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Document 62007TJ0293

    Urteil des Gerichts erster Instanz (Rechtsmittelkammer) vom 18. Dezember 2008.
    Alessandro Lofaro gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Rechtsmittel - Öffentlicher Dienst.
    Rechtssache T-293/07 P.

    Sammlung der Rechtsprechung – Öffentlicher Dienst 2008 I-B-1-00085; II-B-1-00531

    ECLI identifier: ECLI:EU:T:2008:607

    URTEIL DES GERICHTS (Rechtsmittelkammer)
    18. Dezember 2008

    Rechtssache T‑293/07 P

    Alessandro Lofaro

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften

    „Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Bedienstete auf Zeit – Beschwerdefrist – Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde – Eingang bei der Verwaltung – Grundsatz der Rechtssicherheit“

    Gegenstand: Rechtsmittel gegen den Beschluss des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (Dritte Kammer) vom 24. Mai 2007, Lofaro/Kommission (F‑27/06 und F‑75/06, Slg. ÖD 2007, I-A-1-0000 und II-A-1-0000), wegen Aufhebung dieses Beschlusses

    Entscheidung: Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. Alessandro Lofaro trägt seine eigenen Kosten sowie die der Kommission im Rahmen dieses Rechtszugs entstandenen Kosten.

    Leitsätze

    1.      Rechtsmittel – Rechtsmittel gegen die Zurückweisung eines Aufhebungsantrags und die darauf folgende Zurückweisung eines mit diesem Antrag in Zusammenhang stehenden Schadensersatzantrags – Ausschließlich gegen die Zurückweisung des Aufhebungsantrags gerichtete Rechtsmittelgründe – Zulässigkeit des Rechtsmittels als Ganzes

    (Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, Art. 138 § 1)

    2.      Beamte – Klage – Vorherige Verwaltungsbeschwerde – Zeitpunkt der Einlegung

    (Beamtenstatut, Art. 90 § 2)

    3.      Beamte – Klage – Vorherige Verwaltungsbeschwerde – Verpflichtung, bei einer Beschwerde die voraussichtliche Beförderungsdauer zu berücksichtigen

    (Beamtenstatut, Art. 90 § 2)

    4.      Beamte – Klage – Vorherige Verwaltungsbeschwerde – Zeitpunkt der Einlegung – Eingang bei der Verwaltung

    (Beamtenstatut, Art. 90 § 2)

    1.      Trägt der Rechtsmittelführer zur Begründung seines Rechtsmittels, mit dem er die vollständige Aufhebung eines Unzulässigkeitsbeschlusses, in dem gleichzeitig sein Aufhebungsantrag und sein Schadensersatzantrag zurückwiesen wurden, beantragt, nur Rechtsmittelgründe und Argumente vor, die gegen die Begründung der Zurückweisung des Aufhebungsantrags gerichtet sind, so führt dies nicht zur Unzulässigkeit seines Rechtsmittels hinsichtlich des Schadensersatzantrags, sofern dessen Unzulässigkeit im angefochtenen Beschluss nur auf einen im Rechtsmittelverfahren nicht beanstandete engen Zusammenhang mit dem als unzulässig zurückgewiesenen Aufhebungsantrag gestützt wurde.

    (vgl. Randnrn. 17, 18 und 20)

    2.      Für die Beurteilung der Frage, ob eine Beschwerde innerhalb der Frist des Art. 90 § 2 des Statuts eingelegt worden ist, ist auf den Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde beim betreffenden Organ abzustellen. Diese sich aus der Formulierung des Artikels ergebende Auslegung steht im Einklang mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit. Art. 90 § 2 des Statuts – nach dessen Unterabs. 1 „[d]ie Beschwerde ... innerhalb einer Frist von drei Monaten eingelegt werden [muss]“ und nach dessen Unterabs. 2 die Anstellungsbehörde „dem Betreffenden ihre begründete Entscheidung binnen vier Monaten nach dem Tag der Einreichung der Beschwerde [mitteilt]“ – bestimmt nämlich ausdrücklich, dass der Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde auch den Beginn der viermonatigen Frist für die Beantwortung dieser Beschwerde durch das betreffende Organ darstellt.

    Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der verlangt, dass Beginn und Ende der anwendbaren Fristen klar festgelegt und strikt eingehalten werden, verbietet es sich in diesem rechtlichen Rahmen, in Bezug auf die Einlegung der Beschwerde auf zwei unterschiedliche Zeitpunkte abzustellen, d. h. einerseits auf das Datum der Absendung der Beschwerde für die Frage, ob sie fristgerecht eingelegt wurde, und andererseits auf das Datum des Eingangs der Beschwerde beim betreffenden Organ für die Frage, von welchem Zeitpunkt an die Frist für die Beantwortung der Beschwerde läuft.

    Darüber hinaus kann nur das Abstellen auf den Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde den Erfordernissen des Grundsatzes der Rechtssicherheit gerecht werden, der verlangt, dass jede Maßnahme der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfaltet, klar und deutlich ist und dem Betroffenen dergestalt zur Kenntnis gebracht wird, dass er mit Gewissheit den Zeitpunkt erkennen kann, von dem an die Maßnahme besteht und ihre Rechtswirkungen zu entfalten beginnt, insbesondere im Hinblick auf die in den einschlägigen Bestimmungen – im vorliegenden Fall dem Statut – vorgesehenen Klagefristen.

    (vgl. Randnrn. 29 bis 33)

    Verweisung auf: Gerichtshof, 26. November 1981, Michel/Parlament, 195/80, Slg. 1981, 2861, Randnr. 13; Gericht, 25. September 1991, Lacroix/Kommission, T‑54/90, Slg. 1991, II‑749, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung und Randnr. 29; Gericht für den öffentlichen Dienst, 15. Mai 2006, Schmit/Kommission, F‑3/05, Slg. ÖD, I‑A‑1‑9 und II‑A‑1‑33, Randnr. 28

    3.      In Bezug auf die Einhaltung der Beschwerde- und Klagefristen hat der Betroffene alle Sorgfalt aufzuwenden, die von einer Person mit normaler Sachkunde verlangt werden kann. Insbesondere hat er dafür Sorge zu tragen, dass seine Beschwerde innerhalb der vorgeschriebenen Frist eingelegt wird, indem er, wenn er für ihre Übermittlung den Postweg wählt, die voraussichtliche Beförderungszeit berücksichtigt. Die Verpflichtung zu deren Berücksichtigung schließt nicht aus, dass der Betroffene unter außergewöhnlichen Umständen die verspätete Einlegung der Beschwerde gegebenenfalls dadurch rechtfertigen kann, dass er das Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt oder eines entschuldbaren Irrtums nachweist.

    (vgl. Randnrn. 37 und 38)

    Verweisung auf: Gerichtshof, 15. Dezember 1994, Bayer/Kommission, C‑195/91 P, Slg. 1994, I‑5619, Randnr. 32; Gerichtshof, 15. Mai 2003, Pitsiorlas/Rat und EZB, C‑193/01 P, Slg. 2003, I‑4837, Randnr. 24; Gerichtshof, 8. November 2007, Belgien/Kommission, C‑242/07 P, Slg. 2007, I‑9757, Randnr. 29; Gericht, 16. März 1993, Blackman/Parlament, T‑33/89 und T‑74/89, Slg. 1993, II‑249, Randnr. 34; Gericht, 15. März 2007, Belgien/Kommission, T‑5/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 15

    4.      Der Umstand allein, dass die Beförderungsdauer eines Schriftstücks auf dem Postweg je nach Absendeland unterschiedlich ist, bedeutet nicht, dass mit dem Abstellen auf den Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde zwischen den betroffenen Beamten oder sonstigen Bediensteten danach diskriminierend unterschieden würde, in welchem Land sie sich bei Absendung ihrer Beschwerden gerade aufhalten. Für die Einlegung von Verwaltungsbeschwerden durch Beamten gilt nämlich kein Formerfordernis. Da die Übermittlung bei bestimmten Beförderungsarten (wie E-Mail oder Fax) unmittelbar erfolgt, kann das Abstellen auf den Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde Beamte oder sonstige Bedienstete nicht nach Maßgabe des Landes benachteiligen, in dem sie sich bei der Absendung ihrer Beschwerde befinden.

    (Randnrn. 49 und 50)

    Verweisung auf: Gericht, 18. Juni 1996, Vela Palacios/WSA, T‑150/94, Slg. ÖD 1996, I‑A‑297 und II‑877, Randnr. 23

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