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Document 62009CC0151
Opinion of Advocate General Sharpston delivered on 6 May 2010. # Federación de Servicios Públicos de la UGT (UGT-FSP) v Ayuntamiento de La Línea de la Concepción, María del Rosario Vecino Uribe and Ministerio Fiscal. # Reference for a preliminary ruling: Juzgado de lo Social Único de Algeciras - Spain. # Transfers of undertakings - Directive 2001/23/EC - Safeguarding of employees’ rights - Employee representatives - Autonomy of the entity transferred. # Case C-151/09.
Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 6. Mai 2010.
Federación de Servicios Públicos de la UGT (UGT-FSP) gegen Ayuntamiento de La Línea de la Concepción, María del Rosario Vecino Uribe und Ministerio Fiscal.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Juzgado de lo Social Único de Algeciras - Spanien.
Übergang von Unternehmen - Richtlinie 2001/23/EG - Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer - Vertreter der Arbeitnehmer - Selbständigkeit der übertragenen Einheit.
Rechtssache C-151/09.
Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 6. Mai 2010.
Federación de Servicios Públicos de la UGT (UGT-FSP) gegen Ayuntamiento de La Línea de la Concepción, María del Rosario Vecino Uribe und Ministerio Fiscal.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Juzgado de lo Social Único de Algeciras - Spanien.
Übergang von Unternehmen - Richtlinie 2001/23/EG - Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer - Vertreter der Arbeitnehmer - Selbständigkeit der übertragenen Einheit.
Rechtssache C-151/09.
Sammlung der Rechtsprechung 2010 I-07591
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2010:255
SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN
ELEANOR SHARPSTON
vom 6. Mai 20101(1)
Rechtssache C-151/09
Federación de Servicios Públicos de la UGT (UGT‑FSP)
gegen
Ayuntamiento de la Línea de la Concepción,
María del Rosario Vecino Uribe (und 19 weitere Beklagte)
(Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado de lo Social Único de Algeciras [Spanien])
„Übergang von Unternehmen – Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer – Arbeitnehmervertreter – Selbständigkeit der übertragenen Einheit“
1. Mit diesem Vorabentscheidungsersuchen wird der Gerichtshof noch einmal mit einer Frage nach der Auslegung der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen befasst (im Folgenden: Richtlinie 2001/23)(2). In diesem Fall wird jedoch eine Frage aufgeworfen, zu der der Gerichtshof bisher noch nicht Stellung genommen hat, nämlich die der Bedeutung des Ausdrucks „seine Selbständigkeit behält“ in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie.
Rechtlicher Rahmen
Recht der Europäischen Union
2. Nach dem dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/23 sind „Bestimmungen notwendig, die die Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel schützen und insbesondere die Wahrung ihrer Ansprüche gewährleisten“.
3. Der fünfte Erwägungsgrund verweist darauf, dass „in der am 9. Dezember 1989 verabschiedeten Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer (Sozialcharta) … unter … Nummer 18 insbesondere Folgendes festgestellt [wird]: ‚Die Verwirklichung des Binnenmarktes muss zu einer Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft führen. Diese Verbesserung muss, soweit nötig, dazu führen, dass bestimmte Bereiche des Arbeitsrechts, wie die Verfahren bei Massenentlassungen oder bei Konkursen, ausgestaltet werden. Unterrichtung, Anhörung und Mitwirkung der Arbeitnehmer müssen in geeigneter Weise, unter Berücksichtigung der in den verschiedenen Mitgliedstaaten herrschenden Gepflogenheiten, weiterentwickelt werden. Unterrichtung, Anhörung und Mitwirkung sind rechtzeitig vorzusehen, vor allem bei der Umstrukturierung oder Verschmelzung von Unternehmen, wenn dadurch die Beschäftigung der Arbeitnehmer berührt wird.‘“
4. Art. 1 der Richtlinie regelt ihren Anwendungsbereich wie folgt:
„1. a) Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar.
b) Vorbehaltlich Buchstabe a) und der nachstehenden Bestimmungen dieses Artikels gilt als Übergang im Sinne dieser Richtlinie der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit.
c) Diese Richtlinie gilt für öffentliche und private Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht. …
…“
5. Art. 2 der Richtlinie trifft eine Reihe von Begriffsbestimmungen. Dort wird, soweit vorliegend relevant, Folgendes festgelegt:
„1. Im Sinne dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:
a) ‚Veräußerer‘ ist jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines Übergangs im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 als Inhaber aus dem Unternehmen, dem Betrieb oder dem Unternehmens- bzw. Betriebsteil ausscheidet;
b) ‚Erwerber‘ ist jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines Übergangs im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 als Inhaber in das Unternehmen, den Betrieb oder den Unternehmens- bzw. Betriebsteil eintritt;
c) ‚Vertreter der Arbeitnehmer‘ oder ein entsprechender Ausdruck bezeichnet die Vertreter der Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften oder der Praxis der Mitgliedstaaten;
d) ‚Arbeitnehmer‘ ist jede Person, die in dem betreffenden Mitgliedstaat aufgrund des einzelstaatlichen Arbeitsrechts geschützt ist.
2. Diese Richtlinie lässt das einzelstaatliche Recht in Bezug auf die Begriffsbestimmung des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses unberührt.
…“
6. Art. 3 mit der Überschrift „Wahrung der Ansprüche und Rechte der Arbeitnehmer“ gehört zu Kapitel II. Nach Art. 3 Abs. 1 gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über.
7. Art. 3 Abs. 3 trifft Regelungen für Kollektivverträge im Fall eines Übergangs. Es heißt dort:
„Nach dem Übergang erhält der Erwerber die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zur Kündigung oder zum Ablauf des Kollektivvertrags bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Maße aufrecht, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräußerer vorgesehen waren.
…“
8. Art. 6 der Richtlinie betrifft die Rechtsstellung und Funktion der Vertreter oder der Vertretung der Arbeitnehmer nach dem Übergang. Es heißt dort:
„1. Sofern das Unternehmen, der Betrieb oder der Unternehmens- bzw. Betriebsteil seine Selbständigkeit behält, bleiben die Rechtsstellung und die Funktion der Vertreter oder der Vertretung der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer unter den gleichen Bedingungen erhalten, wie sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs aufgrund von Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder aufgrund einer Vereinbarung bestanden haben, sofern die Bedingungen für die Bildung der Arbeitnehmervertretung erfüllt sind.
Unterabsatz 1 findet keine Anwendung, wenn gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder der Praxis der Mitgliedstaaten oder durch Vereinbarung mit den Vertretern der betroffenen Arbeitnehmer die Bedingungen für die Neubestellung der Vertreter der Arbeitnehmer oder die Neubildung der Vertretung der Arbeitnehmer erfüllt sind.
Wurde gegen den Veräußerer unter der Aufsicht einer zuständigen öffentlichen Stelle (worunter auch ein von einer zuständigen Behörde ermächtigter Insolvenzverwalter verstanden werden kann) ein Konkursverfahren oder ein entsprechendes Insolvenzverfahren mit dem Ziel der Auflösung des Vermögens des Veräußerers eröffnet, können die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer bis zur Neuwahl oder Benennung von Arbeitnehmervertretern angemessen vertreten sind.
Behält das Unternehmen, der Betrieb oder der Unternehmens- bzw. Betriebsteil seine Selbständigkeit nicht, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer, die vor dem Übergang vertreten wurden, während des Zeitraums, der für die Neubildung oder Neubenennung der Arbeitnehmervertretung erforderlich ist, im Einklang mit dem Recht oder der Praxis der Mitgliedstaaten weiterhin angemessen vertreten werden.
2. Erlischt das Mandat der Vertreter der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer aufgrund des Übergangs, so gelten für diese Vertreter weiterhin die nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder der Praxis der Mitgliedstaaten vorgesehenen Schutzmaßnahmen.“
Nationales Recht
9. Art. 67 Abs. 1 des Estatuto de los Trabajadores (spanisches Statut der Arbeitnehmer) bestimmt:
„Teilwahlen können [innerhalb eines Unternehmens] nach Fällen des Ausscheidens oder der Kündigung oder zur Anpassung der Arbeitnehmervertretung an eine Erhöhung der Zahl der Beschäftigten durchgeführt werden. Kollektivverträge können notwendige Maßnahmen zur Anpassung der Arbeitnehmervertretung an erhebliche Reduzierungen der Belegschaft eines Unternehmens vorsehen. In Ermangelung solcher Bestimmungen ist eine solche Anpassung durch eine Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und den Vertretern der Arbeitnehmer vorzunehmen.“
Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
10. Durch Dekret Nr. 5983/80 des Bürgermeisters der Gemeinde La Línea de la Concepción vom 25. August 2008 wurde beschlossen, bestimmte, vormals fremdvergebene kommunale öffentliche Dienstleistungen künftig wieder der eigenen Verwaltung zu übertragen. Insbesondere sollte das gesamte Personal derjenigen Unternehmen übernommen werden, die die folgenden, fremdvergebenen Dienstleistungen ausführten: i) Hausmeistertätigkeiten in öffentlichen Schulen, ii) Reinigung öffentlicher Schulen, iii) Straßenreinigung und iv) Pflege von Parks und Grünanlagen.
11. Die vorgenannten Dienstleistungen waren bis zu diesem Zeitpunkt von vier verschiedenen Unternehmen des Privatsektors erbracht worden. Die 20 Personen, die im Ausgangsverfahren Mitbeklagte sind, waren vor der Rückübertragung dieser Dienstleistungen auf die Gemeinde die gesetzlichen Arbeitnehmervertreter der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer.
12. In einer Stellungnahme vom 10. September 2008 zu verschiedenen Anträgen der genannten Personen lehnte die Gemeindeverwaltung es ab, sie als Arbeitnehmervertreter anzuerkennen. Diese Ablehnung wurde laut dem Vorlagebeschluss wie folgt begründet: „Da diese Arbeitnehmer jetzt Gemeindebedienstete sind, sind die Aufgaben dieser Vertreter unabhängig von den gesetzlichen Garantien für sie als beendet anzusehen.“
13. Im Vorlagebeschluss wird auch darauf hingewiesen, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die UGT‑FSP (die Gewerkschaft, die die betroffenen Arbeitnehmer vertritt), sich danach verschiedentlich bei der beklagten Behörde um eine Klärung dieser Entscheidung bemühte. Schließlich erhob die Gewerkschaft am 13. November 2008 Klage beim Juzgado de lo Social Único de Algeciras (Sozialgericht Algeciras) mit dem Antrag, u. a. festzustellen, dass die betroffenen Arbeitnehmervertreter zur Fortführung ihrer Mandate bis zu deren Beendigung durch Zeitablauf berechtigt seien.
14. Der Vorlagebeschluss beschreibt den tatsächlichen Hintergrund der Vorgänge, die schließlich zur Rückübertragung der betreffenden Dienstleistungen auf die Gemeinde führten, äußerst knapp.
15. Es wird lediglich festgestellt, dass nach der Rückübertragung der verschiedenen von der Gemeinde fremdvergebenen öffentlichen Dienstleistungen auf die eigenen Dienststellen die Arbeitnehmer, die zuvor zur Belegschaft der Unternehmen gehört hatten, die bis zu diesem Zeitpunkt mit den öffentlichen Dienstleistungen betraut waren, von der Gemeindeverwaltung übernommen und in deren Personal „eingegliedert“ wurden, dass aber eben diese Arbeitnehmer alle auf denselben Stellen verblieben und die gleichen Aufgaben versahen wie vorher, und zwar an denselben Arbeitsplätzen und unter Weisung derselben unmittelbaren Vorgesetzten, ohne wesentliche Änderungen der Arbeitsbedingungen und mit dem einzigen Unterschied, dass die obersten Vorgesetzten jetzt die entsprechenden öffentlichen Amtsträger sind (Beigeordnete oder Bürgermeister).
16. Die Ausführungen des nationalen Gerichts, die betreffenden Arbeitnehmer seien in das Personal des neuen Arbeitgebers „eingegliedert“ worden, sind meines Erachtens lediglich als Hinweis zu verstehen, dass sie nunmehr Teil des Personals des neuen Arbeitgebers sind. Das Gericht will also in diesem Stadium des Ausgangsverfahrens noch keine Entscheidung treffen, inwieweit die betroffenen Arbeitnehmer in der Belegschaft des neuen Arbeitgebers aufgegangen sind.
17. Dem Vorlagebeschluss ist nicht zu entnehmen, ob das nationale Gericht einen Übergang der betreffenden Dienstleistungen im Sinne der Richtlinie 2001/23 festgestellt hat. Der Beschluss enthält insbesondere keine Angaben dazu, ob im Rahmen der getroffenen Regelungen zur Rückübertragung der Dienstleistungen auf die eigenen Dienststellen materielle Vermögensgegenstände übertragen worden sind bzw. inwieweit die Ausführung der betreffenden Dienstleistungen die Verwendung solcher Vermögensgegenstände voraussetzte.
18. Da der Juzgado de lo Social Único de Algeciras zu der Ansicht gelangt ist, dass es für seine Entscheidung im Ausgangsverfahren auf die Auslegung des Begriffs „Selbständigkeit“ in Art. 6 der Richtlinie 2001/23 ankommt, hat er beschlossen, das Ausgangsverfahren auszusetzen und die folgende Frage dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist die Voraussetzung der Selbständigkeit, auf die Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 Bezug nimmt, bei einem Sachverhalt (wie demjenigen des Ausgangsverfahrens) erfüllt, bei dem nach der Ablösung verschiedener Konzessionen für öffentliche Dienstleistungen durch eine Gemeindeverwaltung die Arbeitnehmer, die dem Personal der einzelnen Unternehmen angehörten, die bis dahin die Konzessionen besaßen, von dieser Gemeindeverwaltung übernommen und in deren Personal eingegliedert werden, jedoch eben diese Arbeitnehmer (ausnahmslos) in den gleichen Positionen beschäftigt werden und die gleichen Aufgaben wie vorher versehen, und zwar an den gleichen Arbeitsplätzen und unter Weisung der gleichen unmittelbaren Vorgesetzten, ohne wesentliche Änderungen der Arbeitsbedingungen und mit dem einzigen Unterschied, dass jetzt die obersten Vorgesetzten die entsprechenden öffentlichen Amtsträger (Beigeordnete oder Bürgermeister) sind?
19. Schriftliche Erklärungen haben eingereicht das Ministerio Fiscal (Staatsanwaltschaft), die spanische Regierung und die Europäische Kommission. Eine mündliche Verhandlung ist nicht beantragt worden und hat auch nicht stattgefunden.
Würdigung
Vorbemerkung
20. Die Staatsanwaltschaft hat das nationale Gericht zwar wegen des Vorabentscheidungsersuchens kritisiert (da nach ihrer Auffassung die Bedeutung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 ganz klar sei), aber weder die Erheblichkeit der Vorlagefrage bestritten noch Bedenken gegen deren Zulässigkeit geäußert. Ich habe in dieser Hinsicht keine Zweifel. Das Vorabentscheidungsersuchen ist eindeutig zulässig.
Der Begriff „Übergang“ nach Art. 1 der Richtlinie 2001/23
21. Obwohl die Vorlagefrage des nationalen Gerichts lediglich Fragen der Arbeitnehmervertretung nach Art. 6 der Richtlinie 2001/23 betrifft, sind doch auch einige Vorüberlegungen zum Begriff des „Übergangs“ im Sinne des Art. 1 erforderlich.
22. Dies hat zwei Gründe. Zum einen wirft die spanische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen die Frage auf, ob hier nach den im Vorlagebeschluss dargestellten Umständen tatsächlich ein solcher Übergang vorliege. Die Kommission hat dem Gerichtshof vorgeschlagen, von einem solchen Übergang auszugehen. Zum anderen ist meines Erachtens das Verständnis dessen, was in Art. 1 Abs. 1.b mit einer ihre „Identität“ bewahrenden wirtschaftlichen Einheit gemeint ist, wesentlich für das richtige Verständnis des Begriffs „Selbständigkeit“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1.
23. Die spanische Regierung geht in ihren Erklärungen näher auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu der Frage ein, wann ein Übergang im Sinne der Richtlinie vorliegt und wann nicht. Ihre Argumentation geht, so wie ich sie verstehe, von der Annahme aus, dass es für die Feststellung, ob ein übergegangenes Unternehmen seine Selbständigkeit im Sinne von Art. 6 behalten hat, genügt, festzustellen, ob das Unternehmen im Sinne von Art. 1 Abs. 1.b übergegangen ist.
24. Ich werde auf das Verhältnis dieser beiden Artikel im Folgenden noch näher eingehen(3). Zunächst ist jedoch die hier aufgeworfene Frage zu erörtern, ob der Vorgang, der Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, einen Übergang im Sinne von Art. 1 Abs. 1.b der Richtlinie darstellt.
25. Dabei möchte ich in diesen Schlussanträgen auf eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs bis heute verzichten. Hiermit haben sich bereits einige Generalanwälte auseinandergesetzt, zuletzt Generalanwalt Mengozzi in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Klarenberg(4).
26. Stattdessen möchte ich nur kurz auf die Kriterien eingehen, die in den Rechtsvorschriften und insbesondere in der Rechtsprechung des Gerichtshofs angeführt werden und die das nationale Gericht heranzuziehen hat, um gegebenenfalls bestehende Zweifel auszuräumen, ob Art. 1 Abs. 1.b der Richtlinie auf einen Übergang wie den im vorliegenden Fall anwendbar ist, ob also ein Übergang eines Unternehmens gegeben ist. Kann diese Frage hier nicht bejaht werden, stellt sich die Frage der Selbständigkeit nach Art. 6 überhaupt nicht.
27. Ganz allgemein ist die Anwendbarkeit der Richtlinien über erworbene Ansprüche bejaht worden, wenn im Zusammenhang mit vertraglichen Beziehungen „die natürliche oder juristische Person, die für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich ist und insoweit gegenüber den in dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern die Arbeitgeberverpflichtungen eingeht, wechselt“(5). Ein Wechsel dieser Art ist eine wesentliche Voraussetzung für einen Übergang eines Unternehmens im Sinne der Richtlinie 2001/23(6). Dies schließt eine Übertragung des Arbeitsverhältnisses vom früheren auf den neuen Arbeitgeber durch eine bloße Übertragung von Vermögensgegenständen natürlich nicht von vornherein aus, aber die Folgen einer solchen Übertragung unterliegen dann allein dem nationalen Recht.
28. Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Richtlinien über erworbene Ansprüche die Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Arbeitgebers dadurch gewährleisten sollen, dass diesen die Möglichkeit eingeräumt wird, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu denselben Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren(7).
29. Hinsichtlich der Form der „vertraglichen Übertragung“ im Sinne von Art. 1 Abs. 1.a der Richtlinie 2001/23 vertritt der Gerichtshof eine flexible Auslegung, um dem Zweck der Richtlinie gerecht zu werden(8). Meines Erachtens steht daher die Tatsache, dass der Wechsel von Inhaber und Leitung im vorliegenden Fall aufgrund eines Dekrets des zuständigen Bürgermeisters erfolgte, der Anwendbarkeit der Richtlinie an und für sich nicht entgegen.
30. In der Rechtssache Spijkers(9) hat der Gerichtshof das entscheidende Kriterium für das Vorliegen eines relevanten Übergangs darin gesehen, dass ein Übergang einer wirtschaftlichen Einheit vorliegt, die ihre Identität bewahrt. Nach diesem Urteil, dessen Wortlaut in allen späteren Entscheidungen wieder aufgegriffen wurde, „müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang oder Nichtübergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit.“ Alle diese Umstände sind gleichwohl „nur Teilaspekte der vorzunehmenden globalen Bewertung … [die] deshalb nicht isoliert beurteilt werden können“(10).
31. Die Liste von Kriterien, die der Gerichtshof in der Rechtssache Spijkers aufgestellt hat, hat sich über die Jahre bewährt. Zu berücksichtigen sind jedoch die Art des übergehenden Unternehmens und das unterschiedliche Gewicht, das den Kriterien notwendigerweise je nach der ausgeübten Tätigkeit und den angewandten Produktions- oder Betriebsmethoden zukommt(11). Seit seiner Entscheidung in der Rechtssache Schmidt(12) aus dem Jahr 1994 hatte der Gerichtshof vielfach Gelegenheit, im Einzelnen zu Fragen Stellung zu nehmen, die sich bei Übertragungen im Zusammenhang mit fremdvergebenen Leistungen wie solchen des Ausgangsverfahrens stellen. Aus der Rechtsprechung zu diesem Problemkreis lassen sich die folgenden Grundsätze ableiten.
32. Zunächst ist geklärt, dass ein relevanter Übergang auch vorliegen kann, wenn der Erwerber eine öffentliche Einrichtung ist(13) oder wenn der Übergang Dienstleistungen umfasst, deren Ausführung einem privaten Unternehmen übertragen worden ist(14). Die Richtlinien über erworbene Ansprüche sind auch dann anwendbar, wenn der in Frage stehende Tätigkeitsbereich unter den allgemeinen Tätigkeitsbereichen des veräußernden Unternehmens nur von untergeordneter Bedeutung ist und nicht in einem Zusammenhang mit dem Unternehmenszweck steht(15).
33. Weiterhin ist ein relevanter Übergang auch nicht ausgeschlossen, wenn der Übergang die Rückübertragung von Dienstleistungen durch eine Behörde auf ihre eigenen Dienststellen umfasst, nachdem diese Leistungen aufgrund der Fremdvergabe von einem oder mehreren privaten Unternehmen für diese Behörde erbracht worden waren(16). Dies gilt gleichermaßen auch für den Fall, dass es sich um eine nicht gewinnorientierte Tätigkeit handelt. Insoweit ist geklärt, dass es sich auch bei einer solchen Tätigkeit um eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Richtlinien über erworbene Ansprüche handeln kann(17).
34. Der Gerichtshof hat ferner auch anerkannt, dass im Zusammenhang mit fremdvergebenen Tätigkeiten das in der Rechtssache Spijkers aufgestellte Erfordernis der Berücksichtigung einer Übertragung von materiellen Vermögensgegenständen des Betriebs unrealistisch sein kann. Dies hat einen einfachen Grund. Betriebe, die derartige Geschäftsaktivitäten betreiben, verfügen möglicherweise nämlich über keine Vermögensgegenstände oder nur in einem Umfang, der im Verhältnis zu ihrer gesamten Geschäftstätigkeit vernachlässigenswert ist. Daher hat der Gerichtshof in der Rechtssache Schmidt die Schlussfolgerung zurückgewiesen, dass „ohne eine solche Übertragung [materieller Vermögensgegenstände] kein Unternehmensübergang gegeben sein kann“(18). Diese Rechtsprechung setzte der Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache Süzen(19) mit der Feststellung fort: „Da eine wirtschaftliche Einheit insoweit in bestimmten Branchen ohne relevante materielle oder immaterielle Betriebsmittel tätig sein kann, kann die Wahrung der Identität einer solchen Einheit über ihren Übergang hinaus nicht von der Übertragung von Betriebsmitteln abhängen.“(20)
35. Dies bedeutet nicht, dass in jedem Fall eines Übergangs fremdvergebener Leistungen die Vermögensgegenstände unerheblich wären. Damit der in Nr. 33 umrissene Grundsatz Anwendung finden kann, müssen die betreffenden Dienstleistungen arbeitsintensiv sein. Umgekehrt führt bei Tätigkeiten von Dienstleistungserbringern, die in erheblichem Umfang den Einsatz von Material und Einrichtungen erfordern und nicht als Tätigkeiten angesehen werden können, für die es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, die Tatsache, dass solche Vermögensgegenstände nicht in nennenswertem Umfang übergehen, zu der Schlussfolgerung, dass die übergehende Einheit ihre Identität nicht bewahrt(21).
36. Desgleichen muss es sich bei der übergehenden Einheit jedenfalls um eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit, d. h. eine „strukturierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung“ handeln(22).
37. Wenn allerdings die für die Tätigkeit des betroffenen Betriebs oder Unternehmens eingesetzten Betriebsmittel vom Auftraggeber zunächst dem ursprünglichen Erbringer der Dienstleistung und später aufgrund der für den Übergang getroffenen Regelung dem Erwerber überlassen werden, schließt dies das Vorliegen eines relevanten Übergangs nicht aus(23). Es ist nicht notwendig, dass die betreffenden Betriebsmittel dem Auftragnehmer zur „eigenwirtschaftlichen Nutzung“ überlassen werden, weder vor noch nach dem Übergang(24).
38. Die Tatsache, dass die gesamte, dem jeweiligen Betrieb oder Unternehmen zugeordnete Belegschaft im Rahmen des Übergangs mit wechselt, kann als relevantes Kriterium zu berücksichtigen sein, insbesondere wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um wahrscheinlich arbeitsintensive Tätigkeiten handelt. Auch hier kann dieses Kriterium jedoch nicht ausschlaggebend sein(25).
39. Ich sollte jedoch auch klarstellen, dass es bei den (gegebenenfalls) in dem betreffenden Betrieb genutzten Betriebsmitteln nur auf die Betriebsanlagen, Maschinen oder Ausrüstung ankommt, die tatsächlich auch Verwendung finden, um die in Frage stehenden Dienstleistungen zu erbringen. Entgegen der Ansicht der spanischen Regierung, die in ihren Erklärungen zum Ausdruck kommt, ist hier völlig ohne Bedeutung, dass im Ausgangsfall keine Vermögensgegenstände übergegangen sind, auf die die Dienstleistungen gerichtet waren, also z. B. Schulgebäude, Straßen, Parks und öffentliche Grünanlagen.
40. Es ist Sache des nationalen Gerichts und nicht des Gerichtshofs, die notwendige Sachverhaltswürdigung im Licht dieser Kriterien vorzunehmen und festzustellen, ob ein relevanter Übergang vorliegt. Wenn und soweit das nationale Gericht eine solche Würdigung noch nicht vorgenommen hat, muss es dies tun, bevor es die im weiteren Teil der Schlussanträge behandelten Fragen aufgreift.
Der Begriff „Selbständigkeit“ nach Art. 6 der Richtlinie 2001/23
41. Während der Begriff „Übergang“ nach Art. 1 der Richtlinien über erworbene Ansprüche Gegenstand einer umfänglichen Rechtsprechung war, ist dies das erste Mal, dass der Gerichtshof um eine Stellungnahme zur Auslegung des Begriffs „Selbständigkeit“ im Zusammenhang mit Fragen der Arbeitnehmervertretung nach Art. 6 der der Richtlinie 2001/23 gebeten wird.
42. Zweifellos kommt der Rolle der Arbeitnehmervertretung bei der Anwendung der Richtlinien über erworbene Ansprüche und darüber hinaus auch in der Sozialpolitik der Europäischen Union grundsätzlich ein großes Gewicht zu. Diese Vertretung ist von wesentlicher Bedeutung für die „Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer“ im Sinne von Art. 137 EG und ein integraler Bestandteil des „sozialen Dialogs“ im Sinne von Art. 136 EG(26).
43. Die Richtlinien über erworbene Ansprüche sind auch nicht die einzigen sekundären Rechtsvorschriften des Gemeinschaftsrechts, in denen die Wichtigkeit dieser Rolle deutlich wird. Insbesondere regelt die Richtlinie 2002/14 die Unterrichtung und Anhörung auf der geeigneten Ebene über „die jüngste Entwicklung und die wahrscheinliche Weiterentwicklung der Tätigkeit und der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens“, „zu Beschäftigungssituation, Beschäftigungsstruktur und möglicher Beschäftigungsentwicklung im Unternehmen … sowie zu gegebenenfalls geplanten antizipativen Maßnahmen, insbesondere bei einer Bedrohung für die Beschäftigung“, und „zu Entscheidungen, die wesentliche Veränderungen der Arbeitsorganisation oder der Arbeitsverträge mit sich bringen können …“(27). Art. 4 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie stellt klar, dass sich eine solche Unterrichtung und Anhörung auch auf die in der Richtlinie 2001/23 geregelten Bereiche erstrecken(28).
44. Die Wichtigkeit der Arbeitnehmervertretung spiegelt sich auch in der Rechtsprechung des Gerichtshofs wider. In der Rechtssache Maurissen(29) hat der Gerichtshof festgestellt, dass „die Vereinigungsfreiheit … ein allgemeiner Grundsatz des Arbeitsrechts“ ist(30). In der Rechtssache Kommission/Vereinigtes Königreich(31) hat der Gerichtshof entschieden, dass die Mitgliedstaaten die Verpflichtung haben, dafür Sorge zu tragen, dass ihre nationalen Rechtsordnungen die Bestellung von Arbeitnehmervertretern im Sinne der Vorschriften über die Unterrichtung und Anhörung zum Übergang eines Unternehmens nach Art. 6 der Richtlinie 77/187 (nunmehr Art. 7 der Richtlinie 2001/23) vorsehen(32).
Die Anwendung der Richtlinie 2001/23 auf ein übergegangenes Unternehmen
45. Die Richtlinie 2001/23 ist auf einen Übergang nur anwendbar, wenn das Unternehmen bzw. der Betrieb oder Betriebsteil, die übergehen, nach den in den vorstehenden Nrn. 26 bis 39 wiedergegebenen Kriterien seine Identität unmittelbar nach dem Übergang bewahrt. Die Richtlinie verlangt dabei also nicht, dass das übergehende Unternehmen gewissermaßen für die Ewigkeit konserviert wird. Sie stellt lediglich bestimmte konkrete Vorschriften auf, die der neue Arbeitgeber zum Schutz der Rechte der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer zu beachten hat.
46. Die vom neuen Arbeitgeber an der übertragenden Einheit vorgenommenen Veränderungen können rein kosmetischer Natur sein. In diesen Fällen wird ihre Wirkung auf die jeweilige Belegschaft wahrscheinlich allenfalls geringfügig sein. In anderen Fällen kann die Wirkung von Veränderungen tiefgreifender sein. Ein Arbeitgeber, der soeben im Rahmen eines relevanten Übergangs ein Unternehmen übernommen hat, wird möglicherweise erhebliche Restrukturierungen vornehmen wollen. Solche Maßnahmen des neuen Arbeitgebers können für die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer von erheblichem Interesse oder sogar Anlass zur Sorge sein. Unter diesen Umständen kommt der Rolle der Arbeitnehmervertreter eine große, möglicherweise fundamentale Bedeutung zu(33). Von wesentlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/23, der den neuen Arbeitgeber für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr ab Übergang an die in einem Kollektivvertrag vereinbarten und für die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer geltenden Arbeitsbedingungen bindet.
47. Vor diesem allgemeinen Hintergrund ist der Ausdruck des seine Selbständigkeit behaltenden Unternehmens oder Betriebs in Art. 6 der Richtlinie auszulegen.
Sind die Begriffe „Identität“ nach Art. 1 Abs. 1.b und „Selbständigkeit“ nach Art. 6 der Richtlinie 2001/23 gleich auszulegen?
48. Die spanische Regierung macht geltend, der Begriff der „Selbständigkeit“ in Art. 6 der Richtlinie 2001/23 sei in der Auslegung als in seiner Bedeutung gleichwertig oder deckungsgleich anzusehen mit dem Begriff eines Übergangs, in dem die übergehende wirtschaftliche Einheit „ihre Identität bewahrt“ und der also ein relevanter Übergang im Sinne von Art. 1 sei.
49. Ich kann dieser Auffassung nicht folgen.
50. Aus dem Wortlaut des Art. 6 ergibt sich eindeutig, dass das, was unter „Selbständigkeit“ in Art. 6 einerseits und „Identität“ in Art. 1 andererseits zu verstehen ist, nicht das Gleiche sein kann. Anderenfalls ergäbe weder der Wortlaut der Einleitung des ersten Unterabsatzes von Art. 6 Abs. 1 („[s]ofern das Unternehmen, der Betrieb oder der Unternehmens- bzw. Betriebsteil seine Selbständigkeit behält“(34)) noch die Bezugnahme im vierten Unterabsatz von Art. 6 Abs. 1 auf den Fall, dass ein Unternehmen seine Selbständigkeit nicht behält, einen Sinn(35).
51. Es ist offenkundig, dass sich die Frage, ob ein Unternehmen seine Selbständigkeit im Sinne von Art. 6 behalten hat, erst stellt, nachdem festgestellt worden ist, dass ein relevanter Übergang im Sinne von Art. 1 vorliegt.
52. Daraus folgt, dass der Begriff „Selbständigkeit“ eine eigene Auslegung erfahren muss. Er kann nicht lediglich dahin ausgelegt werden, dass er die gleiche Bedeutung hat wie der Begriff „Identität“ im Sinne von Art. 1 Abs. 1.b.
53. Einmal angenommen, ein Unternehmen ist übertragen worden und hat seine Identität bewahrt (so dass also ein relevanter Übergang im Sinne von Art. 1 Abs. 1.b in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1.a vorliegt): Was geschieht als Nächstes? Meines Erachtens gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten. Nach dem Übergang kann die übertragene Einheit aufgelöst werden und im Betrieb des Erwerbers aufgehen. Alternativ kann sie innerhalb des Unternehmens des Erwerbers als identifizierbare Einheit weiter betrieben werden.
54. Vor diesem Hintergrund ist meines Erachtens die Frage der Definition der „Selbständigkeit“ in Art. 6 anzugehen. Dabei muss allerdings die Auslegung, der man den Vorzug geben möchte, auch die wesentliche Bedeutung widerspiegeln, die der Arbeitnehmervertretung funktionell innerhalb eines Unternehmens oder Betriebs zukommt(36). Sie muss die Ziele der Richtlinie 2001/23 widerspiegeln, wonach die „Arbeitsbedingungen“ (in der allgemeinen Bedeutung dieses Begriffs) der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer, soweit dies möglich und durchführbar ist, von dem Übergang unberührt bleiben. Sie muss aber auch die betriebliche Realität im Hinblick darauf widerspiegeln, dass nach dem Übergang der neue Arbeitgeber organisatorische Veränderungen vornehmen kann. Somit ist die Beibehaltung einer gesonderten Arbeitnehmervertretung der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer als ein Mittel zur Vertretung der Interessen der Belegschaft möglicherweise nicht mehr sachgerecht oder angemessen.
55. In ihrem Memorandum aus dem Jahr 1997(37) führt die Kommission aus, dass das Erfordernis der Eigenständigkeit erfüllt sei, wenn das vom Übergang betroffene Unternehmen „als getrennte Betriebseinheit bestehen bleibt, statt in einer komplexeren Struktur aufzugehen“(38). Einen fast identischen Ansatz hat die Kommission in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007 gewählt(39), in dem sie folgende Formulierung verwendet: „als gesonderte Betriebseinheit bestehen bleibt und nicht in einer komplexeren Betriebsstruktur aufgeht“(40).
56. In ihren schriftlichen Erklärungen im vorliegenden Fall schlägt die Kommission eine etwas ausführlichere Prüfung vor. Unter Bezug auf das Urteil Klarenberg(41) trägt sie vor, dass bei der Prüfung, ob eine Einheit ihre Selbständigkeit behalten habe, darauf abzustellen sei, ob sie nach dem Übergang die konkrete Organisationsstruktur behalte, die der Veräußerer den verschiedenen übertragenen Produktionsfaktoren gegeben habe. Umgekehrt behalte eine Einheit ihre Selbständigkeit nicht, wenn trotz Beibehaltung der funktionellen Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren (wobei eine solche Verknüpfung Voraussetzung sei, damit die übertragene Einheit ihre Identität nach dem Übergang bewahre) diese Produktionsfaktoren nach dem Übergang in eine neue, andere Organisationsstruktur eingegliedert würden.
57. Die Kommission macht geltend, dass dieser Ansatz im Einklang mit den Zielen stehe, die Art. 6 zugrunde lägen. Diese Vorschrift mache die Fortführung des Mandats und der Aufgaben der Arbeitnehmervertreter von der Beibehaltung der Selbständigkeit der Einheit abhängig, weil im Fall des Verlusts dieser Selbständigkeit die betroffenen Arbeitnehmer sich in der Organisation des Erwerberunternehmens mit der bestehenden Belegschaft vermischten, die vermutlich bereits über eine eigene Arbeitnehmervertretung verfüge. Es sei offensichtlich „sinnlos, kontraproduktiv und konfliktträchtig“, verschiedene Vertreter für Arbeitnehmer zu haben, die die gleichen Tätigkeiten leisteten und ähnliche Funktionen hätten. Ebenso offensichtlich sei allerdings, dass ein bloßer Wechsel der für das Unternehmen letztlich verantwortlichen Personen nicht zu Problemen dieser Art führe. Dies würde also eine Beendigung der Mandate der betroffenen Vertreter nicht rechtfertigen.
58. Die Kommission macht auch geltend, dass die von ihr vorgeschlagene Auslegung notwendig sei, um dem ersten Unterabsatz von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 zu praktischer Wirksamkeit zu verhelfen. Schließlich sei ein Unternehmensübergang fast immer von einem Wechsel der Personen begleitet, die letztlich verantwortlich seien.
59. Ich stimme der Ansicht der Kommission zu, allerdings mit einer wichtigen Einschränkung. Meines Erachtens ist es wesentlich, dass die anzuwendenden Kriterien die organisatorische Wirklichkeit der betreffenden Einheit nach dem Übergang berücksichtigen. Änderungen rein kosmetischer Art werden diese Wirklichkeit nicht beeinträchtigen. Dies gilt ebenso für geringfügige Änderungen, die die Organisationsstruktur in ihrer Substanz nicht wesentlich beeinträchtigen. Wenn jede Art von Änderung, gleich ob kosmetisch oder geringfügig, als ausreichend anzusehen wäre, um die Selbständigkeit einer übergehenden Einheit in Frage zu stellen, wäre es für jeden gewissenlosen Arbeitgeber ein Leichtes, zu verhindern, dass die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer ihre Vertretung beibehielten. Dies liefe dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2001/23 zuwider.
60. Die spanische Regierung macht ihrerseits geltend, bei der Prüfung, ob die Selbständigkeit nach dem Übergang erhalten bleibe, sei ein zu berücksichtigendes Kriterium die Identität der Belegschaft, die die betreffenden Arbeitnehmervertreter gewählt habe. Mit diesem Argument ist meines Erachtens mit anderen Worten gemeint, dass die Annahme, dass die Selbständigkeit beibehalten worden sei, begründet sei, wenn eine identifizierbare Gruppe von Arbeitnehmern vor dem Übergang ein Gremium von Arbeitnehmervertretern gewählt habe und diese Gruppe nach dem Übergang als eine abgrenzbare Einheit fortbestehe.
61. Ich stimme dem insoweit zu, als ein solches Kriterium in der Praxis sinnvoll sein kann, wenn es umsichtig angewandt wird. Verfehlt wäre etwa, eine völlige Identität zu fordern. Der spanischen Regierung zufolge beträgt die Amtszeit der Arbeitnehmervertreter nach den nationalen Rechtsvorschriften über die Dauer der Mandate der Arbeitnehmervertreter vier Jahre(42). In der Realität wird sich die Zusammensetzung der betreffenden Gruppe von Arbeitnehmern wahrscheinlich in vielen Fällen bereits bis zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs, wenn nicht über den Grad der Wiedererkennbarkeit hinaus, so doch wenigstens erheblich, verändert haben.
62. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen lässt sich die von dem nationalen Gericht vorgelegte konkrete Frage, welche Bedeutung dem Begriff „Selbständigkeit“ in Art. 6 der Richtlinie 2001/23 zukommt, hinlänglich beantworten. Um dem nationalen Gericht jedoch eine verwertbare Antwort zu geben und die verschiedenen, von der spanischen Regierung vorgebrachten Gesichtspunkte angemessen zu würdigen, ist eine Gesamtbetrachtung des Art. 6 erforderlich, insbesondere unter welchen Umständen die Arbeitnehmervertretung nach einem relevanten Übergang bestehen bleiben soll und, wenn sie bestehen bleibt, zu welchen Bedingungen dies geschieht.
Der Aufbau von Art. 6
63. Art. 6 der Richtlinie 2001/23 besteht aus fünf Teilen (die ersten vier bilden die Unterabsätze von Art. 6 Abs. 1 und der fünfte Art. 6 Abs. 2). Der erste Teil findet Anwendung, wenn das Unternehmen nach dem Übergang seine Selbständigkeit behält. In diesem Fall bleiben „die Rechtsstellung und die Funktion der Vertreter oder der Vertretung der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer unter den gleichen Bedingungen erhalten, wie sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs aufgrund von Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder aufgrund einer Vereinbarung bestanden haben“ (erster Unterabsatz von Art. 6 Abs. 1). Mit anderen Worten gilt, wenn das Unternehmen seine Selbständigkeit behält, der Status quo fort. Die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer werden nach diesem Übergang weiterhin genauso vertreten, wie sie vor dem Wirksamwerden des Übergangs gemäß den für die Arbeitnehmervertretung geltenden nationalen Rechtsvorschriften vertreten worden sind.
64. Dieser Teil der Vorschrift gilt jedoch mit zwei Ausnahmen. Die erste folgt aus dem ersten Unterabsatz von Art. 6 Abs. 1 selbst, nämlich aus der Formulierung „sofern die Bedingungen für die Bildung der Arbeitnehmervertretung erfüllt sind“. Auf diese Ausnahme komme ich später zurück(43).
65. Der zweite Teil bildet ebenfalls eine Ausnahme zum ersten Teil. Dieser zweite Teil findet Anwendung, wenn nach den einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts oder der Praxis des betreffenden Mitgliedstaats oder aufgrund der Bestimmungen einer Vereinbarung mit den betroffenen Arbeitnehmervertretern „die Bedingungen für die Neubestellung der Vertreter der Arbeitnehmer oder die Neubildung der Vertretung der Arbeitnehmer erfüllt sind“ (zweiter Unterabsatz von Art. 6 Abs. 1). In diesem Fall finden die Vorschriften des ersten Unterabsatzes keine Anwendung. Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Wenn die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer von neu bestellten Arbeitnehmervertretern vertreten werden, besteht keine Notwendigkeit mehr, die Rechtsstellung und Funktion ihrer vormaligen Vertreter zu erhalten. Damit entfällt der gesetzgeberische Zweck, der dem ersten Unterabsatz zugrunde liegt.
66. Der dritte Teil betrifft nur Fälle der Insolvenz des Erwerbers. In diesem Fall „können“ die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer angemessen vertreten sind, bis nach dem Übergang neue Vertreter gewählt oder benannt sind (dritter Unterabsatz von Art. 6 Abs. 1). Da Fragen der Insolvenz im Ausgangsverfahren keine Rolle spielen, werde ich diese hier nicht weiter erörtern.
67. Der vierte Teil findet Anwendung, wenn das übergehende Unternehmen, der Betrieb oder der Unternehmens- bzw. Betriebsteil, die übergehen, seine Selbständigkeit nicht behält. In diesem Fall sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer, die vor dem Übergang vertreten wurden, während des Zeitraums, der zur Neubildung der Arbeitnehmervertretung oder Neubenennung ihrer Vertreter erforderlich ist, weiterhin angemessen vertreten werden (vierter Unterabsatz von Art. 6 Abs. 1).
68. Soweit ist der Aufbau von Art. 6 klar. Abgesehen von Fällen der Insolvenz sollen in jedem Fall eines relevanten Übergangs die davon betroffenen Arbeitnehmer nach dem Übergang vertreten sein. Die Arbeitnehmervertretung kommt zustande durch i) die „Übertragung“ der bestehenden Vertretung dieser Arbeitnehmer (wenn das Unternehmen seine Selbständigkeit behält und die Voraussetzungen für eine neue Vertretung nicht gegeben sind) oder ii) (wenn diese Voraussetzungen gegeben sind) durch die Wahl einer neuen Arbeitnehmervertretung oder iii) (wenn das Unternehmen seine Selbständigkeit nicht behält) als „Übergangslösung“, bei der die Arbeitnehmer für den Zeitraum weiterhin angemessen vertreten werden, der für die Neubildung einer Vertretung oder die Neubenennung von Vertretern erforderlich ist.
69. In bestimmten Fällen ist jedoch ein gewissermaßen niedrigeres Schutzniveau vorgesehen.
70. Der fünfte Teil betrifft den Fall des Art. 6 Abs. 2. Diese Regelung findet Anwendung, wenn „aufgrund des Übergangs“ das Mandat der Arbeitnehmervertreter erlischt. In diesem Fall sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sicherzustellen, dass für die Vertreter der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer weiterhin die nach den Vorschriften des nationalen Rechts und der Praxis des Mitgliedstaats vorgesehenen Schutzmaßnahmen gelten. Ein Beispiel für einen möglichen Anwendungsfall dieser Vorschrift ist die Ausnahme gemäß Art. 6 Abs. 1, wonach die Übertragung der Arbeitnehmervertretung davon abhängig ist, dass „die Bedingungen für die Bildung der Arbeitnehmervertretung erfüllt sind“.
71. Diese Vorschrift ist notwendig, weil das Arbeitsrecht der Mitgliedstaaten durch die Richtlinien über erworbene Ansprüche nur teilweise harmonisiert werden soll (oder sollte)(44). Angesichts der großen Unterschiede im einschlägigen Recht und in der Praxis der Mitgliedstaaten wäre etwas anderes nicht erreichbar gewesen. Dies kommt z. B. auch im fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/86(45) zum Ausdruck, der auf die in den „Mitgliedstaaten [bestehende] Vielfalt an Regelungen und Gepflogenheiten für die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter an der Beschlussfassung in Gesellschaften“ hinweist.
72. Die Richtlinie 2001/23 findet also auf verschiedene Sachverhalte in unterschiedlicher Weise Anwendung – insbesondere wenn, wie hier, eine an dem Übergang beteiligte Partei eine öffentliche Einrichtung ist. So wurde der Gerichtshof in der Rechtssache Mayeur gebeten, zu einem Fall Stellung zu nehmen, in dem Tätigkeiten auf einen öffentlichen Arbeitgeber übertragen wurden, was zur Kündigung des Klägers im Ausgangsverfahren führte. Der Gerichtshof entschied, dass die Richtlinie auf den Übergang anwendbar ist. Er hielt jedoch Bestimmungen des nationalen Rechts, wonach Arbeitsverträge bei einem Übergang von einem privaten auf einen öffentlichen Arbeitgeber endeten, nicht ohne Weiteres für unvereinbar mit der Richtlinie 77/187. Stattdessen entschied er, dass jede aufgrund dieser gesetzlichen Regelung erfolgende Kündigung eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen nach den nunmehr in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/23 enthaltenen Bestimmungen darstellt, so dass in solchen Fällen davon auszugehen ist, dass diese Kündigungen von dem neuen, öffentlichen Arbeitgeber ausgesprochen worden sind(46).
73. In ähnlicher Weise verwies der Gerichtshof in der Rechtssache Delahaye(47) in einem Fall der Kürzung der Vergütung eines Arbeitnehmers aufgrund von Vorschriften des nationalen Rechts, die dies bei einem Übergang von einem privaten Arbeitgeber auf einen Arbeitgeber des öffentlichen Sektors vorsahen, zunächst darauf, dass die Richtlinie 77/187 der Anwendung einer Vorschrift des nationalen Rechts nicht entgegensteht, die die Beendigung eines privatrechtlichen Arbeitsvertrags für den Fall des Übergangs der Tätigkeit auf eine juristische Person des öffentlichen Rechts vorsieht, und stellte dann fest, dass dies ebenso für die Anwendung von Vorschriften des nationalen Rechts gilt, die die Rechtsstellung von Staatsbediensteten regeln und zu einer Reduzierung der Vergütung der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer führen(48).
74. Ebenso wie die Richtlinie 2001/23 Vorschriften des nationalen Rechts nicht unbedingt entgegensteht, die zu einer Kürzung der Vergütung von Arbeitnehmern infolge eines relevanten Übergangs oder sogar zur Kündigung des Arbeitnehmers vorbehaltlich bestimmter Schutzbestimmungen führen, schließt die Richtlinie auch nicht von vornherein die Anwendung solcher Vorschriften des nationalen Rechts aus, die unmittelbar oder mittelbar eine „Übertragung“ der Arbeitnehmervertretungsregelung verhindern. Dies ist z. B. in einigen nationalen Rechtsordnungen der Fall, in denen es unterschiedliche Vorschriften für Arbeitnehmervertretungen im öffentlichen Sektor und im privaten Sektor gibt. Darauf zielt die Ausnahmeregelung am Ende des ersten Unterabsatzes von Art. 6 Abs. 1 ab.
75. Dies bedeutet natürlich nicht, dass die betroffenen Arbeitnehmer in solchen Fällen völlig schutzlos gestellt werden. Dies wird durch Art. 6 Abs. 2 verhindert. Aber die Frage, welcher Schutz den Arbeitnehmern gegebenenfalls zuteil wird und ob die einschlägigen Vorschriften Anwendung finden, ist Sache des nationalen Rechts bzw. der Rechtspraxis der Mitgliedstaaten.
76. Zwei weitere Argumentationslinien der spanischen Regierung bleiben zu erörtern.
Duale Vertretung der Arbeitnehmerschaft
77. Zunächst bringt die spanische Regierung vor, dass eine Auslegung des Begriffs „Selbständigkeit“ in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23, die im vorliegenden Fall zu einer Aufrechterhaltung der bestehenden Arbeitnehmervertretung führen würde, eine Form der „dualen Vertretung“ innerhalb der Belegschaft des neuen Arbeitgebers entstehen lassen würde. Da die bestehende Belegschaft bereits angemessen vertreten werde, schaffe dies ein ernstes praktisches Problem. Ein solches Ergebnis sei daher nicht annehmbar.
78. Wenn und soweit der erste Unterabsatz von Art. 6 Abs. 1 auf den tatsächlichen Fall Anwendung findet, ist eine solche duale Vertretung eine unausweichliche Folge der Anwendung dieser Bestimmung und muss vom Arbeitgeber schlicht hingenommen werden.
79. Wenn allerdings aufgrund der wahren Lage die Bestimmungen des zweiten oder vierten Unterabsatzes des Art. 6 Abs. 1 oder des Art. 6 Abs. 2 Anwendung finden, wird das Problem der dualen Arbeitnehmervertretung entweder gar nicht relevant oder, wenn doch, jedenfalls von relativ kurzer Dauer sein.
80. Das erste Vorbringen der spanischen Regierung ist daher zurückzuweisen.
Diskriminierung und Gleichbehandlungsgrundsatz, Vereinigungsfreiheit und notwendige Berücksichtigung der Interessen des Erwerbers
81. Zweitens bringt die spanische Regierung vor, dass im vorliegenden Fall die Annahme eines Erhalts der Selbständigkeit zu einer Diskriminierung der Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsvertreter der bestehenden Belegschaft des neuen Arbeitgebers führe. Wenn aufgrund des Übergangs keine neuen Wahlen stattfänden, ergebe sich ein organisatorisches Ungleichgewicht innerhalb des neuen Arbeitgebers, wodurch nicht nur die in diesem Unternehmen bereits vertretene Gewerkschaft benachteiligt werde, sondern auch die rechtmäßigen Vertreter dieses Teils der Belegschaft. Ein solches Ungleichgewicht widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz und beeinträchtige die gesetzmäßigen Vertreter der bestehenden Belegschaft der Gemeindeverwaltung in ihrer Vereinigungsfreiheit. Darüber hinaus werde bei einem solchen Ergebnis nicht auf die dem neuen Arbeitgeber entstehenden wirtschaftlichen Nachteile Rücksicht genommen, die sich daraus ergäben, dass den Vertretern der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer die im Vorlagebeschluss so bezeichneten „Zeitguthaben für Vertretungsaufgaben“ eingeräumt werden müssten(49).
82. Ich kann diesen Argumenten nicht folgen.
83. Richtig ist, dass die Anwendung des ersten Unterabsatzes von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 auf die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer in gewissem Maße zu einem, wie es die spanische Regierung bezeichnet, „organisatorischen Ungleichgewicht“ innerhalb des Betriebs des neuen Arbeitgebers führen kann. In der Tat kann sich die Übertragung der Vertretung jener Arbeitnehmer dahin auswirken, dass zu den administrativen Belastungen, die mit der Vertretung der bereits bestehenden Belegschaft des Arbeitgebers verbunden sind, weitere Belastungen hinzukommen.
84. Diese Wirkung ist jedoch im Gesamtzusammenhang der Richtlinie 2001/23 zu betrachten, deren vorrangiges Ziel, wie ich schon dargelegt habe, darin besteht, die Rechte von Arbeitnehmern im Fall eines Wechsels des Arbeitgebers dadurch zu gewährleisten, dass ihnen die Möglichkeit eingeräumt wird, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart worden sind(50).
Aufgrund der Richtlinie werden als Folge des Übergangs nicht nur Rechte auf dem Gebiet der Arbeitnehmervertretung, sondern auch die vertraglichen Arbeitsbedingungen der Belegschaft der übergehenden Einheit in das neue Arbeitsverhältnis übernommen. Diese Arbeitsbedingungen können (insgesamt oder teilweise) besser oder schlechter sein als diejenigen der bestehenden Belegschaft des neuen Arbeitgebers. Es ist unvermeidlich, dass es hier wahrscheinlich zu einem gewissen Ungleichgewicht kommen wird. Dies folgt aber nicht etwa aus einer Rechtswidrigkeit des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23, sondern aus der Richtlinie insgesamt.
85. Zu dem Vorbringen hinsichtlich angeblicher Diskriminierung und Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist darauf zu verweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. das Diskriminierungsverbot verlangt, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist(51).
86. Zur Frage der Vergleichbarkeit hat der Gerichtshof entschieden, dass alle den betreffenden Sachverhalt kennzeichnenden Aspekte zu berücksichtigen sind(52). Die entsprechenden Merkmale und somit deren Vergleichbarkeit „sind u. a. im Licht des Ziels und des Zwecks der Gemeinschaftsmaßnahme, die die fragliche Unterscheidung einführt, zu bestimmen und zu beurteilen“(53).
87. Hier ergibt sich eine solche mögliche Unterscheidung aus dem Kontext, in dem die Richtlinie 2001/23 anzuwenden ist, und ihrem vorrangigen Ziel. In diesem Kontext gibt es meines Erachtens keine Diskriminierung und keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die beiden Gruppen von betroffenen Arbeitnehmern befinden sich nach der geltenden gemeinschaftsrechtlichen Regelung nicht in einer vergleichbaren Situation. Die Anwendung dieser Regelung führt hier zu zwei verschiedenen Situationen innerhalb desselben Unternehmens. In der ersten Situation befinden sich die neuen Arbeitnehmer, deren Arbeitsbedingungen durch Gesetz übertragen wurden. Die zweite betrifft die bestehende Belegschaft. Es können zu Recht unterschiedliche Rechtsvorschriften angewandt werden.
88. Selbst wenn die beiden fraglichen Situationen vergleichbar wären, wäre eine Unterscheidung zwischen den beiden meines Erachtens im Licht des Zwecks der Richtlinie 2001/23 objektiv gerechtfertigt, nämlich, soweit dies möglich und praktisch durchführbar ist, zu gewährleisten, dass die neuen Arbeitnehmer aufgrund des Übergangs nicht benachteiligt werden.
89. Zu dem Vorbringen einer Beeinträchtigung der Vereinigungsfreiheit der bestehenden Belegschaft hat der Gerichtshof zwar entschieden, dass dieses Grundrecht ein „allgemeiner Grundsatz des Arbeitsrechts“ ist. Meines Erachtens bietet jedoch die Argumentation der spanischen Regierung in keiner Weise einen Anhaltspunkt dafür, dass dieses Grundrecht unter den dargelegten Umständen wesentlich oder ungerechtfertigt beeinträchtigt ist.
90. Zu dem Vorbringen möglicher Beeinträchtigungen des neuen Arbeitgebers ist zwar festzuhalten, dass der Gerichtshof anerkannt hat, dass Interessen des Arbeitgebers zu berücksichtigen sein können(54), allerdings kann dieser Gesichtspunkt meines Erachtens nicht zu einem übergeordneten Grundsatz der Auslegung der Richtlinie erhoben werden, der dem klaren Wortlaut ihrer Bestimmungen und deren effet utile zuwiderlaufen würde.
Anwendung auf das Ausgangsverfahren vor dem nationalen Gericht
91. Natürlich ist es Sache des nationalen Gerichts, die in dem Urteil des Gerichtshofs in diesem Verfahren festgelegten Grundsätze insbesondere unter Berücksichtigung der relevanten nationalen Rechtsvorschriften und Rechtspraxis auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anzuwenden.
92. Die folgenden Gesichtspunkte werden allerdings voraussichtlich für die von dem nationalen Gericht vorzunehmende Beurteilung der Selbständigkeit von Bedeutung sein:
– Beibehaltung von Funktionen und Dienstleistungen der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer;
– der Umfang, in dem die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer im Rahmen ihres Einsatzes innerhalb des erwerbenden Unternehmens (hier innerhalb der Gemeindeverwaltung) weiterhin eine abgrenzbare Einheit bilden;
– der Umfang, in dem die unmittelbaren Vorgesetzten dieser Arbeitnehmer weiterhin dieselben sind;
– der Umfang, in dem die wahlberechtigte Arbeitnehmerschaft, die die betreffenden Arbeitnehmervertreter ernannt hat, weiterhin dieselbe ist (wobei dieses Kriterium aus den oben in Nr. 61 genannten Gründen nicht zu eng anzuwenden ist);
– der Umfang, in dem erhebliche Restrukturierungsmaßnahmen, die vom Erwerber nach dem Übergang gegebenenfalls durchgeführt worden sind, zu einem Verlust der organisatorischen und finanziellen Unabhängigkeit der übergegangenen Einheit geführt haben.
93. Umgekehrt ist hervorzuheben, dass lediglich geringfügige Restrukturierungsmaßnahmen, die vom Erwerber nach dem Übergang durchgeführt worden sind, vom nationalen Gericht nicht zu berücksichtigen sind. So wäre z. B. eine Verlegung der Arbeitsräume allein, von denen aus die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit verrichten, mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Frage der Beibehaltung der Selbständigkeit nicht bedeutsam. Das Gleiche würde für eine Änderung des Kundenstamms gelten, für den die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer tätig sind.
94. Ein Wechsel der obersten Vorgesetzten der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer ist ebenfalls unerheblich. Wie die Kommission zutreffend bemerkt, ist ein solcher Wechsel nach einem Übergang praktisch unausweichlich.
95. Schließlich hat die spanische Regierung die Ansicht vertreten, dass die Regelung des Art. 67 Abs. 1 des spanischen Statuts der Arbeitnehmer(55) sich dahin auswirke, dass der zweite und nicht der erste Unterabsatz des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 auf die Vertretung der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer anwendbar sei. Möglicherweise führt die Anwendung dieser Vorschriften dazu, dass die „Bedingungen für die Neubestellung der Vertreter der Arbeitnehmer oder die Neubildung der Vertretung der Arbeitnehmer erfüllt sind“. Die Prüfung, ob dies tatsächlich der Fall ist, ist Sache des nationalen Gerichts.
Ergebnis
96. Nach alledem bin ich der Auffassung, dass der Gerichtshof die vom Juzgado de lo Social Único de Algeciras zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage wie folgt beantworten sollte:
Ein Unternehmen, Betrieb oder Unternehmens- oder Betriebsteil behält seine Selbständigkeit im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen, wenn es bzw. er nach dem Übergang die konkrete Organisationsstruktur behält, die der Veräußerer den verschiedenen übertragenen Produktionsfaktoren gegeben hat. Umgekehrt behält eine Einheit ihre Selbständigkeit nicht, wenn trotz der Beibehaltung der funktionellen Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren diese Faktoren nach dem Übergang in eine neue, andere Organisationsstruktur eingegliedert werden. Bei der Anwendung dieses Kriteriums ist die organisatorische Wirklichkeit der betreffenden Einheit nach dem Übergang zu berücksichtigen.
1 – Originalsprache: Englisch.
2 – ABl. L 82, S. 16. Die Richtlinie kodifiziert und ersetzt die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26) (im Folgenden: Richtlinie 77/187), die wiederum durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 geändert wurde (ABl. L 201, S. 88) (im Folgenden: Richtlinie 98/50). Im Folgenden bezeichne ich diese Richtlinien zusammen als: Richtlinien über erworbene Ansprüche.
3 – Siehe unten, Nrn. 48 ff.
4 – Nrn. 20 ff. der Schlussanträge zum Urteil des Gerichtshofs vom 12. Februar 2009, Klarenberg (C‑466/07, Slg. 2009, I‑803).
5 – Siehe insbesondere Urteil des Gerichtshofs vom 10. Februar 1988, Daddy’s Dance Hall (324/86, Slg. 1988, 739, Randnr. 9).
6 – Zur Vereinfachung benutze ich den Begriff „Unternehmen“ hier und im Folgenden auch als Oberbegriff für die Begriffe Betrieb, Unternehmensteil und Betriebsteil und bezeichne einen Übergang, auf den die Richtlinien über erworbene Ansprüche anwendbar sind, als „relevanten Übergang“.
7 – Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 27. November 2008, Juuri (C‑396/07, Slg. 2008, I‑8883, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). Siehe auch Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2001/23.
8 – Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2007, Jouini u. a. (C‑458/05, Slg. 2007, I‑7301, Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
9 – Urteil des Gerichtshofs vom 18. März 1986, Spijkers (24/85, Slg. 1986, 1119).
10 – Randnrn. 11 und 13.
11 – Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 10. Dezember 1998, Hidalgo u. a. (C‑173/96 und C‑247/96, Slg. 1998, I‑8237, Randnr. 31).
12 – Urteil des Gerichtshofs vom 14. April 1994, Schmidt (C‑392/92, Slg. 1994, I‑1311).
13 – Urteil des Gerichtshofs vom 26. September 2000, Mayeur (C‑175/99, Slg. 2000, I‑7755, Randnr. 33), und Art. 1 Abs. 1.c der Richtlinie 2001/23.
14 – Urteil Schmidt, in Fn. 12 angeführt, Randnr. 20.
15 – Ebd., Randnr. 14. Siehe auch Art. 1 Abs. 1.c der Richtlinie 2001/23.
16 – Urteil des Gerichtshofs vom 10. Dezember 1998, Hernández Vidal u. a. (C‑127/96, C‑229/96 und C‑74/97, Slg. 1998, I‑8179, Randnr. 35).
17 – Siehe Urteil Mayeur, in Fn. 13 angeführt, Randnr. 40.
18 – Ebd., Randnr. 16. Es lässt sich kaum ein Übergang eines Unternehmens denken, bei dem noch weniger materielle Vermögensgegenstände als in jenem Fall übertragen werden.
19 – Urteil des Gerichtshofs vom 11. März 1997, Süzen (C‑13/95, Slg. 1997, I‑1259).
20 – Ebd., Randnr. 18.
21 – Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2001, Liikenne (C‑172/99, Slg. 2001, I‑745, Randnrn. 39 und 42).
22 – Siehe Urteil Mayeur, in Fn. 13 angeführt, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung. Siehe auch Art. 1 Abs. 1.b der Richtlinie 2001/23.
23 – Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 20. November 2003, Abler (C‑340/01, Slg. 2003, I‑14023, Randnr. 43).
24 – Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 2005, Güney-Görres und Demir (C‑232/04 und C‑233/04, Slg. 2005, I‑11237, Randnr. 41).
25 – Siehe Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Nr. 10, in der Rechtssache Süzen, in Fn. 19 angeführt. Siehe auch Schlussanträge von Generalanwalt Cosmas, Nr. 80, in der Rechtssache Hernández Vidal u. a., in Fn. 16 angeführt.
26 – Diese Grundsätze kommen u. a. auch in der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer (Sozialcharta) zum Ausdruck, auf deren Art. 7, 17 und 18 der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/23 Bezug nimmt (siehe oben, Nr. 3).
27 – Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 80, S. 29), Art. 4 Abs. 2 Buchst. a, b und c.
28 – Siehe auch die Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (ABl. L 254, S. 64); die Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (ABl. L 294, S. 22) und, der Vollständigkeit halber, die Richtlinie 2003/72/EG des Rates vom 22. Juli 2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (ABl. L 207, S. 25) sowie die Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (ABl. L 225, S. 16).
29 – Urteil des Gerichtshofs vom 18. Januar 1990, Maurissen und Union syndicale/Rechnungshof (C‑193/87 und C‑194/87, Slg. 1990, I‑95).
30 – Ebd., Randnr. 21.
31 – Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juni 1994, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑382/92, Slg. 1994, I‑2435).
32 – Ebd., Randnr. 24.
33 – In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Richtlinie keine Bestimmung enthält, dass vom Übergang betroffenen Arbeitnehmern niemals und unter keinen Umständen gekündigt werden darf; Art. 4 Abs. 1 legt vielmehr ausdrücklich fest, dass „diese Bestimmung … etwaigen Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen, nicht [entgegensteht]“.
34 – Hervorhebung nur hier.
35 – Vgl. dazu Urteil Klarenberg, in Fn. 4 angeführt, Randnr. 50. Aus der Formulierung am Ende des Absatzes ergibt sich eindeutig, dass sowohl die Fälle erfasst werden sollen, in denen die übergehende wirtschaftliche Einheit ihre Selbständigkeit behält (so dass Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 zur Anwendung kommt), als auch jene, in denen sie ihre Selbständigkeit nicht behält (so dass Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 4 zur Anwendung kommt).
36 – Siehe oben, Nrn. 42 bis 44.
37 – Memorandum der Kommission vom 4. März 1997 zu den erworbenen Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen (KOM[97] 85 endg.).
38 – Ziff. 2.7.
39 – Bericht der Kommission vom 18. Juni 2007 über die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 (KOM[2007] 334 endg.).
40 – Meines Erachtens ist die leichte Abweichung im Wortlaut der beiden Kommissionspapiere (jedenfalls in den englischen Fassungen) ohne Bedeutung. Die französischen Fassungen dieser Papiere sind aus praktischen Gründen identisch.
41 – Urteil Klarenberg, in Fn. 4 angeführt, Randnrn. 47 und 48.
42 – Art. 67 Abs. 3 des spanischen Statuts der Arbeitnehmer.
43 – Siehe unten, Nrn. 70 und 74.
44 – Siehe zur Richtlinie 77/187 u. a. Urteil Daddy’s Dance Hall, in Fn. 5 angeführt, Randnr. 16, und Urteil des Gerichtshofs vom 6. November 2003, Martin u. a. (C‑4/01, Slg. 2003, I‑12859, Randnr. 41). Siehe zur Richtlinie 2001/23 Urteil Juuri, in Fn. 7 angeführt, Randnr. 23.
45 – In Fn. 28 angeführt.
46 – Randnr. 56.
47 – Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 2004, Delahaye (C‑425/02, Slg. 2004, I‑10823).
48 – Randnrn. 32 und 33.
49 – Der Kommission zufolge haben nach Art. 68 des spanischen Statuts der Arbeitnehmer Arbeitnehmervertreter monatlich in bestimmtem Umfang Anspruch auf Freistellung zur Erfüllung ihrer Vertretungsaufgaben, wobei sich der zeitliche Umfang nach der Größe des jeweiligen Unternehmens richtet. In Unternehmen mit bis zu 100 Beschäftigten besteht z. B. ein Anspruch auf Freistellung im Umfang von 15 Stunden. In Unternehmen mit mehr als 751 Beschäftigten besteht ein Anspruch auf Freistellung im Umfang von 40 Stunden.
50 – Siehe oben, Nr. 28.
51 – Siehe z. B. Urteile des Gerichtshofs vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA (C‑344/04, Slg. 2006, I‑403, Randnr. 95), und vom 10. Juli 2008, Emirates Airlines (C‑173/07, Slg. 2008, I‑5237, Randnr. 39).
52 – Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (C‑127/07, Slg. 2008, I‑9895, Randnr. 25).
53 – Ebd., Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung.
54 – Urteil des Gerichtshofs vom 9. März 2006, Werhof (C‑499/04, Slg. 2006, I‑2397, Randnr. 31).
55 – Siehe oben, Nr. 9.