prüfung nach der Richtlinie 85/337 vorzunehmen, wenn dies nach deren Vorschriften geboten ist.

59      Ebenso hat eine nach der Richtlinie 85/337 durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung keinen Einfluss auf die nach der Richtlinie 2001/42 geltenden Anforderungen und entbindet nicht von der Pflicht zur Durchführung der Umweltprüfung, die nach der letztgenannten Richtlinie vorgeschrieben ist, um ihren spezifischen Umweltaspekten Rechnung zu tragen.

60      Da sich die nach den Richtlinien 2001/42 und 85/337 durchgeführten Prüfungen in verschiedener Hinsicht unterscheiden, müssen die Anforderungen der beiden Richtlinien kumulativ angewandt werden.

61      Dazu ist zu bemerken, dass sich in dem Fall, dass der betroffene Mitgliedstaat ein koordiniertes oder gemeinsames Verfahren vorgesehen hat, aus Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2001/42 ergibt, dass im Rahmen eines solchen Verfahrens sicherzustellen ist, dass die Umweltprüfung im Einklang mit sämtlichen in den einschlägigen Richtlinien vorgesehenen Vorschriften durchgeführt wurde.

62      Es ist unter diesen Umständen Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren nach der Richtlinie 85/337 durchgeführte Prüfung als Ausdruck eines koordinierten oder gemeinsamen Verfahrens aufgefasst werden kann und ob dieses bereits sämtliche Anforderungen der Richtlinie 2001/42 umfasst. Sollte das der Fall sein, bestünde keine Verpflichtung zur Durchführung einer erneuten Prüfung nach der letztgenannten Richtlinie.

63      Nach alledem ist auf die Fragen 3 bis 5 zu antworten, dass Art. 11 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/42 dahin auszulegen ist, dass eine nach der Richtlinie 85/337 durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung nicht von der Verpflichtung entbindet, eine Umweltprüfung gemäß der Richtlinie 2001/42 durchzuführen. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine nach der Richtlinie 85/337 durchgeführte Prüfung als Ausdruck eines koordinierten oder gemeinsamen Verfahrens aufgefasst werden kann und ob dieses bereits sämtliche Anforderungen der Richtlinie 2001/42 umfasst. Sollte das der Fall sein, bestünde keine Verpflichtung zur Durchführung einer erneuten Prüfung nach der letztgenannten Richtlinie.

 Zu Frage 6

64      Das vorlegende Gericht möchte mit dieser Frage wissen, ob Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2001/42 dahin auszulegen ist, dass er die Mitgliedstaaten verpflichtet, in ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung koordinierte oder gemeinsame Verfahren vorzusehen, die die Anforderungen der Richtlinien 2001/42 und 85/337 erfüllen.

65      Die Mitgliedstaaten sind bereits nach dem Wortlaut von Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2001/42 und ihrem 19. Erwägungsgrund keineswegs verpflichtet, für Pläne und Programme, für die sich sowohl aus der Richtlinie 2001/42 als auch aus anderen Richtlinien die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ergibt, koordinierte oder gemeinsame Verfahren vorzusehen.

66      Daher ist auf die sechste Frage zu antworten, dass Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2001/42 dahin auszulegen ist, dass er die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, in ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung koordinierte oder gemeinsame Verfahren vorzusehen, die die Anforderungen der Richtlinien 2001/42 und 85/337 erfüllen.

 Kosten

67      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die derart allgemein und ohne Einzelfallprüfung vorsieht, dass eine Prüfung nach dieser Richtlinie dann nicht durchgeführt werden muss, wenn sich die Pläne, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen, auf nur einen Gegenstand wirtschaftlicher Betätigung beziehen.

2.      Art. 11 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/42 ist dahin auszulegen, dass eine nach der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 geänderten Fassung durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung nicht von der Verpflichtung entbindet, eine Umweltprüfung gemäß der Richtlinie 2001/42 durchzuführen. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine nach der Richtlinie 85/337 in ihrer geänderten Fassung durchgeführte Prüfung als Ausdruck eines koordinierten oder gemeinsamen Verfahrens aufgefasst werden kann und ob dieses bereits sämtliche Anforderungen der Richtlinie 2001/42 umfasst. Sollte das der Fall sein, bestünde keine Verpflichtung zur Durchführung einer erneuten Prüfung nach der letztgenannten Richtlinie.

3.      Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2001/42 ist dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, in ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung koordinierte oder gemeinsame Verfahren vorzusehen, die die Anforderungen der Richtlinie 2001/42 und der Richtlinie 85/337 in deren geänderter Fassung erfüllen.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Litauisch.

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