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Document 62006CC0195

    Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 24. Mai 2007.
    Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) gegen Österreichischer Rundfunk (ORF).
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundeskommunikationssenat - Österreich.
    Freier Dienstleistungsverkehr - Fernsehtätigkeit - Richtlinien 89/552/EWG und 97/36/EG - Begriffe ‚Fernsehwerbung‘ und ‚Teleshopping‘ - Gewinnspiel.
    Rechtssache C-195/06.

    Sammlung der Rechtsprechung 2007 I-08817

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2007:303

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER

    vom 24. Mai 20071(1)

    Rechtssache C‑195/06

    Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria)

    gegen

    Österreichischer Rundfunk (ORF)

    (Vorabentscheidungsersuchen des Bundeskommunikationssenats [Österreich])

    „Fernsehtätigkeit – Richtlinie 89/552/EWG in der Fassung durch die Richtlinie 97/36/EG – Auslegung von Art. 1 Buchst. c und f – Begriffe ‚Fernsehwerbung‘ und ‚Teleshopping‘ – Glücksspiel, bei dem für die Teilnahme eine Mehrwert-Telefonnummer angewählt werden muss“





    I –    Einleitung

    1.        Heutzutage belauert und bestürmt uns das Marketing allenthalben. Alle Medien verbreiten Reklame, Werbeaktionen und gute Geschäfte. Die Zeitungen, das Kino, das Fernsehen, das Internet, ja sogar das Telefon preisen die Vorteile irgendeines Produkts und regen ihren Nutzer zum Kauf an in dem Glauben, dass es sein Leben leichter oder ihn glücklicher macht, selbst auf die Gefahr hin, seine Fähigkeit zur Aufnahme derartiger Botschaften zu erschöpfen oder ihn zu belästigen(2). Das Erscheinen der Werbung hat die Entwicklung des modernen Handels gefördert(3), der seine lokalen oder nationalen Grenzen überschritten hat und sich zu einem interdependenten Weltmarkt entwickelt. Das Geschwätz der Scharlatane, Hausierer, Schwindler, Entdecker von Elixieren, Schmerzbalsamika oder Wunderkräutern, Zahnklempner, Verkäufer von Haarwuchs‑ oder Allheilmitteln, Bauchladenverkäufer und Krämer zur Lobpreisung ihrer Ware auf den Börsen und Messen der Vergangenheit wurde durch Werbekampagnen ersetzt, die Millionen Verbraucher erreichen(4).

    2.        Gemeinsam mit dem weltumspannenden Computernetz stellt wohl das Fernsehen das aggressivste Werkzeug zur Kanalisierung der Werbung dar, sowohl wegen seiner Intensität als auch seiner Fähigkeit zur Durchdringung und Simulierung. Dieser Umstand erklärt das Bestreben, das der Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit(5), bekannt als „Richtlinie Fernsehen ohne Grenzen“, zugrunde liegt und das darauf gerichtet ist, Werbemaßnahmen zu regeln und sie bestimmten Normen und unverzichtbaren Kriterien zu unterwerfen, wobei die Staaten der Union frei bleiben, strengere Bestimmungen einzuführen (26. Erwägungsgrund).

    3.        Das Fernsehen öffnet ein Fenster, durch das das reale oder das imaginäre Leben und gleichzeitig auch der Handelsverkehr in sämtliche Haushalte eindringen, und begünstigt den Erwerb von Waren und Dienstleistungen von zu Hause aus. Das Teleshopping wuchert in zahlreichen Kanälen und stellt einen beachtlichen Markt dar, dem sich die Gemeinschaft nicht verschließen konnte, so dass durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997(6) die Richtlinie 89/552 geändert wurde, um diesem Phänomen Rechnung zu tragen und die Verbraucher zu schützen, indem Form und Inhalt solcher Sendungen kontrolliert werden, um sie von reinen Werbesendungen zu unterscheiden (36. und 37. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36).

    4.        Vor diesem Hintergrund und auf der Grundlage von Art. 234 EG hat der österreichische Bundeskommunikationssenat dem Gerichtshof zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, um sich die Begriffe „Fernsehwerbung“ und „Teleshopping“ erläutern zu lassen, die in Art. 1 Buchst. c bzw. f der Richtlinie 89/552 in der durch die Richtlinie 97/36 geänderten Fassung verwendet werden. Er stellt diese Fragen, weil er im Ausgangsrechtsstreit eine Fernsehsendung korrekt einordnen muss, die Bestandteil einer anderen, zeitlich und materiell umfassenderen Sendung bildet und in der die Zuschauer zur Teilnahme an einem Spiel durch Anwahl einer Mehrwert-Telefonnummer aufgefordert werden(7).

    II – Rechtlicher Rahmen

    A –    Gemeinschaftsrecht

    5.        Mit der Richtlinie 89/552 wird das Ziel verfolgt, in der Gemeinschaft die Beschränkungen der freien Verbreitung und Zirkulation von Informationen und Ideen durch das Fernsehen zu beseitigen. Da die Hindernisse gewöhnlich auf die Unterschiede in den nationalen Regelungen zurückzuführen sind, versucht die Richtlinie, sie zu koordinieren, indem sie einen kleinsten gemeinsamen Nenner festlegt (9., 10. und 11. Erwägungsgrund). Aus diesem Grund erlaubt Art. 3 Abs. 1 den Mitgliedstaaten, ihren Fernsehveranstaltern Bestimmungen aufzuerlegen, die strenger oder detaillierter sind als die der Richtlinie.

    6.        In Art. 1 Buchst. c wird „Fernsehwerbung“ definiert als „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Fernsehen von einem öffentlich-rechtlichen oder privaten Veranstalter gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gesendet wird mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern“.

    7.        Unter Buchst. f der Bestimmung wird „Teleshopping“ definiert als „Sendungen direkter Angebote an die Öffentlichkeit für den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt“.

    8.        Gemäß Art. 10(8) müssen beide Modalitäten als solche klar erkennbar und durch optische und/oder akustische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen getrennt sein (Abs. 1), wobei einzeln gesendete Werbespots und Teleshopping-Spots die Ausnahme bilden müssen (Abs. 2); gleichzeitig werden subliminale Werbung und Schleichwerbung sowie entsprechende Praktiken im Teleshopping untersagt (Abs. 3 und 4).

    9.        In den Art. 18 und 18a(9) wird der Anteil an Sendezeit für Teleshopping-Spots und Teleshopping-Fenster begrenzt, indem tägliche oder stündliche Höchstprozentsätze festgelegt werden.

    B –    Die österreichische Regelung

    1.      Organisatorische Regelung des Bundeskommunikationssenats

    10.      Diese Einrichtung, die vom Bundeskanzleramt abhängig ist, wurde durch das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Kommunikationsbehörde Austria und eines Bundeskommunikationssenates(10) (im Folgenden: KOG) zur Kontrolle der Entscheidungen der Kommunikationsbehörde Austria (Regulierungsbehörde für den Bereich der Telekommunikation; im Folgenden: KommAustria) und des Österreichischen Rundfunks (im Folgenden: ORF) eingerichtet.

    11.      Durch § 11 Abs. 2 KOG wird sie ermächtigt, als oberste Verwaltungsinstanz über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der KommAustria, mit Ausnahme von Strafsachen, zu entscheiden.

    12.      Die Entscheidungen des Bundeskommunikationssenats können beim Verwaltungsgerichtshof gerichtlich angefochten werden(11) (§ 11 Abs. 3 KOG).

    13.      Die Amtszeit seiner fünf Mitglieder, von denen drei dem Richterstand angehören (von denen eines den Vorsitz einnimmt), beträgt sechs Jahre und ist verlängerbar; die Gründe für ihre Abberufung sind in § 12 KOG, der ihre Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit verankert, abschließend geregelt.

    14.      Hinsichtlich des Verfahrens verweist § 14 KOG auf das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz(12) (im Folgenden: AVG).

    2.      Das Rundfunkgesetz

    15.      Nach § 47 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk(13) (im Folgenden: ORF-Gesetz) soll mit diesem Gesetz die Richtlinie 89/552 nach Änderung durch die Richtlinie 97/36 umgesetzt werden.

    16.      § 13 Abs. 1 erlaubt es dem ORF, im Rahmen seiner Hörfunk- und Fernsehprogramme Sendezeiten gegen Bezahlung für kommerzielle Werbung zu vergeben, die er mit denselben Worten wie Art. 1 Buchst. c der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ definiert.

    17.      In Abs. 2 wird die Vergabe von Sendezeiten für Teleshopping, das er wortgleich mit Art. 1 Buchst. f der genannten Richtlinie definiert, untersagt.

    18.      Schließlich gibt Abs. 3 ausschließlich in Bezug auf die Werbung Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie wieder.

    III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    19.      Im Verlauf der am 1. April 2005 im ORF ausgestrahlten Sendung „Quiz Express“ wurde durch den Moderator in Verbindung mit der Einblendung einer Mehrwertnummer ein Angebot an die Öffentlichkeit gerichtet, sich durch Wählen der Mehrwertnummer an einem Gewinnspiel zu beteiligen. Der Telefondienstleistungsanbieter erhielt für jeden Anruf 0,70 Euro, von denen er einen Teil an den ORF abführte(14).

    20.      Das Spiel bestand aus drei Teilen: Im ersten wurde ein einziger Anruf in die Sendung durchgestellt; im zweiten musste der Gewinner die Fragen des Moderators beantworten, und im dritten Teil, der diejenigen, die nicht ausgewählt wurden, zur Teilnahme an einer wöchentlichen Verlosung berechtigte, wurde eine weitere Gewinnmöglichkeit geboten.

    21.      Die KommAustria erstattete beim Bundeskommunikationssenat eine Anzeige gegen den ORF, da sie der Auffassung war, er habe gegen § 13 Abs. 2 ORF-Gesetz verstoßen, da er einige Minuten der Sendung dem Teleshopping gewidmet habe.

    22.      Um über die Beschwerde entscheiden zu können, hat der Bundeskommunikationssenat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:

    1.      Ist Art. 1 Buchst. f der Richtlinie 89/552 in der Fassung der Richtlinie 97/36 so auszulegen, dass als „Teleshopping“ auch Sendungen oder Sendungsteile zu verstehen sind, in denen den Zusehern vom Fernsehveranstalter die Möglichkeit angeboten wird, sich durch die unmittelbare Anwahl von Mehrwert-Telefonnummern und damit entgeltlich an einem Gewinnspiel eben dieses Fernsehveranstalters zu beteiligen?

    2.      Falls diese Frage verneint wird: Ist Art. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/552 in der Fassung der Richtlinie 97/36 so auszulegen, dass auch jene Äußerungen in Sendungen oder Sendungsteilen als „Fernsehwerbung“ zu verstehen sind, bei denen ein Fernsehveranstalter den Zusehern die Möglichkeit anbietet, sich durch die unmittelbare Anwahl von Mehrwert-Telefonnummern und damit entgeltlich an einem Gewinnspiel eben dieses Fernsehveranstalters zu beteiligen?

    IV – Das Verfahren vor dem Gerichtshof

    23.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 27. April 2006 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen. Der ORF, die Kommission sowie die italienische und die portugiesische Regierung haben schriftliche Erklärungen eingereicht, und die Vertreter der beiden Erstgenannten sind in der mündlichen Verhandlung am 29. März 2007 erschienen, um mündliche Ausführungen zu machen; an dieser Sitzung haben auch die britische Regierung und KommAustria teilgenommen.

    V –    Zur Zuständigkeit der Gerichtshofs

    24.      Dieses Vorabentscheidungsersuchen ist das erste, das der Bundeskommunikationssenat dem Gerichtshof vorlegt. Deshalb halte ich es für angebracht, zu prüfen, ob er die Merkmale eines „Gerichts“ im Sinne von Art. 234 EG aufweist. Die österreichische Einrichtung hält es selbst für erforderlich, in dem Vorlagebeschluss ihre Gerichtseigenschaft unter Anführung einiger Argumente, denen sich die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen angeschlossen hat, zu rechtfertigen.

    25.      Für die Feststellung, ob eine bestimmte Einrichtung ein Gericht ist, hat sich der Gerichtshof bis jetzt darauf beschränkt, einige Leitkriterien wie ihre gesetzliche Grundlage, ihren ständigen Charakter, die Unabhängigkeit ihrer Mitglieder, den obligatorischen Charakter der von ihr ausgeübten Befugnisse, die kontradiktorische Natur des von ihr angewendeten Verfahrens, den Rechtsprechungscharakter ihrer Entscheidungen und die Anwendung von Rechtsnormen aufzuzählen(15).

    26.      Grundsätzlich weist der Bundeskommunikationssenat diese Eigenschaften auf:

    a)      Da er durch das KOG eingerichtet wurde, bestehen an seiner gesetzlichen Grundlage ebenso wenig Zweifel wie hinsichtlich seines ständigen und gesicherten Charakters, der sich aus § 11 dieses Gesetzes ergibt, durch den ihm die Aufgabe übertragen wird, die KommAustria zu kontrollieren und die Rechtsaufsicht über den ORF auszuüben.

    b)      Er wird nicht wahlweise, sondern obligatorisch tätig, denn er entschiedet über die Rechtsmittel gegen Entscheidungen der KommAustria, mit Ausnahmen derjenigen, die von strafrechtlicher Relevanz sind.

    c)      Die funktionelle Unabhängigkeit dieses obersten Rundfunkrats scheint außer Frage zu stehen: Er besteht aus fünf Mitgliedern, von denen drei Richter sind (aus deren Kreis der Vorsitzende und sein Stellvertreter gewählt werden), die ihre Tätigkeit weisungsfrei und ohne Aufträge von außen ausüben(16). Ihre Ernennung für eine erneuerbare Amtszeit von sechs Jahren erfolgt durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung.

    d)      Das Verfahren ermöglicht eine kontradiktorische Auseinandersetzung, denn die Parteien bringen ihre Argumente vor (§ 37 AVG), auch in einer von Amts wegen oder auf ihren Antrag durchgeführten mündlichen Verhandlung (§ 39 Abs. 2 AVG). Die Verwaltung begründet ihre Position schriftlich (§ 38 AVG) und lädt Zeugen und Sachverständige zu einer mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten (§§ 40 und 41 AVG), in der die Verteidigungsrechte gewährleistet sind (§ 43 Abs. 3 AVG).

    e)      Schließlich steht auch außer Frage, dass der Senat nach juristischen Kriterien entscheidet.

    27.      Dennoch darf man sich von diesem ersten Anschein nicht trügen lassen. In den Schlussanträgen vom 28. Juni 2001 in der Rechtssache De Coster(17) habe ich die Ansicht vertreten, dass die Haltung des Gerichtshofs zum Begriff des Gerichts eines Mitgliedstaats zu einer übermäßig flexiblen und der notwendigen Kohärenz entbehrenden Rechtsprechung geführt hat; ich habe daher einen Kurswechsel in sicherere und seriösere Bahnen vorgeschlagen, die eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den Gerichten fördern, indem sie auf die Raison d’être des Vorabentscheidungsverfahrens abstellen.

    28.      In diesem Sinne schlage ich in den zitierten Schlussanträgen die allgemeine Regel vor, dass unter Art. 234 EG ausschließlich Organe, die Teil der Gerichtsverfassung eines jeden Staates sind, fallen, wenn sie ihre eigentlichen Rechtsprechungsfunktionen ausüben; als Ausnahme werden diejenigen mit aufgenommen, die zwar dieser Struktur nicht angehören, aber in der innerstaatlichen Rechtsordnung das letzte Wort haben, sofern sie die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen, insbesondere die der Unabhängigkeit und des streitigen Verfahrens, erfüllen.

    29.      Bei dieser engeren Auslegung komme ich zu dem Ergebnis, dass der Bundeskommunikationssenat nicht von diesem Begriff umfasst ist, denn er gehört nicht der österreichischen Gerichtsverfassung an.

    30.      Gewiss ist er der Kategorie der „weisungsfreien Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag“(18) im Sinne des Art. 133 Abs. 4 des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG)(19) zuzuordnen, für die ich selbst in einer früheren Rechtssache die Gerichtseigenschaft bejaht habe(20).

    31.      Die Beimessung dieses Rechtsprechungscharakters im innerstaatlichen Recht stellt zwar ein Indiz dar, kann aber nicht ausschlaggebend sein(21). Berücksichtigt man jedoch, dass nach der von mir seit den Schlussanträgen De Coster vertretenen Ansicht die begriffliche Abgrenzung nach dem Gemeinschaftsrecht im Hinblick auf seine eigenen strukturellen Notwendigkeiten vorzunehmen ist, ist die Frage, ob der Bundeskommunikationssenat tatsächlich die Voraussetzungen für die Aufnahme des Dialogs im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens erfüllt, einer strengeren Prüfung zu unterziehen.

    32.      Diese sorgfältigere Untersuchung zeigt, dass die Entscheidungen des Bundeskommunikationssenats im Gegensatz zu den sonstigen in Art. 133 B-VG genannten Behörden, wie der Oberste Patent- und Markensenat in der Rechtssache Häupl, deren Entscheidungen nicht verwaltungsrechtlich oder gerichtlich angefochten werden können, vom Verwaltungsgerichtshof überprüft werden.

    33.      Diese Besonderheit erklärt sich aus historischen Gründen. Vor dem Erlass des KOG oblag die Regulierung des Rundfunkwesens in Österreich aufgrund des Regionalradio-Gesetzes der Privatrundfunkbehörde, die als Kollegialbehörde im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG eingerichtet wurde und deren Entscheidungen nicht vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden konnten. Der Verfassungsgerichtshof erklärte mit Urteil vom 29. Juni 2000(22) die Privatrundfunkbehörde jedoch für verfassungswidrig, da im Licht des zitierten Art. 133 Abs. 4 die Immunität gegenüber einer richterlichen Kontrolle und die Konzeption dieser Einrichtung als einzige Verwaltungsinstanz nicht hinnehmbar waren. In diesem Urteil wurde der Rechtsprechung(23) folgend eine enge Auslegung der Möglichkeit zur Einrichtung von Kollegialbehörden vertreten, da sie eine solche Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz, dass die gesamte Tätigkeit der Verwaltung der richterlichen Kontrolle unterliegt, mit sich bringt, dass sie in jedem Einzelfall gerechtfertigt werden muss; diese Voraussetzung war bei der Privatrundfunkbehörde nicht erfüllt. Zur Umsetzung dieses Urteils wurde § 13 des Regionalradio-Gesetzes geändert und ein Rechtsmittel zum Verwaltungsgerichtshof eingeführt, die restlichen Bestimmungen wurden jedoch aufrechterhalten. Nachdem er erneut angerufen worden war, kam der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass der Mangel fortbestehe, da der Umstand, dass die Privatrundfunkbehörde in einziger Instanz eine Verwaltungstätigkeit ausübt, mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar sei(24). Der Gesetzgeber musste reagieren und richtete den Bundeskommunikationssenat als administratives Kontrollorgan ein, wobei er den Rechtsweg zum Verwaltungsgerichtshof eröffnete; die Konstruktion wurde vom Verfassungsgerichtshof schließlich gebilligt(25).

    34.      Die Kontrolle der Entscheidungen des Bundeskommunikationssenats durch den Verwaltungsgerichtshof ändert das Bild und macht es unmöglich, dieser Einrichtung die Eigenschaft eines Gerichts im Sinne von Art. 234 EG zuzuerkennen.

    35.      Die Gefahr, die die Einmischung einer Verwaltungsbehörde in einen Dialog zwischen Richtern darstellt und die ich in den Nrn. 75 bis 79 der Schlussanträge De Coster dargelegt habe, erscheint offenkundig. So ausgeprägt die fachliche juristische Qualifikation dieser Verwaltungsbehörde auch sein mag, kann der Verwaltungsgerichtshof doch bei der Prüfung der Verwaltungsentscheidung, die nach der Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens durch den Gerichtshof ergeht, zu dem Ergebnis gelangen, dass die Vorlage in Luxemburg fehlerhaft war oder dass sie eine andere Orientierung hätte haben müssen. Käme er zu der Überzeugung, dass weder die Auslegung noch die Anwendbarkeit von Vorschriften der Gemeinschaftsrechtsordnung in Rede steht, wären die Vorlagefrage und der Aufwand für ihre Beantwortung unnütz gewesen. Hinzu käme der Misskredit, in den der Gerichtshof geraten würde, wenn seine Urteile unberücksichtigt blieben. Käme er zu dem Ergebnis, dass die Frage anders hätte formuliert werden müssen, sähe er sich mit der Bindungswirkung der tatsächlich gestellten Frage und des darauf ergangenen Urteils konfrontiert, wobei es wahrscheinlich wäre, dass er aus Gründen der Prozessökonomie dazu neigen würde, nicht noch einmal ein Vorabentscheidungsersuchen zu stellen, sondern sich mit einer im Bereich der Verwaltung formulierten Frage und einer schon im Ursprung fehlerhaften Antwort zu begnügen, was die Durchführung eines echten „Gesprächs unter Richtern“ beeinträchtigen würde.

    36.      Die Einmischung einer Verwaltungseinrichtung in die gerichtliche Zusammenarbeit des Art. 234 EG erscheint mir immer schwerwiegend, denn ihre Teilnahme, selbst wenn sie gut gemeint ist, erschwert das Verfahren. In den Schlussanträgen De Coster (Fn. 36 und 98) lege ich dar, dass die Formulierung der Vorlagefrage die Lösung durch den Gerichtshof vorbestimmen kann, weshalb es wichtig ist, die Voraussetzung beizubehalten, dass die Stellen, die im Vorabentscheidungsverfahren zusammenarbeiten, wirklich gerichtlichen Charakter haben. Stammt die Frage von einer Verwaltungsinstanz, wäre ein möglicherweise nachfolgendes gerichtliches Rechtsmittel von Anfang an durch die Art und Weise, in der die Frage gestellt, oder durch den Zeitpunkt, in dem sie aufgeworfen wurde, konditioniert, so dass sich das eigentliche Rechtsprechungsorgan der Möglichkeit beraubt sähe, von dem Vorabentscheidungsersuchen Gebrauch zu machen, denn selbst wenn es theoretisch eine neue Frage vorschlagen könnte, würde den Beteiligten eine zusätzliche Verzögerung aufgezwungen, die für eine bereits von sich aus schwerfällige Justizverwaltung unerträglich ist.

    37.      Diese Überlegungen machen deutlich, warum es zweckmäßig ist, nichtgerichtliche Organe zu dem Dialog nur zuzulassen, wenn ihre Entscheidungen keiner nachfolgenden Kontrolle durch ein Gericht unterliegen, das in der nationalen Rechtsordnung das letzte Wort hat; unter diesen Voraussetzungen würde ihnen der Zugang zum Vorabentscheidungsverfahren ermöglicht, um die Gefahr von Lücken im Gemeinschaftsrecht außerhalb der vereinheitlichenden Intervention des Gerichtshofs zu bannen.

    38.      Die jüngste Entwicklung in der Rechtsprechung(26) lässt einen größeren Eifer bei der Bestimmung der Merkmale, die den Gerichtsbegriff kennzeichnen, insbesondere des Merkmals der Unabhängigkeit, und eine Sichtweise erkennen, die der in den Schlussanträgen De Coster vertretenen nahekommen. So erklärte sich der Gerichtshof im Urteil Schmid(27) für nicht zuständig für die Beantwortung der Fragen des Berufungssenats V der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, wie auch in dem Urteil Syfait u. a.(28) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens des Epitropi Antagonismou (griechische Wettbewerbskommission).

    39.      Diese Tendenz erscheint insbesondere bedeutsam, wenn man berücksichtigt, dass der Gerichtshof in der Vergangenheit Vorlagefragen von Einrichtungen beantwortet hat, die den genannten ähnlich waren, wie die der spanischen Tribunales Económico‑Administrativos(29) oder des ebenfalls spanischen Tribunal de Defensa de la Competencia(30).

    40.      Mein Standpunkt hat sich seit den Schlussanträgen De Coster nicht geändert, weshalb ich nicht nur aus Gründen der Kohärenz, sondern auch aus voller Überzeugung die Auffassung vertrete, dass dem Bundeskommunikationssenat nicht der Rang eines Gerichts im Sinne des Art. 234 EG zukommt, und dem Gerichtshof vorschlage, sich für nicht zuständig für die Beantwortung seiner Fragen zu erklären.

    41.      Ich hege die Hoffnung, dass die Richter, an die ich mich wende, sich von den Vorzügen des in der Rechtssache De Coster entwickelten Vorschlags überzeugen lassen, aber angesichts der Möglichkeit, dass sie mir nicht folgen, gehe ich nun zur subsidiären Untersuchung des materiellen Inhalts dieses Vorabentscheidungsersuchens über, um meiner Pflicht nachzukommen, öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen zu stellen (Art. 222 EG Abs. 2 EG).

    VI – Subsidiäre Untersuchung der Vorlagefragen

    A –    Fragestellung

    42.      Der Bundeskommunikationssenat bittet den Gerichtshof um eine Präzisierung der gemeinschaftsrechtlichen Begriffe „Teleshopping“ und „Fernsehwerbung“, um den in die Sendung „Quiz Express“ eingefügten Programmteil rechtlich einordnen zu können. Entspricht er dem Begriff Teleshopping, wäre er in Österreich verboten, denn § 13 Abs. 2 ORF-Gesetz untersagt auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 89/552 diese Modalität des kommerziellen Fernsehens, so dass KommAustria Recht hätte. Wird er hingegen als Eigenwerbung eingestuft, würde die richterliche Beurteilung andere Parameter erfordern, denn Werbung ist zulässig, sofern sie durch optische oder akustische Mitteln eindeutig von anderen Programmteilen getrennt ist (§ 13 Abs. 3 ORF-Gesetz).

    43.      Die Verwaltungseinrichtung bringt jedoch ihre Zweifel nicht abstrakt vor, sondern in Bezug auf eine Unterhaltungsvariante, deren Charakterisierung nicht unbedeutend erscheint, denn die Art. 1 Buchst. c und f der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ orientieren sowohl die Werbetätigkeit als auch das Teleshopping auf den Absatz von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen. Daher ist zu untersuchen, ob die streitige Sendung eine Dienstleistung (sie weist unzweifelhaft nicht die Eigenschaften einer Warenlieferung auf) in bestimmte Bahnen lenkt, wofür vorab zu untersuchen ist, ob sie die Merkmale eines Glücksspiels aufweist; in einem solchen Fall ist ihre tatsächliche Reichweite herauszuarbeiten, um sie als Teleshopping bzw. Werbung einordnen zu können.

    44.      Bevor ich fortfahre, ist jedoch eine weitere Möglichkeit auszuschließen, die den Fragen des Bundeskommunikationssenats zugrunde liegt, nämlich die, dass es sich weder um Werbung noch um Teleshopping handelt, sondern einfach um eine Sendung, die unter den Begriff „Fernsehsendung“ in Art. 1 Buchst. a der Richtlinie fällt.

    B –    Das streitige „Gewinnspiel“ ist keine Quizsendung

    45.      In dieser Hinsicht erweisen sich die treffenden schriftlichen Erklärungen der italienischen Regierung als sehr illustrativ. Im Gegensatz zu einem Frage-Antwort-Spiel im Studio, bei dem sich die Protagonisten, der Moderator des Spiels und seine Teilnehmer, von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen und dem Publikum eine passive Rolle vorbehalten bleibt (dem Studio- ebenso wie dem Heimpublikum), ist das „Gewinnspiel“ des ORF ein Zeitvertreib, bei dem sich der Spieler, der wenige Augenblicke zuvor noch ein bloßer Fernsehzuschauer war, am anderen Ende der Telefonleitung befindet, während die übrigen Fernsehzuschauer darauf hoffen dürfen, zu Spielteilnehmern zu werden und einen Preis zu gewinnen.

    46.      Bei dieser Gestaltung wird offenkundig, dass das Fernsehen in einer Quizsendung traditionellen Zuschnitts als Mittel für die Verbreitung des Spiels, das im Studio stattfindet, dient, um das Publikum zu unterhalten, während die Kurzsendung des ORF bezweckt, die Teilnehmer mit einem Preis zu ködern, entweder in einer ersten Phase, wenn sie das Glück haben, dass ihr Anruf ausgewählt wird und sie die Lösung erraten, oder bei einer zweiten Gelegenheit im Wege der Teilnahme an einer wöchentlichen Auslosung.

    47.      Für die Teilnahme ist jedoch die Zahlung eines Geldbetrags erforderlich, der dem Fernsehsender zugutekommt, denn er erzielt einen höheren Gewinn, je größer die Zahl der Anrufe ist, so dass grundsätzlich und unbeschadet einer Vertiefung dieses Gedankens im weiteren Verlauf dieser Schlussanträge die in Rede stehende Unterhaltung unmittelbar der Finanzierung des ORF dient. Damit tritt das Entgelt, auf das Art. 1 Buchst. c und f der Richtlinie 89/552 Bezug nehmen, in Erscheinung.

    48.      Kurzum, wenn der ORF diese Unterhaltungssendung ausstrahlt, übt er keine Tätigkeit der „Fernsehsendung“ nach Art. 1 Buchst. a der Richtlinie aus, d. h., er strahlt keine an die Öffentlichkeit gerichtete Sendung aus, sondern bedient sich vielmehr einer akzessorischen, wenngleich relevanten, Funktion des Fernsehens, nämlich der Gewinnerzielung.

    49.      Unter diesen Umständen ist, wie ich bereits vorausgeschickt habe, zu prüfen, ob durch diese akzessorische Funktion eine Dienstleistung gegen Entgelt erbracht wird, eine Untersuchung, die zur Klärung der Art der in Rede stehenden Sendung zwingt.

    C –    Ein Glücksspiel

    50.      In den Nrn. 92 bis 97 der Schlussanträge Placanica u. a.(31) untersuche ich die Beziehungen zwischen Zufall, Spiel und Recht. Diese Bezeichnungen rechtfertigen eine Gemeinschaftsregelung, die den Einzelnen vor den Risiken der Spielleidenschaft für sein Vermögen und seine Gesundheit schützt(32) und zugleich Hüterin der geschäftlichen Interessen der Unternehmen und der Einrichtungen, in denen diese Art von Unterhaltung angeboten wird, also Garantin der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs ist(33).

    51.      Die Rechtsordnung der Europäischen Union kennt keinen detaillierten Glücksspielbegriff; die angeführte Rechtsprechung untersucht zwar seine Auswirkungen auf die Fundamente des Gemeinsamen Markts, verzichtet aber darauf, ihn zu definieren. Sie erkennt jedoch an, dass der Begriff rechtlich gesehen eine wirtschaftliche Wette bezeichnet, deren Ausgang vom Glück abhängt(34).

    52.      Mit diesem sicherlich vagen Ansatz lassen sich Überlegungen zu unzähligen Arten des Glücksspiels anstellen, denn die Fruchtbarkeit des menschlichen Geists ist unbegrenzt, wenn es um Genuss und Wettbewerb geht(35). Ich kann jedoch drei Merkmale zur Skizzierung des Begriffs erkennen: die finanziellen Kosten, die Ungewissheit und den Wunsch, zu gewinnen(36).

    53.      Die Ungewissheit des Ausgangs wohnt dem Glücksspiel inne, denn der Zufall ist in allen seinen Phasen vorhanden und gibt ihm seine ganze trügerische Würze, und die Vorfreude auf den Gewinn eines Preises, der größer ist als der ursprüngliche Einsatz, ist der Köder, der die Begehrlichkeit des Spielers anzieht. Zudem ermöglicht es der wirtschaftliche Aspekt, dass sich das Recht dieses sozialen Phänomens annimmt: Damit sich die Rechtsordnung mit der Materie beschäftigen kann, erscheint es unverzichtbar, dass Auswirkungen auf das Vermögen der Einzelnen gegeben sind(37). Ein Spiel ohne Einsatz, ohne irgendeine Bedeutung für das Vermögen des Spielers, betrifft nur dessen Privatsphäre und bedarf nicht des Schutzes durch das Gesetz.

    54.      Das Glück spielt zweifellos eine Rolle in dem in die Sendung „Quiz Express“ eingefügten Programmteil. Das Glück der Teilnehmer tritt in zwei Momenten in Erscheinung: bei der Auswahl eines der empfangenen Anrufe, bei der der Gewinner „in die Sendung durchgestellt“ wird, um mit dem Moderator der Sendung zu sprechen, und bei der wöchentlichen Auslosung, die es den übrigen Teilnehmern ermöglicht, einen Preis zu gewinnen. Die Geschicklichkeit des Zuschauers, seine Kenntnisse oder schlicht seine Geistesgegenwart spielen beim Streben nach dem Erfolg eine sekundäre Rolle.

    55.      Im Wesentlichen ist der Wille des Zuschauers, der die Telefonnummer wählt, auf den Gewinn des Preises gerichtet, entweder im besagten ersten Moment oder im zweiten, dem der Auslosung.

    56.      Im ersten Moment verpflichtet er sich zur Zahlung eines Geldbetrags (0,70 Euro), der zwar gering ist, aber die Kosten eines Normalgesprächs in Österreich weit übersteigt, und den er in der Hoffnung akzeptiert, einen Preis zu erlangen, der sich auf 200 bis 330 Euro beläuft und die Investition reichlich belohnt.

    57.      Daher ist der in der Sendung „Quiz Express“ durchgeführte Wettbewerb wegen seiner Besonderheiten als Glücksspiel einzustufen.

    D –    Eine Dienstleistung

    58.      Nachdem diese Tatsache feststeht, kann ohne Schwierigkeit gesagt werden, dass der ORF eine Dienstleistung gegen Entgelt anbietet.

    59.      Der Gerichtshof hat nicht gezögert, die Durchführung von Lotterien (Urteil Schindler)(38), die Benutzung von Glücksspielautomaten gegen Entgelt (Urteil Läärä u. a.)(39) sowie Glücks‑ und Geldspiele (Urteil Anomar u. a.)(40) als Dienstleistungen im Sinne von Art. 50 EG-Vertrag einzustufen(41).

    60.      Allerdings hat er diese Einordnung vorgenommen, als er sich mit Glücksspielen insgesamt als einer selbständigen und hauptsächlichen Tätigkeit im Rahmen nationaler Maßnahmen zur Beschränkung ihrer Durchführung beschäftigte, um diese Maßnahmen im Licht von Zielen des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Sozialordnung oder der Kriminalitäts- und Betrugsbekämpfung(42) zu rechtfertigen.

    61.      Die angeführten Urteile beschäftigen sich nicht mit einer Situation, in der die Spieltätigkeit in ein weiteres Umfeld integriert ist, wie im Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und dem des Urteils Familiapress(43), das sich mit einem ähnlichen Fall befasste, in dem die in Österreich vertriebene deutsche Wochenzeitung „Laura“ Kreuzworträtsel und Rätsel für die Leser veröffentlichte und unter denjenigen, die die richtige Lösung einsandten, Bargeldpreise verloste. Sowohl der ORF als auch die portugiesische Regierung tragen zu Recht vor, dass nach diesem Urteil solche geringfügigen Verlosungen keine unabhängige wirtschaftliche Betätigung, sondern nur einen Aspekt des redaktionellen Inhalts einer Zeitschrift unter anderen (Randnr. 23) darstellen und dass sie nicht als Dienstleistungen gemäß Art. 50 EG charakterisiert werden können. Die Kommission weist jedoch zutreffend darauf hin, dass mit dieser Würdigung eine Unterscheidung vom Urteil Schindler beabsichtigt war, das im Kontext der Verhältnismäßigkeitskontrolle von nationalen Maßnahmen zur Beschränkung von Glücksspielen im großen Maßstab vom Typ der Lotterien ergangen war.

    62.      Im Ergebnis gibt es in der Gemeinschaftsrechtsprechung nichts, was der Einordnung des fraglichen Programmteils des ORF als Glücksspiel und damit als Dienstleistung entgegenstünde.

    63.      Bevor ich fortfahre, ist auf ein Argument zu antworten, das der ORF in seinen schriftlichen Erklärungen vorgebracht hat (Nr. 4), und zu unterstreichen, dass es keinerlei Auswirkungen hat, dass die Sendung „Quiz Express“ nur in Österreich empfangen werden kann, denn dieser Umstand wirkt sich lediglich auf die Anwendung von Art. 49 EG aus, kann aber nie ein Grund dafür sein, eines seiner Tatbestandsmerkmale nicht als erfüllt anzusehen. Es ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ den Ausdruck „Dienstleistung“ zur Eingrenzung einer Tätigkeit verwendet, nicht aber, um ihre Freizügigkeit zu gewährleisten. Mit anderen Worten: Wie sich aus Randnr. 27 des Urteils Läärä u. a. ergibt(44), hört eine Dienstleistung nicht auf, eine Dienstleistung zu sein, weil sie die nationalen Grenzen nicht überschreitet.

    E –    Teleshopping oder Werbung

    64.      So gelangt man zum gordischen Knoten dieses Vorabentscheidungsersuchens, der darin besteht, festzustellen, ob die einen Preis beinhaltende Unterhaltung in dem Programm „Quiz Express“ und im weiteren Sinn das Programm selbst die typischen Merkmale einer Teleshopping-Sendung aufweisen.

    65.      Art. 1 Buchst. f der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ nennt vier Voraussetzungen: 1. Sendungen, 2. direkte Angebote an die Öffentlichkeit, 3. für den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, 4. gegen Entgelt.

    66.      Hinsichtlich der ersten und der beiden letzten Voraussetzungen bestehen im vorliegenden Fall keine Zweifel. Niemand stellt in Frage, dass „Quiz Express“ eine Fernsehsendung ist, in der ein Spiel gegen Entgelt angeboten wird: Die Anrufer zahlen einen Preis (den der ORF vereinnahmt) für die Teilnahme und die Nutzung dieser Dienstleistung, die darin besteht, in einem der beiden Abschnitte des Zeitvertreibs einen Gewinn in Aussicht zu stellen.

    67.      Das Angebot ist von dem Begriff „direktes Angebot an die Öffentlichkeit” umfasst, eine Voraussetzung, die es darüber hinaus ermöglicht, das Teleshopping von der Werbung zu unterscheiden, die auf die Anpreisung der Lieferung, aber nicht auf ihre Ausführung gerichtet ist.

    1.      Das direkte Angebot

    68.      Im Urteil RTI u. a.(45) wurden die Konturen dieses Begriffs genau beschrieben bei der Auslegung der Richtlinie 89/552 in ihrer früheren Fassung, die sich nicht auf das Phänomen des Teleshoppings bezog, obwohl der Gedanke Art. 18 Abs. 3 zugrunde lag, der die Sendezeit für andere „Werbeformen“ regelte und bestimmte, dass sie für „Angebote an die Öffentlichkeit für den Verkauf, den Kauf oder die Vermietung von Erzeugnissen oder für die Erbringung von Dienstleistungen höchstens eine Stunde pro Tag betragen“ darf.

    69.      In Randnr. 31 des Urteils RTI u. a. wird diese Art von Angeboten beschrieben als „Sendungen, in denen Produkte gezeigt werden, die direkt per Telefon, per Post oder per Videotext bestellt werden können und die den Fernsehzuschauern dann nach Hause geliefert werden“. Üblicherweise stellt der Herausgeber in der Sendung Waren und Dienstleistungen zum Zweck ihres Verkaufs zur Schau, gibt den Preis und die Zahlungsmittel an und blendet zudem auf dem Bildschirm die Telefonnummern, die Internetseite und andere Angaben ein, die für die Vornahme der Bestellung von Nutzen sind. Der Vertrag richtet sich nach der mit der Richtlinie 97/7/EG(46) getroffenen Regelung für den Fernabsatz(47).

    70.      Die Werbung bringt stattdessen ein „indirektes“ Angebot zum Ausdruck, denn obwohl sie genau wie das Teleshopping darauf gerichtet ist, dass der Fernsehzuschauer die beworbenen Waren oder Dienstleistungen kauft, indem er durch die Anpreisung ihrer Qualitäten überzeugt wird, bleibt der Abschluss des Geschäfts außerhalb ihrer unmittelbaren Ziele und ist auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, zu dem der Verbraucher sich an den jeweiligen Vertriebskanal wendet, um den Erwerb zu vollziehen.

    71.      Das Teleshopping geht einen Schritt weiter als die Werbung, denn es beschränkt sich nicht auf die Anpreisung, sondern wirbt und verkauft.

    72.      Die dargestellten Überlegungen sprechen für die Sichtweise, dass die Sendung „Quiz Express“ dem Fernsehzuschauer zumindest indirekt(48) vorschlägt, an einem Glücksspiel teilzunehmen, und ihm durch die Einblendung der Mehrwert-Sondertelefonnummer die Informationen liefert, die erforderlich sind, um gegen Zahlung des Entgelts mit dem Anbieter in Kontakt zu treten und in der Sendung aufzutreten oder, wenn ihm dies nicht gelingt, an der wöchentlichen Auslosung teilzunehmen.

    73.      Der Moderator der Sendung fordert die Zuschauer auf, die auf dem Bildschirm eingeblendeten Ziffern zu notieren, um an der Sendung teilzunehmen. Die gewerbliche Zurschaustellung besteht in der Anpreisung des ausgeschriebenen Preises. Zur Annahme der Angebots kommt es, wenn der Teilnehmer die Nummer wählt und von den Diensten des ORF betreut wird; in diesem Moment kommt gleichzeitig das Zahlungsverfahren in Gang, bei dem der Preis in die Telefonrechnung des Kunden eingestellt wird, der in diesem Moment entweder live spielen kann oder das Recht erwirbt, an der ersatzweise angebotenen Verlosung teilzunehmen.

    74.      Auf diese Weise werden in den Worten des Art. 1 Buchst. f der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ in der fraglichen Sendung der Öffentlichkeit direkt Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten und ihr alle erforderlichen Mittel zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags zur Verfügung gestellt(49).

    75.      Nichts hindert daran, die hier untersuchte Sendung als eine Spielart des Teleshoppings einzustufen.

    2.      Das spezifische Gewicht des Spiels in der Sendung „Quiz Express“

    76.      Das Merkmal des Teleshoppings wird jedoch nicht automatisch erfüllt. Bringt man die Definitionen von Teleshopping und Werbung in Art. 1 der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ mit ihrem Kapitel IV in Zusammenhang, erkennt man den Willen, diese Tätigkeiten dadurch erkennbar zu machen und sie zu identifizieren (Art. 10), dass sie nur zwischen Programmen eingefügt werden und lediglich im Ausnahmefall innerhalb eines Programms, wenn sie weder dessen Geschlossenheit noch seinen Wert beeinträchtigen und seine natürlichen Unterbrechungen, seine eigenständigen Teile oder seine Pausen berücksichtigen.

    77.      Prima facie regelt der Gesetzgeber ihre Eingliederung in die Sendung – wie im Ausgangsverfahren – nicht. Wegen dieser Regelungslücke hat die vorlegende Einrichtung Zweifel hinsichtlich ihrer genauen Auslegung.

    78.      Man muss die Frage nach „dem Umfang und der Qualität des Teleshoppings“ in einer Sendung stellen, um ihm diese Eigenschaft zuschreiben zu können. An dieser Stelle ist wieder die Sichtweise des Urteils Familiapress einzunehmen und nach der Relevanz dieser Tätigkeit im Rahmen der Sendung zu fragen. Ist sie rein akzessorisch und nur ein weiteres Element der Sendung im Dienst ihrer Zielsetzung, geht sie im allgemeinen Inhalt der Sendung selbst auf; nimmt sie größeren Rahmen ein und wird zu deren Leitmotiv, kontaminiert sie mit ihrer besonderen Natur den Rest der Sendung und wandelt sie in Teleshopping um. Selbstverständlich gibt es zwischen diesen beiden Extremen liegende Situationen.

    79.      Es ist nicht Aufgabe des Gerichtshofs, sich auf das Abenteuer einzulassen, die Natur des streitigen Spiels zu ergründen; erst recht nicht, wenn er wie in diesem Fall nicht über die notwendigen Sachverhaltselemente verfügt, um dies mit Aussicht auf Erfolg zu tun. Jedoch kann er dem nationalen Organ gewisse Regeln an die Hand geben, wenn auch mit der Zurückhaltung, die der Vertreter des Vereinigten Königreichs in der mündlichen Verhandlung gefordert hat.

    80.      Die Zielsetzung der Sendung, in die der Kurzwettbewerb eingefügt ist, liefert das erste Abwägungskriterium. Es erscheint offenkundig, dass die Würdigung sich danach richtet, ob das Spiel umrahmt ist von einem Magazin, einer Spielshow mit allgemeinem Unterhaltungszweck(50), an der er teilnimmt, oder einer Sendung, in die er in keiner Weise einbezogen ist, wie z. B. eine Nachrichtensendung oder ein Gottesdienst(51). Diese Würdigung schließt vom Begriff Teleshopping diejenigen Fälle aus, in denen die Intervention der Zuschauer, selbst wenn sie entgeltlich erfolgt oder ein Geschenk im Spiel ist, zum redaktionellen Inhalt der Sendung gehört, um ihren Ablauf zu steuern, wie in den „Reality-Shows“ vom Typ „Big Brother“, „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Let’s dance“ bzw. „Dancing Stars“.

    81.      So gesehen liefert die wirtschaftliche Relevanz des Spiels innerhalb der Sendung sowohl unmittelbar wie mittelbar ein weiteres nicht zu vernachlässigendes Indiz. Hinsichtlich des ersten Aspekts gibt der Anteil, den die Einnahmen aus den Anrufen unter der Sondertelefonnummer zu den Gesamteinnahmen der Sendung einschließlich der Werbung beisteuern, einen wichtigen Bewertungsmaßstab an die Hand.

    82.      Nicht nur die Zeit, die aufgewendet wird, um das Spiel vorzustellen und die Zuschauer dazu zu überreden, durch Anwahl der Nummern, die auf dem Bildschirm erscheinen, teilzunehmen, sondern auch die Zeit, die aufgewendet wird, um den Gewinner, der live antworten muss, zu ermitteln, d. h. die Anstrengungen, die entfaltet werden, um „das Produkt zu verkaufen“, ist als mittelbares Merkmal zu berücksichtigen. Die Art. 18 und 18a der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“, die die Sendedauer für Werbespots und Teleshopping-Fenster regeln, bieten hierfür eine brauchbare Methode an.

    83.      Um die Auswirkungen des Spiels auf das Budget der Sendung zu berechnen, ist die Natur der üblicherweise gestellten Fragen von Interesse, denn je einfacher sie sind, desto größer ist die Zahl möglicher Teilnehmer, so dass auf diesem Weg die Einnahmen gesteigert werden.

    84.      Anhand dieser Kriterien kann jede aufgeweckte Person ohne Mühe feststellen, ob angestrebt wird, einen Zeitvertreib zu organisieren, oder ob lediglich die Fernsehanstalt finanziert werden soll, indem eine Dienstleistung verkauft wird.

    85.      Schließlich erlaubt es die Zahl der Fernsehzuschauer, die die Nummer wählen, um an dem Spiel teilzunehmen, die tatsächliche Natur der Sendung zu erkennen.

    86.      Nach den vorstehenden Überlegungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 1 Buchst. f der Richtlinie 89/552 so auszulegen ist, dass Sendungen oder Sendungsteile, in denen die Zuschauer vom Fernsehveranstalter animiert werden, sich durch die unmittelbare Anwahl von Mehrwert-Telefonnummern und damit entgeltlich an einem Gewinnspiel zu beteiligen, als eine Art des „Teleshopping“ zu verstehen sind, wenn der hauptsächliche Zweck darin besteht, die Teilnahme an einem Gewinnspiel zu verkaufen. Dabei ist es Sache des nationalen Gerichts, die in den Nrn. 77 bis 82 dieser Schlussanträge herausgearbeiteten Kriterien, d. h. a) den Hauptzweck der Sendung, b) das wirtschaftliche Gewicht des Spiels, c) die Zeit, die ihm eingeräumt wird, und d) die Zahl der anrufenden Zuschauer in Betracht zu ziehen.

    F –    Jedenfalls fehlt eine Werbeabsicht

    87.      Für den Fall, dass die erste Frage verneint wird, möchte die ersuchende Einrichtung hilfsweise wissen, ob der Sachverhalt des Rechtsstreits jedenfalls unter den Begriff Werbung in der Form der Eigenwerbung, d. h. einer Werbung, bei der der Veranstalter seine eigenen Produkte, Dienstleistungen, Programme oder Sender bewirbt (39. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36), zu subsumieren ist.

    88.      Diese Vorlagefrage beinhaltet einen spürbaren, in den schriftlichen Erklärungen nicht angesprochenen Unterschied zu der ersten Frage im Hinblick auf ihre materielle Abgrenzung, da sie sich nicht auf die Sendung oder einen ihrer Abschnitte bezieht, sondern auf die Botschaft selbst, denn eine Sendung, die keine Werbesendung ist, kann gleichwohl Werbespots enthalten(52). Diese Nuance erweist sich bei der Beantwortung der zweiten Frage als entscheidend.

    89.      Kommt man zu dem Ergebnis, dass es sich bei „Quiz Express“ nicht um eine Art des Teleshoppings handelt, ist ihm der Charakter einer Unterhaltungsproduktion zuzuschreiben(53). Unter diesen Umständen dienen die Mitteilung der Telefonnummer und die Hinweise darauf, wie man an dem Spiel teilnehmen kann, nicht dessen Anpreisung, sondern geben eine Information, die für die Teilnahme unerlässlich und damit für die Sendung wesentlich ist; die Angaben sind definitionsgemäß nur für den Fernsehzuschauer im Rahmen der laufenden Sendung von Nutzen. Die Mitteilung der Telefonnummer hat, mit anderen Worten, die Natur einer Information, die sich von der Sendung nicht trennen lässt und die ihre Durchführung ermöglichen, nicht aber eine ergänzende Dienstleistung anbieten soll.

    90.      Zusammenfassend verbirgt sich hinter der bei „Quiz Express“ auf dem Bildschirm eingeblendeten Mitteilung einer Telefonnummer, die für die Teilnahme an einem Glücksspiel erforderlich ist, keine Werbeabsicht, so dass sie nicht unter Art. 1 Buchst. c der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ subsumiert werden kann.

    VII – Ergebnis

    91.      Im Licht der vorstehenden Überlegungen schlage ich dem Gerichtshof vor,

    1.      sich für nicht zuständig für die Beantwortung der vom Bundeskommunikationssenat vorgelegten Fragen zu erklären, da es sich bei diesem nicht um ein Gericht im Sinne von Art. 234 EG handelt;

    2.      hilfsweise, für den Fall, dass die Frage zugelassen wird, Folgendes festzustellen:

    a)      Gemäß Art. 1 Buchst. f der Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit in der durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 geänderten Fassung sind Sendungen oder Sendungsteile, in denen die Zuschauer vom Fernsehveranstalter animiert werden, sich durch die unmittelbare Anwahl von Mehrwert-Telefonnummern und damit entgeltlich an einem Gewinnspiel zu beteiligen, als eine Art des „Teleshopping“ zu verstehen, wenn der hauptsächliche Zweck darin besteht, die Teilnahme an einem Gewinnspiel zu verkaufen. Dabei ist es Sache des nationalen Gerichts, u. a. folgende Kriterien in Betracht zu ziehen: a) den Hauptzweck der Sendung, b) das wirtschaftliche Gewicht des Spiels, c) die Zeit, die ihm eingeräumt wird, und d) die Zahl der anrufenden Zuschauer.

    b)      Die während einer Sendung auf dem Bildschirm eingeblendete Mitteilung einer Mehrwert-Telefonnummer, die die Fernsehzuschauer anwählen müssen, um an einem Gewinnspiel teilnehmen zu können, dient nicht Werbezwecken, sondern lediglich der Information, so dass sie nicht unter Art. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/552 subsumiert werden kann.


    1 – Originalsprache: Spanisch.


    2 – Beigbeder, F., 99 francs, Ed. Grasset, Paris, 2000, prangert an, dass die Werbung für die Liebhaber der Literatur eine der größten Katastrophen der beiden letzten Jahrtausende darstelle.


    3 – Zola, E., Das Paradies der Damen, greift diesen Gedanken auf: „Seit dem Morgen hatte die Menge stetig zugenommen. Kein Warenhaus hatte je durch einen solchen Aufwand an Reklame die Stadt in Aufregung versetzt. Das ‚Paradies der Damen‘ gab jetzt jährlich fast sechshunderttausend Francs für Plakate, Anzeigen und Werbung aller Art aus, vierhunderttausend Kataloge wurden versandt und weitere hunderttausend Francs in Muster investiert. Es war die totale Invasion der Zeitungen, der Plakatwände, des Gehörs der Menschen, gleich als ob eine gigantische Trompete aus Bronze in alle Himmelsrichtungen das Getöse der großen Verkäufe und Gelegenheiten verkündete“ (freie Übersetzung).


    4 – Die Markteinführung des neuen Betriebssystems der amerikanischen Firma Microsoft erfolgte über 39 000 Verkaufsstellen in 45 Ländern und kostete 500 Millionen Dollar (www.zdnet.fr/actualites/informatique).


    5 – ABl. L 298, S. 23.


    6 – ABl. L 202, S. 60.


    7 – Diese Teilnehmer können von dem Anbieter der Telekommunikationsdienstleistung einen Teil des für den Anruf berechneten Betrags erhalten.


    8 – In der Fassung durch die Richtlinie 97/36.


    9 – Ebenfalls eingeführt durch die Richtlinie 97/36.


    10 – BGBl. Nr. 32/2001.


    11 – Diesem Gericht mit Sitz in Wien obliegt die gerichtliche Kontrolle der öffentlichen Verwaltung. Es entscheidet über Rechtsmittel, die als außerordentlich einzustufen sind, da sie nur die Rechtmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit prüfen, ohne sich auf die Sachverhaltsebene zu begeben. Es nimmt die Rolle eines Verwaltungskassationsgerichtshofs ein, der darauf beschränkt ist, die Rechtsnorm im Wege der Festlegung der zutreffenden Auslegung zu verteidigen. Es ist zuständig für die Nichtigerklärung von Verwaltungsakten wegen sach- und verfahrensrechtlichen Rechtsverletzungen, Kompetenzüberschreitungen oder Ermessensfehlgebrauch, nicht aber für die Sachverhaltsprüfung.


    12 – BGBl. Nr. 51/1991.


    13 – BGBl. Nr. 83/2001 in der Fassung durch BGBl. Nr. 159/2005.


    14 – Der Bundeskommunikationssenat weist in dem Vorlagebeschluss darauf hin (Nr. 41), dass der ORF keine Angaben zur Höhe der Einnahmen gemacht hat. Es steht für ihn jedoch außer Zweifel, dass er dank der Vereinbarung mit der Telefongesellschaft einträgliche Gewinne erzielen konnte.


    15 – Beispielhaft herangezogen werden können die Urteile vom 30. Juni 1966, Vaassen-Göbbels (61/65, Slg. 1966, 377), vom 17. September 1997, Dorsch Consult (C‑54/96, Slg. 1997, I‑4961, Randnr. 23), und vom 2. März 1999, Nour Eddline El-Yassini (C‑416/96, Slg. 1999, I‑1209, Randnr. 17).


    16 –      Das österreichische Bundes-Verfassungsgesetz garantiert die Unabhängigkeit der nichtrichterlichen Mitglieder, indem es in Art. 20 Abs. 2 bestimmt: „Ist durch Bundes- oder Landesgesetz zur Entscheidung in oberster Instanz eine Kollegialbehörde eingesetzt worden, deren Bescheide nach der Vorschrift des Gesetzes nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen und der wenigstens ein Richter angehört, so sind auch die übrigen Mitglieder dieser Kollegialbehörde in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.“


    17 – Urteil vom 29. November 2001 (C‑17/00, Slg. 2001, I‑9445).


    18 – [Betrifft nur die spanische Fassung.]


    19 – Ausgenommen von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs sind nach dieser Vorschrift „die Angelegenheiten, über die in oberster Instanz die Entscheidung einer Kollegialbehörde zusteht, wenn nach dem die Einrichtung dieser Behörde regelnden Bundes- oder Landesgesetz unter den Mitgliedern sich wenigstens ein Richter befindet, auch die übrigen Mitglieder in Ausübung dieses Amtes an keine Weisungen gebunden sind, die Bescheide der Behörde nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen und nicht, ungeachtet des Zutreffens dieser Bedingungen, die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich für zulässig erklärt ist“.


    20 – Schlussanträge vom 26. Oktober 2006 in der Rechtssache C‑246/05, Häupl, in der bislang kein Urteil ergangen ist, in Bezug auf den Obersten Patent- und Markensenat.


    21 – Die Mannigfaltigkeit der Kollegialbehörden in Österreich und die Heterogenität der sie regelnden Vorschriften machen es ratsam, jeden Automatismus zu vermeiden. Der Gerichtshof hat Vorabentscheidungsersuchen von einigen dieser Behörden zugelassen: Das Urteil vom 15. Januar 1998, Mannesmann Anlagebau Austria u. a. (C‑44/96, Slg. 1998, I‑73), antwortete dem Bundesvergabeamt, der Instanz, die über Streitigkeiten im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen entscheidet, ohne seine Eigenschaft als Gericht zu untersuchen; das Urteil vom 4. Februar 1999, Köllensperger und Atzwanger (C‑103/97, Slg. 1999, I‑551), maß diese Eigenschaft dem Tiroler Landesvergabeamt bei, ebenso wie das Urteil vom 18. Juni 2002, HI (C‑92/00, Slg. 2002, I‑5553), dem Vergabekontrollsenat des Landes Wien.


    22 – G 175/95, VfSlg. 15.886.


    23 – Urteil vom 24. Februar 1999 (B 1625/98-32, VfSlg. 15.427).


    24 – Urteil vom 13. Juni 2001 (G 141/00, VfSlg. 16.189).


    25 – Urteil vom 25. September 2002 (B 110/02 ua., VfSlg. 16.625).


    26 – Wie ich in Nr. 26 der Schlussanträge in der Rechtssache Emanuel hervorhob, in der das Urteil vom 30. März 2006 (C‑259/04, Slg. 2006, I‑3089) erging.


    27 – Urteil vom 30. Mai 2002 (C‑516/99, Slg. 2002, I‑4573).


    28 – Urteil vom 31. Mai 2005 (C‑53/03, Slg. 2005, I‑4609).


    29 – Urteil vom 21. März 2000, Gabalfrisa u. a. (C‑110/98 bis C‑147/98, Slg. 2000, I‑1577).


    30 – Urteil vom 16. Juli 1992, Asociación Española de Banca Privada u. a. (C‑67/91, Slg. 1992, I‑4785).


    31 – Rechtssachen C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04, in denen am 6. März 2007 das noch nicht in der Sammlung veröffentlichte Urteil ergangen ist.


    32 – In den Schlussanträgen vom 13. Februar 2007 in der Rechtssache Gintec (C‑374/05), in der zum Zeitpunkt der Verlesung dieser Schlussanträge noch kein Urteil ergangen ist, weise ich auf die Gefahren für die öffentliche Gesundheit durch den Gebrauch von Methoden wie das Glücksspiel in der Medikamentenwerbung hin (Nr. 72).


    33 – Im Urteil vom 6. November 2003, Gambelli u. a. (C‑243/01, Slg. 20003, I‑13031), wurde festgestellt, dass eine nationale Regelung – die italienische – über Wetten, die strafbewehrte Verbote für diejenigen, die nicht Inhaber einer Konzession oder einer behördlichen Genehmigung des Staates sind, enthält, eine Beschränkung der beiden Freiheiten darstellt (Randnr. 59 und Tenor). Diese Wertung wurde im Urteil Placanica u. a. wiederholt (Randnr. 71 und Tenor).


    34 – Art. 1 Abs. 5 Buchst. d der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr) (ABl. L 178, S. 1), schließt „Gewinnspiele mit einem einen Geldwert darstellenden Einsatz bei Glücksspielen, einschließlich Lotterien und Wetten“ von ihrem Anwendungsbereich aus.


    35 – Huizinga, J., vertritt in Homo ludens die Ansicht, dass die menschliche Kultur ihren Ursprung im Spiel habe und sich in ihm entwickele. Er legt dar, dass die Bezeichnung homo sapiens nicht so gut auf diese Spezies passe, wie man anfänglich angenommen habe, denn der Mensch sei letzten Endes nicht so vernünftig, wie man im 18. Jahrhundert mit seinem naiven Optimismus geglaubt habe, so dass man die Bezeichnung homo faber hinzugefügt habe. Er hält sie aber für noch weniger geeignet, weil sie auch vielen Tieren zugeschrieben werden könne. Er schlägt deshalb vor, die Bezeichnung homo ludens hinzuzufügen, denn selbst wenn es Tiere gebe, die spielten, sei die Funktion des Spiels doch so wesentlich wie die des Herstellens und jedes menschliche Verhalten sei nicht mehr als ein Spiel.


    36 – Nach dem Urteil vom 24. März 1994, Schindler (C‑275/92, Slg. 1994, I‑1039), sind Tätigkeiten im Lotteriewesen Leistungen, die der Veranstalter der Lotterie erbringt, indem er die Käufer von Losen an einem Glücksspiel, das ihnen eine Gewinnchance eröffnet, teilnehmen lässt und zu diesem Zweck die Einsammlung der Einsätze, die Veranstaltung der vom Zufall bestimmten Ziehungen sowie die Festsetzung und die Auszahlung der Preise oder Gewinne sicherstellt. Das Entgelt besteht in dem Preis für das Los (Randnrn. 27 und 28).


    37 – Dieser Gedanke liegt den Nrn. 95 bis 98 meiner Schlussanträge in den Rechtssachen Placanica u. a. zugrunde, auf die ich bereits Bezug genommen habe.


    38 – Urteil Schindler, Randnrn. 19, 25 und 34.


    39 – Urteil vom 21. September 1999, Läärä u. a. (C‑124/97, Slg. 1999, I‑6067, Randnrn. 18 und 27).


    40 – Urteil vom 11. September 2003, Anomar u. a. (C‑6/01, Slg. 2003, I‑8621, Randnrn. 48 und 52).


    41 – Für ein ausführlicheres Zitat verweise ich auf Nr. 97 meiner Schlussanträge in der Rechtssache Placanica u. a.


    42 – In den Randnrn. 14 und 15 des Urteils vom 21. Oktober 1999, Zenatti (C‑67/98, Slg. 1999, I‑7289), werden einige dieser Ziele aufgezählt.


    43 – Urteil vom 26. Juni 1997 (C‑368/95, Slg. 1997, I‑3689).


    44 – In dem Urteil wurde festgestellt: „Die Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr finden, wie der Gerichtshof im Urteil Schindler bezüglich der Veranstaltung von Lotterien festgestellt hat, auf eine Tätigkeit Anwendung, die die Möglichkeit bietet, gegen ein Entgelt an einem Glücksspiel teilzunehmen. Somit fällt eine solche Tätigkeit in den Anwendungsbereich des Artikels 59 EG-Vertrag [nach Änderung Art. 49 EG], wenn wenigstens einer der Dienstleistenden in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Dienstleistung angeboten wird, ansässig ist.“


    45 – Urteil vom 12. Dezember 1996 (C‑320/94, C‑328/94, C‑329/94, C‑337/94, C‑338/94 und C‑339/94, Slg. 1996, I‑6471).


    46 – Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. L 144, S. 19).


    47 – Retterer, S., Le télé-achat: une vente aux apparences publicitaires protégée des réglementations nationales, „Droit de la consommation“, Ed. Juris-Classeur, hors série, Dezember 2000, S. 306.


    48 – Es ist nicht bekannt, ob die Gebühr für den Anruf angegeben wird.


    49 – Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 97/7 definiert Verträge im Fernabsatz als „jeden zwischen einem Lieferer und einem Verbraucher geschlossenen, eine Ware oder eine Dienstleistung betreffenden Vertrag, der im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems des Lieferers geschlossen wird, wobei dieser für den Vertrag bis zu dessen Abschluss einschließlich des Vertragsabschlusses selbst ausschließlich eine oder mehrere Fernkommunikationstechniken verwendet“.


    50 – Man braucht nur einen Augenblick zu „zappen“, um von Sportsendungen und Unterhaltungsprogrammen überflutet zu werden, in denen der Fernsehzuschauer animiert wird, zu spielen und einen Preis zu gewinnen, ohne dass davon das Wesen der Sendung beeinträchtigt wird.


    51 – Dieser Gedanke beruht auf Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“, der es untersagt, Sendungen religiösen Inhalts sowie Nachrichten, Dokumentarfilme und Kinderprogramme, die eine Sendezeit von weniger als 30 Minuten haben, durch Werbung zu unterbrechen.


    52 – Die Kommission hat auf diese Möglichkeit in den Nrn. 21 und 41 der Mitteilung zu Auslegungsfragen in Bezug auf bestimmte Aspekte der Bestimmungen der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ über die Fernsehwerbung (ABl. 2004, C 102, S. 2) hingewiesen, in denen sie Minispots und Split Screen, bei dem redaktionelle Inhalte und Werbeinhalte gleichzeitig gesendet werden, anspricht.


    53 – In den Nrn. 41 bis 44 dieser Schlussanträge habe ich die Schwierigkeiten bei der Einstufung des Gewinnspiels des Ausgangsrechtsstreits als Fernsehwettbewerb unterstrichen.

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