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Document 62002TJ0357(01)
Judgment of the General Court (Fourth Chamber, extended composition) of 14 July 2011. # Freistaat Sachsen (Germany) v European Commission. # State aid - Aid granted by the authorities of the Free State of Saxony - Aid for coaching, participation in fairs, cooperation and design promotion - Decision declaring the aid scheme in part compatible and in part incompatible with the common market -Aid scheme for small and medium-sized enterprises - Failure to exercise discretion -Obligation to state reasons. # Case T-357/02 RENV.
Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 14. Juli 2011.
Freistaat Sachsen (Deutschland) gegen Europäische Kommission.
Staatliche Beihilfen - Von den Behörden des Freistaats Sachsen gewährte Beihilfen - Beihilfen für Coaching, Teilnahme an Messen und Ausstellungen, Kooperation und Produktdesignförderung - Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt teils vereinbar und teils unvereinbar erklärt wird - Beihilferegelung für kleine und mittlere Unternehmen - Nichtgebrauch des Ermessens - Begründungspflicht.
Rechtssache T-357/02 RENV.
Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 14. Juli 2011.
Freistaat Sachsen (Deutschland) gegen Europäische Kommission.
Staatliche Beihilfen - Von den Behörden des Freistaats Sachsen gewährte Beihilfen - Beihilfen für Coaching, Teilnahme an Messen und Ausstellungen, Kooperation und Produktdesignförderung - Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt teils vereinbar und teils unvereinbar erklärt wird - Beihilferegelung für kleine und mittlere Unternehmen - Nichtgebrauch des Ermessens - Begründungspflicht.
Rechtssache T-357/02 RENV.
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-05415
ECLI identifier: ECLI:EU:T:2011:376
Rechtssache T‑357/02 RENV
Freistaat Sachsen (Deutschland)
gegen
Europäische Kommission
„Staatliche Beihilfen – Von den Behörden des Freistaats Sachsen gewährte Beihilfen – Beihilfen für Coaching, Teilnahme an Messen und Ausstellungen, Kooperation und Produktdesignförderung – Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt teils vereinbar und teils unvereinbar erklärt wird – Beihilferegelung für kleine und mittlere Unternehmen – Nichtgebrauch des Ermessens – Begründungspflicht“
Leitsätze des Urteils
1. Staatliche Beihilfen – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Beihilferegelung
(Art. 87 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 70/2001 der Kommission, Art. 5)
2. Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Durch Verordnung bestimmte Beihilfegruppen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können – Verordnung Nr. 70/2001 über staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen – Möglichkeit, eine Beihilfe anhand der in Art. 87 Abs. 3 EG festgelegten Kriterien zu prüfen
(Art. 87 Abs. 3 EG und 88 Abs. 3 EG; Verordnung Nr. 70/2001 der Kommission)
3. Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Beihilfen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können – Ermessen der Kommission – Befugnis zum Erlass von Leitlinien – Individuelle Beurteilung außerhalb des Rahmens solcher Bestimmungen – Zulässigkeit
(Art. 87 Abs. 3 EG)
4. Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Beihilfen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können – Ermessen der Kommission – Gerichtliche Nachprüfung – Grenzen
(Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG)
5. Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Beihilfen für die durch die Teilung Deutschlands betroffenen Gebiete – Tragweite der Ausnahme – Enge Auslegung
(Art. 87 Abs. 1 und 2 Buchst. c EG)
6. Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Beihilfen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können – Betriebsbeihilfen – Ausschluss
1. Für die Qualifizierung einer nationalen Maßnahme als staatliche Beihilfe bedarf es nicht des Nachweises einer tatsächlichen Auswirkung der Beihilfe auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und einer tatsächlichen Wettbewerbsverzerrung, sondern nur der Prüfung, ob die Beihilfe geeignet ist, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen. Bei einem Beihilfeprogramm kann sich die Kommission darauf beschränken, die Merkmale des betreffenden Programms zu untersuchen, um zu beurteilen, ob dieses wegen hoher Beihilfebeträge oder -sätze, wegen der Merkmale der geförderten Investitionen oder wegen anderer in ihm vorgesehener Modalitäten den Beihilfeempfängern gegenüber ihren Wettbewerbern einen spürbaren Vorteil sichert und so beschaffen ist, dass es seinem Wesen nach vor allem Unternehmen zugute kommt, die sich am Handel zwischen den Mitgliedstaaten beteiligen.
Im Fall einer Beihilfe an kleine und mittlere Unternehmen, deren Intensität je nach Teilprogramm und Standort des begünstigten Unternehmens zwischen 50 % und 80 % beträgt, liegt auf der Hand, dass sie den innergemeinschaftlichen Wettbewerb verfälschen kann. Nach Art. 5 der Verordnung Nr. 70/2001 über die Anwendung der Art. 87 EG und 88 EG auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen sind Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen nämlich mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, wenn sie 50 % der Kosten für die empfangenen Dienstleistungen nicht überschreiten.
(vgl. Randnrn. 30-32)
2. Der Zweck der Verordnung Nr. 70/2001 über die Anwendung der Art. 87 EG und 88 EG auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen besteht darin, alle Einzelbeihilfen und Beihilferegelungen zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen, die den in dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen entsprechen, im Hinblick auf Art. 87 Abs. 3 EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären und so von der Anmeldepflicht nach Art. 88 Abs. 3 EG freizustellen. Das schließt nicht aus, dass die Kommission andere bei ihr von einem Mitgliedstaat gemäß Art. 88 Abs. 3 EG angemeldete Beihilfen für kleine und mittlere Unternehmen nach einer Prüfung anhand der Kriterien des Art. 87 Abs. 3 EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären kann. Im vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 70/2001 wird nämlich darauf hingewiesen, dass „[d]ie Möglichkeit der Mitgliedstaaten, Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen anzumelden, … [von der Verordnung] unberührt [bleibt]“ und „[d]ie angemeldeten Regelungen … von der Kommission in erster Linie anhand der … Kriterien [dieser Verordnung] geprüft [werden]“.
(vgl. Randnrn. 42-43)
3. Die Kommission kann allgemeine Durchführungsbestimmungen festlegen, die die Ausübung des ihr durch Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG eingeräumten Ermessens ausgestalten. Doch kann sie auf dieses Ermessen bei der Entscheidung in einem konkreten Fall nicht vollständig verzichten, was vor allem für einen Fall gilt, den sie in den genannten allgemeinen Durchführungsbestimmungen nicht ausdrücklich oder gar nicht geregelt hat. Das Ermessen erschöpft sich daher nicht im Erlass solcher allgemeiner Bestimmungen, und es besteht grundsätzlich kein Hindernis für eine etwaige individuelle Beurteilung außerhalb des Rahmens dieser Bestimmungen, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Kommission höherrangiges Recht wie die Vorschriften des Vertrags sowie die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachtet.
(vgl. Randnr. 44)
4. Die Auseinandersetzung der Kommission mit einer Beihilferegelung muss zwangsläufig auf den Tatsachen, den wirtschaftlichen Analysen und den vom Kläger im Verwaltungsverfahren vor Erlass der angefochtenen Entscheidung vorgelegten Beweisen aufbauen. Die von den Gemeinschaftsgerichten ausgeübte Kontrolle der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission muss sich notwendigerweise auf die Prüfung beschränken, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten wurden, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen.
(vgl. Randnr. 55)
5. Art. 87 Abs. 2 Buchst. c EG, der die Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland betrifft, ist eng dahin auszulegen, dass die durch die Teilung Deutschlands verursachten wirtschaftlichen Nachteile nur diejenigen wirtschaftlichen Nachteile sein können, die durch die Isolierung aufgrund der Errichtung einer physischen Grenze – beispielsweise durch die Unterbrechung der Verkehrswege oder den Verlust der Absatzgebiete aufgrund des Abbruchs der Handelsbeziehungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands – in bestimmten Gebieten Deutschlands entstanden sind. Die allgemeinen Verweise auf die wirtschaftlichen Folgen der Teilung Deutschlands können daher nicht für die Auffassung herangezogen werden, dass Beihilfen mit einer höheren Intensität als in der Verordnung Nr. 70/2001 über die Anwendung der Art. 87 EG und 88 EG auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen vorgesehen, mit Art. 87 Abs. 3 EG vereinbar sein sollen.
(vgl. Randnrn. 78-79)
6. Die Erschließung neuer Märkte und Bemühungen um den Marktverbleib gehören zur normalen Strategie jedes Unternehmens, das sich langfristig auf dem Markt halten möchte. Dieser Erhalt und Ausbau der Marktpräsenz ist aber mit Kosten verbunden, und die dafür gewährten staatlichen Beihilfen senken zwangsläufig die laufenden Ausgaben der kleinen und mittleren Unternehmen. Solche Beiträge gehören daher zur Kategorie der Betriebsbeihilfen, die nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.
(vgl. Randnrn. 102, 105)
URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)
14. Juli 2011(*)
„Staatliche Beihilfen – Von den Behörden des Freistaats Sachsen gewährte Beihilfen – Beihilfen für Coaching, Teilnahme an Messen und Ausstellungen, Kooperation und Produktdesignförderung – Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt teils vereinbar und teils unvereinbar erklärt wird – Beihilferegelung für kleine und mittlere Unternehmen – Nichtgebrauch des Ermessens – Begründungspflicht“
In der Rechtssache T‑357/02 RENV
Freistaat Sachsen (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Lübbig,
Kläger,
gegen
Europäische Kommission, vertreten durch K. Gross, V. Kreuschitz und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung des Art. 2 Abs. 2 sowie der Art. 3 und 4 der Entscheidung 2003/226/EG der Kommission vom 24. September 2002 über eine beabsichtigte Beihilferegelung Deutschlands „Richtlinien zur Mittelstandsförderung – Verbesserung der unternehmerischen Leistungsfähigkeit in Sachsen“ – Teilprogramme 1 (Coaching), 4 (Teilnahme an Messen), 5 (Kooperation) und 7 (Produktdesignförderung) (ABl. 2003, L 91, S. 13)
erlässt
DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz, der Richterinnen E. Cremona und I. Labucka (Berichterstatterin) sowie der Richter S. Frimodt Nielsen und K. O’Higgins,
Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2010
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 Im Rahmen von Richtlinien des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit zur Verbesserung der unternehmerischen Leistungsfähigkeit der in diesem Land niedergelassenen kleinen und mittleren Unternehmen gewährte der Freistaat Sachsen Personen, die dort einen freien Beruf ausübten, sowie kleinen und mittleren Unternehmen, die dort ihren Sitz oder eine Betriebsstätte hatten, nicht rückzahlbare Zuschüsse für Projekte zur Wirtschaftsförderung. Diese Zuschüsse waren in einer Beihilferegelung vorgesehen, die erstmals 1992 bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften angemeldet, von dieser genehmigt und nach der Einholung neuer Genehmigungen mehrfach verlängert worden war. Mit diesen Beihilfen sollten die Produktionskapazitäten und die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen verbessert werden.
2 Mit Schreiben vom 29. Dezember 2000, das am 3. Januar 2001 bei der Kommission einging, meldete die Bundesrepublik Deutschland eine Neufassung dieser Beihilferegelung an.
3 Am 12. Januar 2001 erließ die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 70/2001 über die Anwendung der Artikel 87 [EG] und 88 [EG] auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (ABl. L 10, S. 33; im Folgenden: KMU-Freistellungsverordnung), die am 2. Februar 2001 in Kraft trat. Mit ihrem Inkrafttreten hob die KMU-Freistellungsverordnung den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (ABl. 1996, C 213, S. 4) auf und ersetzte ihn. Sie legt die Kriterien fest, denen Einzelbeihilfen und Beihilferegelungen zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen entsprechen müssen, um mit dem Gemeinsamen Markt im Sinne des Art. 87 Abs. 3 EG vereinbar zu sein, und nimmt diejenigen, die diese Kriterien erfüllen, von der Anmeldepflicht nach Art. 88 Abs. 3 EG aus. In ihrem vierten Erwägungsgrund wird ausgeführt: „Die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen anzumelden, bleibt hiervon unberührt. Die angemeldeten Regelungen werden von der Kommission in erster Linie anhand der nachstehenden Kriterien geprüft. Der [von der Kommission erlassene] Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen sollte mit dem Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung abgeschafft werden, da sein Inhalt in diese … übernommen wurde.“
4 Außerdem wird im 16. Erwägungsgrund der KMU-Freistellungsverordnung ausgeführt: „In Übereinstimmung mit dem WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen sollten Ausfuhrbeihilfen oder Beihilfen, die heimische Erzeugnisse gegenüber Importwaren begünstigen, nicht unter diese Verordnung fallen. Beihilfen, die die Teilnahme an Messen, die Durchführung von Studien oder die Inanspruchnahme von Beratungsdiensten zwecks Lancierung eines neuen Produkts oder eines bestehenden Produkts auf einem neuen Markt ermöglichen sollen, stellen in der Regel keine Ausfuhrbeihilfen dar.“
5 Mit Schreiben vom 5. Februar 2001 befragte die Kommission die deutschen Behörden zur Anwendung der KMU-Freistellungsverordnung und teilte ihnen mit, dass die fragliche Beihilferegelung nicht nach dem beschleunigten Verfahren geprüft werde.
6 Im Dezember 2001 leitete die Kommission in Bezug auf einen Teil der mit der angemeldeten Beihilferegelung vorgesehenen Maßnahmen, nämlich die in den Teilprogrammen „Coaching“, „Teilnahme an Messen“, „Kooperation“ und „Produktdesignförderung“ (im Folgenden zusammen: die vier streitigen Teilprogramme) vorgesehenen Maßnahmen, ein förmliches Prüfverfahren ein. Dagegen beschloss sie, gegen die übrigen angemeldeten Maßnahmen keine Einwände zu erheben.
7 Nach Abschluss ihrer Prüfung erließ die Kommission am 24. September 2002 die Entscheidung 2003/226/EG über eine beabsichtigte Beihilferegelung Deutschlands „Richtlinien zur Mittelstandsförderung – Verbesserung der unternehmerischen Leistungsfähigkeit in Sachsen“ – Teilprogramme 1 (Coaching), 4 (Teilnahme an Messen), 5 (Kooperation) und 7 (Produktdesignförderung) (ABl. 2003, L 91, S. 13; im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Darin vertrat sie erstens die Ansicht, dass die in den vier streitigen Teilprogrammen vorgesehenen Maßnahmen staatliche Beihilfen seien. Zweitens stellte sie klar, dass diese Beihilfen mit Ausnahme der im Teilprogramm „Kooperation“ vorgesehenen und von ihr für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar gehaltenen Betriebsbeihilfen nur dann als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könnten, wenn sie unter die KMU-Freistellungsverordnung fielen und die dort festgelegten Schwellenwerte für Beihilfeintensitäten einhielten.
8 Mit Urteil vom 3. Mai 2007, Freistaat Sachsen/Kommission (T‑357/02, Slg. 2007, II‑1261), gab das Gericht dem Antrag des Freistaats Sachsen als Kläger auf Nichtigerklärung mehrerer Bestimmungen der angefochtenen Entscheidung (Art. 2 Abs. 2 sowie Art. 3 und 4) statt.
9 Auf Rechtsmittel der Kommission hat der Gerichtshof mit Urteil vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen (C‑334/07 P, Slg. 2008, I‑9465), das Urteil des Gerichts aufgehoben und die Rechtssache an das Gericht zurückverwiesen.
Verfahren und Anträge der Parteien nach Zurückverweisung
10 Die Rechtssache ist der Vierten erweiterten Kammer des Gerichts zugewiesen worden.
11 Der Kläger und die Kommission haben gemäß Art. 119 § 1 Buchst. a und b der Verfahrensordnung des Gerichts Schriftsätze eingereicht.
12 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und es hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung die Parteien aufgefordert, schriftlich Fragen zu beantworten. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.
13 Die Parteien haben in der Sitzung vom 30. Juni 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
14 Der Kläger beantragt, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.
15 Die Kommission beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen.
16 In ihren Schriftsätzen nach der Zurückverweisung haben sich die Parteien nicht zu der Frage der Kosten geäußert. In ihren Schriftsätzen im ersten Rechtszug hatte der Kläger beantragt, der Kommission die Kosten aufzuerlegen, und die Kommission, dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.
Gründe und Argumente der Parteien
17 Der Kläger stützte seine Klage ursprünglich auf folgende fünf Gründe:
– erstens die formelle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung wegen Nichtanwendung des beschleunigten Genehmigungsverfahrens auf die streitige Beihilferegelung durch die Kommission;
– zweitens die materielle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung wegen Unanwendbarkeit der KMU‑Freistellungsverordnung im vorliegenden Fall;
– drittens die Möglichkeit einer Genehmigung der streitigen Beihilferegelung nach dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen;
– viertens den Nichtgebrauch ihres Ermessens durch die Kommission bei der Prüfung der streitigen Beihilferegelung sowie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht;
– fünftens die Nichterbringung des Nachweises durch die Kommission, dass der Wettbewerb durch die streitige Beihilferegelung tatsächlich oder potenziell verfälscht worden sei, sowie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht.
18 Mit dem oben angeführten Urteil Freistaat Sachsen/Kommission wies das Gericht den ersten Klagegrund zurück, gab dem zweiten statt und stellte fest, dass die letzten drei nicht geprüft zu werden brauchten.
19 In seinem oben angeführten Urteil Kommission/Freistaat Sachsen hat der Gerichtshof befunden, dass nur über den vierten und den fünften vom Kläger vor dem Gericht geltend gemachten Klagegrund zu entscheiden sei, da der Klagegrund, dass die Anwendung der KMU-Freistellungsverordnung auf die angefochtene Entscheidung Rückwirkungscharakter habe, nicht stichhaltig sei. Er hat deshalb die Rechtssache zur Entscheidung über diese letzten beiden Klagegründe an das Gericht zurückverwiesen.
20 Da der fünfte Klagegrund die Qualifizierung der streitigen Maßnahmen als staatliche Beihilfen betrifft und es beim vierten Klagegrund um die Vereinbarkeit der als staatliche Beihilfen qualifizierten Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt geht, wird der fünfte Klagegrund vor dem vierten geprüft.
Rechtliche Würdigung
Zum fünften Klagegrund: Nichterbringung des Nachweises durch die Kommission, dass der Wettbewerb durch die Beihilferegelung tatsächlich oder potenziell verfälscht worden sei, und Verstoß gegen die Begründungspflicht
Vorbringen der Parteien
21 Der Kläger macht geltend, die Kommission hätte gemäß Art. 87 Abs. 1 EG dartun müssen, worin im vorliegenden Fall die Wettbewerbsverzerrung habe bestehen sollen. Die angefochtene Entscheidung enthalte aber keine Aussage, die auf die Eignung der in Rede stehenden Beihilferegelung zur Verfälschung des Wettbewerbs unter den gegebenen Umständen schließen lasse oder die positive Feststellung zulasse, dass die Tatbestandsmerkmale einer solchen Verfälschung erfüllt seien. Die Kommission erwähne nur, dass die angemeldeten Maßnahmen als Beihilfen geeignet seien, den Wettbewerb zu verfälschen (52. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), und dass Beihilfeintensitäten von über 50 % zu einer „unverhältnismäßigen Verzerrung des Wettbewerbs“ führen würden (60. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Der Kläger beruft sich für sein Vorbringen auf das Urteil des Gerichts vom 28. November 2008, Hotel Cipriani u. a./Kommission (T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00, Slg. 2008, II‑3269), und insbesondere dessen Randnr. 230, wo es heißt: „Zu multisektoralen Beihilferegelungen geht … aus der Rechtsprechung hervor, dass sich die Kommission darauf beschränken kann, die Merkmale des betreffenden Programms zu untersuchen, um zu beurteilen, ob dieses wegen hoher Beihilfebeträge oder ‑sätze, wegen der Merkmale der geförderten Investitionen oder wegen anderer in ihm vorgesehener Modalitäten den Beihilfeempfängern gegenüber ihren Wettbewerbern einen spürbaren Vorteil sichert und so beschaffen ist, dass es seinem Wesen nach vor allem Unternehmen zugutekommt, die sich am Handel zwischen den Mitgliedstaaten beteiligen.“
22 Die Kommission ziehe aus ihrer Behauptung, dass eine hälftige Kostentragungspflicht die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Beihilfemaßnahme fördere, den Schluss, dass die Handelsbedingungen beeinträchtigt würden, da eine höhere Beihilfeintensität vorliege (Erwägungsgründe 60, 67 und 71 der angefochtenen Entscheidung). Eine solche Aussage, die auf einer Beihilfeobergrenze von 50 % beruhe, lasse sich entsprechend auf jede beliebige Obergrenze für Zuschüsse übertragen und könne daher das Vorbringen der Kommission nicht stützen.
23 Mit dieser auf die KMU-Freistellungsverordnung gestützten Wertung lasse die Kommission es an einem ausreichenden Nachweis der Wettbewerbsverzerrung fehlen, obwohl nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein solcher Nachweis nicht nur wegen der Begründungspflicht im Sinne von Art. 253 EG geführt werden müsse, sondern bereits eine Frage der Anwendung des Tatbestands von Art. 87 Abs. 1 EG selbst sei.
24 Die mangelhaften Ausführungen der Kommission zum Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsverfälschung stellten zudem einen Verstoß gegen Art. 253 EG dar, der die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung rechtfertige.
25 Die Kommission tritt den Argumenten des Klägers entgegen.
Würdigung durch das Gericht
26 Der Kläger bringt im Rahmen dieses Klagegrundes zwei eng miteinander zusammenhängende Argumente vor. Zum einen habe die Kommission ihre Schlussfolgerung, dass der Wettbewerb durch die fragliche Beihilferegelung tatsächlich oder potenziell verfälscht werde, nicht hinlänglich begründet, und zum anderen stütze die insoweit in der angefochtenen Entscheidung (insbesondere im 52. Erwägungsgrund) enthaltene Begründung eine solche Schlussfolgerung nicht.
27 Erstens ist zu der Frage, ob die Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf eines der Tatbestandsmerkmale der staatlichen Beihilfe ausreicht, darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die in Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 2008, TV 2/Danmark u. a./Kommission, T‑309/04, T‑317/04, T‑329/04 und T‑336/04, Slg. 2008, II‑2935, Randnr. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung).
28 Ferner ist festzustellen, dass die Kommission im 52. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausführt:
„Die vier Teilprogramme … fallen aus den folgenden Gründen unter die Bestimmungen des Artikels 87 Absatz 1 [EG] …: Sie sehen die Gewährung von Zuschüssen aus staatlichen Mitteln an Unternehmen vor, die Produkte erzeugen oder Dienstleistungen erbringen, für die zwischenstaatlicher Handel in der Gemeinschaft besteht. Diese Zuschüsse erlauben es den Empfängern, ihre allgemeine Finanzlage zu verbessern und ihre Marktstellung auszubauen. Daher muss davon ausgegangen werden, dass die untersuchten Maßnahmen geeignet sind, den Wettbewerb zu verfälschen und dadurch den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Deutschland hat diesem Befund nicht widersprochen.“
29 Der vorstehend genannte Erwägungsgrund postuliert somit hier die Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale einer staatlichen Beihilfe und leitet insbesondere das Vorliegen einer Wettbewerbsverzerrung daraus ab, dass die Empfängerunternehmen „Produkte erzeugen oder Dienstleistungen erbringen, für die zwischenstaatlicher Handel in der Gemeinschaft besteht[, und d]iese Zuschüsse … es [ihnen erlauben], ihre allgemeine Finanzlage zu verbessern und ihre Marktstellung auszubauen“.
30 Zweitens ist zu der Frage, ob die Kommission das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung hier zu Recht bejaht hat, auf die Rechtsprechung hinzuweisen, nach der es für die Qualifizierung einer nationalen Maßnahme als staatliche Beihilfe nicht des Nachweises einer tatsächlichen Auswirkung der Beihilfe auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und einer tatsächlichen Wettbewerbsverzerrung bedarf, sondern nur der Prüfung, ob die Beihilfe geeignet ist, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen (Urteil des Gerichtshofs vom 30. April 2009, Kommission/Italien und Wam, C‑494/06 P, Slg. 2009, I‑3639, Randnr. 50).
31 Bei einem Beihilfeprogramm wie dem hier in Rede stehenden kann sich die Kommission darauf beschränken, die Merkmale des betreffenden Programms zu untersuchen, um zu beurteilen, ob dieses wegen hoher Beihilfebeträge oder -sätze, wegen der Merkmale der geförderten Investitionen oder wegen anderer in ihm vorgesehener Modalitäten den Beihilfeempfängern gegenüber ihren Wettbewerbern einen spürbaren Vorteil sichert und so beschaffen ist, dass es seinem Wesen nach vor allem Unternehmen zugutekommt, die sich am Handel zwischen den Mitgliedstaaten beteiligen (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Oktober 1987, Deutschland/Kommission, 248/84, Slg. 1987, 4013, Randnr. 18).
32 Ausweislich des 52. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit den Abschnitten 2 und 3 über die „Beschreibung der Maßnahme“ und die „Gründe für die Einleitung des Verfahrens“ lag die Intensität der beabsichtigten Beihilfe je nach Teilprogramm und Standort des begünstigten Unternehmens zwischen 50 % und 80 %. Nach Art. 5 der KMU-Freistellungsverordnung sind aber Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, wenn sie 50 % der Kosten für die empfangenen Dienstleistungen nicht überschreiten. Somit liegt auf der Hand, dass eine Beihilfe der gegebenen Intensität den innergemeinschaftlichen Wettbewerb verfälschen kann.
33 Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund deshalb in vollem Umfang zurückzuweisen.
Zum vierten Klagegrund: Nichtgebrauch ihres Ermessens durch die Kommission bei der Prüfung der streitigen Beihilferegelung sowie Verstoß gegen die Begründungspflicht
34 Dieser Klagegrund ist in fünf Teile gegliedert. Mit dem ersten Teil macht der Kläger geltend, dass die angefochtene Entscheidung rechtswidrig sei, weil die Kommission die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung allein anhand der in der KMU-Freistellungsverordnung festgelegten Wertungskriterien beurteilt habe. Mit den Teilen 2, 3, 4 und 5 wirft der Kläger der Kommission vor, die vier fraglichen Teilprogramme falsch beurteilt und dabei auch ihre Begründungspflicht verletzt zu haben.
Zum ersten Teil: Beurteilung der Vereinbarkeit der streitigen Beihilferegelung allein anhand der KMU-Freistellungsverordnung
– Vorbringen der Parteien
35 Der Kläger macht geltend, die Kommission könne nicht auf die Ausübung ihres Ermessens verzichten. So bringt er, ohne den Umfang des Ermessensspielraums der Kommission bei der Prüfung der Vereinbarkeit ihr durch einen Mitgliedstaat gemeldeter Beihilferegelungen mit dem Gemeinsamen Markt zu bestreiten, vor, dass diese Prüfung doch bestimmten Schranken unterworfen sei, zu denen zuvorderst die Pflicht zur Ausübung dieses Ermessens gehöre. Dafür beruft er sich auf den Tatbestand einer Nichtausübung der Ermessensbefugnisse, den das deutsche Recht als „Ermessensausfall“ oder „Ermessensnichtgebrauch“ kenne und der, wie auch im österreichischen Verwaltungsrecht, rechtswidrig sei. In Frankreich entspreche eine solche Situation dem „excès du pouvoir négatif“, während im common law die Nichtausübung des Ermessens durch eine Behörde, die sich durch die Verwaltungspraxis oder durch Verwaltungsrichtlinien gebunden sehe und daher nicht jeden Einzelfall prüfe, unter die „Ultra-vires‑Doktrin“ falle. Die Pflicht zur Ermessensausübung erlösche nicht mit dem Erlass von Bestimmungen, mit denen sich die Kommission Regeln gebe.
36 Der Kläger wirft hier der Kommission vor, sie habe die verschiedenen Beihilfemaßnahmen allein anhand der Kriterien der KMU-Freistellungsverordnung geprüft, als ob diese alle Beihilferegelungen für kleine und mittlere Unternehmen abschließend regele. Bei der Bewertung der Beihilfeintensitäten der Teilprogramme als zu hoch habe sich die Kommission damit begnügt, die Bestimmungen der KMU-Freistellungsverordnung aufzugreifen, statt darüber hinaus ihr eigenes Ermessen auszuüben. Somit habe sie die Bedingungen für Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen verschärft, indem sie den Betrag der erstattungsfähigen Kosten auf 50 % gedeckelt habe und dabei gleichzeitig von ihrer Entscheidungspraxis abgewichen sei. Mit der alleinigen Berufung auf die allgemeinen Erwägungen der KMU-Freistellungsverordnung ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls habe die Kommission daher von ihrem Ermessen keinen Gebrauch gemacht.
37 Der Kläger hebt insoweit hervor, aus dem vierten Erwägungsgrund der KMU-Freistellungsverordnung ergebe sich, dass diese die Beihilfen für kleine und mittlere Unternehmen nicht abschließend regeln solle. Ziel dieser Verordnung sei es deshalb nicht, den Ermessensspielraum der Kommission einzuschränken und die Kriterien für solche Beihilfemaßnahmen festzuschreiben. Die KMU-Freistellungsverordnung bezwecke nur eine Vereinfachung und größere Wirksamkeit des Überwachungsverfahrens für die betreffenden Maßnahmen.
38 Die Kommission habe sich durch ihre Handlungsweise in Widerspruch zu ihrer Entscheidungspraxis in Fällen gesetzt, die von ihrem Gegenstand her unter die KMU‑Freistellungsverordnung fielen, in denen aber die dort festgelegte Freistellung nicht greife. Aus dieser Praxis ergebe sich, dass die Kommission ganz regelmäßig im Wege von Einzelfreistellungen Entscheidungen gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG über Einzelsachverhalte oder Beihilfemaßnahmen erlasse, die von der KMU-Freistellungsverordnung abwichen. Insbesondere bestätige die Kommission in diesen Fällen – zum Teil auch ausdrücklich –, dass sich die Einzelfallprüfung nicht auf eine Prüfung in Entsprechung zur KMU‑Freistellungsverordnung beschränken dürfe, sondern unmittelbar auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG vorzunehmen sei.
39 Außerdem hätte die Kommission in Anbetracht der besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse Sachsens als ehemaliges Teilgebiet der Deutschen Demokratischen Republik die Beihilfemaßnahmen abweichend von den Voraussetzungen der KMU-Freistellungsverordnung prüfen oder zumindest erklären müssen, weshalb sie sich bei ihrer Prüfung nicht von diesen Voraussetzungen gelöst habe. Die Kommission habe es insoweit versäumt, sich mit dem umfangreichen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren auseinanderzusetzen.
40 Nach alledem hätte die Kommission nach Ansicht des Klägers die angemeldete Beihilferegelung unmittelbar im Licht der Kriterien des Art. 87 Abs. 3 EG prüfen und genehmigen müssen.
41 Die Kommission tritt den Argumenten des Klägers entgegen.
– Würdigung durch das Gericht
42 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Zweck der KMU-Freistellungsverordnung darin besteht, alle Einzelbeihilfen und Beihilferegelungen zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen, die den in dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen entsprechen, im Hinblick auf Art. 87 Abs. 3 EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären und so von der Anmeldepflicht nach Art. 88 Abs. 3 EG freizustellen. Das schließt nicht aus, dass die Kommission andere bei ihr von einem Mitgliedstaat gemäß Art. 88 Abs. 3 EG angemeldete Beihilfen für kleine und mittlere Unternehmen nach einer Prüfung anhand der Kriterien des Art. 87 Abs. 3 EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären kann.
43 Auf diese Möglichkeit wird im vierten Erwägungsgrund der KMU-Freistellungsverordnung ausdrücklich hingewiesen, nach dem „[d]ie Möglichkeit der Mitgliedstaaten, Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen anzumelden, … [von der Verordnung] unberührt [bleibt]“ und „[d]ie angemeldeten Regelungen … von der Kommission in erster Linie anhand der … Kriterien [dieser Verordnung] geprüft [werden]“. Der Gebrauch des Ausdrucks „in erster Linie“ zeigt klar, dass die in der KMU-Freistellungsverordnung festgelegten Kriterien nicht die einzigen sind, anhand deren die Kommission die bei ihr angemeldeten Beihilfevorhaben prüfen kann, was im Übrigen Bestätigung in der englischen („in particular“) und der französischen („notamment“) Sprachfassung dieses Erwägungsgrundes findet.
44 Auch kann die Kommission zwar allgemeine Durchführungsbestimmungen festlegen, die die Ausübung des ihr durch Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG eingeräumten Ermessens ausgestalten, doch kann sie auf dieses Ermessen bei der Beurteilung eines konkreten Falles nicht vollständig verzichten, was vor allem für Fälle gilt, die sie in den genannten allgemeinen Durchführungsbestimmungen nicht ausdrücklich oder gar nicht geregelt hat. Das Ermessen erschöpft sich daher nicht im Erlass solcher allgemeiner Bestimmungen, und es besteht grundsätzlich kein Hindernis für eine etwaige individuelle Beurteilung außerhalb des Rahmens dieser Bestimmungen, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Kommission höherrangiges Recht wie die Vorschriften des Vertrags sowie die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachtet (Urteil des Gerichts vom 20. September 2007, Fachvereinigung Mineralfaserindustrie/Kommission, T‑375/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 141).
45 Folglich musste die Kommission nach der Anmeldung der streitigen Beihilfemaßnahmen durch die Bundesrepublik Deutschland die Vereinbarkeit dieser Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt unter Ausübung des ihr vom Vertrag verliehenen Ermessens prüfen.
46 Dazu ist festzustellen, dass die Kommission dieses Ermessen im Rahmen der angefochtenen Entscheidung namentlich ausgeübt hat, als sie die Vereinbarkeit des Teilprogramms „Coaching“ mit dem Gemeinsamen Markt sowohl anhand der Kriterien der KMU-Freistellungsverordnung als auch auf der Grundlage des Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG prüfte (Erwägungsgründe 57 bis 65 der angefochtenen Entscheidung).
47 Diese Analyse, die auf der Erfahrung der Kommission auf diesem Gebiet zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung, also im September 2002, aufbaut, kann nicht damit in Frage gestellt werden, dass die Kommission später Entscheidungen erlassen haben mag, die andere Kriterien als die in der angefochtenen Entscheidung angeführten berücksichtigen, insbesondere, wenn es um angemeldete Beihilfen geht, die nicht von der KMU-Freistellungsverordnung erfasst werden.
48 Nach alledem kann der Kläger nicht behaupten, die Kommission habe es in der vorliegenden Sache abgelehnt, von ihrem Ermessen zwecks der Prüfung der verschiedenen Argumente Gebrauch zu machen, die ihr im Verwaltungsverfahren vorgetragen worden seien, um die Vereinbarkeit der einzelnen Beihilfemaßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt darzutun. Die Argumente, die das Ergebnis dieser Prüfung und die dafür gegebene Begründung betreffen, werden im Rahmen der übrigen Teile dieses Klagegrundes geprüft.
49 Daher ist der erste Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil: fehlerhafte Beurteilung des Teilprogramms „Coaching“ und Verstoß gegen die Begründungspflicht
– Vorbringen der Parteien
50 Der Kläger rügt, dass die Kommission das Teilprogramm „Coaching“ mit der Begründung, dass es für kleine Unternehmen eine Beihilfeobergrenze von 65 % vorsehe, für nicht im Sinne des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gehalten habe, ohne die besonderen Gegebenheiten in Sachsen und die angemeldete Beihilferegelung zu würdigen. Sie habe auch nicht erläutert, warum eine hälftige Kostentragungspflicht der Unternehmen zur Effizienz und Wirtschaftlichkeit der angemeldeten Maßnahme beitrage. Noch neun Monate vor der Anmeldung der streitigen Beihilferegelung habe die Kommission entsprechende Beihilfemaßnahmen des Freistaats Thüringen im Programm „Richtlinien des Freistaats Thüringen zur einzelbetrieblichen Technologieförderung“ genehmigt (ABl. 2000, C 266, S. 4). Zu der Ermessensausübung gehöre, dass die Kommission im Einzelnen erläutere, welche neuen Erfahrungen sie zu einer Änderung ihrer Entscheidungspraxis veranlasst hätten. Obwohl sie aber vorgegeben habe, mit der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit einer Beihilfeobergrenze von 65 % von ihrem weiten Ermessensspielraum Gebrauch gemacht zu haben, habe sie diese Möglichkeit sogleich mit der alleinigen Begründung abgelehnt, dass eine Beihilfeintensität von über 50 % den Betrag überschreiten würde, der notwendig sei, um die Unternehmen zu „Coaching“‑Ausgaben zu veranlassen.
51 Die in Art. 5 der KMU‑Freistellungsverordnung geregelte Beihilfeobergrenze von 50 % stelle keine abschließende Regelung für Beratungsbeihilfen an kleine und mittlere Unternehmen dar, und nach dem elften Erwägungsgrund dieser Verordnung könnten Letztere nicht den gleichen Kriterien unterworfen werden. Während Art. 5 Buchst. a der KMU‑Freistellungsverordnung für mittlere Unternehmen eine Beihilfeintensität von 50 % nenne, liege es im Ermessen der Kommission, für kleine Unternehmen weiter gehende Kostenerstattungen zu genehmigen. Mit dem Einwand, dass der elfte Erwägungsgrund lediglich auf den Sonderfall der Gewährung von Investitionsbeihilfen außerhalb von Regionalfördergebieten verweise, erkläre die Kommission nicht, warum es bei externen Beratungsbeihilfen keine Differenzierungsmöglichkeiten zwischen kleinen und mittleren Unternehmen geben solle.
52 Die Kommission habe mit ihrem Hinweis auf die bescheidene Kostenlast für die Unternehmen verkannt, dass viele sächsische Unternehmen nur ein äußerst geringes Kapital besäßen und, wie von ihr selbst anerkannt, Schwierigkeiten hätten, Darlehen aufzunehmen.
53 Der Umstand, dass die Kommission außer Acht gelassen habe, dass die Zuschüsse, die mit der streitigen Beihilferegelung gewährt werden könnten, der Höhe nach auf 400 Euro bzw. 500 Euro für Jungunternehmen pro Tagewerk beschränkt seien, begünstige die „Fehlallokation“ von Fördergeldern. Die angefochtene Entscheidung biete somit einen Anreiz zur Inanspruchnahme teurer Förderung, anstatt das differenziertere Vorgehen zu ermöglichen, das die in Rede stehende Regelung zulasse.
54 Die Kommission tritt den Argumenten des Klägers entgegen.
– Würdigung durch das Gericht
55 Mit dem vorliegenden Teil wirft der Kläger der Kommission im Wesentlichen vor, sie habe sich mit der streitigen Regelung trotz ausführlichen Vorbringens dazu nicht auseinandergesetzt. Dazu ist vorab festzustellen, dass eine solche Auseinandersetzung zwangsläufig auf den Tatsachen, den wirtschaftlichen Analysen und den vom Kläger im Verwaltungsverfahren vor Erlass der angefochtenen Entscheidung vorgelegten Beweisen aufbauen muss. Außerdem muss sich nach ständiger Rechtsprechung die von den Gemeinschaftsgerichten ausgeübte Kontrolle der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission, wie sie hier vorgenommen wurde, notwendigerweise auf die Prüfung beschränken, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten wurden, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 279, und vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services/Kommission, C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, Slg. 2009, I‑9291, Randnr. 85).
56 Zum vom Kläger ebenfalls geltend gemachten Begründungsmangel ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung, wie schon oben in Randnr. 27 ausgeführt, der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs zum Ausdruck bringen muss. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, und sie ist nicht nur anhand des Wortlauts zu beurteilen, sondern auch anhand des Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil TV 2/Danmark u. a./Kommission, Randnr. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung).
57 Hier hat die Kommission laut dem 35. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung das Teilprogramm „Coaching“ insoweit geprüft, als es Beihilfeintensitäten von bis zu 65 % für kleine Unternehmen in Gebieten mit besonderen Entwicklungsaufgaben vorsieht, während die KMU-Freistellungsverordnung eine Höchstintensität von 50 % der Bruttokosten vorsieht (Art. 5 Buchst. a dieser Verordnung).
58 Auf die Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland wird in den Erwägungsgründen 57 bis 65 der angefochtenen Entscheidung ausführlich eingegangen. Die Kommission führt darin aus, dass das Teilprogramm nicht nur auf seine Vereinbarkeit mit der KMU-Freistellungsverordnung hin geprüft worden sei, sondern auch auf der Grundlage des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG. Bei dieser Prüfung stellte die Kommission fest, dass ihrer Erfahrung nach eine Beihilfeintensität von über 50 % den Betrag überschreiten würde, der notwendig sei, um einem Unternehmen einen Anreiz zu verschaffen, die fraglichen finanziellen Aufwendungen zu machen, und dass eine einmalige Rate, unabhängig davon, ob es sich um kleine oder mittelgroße Unternehmen handele und ob sie in Fördergebieten ansässig seien oder nicht, für alle kleinen und mittleren Unternehmen angemessen sei. Anders als die Investitionsbeihilfen hätten die „Coaching“‑Beihilfen weder unmittelbare noch lang anhaltende Auswirkungen auf die regionale Entwicklung oder die Schaffung von Arbeitsplätzen, so dass es nicht notwendig sei, in Fördergebieten höhere Beihilfeintensitäten zu ermöglichen. Jedenfalls könne in den Grenzen der in der KMU-Freistellungsverordnung vorgesehenen Intensitäten zwischen kleinen und mittleren Unternehmen differenziert werden.
59 Diese Erwägungen der Kommission spiegeln klar ihre Argumentation wider und genügen somit den Kriterien der oben in Randnr. 27 in Erinnerung gerufenen ständigen Rechtsprechung zur Begründungspflicht.
60 Hinsichtlich des Beispiels der im Freistaat Thüringen genehmigten Beihilfen ist der Hinweis der Kommission auf die Zeit, die zwischen dem Erlass der beiden betroffenen Entscheidungen liegt (30 Monate), zu berücksichtigen. Außerdem bringt die Kommission zu Recht vor, die beiden Fälle seien nicht miteinander vergleichbar, wenn man bedenke, dass sich die genehmigte Beihilfemaßnahme nicht auf „Coaching“ bezogen habe und vor allem die KMU-Freistellungsverordnung, die die in der angefochtenen Entscheidung angewandten Bewertungskriterien enthalte, zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung über die Beihilfen des Freistaats Thüringen noch nicht in Kraft gewesen sei.
61 Zur Auslegung des Klägers von Art. 5 Buchst. a der KMU-Freistellungsverordnung in Verbindung mit deren elftem Erwägungsgrund ist festzustellen, dass der Wortlaut dieses Erwägungsgrundes keinen Anhaltspunkt dafür enthält, dass es erforderlich oder zulässig wäre, die in der KMU-Freistellungsverordnung festgelegte Beihilfeintensität zu überschreiten, um eine differenzierte Behandlung der kleinen und der mittleren Unternehmen zu gewährleisten. Wie die Kommission zu Recht ausführt, kann ohne Überschreitung der 50%‑Spanne zwischen kleinen und mittleren Unternehmen differenziert werden, wenn allein die kleinen Unternehmen Beihilfen in der Intensität von 50 % erhalten. Da jedenfalls, wie oben in Randnr. 48 festgestellt, die Kommission ihre Beurteilung nicht allein auf die KMU-Freistellungsverordnung gestützt hat, geht dieses Vorbringen des Klägers ins Leere.
62 Das Argument des Klägers, die angefochtene Entscheidung biete einen Anreiz zur Inanspruchnahme teurerer Förderung (siehe oben, Randnr. 53), ist nicht nur wirtschaftlich unlogisch, sondern widerspricht auch dem Vorbringen des Klägers zu den mangelnden Eigenmitteln der kleinen und mittleren Unternehmen in Sachsen. Ein Unternehmen, das keine ausreichenden Mittel hat, wird nämlich von zwei gleichwertigen Angeboten nicht die teurere Leistung wählen, wenn man berücksichtigt, dass es davon mindestens 50 % des Preises zu zahlen haben wird.
63 Demnach ist festzustellen, dass der Kläger keine Beweise und Anhaltspunkte geliefert hat, die die Schlussfolgerung stützen könnten, dass die fraglichen Beihilfen, selbst wenn sie die in der KMU-Freistellungsverordnung vorgesehenen Beihilfeintensitäten offenkundig überschreiten, aufgrund besonderer Umstände als im Sinne des Art. 87 Abs. 3 EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können.
64 Die Kommission war somit ohne offenkundigen Beurteilungsfehler der Ansicht, dass höhere Beihilfeintensitäten als die in der KMU-Freistellungsverordnung vorgesehenen nicht gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden können.
65 Der zweite Teil des vierten Klagegrundes ist deshalb in vollem Umfang vollständig zurückzuweisen.
Zum dritten Teil: fehlerhafte Beurteilung des Teilprogramms „Teilnahme an Messen“ und Verstoß gegen die Begründungspflicht
– Vorbringen der Parteien
66 Der Kläger rügt, dass die Kommission das Teilprogramm „Teilnahme an Messen“ für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar befunden habe, weil es vorsehe, dass die Teilnahme an einer Messe bis zu dreimal durch Zuschüsse gefördert werden könne. Die Kommission habe sich dabei auf Art. 5 Buchst. b der KMU-Freistellungsverordnung gestützt, der eine Freistellung nur bei erstmaliger Teilnahme eines Unternehmens an einer bestimmten Messe oder Ausstellung vorsehe, so dass eine weitere solche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei.
67 Die Kommission habe ihre Ermessensbefugnis nicht ausgeübt, indem sie sich von den Entscheidungen der KMU-Freistellungsverordnung habe leiten lassen, ohne in irgendeiner Weise darzulegen, warum eine mehrfache Messeteilnahme nicht einmal in Ausnahmefällen förderfähig sein könne. Die Wortwahl im 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, nach der „eine vollständig neue Ausübung ihrer Ermessensbefugnis nichts an diesem Befund ändern würde“, zeige, dass die Kommission ihre Ermessensbefugnis nicht ausgeübt habe.
68 Die Kommission habe auch den Begriff „Marktnähe“ falsch ausgelegt. So bestimme sie bei staatlichen Beihilfen für Forschung und Entwicklung die zulässige Beihilfeintensität nach Maßgabe des Grades der Marktnähe. In einem marktfernen Bereich könne eine Beihilfeintensität von 100 % zugelassen werden. Der Hinweis auf die angebliche „Marktnähe“ der Teilnahme an Messen und Ausstellungen genüge nicht, um die Begrenzung der Beihilfe auf eine einmalige Teilnahme zu begründen. Die Kommission hätte sich zum Grad der Marktnähe einer Messeteilnahme im Vergleich mit anderen Fördertatbeständen äußern müssen, um auf dieser Grundlage dann ihr Ermessen auszuüben.
69 Ferner sei die Beschränkung der Beihilfe auf eine einzige Teilnahme an Messen und Ausstellungen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht gerechtfertigt. Die Kommission habe sich auch nicht mit den vorgelegten Beweisen auseinandergesetzt, die zeigten, dass nur eine wiederholte Teilnahme an ein und derselben Messe die Marktchancen des Ausstellers verbessern könne, insbesondere dann, wenn die Messeteilnahme zum Ziel habe, auf ausländischen Märkten Fuß zu fassen. Die sächsischen kleinen und mittleren Unternehmen verfügten im Allgemeinen nicht über das notwendige Kapital, um sich an einer Messe oder Ausstellung zu beteiligen. So reiche eine nur einmalige Förderung einer Messeteilnahme nicht aus, um das von der KMU-Freistellungsverordnung angesprochene Förderziel der Erschließung neuer Märkte (fünfter Erwägungsgrund) zu erreichen. 60 % der Unternehmen, die auf Messen und Ausstellungen an deutschen Gemeinschaftsständen beteiligt gewesen seien, hätten ohne Förderung nicht teilgenommen. Die Notwendigkeit der Teilnahme der sächsischen Unternehmen an Messen und Ausstellungen werde auch durch die weit unter dem nationalen Durchschnitt liegende Exportquote gerechtfertigt.
70 Wegen des Übergangs von der Plan‑ zur Marktwirtschaft hätten die sächsischen Unternehmen zahlreiche Markteintrittsschranken zu überwinden. Die Förderung der Teilnahme kleinerer und mittlerer Unternehmen an Auslandsmessen und ‑ausstellungen sei daher ein zentrales wirtschaftspolitisches Ziel der angemeldeten Beihilferegelung, durch das diese Unternehmen an die Weltmärkte herangeführt werden sollten.
71 In der angefochtenen Entscheidung gehe die Kommission auf keines der vom Kläger und der Bundesrepublik Deutschland vorgetragenen Argumente ein und berücksichtige auch nicht die besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse in Sachsen.
72 Die Kommission tritt den Argumenten des Klägers entgegen.
– Würdigung durch das Gericht
73 Die Parteien sind sich über die Frage der Finanzierung einer wiederholten Teilnahme an Messen und Ausstellungen uneinig. Nach Ansicht des Klägers hat die Kommission von ihrem Ermessen keinen Gebrauch gemacht, indem sie die bis zu dreimalige Finanzierung einer solchen Teilnahme, wie sie in dem streitigen Teilprogramm in Aussicht genommen sei, für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar gehalten habe. Die Kommission habe auch nicht begründet, weshalb die wiederholte Finanzierung selbst in Ausnahmefällen nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein könne.
74 Dazu ist festzustellen, dass die Kommission die Kriterien der KMU-Freistellungsverordnung angewandt hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das in Rede stehende Teilprogramm nicht mit Art. 5 Buchst. b der KMU-Freistellungsverordnung in Einklang stehe und auch nicht gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar befunden werden könne.
75 Der Kläger seinerseits hat den Förderbedarf mit den in Sachsen herrschenden Schwierigkeiten des Übergangs zur Marktwirtschaft begründet, die sich im Kapitalmangel der kleinen und mittleren Unternehmen und der deutlich unter dem nationalen Durchschnitt liegenden Exportquote widerspiegelten. Ziel der wiederholten Teilnahme an Messen oder Ausstellungen sei die Erschließung ausländischer Märkte.
76 Zum Vorbringen des Klägers im Zusammenhang mit dem Übergang zur Marktwirtschaft ist festzustellen, dass es sich auf allgemeine Verweise auf die schwierige wirtschaftliche Lage in Sachsen beschränkt.
77 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass ähnliche Argumente im Rahmen der zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zu Art. 87 Abs. 2 Buchst. c EG vorgebracht wurden, der die Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie zum Ausgleich der durch die Teilung verursachten wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sind, betrifft.
78 Der Gerichtshof hat aber diese Bestimmung eng ausgelegt, indem er klargestellt hat, dass es Art. 87 Abs. 2 Buchst. c EG „nicht [erlaubt], den wirtschaftlichen Rückstand der neuen Bundesländer, so unbestreitbar er sein mag, vollständig auszugleichen, sollen nicht sowohl der Ausnahmecharakter dieser Bestimmung als auch deren Zusammenhang und Zweck verkannt werden“; außerdem „[können] die durch die Teilung Deutschlands verursachten wirtschaftlichen Nachteile nur diejenigen wirtschaftlichen Nachteile sein …, die durch die Isolierung aufgrund der Errichtung einer physischen Grenze – beispielsweise durch die Unterbrechung der Verkehrswege oder den Verlust der Absatzgebiete aufgrund des Abbruchs der Handelsbeziehungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands – in bestimmten Gebieten Deutschlands entstanden sind“ (Urteil des Gerichtshofs vom 30. September 2003, Freistaat Sachsen u. a./Kommission, C‑57/00 P und C‑61/00 P, Slg. 2003, I‑9975, Randnrn. 23 und 42).
79 Nachdem diese Sonderbestimmung des Vertrags einschränkend ausgelegt worden ist, können die allgemeinen Verweise auf die wirtschaftlichen Folgen der Teilung Deutschlands nicht als Begründung dafür dienen, dass Beihilfen mit einer höheren Intensität, als in der KMU-Freistellungsverordnung vorgesehen, mit Art. 87 Abs. 3 EG vereinbar sein sollen.
80 Zum Vorbringen des Klägers, die Kommission hätte den Grad der Marktnähe der hier in Rede stehenden Messen und Ausstellungen mit dem anderer Fördertatbestände vergleichen müssen, ist festzustellen, dass ein solcher Vergleich nicht unbedingt nötig ist. Die Marktnähe ist ein objektives und kein relatives Kriterium. Messen und Ausstellungen sind kommerzielle Ereignisse, die nicht nur eine große Auswahl an Gütern und Dienstleistungen bieten, sondern oft auch von einem vielseitigen Animationsprogramm begleitet werden und zahlreiche Dienstleistungen für die Öffentlichkeit anbieten, um eine große Besucherzahl anzuziehen. Folglich sind Messen und Ausstellungen eng mit dem Markt verbunden oder gehen gar fließend in ihn über.
81 Somit hat die Kommission die fraglichen Maßnahmen in der angefochtenen Entscheidung zu Recht als „marktnah“ eingestuft.
82 So muss der Beihilfeempfänger, wie von der Kommission im 66. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, nach der Teilnahme an einem solchen Ereignis in der Lage sein, in Kenntnis der Umstände eine Entscheidung über den Nutzen einer wiederholten, zu seinen Lasten gehenden Teilnahme zu fällen.
83 Was das Vorbringen des Klägers zur unter dem nationalen Durchschnitt liegenden Exportquote und zur Notwendigkeit der Erschließung der internationalen Märkte angeht, ist darauf hinzuweisen, dass, selbst wenn die KMU-Freistellungsverordnung nach ihrem 16. Erwägungsgrund Ausfuhrbeihilfen nicht allgemein freistellt, die Kosten der Teilnahme an Messen normalerweise nicht als Ausfuhrbeihilfen angesehen werden (siehe oben, Randnr. 4). Die betreffenden Beihilfen sind deshalb grundsätzlich mit der KMU-Freistellungsverordnung vereinbar. Gleichwohl können die allgemeinen Verweise auf die niedrige Exportquote des Freistaats Sachsen, auch wenn die kleinen und mittleren Unternehmen offenkundig zur Produktwerbung an Messen teilnehmen und dadurch – wie im vorliegenden Zusammenhang möglich – gegebenenfalls die Exportquote steigern können, keine höheren Beihilfeintensitäten rechtfertigen, als in der KMU-Freistellungsverordnung vorgesehen.
84 Die Kommission war demzufolge zu Recht der Ansicht, dass höhere Beihilfeintensitäten als in der KMU-Freistellungsverordnung vorgesehen nicht gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar befunden werden könnten.
85 Zur Begründungspflicht ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 66 und 67 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, das fragliche Teilprogramm stehe nicht in Einklang mit Art. 5 Buchst. b der KMU-Freistellungsverordnung, wonach die Freistellung nur bei erstmaliger Teilnahme eines Unternehmens an einer Messe oder Ausstellung gelte und die Beihilfe 50 % brutto der Kosten nicht überschreiten dürfe. Sie erklärt diese Begrenzung mit der Notwendigkeit, den Anreizeffekt der Beihilfe sicherzustellen, da von einem kleinen oder mittleren Unternehmen nach einer ersten, kofinanzierten Teilnahme berechtigterweise erwartet werden dürfe, dass es den Nutzen einer wiederholten, zu seinen Lasten gehenden Teilnahme abwägen könne. Die Kommission erläutert auch, dass eine marktnahe Maßnahme wie die Teilnahme an einer Messe oder Ausstellung, bei der der Höchstfördersatz von 50 % überschritten werde, nicht gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könne.
86 Diese Erwägungen der Kommission spiegeln klar ihre Argumentation wider und genügen somit den Kriterien der oben in Randnr. 27 in Erinnerung gerufenen ständigen Rechtsprechung zur Begründungspflicht.
87 Der dritte Teil des vierten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.
Zum vierten Teil: fehlerhafte Beurteilung des Teilprogramms „Kooperation“ und Verstoß gegen die Begründungspflicht
– Vorbringen der Parteien
88 Der Kläger rügt die Auffassung der Kommission, dass das Teilprogramm „Kooperation“ Betriebsbeihilfen vorsehe und daher im Licht der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (ABl. 1998, C 74, S. 9; im Folgenden: Leitlinien) zu prüfen sei, die u. a. eine zeitliche Begrenzung und degressive Staffelung dieser Beihilfen forderten (Ziff. 4.17).
89 Anders als die Kommission behaupte, umfassten die Fördermaßnahmen keine Betriebsbeihilfen, denn die mögliche Kostenübernahme für Mieten für die Kooperationsbüros oder für Mitarbeitergehälter ersetze keine Betriebsmittel und senke nicht allgemein die laufenden Kosten. Mit den vorgesehenen Maßnahmen würden nur neue, zusätzliche Kosten im Zusammenhang mit der über‑ bzw. außerbetrieblichen Kooperation bezuschusst.
90 Insoweit habe die Kommission ihrer üblichen Praxis zuwidergehandelt, denn bereits unter den im Jahr 1992 angemeldeten Richtlinien seien Zuschüsse zu den „Personal‑, Sach‑ und Reisekosten der [die Gemeinschaftsmaßnahmen und ‑einrichtungen] durchzuführenden Stelle in angemessener Höhe“ erstattet worden.
91 Die degressive Staffelung solle dazu dienen, den Anreizcharakter der Beihilfe zu wahren, ohne dass eine Abhängigkeit geschaffen werde. Im vorliegenden Fall sei die Förderung aber so gering gewesen, dass sie keine Abhängigkeit habe schaffen können. Bei einer weiteren Staffelung der Beiträge gehe der Anreizcharakter der Beihilfe somit verloren.
92 Im Übrigen habe die Kommission mitnichten auf der starren Anwendung von Ziff. 4.17 der Leitlinien bestanden, sondern vielmehr andere Umstände berücksichtigt, die einen Verzicht auf eine degressive Staffelung erlaubt hätten.
93 Unter Hinweis auf die im 16. Erwägungsgrund und Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der KMU‑Freistellungsverordnung vorgesehenen Voraussetzungen macht der Kläger geltend, die Einrichtung einer Absatzgemeinschaft im Ausland könne nicht mit der Errichtung und dem Betrieb eines Vertriebsnetzes im Sinne dieser Verordnung gleichgesetzt werden, denn das vornehmliche Ziel solcher Absatzgemeinschaften sei es, die Erfolgsaussichten auf neuen Märkten auszuloten. Die Erkundung neuer Märkte und die Anbahnung erster geschäftlicher Kontakte über eine Absatzgemeinschaft müssten zulässig sein, da die Förderung der Produkteinführung nicht als Ausfuhrbeihilfe anzusehen sei. Im Übrigen fehle es an der für das Vorliegen einer Ausfuhrbeihilfe notwendigen „Unmittelbarkeit“.
94 Die Kommission habe außerdem auch einen Ermessensfehler begangen, indem sie die zulässige Beihilfeintensität auf 50 % begrenzt habe. Unter Verweis auf seine Ausführungen im Rahmen der vorhergehenden Rügen bringt der Kläger vor, die Kommission habe sich nicht mit den Besonderheiten der sächsischen Wirtschaft auseinandergesetzt, für die eine kleinbetriebliche Struktur kennzeichnend sei. Er tritt zudem den Feststellungen der Kommission entgegen, dass die im Rahmen des Teilprogramms „Kooperation“ vorgesehenen Maßnahmen „marktnah“ seien. Machbarkeitsuntersuchungen dienten lediglich als Vorfeldstudien dazu, Kooperationspotenziale auszuloten.
95 Die Kommission könne die Einrichtung von Absatzgemeinschaften im Ausland nicht unter Berufung auf ihre Entscheidungspraxis für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklären, denn sie habe bereits Maßnahmen genehmigt, die aufgrund der unmittelbaren Unterstützung von Geschäftsabschlüssen in einem sehr viel engeren Zusammenhang mit dem eigentlichen Vertrieb im Ausland gestanden hätten als die im vorliegenden Fall betroffenen Maßnahmen.
96 Zur Aussage der Kommission im 69. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wonach es der Bundesrepublik Deutschland „frei[stehe], die Maßnahme ‚Einrichtung von Kooperationsbüros in Deutschland‘ als De‑minimis‑Beihilfe auszu[führen]“, macht der Kläger geltend, dass eine solche Vorgehensweise gerade bei einer Kooperationsförderung nicht sinnvoll sei, da beispielsweise der Kreis der potenziell kooperationswilligen Begünstigten ständigen Veränderungen unterliege und im Allgemeinen zu Beginn der Förderung nicht hinreichend bekannt oder bestimmbar sei. Ein Einzelfallansatz sei daher nicht sachgerecht, und auch hiermit hätte sich die Kommission auseinandersetzen müssen.
97 Die Kommission tritt den Argumenten des Klägers entgegen.
– Würdigung durch das Gericht
98 Das Hauptargument des Klägers betrifft die ins Auge gefassten Aufgaben und Tätigkeiten der Kooperationsbüros und der Absatzgemeinschaften. Der Kläger bringt vor, die Absatzgemeinschaften müssten von Handelsvertretungen unterschieden werden und die mit dem in Rede stehenden Teilprogramm in Bezug auf die Kooperationsbüros vorgesehenen Beihilfen könnten nicht als Betriebsbeihilfen angesehen werden.
99 Die Parteien haben in der Sache nichts zu der Errichtung, den Standorten, der Art der Tätigkeiten und den Ergebnissen der Kooperationsbüros und Absatzgemeinschaften vorgetragen.
100 Es ist jedoch wenig wahrscheinlich, dass ein kleines oder mittleres Unternehmen der Region, das noch mit dem Übergang zur Marktwirtschaft und einem Eigenkapitalmangel zu kämpfen hat, in ein Kooperationsbüro oder eine Absatzgemeinschaft investiert, die nicht unmittelbar mit der Erschließung neuer Märkte beschäftigt sind.
101 Außerdem ergibt sich aus den Unterlagen, die die Kommission in den Anlagen zu ihren Antworten auf die ursprünglichen Fragen des Gerichts vorgelegt hat, eindeutig, dass diese Büros mit dem Ziel der Exportförderung eingerichtet werden, deren Finanzierung, wie im 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, nicht nur nach dem Vertrag, sondern auch nach dem WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen rechtswidrig ist.
102 Zur Einstufung der fraglichen Beihilfen als Betriebsbeihilfen ist festzustellen, dass die Erschließung neuer Märkte und Bemühungen um den Marktverbleib zur normalen Strategie jedes Unternehmens gehören, das sich langfristig auf dem Markt halten möchte. Dieser Erhalt und Ausbau der Marktpräsenz ist aber mit Kosten verbunden, und die dafür gewährten staatlichen Beihilfen senken zwangsläufig die laufenden Ausgaben der kleinen und mittleren Unternehmen. Solche Beiträge gehören daher zur Kategorie der Betriebsbeihilfen.
103 Was schließlich die vom Kläger angesprochene Möglichkeit einer Genehmigung der fraglichen Beihilfen unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis betrifft, sind die Klarstellungen der Kommission als ausreichend anzusehen, wonach insbesondere die deutsche Fördergebietskarte am 31. Dezember 2003 auslief, während die streitige Regelung später enden sollte. Außerdem hat danach die Kommission auch in früheren Entscheidungen klargemacht, dass sie nur ausnahmsweise vom Grundsatz der degressiven Staffelung abweiche.
104 Das Vorbringen des Klägers zur De-minimis-Verordnung ist als ins Leere gehend zurückzuweisen, da die Überlegung der Kommission im Hinblick auf diese Verordnung in der angefochtenen Entscheidung nur vorsorglich angeführt worden ist.
105 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission zu Recht der Ansicht war, dass höhere Beihilfeintensitäten als in der KMU-Freistellungsverordnung vorgesehen auch nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG nicht für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar befunden werden könnten. Außerdem hielt sie das Teilprogramm „Kooperation“, soweit es Betriebsbeihilfen vorsah, zu Recht für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.
106 Was die in der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf das Teilprogramm „Kooperation“ enthaltene Begründung betrifft, auf die der Kläger nicht spezifisch eingeht, ist festzustellen, dass die Kommission die Beihilfen für die Einrichtung und den Betrieb von Kooperationsbüros in Deutschland und die Förderung der Bildung von Absatzgemeinschaften innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft getrennt geprüft hat. Als Erstes hat sie die Beihilfen für die Einrichtung und den Betrieb von Kooperationsbüros in Deutschland als Betriebsbeihilfen eingestuft, die im Licht der Leitlinien zu prüfen seien und deren gesamte Voraussetzungen ausnahmslos erfüllen müssten, insbesondere die in Ziff. 4.17 normierten. Sodann erläutert sie, weshalb diese Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Als Zweites hat sie die Beihilfen für die Bildung von Absatzgemeinschaften, die den kleinen und mittleren Unternehmen bei der Erforschung und der Erschließung ausländischer Märkte helfen sollen, als Ausfuhrbeihilfen eingestuft, die nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der KMU-Freistellungsverordnung von deren Anwendungsbereich ausgenommen seien. Sie hat hinzugefügt, dass Beihilfeintensitäten von bis zu 80 % für die Förderung marktnaher Maßnahmen im Rahmen dieses Teilprogramms die Handelsbedingungen in einem Maße beeinträchtigten, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe, und dass dieser Teil der Maßnahme nicht gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könne.
107 Diese Erwägungen spiegeln klar die Argumentation der Kommission wider und genügen somit den Kriterien der oben in Randnr. 27 in Erinnerung gerufenen ständigen Rechtsprechung zur Begründungspflicht.
108 Der vierte Teil des vierten Klagegrundes ist deshalb in vollem Umfang zurückzuweisen.
Zum fünften Teil: fehlerhafte Beurteilung des Teilprogramms „Produktdesignförderung“ und Verstoß gegen die Begründungspflicht
– Vorbringen der Parteien
109 Zum Teilprogramm „Produktdesignförderung“ macht der Kläger geltend, dass die Kommission auch hier allein auf das Kriterium der Beihilfeintensität nach der KMU-Freistellungsverordnung abstelle, und verweist auf seine insoweit zu den anderen Teilprogrammen gemachten Ausführungen. Die Kommission habe ihr Ermessen zu Unrecht nicht ausgeübt.
110 Die Kommission tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.
– Würdigung durch das Gericht
111 Der Kläger hat im Rahmen dieses Teils keine spezifischen Argumente vorgetragen und sich auf einen Verweis auf sein Vorbringen zu den anderen Teilprogrammen beschränkt.
112 Folglich ist, da die Argumente des Klägers im Rahmen der vorhergehenden Teile zurückgewiesen worden sind, in Anbetracht dessen, dass die Kommission das betreffende Teilprogramm aus „analogen Gründen“ zu den für die anderen Teilprogramme ausgeführten für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar hält, auch in Bezug auf den vorliegenden Teil festzustellen, dass die Kommission zu Recht der Ansicht war, dass höhere Beihilfeintensitäten, als in der KMU-Freistellungsverordnung vorgesehen, auch nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG nicht für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar befunden werden könnten.
113 Was die Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich des fraglichen Teilprogramms betrifft, hat die Kommission im 41. Erwägungsgrund erklärt: „Die Beihilfen aus [diesem] Teilprogramm … fallen … zwar grundsätzlich unter Artikel 5 (Beratung und andere Unternehmensdienstleistungen und -tätigkeiten) der [KMU-Freistellungsverordnung], doch weil auch hier die Beihilfeintensitäten über dem nach deren Artikel 5 Buchstabe b zulässigen Höchstfördersatz von 50 % liegen, hatte die Kommission ernsthafte Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt.“ Ferner vertritt die Kommission im 73. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Ansicht, dass das Teilprogramm „Produktdesignförderung“ aus Gründen, die denjenigen entsprächen, die auch für die anderen Teilprogramme gälten, nicht mit der KMU-Freistellungsverordnung in Einklang stehe und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, soweit es die Inanspruchnahme von Beratungsdiensten mit mehr als 50 % brutto fördere.
114 In Ermangelung spezifischen Vorbringens des Klägers ist festzustellen, dass die vorstehend geschilderten Erwägungen der Kommission klar ihre Argumentation widerspiegeln und somit den Kriterien der oben in Randnr. 27 in Erinnerung gerufenen ständigen Rechtsprechung zur Begründungspflicht genügen.
115 Der fünfte Teil des vierten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.
116 Nach alledem enthält die angefochtene Entscheidung in ihrer Gesamtheit die Prüfung der Vereinbarkeit der streitigen Teilprogramme mit dem Vertrag und ist rechtlich hinreichend begründet.
117 Der vierte Klagegrund ist daher insgesamt zurückzuweisen.
118 In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Kosten
119 Im Urteil des Gerichts sind der Kommission die Kosten auferlegt worden. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil die Kostenentscheidung vorbehalten. Somit hat das Gericht im vorliegenden Urteil gemäß Art. 121 der Verfahrensordnung über die gesamten Kosten der verschiedenen Verfahren zu entscheiden.
120 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Freistaat Sachsen (Deutschland) trägt sowohl in den Verfahren vor dem Gericht als auch im Verfahren vor dem Gerichtshof seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.
Czúcz |
Cremona |
Labucka |
Frimodt Nielsen |
O’Higgins |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 2011.
Unterschriften
** Verfahrenssprache: Deutsch.