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Document 62004CC0490

Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 14. Dezember 2006.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland.
Vertragsverletzungsverfahren - Zulässigkeit - Art. 49 EG - Freier Dienstleistungsverkehr - Entsendung von Arbeitnehmern - Beschränkungen - Beiträge an die nationale Urlaubskasse - Übersetzung von Unterlagen - Anmeldung des Einsatzorts der entsandten Arbeitnehmer.
Rechtssache C-490/04.

Sammlung der Rechtsprechung 2007 I-06095

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2006:778

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER

vom 14. Dezember 20061(1)

Rechtssache C‑490/04

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

gegen

Bundesrepublik Deutschland

„Vertragsverletzungsverfahren – Zulässigkeit – Maßstäbe für die Prüfung der Vereinbarkeit nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht – Dauer des Vorverfahrens – Bestimmtheit der Klageschrift – Übereinstimmung der mit Gründen versehenen Stellungnahme mit der Klageschrift – Pflicht von Arbeitnehmer nach Deutschland entsendenden Unternehmen, Beiträge zur Urlaubskasse abzuführen, Unterlagen zu übersetzen und Folgebeschäftigungen mitzuteilen“






I –    Einleitung

1.        Die Kommission beantragt beim Gerichtshof gemäß Artikel 226 EG die Feststellung, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 49 EG verstoßen hat, dass sie von Unternehmen, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben und Arbeitnehmer in das Inland entsenden, die Abführung von Beiträgen an die deutsche Urlaubskasse verlangt, sofern sie nicht bereits zu Beiträgen zu einer „vergleichbaren Einrichtung“ herangezogen werden, sie zur Übersetzung von bestimmten Unterlagen verpflichtet, und von ausländischen Zeitarbeitsunternehmen fordert, jede Überlassung eines Arbeitnehmers und die ihm zugewiesene Beschäftigung mitzuteilen.

2.        Vor der Untersuchung, ob diese Verpflichtungen gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen, ist unter Berücksichtigung der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen(2) der Prüfungsmaßstab festzustellen. 

3.        Die Bundesrepublik beantragt, die Klage wegen der Unbestimmtheit der Klageschrift und ihrer fehlenden Übereinstimmung mit der mit Gründen verstehenden Stellungnahme sowie der langen Dauer des Verwaltungsverfahrens als unzulässig abzuweisen.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Gemeinschaftsrecht

1.      Der EG-Vertrag

4.        Gemäß Artikel 49 EG sind „die Beschränkungen des freien Dienstsleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, … verboten“.

2.      Die Richtlinie 96/71/EG

5.        Werden in Ausübung dieser Grundfreiheit Arbeitnehmer zeitweise in ein anderes Land entsendet(3), führt das Zusammentreffen unterschiedlicher Rechtsordnungen zu einigen spezifischen Problemen(4).

In diesem Zusammenhang ist die Richtlinie 96/71/EG zu sehen, die einen „fairen Wettbewerb“ und „Maßnahmen, die der Wahrung der Rechte“ der Arbeitnehmer dienen (fünfte Begründungserwägung), miteinander in Einklang zu bringen versucht(5).

6.        Artikel 1 Absatz 1 beschränkt ihren Anwendungsbereich auf Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen Arbeitnehmer in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden, und zwar in einer der in Absatz 3 aufgeführten Modalitäten, so dass die Entsendung entweder a) im Rahmen eines Vertrages, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem in diesem Mitgliedstaat tätigen Dienstleistungsempfänger geschlossen wurde, oder b) in eine Niederlassung oder ein der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder c) durch ein Leiharbeitsunternehmen im Rahmen einer Entsendung an ein verwendendes Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt.

7.        Artikel 2 bestimmt den Begriff „entsandter Arbeitnehmer“, Artikel 3 stellt einen Katalog von Mindestanforderungen an die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen auf. Artikel 4 regelt die „Zusammenarbeit im Informationsbereich“:

„1.      Zur Durchführung dieser Richtlinie benennen die Mitgliedstaaten gemäß ihren Rechtsvorschriften und/oder Praktiken ein oder mehrere Verbindungsbüros oder eine oder mehrere zuständige einzelstaatliche Stellen.

2.      Die Mitgliedstaaten sehen die Zusammenarbeit der Behörden vor, die entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften für die Überwachung der in Artikel 3 aufgeführten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen zuständig sind. Diese Zusammenarbeit besteht insbesondere darin, begründete Anfragen dieser Behörden zu beantworten, die das länderübergreifende Zurverfügungstellen von Arbeitnehmern, einschließlich offenkundiger Verstöße oder Fälle von Verdacht auf unzulässige länderübergreifende Tätigkeiten, betreffen.

Die Kommission und die in Unterabsatz 1 bezeichneten Behörden arbeiten eng zusammen, um etwaige Schwierigkeiten bei der Anwendung des Artikels 3 Absatz 10 zu prüfen.

Die gegenseitige Amtshilfe erfolgt unentgeltlich.

3.      Jeder Mitgliedstaat ergreift die geeigneten Maßnahmen, damit die Informationen über die nach Artikel 3 maßgeblichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen allgemein zugänglich sind.

4.      Jeder Mitgliedstaat nennt den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission die in Absatz 1 bezeichneten Verbindungsbüros und/oder zuständigen Stellen.“

8.        Sodann verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten, geeignete Maßnahmen für den Fall der Verletzung ihrer Vorschriften vorzusehen (Artikel 5), bestimmt die gerichtliche Zuständigkeit (Artikel 6) und legt in Artikel 7 die Frist für ihre Umsetzung fest; hierzu bestimmt sie:

„Die Mitgliedstaaten erlassen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens ab dem 16. Dezember 1999 nachzukommen. Sie setzen die Kommission hiervon unverzüglich in Kenntnis.

…“

9.        Artikel 8 regelt die Überprüfung durch die Kommission(6) und Artikel 9 bestimmt, dass die Richtlinie an die Mitgliedstaaten gerichtet ist.

B –    Deutsches Recht

10.      Auf dem Gebiet der Mobilität von Arbeitnehmern gilt in Deutschland das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) vom 26. Februar 1996(7), das am 1. März 1996 in Kraft trat.

11.       § 1 Absatz 1 AEntG erstreckt unter gewissen Voraussetzungen die Anwendbarkeit der Rechtsnormen der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge des Baugewerbes, die das Mindestentgelt, die Dauer des Erholungsurlaubs und das Urlaubsentgelt zum Gegenstand haben, auf die Rechtsbeziehung zwischen einem Arbeitgeber in einem anderen Staat und seinen Arbeitnehmern. Gemäß § 1 Absatz 3 sind auch die Regelungen in Tarifverträgen über die Einziehung von Beiträgen für die Gewährung des bezahlten Urlaubs zu beachten, sofern sie nicht an eine „vergleichbare Einrichtung“ im Staat des Sitzes des Unternehmens abgeführt werden.

12.      § 2 AEntG enthält Mechanismen zur „Kontrolle“ wie in § 2 Absatz 3, wonach ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland die Unterlagen zum Nachweis der Einhaltung der sich aus § 1 ergebenden Pflichten in deutscher Sprache bereitzuhalten hat: den Arbeitsvertrag, die Lohnabrechnungen, die Arbeitszeitnachweise und die Nachweise über erfolgte Lohnzahlungen.

13.      § 3 Absatz 2 AEntG verpflichtet ausländische Zeitarbeitsunternehmen, vor Beginn jeder Bauleistung eine Anmeldung in deutscher Sprache mit folgenden Angaben abzugeben: Namen, Vornamen und Geburtsdaten der überlassenen Arbeitnehmer, Beginn und Dauer der Überlassung, Ort der Beschäftigung, den Ort in Deutschland, an dem die nach § 2 Abs. 3 AEntG erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden, Name, Vorname und Anschrift in Deutschland eines Zustellungsbevollmächtigten sowie Name und Anschrift des Entleihers. In dem Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher kann vereinbart werden, wer die Änderungen bezüglich des Ortes der Beschäftigung meldet.

III – Das Vorverfahren

14.      Aufgrund verschiedener Beschwerden über das AEntG übermittelte die Kommission am 12. November 1998 ein Mahnschreiben und am 17. August 1999 ein ergänzendes Mahnschreiben, die der Mitgliedstaat mit Schreiben vom 8. März 1999, vom 4. Mai 1999 und vom 25. Oktober 1999 beantwortete.

15.      Da die Erklärungen die Kommission nicht überzeugten, übermittelte sie eine mit Gründen versehene Stellungnahme und forderte dazu auf, die Maßnahmen zu erlassen, die erforderlich sind, um der Stellungnahme binnen zwei Monaten nach deren Eingang nachzukommen.

16.      Mit Schreiben vom 1. Oktober 2001, 20. Dezember 2001, 3. Februar 2003 und 4. Dezember 2004 übermittelte die deutsche Regierung ihre Erklärungen; am 23. Januar 2004 teilte sie die Novellierung des AEntG durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003(8) mit. 

17.      Nachdem sie festgestellt hatte, dass nur ein Teil der Verstöße des AEntG gegen die Gemeinschaftsrechtsordnung durch die Novellierung abgestellt worden war, rief die Kommission den Gerichtshof an und beantragte die Feststellung einer Vertragsverletzung gemäß Artikel 226 EG.

IV – Das Verfahren vor dem Gerichtshof

18.      Mit der Klage, die am 29. November 2004 in der Kanzlei des Gerichtshofes einging, wird beantragt, festzustellen, dass Deutschland dadurch seine Verpflichtungen aus Artikel 49 EG verletzt hat, dass es vorsieht, dass a) ausländische Unternehmen selbst dann verpflichtet sind, Beiträge an die deutsche Urlaubskasse abzuführen, wenn ihre Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften des Niederlassungsstaates ihres Arbeitgebers einen vergleichbaren Schutz genießen (§ 1 Absatz 3 AEntG), b) ausländische Unternehmen verpflichtet sind, den Arbeitsvertrag, die Lohnabrechnungen, die Arbeitszeitnachweise, die Nachweise über erfolgte Lohnzahlungen sowie alle sonstigen Unterlagen, die von den deutschen Behörden verlangt werden, ins Deutsche übersetzen zu lassen (§ 2 AEntG) und c) ausländische Zeitarbeitsunternehmen verpflichtet sind, jede Überlassung eines Arbeitnehmers an einen Entleiher in Deutschland und jede ihm übertragene Beschäftigung anzumelden (§ 3 Abs. 2 AEntG)(9). Weiter wird beantragt, den beklagten Staat zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

19.      In der am 4. Februar 2005 eingereichten Klagebeantwortung wird vorgebracht, die Klage sei unzulässig und unbegründet.

20.      Am 29. März 2005 wurde die Erwiderung und am 17. Mai 2005 die Gegenerwiderung eingereicht.

21.      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 7. Juni 2005 ist Frankreich als Streithelfer zugelassen worden, das seinen Streithilfeschriftsatz am 22. September 2005 einreichte, um die Bundesrepublik bei ihrer Verteidigung gegen die zweite Vertragsverletzungsrüge zu unterstützen. Die Kommission und Deutschland nahmen am 28. November 2005 bzw. am 27. Oktober 2005 zu der Streithilfe Stellung.

22.      An der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2006 nahmen die Vertreter der Bundesrepublik und der Kommission teil.

V –    Zulässigkeit der Vertragsverletzungsklage

23.      Nach Ansicht der beklagten Regierung ist es angebracht, die nationale Regelung im Licht der Richtlinie 96/71 und nicht des Artikels 49 EG zu untersuchen; auf diese Weise stellt sie die Zulässigkeit des Begehrens der Kommission in Frage (A). Darüber hinaus hat sie drei prozessuale Einreden erhoben, die zur teilweisen oder vollständigen Unzulässigkeit der Klage führen sollen; sie beziehen sich auf die Dauer des Vorverfahrens (B), die Unbestimmtheit der Klageschrift (C) und die Änderung der ersten Rüge (D).

A –    Der Prüfungsmaßstab

24.      Die Richtlinie 96/7 war bei Beginn des Verwaltungsverfahren noch nicht erlassen; als die mit Gründen versehene Stellungnahme abgegeben wurde, war jedoch die Frist zu ihrer Umsetzung in nationales Rechts abgelaufen. Unter Hervorhebung dieser zeitlichen Reihenfolge vertritt die deutsche Regierung die Ansicht, das AEntG sei im Licht der Richtlinie 96/71 und nicht des Artikels 49 EG zu prüfen, der nur bei einer Ermessensüberschreitung der Staaten bei der Umsetzung der Richtlinie anwendbar wäre.

25.      Die Kommission gibt keine klare Antwort auf diese Einrede und verstrickt sich in Widersprüche, denn in Punkt 1 der Klageschrift erklärt sie beispielsweise, dass die Überprüfung der Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht anhand des Vertragsartikels erfolgte, um ein paar Linien weiter unten auf diese Vorschrift und die Richtlinie 96/71 Bezug zu nehmen. Auch in der mündlichen Verhandlung gab ihr Bevollmächtigter trotz einer hierzu gestellten Frage keine Stellungnahme zu dieser Einrede ab.

26.      Die Diskussion veranlasst dazu, Überlegungen zu der Gemeinschaftsvorschrift, die den Maßstab abgibt, und die Folgen ihrer fehlerhaften Auswahl anzustellen. Danach fehlt es bei einer offensichtlichen Diskrepanz an der wesentlichen juristischen Voraussetzung und die Klage wäre unbegründet; etwas Ähnliches wäre der Fall, wenn die Verletzung einer Vorschrift des abgeleiteten Rechts gerügt wird, die zum Zeitpunkt des Sachverhalts noch nicht verkündet war; in anderen Fällen ist in die materielle Prüfung einzutreten, ohne eine Abweisung als unzulässig in Betracht zu ziehen.

27.      Im vorliegenden Rechtsstreit kommt eine Abweisung als unzulässig nicht in Betracht, denn zur Feststellung einer Vertragsverletzung ist es angebracht, auf den Vertrag zurückzugreifen und von der Richtlinie abzusehen, die den Inhalt von Artikel 49 EG nicht erschöpfend umsetzt, denn: einerseits wird in der dreizehnten Begründungserwägung die Absicht zum Ausdruck gebracht, die Gesetze der Mitgliedstaaten zu koordinieren, um einen Kern zwingender Bestimmungen über ein Mindestmaß an Schutz festzulegen, das im Gastland von Arbeitgebern zu gewährleisten ist, die Arbeitnehmer entsenden(10); andererseits räumt Artikel 5 den nationalen Behörden ein sehr weites Ermessen ein, solange sie die Grundfreiheiten beachten(11). 

28.      Demnach können staatliche Regelungen über grenzüberschreitende Arbeitsleistungen gegen das primäre und das sekundäre Recht verstoßen. Verstoßen sie gegen die Richtlinie, ist die Anwendung des Vertrages ausgeschlossen, obgleich jede Verletzung der Richtlinie eine Verletzung des Vertrages in sich birgt, da er ihre Inspirationsquelle darstellt. Verstoßen sie jedoch unmittelbar gegen den Vertrag, weil sie von den detaillierten Regelungen der Richtlinie, die ihn ausführt, nicht umfasst sind, findet sich der einzige mögliche Bezugspunkt im Vertrag selbst.

29.      Deshalb ist die Maßstabsnorm, auf die die Klage gestützt wird, einschlägig, denn die erhobenen Rügen gehen über die Richtlinie 96/71 hinaus. Dabei ist es gleichgültig, dass die mit Gründen versehene Stellungnahme nach Ablauf der Umsetzungsfrist übermittelt wurde, unbeschadet dessen, dass die Richtlinie in miteinander verflochtenen Bereichen oder als Auslegungsregel relevant sein könnte.

B –    Die Dauer des Vorverfahrens

30.      Deutschland ist der Ansicht, das Recht zur Anrufung des Gerichtshofes sei verwirkt, denn trotz Einleitung des Vorverfahrens im Jahre 1998 sei die Klage erst am 23. November 2004 erhoben worden. Damit seien die Grundsätze des Vertrauens und der Rechtssicherheit verletzt; darüber hinaus habe der Gerichtshof 2001 die Vereinbarkeit des AEntG mit dem Gemeinschaftsrecht festgestellt.

31.      Die Kommission wendet ein, die Beklagte selbst habe glauben gemacht, dass mit den beabsichtigten Gesetzesänderungen die Verstöße beseitigt würden.

32.      Auch wenn sich das Vorverfahren nach Artikel 226 EG über mehr als sechs Jahre hingezogen hat, gibt es mehrere Gründe für die Zurückweisung der geltend gemachten Einrede.

33.      Erstens vertritt die Rechtsprechung die Ansicht, dass die überlange Dauer des Vorverfahrens nur zur Unzulässigkeit führt, wenn das Verhalten der Kommission die Widerlegung ihres Vorbringens erschwert und die Verfahrensrechte verletzt; der betroffene Mitgliedstaat hat „eine solche Erschwernis zu beweisen“ (12). Die deutsche Regierung hat im vorliegenden Fall keine Einschränkung ihrer Rechtfertigungsmöglichkeiten bewiesen.

34.      Zweitens beruht das Vertragsverletzungsverfahren auf der objektiven Feststellung des Verstoßes gegen den Vertrag oder einen Akt des Sekundärrechts(13); eine Rechtfertigung der Vertragsverletzung aus Gründen des Vertrauensschutzes widerspräche dem Zweck des Artikels 169 EG-Vertrag(14). Dasselbe gilt für die Rechtssicherheit(15). Privatpersonen haben selbst während der Durchführung des Verfahrens die streitigen Vorschriften zu beachten, solange es an einer Entscheidung fehlt, durch die ihr Vollzug ausgesetzt wird.

35.      Drittens haben sich zwar die Urteile vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache Finalarte u. a.(16), vom 24. Januar 2002 in der Rechtssache Portugaia Construções(17), vom 12. Oktober 2004 in der Rechtssache Wolf & Müller(18) und vom 14. April 2005 in der Rechtssache Kommission/Deutschland(19) mit der Vereinbarkeit des AEntG mit der Rechtsordnung der Union befasst, aber in diesen Prozessen ging es um andere Aspekte als die, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden, obgleich einige Verbindungen bestehen:

–        Das Urteil Finalarte u. a. weist eine wichtige Verbindung zu einer der Vertragsverletzungsrügen auf, denn es befasst sich ebenfalls mit dem deutschen System der Urlaubskassen und kommt zu dem Ergebnis, dass die Reichweite der Vorschriften bei einer grenzüberschreitenden Dienstleistung mit dem Vertrag vereinbar ist, sofern zwei Voraussetzungen vorliegen(20). In diesem Verfahren bestreitet die Kommission aber das Vorliegen dieser Voraussetzungen;

–        das Urteil Portugaia Construções betraf das Mindestarbeitsentgelt der entsandten Arbeitnehmer;

–        das Urteil Wolf & Müller beschäftigte sich ebenfalls mit der Vergütung, konkret dem Zahlungspflichtigen, im Wege der Auslegung des Artikels 5 der Richtlinie 96/71/EG im Licht des Artikels 49 EG;

–        in dem nach Einreichung der Klage ergangenen Urteil Kommission/Deutschland wurde schließlich ein Verstoß gegen Artikel 3 der Richtlinie 96/71 bezüglich der Lohnbestandteile festgestellt.

36.      Viertens wurde nach Übermittlung der mit Gründen versehenen Stellungnahme im Jahr 2001 Ende 2003 das deutsche Gesetz novelliert, so dass der Kommission kein Vorwurf gemacht werden kann, weil sie die Änderungen prüfte, bevor sie im November 2004 die Klage einreichte.

37.      Die vorstehenden Überlegungen führen zur Zurückweisung der von Deutschland ins Feld geführten Kriterien zur angemessenen Verfahrensdauer, die, worauf die Kommission hinweist, nur in Wettbewerbssachen(21) und in Verfahren vor dem Gericht erster Instanz(22) einschlägig sind. 

C –    Die Bestimmtheit der Klageschrift

38.      Die deutsche Regierung beantragt weiter, die Klage wegen ihrer Unbestimmtheit als unzulässig abzuweisen, da die Klageschrift nur eine abstrakte Darstellung der rechtlichen Umstände enthalte, ohne konkrete Fälle der Entsendung zu benennen, anhand derer die Unvereinbarkeit des AEntG mit Artikel 49 EG erkennbar würde.

39.      Die Kommission unterstreicht, dass der Klageantrag klar sei und erwidert, dass das Verfahren weder wegen einer Beschwerde eines Arbeitnehmers oder eines Unternehmens noch wegen einer Gerichts- oder Verwaltungspraxis eingeleitet worden sei, sondern wegen der Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht.

40.      Nach Artikel 38 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichtshofes(23) muss die Klageschrift „den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe“ enthalten. Diese Darstellung muss hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gerichtshof die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe zu ermöglichen. Folglich müssen sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die eine Klage gestützt wird, „zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben“ (24). 

41.      Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen gegeben. Die Kommission hat die Klageschrift in vier wesentliche Abschnitte unterteilt: der erste ist dem Sachverhalt und dem Vorverfahren gewidmet, enthält eine Darstellung des Verwaltungsverfahrens und bezeichnet die fünf Streitpunkte, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme genannt sind; im zweiten werden die einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Vorschriften dargestellt; der dritte, in dem die rechtliche Würdigung vorgenommen wird, beginnt mit einer Vorbemerkung zur Novellierung des nationalen Gesetzes, um dann jede einzelne Rüge zu erläutern und die Stellungnahmen im Vorverfahren zu widerlegen; der vierte enthält den Klageantrag, der mit dem restlichen Schriftsatz kongruent ist und die Rügen im Hinblick auf einen Verstoß von § 1 Absatz 3, § 2 und § 3 Absatz 2 AEntG gegen Artikel 49 EG individualisiert.

42.      Der Gerichtshof hat daher ebenso eine genaue Kenntnis von den Rügen und ihren Rechtsgrundlagen wie der beklagte Staat, der sich gegen sie verwahrt, doch darf die Darstellung der Sach- und Rechtslage nicht mit ihrer Wahrhaftigkeit und Genauigkeit verwechselt werden.

43.      Die Vorlage besonderer Beweismittel ist erforderlich, wenn die Vertragsverletzung auf die Anwendung einer nationalen Vorschrift zurückzuführen ist, nicht aber, wenn sie auf den Inhalt einer nationalen Vorschrift gestützt wird, so dass nur im ersten Fall ein hinreichend dokumentierter und detaillierter Nachweis der vorgeworfenen Praxis erforderlich ist(25). 

44.      Folglich ist in diesem Vertragsverletzungsverfahren die Einrede der Unzulässigkeit nicht stichhaltig.

D –    Die Änderung der ersten Rüge

45.      Deutschland erhebt eine weitere formelle Einrede gegen die erste Rüge, da die Vorwürfe in der mit Gründen versehenen Stellungnahme seiner Ansicht nach nicht mit den in der Klageschrift dargelegten übereinstimmten. Die Kommission bestreitet eine solche Änderung, da die Unterschiede sich auf eine Spezifizierung der Ausführungen im Vorverfahren beschränkten.

46.      Der Gerichtshof hat wiederholt festgestellt, dass der Gegenstand einer Klage nach Artikel 226 EG durch das in dieser Bestimmung vorgesehene Vorverfahren eingegrenzt wird, so dass die Klage auf die gleichen Gründe und das gleiche Vorbringen gestützt sein muss wie die mit Gründen versehene Stellungnahme(26), auch wenn keine völlige Übereinstimmung zwischen den im Mahnschreiben erhobenen Rügen, dem Tenor der mit Gründen versehenen Stellungnahme und den Anträgen in der Klageschrift besteht, sofern der Streitgegenstand nicht erweitert oder geändert wird(27).

47.      Zur Feststellung einer Abweichung und ihrer Reichweite sind die mit Gründen versehene Stellungnahme und die Klageschrift zu vergleichen:

–        In der mit Gründen versehenen Stellungnahme wird die „Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen an die deutsche Urlaubskasse“ untersucht und festgestellt, dass sie gegen Artikel 49 EG verstoße, indem sie ausländische Unternehmen verpflichte, Beiträge auch dann abzuführen, wenn sie ihren Beschäftigten im Staat ihrer Niederlassung direkt eine Urlaubsvergütung zahlen müssten.

–        In der Klageschrift wird dieser Gesichtspunkt auf dieselbe Weise dargelegt, aber es wird hinzugefügt, dass die Vertragsverletzung darin bestehe, dass ausländische Unternehmen selbst dann verpflichtet seien, Beiträge an die deutsche Einrichtung abzuführen, wenn ihre Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften des Niederlassungsstaats des Arbeitgebers einen vergleichbaren Schutz genössen.

48.      Der Vergleich beider Papiere legt gewisse Abweichungen offen, belegt aber nicht, dass die Rügen unterschiedlich wären, denn die Darstellung des Streitpunkts, die in beiden Papieren dieselbe ist, zeigt, dass nach Auffassung der Kommission § 1 Absatz 3 AEntG dazu führt, dass Unternehmen, die keine Beiträge an eine der deutschen Kasse vergleichbare Einrichtung abführen, mehr als eine Zahlung in Geld oder in Naturalien leisten müssen.

49.      Streitig ist, und so hat es auch die Beklagte verstanden, ob die nationalen Vorschriften zu einer wirtschaftlichen Doppelbelastung derjenigen führen, die Arbeitskräfte im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistung entsenden. Die Rüge wird durch ihre Nuancierungen vervollständigt, ohne dass sie geändert oder die Verfahrensrechte beeinträchtigt würden.

50.      Darüber hinaus stelle ich einen zusätzlichen Grund für die Spezifizierung fest, denn nach der Übermittlung der mit Gründen versehenen Stellungnahme wurde das u. a. im Klageantrag der Klageschrift wiedergegebene Urteil Finalarte u. a. veröffentlicht.

51.      Deshalb ist die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme und der Klageschrift gerügte formelle Abweichung nicht schwerwiegend genug, um zur Unzulässigkeit zu führen.

VI – Begründetheit

52.      Wenn der Gerichtshof meinem Vorschlag folgend die von der deutschen Regierung geltend gemachten Unzulässigkeitsgründe zurückweist, hat er die gerügten Vertragsverletzungen zu untersuchen.

A –    Einleitende Bemerkungen

53.      Die Verpflichtungen nach dem AEntG führen zu zusätzlichen Belastungen der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen, was die Ausübung ihrer Tätigkeit in Deutschland und ihr Interesse daran beeinträchtigt und zu einer Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit führt.

54.      In den Schlussanträgen in der Rechtssache Arblade u. a., in der am 23. November 1999 das Urteil erging(28), fasse ich die Rechtsprechung zu diesen Beschränkungen zusammen (Nrn. 53 bis 60), die unverändert ist, unbeschadet dessen, dass die Kasuistik gewisser Klarstellungen bedarf.

55.      Ebenso unterstreiche ich, dass die Dienstleistungsfreiheit das Ziel verfolgt, jede Art der wirtschaftlichen Betätigung auf dem Gebiet der Gemeinschaft zu fördern, wobei Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit und Beschränkungen, selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten, die geeignet sind, Tätigkeiten der Letztgenannten zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, zu beseitigen sind(29).

56.      Weiter erläutere ich die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Beschränkung dieses fundamentalen Grundsatzes: a) das Vorliegen zwingender Gründe des Allgemeininteresses, b) die Erforderlichkeit, das angestrebte Ziel zu erreichen und c) die Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahme(30). 

57.      Was die erste Voraussetzung anbelangt, so gehört der „Schutz der Arbeitnehmer“ zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses(31), soweit dieses Interesse nicht durch die Vorschriften geschützt wird, denen der Dienstleister in dem Mitgliedstaat unterliegt, in dem er ansässig ist(32). 

58.      Diese Feststellungen bilden den Rahmen für die Erörterung der drei Vertragsverletzungsrügen.

B –    Erste Rüge: Die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen an die deutsche Urlaubskasse

1.      Fragestellung

59.      Zum Verständnis des Streits zwischen der Kommission und Deutschland hinsichtlich dieser Rüge ist das System der Urlaubskasse näher zu betrachten.

60.      Generalanwalt Mischo hat in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Finalarte u. a. dargelegt, dass das System vorsieht, dass der Arbeitnehmer seine bei den einzelnen Arbeitgebern während des Bezugsjahrs erworbenen Urlaubsansprüche zusammenrechnet und in vollem Umfang bei seinem derzeitigen Arbeitgeber geltend macht, der die Vergütung für die Tage zahlt, die in der Zeit des Bestehens anderer Arbeitsverhältnisse angefallen sind. Im Hinblick auf eine gleichmäßige Verteilung der finanziellen Lasten wurde die Einrichtung einer Kasse beschlossen, an die die deutschen Unternehmer einen prozentualen Anteil an der Bruttolohnsumme zahlen; im Gegenzug werden ihnen die Leistungen, die sie den Arbeitnehmern erbracht haben, voll oder teilweise erstattet.

61.      Durch § 1 Absatz 3 AEntG wird die Verpflichtung, Beiträge abzuführen, auf die Unternehmer aus anderen Mitgliedstaaten erstreckt, die für eine bestimmte Dauer Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, sofern sie keine Zahlung an eine vergleichbare Einrichtung in dem Mitgliedstaat leisten, in dem sie ihren Sitz haben.

62.      Diese Regel führt nach dem Urteil Finalarte u. a. zu einer „Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit“ (Randnr. 37), die gerechtfertigt sein kann, wenn sie aus anerkannten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Arbeitnehmer erforderlich und verhältnismäßig ist (Randnr. 33). Seine Überlegungen zu den beiden Voraussetzungen veranlassten den Gerichtshof zu der Feststellung, dass eine Regelung wie die deutsche mit dem Vertrag vereinbar sei, „sofern zum einen die Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften des Niederlassungsmitgliedstaats ihres Arbeitgebers keinen im Wesentlichen vergleichbaren Schutz genießen, so dass die Anwendung der nationalen Regelung des ersten Mitgliedstaats ihnen einen tatsächlichen Vorteil verschafft, der deutlich zu ihrem sozialen Schutz beiträgt, und zum anderen die Anwendung dieser Regelung des ersten Mitgliedstaats im Hinblick auf das verfolgte im Allgemeininteresse liegende Ziel verhältnismäßig ist“ (Randnr. 53 und Urteilstenor).

63.      Das Urteil Finalarte u. a. knüpfte daher die Vereinbarkeit der Bestimmung mit dem Gemeinschaftsrecht an zwei Voraussetzungen – einziger Schutz und Verhältnismäßigkeit –, deren Feststellung es den nationalen Gerichten übertrug. In diesem Verfahren sieht die Kommission diese Voraussetzungen nicht erfüllt und rügt die deutschen Beschränkungen der Befreiung von der Beitragspflicht.

2.      Erörterung der Rüge

64.      Die Urlaubskasse resultiert aus einer der Arbeitsleistung innewohnenden Schwierigkeit. Nach Informationen der deutschen Regierung, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme wiedergegeben werden, gibt es vergleichbare Einrichtungen in Frankreich (Caisse Nationale de Surcompensation du Bâtiment et des Travaux Publics de France), in Österreich (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse), in Belgien (Office Nationale de Sécurité Sociale), in Italien (Commissione Nazionale Paritetica per le Casse Edili) und zum Teil in den Niederlanden (Stichting Vakantiefonds voor de Bouwnijverheid und Stichting Vakantiefonds voor de Landbouw).(33)

65.      Die Ausnahme in § 1 Absatz 3 AEntG wird gegenüber diesen Einrichtungen voll wirksam, da sie doppelte Beitragszahlungen der Unternehmer vermeidet und ausgewogen ist. Zumindest theoretisch, denn in der Praxis ist festzustellen, ob die Einrichtungen, die die Beiträge erhalten, mit der deutschen „vergleichbar“ sind; hierbei helfen die zwischenstaatlichen Abkommen, die insbesondere in der Klagebeantwortung genannt sind.

66.      Die Urlaubskassen sind jedoch nicht die einzige mögliche Lösung für die dargestellte Problematik; tatsächlich sind diese Einrichtungen in einigen Mitgliedstaaten wie dem Vereinigten Königreich, Schweden, Irland, Portugal und ? in gewissem Umfang ? den Niederlanden unbekannt. Die Kommission bringt vor, dass es Regelungen gebe, in denen der Schutz der Arbeitnehmer nicht auf Beiträgen beruhe, sondern auf der direkten Übernahme der Verpflichtungen hinsichtlich des Urlaubs durch die Arbeitgeber.

67.      Die Untersuchung der Möglichkeiten der Abhilfe und die Beurteilung, welche von ihnen die vorteilhafteste wäre, was von den Gegebenheiten in jedem Land und anderen verschiedenartigen und nicht immer juristischen Gesichtspunkten abhängt, geht über den Rahmen dieses Vertragsverletzungsverfahrens hinaus – in der Klageschrift selbst wird klargestellt, dass das deutsche System nicht in Zweifel gezogen werden soll –. Es ist jedenfalls festzustellen, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt(34). 

68.      Das deutsche System regelt nur eine von ihnen, ohne die anderen in Betracht zu ziehen. Es dient nicht dem Schutz der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber die im Zusammenhang mit dem bezahlten Urlaub stehenden Verpflichtungen am Ort der Niederlassung und unabhängig von dem Ort, an dem sie begründet wurden, übernimmt, so dass die Erklärung des deutschen Vertreters in der mündlichen Verhandlung, die Unternehmen der Länder, die keine Urlaubskasse vorsähen, seien von der Pflicht zur Beitragsabführung befreit, nicht stichhaltig ist, denn der Wortlaut der nationalen Regelung hat den entgegengesetzten Sinn. Die Regel erscheint daher unzureichend, und die Art und Weise ihrer Anwendung ist unerheblich; sie beruht ausschließlich auf Beiträgen zu einer Kasse, die neben der nationalen besteht, und begründet eine zusätzliche Belastung, die ungerechtfertigt ist, wenn der Kasse in dem Staat, in dem das dienstleistende Unternehmen seinen Sitz hat, keine vergleichbare Einrichtung gegenübersteht, ohne die Rechte der entsandten Arbeitnehmer, die bereits im Herkunftsstaat geschützt sind, zu stärken(35). 

69.      Die deutsche Regierung bringt zur Rechtfertigung der Bestimmung vor, die Anwendung von § 1 Absatz 3 AEntG werde von einer vorherigen Abwägung im Licht des Schutzes der Arbeitnehmer abhängig gemacht, so dass sie nur erfolge, wenn ein Nachteil festgestellt werde, wie sich aus den bilateralen Abkommen und dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juli 2004 ergebe.

70.      Ich teile diese Auffassung nicht. Die Feststellung des Gerichtshofes, der Schutz der Arbeitnehmer setze eine Vorprüfung zur Identifizierung der vorteilhafteren Regelung voraus, stellt kein Hindernis für deren spätere Feststellung dar. Ausschlaggebend ist der Vergleich der Regelungen über die Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten, des bezahlten Mindesturlaubs, den Mindestlohn oder den Gesundheitsschutz und die Hygiene(36). 

71.      Die deutsche These würde dazu führen, dass das gesamte deutsche Urlaubssystem gilt, wenn die deutsche Regelung einem entsandten Arbeitnehmer aus der Gemeinschaft bessere Anwartschaften auf seinen bezahlten Urlaub – nicht nur in Bezug auf seine Dauer – verschafft, so dass der Unternehmer die Beiträge zahlen muss, sofern er nicht Zahlungen an eine „vergleichbare Einrichtung“ geleistet hat, ohne dass andere Arten von Gegenleistungen Berücksichtigung finden, so dass die Gefahr einer Doppelzahlung besteht.

72.      Einerseits macht eine gegenseitige Anerkennung in bilateralen Abkommen die Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht von deren Bestehen und ihrem Inhalt abhängig, abgesehen davon, dass bei dem Vergleich von „Einrichtungen“ andere Optionen, wie die, dass solche Einrichtungen in einigen Staaten nicht existieren, außer Acht gelassen werden.

73.      Andererseits hat das Bundesarbeitsgericht in dieser Rechtsmaterie das „Günstigkeitsprinzip“ zur Anwendung gebracht, um eine Unvereinbarkeit zu vermeiden, von der es zweifellos ausgeht, denn anderenfalls hätte die Vorschrift nicht der richterlichen Auslegung bedurft. Es handelt sich um die umgekehrte Hypothese zu der des Urteils vom 9. Dezember 2003 in der Rechtssache Kommission/Italien(37), das zu dem Ergebnis kam, dass die nationale Vorschrift nicht zu beanstanden sei, aber in der Art und Weise ihrer Auslegung und Anwendung durch die Verwaltung und einen bedeutenden Teil der Gerichte einschließlich der Corte suprema di cassazione eine Abweichung festzustellen sei. Im vorliegenden Verfahren wirft die Kommission Deutschland vor, dass die nationale Vorschrift objektiv nicht mit dem Gemeinschaftsrecht zu vereinbaren sei, unabhängig von der Art und Weise ihrer praktischen Umsetzung. Die Gegenüberstellung des Wortlauts der einschlägigen Vorschriften reicht für den Nachweis der Vertragsverletzung aus.

74.      Folglich bin ich der Ansicht, dass § 1 Absatz 3 AEntG gegen Artikel 49 EG verstößt.

C –    Zweite Rüge: Die Verpflichtung zur Übersetzung der Unterlagen

1.      Fragestellung

75.      Aus § 2 Absatz 3 des AEntG ergibt sich, dass bei der Entsendung von Arbeitnehmern nach Deutschland bestimmte Unterlagen wie der Arbeitsvertrag, die Lohnabrechnungen, die Arbeitszeitnachweise und die Nachweise über erfolgte Lohnzahlungen ins Deutsche zu übersetzen sind.

76.      Die Kommission macht geltend, diese Verpflichtung stelle eine ungerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, denn wenn nach dem Urteil Arblade u. a. die Verpflichtung ausländischer Unternehmen, Unterlagen im Aufnahmestaat aufzubewahren, nicht mit den Überwachungsaufgaben der Behörden begründet werden könne, gelte dies auch für ihre Übersetzung. Darüber hinaus hält sie die nationale Bestimmung für exzessiv und unverhältnismäßig, da das in Artikel 4 der Richtlinie 96/71 vorgesehene System der Zusammenarbeit die Übersetzung überflüssig mache.

77.      Deutschland und Frankreich vertreten die Ansicht, die Beschränkung sei zulässig, um eine Kontrolle der Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften, die den Schutz der Arbeitnehmer gewährleisten, zu ermöglichen. Das von der Kommission zitierte Urteil dürfe angesichts der beschränkten Reichweite der in diesem Verfahren streitigen Maßnahme nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden, denn angesichts der begrenzten Zahl der von ihr betroffenen Unterlagen, ihrer Kürze und ihres regelmäßigen Wiederkehrens bedeute sie keinen großen administrativen oder finanziellen Aufwand und sei daher verhältnismäßig. Darüber hinaus bestehe das System der Zusammenarbeit nach der Richtlinie 96/71 neben der nationalen Rechtsordnung, denn die Behörden der Mitgliedstaaten befänden sich nicht im Besitz der Unterlagen und könnten sie den deutschen Behörden nicht vorlegen.

2.      Erörterung der Rüge

78.      Die vorstehende Darstellung macht deutlich, dass die Parteien darin übereinstimmen, dass die Übersetzung eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt und dass ihre unterschiedlichen Auffassungen deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht betreffen. Dieser Streit macht die Erörterung des Urteils Arblade u. a. (a) sowie der Mittel der Zusammenarbeit nach der Richtlinie 96/71 (b) erforderlich, um eine Lösung vorschlagen zu können, die dem Schutz der Arbeitnehmer dient (c).

a)      Das Urteil Arblade u. a.

79.      Mit diesem Urteil wurde ein Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal correctionnel (erstinstanzliches Strafgericht) Huy (Belgien) zu „den Modalitäten der Führung und Aufbewahrung der Personalunterlagen“ (Randnrn. 71 bis 79) beantwortet. Zu den behandelten Gesichtspunkten zählte die Verpflichtung der in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Arbeitgeber, bestimmte Unterlagen auf der Baustelle oder an einem zugänglichen und klar bezeichneten Ort im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats für dessen Behörden bereitzuhalten (Randnr. 74). Es kam zu dem Ergebnis, dass dieses Erfordernis gerechtfertigt sei (Randnr. 74) und das nationale Gericht zu prüfen habe, für welche Unterlagen eine solche Verpflichtung gelten müsse (Randnr. 75).

80.      Es befasst sich zudem mit dem Erfordernis, die Unterlagen bereitzuhalten und sie fünf Jahre lang am Wohnsitz einer im Aufnahmemitgliedstaat wohnenden natürlichen Person aufzubewahren. Entsprechend meinem Vorschlag in Nummer 86 meiner Schlussanträge in dieser Rechtssache kam der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass „derartige Erfordernisse … nicht gerechtfertigt“ seien (Randnrn. 77 und 78) und fügte hinzu, dass „das organisierte System der Zusammenarbeit oder des Informationsaustausches zwischen Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 4 der Richtlinie 96/71 es demnächst überflüssig machen [wird], die Unterlagen im Aufnahmemitgliedstaat aufzubewahren, nachdem der Arbeitgeber dort keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt“ (Randnr. 79).

b)      Die Zusammenarbeit nach der Richtlinie 96/71

81.      Einleitend möchte ich daran erinnern, dass die Richtlinie 96/71 in diesem Verfahren, das wegen einer Verletzung des Artikels 49 EG eingeleitet wurde, nicht Prüfungsmaßstab ist; sie erlaubt nur die Prüfung der Voraussetzungen einer Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch die Pflicht, bestimmte Arbeitsunterlagen ins Deutsche zu übersetzen.

82.      Artikel 4 sieht zwei Formen der Zusammenarbeit im Informationsbereich vor, die in der dreiundzwanzigsten (zwischen den Mitgliedstaaten) und der vierundzwanzigsten Begründungserwägung (zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission) angekündigt sind. Der Wortlaut der Vorschrift zeigt, dass die Zusammenarbeit:

–        der Durchführung der Richtlinie dient;

–        zwischen den Behörden erfolgt, die für die Überwachung der Arbeitsbedingungen zuständig sind;

–        insbesondere im Austausch von Information über das länderübergreifende Zurverfügungstellen von Arbeitnehmern und den in Artikel 3 aufgeführten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen besteht;

–        über untereinander verbundene Verbindungsbüros oder zuständige Stellen erfolgt.

c)      Entscheidungsvorschlag

83.      Das Urteil Arblade befasste sich mit der Aufbewahrung der Unterlagen, während nunmehr der Schwerpunkt auf der Sprache liegt, in der sie verfasst sind. Dieser Unterschied hindert daran, die Grundsätze dieses Urteils anzuwenden, da sie keinerlei Feststellungen zur Sprache enthalten.

84.      Unter diesen Voraussetzungen erscheint es offenkundig, dass die Kontrolleure erhebliche Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben haben, wenn ein Schriftstück nicht auf Deutsch verfasst ist, denn sie haben, worauf die deutsche Regierung in der mündlichen Verhandlung hinwies, keinen unmittelbaren Zugang zur Information. Die Abfassung in der Sprache des Landes, in dem die Dienstleistung erbracht wird, erleichtert die Kontrollen und fördert den Schutz der Arbeitnehmer(38). Die Vorschrift über die Übersetzung ist daher gerechtfertigt.

85.      Darüber hinaus ist sie geeignet und verhältnismäßig, denn die Nachteile einer Übertragung der Übersetzung auf den Staat überwiegen diejenigen, die sich aus der Übertragung auf den Arbeitgeber ergeben. Die nationalen Behörden haben im ersten Fall Mittel vorzuhalten, um auf Entsendungen aus jedem anderen Mitgliedstaat vorbereitet zu sein, wodurch es zu Verzögerungen kommen kann, die die Rechte der Arbeitnehmer(39) sowie die Kontrolltätigkeit beeinträchtigen, die von den Fremdsprachenkenntnissen der Beamten abhängig wären. Im zweiten Fall stellt die Übersetzung keine unzumutbare Belastung dar, da sie nur drei häufig wiederkehrende Dokumente betrifft, die in der Regel Summen enthalten, die in allen Sprachen äquivalent sind, in denen formelhafte Wendungen verwendet werden und die keinen besonderen Umfang haben(40); der deutsche Vertreter betonte in der mündlichen Verhandlung, dass eine private Übersetzung ausreichend sei.

86.      Zweifelsohne gibt es Alternativen, wie die Ausarbeitung mehrsprachiger Unterlagen(41). Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurde aber noch keine solche Rechtsnorm erlassen(42). Im Licht der Ausführungen in der vorstehenden Nummer kann ihr Fehlen nicht dadurch ersetzt werden, dass der Staat, der die Arbeitnehmer aufnimmt, mit der Übersetzung belastet wird.

87.      Die Mechanismen der Zusammenarbeit der Richtlinie 96/71 erweisen sich zudem als unzureichend, um die Übersetzungspflicht mit derselben Effektivitätsgarantie zu ersetzen(43). Ihr Ziel und die verantwortlichen Rechtssubjekte sind unterschiedlich, sie sind miteinander vereinbar und schließen sich nicht gegenseitig aus. Ich unterstütze die Auffassung Deutschlands und Frankreichs, dass die Kontrollbehörden der Mitgliedstaaten nicht in der Lage sind, die Unterlagen mit ihrer Übersetzung vorzulegen, da sie sich nicht in ihrem Besitz befinden(44).

88.      Weiter teile ich nicht die Rüge der Kommission bezüglich der allgemeinen Übersetzungspflicht, deren Nutzen sie nur in konkreten Fällen anerkennt, denn a) das Unterbleiben der Vorlage der Unterlagen in der Sprache des Aufnahmestaats schließt in der Praxis präventive und ad hoc durchgeführte Kontrollen aus, b) führt zu einer geringeren Rechtssicherheit für den Unternehmer und c) zu Verzögerungen beim Schutz der Rechte der Arbeitnehmer.

89.      Zusammenfassend ist festzustellen, dass § 2 Absatz 3 AEntG mit Artikel 49 EG vereinbar ist.

D –    Dritte Rüge: Die Pflicht zur Mitteilung des Einsatzortes

1.      Fragestellung

90.      § 3 Absatz 2 AEntG verlangt von ausländischen Zeitarbeitsunternehmen vor Beginn der Bauleistungen eine Erklärung über die überlassenen Arbeitnehmer und die Mitteilung von Änderungen bezüglich des Ortes der Beschäftigung, wenngleich diese Verpflichtung durch Vertrag auf den Entleiher übertragen werden kann.

91.      Die Kommission hebt hervor, dass deutschen Zeitarbeitsunternehmen keine solche Pflicht auferlegt werde, so dass die grenzüberschreitende Dienstleistung erschwert werde. Sie bringt vor, dass es keinen Grund gebe, der diese unterschiedliche Behandlung rechtfertige, die auch nicht dadurch aufgehoben werde, dass sie übertragen werden könne.

92.      Die deutsche Regierung verteidigt die Vereinbarkeit der Vorschrift mit der Richtlinie 96/71, die Sonderregelungen für ausländische Zeitarbeitsunternehmen zulasse, wie auch mit Artikel 49 EG, da sie es ermögliche, wirksame Kontrollen durchzuführen und den Schutz der Arbeitnehmer zu verbessern, ohne dass dies mit übermäßigen Kosten verbunden sei. Sie weist auch darauf hin, dass eine Novellierung geplant sei, nach der die Meldepflicht immer dem Entleiher obliege.

2.      Erörterung der Rüge

93.      Entgegen der Ausführungen des deutschen Vertreters in der mündlichen Verhandlung steht nicht die Verpflichtung zur Mitteilung der besetzten Arbeitsplätze in Streit, sondern die Person, die diese Pflicht trifft. Dabei ist § 3 Absatz 2 AEntG nur auf Dienstleistungserbringer, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben, anwendbar, so dass eine Ungleichbehandlung gegenüber den inländischen besteht.

94.      Der Gerichtshof hat wiederholt festgestellt, dass eine Regelung, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Dienstleistungsunternehmen gegenüber den inländischen benachteiligt und auf diese Weise zu einer Ungleichbehandlung führt, die an den Ort der Niederlassung des Dienstleistungserbringers oder die Herkunft der Tätigkeit anknüpft, nur mit dem Vertrag vereinbar ist, wenn sie auf eine ausdrückliche Ausnahmeregelung wie Artikel 46 Absatz 1 EG gestützt wird (45). 

95.      Daher sind nur Beschränkungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt, nicht aber aus von der Rechtsprechung entwickelten Gründen des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Arbeitnehmer, die nur unterschiedslos anwendbare Maßnahmen anwendbar sind(46). 

96.      Die von der deutschen Regierung vorgetragenen Umstände gehören nicht zur öffentlichen Ordnung, Gesundheit oder Sicherheit. Zwar hat, wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Arblade u. a. erläutere, ein großer Teil des Sozialrechts den Charakter der öffentlichen Ordnung, da dieses sich „auf alle, die sich im Hoheitsgebiet des jeweiligen Mitgliedstaats aufhalten“, erstreckt (Nummer 85), was bei der streitigen Vorschrift nicht der Fall ist. Der Begriff „öffentliche Ordnung“ im gemeinschaftsrechtlichen Kontext, insbesondere zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit, ist eng auszulegen(47); eine Berufung hierauf ist nur statthaft, wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt(48), was im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen wurde.

97.      Abschließend ist festzustellen, dass auch die Befugnis, die Meldepflicht auf das Unternehmen, das den Arbeitnehmer nach Deutschland entleiht, zu übertragen, die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigt, da es sich hierbei um eine bloße Möglichkeit handelt. Wird die Meldepflicht diesem Unternehmen übertragen, entfällt die Beschränkung, die auch nicht sonderlich geeignet erscheint, denn wie die deutsche Regierung einräumt, verfügt der Entleiher über „die aktuelleren und präziseren Informationen“(49) zum Einsatzort. Solange ist ein Verstoß gegen Artikel 49 EG festzustellen, denn das Vorliegen einer Vertragsverletzung ist anhand der Lage in dem Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist zu beurteilen, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde, und der Gerichtshof kann spätere Veränderungen nicht berücksichtigen(50). 

VII – Schlussfolgerung

98.      Aufgrund der vorstehenden Ausführungen komme ich zu dem Ergebnis, dass die von der deutschen Regierung erhobenen Einreden der Unzulässigkeit der Klage zurückzuweisen sind; hinsichtlich der Vertragsverletzungsrügen, dass § 1 Absatz 3 und § 3 Absatz 2 AEntG, nicht aber § 2 Absatz 3 AEntG gegen Artikel 49 EG verstoßen.

VIII – Kosten

99.      Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

100. Da die Kommission und die Bundesrepublik Deutschland die Verurteilung der jeweiligen Gegenpartei zur Tragung der Kosten beantragt haben, und da ich vorschlage, zwei der drei Rügen stattzugeben, hat der genannte Staat zwei Drittel der Kosten der Kommission zu tragen, die ihrerseits ein Drittel der Kosten der Gegenpartei zu tragen hat.

101. Nach Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung trägt die Streithelferin ihre eigenen Kosten.

IX – Ergebnis

102. Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor:

1.      festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 49 EG verstoßen hat, dass sie vorsieht, dass Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, die im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, selbst dann Beiträge an die deutsche Urlaubskasse abzuführen haben, wenn diese Arbeitnehmer nach den Vorschriften des Staates der Niederlassung einen vergleichbaren Schutz genießen, und indem sie Zeitarbeitsunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat verpflichtet, jede Entsendung eines Arbeitnehmers an ein Unternehmen, das ihn in Deutschland einsetzt, und jede ihm übertragene Beschäftigung zu melden;

2.      die Klage im Übrigen abzuweisen;

3.      der Bundesrepublik Deutschland zwei Drittel der Kosten der Kommission aufzuerlegen;

4.      der Kommission ein Drittel der Kosten der Bundesrepublik Deutschland aufzuerlegen;

5.      zu entscheiden, dass die Französische Republik ihre eigenen Kosten trägt.


1 – Originalsprache: Spanisch.


2 – ABl. 1997, L 18, S. 1.


3 – Nach Palao Moreno, G., „La Ley 45/1999, de 29 de noviembre, sobre el desplazamiento de trabajadores en el marco de una prestación de servicios transnacional. Un nuevo paso hacia la consolidación de un mercado de trabajo integrado en Europa“, Gaceta Jurídica de la Unión Europea y de la Competencia, Juli-August 2000, Nr. 208, S. 46, ist die Mobilität nicht nur eine der Folgen der europäischen Integration, sondern eine zentrale Notwendigkeit des Systems.


4 – García Ninet, J.I. und Vicente Palacio, A., „La Ley 45/1999, de 29 de noviembre, relativa al desplazamiento (temporal y no permanente) de trabajadores en el marco de una prestación de servicios transnacional“, Revista del Ministerio de Trabajo y Asuntos Sociales, Nr. 27, 2000, S. 14.


5 – Nach Ansicht der Lehre besteht ihr Grundgedanke darin, zu verhindern, dass bei der Anerkennung der Rechte der Arbeitnehmer weniger fortgeschrittene Länder mit niedrigeren Kosten im Vorteil sind gegenüber anderen, in denen die Arbeitskraft wegen eines höheren Schutzniveaus teurer ist (De Vicente Pachés, F., „Desplazamiento temporal de trabajadores para la ejecución de un contrato en otro Estado miembro. Comentario a la sentencia del Tribunal de Justicia de las Comunidades Europeas (Pleno), de 23 de noviembre de 1999“, Revista del Ministerio de Trabajo y Asuntos Sociales, Nr. 27, 2000, S. 240); in diesem Sinne Landa Zapirain, J. P. und Fotinopulou Basurko, O., „Breve comentario de la Ley 45/1999 sobre desplazamiento de trabajadores en el marco de una prestación de servicios transnacional, que incorpora al ordenamiento jurídico español la Directiva 96/71/CE“, Relaciones Laborales, Nr. 9, 2000, S. 10, die die Ansicht vertreten, dass die Richtlinie eher „wirtschaftlich als sozial“ sei.


6 – In der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Die Durchführung der Richtlinie 96/71/EG in den Mitgliedstaaten – vom 25. Juli 2003 (KOM/2003/458 endg.) wird festgestellt, dass eine Änderung der Richtlinie nicht notwendig erscheint, da die Probleme eher praktischer als juristischer Natur sind (S. 19).


7 – BGBl. I S. 227.


8 – BGBl. I S. 2848.


9 – Die Kommission hält zwei im Vorverfahren geltend gemachte Rügen in Bezug auf die Voraussetzungen für die Qualifizierung als Betrieb des Baugewerbes (Nrn. 24 bis 26 der Klageschrift) und die Geldbußen (Nr. 64) nicht aufrecht, da die Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit durch die Gesetzesänderung im Jahr 2003 beseitigt ist.


10 – Ich schließe mich den Worten von Generalanwalt Léger in Fußnote 15 seiner Schlussanträge in der Rechtssache C‑168/04, in der am 21. September 2006 das Urteil erging (Kommission/Österreich, Slg. 2006, I‑0000), an, der feststellt, dass „die Richtlinie 96/71 kein besonderes Verfahren für die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistung [vorsieht]. Diese Richtlinie beschränkt sich im Wesentlichen darauf, Arbeitnehmern, die in diesem Rahmen entsandt werden, grundsätzlich die Anwendung bestimmter Vorschriften, die in dem Mitgliedstaat gelten, in dessen Hoheitsgebiet die genannte Leistung erbracht wird, zu ihren Gunsten zu garantieren, soweit es um bestimmte Arbeits‑ und Beschäftigungsbedingungen geht. Im Übrigen überlässt sie es zwar den Mitgliedstaaten, die Einhaltung dieser Bestimmungen zu überwachen, doch darf dies … nur unter Einsatz von Mitteln geschehen, die … angemessen sind, die also nicht die Bestimmungen des EG‑Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr verletzen“.


11 – Urteil vom 25. März 2004 in der Rechtssache C‑71/02 (Karner, Slg. 2004, I‑3025, Randnrn. 33 und 34).


12 – Urteile vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C‑96/89 (Kommission/Niederlande, Slg. 1991, I‑2461, Randnrn. 15 und 16), vom 21. Januar 1999 in der Rechtssache C‑207/97 (Kommission/Belgien, Slg. 1999, I‑275, Randnrn. 24 und 25), vom 12. Mai 2005 in der Rechtssache C‑287/03 (Kommission/Belgien, Slg. 2005, I‑3761, Randnr. 14) und vom 8. Dezember 2005 in der Rechtssache C‑33/04 (Kommission/Luxemburg, Slg. 2005, I‑10629, Randnr. 76).


13 – Urteile vom 1. Oktober 1998 in der Rechtssache C‑71/97 (Kommission/Spanien, Slg. 1998, I‑5991, Randnr. 14), vom 18. Januar 2001 in der Rechtssache C‑83/99 (Kommission/Spanien, Slg. 2001, I‑445, Randnr. 23) und vom 4. Mai 2006 in der Rechtssache C‑508/03 (Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 2006, I‑3969, Randnr. 67).


14 – Urteil vom 5. November 2002 in der Rechtssache C‑475/98 (Kommission/Österreich, Slg. 2002, I‑9797, Randnr. 38).


15 – Im Urteil vom 4. Mai 2006 in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes Königreich, zitiert in Fußnote 13, wurde auf der Grundlage einer bestimmten Rechtsprechung festgestellt: „ … auch wenn die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes es gebieten, dass die Rücknahme eines rechtswidrigen Aktes innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt und dabei berücksichtigt wird, inwieweit der Betroffene eventuell auf die Rechtmäßigkeit des Aktes vertrauen durfte, [ist] eine solche Rücknahme doch grundsätzlich zulässig … “ (Randnr. 68).


16 – Rechtssachen C‑49/98, C‑50/98, C‑52/98 bis C‑54/98 und C‑68/98 bis C‑71/98, Slg. 2001, I‑7831.


17 – Rechtssache C‑164/99, Slg. 2002, I‑787.


18 – Rechtssache C‑60/03, Slg. 2004, I‑9553.


19 – Rechtssache C‑341/02, Slg. 2005, I‑2733.


20 – Der Gerichtshof hat auch andere Themen behandelt, die im Zusammenhang mit dem Jahresurlaub stehen, wie die Frage, ob die in einem Mitgliedstaat vorgesehene Urlaubslänge auf entsandte Arbeitnehmer anwendbar ist.


21 – Urteil vom 15. Oktober 2002 in den verbundenen Rechtssachen C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P (Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 2002, I‑8375, Randnr. 187); zitiert in Fußnote 6 der Klagebeantwortung.


22 – Urteil vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C‑185/95 P (Baustahlgewebe/Kommission, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 29); ebenfalls zitiert in Fußnote 6 der Klagebeantwortung.


23 – ABl. 1991, L 176, S. 7 mit späteren Änderungen.


24 – Urteile vom 9. Januar 2003 in der Rechtssache C‑178/00 (Italien/Kommission, Slg. 2003, I‑303, Randnr. 6) und vom 15. September 2005 in der Rechtssache C‑199/03 (Irland/Kommission, Slg. 2005, I‑8027, Randnr. 50).


25 – Urteile vom 12. Mai 2005 in der Rechtssache C‑287/03 (Kommission/Belgien, Slg. 2005, I‑3761, Randnr. 28) und vom 27. April 2006 in der Rechtssache C‑441/02 (Kommission/Deutschland, Slg. 2006, I‑3449, Randnr. 49).


26 – Urteile vom 1. Dezember 1993 in der Rechtssache C‑234/91 (Kommission/Dänemark, Slg. 1993, I‑6273, Randnr. 16), vom 12. Januar 1994 in der Rechtssache C‑296/92 (Kommission/Italien, Slg. 1994, I‑1, Randnr. 11), vom 18. Juni 1998 in der Rechtssache C‑35/96 (Kommission/Italien, Slg. 1998, I‑3851, Randnr. 28), vom 15. Januar 2002 in der Rechtssache C‑439/99 (Kommission/Italien, Slg. 2002, I‑305, Randnr. 11) und vom 20. Juni 2002 in der Rechtssache C‑287/00 (Kommission/Deutschland, Slg. 2002, I‑5811, Randnr. 18).


27 – Urteile vom 16. September 1997 in der Rechtssache C‑279/94 (Kommission/Italien, Slg. 1997, I‑4743, Randnrn. 24 und 25), vom 29. September 1998 in der Rechtssache C‑191/95 (Kommission/Deutschland, Slg. 1998, I‑5449, Randnr. 56), vom 9. November 1999 in der Rechtssache C‑365/97 (Kommission/Italien, Slg. 1999, I‑7773, Randnr. 25), vom 25. April 2002 in der Rechtssache C‑52/00 (Kommission/Frankreich, Slg. 2002, I‑3827, Randnr. 44), vom 11. Juli 2002 in der Rechtssache C‑139/00 (Kommission/Spanien, Slg. 2002, I‑6407, Randnrn. 18 und 19), vom 14. März 2006 in der Rechtssache C‑177/04 (Kommission/Frankreich, Slg. 2006, I‑2461, Randnr. 37) und vom 27. April 2006 in der bereits zitierten Rechtssache Kommission/Deutschland, Randnr. 61.


28 – Verbundene Rechtssachen C‑369/96 und C‑376/96, Slg. 1999, I‑8453. Es ging um die Feststellung, „ob das Gemeinschaftsrecht ausschließt, dass ein Mitgliedstaat einem Unternehmen, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und Arbeitnehmer zur Ausführung von Dienstleistungen in sein Gebiet entsendet, zur Beachtung der nationalen Vorschriften über die Führung und Aufbewahrung der Arbeitsunterlagen sowie über die Mindestvergütung, die sowohl dem Schutz der Arbeitnehmer als auch der Bekämpfung der Schwarzarbeit dienen, vorschreiben kann, wenn diese Unternehmen für dieselben Arbeitnehmer und dieselben Beschäftigungszeiten in dem Staat, in dem es ansässig ist, den gleichen oder ähnlichen Verpflichtungen unterliegt“ (Nr. 1 der Schlussanträge).


29 – Urteile vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C‑76/90 (Säger, Slg. 1991, I‑4221, Randnr. 12), vom 9. August 1994 in der Rechtssache C‑43/93 (Van der Elst, Slg. 1994, I‑3803, Randnr. 14), vom 28. März 1996 in der Rechtssache C‑272/94 (Guiot, Slg. 1996, I‑1905, Randnr. 10), vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache C‑3/95 (Reisebüro Broede, Slg. 1996, I‑6511, Randnr. 25), vom 9. Juli 1997 in der Rechtssache C‑222/95 (Parodi, Slg. 1997, I‑3899, Randnr. 18), in den zuvor zitierten Rechtssachen Arblade u. a., Randnr. 33, Finalarte u. a., Randnr. 28, und Portugaia Construções, Randnr. 16.


30 – Urteile vom 31. März 1993 in der Rechtssache C‑19/92 (Kraus, Slg. 1993, I‑1663, Randnr. 32), vom 30. November 1995 in der Rechtssache C‑55/94 (Gebhard, Slg. 1995, I‑4165, Randnr. 37), vom 20. Februar 2001 in der Rechtssache C‑205/99 (Analir u. a., Slg. 2001, I‑1271, Randnr. 25), vom 15. März 2001 in der Rechtssache C‑165/98 (Mazzoleni und ISA, Slg. 2001, I‑2189, Randnr. 26) sowie die bereits zitierten Rechtssachen Säger, Randnr. 15, Guiot, Randnrn. 11 und 13, Arblade u. a., Randnr. 35, Portugaia Construções, Randnr. 19, und Wolf & Müller, Randnr. 34. Nach Ansicht von Davis, P., „Posted workers Directive and EC Treaty“, Industrial Law Journal, 2002, S. 299, müsste die Anwendung dieser Kriterien auf die Richtlinie 96/71 zu der Feststellung führen, dass ein Großteil ihres Inhalts nicht mit Artikel 49 EG vereinbar ist, da sie die Anforderungen an die Rechtfertigung und die Verhältnismäßigkeit, die für eine Beschränkung dieser Vorschrift erforderlich sind, kaum erfüllen kann.


31 – Urteile vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 279/80 (Webb, Slg. 1981, 3305, Randnr. 19), vom 3. Februar 1982 in den verbundenen Rechtssachen 62/81 und 63/81 (Seco und Desquenne & Giral, Slg. 1982, 223, Randnr. 14), vom 27. März 1990 in der Rechtssache C‑113/89, Rush Portuguesa, Slg. 1990, I‑1417, Randnr. 18, und die zitierten Urteile Guiot, Randnr. 16, Arblade u. a., Randnr. 36, Finalarte u. a., Randnr. 33, Portugaia Construções, Randnr. 20, und Wolf & Müller, Randnr. 35.


32 – Urteile vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C‑180/89 (Kommission/Italien, Slg. 1991, I‑709, Randnr. 17), in der Rechtssache C‑198/89 (Kommission/Griechenland, Slg. 1991, I‑727, Randnr. 18), sowie in den zuvor zitierten Rechtssachen Webb, Randnr. 17, Säger, Randnr. 15, Van der Elst, Randnr. 16, Guiot, Randnr. 11, Arblade u. a., Randnr. 34, und Finalarte u. a., Randnr. 31. Auf diese Weise wird der Äquivalenzgrundsatz geschaffen, der die Anwendung des Rechts des Bestimmungslands vermeidet, Molina Navarrete, C. und Esteban de la Rosa, G., „Mercados nacionales de trabajo, libertad comunitaria de prestación de servicios y defensa de la competencia. Comentario de la Ley 45/1999, sobre desplazamiento de trabajadores en el marco de una prestación transnacional de servicios“, Revista de Trabajo y Seguridad Social (Centro de Estudios Financieros), Nr. 205, April 2000, S. 21 und 32.


33 – Auch Dänemark (Arbejdsmerkedets Feriefond) wird erwähnt, aber die Kommission und Deutschland führen dieses Land als Beispiel zur Stützung ihrer entgegengesetzten Thesen an.


34 – Generalanwalt Mischo weist in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Finalarte u. a. auf weitere Alternativen hin, u. a. dass der Unternehmer, der dem deutschen System der Urlaubskasse unterliegt und sich nach der Regelung im Land der Niederlassung nicht von der Pflicht befreien lassen kann, selbst den entsandten Arbeitnehmern ihre Urlaubstage vergütet; in diesen Fällen kommt zu den Beiträgen, die an die Kasse zu zahlen sind, die zuvor genannte Verpflichtung hinzu und verursacht eine „[erhebliche] Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit, wenn nicht sogar ein unüberwindbares Hindernis für deren Ausübung“ (Nr. 70).


35 – In seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Finalarte u. a. weist Generalanwalt Mischo auf Folgendes hin: „Es wäre jedoch möglich, dass der Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften seines Herkunftsstaats Vorteile genießt, die auch ohne Inanspruchnahme einer Urlaubskasse im Wesentlichen gleich sind“ (Nr. 112).


36 – Auch wenn es nicht immer der Staat sein muss, in dem die Dienstleistung erbracht wird; in der siebzehnten Begründungserwägung der Richtlinie 96/71 wird ausgeführt, dass die im Gastland geltenden zwingenden Bestimmungen über ein Mindestmaß an Schutz nicht der Anwendung von Arbeitsbedingungen, die für die Arbeitnehmer günstiger sind, entgegenstehen dürfen.


37 – Rechtssache C‑129/00, Slg. 2003, I‑14637.


38 – Nach der zu Beginn dieser Schlussanträge zitierten Mitteilung über „Die Durchführung der Richtlinie 96/71/EG“ zählt „zu den Schwierigkeiten bei der Kontrolle von Entsendungen … zunächst einmal das Sprachproblem“ (Nr. 4.2.1).


39 – Der „vorübergehende“ Charakter der Entsendung darf nicht vergessen werden; es kann vorkommen, dass der Arbeitnehmer bereits in sein Heimatland zurückgekehrt ist, wenn ein Rechtsverstoß festgestellt wird, auf den reagiert werden soll.


40 – In Artikel 2 der Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (ABl. L 288, S. 32) werden Mindestangaben festgelegt.


41 – In Nr. 24 der Klagebeantwortung und in Nr. 25 des Streithilfeschriftsatzes der französischen Regierung wird ein in diese Richtung gehender Vorschlag unterstützt. Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Arbeitgeberverbände für einheitliche europäische Formulare entscheiden.


42 – Der Vertreter der Kommission antwortete auf meine Frage in der mündlichen Verhandlung, dass ihm keine derartige Initiative bekannt sei. Der Vertreter der deutschen Regierung hob jedoch das Bestehen einer gemischten Arbeitsgruppe Kommission/Mitgliedstaaten hervor, die allerdings noch keine Einigung erreicht habe.


43 – In der Mitteilung der Kommission „Leitlinien für die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen“ vom 4. April 2006, KOM/2006/159 endg.) wird, indem Punkt 3 der „Zusammenarbeit im Informationsbereich“ gewidmet wird, implizit die Dringlichkeit einer Verbesserung anerkannt.


44 – Dies ist in Deutschland der Fall, wie sein Vertreter in der mündlichen Verhandlung mitteilte. In diesen Fällen bedarf die Übermittlung des Schriftstücks einer an das Unternehmen gerichteten Aufforderung.


45 – Urteile vom 18. Juni 1991 in der Rechtssache C‑260/89 (ERT, Slg. 1991, I‑2925, Randnr. 24), vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C‑288/89 (Collectieve Antennevoorziening Gouda u. a., Slg. 1991, I‑4007, Randnr. 11) und in der Rechtssache C‑353/89 (Kommission/Niederlande, Slg. 1991, I‑4069, Randnr. 15), vom 16. Dezember 1992 in der Rechtssache C‑211/91 (Kommission/Belgien, Slg. 1992, I‑6757, Randnrn. 10 und 11), vom 4. Mai 1993 in der Rechtssache C‑17/92 (Distribuidores Cinematográficos, Slg. 1993, I‑2239, Randnr. 16), vom 14. November 1995 in der Rechtssache C‑484/93 (Svensson und Gustavsson, Slg. 1995, I‑3955, Randnr. 15) und vom 21. März 2002 in der Rechtssache C‑451/99 (Cura Anlagen, Slg. 2002, I‑3193, Randnr. 31).


46 – Urteil vom 21. Oktober 1999 in der Rechtssache C‑67/98 (Zenatti, Slg. 1999, I‑7289, Randnr. 29) und die bereits zitierten Urteile Kraus, Randnr. 32, Gebhard, Randnr. 37, und Cura Anlagen, Randnr. 32.


47 – Urteile vom 4. Dezember 1974 in der Rechtssache 41/74 (Van Duyn, Slg. 1974, 1337, Randnr. 18), vom 27. Oktober 1977 in der Rechtssache 30/77 (Bouchereau, Slg. 1977, 1999, Randnr. 33), vom 19. Januar 1999 in der Rechtssache C‑348/96, (Calfa, Slg. 1999, I‑11, Randnr. 23), vom 29. April 2004 in den verbundenen Rechtssachen C‑482/01 und C‑493/01 (Orfanopoulos und Oliveri, Slg. 2004, I‑5257, Randnrn. 64 und 65) und vom 14. Oktober 2004 in der Rechtssache C‑36/02 (Omega, Slg. 2004, I‑9609, Randnr. 30).


48 – Urteile vom 28. Oktober 1975 in der Rechtssache 36/75 (Rutili, Slg. 1975, 1219, Randnr. 28), vom 18. Mai 1982 in den verbundenen Rechtssachen 115/81 und 116/81 (Adoui und Cornuaille, Slg. 1982, 1665, Randnr. 8), vom 14. März 2000 in der Rechtssache C‑54/99 (Église de scientologie, Slg. 2000, I‑1335, Randnr. 17) und in den bereits zitierten Rechtssachen Bouchereau, Randnr. 35, und Omega, Randnr. 30.


49 – Nr. 38 der Klagebeantwortung.


50 – Urteile vom 27. November 1990 in der Rechtssache C‑200/88 (Kommission/Griechenland, Slg. 1990, I‑4299, Randnr. 13), vom 2. Mai 1996 in der Rechtssache C‑133/94 (Kommission/Belgien, Slg. 1996, I‑2323, Randnr. 17), vom 30. Januar 2002 in der Rechtssache C‑103/00 (Kommission/Griechenland, Slg. 2002, I‑1147, Randnr. 23), vom 16. Januar 2003 in der Rechtssache C‑63/02 (Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 2003, I‑821, Randnr. 11) und vom 13. März 2003 in der Rechtssache C‑333/01 (Kommission/Spanien, Slg. 2003, I‑2623, Randnr. 8).

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