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Document 62006CC0062

    Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 3. Mai 2007.
    Fazenda Pública - Director Geral das Alfândegas gegen ZF Zefeser - Importação e Exportação de Produtos Alimentares Lda.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Supremo Tribunal Administrativo - Portugal.
    Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 - Art. 3 - Nacherhebung von Eingangsabgaben - Strafrechtlich verfolgbare Handlungen - Für die Qualifizierung der Handlungen zuständige Behörde.
    Rechtssache C-62/06.

    Sammlung der Rechtsprechung 2007 I-11995

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2007:264

    SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

    VERICA Trstenjak

    vom 3. Mai 2007(1)

    Rechtssache C‑62/06

    Fazenda Pública – Director Geral das Alfândegas

    gegen

    ZF Zefeser – Importação e Exportação de Produtos Alimentares Lda

    (Vorabentscheidungsersuchen des Supremo Tribunal Administrativo [Portugal])

    „Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates – Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben – Zollrecht – Strafrechtlich verfolgbare Handlung – Begriff – Gemeinschaftsgrundrechte – Recht auf einen fairen Prozess – Grundsatz der Unschuldsvermutung – Grundsatz in dubio pro reo“





    I –    Einleitung

    1.        In der vorliegenden Rechtssache befasst das Supremo Tribunal Administrativo Portugals den Gerichtshof mit fünf Fragen zur Vorabentscheidung über die Auslegung der inzwischen aufgehobenen Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet(2).

    2.        Im Ausgangsverfahren streiten das Unternehmen ZF – Zefeser – Importação de Produtos Alimentares Lda (im Folgenden: Z. F. Zefeser) und die portugiesischen Finanzbehörden über die Frage der Rechtmäßigkeit eines berichtigten Zollbescheids, der Z. F. Zefeser zur nachträglichen Entrichtung von nicht erhobenen Zollabgaben verpflichtet. Während nach Ansicht von Z. F. Zefeser der Nacherhebung von Einfuhrabschöpfungen die Tatsache entgegensteht, dass die in Art. 2 Abs. 1 der Verordnung enthaltene dreijährige Regelverjährungsfrist mittlerweile verstrichen ist, verweisen die Finanzbehörden auf die Ausnahmebestimmung des Art. 3, nach welcher diese Frist dann nicht gilt, wenn die zuständigen Behörden feststellen, dass sie den Betrag der nach den gesetzlichen Vorschriften für die betreffende Ware geschuldeten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben infolge von Handlungen, die strafrechtlich verfolgbar sind, nicht genau ermitteln konnten. Einschlägig sei daher stattdessen die im nationalen Recht vorgesehene zehnjährige Verjährungsfrist.

    3.        Im Wesentlichen geht es hierbei um die Frage, welche Instanz die Zuständigkeit besitzt, mit Rechtswirkung für das Gemeinschaftsrecht darüber zu befinden, ob ein bestimmtes Verhalten eines Zollschuldners als eine „strafrechtlich verfolgbare Handlung“ im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 zu bewerten ist. Diese Zuständigkeit wird von den portugiesischen Zollbehörden beansprucht, die sich auf Wortlaut und Systematik der genannten Bestimmungen berufen. Hiergegen wendet Z. F. Zefeser ein, eine solche Auslegung sei nicht mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Unschuldsvermutung vereinbar, die eine rechtskräftige Verurteilung durch ein Strafgericht voraussetzten.

    II – Normativer Rahmen

    A –    Das Gemeinschaftsrecht

    1.      Die vor Inkrafttreten des Zollkodex geltende Regelung

    4.        Die Verjährungsfristen betreffend die Klagen zur Nacherhebung von Einfuhrabschöpfungen bestimmten sich im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 1980 und dem 31. Dezember 1993 nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1697/79, der folgendermaßen lautete:

    „Stellen die zuständigen Behörden fest, dass die nach den gesetzlichen Vorschriften geschuldeten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet wurden, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet, vom Abgabenschuldner ganz oder teilweise nicht angefordert worden sind, so fordern sie die nicht erhobenen Abgaben nach.

    Die Abgaben können jedoch nicht mehr nachgefordert werden, wenn seit der buchmäßigen Erfassung des ursprünglich vom Abgabenschuldner angeforderten Betrages oder, sofern eine buchmäßige Erfassung unterblieben ist, seit dem Tag, an dem die Zollschuld für die betreffende Ware entstanden ist, drei Jahre verstrichen sind.“

    5.        Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 sah eine Ausnahme zu dieser Regelverjährungsfrist von drei Jahren vor:

    „Stellen die zuständigen Behörden fest, dass sie den Betrag der nach den gesetzlichen Vorschriften für die betreffende Ware geschuldeten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben infolge von Handlungen, die strafrechtlich verfolgbar sind, nicht genau ermitteln konnte[n], so gilt die in Artikel 2 genannte Frist nicht.

    In diesem Fall erfolgt die Nacherhebung durch die zuständigen Behörden gemäß den in den Mitgliedstaaten geltenden Bestimmungen.“

    2.      Der Zollkodex

    6.        Die Verordnung Nr. 1697/79 ist durch die am 1. Januar 1994 in Kraft getretene Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften(3) (im Folgenden: Zollkodex) aufgehoben worden(4), deren Art. 221 Abs. 3 fortan Folgendes bestimmt:

    „Die Mitteilung an den Zollschuldner darf nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld nicht mehr erfolgen. Konnten die Zollbehörden jedoch aufgrund einer strafbaren Handlung den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag nicht genau ermitteln, so kann die Mitteilung noch nach Ablauf der genannten Dreijahresfrist erfolgen, sofern dies nach geltendem Recht vorgesehen ist.“

    B –    Das nationale Recht

    7.        Nach dem zum Zeitpunkt der Ereignisse, die Anlass zum Ausgangsrechtsstreit gegeben haben, geltenden Art. 34 Abs. 1 des Código de Processo Tributário (Finanzverfahrensordnung) in der Fassung der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 154/91 vom 23. April 1991 verfügte die portugiesische Steuerverwaltung über eine Frist von zehn Jahren, um eine Nacherhebung von Einfuhrabschöpfungen vorzunehmen, wenn die Höhe der Steuerschuld aufgrund einer betrügerischen Handlung nicht richtig festgelegt werden konnte.

    III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    8.        Im Oktober 1993 entlud ein aus der Türkei stammendes Schiff im portugiesischen Hafen von Setúbal eine bestimmte Menge Öl, die für das Unternehmen Z. F. Zefeser bestimmt war, während der Rest der an Bord befindlichen Ölladung den Zollbehörden gegenüber als Transitware erklärt wurde. Das Schiff setzte danach seine Fahrt in Richtung Ceuta (Spanien) fort, wo dieses restliche Öl entladen werden sollte. Gemäß den Angaben der spanischen Behörden kam dieses Schiff dort allerdings ohne die genannte Ladung an.

    9.        Auf der Grundlage dieser Informationen richtete die Zollbehörde von Setúbal am 9. April 1997, d. h. drei Jahre nach den Geschehnissen, die zur Entstehung der Zollschuld geführt hatten, einen berichtigten Zollbescheid an Z. F. Zefeser. Infolge einer Strafanzeige vom 18. März 1997 seitens der Zollbehörde wurden gegen die Geschäftsführer des Unternehmens auch Ermittlungsverfahren wegen Schmuggels, Urkundenfälschung, Betrugs und der Bildung einer kriminellen Vereinigung eröffnet.

    10.      Parallel zum Strafverfahren focht Z. F. Zefeser den Zollbescheid vor der portugiesischen Gerichtsbarkeit in Steuersachen an, wobei sie u. a. die Verjährung der Steuerschuld geltend machte. Die Klage wurde vom zuständigen portugiesischen Tribunal Tributário de Primeira Instância mit der Begründung abgewiesen, die einschlägige Verjährungsfrist betrage zehn und nicht drei Jahre, da strafrechtlich verfolgbare Handlungen begangen worden seien.

    11.      Dieses Urteil wurde am 12. Oktober 2004 im Zuge einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom Tribunal Central Administrativo wieder aufgehoben. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der Anwendbarkeit der dreijährigen Verjährungsfrist, nachdem in der Zwischenzeit das Strafurteil des Tribunal Judicial de Setúbal vom 10. Januar 2001, mit dem die Beschuldigten aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden waren, vom Supremo Tribunal de Justiça bestätigt und für rechtskräftig erklärt worden war.

    12.      Gegen das Verwaltungsurteil des Tribunal Central Administrativo legte das portugiesische Finanzministerium dann Rechtsmittel vor dem Supremo Tribunal Administrativo ein.

    13.      Das vorlegende Gericht stellt sich die Frage, ob es gemeinschaftsrechtskonform ist, von der dreijährigen Regelverjährungsfrist abzuweichen, wenn lediglich Indizien für eine Straftat bestehen, deretwegen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eröffnet wurde, das allerdings nicht in eine richterliche Verurteilung mündete. Es fragt sich insbesondere, ob eine weite Auslegung von Art. 3 der Verordnung die Rechte der Schuldner in dem Sinne beeinträchtigen könnte, dass sie es der Verwaltung erlauben könnte, durch Erstattung einer Strafanzeige die Frist für eine Klage zur Nacherhebung von Einfuhrabschöpfungen übermäßig auszudehnen.

    14.      Das Supremo Tribunal Administrativo hält die Auslegung des genannten Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 für streitig und hat daher beschlossen, dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.         Ist im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 die Qualifizierung als „Handlungen, die strafrechtlich verfolgbar sind“, die von Zollbehörden vorgenommene Qualifizierung, wobei diese ausreicht, oder ist es erforderlich, dass diese Qualifizierung von dem zuständigen Gericht in Strafsachen vorgenommen wird?

    2.         Genügt in diesem zweiten Fall die bloße Anklage durch die zuständige Strafverfolgungsbehörde (im portugiesischen Fall das Ministério Público [Staatsanwaltschaft]), oder ist die Verurteilung des Schuldners in dem betreffenden Strafverfahren erforderlich?

    3.         Sind ebenfalls in diesem letztgenannten Fall jeweils unterschiedliche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, dass das Gericht den Schuldner nach dem Grundsatz in dubio pro reo freigesprochen hat oder dass es ihn deshalb freigesprochen hat, weil bewiesen worden ist, dass der Schuldner die betreffende Straftat nicht begangen hat?

    4.         Welche Folgen ergeben sich daraus, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Schuldner keine Anklage erhebt, weil sie der Auffassung ist, dass es keine Indizien für Handlungen, die strafrechtlich verfolgbar sind, gibt? Steht eine solche Entscheidung dem entgegen, dass eine Klage zur Eintreibung nicht eingezogener Abgaben erhoben wird?

    5.         Wenn die Staatsanwaltschaft oder das Gericht in Strafsachen selbst das Strafverfahren wegen Strafverfolgungsverjährung einstellt, führt eine solche Entscheidung dann dazu, dass die entsprechende Klage zur Eintreibung der nicht eingegangenen Abgaben nicht erhoben werden kann?

    IV – Das Verfahren vor dem Gerichtshof

    15.      Der Vorlagebeschluss vom 11. Januar 2006 ist am 6. Februar 2006 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen worden.

    16.      Schriftliche Erklärungen sind von Z. F. Zefeser, der portugiesischen und der irischen Regierung sowie der Kommission innerhalb der in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs genannten Frist eingereicht worden.

    17.      In der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2007 sind die Vertreter der Beteiligten des schriftlichen Verfahrens erschienen, um mündliche Ausführungen zu machen.

    V –    Wesentliche Argumente der Parteien

    A –    Erste und zweite Frage

    18.      Sowohl die Regierungen Portugals und Irlands als auch die Kommission berufen sich auf die Regelung in Art. 2 der Verordnung, wonach die Qualifizierung eines Verhaltens als „strafrechtlich verfolgbare Handlung“ allein den nationalen Zollbehörden obliege. Dafür spreche neben dem systematischen Zusammenhang der Bestimmungen auch der Wortlaut von Art. 3 der Verordnung, der keine Verurteilung des Betroffenen verlange. Sie verweisen darüber hinaus auf das Urteil Meico-Fell(5), in dem der Gerichtshof die Zollbehörden für zuständig für die Nacherhebung von Einfuhrabschöpfungen erklärt habe.

    19.      Dagegen wendet Z. F. Zefeser ein, eine Handlung könne erst als Straftat bezeichnet werden, wenn sie in einem in Rechtskraft erwachsenen Urteil als solche festgestellt werde. Erst dann könne sich eine Nacherhebung von Abgaben auf vermeintliche Verstöße gegen das Strafrecht beziehen. Die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Unschuldsvermutung verbieten, dass die rechtlichen Beurteilungen der Zollbehörden und der Staatsanwaltschaft zur Grundlage der Nacherhebung gemacht werden.

    B –    Dritte Frage

    20.      Betreffend die Konsequenzen, die im Falle eines Freispruchs zu ziehen wären, tragen die portugiesische und die irische Regierung vor, es komme allein auf die Begehung einer strafbaren Handlung und nicht auf den Ausgang eines Strafverfahrens an.

    21.      Dagegen ist die Kommission der Ansicht, dass die Frist des Art. 3 der Verordnung im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen könne, da in den zugrunde liegenden Strafverfahren gegen die Geschäftsführer von Z. F. Zefeser eine strafrechtlich verfolgbare Handlung nicht habe nachgewiesen werden können.

    22.      Z. F. Zefeser teilt diese Ansicht und macht ebenfalls geltend, dass das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung es verbiete, zwei widersprüchliche Entscheidungen hinzunehmen, d. h. einen Freispruch auf strafrechtlicher Ebene und eine Verurteilung im Bereich des Zollrechts.

    C –    Vierte und fünfte Frage

    23.      Die Regierungen Portugals und Irlands sowie die Kommission verweisen auf ihre Antwort auf die erste Vorlagefrage, wonach allein die Entscheidung der Zollbehörden ausschlaggebend sei. Demgemäß stehe eine strafrechtliche Nichtverfolgung oder eine Einstellung des Verfahrens nicht im Widerspruch zu einer Nacherhebung von Einfuhrabschöpfungen nach Ablauf der dreijährigen Regelverjährungsfrist.

    24.      Z. F. Zefeser ist der Auffassung, dass die vierte Vorlagefrage für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens nicht notwendig sei, da im vorliegenden Fall Ermittlungsverfahren eröffnet worden seien. Im Hinblick auf die fünfte Frage schlägt sie vor, sie im Licht des Prinzips der Unschuldsvermutung dahin gehend zu beantworten, dass die Einstellung einer strafrechtlichen Verfolgung einer Nacherhebung von Einfuhrabschöpfungen im Wege steht.

    VI – Rechtliche Würdigung

    A –    Einleitende Bemerkungen

    25.      Bei Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 und Art. 221 Abs. 3 und 4 des Zollkodex handelt es sich um gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, die Fristen festlegen, innerhalb deren die zuständigen Behörden die nicht erhobenen Abgaben vom Abgabenschuldner nachfordern dürfen. Sie stellen daher nicht bloß Verfahrensvorschriften dar, sondern enthalten materiellrechtliche Verjährungsfristen, an deren Ablauf das Zollrecht der Gemeinschaft materiellrechtliche Folgen, nämlich das Erlöschen der Zollschuld, knüpft(6).

    26.      Allgemein gilt nach ständiger Rechtsprechung, dass Verfahrensvorschriften grundsätzlich auf alle bei ihrem Inkrafttreten anhängigen Streitigkeiten anwendbar sind, während materiell-rechtliche Vorschriften gewöhnlich so ausgelegt werden, dass sie nicht für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte gelten(7). Für die Frage, nach welchen Vorschriften sich die Nacherhebung vollzieht, ist maßgebend, wann die Zollanmeldung angenommen worden ist. Geht es also um eine Anmeldung, die vor dem 1. Januar 1994 angenommen worden ist, regelt sich die Nacherhebung nach Art. 2 der Verordnung Nr. 1697/79(8). Dies ist hier der Fall, da zum Zeitpunkt der dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegenden Fakten, nämlich als die ursprüngliche Einfuhr des Öls im Hafen von Setúbal im Oktober 1993 stattfand und die restliche Schiffsladung gegenüber den portugiesischen Zollbehörden als Transitware erklärt wurde, die besagte Verordnung noch in Kraft war.

    27.      Im Ausgangsrechtsstreit sind daher die materiell-rechtlichen Vorschriften der vor der Geltung des Zollkodex anwendbaren Regelung und die verfahrensrechtlichen Vorschriften dieses Kodex anzuwenden.

    B –    Prüfung der Vorlagefragen

    1.      Zur ersten Vorlagefrage

    28.      Mit seinem Vorabentscheidungsersuchen gibt das vorlegende nationale Gericht Anlass zur Untersuchung von Fragen, die wesentliche Aspekte des nationalen Verfahrens- sowie des Staatsorganisationsrechts betreffen. Allen voran geht es hierbei um die Frage der Rechtswirkungen von Entscheidungen nationaler Strafverfolgungsorgane auf das Zollrecht der Gemeinschaft, einen Bereich des Rechts, der heute, nach Vollendung der Zollunion der Gemeinschaft, überwiegend in deren ausschließliche Gesetzgebungskompetenz fällt(9), jedoch im Zuge des sogenannten unmittelbaren mitgliedstaatlichen Verwaltungsvollzugs des Gemeinschaftsrechts in erster Linie von den nationalen Behörden angewandt wird(10).

    a)      Statthafter Vorlagegegenstand

    29.      Zunächst ist es notwendig, daran zu erinnern, dass statthafter Vorlagegegenstand im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 EG ausschließlich die vom nationalen Richter gestellte Frage nach der Gültigkeit oder Auslegung von Gemeinschaftsrecht sein kann. Dagegen ist dem Gerichtshof verwehrt, zu Fragen nach der Auslegung oder Gültigkeit nationalen Rechts Stellung zu nehmen(11).

    30.      Die streitgegenständliche Verordnung Nr. 1697/79 unterliegt zweifellos der Auslegungskompetenz des Gerichtshofs. Zum Gemeinschaftsrecht zählen nämlich gemäß Art. 234 Abs. 1 Buchst. b EG die Handlungen der Organe der Gemeinschaft, worunter auch das gesamte organgeschaffene sekundäre Gemeinschaftsrecht zu verstehen ist. Hingegen wirft der in Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der „strafrechtlich verfolgbaren Handlung“ die Frage auf, ob er überhaupt einer Auslegung durch den Gerichtshof zugänglich ist oder vielmehr aufgrund seines systematischen Zusammenhangs mit dem materiellen bzw. prozessualen Strafrecht in die Auslegungskompetenz nationaler Instanzen fällt.

    31.      Im Urteil Meico-Fell(12) erklärte der Gerichtshof, dass unter dem Begriff der „strafrechtlich verfolgbaren Handlung“ nur solche Handlungen zu verstehen sind, die nach der Rechtsordnung des Mitgliedstaats, dessen zuständige Behörden eine Nachforderung erheben, Taten im Sinne des nationales Strafrechts sind(13). Damit folgte der Gerichtshof im Wesentlichen der Auffassung des Generalanwalts Van Gerven, der in jener Klausel eine implizite Verweisung(14) auf das Recht der Mitgliedstaaten erkannte. In seinen Schlussanträgen in dieser Rechtssache wies der Generalanwalt nämlich darauf hin, dass der Begriff der „strafrechtlich verfolgbaren Handlung“ auf der Grundlage des anwendbaren nationalen Rechts zu ermitteln sei. Dabei betonte er, dass dies jedoch unter Anwendung einheitlicher, vom Gerichtshof aufgestellter Leitlinien für die Auslegung geschehen müsse(15).

    32.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist den Begriffen einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die für die Erläuterung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Gemeinschaft eine autonome und einheitliche Auslegung zu geben, die unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs und des mit der betreffenden Regelung verfolgten Ziels zu ermitteln ist. Wenn eine ausdrückliche Verweisung fehlt, kann die Anwendung des Gemeinschaftsrechts gegebenenfalls eine Verweisung auf das Recht der Mitgliedstaaten einschließen, wenn der Gemeinschaftsrichter dem Gemeinschaftsrecht oder den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts keine Anhaltspunkte entnehmen kann, die es ihm erlauben, Inhalt und Tragweite des Gemeinschaftsrechts durch eine autonome Auslegung zu ermitteln(16).

    33.      Verweisungen dieser Art sind insbesondere dann unumgänglich, wenn die Gemeinschaft aufgrund nicht ausgeübter(17) oder gar fehlender Rechtsetzungskompetenz in einem spezifischen Bereich keine einheitliche Terminologie für das Gemeinschaftsrecht geschaffen hat. Sie sind somit eine Folge der dem Gemeinschaftsrecht gemäß Art. 5 EG innewohnenden Prinzipien der begrenzten Einzelermächtigung und der Subsidiarität(18). Entsprechend verwies der Gerichtshof in dem bereits genannten Urteil Meico-Fell vor dem Hintergrund der Gefahr, dass der Begriff der „strafrechtlich verfolgbaren Handlung“ angesichts des in den Mitgliedstaaten geltenden materiellen Strafrechts zu unterschiedlichen Ergebnissen führen könnte, darauf, dass die strafrechtliche Einordnung eines bestimmten Verhaltens beim damaligen Stand des Gemeinschaftsrechts nicht harmonisiert und daher Sache des nationalen Rechts war(19).

    34.      Für die Behandlung der vorliegenden Rechtssache erscheint mir allerdings die zweite Aussage des Generalanwalts Van Gerven von größerer Relevanz, wonach nationale Instanzen bei der Auslegung des nationalen Rechts an die Leitlinien des Gerichtshofs gebunden sind(20).

    35.      Ich verstehe diese Aussage so, dass der Umstand, dass eine Norm des Gemeinschaftsrechts auf das mitgliedstaatliche Recht verweist, nicht dazu führen kann, dass das nationale Recht dem Einfluss des Gemeinschaftsrechts gänzlich entzogen wird. Vielmehr meine ich, dass das nationale Recht sich innerhalb des Rahmens zu halten hat, den ihm das Gemeinschaftsrecht durch die implizite Verweisung setzt. Dies hat aus meiner Sicht erst recht zu gelten, wenn es, wie in der vorliegenden Rechtssache, nicht um eine Frage des materiellen Strafrechts, sondern ausschließlich um die verfahrensrechtliche Bedeutung des Begriffs der „strafrechtlich verfolgbaren Handlung“ geht. Sie betrifft nämlich die Rechtswirkungen staatsanwaltschaftlicher bzw. gerichtlicher Entscheidungen im Strafprozess auf die praktische Durchführung des Nacherhebungsverfahrens durch die mitgliedstaatlichen Behörden.

    36.      Anders als in der Rechtssache Meico-Fell steht hier einer Auslegung dieses Begriffs durch den Gerichtshof nicht die fehlende Strafgewalt der Gemeinschaft (ius puniendi)(21), sondern die Organisations- bzw. die Verwaltungshoheit der Mitgliedstaaten beim Vollzug des Gemeinschaftsrechts entgegen. Darunter versteht man die Befugnis der Mitgliedstaaten, mangels eines allgemeinen Verfahrensrechts der Gemeinschaft, jene Organe der Verwaltung(22) und der Gerichtsbarkeit(23) zu bestimmen, die für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts auf mitgliedstaatlicher Ebene zuständig sind. Dennoch entbindet diese Verwaltungshoheit die Mitgliedstaaten nicht von der Pflicht, bestimmte Vorgaben, die ihnen das Gemeinschaftsrecht auferlegt, allen voran das Gebot der Effizienz im Sinne einer weitestgehenden praktischen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts bei dessen Umsetzung, zu erfüllen(24).

    37.      Eine einheitliche Anwendung des Zollrechts ist nicht nur vor dem Hintergrund der großen integrationspolitischen und wirtschaftlichen Bedeutung der Zollunion für die Gemeinschaft erforderlich(25), sondern auch im Interesse der Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze im Verhältnis zwischen den Behörden und dem Bürger von Bedeutung. Ausschluss und Verjährungsfristen gelten nämlich im Interesse der Rechtssicherheit und sind dazu bestimmt, sowohl den Abgabenschuldner als auch die Behörden zu schützen(26). Meines Erachtens muss angesichts dieser gewichtigen Aspekte wie auch im Hinblick auf die Gewährleistung der einheitlichen Geltung des Gemeinschaftsrechts und der Gleichbehandlung der Abgabenschuldner, d. h. eines der Ziele der Verordnung Nr. 1697/79 (vorstehend, Nr. 4), die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten zurückgedrängt werden, um eine einheitliche Regelung für das Zollrecht der Gemeinschaft zu finden(27).

    38.      Demnach hat das Supremo Tribunal Administrativo im Hinblick auf die verfahrensrechtliche Bedeutung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „strafrechtlich verfolgbaren Handlung“ eine Frage nach der Auslegung von Gemeinschaftsrecht vorgelegt, deren Beantwortung in die Kompetenz des Gerichtshofs im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 Abs. 1 Buchst. b EG fällt.

    b)      Auslegung der Verordnung

    i)      Wortlautauslegung

    39.      Wie der Gerichtshof bereits mehrfach festgestellt hat, gebietet die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung der Gemeinschaftsverordnungen, die jeweilige Vorschrift im Lichte der anderen Sprachfassungen auszulegen und anzuwenden(28). Ausgangspunkt der Auslegung muss daher die Art und Weise sein, in der der streitgegenständliche Begriff in den verschiedenen Sprachfassungen wiedergegeben wird. Dabei fällt auf, dass einige Fassungen, insbesondere die deutsche und die niederländische, in denen von „Handlungen, die strafrechtlich verfolgbar sind“, und „een strafrechtelijk vervolgbare handeling“ die Rede ist, keine eindeutige Aussage darüber treffen, ob ein Strafgericht im Einzelfall mit einem strafrechtlich relevanten Sachverhalt überhaupt befasst sein muss oder ob die bloße abstrakte Strafbarkeit der jeweiligen Handlung nach dem materiellen Strafrecht ausreicht.

    40.      Dagegen verweisen die portugiesische, die französische, die spanische, die englische und die italienische Fassung („um acto passível de procedimento judicial repressivo“, „un acte passible de poursuites judiciaires répressives“, „un acto que puede dar lugar a la incoación de un proceso judicial punitivo“, „an act that could give rise to criminal court proceedings“, „un atto passibile di un’azione giudiziaria repressiva“) eindeutig auf das gerichtliche Verfahren im Strafprozess und sogar auf die Möglichkeit der Verhängung strafgerichtlicher Sanktionen, was die Vermutung nahelegt, dass von einer strafrechtlich verfolgbaren Handlung erst dann ausgegangen werden kann, wenn Anklage vor einem Strafgericht erhoben wird und nach Durchführung der Hauptverhandlung eine Verurteilung durch das Gericht erfolgt. Angesichts der präziseren Aussage dieser Sprachfassungen ist davon auszugehen, dass eine entsprechende Auslegung eher dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers gerecht wird.

    41.      Die auffallend weite Formulierung, die der Gemeinschaftsgesetzgeber für die Umschreibung des strafbaren Verhaltens gefunden hat, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Vielmehr spricht sie aus meiner Sicht dafür, dass die Strafbarkeit im Einzelfall nach Maßgabe der materiellen und prozessualen Vorschriften des mitgliedstaatlichen Strafrechts feststehen muss. Sie muss vor dem Hintergrund des damaligen Standes des Gemeinschaftsrechts und des seinerzeit herrschenden Konsenses bezüglich der fehlenden Strafgewalt der Gemeinschaft betrachtet werden.

    ii)    Systematische und teleologische Auslegung

    42.      Die Regierungen Portugals und Irlands sowie die Kommission leiten aus der allgemeinen Zuständigkeit der nationalen Zollbehörden bei der Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1697/79 die Befugnis der Zollbehörden her, mit Wirkung für das Gemeinschaftsrecht bestimmen zu dürfen, ob eine „strafrechtlich verfolgbare Handlung“ vorliegt.

    43.      Dem ist entgegenzuhalten, dass, sofern die Zollbehörden unstreitig für die Nachforderung nicht erhobener Abgaben gemäß den einschlägigen Bestimmungen zuständig sind, diese Befugnis allein keine Rückschlüsse auf eine etwaige gemeinschaftsrechtlich begründete Annexkompetenz der Zollbehörden zur Qualifizierung einer Handlung als strafbar zulässt.

    44.      Aus Ziel und Inhalt der Verordnung Nr. 1697/79 ergibt sich vielmehr, dass der Aussagegehalt von Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 sich darin erschöpft, eine Ermächtigungsgrundlage für die Nacherhebung zu schaffen. Diese Gemeinschaftsrechtsnorm gibt nämlich an, in welchen Fällen Zölle vom Abgabenschuldner nachgefordert werden können, wenn die zuständigen Zollbehörden feststellen, dass die ursprüngliche Erhebung unrichtig oder unvollständig war(29). Zwar verweisen beide Vorschriften auf eine Kompetenz der zuständigen Behörden für die Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Nacherhebung vorliegen, doch lässt sich ihnen keine Aussage darüber entnehmen, auf der Basis welcher Erkenntnisse die zuständigen Behörden diese Feststellung treffen sollen.

    45.      Grundsätzlich sprechen sowohl die Sachnähe zum Zollverfahren als auch die Erfahrung und das spezielle Fachwissen, über das Zollbehörden in der Regel verfügen, für eine Kompetenz im Bereich der Sachverhaltsaufklärung, wie sie in einigen Mitgliedstaaten üblich ist(30). Allerdings darf diese Ermittlungskompetenz nicht mit der strafrechtlichen Würdigung einer Handlung gleichgesetzt werden(31), die entsprechend den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten grundsätzlich der Strafrechtspflege vorbehalten ist(32). Eine gegenteilige Auslegung würde darauf hinauslaufen, den Zoll- und Finanzbehörden als Teil der ausführenden Staatsgewalt eine quasijustizielle Stellung zukommen zu lassen, die weder in den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten noch im Gemeinschaftsrecht eine Stütze findet.

    46.      So folgt etwa aus Art. 135 EG sowie aus der Gegenüberstellung dieser Bestimmung des primären Gemeinschaftsrechts zu den Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Union betreffend die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, dass Zollwesen und Strafrechtspflege nach dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers weiterhin eigenständige Bereiche hoheitlichen Handelns bleiben sollen(33). Art. 135 Satz 1 EG enthält eine Ermächtigung des Rates, Maßnahmen zum Ausbau der Zusammenarbeit im Zollwesen zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission zu treffen, wobei in Satz 2 klargestellt wird, dass die Anwendung des Strafrechts der Mitgliedstaaten und ihre Strafrechtspflege von diesen Maßnahmen unberührt bleiben(34). Die grundsätzliche Trennung zwischen Zollwesen und Strafrechtspflege, wie sie das Gemeinschaftsrecht vorsieht, stellt meines Erachtens einen Anhaltspunkt dafür dar, dass Erwägungen der Zollbehörden betreffend die Strafbarkeit einer Handlung eine richterliche Beurteilung nicht ersetzen können(35).

    47.      Generalanwalt Van Gerven geht offenkundig von ähnlichen Überlegungen aus, wenn er in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Meico-Fell zunächst ausdrücklich erklärt, es obliege dem nationalen Gericht, auf der Grundlage des anwendbaren nationalen Rechts zu ermitteln, ob eine „strafrechtlich verfolgbare Handlung“ vorliege(36). Diese Ausführungen werden anschließend durch die Feststellung ergänzt, wonach der streitgegenständliche Rechtsbegriff sich notwendigerweise auf mit Sanktionen bedrohte Handlungen beziehe, die von einem Gericht festgelegt werden müssten(37).

    48.      Aus einer systematischen und teleologischen Auslegung ist daher zu folgern, dass die Verweisung in Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 nicht allein als Rückgriff auf das materielle, sondern auch auf das prozessuale Strafrecht der Mitgliedstaaten gemeint ist.

    iii) Auslegung im Licht der Gemeinschaftsgrundrechte

    49.      Diese Schlussfolgerung wird durch eine Auslegung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1697/79 im Licht der Verfahrensgrundrechte der Gemeinschaft, allen voran des Rechts auf einen fairen Prozess, bestätigt.

    50.      Nach ständiger Rechtsprechung gehören die Grundrechte zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat(38). Dabei lässt er sich von den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten und den Hinweisen leiten, die die völkerrechtlichen Verträge über den Schutz der Menschenrechte geben, an deren Abschluss die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind. In diesem Rahmen kommt der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) besondere Bedeutung zu(39).

    51.      Diese Rechtsprechung ist im Zuge der weiteren Entwicklung des europäischen Integrationsprozesses in Art. 6 Abs. 2 EU verankert worden. Nach dieser Bestimmung achtet die Union die Grundrechte, wie sie in der EMRK gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts.

    52.      Der Gerichtshof hat dabei mehrfach ausgeführt, dass auch die Mitgliedstaaten die Erfordernisse des Grundrechtsschutzes in der Gemeinschaftsrechtsordnung bei der Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zu beachten haben und diese deshalb, soweit irgend möglich, in Übereinstimmung mit diesen Erfordernissen anwenden müssen(40). Daraus ist zu folgern, dass die Mitgliedstaaten gleichermaßen wie die Gemeinschaftsinstitutionen unmittelbar an die Grundrechte des Gemeinschaftsrechts gebunden sind, wenn und soweit sie im Anwendungsbereich der Verträge tätig werden(41). Diese Voraussetzung ist zweifellos erfüllt, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, für den administrativen Vollzug des Zollrechts zuständig sind.

    53.      Der Gerichtshof hat ferner erklärt, dass er, wenn eine einzelstaatliche Regelung in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fällt, im Vorabentscheidungsverfahren dem vorlegenden Gericht alle Auslegungskriterien an die Hand zu geben hat, die es benötigt, um die Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Wahrung er sichert(42).

    –       Recht auf einen fairen Prozess

    54.      Für die Beantwortung der ersten Vorlagefrage ist zunächst die Aussage des Art. 6 Abs. 1 EMRK relevant, wonach jedermann Anspruch darauf hat, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat. Dieses Grundrecht hat ähnliche Gestalt in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(43) angenommen, nach dem jede Person ein Recht darauf hat, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Der Gerichtshof hat aus diesen Grundrechten ausdrücklich einen allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz entwickelt, wonach jedermann Anspruch auf einen fairen Prozess hat(44) und der ebenfalls für den Bereich des Strafrechts anwendbar ist(45).

    55.      Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union verfügen über eine komplexe Gerichtsorganisation mit einer Vielzahl von Gerichten mit genau abgegrenzten Befugnissen und Sachgebieten. Die verschiedenen Gerichtssysteme innerhalb der Europäischen Union spiegeln die vielfältigen Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten wider. Die meisten Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten sehen jedoch neben einer Gerichtsbarkeit in Zivil- und Verwaltungssachen eine Strafgerichtsbarkeit vor, die durch ein besonderes Verfahren zur Ermittlung und Aburteilung strafbarer Handlungen gekennzeichnet ist. Ihr obliegt die Aufgabe, den Strafanspruch des Staates bei gleichzeitiger Wahrung der Rechte des Beschuldigten zu verwirklichen(46). Sie gewährleistet neben einer speziellen Sachkunde im Bereich der Strafverfolgung und des individuellen Rechtsschutzes die erforderliche richterliche Unabhängigkeit, um ihre Aufgaben wahrzunehmen(47).

    56.      Um zu verhindern, dass der Rechtsschutz, den die Strafgerichtsbarkeit bietet, durch die Klassifizierung von Strafverfolgungsmaßnahmen als disziplinäre, verwaltungs- oder zivilrechtliche Maßnahmen umgangen wird(48), hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärt, dass der Begriff der „strafrechtlichen Anklage“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EMRK autonom ausgelegt werden muss(49). Dabei ist unbestritten, dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff neben einer materiellen insofern auch eine prozessuale Komponente enthält, als der Schutzbereich dieses Grundrechts das gesamte Strafverfahren, einschließlich Rechtsmittelverfahren und Verurteilung, umfasst(50).

    57.      Dieselben Überlegungen müssen meines Erachtens hier im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsbegriffs der „strafrechtlich verfolgbaren Handlung“ in Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 Anwendung finden. Die Verfahrensgarantien, die das Gemeinschaftsrecht in Anlehnung an Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Grundrechtecharta vorsieht, könnten andernfalls Gefahr laufen, umgangen zu werden, wenn ein Mitgliedstaat berechtigt wäre, eine zusätzliche, konkurrierende Instanz mit Rechtsprechungsgewalt zu schaffen. Dies gilt erst recht für eine Kompetenzzuweisung an die Zollbehörden als Teil der ausführenden Staatsgewalt, die von vornherein dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Grundrechtecharta widerspricht.

    –       Grundsatz der Unschuldsvermutung

    58.      ­Des Weiteren halte ich es auch im Hinblick auf die erste Vorlagefrage für zweckmäßig, auf den in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankerten Grundsatz zu verweisen, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist. In Art. 48 der Grundrechtecharta heißt es entsprechend, dass jede angeklagte Person bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig gilt. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung wird als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips in allen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union anerkannt.

    59.      Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gibt Aufschluss darüber, was unter dem Grundssatz der Unschuldsvermutung zu verstehen ist. Aus ihr geht hervor, dass dieser Grundsatz unterschiedliche Ausprägungen kennt. Dennoch lassen sich für die vorliegende Rechtssache folgende relevante Merkmale feststellen.

    60.      Der Grundsatz der Unschuldsvermutung kommt nur einer Person zugute, die wegen einer strafbaren Handlung angeklagt ist(51). Er verpflichtet den Staat, den Angeklagten so lange so zu behandeln, als hätte er keine Straftat begangen, bis der Staat in Gestalt der Strafverfolgungsbehörden ausreichende Beweise vorgelegt hat, die ein unabhängiges und unparteiisches Gericht von seiner Schuld überzeugen. In der Regel muss der Staatsanwalt die Schuld des Angeklagten zweifelsfrei beweisen. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte liegt die Beweislast bei der Staatsanwaltschaft, und jeder Zweifel muss dem Angeklagten zugutekommen(52).

    61.      Ferner darf ein Gericht oder ein Amtsträger keine Aussage dahin machen, dass der Angeklagte sich einer Straftat schuldig gemacht hat, bevor er nicht vor Gericht gestellt und verurteilt worden ist. Die Unschuldsvermutung wird verletzt, wenn mit der Äußerung eines Amtsträgers, die eine einer Straftat angeklagte Person betrifft, Aussagen zu deren Schuld getroffen werden, ohne dass diese Schuld entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen nachgewiesen worden ist und ohne dass die Person Gelegenheit erhalten hat, von ihren Verteidigungsrechten Gebrauch zu machen(53). Werden in der Öffentlichkeit Erklärungen zu Sachverhalten abgegeben, die im Zusammenhang mit dem Strafprozess stehen, so ist Zurückhaltung angezeigt(54).

    62.      Hinter dieser Rechtsprechung steht zum einen die Rechtsüberzeugung, dass nur das Strafverfahren zur förmlichen Feststellung strafrechtlicher Schuld führen kann und damit kein anderes Staatsorgan jemanden als schuldig bezeichnen darf. Zum anderen trägt sie dem Umstand Rechnung, dass die öffentliche Äußerung eines Verdachts seitens staatlicher Stellen negative Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Individuums haben kann. Folgerichtig bezweckt sie den Schutz eines Verdächtigten vor Vorverurteilungen(55).

    63.      Meines Erachtens birgt eine Feststellung über die Strafwürdigkeit einer Handlung des Abgabenschuldners, wenn sie von Seiten der Zollbehörden im Rahmen des Nacherhebungsverfahrens vorgenommen wird, noch bevor ein rechtskräftiges Strafurteil ergangen ist, die Gefahr einer unzulässigen Vorverurteilung und einer öffentlichen Brandmarkung des Abgabenschuldners. Zwar stünde es dem Abgabenschuldner frei, einen von den Behörden erlassenen Zollbescheid im Wege einer verwaltungsgerichtlichen Klage anzufechten und sich damit gegen den indirekten Vorwurf der Strafbarkeit seines Verhaltens zu wehren, jedoch kann dem Betroffenen nicht zugemutet werden, eine andere Rechtsschutzmöglichkeit als die ihm mit dem Strafprozessrecht garantierte in Anspruch zu nehmen. Vielmehr obliegt es dem Mitgliedstaat, die Fürsorgepflichten, die ihm die EMRK(56) und das Gemeinschaftsrecht auferlegen, wahrzunehmen. Eine Auslegungskompetenz zugunsten der Zollbehörden, wie sie die portugiesische Regierung und die Kommission vertreten, kann deshalb nicht als mit der Rechtsprechung Minelli, Ribemont, Daktaras und Butkevičius(57) des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Grundsatz der Unschuldsvermutung vereinbar betrachtet werden. Die damit einhergehende Grundrechtseinschränkung für den Abgabenschuldner kann auch nicht mit einem etwaigen Interesse der Gemeinschaft an einer Nacherhebung von möglicherweise unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht nicht entrichteten Abgaben gerechtfertigt werden.

    c)      Ergebnis

    64.      Nach alledem ergibt sich, dass der Rechtsbegriff der „strafrechtlich verfolgbaren Handlung“ auch im Licht der Gemeinschaftsgrundrechte als Verweisung auf das mitgliedstaatliche Strafprozessrecht zu verstehen ist. Folglich vermag allein die rechtskräftige Entscheidung eines mitgliedstaatlichen Strafgerichts Auslegungswirkung für das anzuwendende Nacherhebungsrecht der Gemeinschaft zu erzeugen.

    2.      Zur zweiten Vorlagefrage

    65.      Aus meinen Ausführungen zur ersten Vorlagefrage ergibt sich bereits, dass eine staatsanwaltliche Entscheidung eine abschließende richterliche Beurteilung nicht zu ersetzen vermag. Zu beachten ist ferner, dass zum einen in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Staatsanwaltschaft in organisatorischer und funktioneller Hinsicht entweder der ausführenden Staatsgewalt zugeordnet oder jedenfalls als in enger Beziehung zu ihr stehend angesehen wird(58) und zum anderen verfahrensrechtlich dem Strafrichter eine Letztentscheidungskompetenz dahin gehend zugewiesen wird, dass der Strafprozess endet, sobald das Strafurteil rechtskräftig ist. Der gesetzliche Beweis der Schuld wird somit erst durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil erbracht(59). Diese Schlussfolgerung stimmt im Übrigen mit der Einschätzung der portugiesischen Regierung überein, wonach die einzige Möglichkeit, sicherzustellen, dass eine „strafrechtlich verfolgbare Handlung“ tatsächlich begangen wurde, darin bestehe, das Ende des Strafprozesses abzuwarten(60). Folgerichtig muss im Interesse der Rechtssicherheit allein auf diesen Hoheitsakt und nicht auf die Anklage durch die Staatsanwaltschaft abgestellt werden.

    3.      Zur dritten Vorlagefrage

    66.      Der Grundsatz der Unschuldsvermutung, wie er aus Art. 6 Abs. 2 EMRK und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hervorgeht, verlangt vom Staatsanwalt, die Schuld des Angeklagten zweifelsfrei zu beweisen(61). Der nach überwiegender Auffassung auch aus dieser Vorschrift abzuleitende Grundsatz in dubio pro reo(62) findet im Rahmen der richterlichen Urteilsfindung Anwendung. Er stellt somit eine besondere Ausprägung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung dar.

    67.      Anders als für die Staatsanwaltschaft ist dieser Grundsatz für den Strafrichter aber keine Beweisregel, sondern eine Entscheidungsregel. Der Satz sagt dem Richter nicht, wann er Zweifel haben muss, sondern nur, wie er zu entscheiden hat, wenn er Zweifel hat. Lässt sich in einem Strafprozess nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufklären, ob ein Beschuldigter eine bestimmte Straftat begangen hat, ist zu seinen Gunsten von seiner Unschuld auszugehen(63). Das Strafprozessrecht trägt diesem Umstand dadurch Rechnung, dass es vom Richter für die Verurteilung des Angeklagten grundsätzlich die Gewissheit jenseits jeglichen vernünftigen Zweifels über dessen Schuld verlangt, wobei die genauen Anforderungen an die richterliche Überzeugung sich nach Maßgabe des nationalen Strafprozessrechts bestimmen und daher von einem Mitgliedstaat zum anderen abweichen können(64). Der Grundsatz in dubio pro reo gewährt dem Angeklagten das Recht, so behandelt zu werden, als sei seine Unschuld bewiesen worden(65). Demnach besteht aus der Perspektive des Strafprozesses und des Grundrechtsschutzes kein qualitativer Unterschied zwischen einem Freispruch aus Mangel an Beweisen und einem Freispruch resultierend aus einer zweifelsfreien Feststellung der Unschuld des Angeklagten(66).

    68.      Die Verweisung auf das mitgliedstaatliche Strafprozessrecht in Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 hat eine Bindung der Gemeinschaft an diese Verfahrensgrundsätze zur Folge, so dass, was die Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo betrifft, im Verhältnis zwischen den mit der Durchführung der Verordnung beauftragten nationalen Behörden und dem Abgabenschuldner nichts anderes gelten kann. Folglich darf ein Abgabenschuldner, der von einem Strafgericht aus Mangel an Beweisen freigesprochen wird, rechtlich nicht schlechter behandelt werden als derjenige, dessen Unschuld zweifelsfrei festgestellt wird.

    4.      Zur vierten Vorlagefrage

    69.      Mit der vierten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht zum einen vom Gerichtshof wissen, welche Folgen sich daraus ergeben, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Schuldner keine Anklage erhebt, weil sie der Auffassung ist, dass es keine Indizien für Handlungen gibt, die strafrechtlich verfolgbar wären. Zum anderen möchte es eine Antwort auf die Frage erhalten, ob eine solche Entscheidung dem entgegensteht, dass eine Klage zur Eintreibung nicht eingezogener Abgaben erhoben wird.

    70.      Hinsichtlich dieser Frage möchte ich daran erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung das mit Art. 234 EG eingerichtete Verfahren der Vorabentscheidung ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten ist, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten die Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen(67).

    71.       Im Rahmen dieser Zusammenarbeit ist es allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Betreffen daher die vorgelegten Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, so ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden(68).

    72.      Der Gerichtshof hat jedoch auch entschieden, dass es ihm in Ausnahmefällen obliegt, zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände zu untersuchen, unter denen er von dem nationalen Gericht angerufen wird. Er kann die Entscheidung über die Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Frage erforderlich sind(69).

    73.      Der Geist der Zusammenarbeit, in dem das Vorlageverfahren durchzuführen ist, impliziert nämlich, dass das nationale Gericht seinerseits auf die dem Gerichtshof übertragene Aufgabe Rücksicht nimmt, die darin besteht, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber darin, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben(70).

    74.      Sofern sich die Vorlagefrage auf die eventuellen Rechtswirkungen für das Nacherhebungsverfahren bezieht, die ein Verzicht der Staatsanwaltschaft auf die Erhebung der öffentlichen Klage nach sich ziehen könnte, muss aus meiner Sicht eine Erforderlichkeit der Fragestellung für die Entscheidung im Ausgangsverfahren mangels Zusammenhangs verneint werden. Sowohl aus dem Vorlagebeschluss als auch aus den von der portugiesischen Regierung und Z. F. Zefeser beim Gerichtshof eingereichten Schriftsätzen geht eindeutig hervor, dass die Staatsanwaltschaft infolge ihrer strafrechtlichen Ermittlungen wegen des Verdachts des Schmuggels, der Urkundenfälschung, des Betrugs und der Bildung einer kriminellen Vereinigung Anklage gegen die Geschäftsführer von Z. F. Zefeser vor einem nationalen Gericht für Zivil- und Strafsachen, nämlich dem Tribunal Judicial de Setúbal, erhoben hat, das diese mit Urteil vom 10. Januar 2001 freisprach. Dementsprechend stellte sich zu keinem Zeitpunkt die Frage einer Einstellung des Strafverfahrens bzw. Nichterhebung der öffentlichen Klage seitens der Staatsanwaltschaft.

    75.      Daraus folgt, dass die vierte Frage für die Entscheidung des beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits angesichts ihres rein hypothetischen Charakters nicht entscheidungserheblich ist und dass sich der Gerichtshof mithin zu ihr nicht zu äußern hat.

    5.      Zur fünften Vorlagefrage

    76.      Dagegen weist die fünfte Vorlagefrage insofern einen realen Bezug zum Ausgangsrechtsstreit auf, als den Ausführungen von Z. F. Zefeser zu entnehmen ist, dass das Tribunal Judicial de Setúbal die Strafverfolgungsverjährung für die Straftaten des Schmuggels und der Urkundenfälschung, deretwegen die Geschäftsführer dieses Unternehmens angeklagt worden waren, von Amts wegen festgestellt hat.

    77.      Die Verweisung in Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 auf das nationale Strafrecht bewirkt, dass sich auch die Strafverfolgungsverjährung notwendigerweise nach Maßgabe des nationalen Rechts bestimmen muss. Wie bereits im Hinblick auf die erste Vorlagefrage dargelegt, sind die Zollbehörden bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts an das Effizienzgebot im Sinne der Gemeinschaftstreue nach Art. 10 Abs. 1 EG gebunden. Diesem Gebot entspricht die Pflicht nach Art. 10 Abs. 2 EG, alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die Verwirklichung der Ziele des Vertrags gefährden könnten.

    78.      Die vom Gemeinschaftsgesetzgeber in Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 beabsichtigte Orientierung des Gemeinschaftsrechts am nationalen Strafrecht würde vereitelt, wenn die Zollbehörden im Stande wären, trotz Ablaufs der Regelverjährungsfrist von drei Jahren eine verwaltungsgerichtliche Klage zur Eintreibung der nicht eingegangenen Abgaben unter Berufung auf vermeintliche Straftaten zu erheben, für die eine Verjährung der Strafverfolgung gerichtlich festgestellt wurde.

    79.      Die Einstellung eines Strafverfahrens wegen Eintritts der Strafverfolgungsverjährung beruht nicht auf einer Beurteilung der Strafbarkeit eines bestimmten Verhaltens anhand des materiellen Strafrechts, sondern resultiert aus dem Vorliegen eines Verfahrenshindernisses. Die Strafverfolgungsverjährung trägt dem Willen des Gesetzgebers Rechnung, zugunsten der Rechtssicherheit Straftaten nur innerhalb einer festgelegten Zeit zu verfolgen.

    80.      Folgerichtig muss dieser gesetzgeberische Wille ebenfalls im Bereich des Zollrechts Beachtung finden. Gilt eine strafrechtlich verfolgbare Handlung nach der Beurteilung des zuständigen Strafgerichts als verjährt, so ist es einem Verwaltungsgericht, das über die Rechtmäßigkeit eines Zollbescheids zu entscheiden hat, verwehrt, mit Wirkung für das Zollrecht vom Vorliegen einer „strafrechtlich verfolgbaren Handlung“ im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 auszugehen.

    81.      Demzufolge steht die gerichtliche Einstellung eines Strafverfahrens wegen Eintritts der Strafverfolgungsverjährung der Erhebung einer Klage zur Eintreibung der nicht eingegangenen Abgaben entgegen, sofern die Klage nach Ablauf der Regelverjährungsfrist von drei Jahren gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 erhoben wird. Ist die Frist für die Strafverfolgungsverjährung dagegen kürzer als die dreijährige Regelverjährungsfrist, kann eine entsprechende Klage erhoben werden.

    82.      Im vorliegenden Fall kann den Akten entnommen werden, dass die Strafverfolgungsverjährung gerichtlich festgestellt worden und die dreijährige Regelverjährungsfrist abgelaufen ist. Eine klageweise Eintreibung der nicht eingegangenen Abgaben ist somit ausgeschlossen.

    VII – Ergebnis

    83.      Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf das Vorabentscheidungsersuchen des Supremo Tribunal Administrativo wie folgt zu antworten:

    1.      Im Rahmen eines Nacherhebungsverfahrens ist von den Zollbehörden hinsichtlich der Feststellung, ob „Handlungen, die strafrechtlich verfolgbar sind“, im Sinne von Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 vorliegen, die von dem zuständigen Gericht in Strafsachen vorgenommene Qualifizierung zugrunde zu legen.

    2.      Der Tatbestand von Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 ist erst dann erfüllt, wenn die rechtskräftige Verurteilung des Schuldners in dem betreffenden Strafverfahren feststeht.

    3.      Es liegt keine „strafrechtlich verfolgbare Handlung“ im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 vor, wenn das Gericht den Schuldner nach dem Grundsatz in dubio pro reo freigesprochen hat.

    4.      Die vierte Vorlagefrage ist aufgrund ihres hypothetischen Charakters nicht zu beantworten.

    5.      Die gerichtliche Einstellung eines Strafverfahrens wegen Eintritts der Verjährung der Strafverfolgung führt dazu, dass eine Klage zur Eintreibung der nicht eingegangenen Abgaben nach Ablauf der Regelverjährungsfrist von drei Jahren gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 nicht erhoben werden kann, sofern die Nacherhebung damit begründet wird, dass der Abgabenschuldner eine Tat begangen hat, deren strafrechtliche Verjährung gerichtlich festgestellt wurde. Ist die Frist für die Strafverfolgungsverjährung kürzer als die dreijährige Regelverjährungsfrist, kann Klage zur Eintreibung der nicht eingegangenen Abgaben erhoben werden.


    1 – Originalsprache: Deutsch.


    2 – ABl. L 197, S. 1.


    3 – ABl. L 302, S. 1.


    4 – Vgl. Art. 251 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92.


    5 – Urteil des Gerichtshofs vom 27. November 1991, Meico-Fell (C‑273/90, Slg. 1991, I‑5583).


    6 – Urteil des Gerichtshofs vom 23. Februar 2006, Molenbergnatie (C‑201/04, Slg. 2006, I‑2049, Randnrn. 39 bis 41).


    7 – Urteile des Gerichtshofs vom 6. Juli 1993, CT Control (Rotterdam) und JCT Benelux/Kommission (C‑121/91 und C‑122/91, Slg. 1993, I‑3873, Randnr. 22), vom 7. September 1999, De Haan (C‑61/98, Slg. 1999, I‑5003, Randnr. 13), vom 14. November 2002, Ilumitrónica (C‑251/00, Slg. 2002, I‑10433, Randnr. 29), und Molenbergnatie, Randnr. 31.


    8 – Hampel, H., Die Nacherhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach dem Zollkodex, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern, Nr. 3 (2000), S. 110. Scheuer, P., „Die Verjährung im gemeinschaftlichen Versandverfahren“, Recht der internationalen Wirtschaft, Nr. 12 (1994), S. 1038, weist darauf hin, dass weder der Zollkodex noch die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zum Zollkodex Rückwirkung vorsehen. „Altfälle“ seien daher nach dem Grundsatz tempus regit actum zu lösen. Das heißt, dass die Beurteilung der Rechtsfolgen eines Sachverhalts sich nach der Rechtsnorm richtet, die zur Zeit der fraglichen Ereignisse galt.


    9 – Sack, J., in Dauses, M. (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, C. II., Randnr. 13.


    10 – Streinz, R., Europarecht, 5. Auflage, Heidelberg 2001, Randnr. 479; Galera Rodrigo, S., Derecho aduanero español y comunitario, Madrid 1995, S. 167 bis 175; Stettner, R., in Dauses, M., a. a. O. (Fn. 9), B. III., Randnr. 11; Voß, R., Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 135 EGV, Randnr. 4 (Ergänzungslieferung Januar 2004); Schütz, H.-J./Bruha, T./König, D., Casebook Europarecht, München 2004, S. 294.


    11 – Dies ergibt sich aus seiner ihm in Art. 220 Abs. 1 EG zugewiesenen Aufgabe, im Rahmen seiner Zuständigkeit die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des EG-Vertrags zu sichern. Siehe Urteile vom 15. Juli 1964, Costa/ENEL (6/64, Slg. 1964, 1251, 1268), und vom 12. Juli 1984, Klopp (107/83, Slg. 1984, 2971, Randnr. 14).


    12 – Oben in Fn. 5 angeführt, Randnr. 13.


    13 – Ebd., Randnr. 12.


    14 – Fabian, F., „Erstattung, Erlass und Ausfuhrabgaben der Europäischen Gemeinschaft“, Studien zum internationalen Wirtschaftsrecht und Atomenergierecht, Band 91, S. 130, sieht in diesem Begriff ebenfalls eine stillschweigende Verweisung auf das nationale Recht mit der Folge, dass das nationale Recht innerhalb des Gemeinschaftsrechts eine Auslegungswirkung entfaltet.


    15 – Schlussanträge des Generalanwalts Van Gerven vom 26. September 1991 in der Rechtssache Meico-Fell (C‑273/90, Slg. 1991, I‑5575, Nr. 5).


    16 – Urteil des Gerichts erster Instanz vom 18. Dezember 1992, Díaz García/Parlament (T‑43/90, Slg. 1992, II‑2619, Randnr. 36). In diesem Urteil hat das Gericht erster Instanz in Randnr. 37 bezüglich des in Art. 2 Abs. 4 des Anhangs VII des Beamtenstatuts enthaltenen Begriffs „gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet“ ausgeführt, dass weder das Gemeinschaftsrecht noch das Beamtenstatut dem Gemeinschaftsrichter Hinweise liefern, anhand deren er durch eine autonome Auslegung den Inhalt und die Tragweite der gesetzlichen Unterhaltspflicht ermitteln könnte, aufgrund deren einem Beamten die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder im Sinne von Art. 2 Abs. 4 des Anhangs VII des Statuts gewährt werden kann. Daher war zu ermitteln, welcher nationalen Rechtsordnung der Kläger unterlag, und zu prüfen, ob ihm diese gegenüber den Kindern seiner Lebensgefährtin eine gesetzliche Unterhaltspflicht im Sinne des Statuts auferlegte.


    17 – Fabian, F., a. a. O. (Fn. 14), weist im Hinblick auf das Erstattungs‑/Erlassrecht und Nacherhebungsrecht darauf hin, dass, obwohl die Gemeinschaft diese Materie durch Verordnungen einheitlich geregelt habe, doch die unterschiedlichen nationalen Rechte der Mitgliedstaaten in Teilbereiche des gemeinschaftlichen Erstattungs‑/Erlassrechts und Nacherhebungsrechts hineinwirkten. Dabei seien zwei Arten von Wirkungsweisen des nationalen Rechts innerhalb geregelter Bereiche zu unterscheiden: Einmal könne das nationale Recht durch konkrete Verweisung eine Wirkung entfalten, zum anderen könne dem nationalen Recht eine Ergänzungswirkung durch generelle Verweisung zukommen. Beide Wirkungsweisen können auch kumulativ vorliegen, wie dies im Erstattungs‑/Erlassrecht und Nacherhebungsrecht der Fall sei. Als Beispiel zieht der Autor Art. 3 der Verordnung Nr. 1697/79 und die Nachfolgevorschrift in Art. 221 Abs. 3 Satz 2 des Zollkodex heran. Gellert, L., „Anwendbarkeit der nationalen Abgabenordnung auch nach In-Kraft-Treten des Zollkodexes“, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern, 80. Jahrg. (2004), Nr. 6, S. 187, ist der Ansicht, dass der Zollkodex dem Rechtsanwender die Möglichkeit gebe, zu verschiedenen Rechtsfragen weiterhin die Vorschriften der Abgabenordnung anzuwenden. Diese Möglichkeit ergebe sich zum einen durch einen direkten Verweis in Zollkodex-Vorschriften auf nationales Recht, zum anderen durch die den Zollbehörden übertragene Befugnis, bestimmte Einzelheiten selbst zu regeln und letztlich durch Ausübung des Verwaltungsermessens in den Fällen, in denen der Zollkodex eine Ermessensentscheidung der Zollbehörden vorsehe. Eine weitere Möglichkeit, die Abgabenordnung anzuwenden, biete sich in den Fällen, in denen der Zollkodex unbestimmte Rechtsbegriffe verwende, deren Inhalt sich aus dem Zollkodex nicht selbst erschließe.


    18 – Witte, P./Wolffgang, H.-M., Lehrbuch des europäischen Zollrechts, 4. Auflage, Herne/Berlin 2003, S. 35, verweisen darauf, dass es sich beim Rat und bei der Kommission um Exekutivorgane handele, die nur im Rahmen enger vertraglicher Ermächtigungen handeln dürften und nicht den breiten Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers besäßen.


    19 – Urteil Meico-Fell, oben in Fn. 5 angeführt, Randnr. 12.


    20 – Schlussanträge in der Rechtssache Meico-Fell, oben in Fn. 15 angeführt, Nr. 5.


    21 – Wie Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in seinen Schlussanträgen vom 26. Mai 2005 in der Rechtssache Kommission/Rat (C‑176/03, Slg. 2005, I‑7879, Nrn. 27 f.), darlegt, besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass das Gemeinschaftsrecht weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Befugnis zur Anordnung von Strafen kennt. Dabei verweist er auf das Urteil vom 11. November 1981, Casati (203/80, Slg. 1981, 2595, Randnr. 27), in dem es heißt, dass die Strafgewalt grundsätzlich zur Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gehört. Der Gerichtshof hat auch in seinen Urteilen vom 16. Juni 1998, Lemmens (C‑226/97, Slg. 1998, I‑3711, Randnr. 19), und vom 24. November 1998, Bickel und Franz (C‑274/96, Slg. 1998, I‑7637, Randnr. 17), festgestellt, dass das Strafrecht und das Strafprozessrecht grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Andererseits ist anerkannt, dass die Gemeinschaft die Mitgliedstaaten entsprechend dem in Art. 10 EG niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwingen kann, diejenigen Verhaltensweisen strafrechtlich zu ahnden, durch welche die Gemeinschaftsrechtsordnung verletzt wird. Siehe zur Entwicklung der Rechtsprechung betreffend die Pflicht der Mitgliedstaaten zur Ahndung von Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht die Urteile vom 2. Februar 1977, Amsterdam Bulb (50/76, Slg. 1977, 137), vom 21. September 1989, Kommission/Griechenland (68/88, Slg. 1989, 2965), und vom 8. Juli 1999, Nunes und de Matos (C‑186/98, Slg. 1999, I‑4883, Randnr. 14).


    22 – Voß, R., a. a. O. (Fn. 10), Art. 135 EGV, Randnrn. 4 und 9; Kahl, W., Kommentar zum EUV/EGV, 1. Auflage (1999), Art. 10, S. 377, Randnr. 24, spricht vom „Grundsatz der Anwendung nationaler Verfahrens- und Prozessordnungen“, dem zufolge sich der Vollzug des Gemeinschaftsrechts nach dem nationalen Recht, insbesondere dem nationalen Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsorganisationsrecht, richte, sofern das Gemeinschaftsrecht hierfür keine Regelungen enthalte.


    23 – Lenaerts, K./Arts, D./Maselis, I., Procedural Law of the European Union, 2. Auflage, London 2006, S. 83, Randnr. 3-001, weisen darauf hin, dass das Gemeinschaftsrecht hauptsächlich von den mitgliedstaatlichen Gerichten angewandt werde. Da die Gemeinschaft über kein eigenes Verfahrensrecht verfüge, obliege es der Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die gerichtliche Zuständigkeit und die Verfahrensregeln für die Durchsetzung jener subjektiven Rechte festzulegen, die das Gemeinschaftsrecht Individuen verleihe. Siehe dazu die Urteile vom 16. Dezember 1976, Rewe (33/76, Slg. 1976, 1989, Randnr. 5), und Comet (45/76, Slg. 1976, 2043, Randnr. 13), vom 14. Dezember 1995, Peterbroeck (C‑312/93, Slg. 1995, I‑4599, Randnr. 12), sowie die Urteile vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, Slg. 2001, I‑6297, Randnr. 29), vom 11. September 2003, Safalero (C‑13/01, Slg. 2003, I‑8679, Randnr. 49), und vom 13. März 2007, Unibet (C‑432/05, Slg. 2007, I‑0000, Randnr. 39).


    24 – Nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie sind die Einzelheiten des Verfahrens Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats, sie dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzprinzip), und die Ausübung der von der Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsprinzip) (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Peterbroeck, oben in Fn. 23 angeführt, Randnr. 12, vom 16. Mai 2000, Preston u. a., C‑78/98, Slg. 2000, I‑3201, Randnr. 31, vom 7. Januar 2004, Wells, C‑201/02, Slg. 2004, I‑723, Randnrn. 65 und 67, und Unibet, oben in Fn. 23 angeführt, Randnr. 43).


    25 – Wenn auch die Zielsetzungen der Gemeinschaft von Anbeginn über die bloße Errichtung einer Zollunion zwischen den Mitgliedstaaten hinausgingen, so wird doch daraus, dass diese unter den Politiken stets an erster Stelle aufgeführt wird, ihr hoher Stellenwert deutlich. Sie ist der Kristallisationspunkt für nahezu sämtliche anderen Zielsetzungen und Politiken. Auch nach Errichtung der Europäischen Union und des Binnenmarktes hat sich daran nichts geändert, jedoch geht die Zollunion nunmehr im Binnenmarkt und in der Handelspolitik auf, was als Zeichen für den Integrationsfortschritt gilt. Ohne Zollunion ist weder eine gemeinsame Verkehrs- noch eine Landwirtschaftspolitik möglich. Ohne Zollunion kann es auch keinen freien Personen- und Dienstleistungsverkehr geben. Der freie Warenverkehr erzwingt den freien Kapitalverkehr zumindest insoweit, als Warenlieferungen zu bezahlen sind. Eine uneinheitliche Anwendung des Zollrechts führt zu einer Änderung der Verkehrsströme und schädigt damit die finanziellen Interessen der Gemeinschaft, zumal Zölle und Abgaben gleicher Wirkung nicht mehr national vereinnahmt, sondern der Gemeinschaft zur Finanzierung ihrer Aufgaben zugewiesen werden (siehe dazu Sack, J., a. a. O. [Fn. 9] Randnrn. 6 bis 8).


    26 – Vgl. Urteile vom 15. September 1998, Spac (C‑260/96, Slg. 1998, I‑4997, Randnr. 19), vom 10. Juli 1997, Palmisani (C‑261/95, Slg. 1997, I‑4025, Randnr. 28), und vom 17. Juli 1997, Haahr Petroleum (C‑90/94, Slg. 1997, I‑4085, Randnr. 48).


    27 – Schwarze, J., Europäisches Verwaltungsrecht, Band II, 1. Auflage, Baden-Baden 1988, S. 1058 f., verweist zutreffend darauf, dass eines der Ziele des Gemeinschaftsgesetzgebers beim Erlass der Verordnung Nr. 1697/79 gerade darin bestand, einheitliche Verfahrensregeln unter Verdrängung des nationalen Verwaltungsrechts zu schaffen, um der Gefahr eines divergierenden Verwaltungsvollzugs zu begegnen.


    28 – Urteile vom 5. Dezember 1967, Van der Vecht (19/67, Slg. 1967, 461), vom 12. Juli 1979, Koschniske (9/79, Slg. 1979, 2717, Randnr. 6), und vom 27. März 1990, Cricket St. Thomas (C‑372/88, Slg. 1990, I‑1345, Randnr. 19). Der Gerichtshof stellte in diesen Urteilen fest, dass die Notwendigkeit einheitlicher Auslegung der Gemeinschaftsverordnungen eine isolierte Betrachtung der Fassung einer Vorschrift ausschließt und gebietet, sie bei Zweifeln im Lichte der Fassungen in den anderen Sprachen auszulegen und anzuwenden.


    29 – Grundsätzlich sind die Zollbehörden zur Nachforderung verpflichtet, es sei denn, es greift die Unmöglichkeitsregelung des Art. 5 Abs. 1 bzw. der Ermessenstatbestand des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1697/79 ein.


    30 – Berr, C./Trémeau, H., Le droit douanier communautaire et national, 7. Auflage, Paris 2006, weisen darauf hin, dass nach französischem Recht die Feststellung von Gesetzesverstößen zwar grundsätzlich in die Zuständigkeit der Beamten der police judiciaire fällt, die Zollbeamten jedoch aus historischen Gründen über weitreichende Ermittlungskompetenzen im Bereich des Zollwesens verfügen (S. 509). Diese können u. a. Ermittlungen im Auftrag und unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft oder des Ermittlungsrichters durchführen. Um die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsorganen und den Zollbehörden zu koordinieren, ist am 5. Dezember 2002 durch Verordnung der sogenannte service national de douane judiciaire gegründet worden, der dem directeur général des douanes et droits indirects untersteht. Die Aufgabe dieser Behörde besteht in der Durchführung von Ermittlungen und der Sammlung von Beweismitteln bei der Bekämpfung von Verstößen gegen das Zoll- und Abgaberecht, die Markenfälschung und -piraterie sowie damit zusammenhängende Vergehen (S. 510 f.). Scheurmann-Kettner, P., Abgabenordnung (hrsg. von Karl Koch, Rolf‑Detlef Scholtz), 5. Auflage, Köln/Berlin/Bonn/München 1996, verweist auf das deutsche Recht, nach dem den Finanzbehörden (Finanzamt, Hauptzollamt, Bundesamt für Finanzen und Familienkasse) ähnliche Ermittlungskompetenzen zustehen wie der Staatsanwaltschaft bei der Aufdeckung von Steuerstraftaten (§ 397, Randnrn. 3 bis 15). Für diese Einschränkung des Ermittlungsmonopols der Staatsanwaltschaft sprechen gewichtige Gründe. Die Erforschung von Steuerdelikten lässt sich von den Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, den Aufgaben der Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren und der Ausübung der Steueraufsicht bei Zöllen und Verbrauchsteuern nicht trennen. Anhaltspunkte für Steuerstraftaten werden meist im Besteuerungsverfahren, vor allem bei Außenprüfungen, entdeckt. Indem die Finanzbehörden auch die steuerstrafrechtlichen Ermittlungen durchführen, werden doppelter Verwaltungsaufwand sowie eine unnötige Verzögerung des Verfahrens vermieden und die besondere Sachkunde der Finanzbehörden genutzt (§ 386, Randnr. 3).


    31 – Faucherand, P., „La lutte contre la fraude douanière: un impératif pour l’Union européenne“, Revue du marché unique européen, Nr. 1 (1995), verweist zutreffend auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Zollfahndungsbehörden und Gerichten. Die Aufgabe dieser Ermittlungsbehörden im Bereich der Bekämpfung von Betrügereien bestehe darin, den Gerichten jene Beweise vorzulegen, die sie vom Vorliegen eines Gesetzesverstoßes überzeugen sollen (S. 78). Die Einleitung eines Strafverfahrens erfolge in der Regel in einem fortgeschrittenen Stadium der Ermittlungen (S. 81); Berr, C./Trémeau, H., a. a. O. (Fn. 30), verweisen auf den fundamentalen Grundsatz der Rechtsüberzeugung des Strafrichters im französischen Recht (S. 541). Demnach obliegt allein diesem die Verantwortung für die rechtliche Würdigung der ihm vorgelegten Beweismittel und Tatsachen (S. 547). Nach Scheurmann-Kettner, P., a. a. O. (Fn. 30), § 399, Randnrn. 3 f., gestaltet sich die Rechtslage nach deutschem Recht nicht anders. Die Finanzbehörden sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Bieten die Ermittlungen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage, beantragen die Finanzbehörden beim Richter den Erlass eines Strafbefehls, wenn die Strafsache hierfür geeignet erscheint, andernfalls legt sie die Akten der Staatsanwaltschaft vor. Siehe zur vorgeschriebenen Durchführung des gerichtlichen Verfahrens im Steuerstrafrecht in Deutschland und Frankreich ferner Bremer, H., Das deutsche und französische Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht im Vergleich, Baden-Baden 2003, S. 210 und 227. Witte, P., Zollkodex, 3. Auflage, München 2002, Art. 221, Randnr. 8, weist auf eine ähnliche Kompetenzverteilung im österreichischen Recht hin, da als strafbare Handlungen nur solche Finanzvergehen gelten, die ausschließlich vor einem Gericht oder einem Spruchsenat verfolgt werden.


    32 – Sánchez, P., „Conference of the Chief Justices of the Supreme Courts and Attorney-Generals of the Countries of the European Union (Lisbon, 18th to the 21st May, 1994)“, Boletim de documentação e direito comparado, Nrn. 59/60, Jahrgang 1994, S. 453, weist im Hinblick auf die spanische Rechtsordnung darauf hin, dass man Ermittlungsbefugnisse nicht mit Rechtsprechungsfunktionen verwechseln darf, da Letztere gemäß Art. 117 Abs. 3 der spanischen Verfassung den Richtern vorbehalten sind.


    33 – Durch die Beschlüsse von Amsterdam wurden die Regelungen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres gemäß dem Vertrag von Maastricht (sogenannte 3. Säule) aus dem Bereich der intergouvernementalen Zusammenarbeit teilweise in den Bereich der EG überführt. Art. 135 EG über die Zusammenarbeit im Zollwesen ist unter einem eigenen Titel neu in den Bereich der Gemeinschaftsbefugnisse eingefügt. Die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen gehört hingegen weiterhin zum Bereich der intergouvernementalen Zusammenarbeit. Diese Zusammenarbeit erstreckt sich gemäß Art. 29 Unterabs. 2 EU sowie Art. 30 Abs. 1 Buchst. a EU auch auf die Zollbehörden, soweit sie mit der Verfolgung von Straftaten befasst sind (siehe Voß, R., a. a. O. (Fn. 10), Art. 135 EGV, Randnrn. 2 f.).


    34 – Faucherand, P., a. a. O. (Fn. 31), S. 87, hebt die Tatsache hervor, dass bei der Planung von Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene zum Zwecke der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen der Mitgliedstaaten im Bereich der Schmuggelbekämpfung Sorge dafür getragen wurde, dass die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte nicht beeinträchtigt würde.


    35 – Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer verweist in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Kommission/Rat, C‑176/03, oben in Fn. 21 angeführt, Nr. 78, darauf, dass unter „Strafrechtspflege“ im Sinne von Art. 135 EG die Zuständigkeit zur Anwendung des Strafrechts zu verstehen sei, die ohne Zweifel bei den Richtern der Strafjustiz liege.


    36 – Schlussanträge des Generalanwalts Van Gerven in der Rechtssache Meico-Fell, oben in Fn. 15 angeführt, Nr. 5.


    37 – Ebd., Nr. 8, obgleich das jeweilige mitgliedstaatliche Gericht, wie Generalanwalt Van Gerven präzisiert, nicht notwendigerweise ein Strafgericht sein müsse.


    38 – Vgl. Gutachten 2/94 vom 28. März 1996, Slg. 1996, I‑1759, Randnr. 33, sowie Urteile vom 12. November 1969, Stauder (29/69, Slg. 1969, 419, Randr. 7), vom 12. Juli 1957, Algera u.a./CECA (7/56, 3/57, 7/57, Slg. 1957, 82, 117), und vom 29. Mai 1997, Kremzow (C‑299/95, Slg. 1997, I‑2629, Randnr. 14).


    39 – Vgl. z. B. Urteile vom 14. Mai 1974, Nold (4/73, Slg. 1974, 491), vom 13. Dezember 1979, Hauer (44/79, Slg. 1979, 3727, Randnr. 15), vom 15. Mai 1986, Johnston (222/84, Slg. 1986, 1651, Randnr. 18), und vom 28. März 2000, Krombach (C‑7/98, Slg. 2000, I‑1935, Randnr. 25).


    40 – Urteile vom 13. April 2000, Karlsson u.a. (C‑292/97, Slg. 2000, I‑2737, Randnr. 37), vom 24. März 1994, Bostock (C‑2/92, Slg. 1994, I‑955, Randnr. 16), vom 14. Juli 1994, Graff (C‑351/92, Slg. 1994, I‑3361, Randnr. 17), vom 18. Juni 1991, ERT (C‑260/89, Slg. 1991, I‑2925, Randnr. 42), vom 13. Juli 1989, Wachauf (5/88, Slg. 1989, 2609, Randnr. 19), vom 25. November 1986, Klensch (201/85 und 202/85, Slg. 1986, 3477, Randnr. 8).


    41 – Moitinho de Almeida, J. C., „Protección de los derechos fundamentales en la jurisprudencia del TJCE“, El Derecho comunitario europeo y su aplicación judicial (hrsg. von Gil Carlos Rodríguez Iglesias/Diego Liñan Nogueras), Madrid 1993, S. 113; Brosius-Gersdorf, F., Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte – Die Grundrechtsbindung der Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung des EuGH, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und ihre Fortentwicklung, Berlin 2005, S. 17 bis 20; Jürgensen, T./Schlünder, I., „EG-Grundrechtsschutz gegenüber Maßnahmen der Mitgliedstaaten“, Archiv des öffentlichen Rechts. Nr. 2 (1996), S. 208 ff.; Schütz, H.-J./Bruha, T./König, D., a. a. O. (Fn. 10), S. 70, 294, 883, sind der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten an die Grundrechte des Gemeinschaftsrechts gebunden seien, wenn und soweit sie „im Anwendungsbereich der Verträge“ tätig würden. Dies gelte unbestritten für die Durchführung des Gemeinschaftsrechts, da die Mitgliedstaaten, bei denen in der Regel die Vollzugskompetenz liege, funktional wie „Gemeinschaftsbehörden“ tätig würden; Herrero de la Fuente, A., La Carta de derechos fundamentales de la Unión Europea – Una perspectiva pluridisciplinar, Zamora 2003, S. 229, 230, 235, weist darauf hin, dass die Gemeinschaftsgrundrechte gegenüber sowohl den Gemeinschaftsorganen als auch den mitgliedstaatlichen Organen geltend gemacht werden können, wenn diese Gemeinschaftsrechtsnormen anwenden.


    42 – Urteile Bostock, oben in Fn. 40 angeführt, Randnr. 16, und ERT, oben in Fn. 40 angeführt, Randnr. 42.


    43 – Charta der Grundrechte der Europäischen Union, proklamiert am 7. Dezember 2000 in Nizza (ABl. C 364, S. 1). Die Grundrechtecharta ist weder in die Verträge aufgenommen worden, noch verweist Art. 6 Abs. 2 EU auf sie. Es handelt sich bei ihr in erster Linie um eine politische Erklärung, an die sich u. a. die Europäische Kommission und das Europäische Parlament gebunden fühlen. Zwar darf man nicht den ausdrücklich erklärten Willen der Verfasser der Charta ignorieren, sie nicht mit rechtlicher Bindungswirkung auszustatten, jedoch stimme ich der Auffassung von Generalanwalt Léger zu, dass es verfehlt wäre, ihr jegliche Bedeutung abzusprechen (siehe die Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 10. Juli 2001 in der Rechtssache Rat/Hautala, C‑353/99 P, Slg. 2001, I‑9565, Nrn. 73 bis 86). Vielmehr ist sie als Konkretisierung der gemeinsamen europäischen Werte anzusehen. Es liegt somit nahe, sie bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts heranzuziehen (vgl. etwa die Bezugnahmen auf die Grundrechtecharta in den Schlussanträgen der Generalanwälte Alber vom 1. Februar 2001 in der Rechtssache TNT Traco, C‑340/99, Slg. 2001, I‑4109, Nr. 94; Tizzano vom 8. Februar 2001 in der Rechtssache BECTU, C‑173/99, Slg. 2001, I‑4881, Nrn. 26-28; Mischo vom 22. Februar 2001 in den Rechtssachen D und Schweden/Rat, C‑122/99 P und C‑125/99 P, Slg. 2001, I‑4319, Nr. 97; Jacobs vom 14. Juni 2001 in der Rechtssache Niederlande/Parlament und Rat, C‑377/98, Slg. 2001, Slg. I‑7079, Nr. 197; Geelhoed vom 5. Juli 2001 in der Rechtssache Baumbast, C-413/99, Slg. 2002, I‑7091, Nrn. 59, 110; Ruiz-Jarabo Colomer vom 4. Dezember 2001 in der Rechtssache Überseering, C‑208/00, Slg. 2002, I‑9919, Nr. 59. In diesem Sinne auch Poiares Maduro, M., „The double constitutional life of the Charter of Fundamental Rights“, Unión Europea y derechos fundamentales en perspectiva constitucional, Madrid 2004, S. 306; Schmitz T., „Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union als Konkretisierung der gemeinsamen europäischen Werte“, Die Europäische Union als Wertegemeinschaft, Berlin 2005, S. 85, sowie Beyer, U./Oehme, C./Karmrodt, F., „Der Einfluss der Europäischen Grundrechtecharta auf die Verfahrensgarantien im Unionsrecht“, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 34, November 2004, S. 14). Die Grundrechtecharta wird neuerdings auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte herangezogen, um die über fünfzig Jahre alten Artikel der EMRK in einem modernen Licht auslegen zu können (siehe etwa Urteil vom 11. Juli 2002, Goodwin/Vereinigtes Königreich, Reports of Judgments and Decisions, 2002-VI, Randnr. 100). Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat im Urteil Unibet, oben in Fn. 23 angeführt, Randnr. 39, zum ersten Mal im Zusammenhang mit dem Recht auf effektiven Rechtsschutz Bezug darauf genommen.


    44 – Urteile vom 28. März 2000, Krombach, oben in Fn. 39 angeführt, Randnr. 26, vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission (C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnrn. 20 f.), und vom 11. Januar 2000, Niederlande und Van der Wal/Kommission (C‑174/98 P und C‑189/98 P, Slg. 2000, I‑1, Randnr. 17).


    45 – Nach Haase, K., Die Anforderungen an ein faires Gerichtsverfahren auf europäischer Ebene, Berlin 2006, S. 282, erstreckt sich der sachliche Anwendungsbereich des gemeinschaftsrechtlichen Fairnessgebots im Gegensatz zum konventionsrechtlich gewährten Fairnessgrundsatz des Art. 6 EMRK, der seinem Wortlaut nach nur auf zivil- und strafrechtliche Verfahren anwendbar ist, wegen seiner Natur als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts von vornherein auf alle Verfahrensarten. Siehe sowohl das Urteil des Gerichtshofs vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, Slg. 1979, 461, Randnr. 9), als auch die Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Enso Española (T‑348/94, Slg. 1998, II‑1875, Randnr. 80), und vom 22. Oktober 1997, Stichting Certificatie Kraanverhuurbedrijf und Federatie van Nederlandse Kraanverhuurbedrijven (T‑18/96, Slg. 1997, II‑1739, Randnrn. 53 ff.).


    46 – Cunha Rodrigues, J. N., „Discours de son Excellence le Procureur Général de la République, Conference of the Chief Justices of the Supreme Courts and Attorney-Generals of the Countries of the European Union“, a. a. O. (Fn. 32), S. 19 f., verweist auf die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte im Bereich der Strafrechtspflege. Ferner verweist er auf die Schwierigkeit, den Schutz der Gesellschaft vor Verbrechen mit der Wahrung der Verfahrensgarantien in Einklang zu bringen. Bacigalupo, E., Justicia penal y derechos fundamentales, Madrid 2002, S. 134, spricht von der Verurteilung des Schuldigen und dem Schutz des Unschuldigen als Ziel des Strafprozesses.


    47 – De Figueiredo Dias, J., Direito processual penal, Coimbra 2004, S. 303 ff., erkennt in der Unabhängigkeit der Strafgerichtsbarkeit einen Ausdruck des Prinzips der Gewaltenteilung. Er sieht diese Trennung auch durch die zunehmend soziale Funktion gerechtfertigt, die der Strafrichter erfüllen muss. Bacigalupo, E., a. a. O. (Fn. 46), S. 14, beschreibt die Entstehungsgeschichte der ersten unabhängigen Strafgerichte im Europa des 18. und 19. Jahrhunderts nach Ende der absolutistischen Ära.


    48 – Siehe Ovey, C./White, R., Jacobs and White, The European Convention on Human Rights, 3. Auflage, Oxford 2002, S. 141; Soyer, J.‑C./de Salvia, M., La Convention européenne des droits de l’homme – Commentaire article par article (hrsg. von Decaux, E./Imbert, P.‑H.), 2. Auflage, Paris 1999, S. 254.


    49 – Siehe z. B. Urteile vom 8. Juni 1976, Engel/Niederlande, Series A, Nr. 22, Randnr. 81, und vom 25. Februar 1993, Funke/Frankreich, Series A, Nr. 256-A, Randnr. 44.


    50 – Siehe Ovey, C./White, R., a. a. O. (Fn. 48), S. 143. In seinem Urteil vom 15. Juli 1982 in der Rechtssache Eckle/Deutschland, Series A, Nr. 51 (1983) 5 EHRR 1, Randnr. 73, definiert der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Begriff der „strafrechtlichen Anklage“ folgendermaßen: „‚Charge‘, for the purposes of Article 6 par. 1 (art. 6-1), may be defined as ‚the official notification given to an individual by the competent authority of an allegation that he has committed a criminal offence´“. Demnach umfasst der Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 EMRK das gesamte Strafverfahren, einschließlich Rechtsmittelverfahren und Verurteilung: „As regards the end of the ‚time‘, in criminal matters the period governed by Article 6 par. 1 covers the whole of the proceedings in issue, including appeal proceedings“ (Randnr. 76).


    51 – X/Bundesrepublik Deutschland, Nr. 4483/70 – die Klage wurde als unzulässig abgewiesen.


    52 – Urteil vom 6. Dezember 1988, Barberà, Messegué und Jabardo/Spanien, Serie A, Nr. 146 (1989), Randnr. 77.


    53 – Im Urteil vom 25. März 1983, Minelli/Schweiz, Serie A, Nr. 62 (1983), Randnr. 38, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur Tragweite der Unschuldsvermutung, dass eine Gerichtsentscheidung, die ein Verfahren wegen Ablaufs der Verjährung beendet, dann einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 EMRK darstellt, wenn sie Anlass zu der Annahme gibt, dass der Richter den Angeklagten für schuldig gehalten hat. Im konkreten Fall ging es um eine prozessrechtliche Regelung, die eine Kostentragungspflicht des Angeklagten enthielt, wenn dessen Unterliegen vorauszusehen war. Der Gerichtshof entschied, dass die Begründung des schweizerischen Gerichts trotz der vorsichtigen Wortwahl (in all probability“, „very probably“) Bemerkungen enthielt, die nicht mit Art. 6 Abs. 2 EMRK vereinbar waren. Das Urteil vom 10. Februar 1995, Allenet de Ribemont/Frankreich, Serie A, Nr. 308 (1995) Randnrn. 37, 41, betraf die Äußerungen hochrangiger Polizeibeamter und des französischen Innenministeriums zum Vorwurf der Anstiftung zum Mord gegen Ribemont im Rahmen einer Pressekonferenz, die parallel zum Strafverfahren stattfand. Der Gerichtshof hielt diese Äußerungen für eine klare Feststellung der Schuld von Ribemont durch staatliche Stellen, die geeignet war, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und einer Verurteilung durch die zuständige gerichtliche Instanz zuvorzukommen. Das Urteil vom 10. Oktober 2000, Daktaras/Litauen, Individualbeschwerde Nr. 42095/98, Randnr. 41, betraf die Äußerungen eines Staatsanwalts im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens, aus denen angenommen werden konnte, dass die Schuld des Angeklagten bereits bewiesen worden war. Der Gerichtshof erinnerte zunächst daran, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch von einem Staatsanwalt verletzt werden konnte, der über die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens eine Entscheidung zu treffen hat. Zwar hielt der Gerichtshof den Ausdruck „bewiesen“ für missglückt, vermochte aber, angesichts der besonderen Umstände, unter denen der Ausdruck verwendet worden war, keinen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 EMRK zu erkennen. Im Urteil vom 8. April 2005, A. L./Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 72758/01, Randnr. 31, verwies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf seine Feststellungen im Urteil Daktaras, wobei er daran erinnerte, „dass die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 eines der Merkmale eines fairen Strafverfahrens nach Art. 6 Abs. 1 darstellt. Sie wird verletzt, wenn mit der Äußerung eines Amtsträgers, die eine einer Straftat angeklagte Person betrifft, Aussagen zu deren Schuld getroffen werden, wenn nicht diese Person entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen schuldig gesprochen worden ist. Ohne formellen Schuldspruch reicht es auch aus, dass Gründe darauf hindeuten, dass der Amtsträger die betreffende Person als schuldig erachtet“.


    54 – Das Urteil vom 26. März 2002, Butkevičius/Litauen, Individualbeschwerde Nr. 48297/99, Randnrn. 51 bis 54, betraf die Äußerungen des Generalstaatsanwalts und des Präsidenten des Parlaments Litauens in den Medien im Anschluss an die Festnahme des ehemaligen Verteidigungsministers Butkevičius wegen des Verdachts der Vorteilsannahme. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hielt diese Äußerungen von Amtsträgern für geeignet, die Öffentlichkeit dazu zu verleiten, von der Schuld des Angeklagten noch vor dessen rechtskräftiger Verurteilung auszugehen. Demzufolge bejahte es einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 EMRK.


    55 – Frowein, J., „Zur Bedeutung der Unschuldsvermutung in Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention“, Recht als Prozess und Gefüge: Festschrift für Hans Huber zum 80. Geburtstag, Bern 1981, S. 554 bis 556, kommentiert die Entscheidung der Kommission für Menschenrechte anlässlich der Beschwerde Petra Krause gegen Schweiz, in der eine Äußerung des schweizerischen Justizministers vor dem Fernsehen als Verletzung von Art. 6 Abs. 2 EMRK gerügt wurde. Darin war die damals verhaftete Petra Krause als Täterin von Sprengstoffverbrechen bezeichnet worden. Die Kommission bestätigte die Anwendbarkeit von Art. 6 Abs. 2 EMRK mit der Begründung, diese Vorschrift enthalte das grundlegende Prinzip, dass niemand von Behörden als einer strafbaren Handlung schuldig bezeichnet werden dürfe, ohne dass ein Gericht dies festgestellt habe. Der Autor vermerkt unter Verweis auf die Ausführungen der Kommission für Menschenrechte, dass die massive Formulierung eines Verdachts erhebliche Auswirkungen haben kann. Insbesondere könne sie Einfluss auf das Gerichtsverfahren gewinnen, wenn durch sie eine Pressekampagne entsteht oder sonstige Gefahren der Beeinflussung der Richter gegeben sind.


    56 – Haase, K., a. a. O. (Fn. 45), S. 92, erinnert daran, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Falle vorverurteilender Medienveröffentlichungen eine gewisse Schutzpflicht der Konventionsstaaten nach Art. 6 Abs. 1 EMRK anerkannt hat. Danach müssen die Staaten aktiv durch positive Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass die Presse sich bei der Berichterstattung über anhängige Strafverfahren in den Grenzen der gebotenen Sachlichkeit hält.


    57 – Siehe Fn. 55.


    58 – In mehreren mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen übernimmt die Staatsanwaltschaft die alleinige Verantwortung für die Durchführung des Strafverfahrens und verfügt dementsprechend über ein ausschließliches Anklagerecht. Ihr obliegt die Aufgabe, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und die jeweilige Tat vor einem Gericht anzuklagen. Dabei handelt sie entweder nach eigenem Ermessen (Opportunitätsprinzip) oder ist nach dem Gesetz hierzu verpflichtet (Legalitätsgrundsatz). Das Hauptproblem im Zusammenhang mit der Staatsanwaltschaft betrifft die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Aufgabenerfüllung frei von politischen Einmischungen, die ihre Pflicht zur Unparteilichkeit beeinträchtigen könnten, gegeben sind. Als problematisch in diesem Zusammenhang wird die Tatsache angeführt, dass die Staatsanwaltschaft oft in enger Beziehung zur Exekutive steht oder ihr sogar untersteht (siehe dazu „Conference of the Chief Justices of the Supreme Courts and Attorney-Generals of the Countries of the European Union“, a. a. O. [Fn. 32], S. 484 f.). Siehe zur Autonomie und zum Behördenaufbau des portugiesischen „Ministério Público“ Pereira, R., „O domínio do inquérito pelo Ministério Público“, Jornadas de direito processual penal e direitos fundamentais(Organizadas pela Faculdade de Direito da Universidade de Lisboa e pelo Conselho Distrital de Lisboa da Ordem dos Advogados, com a colaboração do Goethe Institut), Coimbra 2004, S. 128 bis 130. De Figueiredo Dias, J., a. a. O. (Fn. 47), S. 362 bis 368, ist der Auffassung, dass mangels Rechtsprechungskompetenz das portugiesische „Ministério Público“ nicht der Judikative zugeordnet werden könne. Eine Rechtsprechungskompetenz sei nach der portugiesischen Verfassung allein den Gerichten vorbehalten. Aufgrund ihrer relativen Autonomie stelle es jedoch eine Brücke zwischen Exekutive und Judikative dar.


    59 – Siehe auch Meyer-Ladewig, J., Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten – Handkommentar, Baden-Baden 2003, Art. 6, Randnr. 85, nach dem der gesetzliche Beweis der Schuld durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil erbracht wird.


    60 – Siehe Randnrn. 55 f. der schriftlichen Anmerkungen der portugiesischen Regierung.


    61 – Urteil Barberà, Messegué und Jabardo/Spanien, oben in Fn. 52 angeführt, Randnr. 77.


    62 – Bacigalupo, E., a. a. O. (Fn. 46), S. 145, weist darauf hin, dass nach der Theorie der Grundrechte und des heutigen Verfahrensrechts der Grundsatz in dubio pro reo als ein wesentlicher Bestandteil des Grundrechtes auf Achtung der Unschuldsvermutung angesehen wird. Wann immer der Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht unmittelbar aus dem nationalen Recht hergeleitet werde, verweise die Rechtslehre auf Art. 6 Abs. 2 EMRK, wobei Übereinstimmung darin bestehe, dass diese Vorschrift ebenfalls zur Wahrung des Grundsatzes in dubio pro reo verpflichte. Ähnlich auch Marques da Silva, G., Curso de processo penal, Band 2, Lissabon 1993, S. 92 f., der den Grundsatz in dubio pro reo aus der Unschuldsvermutung herleitet. Walter, T., „Die Beweislast im Strafprozess“, Juristenzeitung, 2006, S. 344, leitet hingegen den Grundsatz in dubio pro reo aus dem Rechtsstaatsprinzip her und verweist zur Begründung auf den unterschiedlichen Schutzbereich des Zweifelssatzes und der Unschuldsvermutung. So reiche Letztere teilweise weiter, weil sie selbst dann eingreife, wenn das Gericht zu keiner Zeit auch nur den geringsten Zweifel hatte, mit der Folge, dass bis zum Urteil der Angeklagte als unschuldig gelte. Andererseits reiche der Zweifelssatz weiter als die Unschuldsvermutung, wenn er auch Umstände erfasse, die nur für das Verfahrensrecht bedeutsam sind, etwa den Zeitpunkt der Tat als Voraussetzung der Verjährung.


    63 – De Figueiredo Dias, J., a. a. O. (Fn. 47), S. 213; Tome Garcia, J. A., Derecho procesal penal (hrsg. von Andrés de la Oliva Santos u. a.), Madrid 1993, S. 453.


    64 – Urteil vom 27. September 1990, Windisch/Österreich, Individualbeschwerde Nr. 12489/86, Randnr. 25.


    65 – Walter, T., a. a. O. (Fn. 62), S. 348 f., weist darauf hin, dass der Grundsatz in dubio pro reo allgemein zu einer Entscheidung zugunsten des Angeklagten verpflichtet. Diese Entscheidung richtet sich nach dem Gegenstand der jeweiligen Zweifel. Mit Blick auf Prozesshindernisse und -voraussetzungen im Ermittlungs- und erstinstanzlichen Verfahren ist diese begünstigende Entscheidung stets die Einstellung des Verfahrens.


    66 – De Figueiredo Dias, J., a. a. O. (Fn. 47), erklärt, dass ein Freispruch aus Mangel an Beweisen im Strafprozessrecht keine für den Angeklagten nachteilige Entscheidung sei, wenn Anklage von der Staatsanwaltschaft erhoben werde (S. 212). Das Bestehen vernünftiger Zweifel bezüglich der Überzeugungskraft der vorgelegten Beweise bewirke nach den Ausführungen des Autors, dass dieselben Rechtsfolgen wie im Falle einer zweifelsfreien Feststellung der Unschuld des Angeklagten eintreten müssen (S. 215).


    67 – Vgl. u. a. Urteile vom 16. Juli 1992, Meilicke (C‑83/91, Slg. 1992, I‑4871, Randnr. 22), und vom 5. Februar 2004, Schneider (C‑380/01, Slg. 2004, I‑1389, Randnr. 20).


    68 – Urteil Schneider, oben in Fn. 67 angeführt, Randnr. 21 und die dort zitierte Rechtsprechung.


    69 – Vgl. u. a. Urteile vom 16. Dezember 1981, Foglia/Novello (244/80, Slg. 1981, 3045, Randnr. 18), vom 15. Juni 1995, Zabala Erasun u. a. (C‑422/93 bis C‑424/93, Slg. 1995, I‑1567, Randnr. 29), vom 12. März 1998, Djabali (C‑314/96, Slg. 1998, I‑1149, Randnr. 19), und Schneider, oben in Fn. 67 angeführt, Randnr. 22. Siehe zuletzt die Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano vom 18. Januar 2005 in der Rechtssache Längst, C‑165/03, Slg. 2005, I‑5640, Nr. 45, und das Urteil vom 30. Juni 2005 in derselben Rechtssache (Slg. 2005, I‑5637, Randnrn. 30 bis 35).


    70 – Urteil Schneider, oben in Fn. 67 angeführt, Randnr. 23.

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