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Document 62002TJ0016

Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 3. Dezember 2003.
Audi AG gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
Rechtssache T-16/02.

Sammlung der Rechtsprechung 2003 II-05167

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2003:327

Arrêt du Tribunal

Rechtssache T-16/02


Audi AG
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt
(Marken, Muster und Modelle) (HABM)


«Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Absolute Eintragungshindernisse – Beschreibende Marke – Durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft – Wortzeichen TDI – Rechtliches Gehör – Umfang der Begründungspflicht – Folgen einer Verletzung der Begründungspflicht»

Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 3. Dezember 2003
    

Leitsätze des Urteils

1..
Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware dienen können – Wortzeichen TDI

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c)

2..
Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Fehlende Unterscheidungskraft – Ausnahme – Erwerb durch Benutzung – Voraussetzungen

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 7 Absatz 3)

3..
Gemeinschaftsmarke – Beschwerdeverfahren – Klage beim Gemeinschaftsrichter – Rechtmäßigkeit der Entscheidung einer Beschwerdekammer – Anfechtung unter Geltendmachung neuer Tatsachen – Zulässigkeitsvoraussetzungen

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 63 Absatz 2)

4..
Gemeinschaftsmarke – Entscheidungen des Amtes – Wahrung der Verteidigungsrechte

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 73)

5..
Gemeinschaftsmarke – Beschwerdeverfahren – Beschwerde gegen die Entscheidung einer erstinstanzlich befassten Stelle des Amtes, die der Beschwerdekammer vorgelegt wird – Funktionale Kontinuität zwischen diesen beiden Stellen – Verpflichtungen der Beschwerdekammer – Umfang

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 74 Absatz 2)

6..
Gemeinschaftsmarke – Beschwerdeverfahren – Klage beim Gemeinschaftsrichter – Rechtsschutzinteresse – Klagegrund einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften – Keine anderweitige Entscheidungsmöglichkeit für das Amt – Kein Rechtsschutzinteresse

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 63)

1.
Das angemeldete Wortzeichen TDI für Kraftfahrzeuge und deren konstruktionsgebundene Teile in Klasse 12 des Nizzaer Abkommens und Reparatur und Wartung von Kraftfahrzeugen in Klasse 37 dieses Abkommens kann im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke dazu dienen, wesentliche Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen. Denn was Kraftfahrzeuge und ihre konstruktionsgebundenen Teile angeht, so bezeichnet dieses Zeichen, das als Abkürzung für Turbo diesel injection oder Turbo direct injection steht, ihre Beschaffenheit oder Bauart, und was die Dienstleistungen der Reparatur und Wartung anbelangt, deren Bestimmung, womit zwischen dem Wortzeichen TDI und den Merkmalen der in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ein so direkter und konkreter Zusammenhang besteht, dass Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c eingreift. vgl. Randnrn. 31, 34-35, 37, 39

2.
Der Erwerb von Unterscheidungskraft durch Benutzung im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke setzt erstens voraus, dass zumindest ein erheblicher Teil der relevanten Verkehrskreise die betreffenden Waren oder Dienstleistungen anhand der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt. Jedoch können die Umstände, unter denen die Voraussetzung der durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft als erfüllt betrachtet werden kann, nicht nur aufgrund von generellen und abstrakten Angaben, wie etwa bestimmten Prozentsätzen, festgestellt werden. Zweitens muss für eine solche Verkehrsdurchsetzung nachgewiesen werden, dass die Marke in dem wesentlichen Teil der Gemeinschaft, in dem sie nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b, c und d der Verordnung Nr. 40/94 nicht unterscheidungskräftig wäre, durch Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat. Drittens sind Gesichtspunkte wie der Marktanteil der Marke, die Intensität, geografische Verbreitung und Dauer ihrer Benutzung und der vom Unternehmen für sie erbrachte Werbeaufwand zu berücksichtigen. Der Beweis für erworbene Unterscheidungskraft kann sich u. a. aus Erklärungen der Industrie- und Handelskammern oder anderer Berufsverbände oder aus Meinungsumfragen ergeben. Viertens muss die Marke Unterscheidungskraft durch Benutzung bereits am Anmeldetag erworben haben. vgl. Randnrn. 51-54

3.
Die Rüge, dass die Entscheidung einer Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) rechtswidrig ist, kann nicht auf den Vortrag von Tatsachen vor dem Gericht gestützt werden, die bereits vor dem Erlass der Entscheidung der Beschwerdekammer eingetreten waren, aber im Verwaltungsverfahren beim Amt nicht geltend gemacht wurden. Anderes gilt nur, wenn dargetan wird, dass die Beschwerdekammer diese Tatsachen vor Erlass einer Entscheidung im Verwaltungsverfahren von Amts wegen hätte berücksichtigen müssen. Denn zum einen ist die Rechtmäßigkeit eines Gemeinschaftsrechtsakts auf der Grundlage des Sachverhalts und der Rechtslage zu beurteilen, die bei seinem Erlass gegeben waren. Zum anderen kann nach Artikel 63 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke die Entscheidung einer Beschwerdekammer nur dann aufgehoben oder geändert werden, wenn sie nach ihrem Inhalt oder wegen Verletzung von Förmlichkeiten rechtswidrig ist. Die Klage beim Gemeinschaftsrichter dient damit nur der Kontrolle, ob die Entscheidung der Beschwerdekammer rechtmäßig ist, soll aber das Verfahren nicht wieder eröffnen. vgl. Randnr. 63

4.
Auch wenn nach Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke die Entscheidungen des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten, und sich diese Bestimmung sowohl auf die tatsächlichen als auch auf die rechtlichen Gründe sowie die Beweise bezieht, bildet doch die Würdigung des Sachverhalts einen Teil der Entscheidungsfindung selbst. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör erstreckt sich auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage für die Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will. vgl. Randnrn. 71, 75

5.
Im Rahmen der Überprüfung, der die Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) die Entscheidungen der erstinstanzlich tätigen Stellen des Amtes unterziehen, hängt ─ unter Berücksichtigung der zwischen diesen Stellen und der Beschwerdekammer bestehenden funktionalen Kontinuität ─ das Ergebnis der Beschwerde davon ab, ob zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Beschwerde entschieden wird, eine neue Entscheidung mit dem gleichen Tenor wie die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen werden könnte. Die Beschwerdekammern können daher der Beschwerde, selbst wenn die mit ihr angefochtene Entscheidung nicht rechtswidrig ist ─ vorbehaltlich nur des Artikels 74 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke ─, auf der Grundlage neuer Tatsachen oder auch neuer Beweismittel stattgeben, die der Beschwerdeführer vorbringt. Kann zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Beschwerde entschieden wird, eine neue Entscheidung mit dem gleichen Tenor wie die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung ergehen, so ist die Beschwerde daher grundsätzlich auch dann zurückzuweisen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einem Verfahrensfehler beruht. Das gilt auch dann, wenn die rechtliche oder tatsächliche Grundlage der ersten Entscheidung infolge dieses Verfahrensfehlers unvollständig ist, weil der Beteiligte daran gehindert war, sich in dem Verfahren auf eine Rechtsvorschrift zu berufen oder eine Tatsache oder einen Beweis anzuführen. Ein solcher Verfahrensfehler kann nämlich im Beschwerdeverfahren geheilt werden, da die Beschwerdekammer, sofern nicht im Beschwerdeverfahren neue Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht werden, ihre Entscheidung auf die gleiche rechtliche und tatsächliche Grundlage zu stützen hat, von der auch die erstinstanzlich entscheidende Stelle hätte ausgehen müssen. Vorbehaltlich nur des Artikels 74 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 sind somit das Verfahren bei der erstinstanzlich entscheidenden Stelle und das vor der Beschwerdekammer nicht voneinander abgeschottet. vgl. Randnrn. 81-82

6.
Ein Kläger, der die Entscheidung einer Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) anficht, hat kein berechtigtes Interesse an einer Aufhebung der Entscheidung wegen eines Formfehlers, wenn nach der Aufhebung der Entscheidung nur erneut eine Entscheidung mit dem gleichen Inhalt wie die aufgehobene Entscheidung ergehen könnte. vgl. Randnr. 97




URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)
3. Dezember 2003(1)

„Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Absolute Eintragungshindernisse – Beschreibende Marke – Durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft – Wortzeichen TDI – Rechtliches Gehör – Umfang der Begründungspflicht – Folgen einer Verletzung der Begründungspflicht“

In der Rechtssache T-16/02

Audi AG mit Sitz in Ingolstadt (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt L. von Zumbusch,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. von Mühlendahl und G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 8. November 2001 (Sache R 652/2000-1), berichtigt durch Entscheidung vom 19. November 2001, über die Eintragung des Wortzeichens TDI als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)



unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood sowie der Richter J. Pirrung und A. W. H. Meij,

Kanzler: D. Christensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 30. Januar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,aufgrund der am 21. Mai 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle),auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2003

folgendes



Urteil



1
Die Klägerin meldete am 7. März 1996 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (im Folgenden: Amt) eine Gemeinschaftsmarke an.

2
Die angemeldete Marke ist das Wortzeichen TDI.

3
Es wurde für folgende Waren und Dienstleistungen in den Klassen 12 und 37 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

Klasse 12: Kraftfahrzeuge und deren konstruktionsgebundene Teile;
Klasse 12: Kraftfahrzeuge und deren konstruktionsgebundene Teile;

Klasse 37: Reparatur und Wartung von Kraftfahrzeugen.
Klasse 37: Reparatur und Wartung von Kraftfahrzeugen.

4
Mit Schreiben vom 24. November 1997 wies die Prüferin die Klägerin darauf hin, dass sie die angemeldete Marke gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 für nicht eintragungsfähig halte.

5
Mit Schreiben vom 12. Dezember 1997 nahm die Klägerin hierzu Stellung und machte dabei hilfsweise geltend, dass die angemeldete Marke infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe. Außerdem beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

6
Nach einem Telefongespräch vom 16. Dezember 1998 zwischen der Prüferin und dem Vertreter der Klägerin legte dieser mit Schreiben vom 22. Januar 1999 u. a. eine im August 1996 durchgeführte Meinungsumfrage unter den angesprochenen Verkehrskreisen in Deutschland, Statistiken über die Exporte der Klägerin in verschiedene Länder, darunter die Mitgliedstaaten außer Deutschland, von 1994 bis 1997, Verkaufskataloge und Presseveröffentlichungen über Automobiltests vor.

7
Mit Entscheidung vom 28. April 2000 wies die Prüferin die Anmeldung nach Artikel 38 der Verordnung Nr. 40/94 mit der Begründung zurück, dass das Wortzeichen TDI für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 habe. Sie stellte weiter fest, dass die von der Klägerin eingereichten Unterlagen keinen hinreichenden Nachweis für eine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft der Anmeldemarke bildeten.

8
Am 16. Juni 2000 erhob die Klägerin gegen die Entscheidung der Prüferin beim Amt eine Beschwerde nach Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94. In ihrer schriftlichen Beschwerdebegründung vom 13. Juli 2000 rügte sie erstens, dass die Entscheidung der Prüferin unter Verletzung des rechtlichen Gehörs ergangen sei. Sie habe sich nämlich zu deren Auffassung, dass die ihr im Verfahren vorgelegten Dokumente für den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung nicht genügten, nicht vorher äußern können. Zweitens beruhe die Entscheidung der Prüferin auf der fehlerhaften Beurteilung, dass die Anmeldemarke von Haus aus keine Unterscheidungskraft habe. Drittens und hilfsweise machte die Klägerin geltend, dass die angemeldete Marke infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe. Insoweit habe die Prüferin die ihr im Verfahren vorgelegten Materialien falsch gewürdigt und ihre Entscheidung nicht ausreichend begründet. Dazu führte die Klägerin näher aus, warum nach diesen Unterlagen die Verkehrsdurchsetzung der Anmeldemarke richtigerweise zu bejahen sei.

9
Mit Entscheidung vom 8. November 2001 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), der Klägerin zugestellt am 21. November 2001, wies die Erste Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die angemeldete Marke unter Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und c der Verordnung Nr. 40/94 falle.

10
Die Beschwerdekammer führte im Wesentlichen aus, es ergebe sich, auch wenn in der Entscheidung der Prüferin Buchstabe b des Artikels 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 genannt sei, klar aus der Begründung der Entscheidung, dass sie auch auf Buchstabe c gestützt sei (Randnr. 20 der angefochtenen Entscheidung). Die Buchstaben T, D und I stünden für Turbo, Diesel oder Direct und Injection. Daher werde der Durchschnittsverbraucher das Zeichen TDI trotz seiner beiden möglichen Bedeutungen sofort und ohne weiteres Nachdenken im Sinne von Turbo Direct Injection oder Turbo Diesel Injection verstehen, womit die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft habe. Der Gebrauch beschreibender Abkürzungen sei in der Automobilbranche üblich; deren Unternehmen hätten daher ein berechtigtes Interesse an der uneingeschränkten Verwendbarkeit solcher Abkürzungen (Randnrn. 23 bis 26 der angefochtenen Entscheidung).

11
Zur Frage der Verkehrsdurchsetzung führte die Beschwerdekammer im Wesentlichen aus: Das von der Beschwerdeführerin der Prüferin vorgelegte Material war nicht ausreichend, um Unterscheidungskraft infolge von Benutzung am Anmeldetag in der gesamten Europäischen Union nachzuweisen. Dass eine Unterscheidungskraft in Deutschland vorlag, wäre aufgrund der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke nicht ausreichend, da die Buchstabenkombination TDI nicht nur dem deutschen Publikum vertraut ist. Auch wäre es nicht möglich, [aus] einer allfälligen Unterscheidungskraft infolge von Benutzung in Deutschland den Schluss zu ziehen, dass diese auch für den gesamten europäischen Markt gegeben wäre. ... [B]ei der Feststellung, ob eine Marke infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat, [sind] sämtliche Gesichtspunkte zu prüfen ..., aus denen sich ableiten lassen könnte, ob die Marke die Eignung erlangt hat, als Herkunftshinweis zu dienen. Dabei sind der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung im gemeinsamen Markt und die Dauer der Benutzung dieser Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke, der Teil der beteiligten Verkehrskreise, der die Ware aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt, sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder von anderen Berufsverbänden zu berücksichtigen. Eine mögliche Art der Ermittlung ist eine Verbraucherbefragung. Wann die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung gegeben sind, kann nicht aufgrund von abstrakten und generellen Angaben wie bestimmten Prozentzahlen festgestellt werden; es ist vielmehr auf den Einzelfall und daher auf alle vorgelegten Beweise abzustellen ... Es besteht daher weder für den Prüfer noch für die Beschwerdekammern oder eine andere Abteilung des Amtes die Möglichkeit, vorab einem Anmelder mitzuteilen, welche Beweise ausreichen werden, um in einem konkreten Fall den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung zu erbringen (Randnrn. 31 bis 33 der angefochtenen Entscheidung).

Verfahren und Anträge der Parteien

12
Die Klägerin beantragt,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

dem Amt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
dem Amt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

13
Das Amt beantragt,

die Klage abzuweisen;
die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

14
Die Klägerin macht fünf Klagegründe geltend. Mit den ersten drei Klagegründen rügt sie Verstöße gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c, gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und gegen Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94. Viertens rügt sie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 und fünftens eine Verletzung der Begründungspflicht.

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94

Vorbringen der Parteien

15
Die Klägerin bestreitet, dass die Buchstaben T, D und I als Anfangsbuchstaben bestimmte Bedeutungen hätten. In der angefochtenen Entscheidung werde außerdem anerkannt, dass diese Buchstaben als Anfangsbuchstaben für ganz unterschiedliche Begriffe stehen könnten und dass selbst das Zeichen TDI als solches zwei unterschiedliche Bedeutungen haben könne. Diese Feststellung sei aber unvereinbar mit der Annahme, dass das Zeichen von den beteiligten Verkehrskreisen sofort und ohne weiteres Nachdenken verstanden werde.

16
Die Auffassung des Amtes, dass das maßgebende Publikum, also der durchschnittliche Verbraucher, das Zeichen TDI sofort und ohne weiteres Nachdenken als Abkürzung für die Begriffe Turbo Direct Injection oder Turbo Diesel Injection verstehen werde, sei verfehlt. Es handele sich um technisch sehr spezielle Begriffe. Turbo Diesel Injection sei außerdem tautologisch, weil jeder Dieselmotor ein Einspritzmotor sei. Das Zeichen TDI könnte allenfalls eine Abkürzung für Turbo Direct Injection sein. Es werde aber so nicht benutzt und verstanden, da es um einen Dieselmotor gehe, der in der Sprachpraxis mit diesem Begriff und nicht mit dem des Einspritzmotors bezeichnet werde.

17
Mögliche Assoziationen, die die beteiligten Verkehrskreise zu den verschiedenen Buchstaben bilden könnten, blieben im Bereich des Vagen und Unbestimmten im Sinne des Urteils des Gerichts vom 5. April 2001 in der Rechtssache T-87/00 (Bank für Arbeit und Wirtschaft/HABM [EASYBANK], Slg. 2001, II-1259, Randnr. 31). Nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 20. September 2001 in der Rechtssache C-383/99 P (Procter & Gamble/HABM [Baby-dry], Slg. 2001, I-6251, Randnrn. 39 und 40) griffe das absolute Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 nur ein, wenn das Gesamtzeichen TDI unmittelbar beschreibend wäre. Dies sei aber nicht der Fall. Überdies werde der beschreibende Charakter eines aus zwei Wortbestandteilen zusammengesetzten Zeichens, wie das Gericht in seinem Urteil vom 31. Januar 2001 in der Rechtssache T-193/99 (Wrigley/HABM [DOUBLEMINT], Slg. 2001, II-417) festgestellt habe, im Regelfall durch die Zweideutigkeit bereits eines dieser Wortelemente ausgeschlossen. Aus diesem Urteil gehe auch hervor, dass sich bei mehreren Zeichenbestandteilen, die jeweils zwei oder mehr Bedeutungen hätten, aus den verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten eine Vielzahl möglicher Bedeutungen des Gesamtzeichens ergebe, die es ausschließe, dass das Zeichen vom Verkehr als unmittelbar beschreibend wahrgenommen werde.

18
Da das Zeichen TDI die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibe, bestehe hinsichtlich dieser Angabe auch kein Freihaltebedürfnis zugunsten der Wettbewerber.

19
Schließlich weist die Klägerin darauf hin, dass das Wortzeichen TDI als nationale Marke in Deutschland, den Benelux-Ländern, Frankreich und Italien eingetragen und auch als internationale Marke registriert sei. Diese Eintragungen seien ein wichtiges Indiz dafür, dass die Anmeldemarke nicht beschreibend sei, denn jedes der nationalen Markenämter kenne für seinen Bereich besser als das Amt die terminologischen Gepflogenheiten in den verschiedenen Gebieten und Sprachräumen der Gemeinschaft. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf das Urteil des Gerichts vom 31. Januar 2001 in der Rechtssache T-331/99 (Mitsubishi HiTec Paper Bielefeld/HABM [Giroform], Slg. 2001, II-433) und auf Nummer 8.1.4 der Prüfungsrichtlinien des Amtes zu verweisen.

20
Das Amt legt unter Hinweis auf das Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-356/00 (DaimlerChrysler/HABM [CARCARD], Slg. 2002, II-1963, Randnr. 28) dar, dass für die Anwendung des Artikels 7 Absatz l Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 auf der Grundlage einer bestimmten Bedeutung des fraglichen Wortzeichens zu prüfen sei, ob aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen dem Zeichen und den Kategorien der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bestehe. Nach dem Urteil CARCARD (Randnr. 30) falle ein Wortzeichen schon dann unter Artikel 7 Absatz l Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94, wenn nur eine seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der Waren oder Dienstleistungen bezeichne.

21
Buchstabenfolgen wie etwa Abkürzungen, die für sich keine verständlichen Wörter bildeten, könnten beschreibend sein, sofern der maßgebende Verkehr die Buchstabenfolge dem dahinter stehenden Begriff gleichstelle. Ein Beispiel dafür sei die Buchstabenfolge AG, die nach dem Verständnis des Verkehrs den Begriff Aktiengesellschaft darstelle.

22
Wie die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt habe, verstehe ein überwiegender Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Abkürzung TDI als Turbo Diesel Injection; sie habe daher beschreibenden Charakter. Dass nach der Meinung der Klägerin diese Abkürzung technisch keinen Sinn habe und der Verbraucher insofern eine Fehlvorstellung vom beschreibenden Inhalt der Abkürzung habe, ändere nichts an dieser Feststellung, da der beschreibende Charakter eines Zeichens aus der Sicht des maßgebenden Verkehrs ─ hier der aktuellen und potenziellen Käufer von Kraftfahrzeugen ─ zu würdigen sei und nicht aus der Sicht des Herstellers. Ebenso sei es unerheblich, dass das Zeichen TDI einen Motortyp kennzeichne und nicht das Kraftfahrzeug in seiner Gesamtheit, da eine Marke auch dann beschreibend sei, wenn sie einen wesentlichen Bestandteil des Produkts beschreibe.

23
Was die von der Klägerin angeführten nationalen Voreintragungen angehe, so seien diese für das Amt nicht bindend, sondern könnten nur Indizwirkung entfalten (u. a. Urteil des Gerichts vom 7. Februar 2002 in der Rechtssache T-88/00, Mag Instrument/HABM [Form von Taschenlampen], Slg. 2002, II-467, Randnr. 41). Es sei auch darauf hinzuweisen, dass die Eintragung der Marke TDI in Deutschland kritisiert werde und in der Literatur umstritten sei.

Würdigung durch das Gericht

24
Zunächst ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Entscheidung der Prüferin, obgleich darin ausdrücklich nur auf Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 Bezug genommen wird, nach ihrer Begründung eindeutig auch auf Buchstabe c des Artikels 7 Absatz 1 gestützt ist (Randnr. 20 der angefochtenen Entscheidung). Somit hat die Beschwerdekammer, indem sie ihre eigene Entscheidung auch auf Buchstabe c stützte, nicht von Amts wegen ein neues absolutes Eintragungshindernis berücksichtigt, zu dem sie die Klägerin vorher hätte anhören müssen.

25
Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 sind von der Eintragung ausgeschlossen Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Nach Absatz 2 dieses Artikels finden die Vorschriften des Absatzes 1 ... auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Gemeinschaft vorliegen.

26
Durch Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 wird verhindert, dass die darin genannten Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden. Die Bestimmung verfolgt damit das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass diese Zeichen oder Angaben von jedermann frei verwendet werden können (vgl. entsprechend Urteile des Gerichtshofes vom 4. Mai 1999 in den Rechtssachen C-108/97 und C-109/97, Windsurfing Chiemsee, Slg. 1999, I-2779, Randnr. 25, vom 8. April 2003 in den Rechtssachen C-53/01 bis C-55/01, Linde u. a., noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 73, und vom 6. Mai 2003 in der Rechtssache C-104/01, Libertel, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 52).

27
Unter Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 fallen damit Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale die in der Ameldung aufgeführten Waren oder Dienstleistungen bezeichnen können (Urteil Procter & Gamble/HABM, Randnr. 39). Ob ein Zeichen beschreibend ist, kann daher nur im Hinblick auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen und nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise beurteilt werden.

28
Im vorliegenden Fall sind die fraglichen Waren und Dienstleistungen laut der angefochtenen Entscheidung (Randnr. 26) für den durchschnittlichen Konsumenten bestimmt; dies hat die Klägerin nicht bestritten. Unter dem durchschnittlichen Konsumenten ist der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher zu verstehen (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I-3819, Randnr. 26, und Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2001 in der Rechtssache T-359/99, DKV/HABM [EuroHealth], Slg. 2001, II-1645, Randnr. 27).

29
Zum Vorbringen der Klägerin, dass Dritte, insbesondere ihre Konkurrenten, das fragliche Wortzeichen nicht benötigten, um die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen, ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 kein konkretes, aktuelles oder ernsthaftes Freihaltebedürfnis voraussetzt (vgl. entsprechend Urteil Windsurfing Chiemsee, Randnr. 35). Ferner bedeutet das Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 zugrunde liegende Allgemeininteresse, dass alle Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Sinne dieser Bestimmung zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware oder Dienstleistung dienen können, von jedermann frei verwendet werden können und nicht eintragbar sind (vgl. entsprechend Urteil Linde u. a., Randnr. 74). Bei der Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 ist daher nur zu prüfen, ob hinsichtlich einer bestimmten Bedeutung des Wortzeichens aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ein hinreichend unmittelbarer und konkreter Zusammenhang zwischen dem Zeichen und den Merkmalen der Kategorien von Waren und Dienstleistungen besteht, für die die Eintragung begehrt wird.

30
Das Wortzeichen TDI besteht aus drei Buchstaben. Wie sich den Unterlagen, die das Amt beim Gericht eingereicht hat, entnehmen lässt, werden in der Automobilbranche üblicherweise Buchstabenkombinationen verwendet, um die Merkmale von Fahrzeugen und speziell die von Motoren zu bezeichnen. Seiner Struktur nach ist das Zeichen damit nicht ungewöhnlich.

31
Zur Bedeutung des Wortzeichens TDI geht aus der angefochtenen Entscheidung (Randnr. 26) und der Klagebeantwortung des Amtes hervor, dass das Amt das Zeichen als eine Abkürzung für Turbo Diesel Injection oder Turbo Direct Injection ansieht. Die Klägerin macht insoweit zu Unrecht geltend, dass das Wortzeichen keine klare und bestimmte Aussage habe. Vielmehr erweisen sich, wenn man auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und das Verständnis des Zeichens bei den angesprochenen Verkehrskreisen abstellt, die von der Beschwerdekammer zugrunde gelegten Bedeutungen als zutreffend.

32
Dieser Beurteilung steht nicht das Vorbringen der Klägerin entgegen, dass keiner der Buchstaben T, D und I eine bestimmte Bedeutung habe, weil jeder von ihnen als Anfangsbuchstabe für ganz verschiedene Wörter dienen könne. Um die Bedeutung eines Wortzeichens zu prüfen, ist dieses nämlich in seiner Gesamtheit zu betrachten. Das gilt auch, wenn ein Wortzeichen, wie die Anmeldemarke, aus einer Kombination mehrerer Einzelbuchstaben besteht. Für die Beurteilung der Bedeutung eines solchen Wortzeichens ist es deshalb unerheblich, ob die einzelnen Buchstaben, aus denen es besteht, ihrerseits eine klare und bestimmte Bedeutung haben. Ebenso ist es unerheblich, ob eine solche Bedeutung anderen Kombinationen dieser Buchstaben, mit oder ohne Hinzufügung weiterer Buchstaben, zukommt.

33
Auch die Auffassung der Klägerin, dass Turbo Diesel Injection eine Tautologie sei, ist, selbst wenn sie aus technischer Sicht zutreffen sollte, unbeachtlich. Denn für die Beurteilung, ob ein Zeichen beschreibend ist, ist ausschließlich auf die Sichtweise der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen, die im vorliegenden Fall nicht die nötigen technischen Kenntnisse besitzen werden, um den tautologischen Charakter dieses Begriffes erkennen zu können. Dass ein Wortzeichen tautologisch ist, bedeutet überdies noch nicht, dass es keine klare und bestimmte Aussage hätte. Die Klägerin räumt im Übrigen selbst ein, dass das Zeichen TDI für Turbo Direct Injection stehen könne, macht aber geltend, dass das Zeichen so nicht gebraucht und verstanden werde, da es um einen Dieselmotor gehe, der nach der Sprachpraxis eben mit diesem Begriff und nicht als Einspritzmotor bezeichnet werde. Dieses Vorbringen bestätigt nur die Auffassung des Amtes, dass das Zeichen TDI aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise für Turbo Diesel Injection stehen kann.

34
Welcher Art der Zusammenhang zwischen dem Wortzeichen TDI und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht näher erläutert. Hinsichtlich der ersten in der Anmeldung genannten Warenart (Kraftfahrzeuge) ist jedoch davon auszugehen, dass das Wortzeichen ihre Beschaffenheit bezeichnet. Denn die Ausrüstung eines Kraftfahrzeugs mit einem Turbo Diesel Injection- oder Turbo Direct Injection-Motor ist eines seiner wesentlichen Merkmale. Was die zweite genannte Warenart (konstruktionsgebundene Teile von Kraftfahrzeugen) angeht, bezeichnet das Wortzeichen TDI deren Bauart.

35
Was die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen Reparatur und Wartung von Kraftfahrzeugen betrifft, bezeichnet das Wortzeichen TDI deren Bestimmung. Zwar ist nicht auszuschließen, dass zu diesen Kategorien von Dienstleistungen auch solche gehören, die keinerlei Bezug zu Fahrzeugen mit einem TDI-Motor aufweisen, womit das Wortzeichen TDI nicht für sämtliche Dienstleistungen dieser Kategorien beschreibend wäre. Jedoch hat die Klägerin das Wortzeichen für diese Dienstleistungskategorien jeweils insgesamt angemeldet. Die Beurteilung der Beschwerdekammer, die sich auf diese Kategorien von Dienstleistungen jeweils in ihrer Gesamtheit bezieht, ist daher zu bestätigen (in diesem Sinne Urteil EuroHealth, Randnr. 33).

36
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es in diesem Zusammenhang unbeachtlich, dass das Wortzeichen TDI zwei verschiedene Bedeutungen haben kann. Denn aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise bezeichnet es in beiden potenziellen Bedeutungen ein Merkmal der betreffenden Waren oder Dienstleistungen, das für ihre Kaufentscheidung von Bedeutung sein kann. An diesem Ergebnis würde sich auch dann nichts ändern, wenn der eine oder der andere Teil der relevanten Verkehrskreise mit dem Wortzeichen TDI nur eine der beiden möglichen Bedeutungen in Verbindung bringen sollte. Insoweit ist daran zu erinnern, dass ein Wortzeichen schon dann unter Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 fällt, wenn zumindest eine seiner potenziellen Bedeutungen ein Merkmal der fraglichen Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (Urteil CARCARD, Randnr. 30, siehe auch Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 10. April 2003 in der Rechtssache C-191/01 P, HABM/Wrigley, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Nrn. 42 bis 47).

37
Somit besteht zwischen dem Wortzeichen TDI und den Merkmalen der in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang. Diese Würdigung wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin selbst das Wortzeichen in Werbepublikationen zur Beschreibung der verschiedenen von ihr vertriebenen Fahrzeugmodelle verwendet. So heißt es in einer der Klageschrift (als Anlage K 8) beigefügten Werbeanzeige für das Modell A 2: Un' auto interamente in alluminio, da oggi anche in versione TDI (Ein Auto ganz aus Aluminium, jetzt auch als TDI-Version). In einer anderen der Klageschrift (in derselben Anlage) beigefügten Werbeanzeige wird der Motor des Modells A 6 als premier moteur V6 TDi (erster V6-TDi-Motor) präsentiert.

38
Die Beschwerdekammer hat in Randnummer 31 der angefochtenen Entscheidung implizit zum Ausdruck gebracht, dass das Wortzeichen TDI in der gesamten Gemeinschaft für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibend sei. Diese Beurteilung ist zutreffend. Da Kraftfahrzeuge nämlich grundsätzlich im gesamten Binnenmarkt unter denselben Bezeichnungen vertrieben werden, ist davon auszugehen, dass hinsichtlich der Auffassung, die die relevanten Verkehrskreise von der Bedeutung eines Wortzeichens dieser Art ─ und speziell des Zeichens TDI ─ und von seinem Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen haben, zwischen den verschiedenen Teilen der Gemeinschaft kein Unterschied besteht.

39
Die Beschwerdekammer ist daher rechtlich fehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass das Wortzeichen TDI aus der Sicht der relevanten Verkehrskreise im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 dazu dienen kann, wesentliche Merkmale der in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen.

40
Soweit sich die Klägerin auf die Eintragung des Wortzeichens TDI als nationale Marke in mehreren Mitgliedstaaten beruft, ist daran zu erinnern, dass die Gemeinschaftsregelung für Marken ein autonomes System bildet, das aus einer Gesamtheit von ihm eigenen Vorschriften und Zielsetzungen besteht und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (Urteile des Gerichts vom 5. Dezember 2000 in der Rechtssache T-32/00, Messe München/HABM [electronica], Slg. 2000, II-3829, Randnr. 47, und vom 5. Dezember 2002 in der Rechtssache T-91/01, BioID/HABM [BioID], Slg. 2002, II-5159, Randnr. 45). Ob ein Zeichen als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden kann, ist demgemäß nur nach den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu entscheiden. Das Amt und gegebenenfalls der Gemeinschaftsrichter sind durch die Entscheidung in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland, wonach das Zeichen als nationale Marke eintragbar ist, nicht gebunden. Das gilt selbst dann, wenn diese Entscheidung nach nationalen Rechtsvorschriften ergangen ist, die gemäß der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) harmonisiert worden sind. Das auf das Bestehen dieser Eintragung gestützte Vorbringen der Klägerin ist daher nicht geeignet, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zu führen. Die Klägerin hat auch kein sachliches Argument vorgetragen, das sich diesen nationalen Entscheidungen entnehmen ließe und den vorgebrachten Klagegrund stützen könnte.

41
Nach alledem ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94

Vorbringen der Parteien

42
Die Klägerin wendet sich gegen die in der Entscheidung der Prüferin enthaltene Annahme, dass es für die Eintragung einer Angabe als Marke nicht ausreiche, dass ein Unternehmen eine beschreibende Angabe allein oder viel häufiger als andere Unternehmen verwende und daher ein großer Teil des maßgebenden Verkehrs diese Angabe dem betreffenden Unternehmen zuordne.

43
Aus dem demoskopischen Gutachten, das sie der Prüferin vorgelegt habe, gehe hervor, dass zur Zeit der Anmeldung der Marke, also 1996, entgegen der Auswertung, die die Prüferin vorgenommen habe, 30 % der befragten Personen das Zeichen TDI dem Unternehmen der Klägerin zugeordnet hätten und der allgemeine Bekanntheitsgrad bei 65 % gelegen habe. Dies seien hohe Werte, die nur von sehr wenigen Marken erreicht würden. Im Übrigen war und ist nach Meinung der Klägerin die Verkehrsdurchsetzung in den anderen Mitgliedstaaten, insbesondere in Frankreich und Italien, mit derjenigen in Deutschland vergleichbar, da es dort auch vergleichbare Verkaufszahlen und Marketingaufwendungen gegeben habe.

44
In diesem Zusammenhang trägt die Klägerin weiter vor, dass sie die angemeldete Marke seit 1990 in großem Umfang benutzt habe. So habe sie bis 1996 unter dieser Marke in der gesamten Gemeinschaft 426 353 Fahrzeuge verkauft, was einem Umsatz von ungefähr 10,6 Milliarden Euro entspreche. Die Zahlen für den Zeitraum bis Ende 2001 beliefen sich auf 1 611 337 Fahrzeuge, was einem Umsatz von ungefähr 45 Milliarden Euro entspreche. Im Übrigen lägen ihre jährlichen Werbeausgaben für den Vertrieb von Fahrzeugen unter der angemeldeten Marke in Deutschland deutlich im zweistelligen Millionen-DM-Bereich und beliefen sich in anderen Mitgliedstaaten wie Frankreich, Vereinigtes Königreich, Italien und Spanien auf mehrere Millionen DM. Schließlich halte sie gemeinschaftsweit einen Marktanteil von 5 % der Dieselfahrzeuge, was in diesem Marktsegment die Spitzenposition bedeute.

45
Außerdem sei zur Beurteilung des Anteils der maßgebenden Verkehrskreise, der eine Marke als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren oder Dienstleistungen verstehe (im Folgenden: Durchsetzungsgrad), auch deren Benutzung durch andere Unternehmen, sei es aufgrund einer Lizenz oder, im Fall von zum Konzern des Anmelders gehörenden Unternehmen, einer bloßen Erlaubnis, zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sei daher die Benutzung der angemeldeten Marke durch die Unternehmen des VW-Konzerns zu berücksichtigen, also durch VW, Seat und Skoda. Gemeinschaftsweit hätten diese Unternehmen bis 1996 unter der Marke TDI 475 266 Fahrzeuge abgesetzt, und bis zum Ende des Jahres 2000 insgesamt 2 185 174 Fahrzeuge. Außerdem beliefen sich die von den Unternehmen des VW-Konzerns in Deutschland für den Vertrieb von Fahrzeugen unter der angemeldeten Marke aufgewendeten Werbeausgaben 1995 auf ungefähr 4,4 Millionen DM, 1996 auf 18,9 Millionen DM, 1997 auf 2,9 Millionen DM, 1998 auf 2,7 Millionen DM, 1999 auf 29,2 Millionen DM und 2000 auf 28,4 Millionen DM. Schließlich hätten diese Unternehmen jedenfalls seit 1995 in jedem der großen Mitgliedstaaten jährlich mehrere Millionen DM zu Werbezwecken ausgegeben.

46
Vorsorglich beantragt die Klägerin, zur Beweiserhebung über die gemeinschaftsweite Verkehrsdurchsetzung der Marke TDI Herrn Klaus le Vrang als Zeugen zu vernehmen und ein demoskopisches Gutachten einzuholen.

47
Das Amt trägt vor, dass eine Marke Unterscheidungskraft infolge von Benutzung nur in dem Gebiet erlangt haben müsse, in dem ein Eintragungshindernis bestanden habe. Was den Durchsetzungsgrad der Marke betreffe, so habe die Rechtsprechung bisher nur vage Kriterien vorgegeben. Dazu habe der Gerichtshof im Urteil Windsurfing Chiemsee (Randnr. 52) festgestellt, dass die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 3 der Richtlinie 89/104 für eine Eintragung der Marke erfüllt seien, wenn zumindest ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise die betreffende Marke einem bestimmten Unternehmen zuordne, wobei nicht nur auf generelle und abstrakte Angaben wie z. B. bestimmte Prozentsätze abgestellt werden dürfe. Auch wenn sich dies aus dem Urteil Windsurfing Chiemsee nicht eindeutig ergebe, dürfte dabei im Fall einer Marke, die aus einer einzelnen Zahl oder einem einzelnen Buchstaben bestehe, ein höherer Durchsetzungsgrad zu fordern sein als für Bezeichnungen, die nur für einzelne Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen beschreibend seien.

48
Im vorliegenden Fall habe die Klägerin durch die Vorlage der genannten Meinungsumfrage nachgewiesen, dass höchstens 22 % der befragten Personen das Zeichen TDI einem bestimmten Unternehmen oder verschiedenen Herstellern eines Gesamtkonzerns zuordneten. Das Amt teile die Bewertung der Prüferin und der Beschwerdekammer, die diese Zahl als zu niedrig angesehen hätten, um daraus Schlüsse zur Verkehrsdurchsetzung ziehen zu können. Ebenfalls zu Recht habe die Prüferin die Zahlen auf andere Mitgliedstaaten extrapoliert und den Schluss gezogen, dass diese Prozentsätze dort wahrscheinlich noch niedriger seien. Diese Bewertung werde weder durch die Werbeausgaben noch durch die Umsatzzahlen, die die Klägerin angeführt habe, entkräftet.

49
Das Gleiche gelte für die mit der Klageschrift eingereichten, neuen Unterlagen zum Durchsetzungsgrad der Anmeldemarke, sofern man ihre Vorlage vor dem Gericht für zulässig halte. Die in diesen Unterlagen genannten Zahlen belegten zwar eine starke Werbe- und Verkaufsaktivität der Klägerin, wiesen jedoch nicht nach, dass der Durchsetzungsgrad der angemeldeten Marke zum Zeitpunkt der Anmeldung höher gewesen sei, als sich aus der Meinungsumfrage ergebe.

Würdigung durch das Gericht

50
Nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 stehen die absoluten Eintragungshindernisse gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b bis d der Verordnung Nr. 40/94 der Eintragung einer Marke nicht entgegen, wenn die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat. Dass das angemeldete Zeichen in den Fällen, die unter Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 fallen, von den relevanten Verkehrskreisen tatsächlich als Hinweis auf die betriebliche Herkunft einer Ware oder einer Dienstleistung aufgefasst wird, ist das Ergebnis einer wirtschaftlichen Anstrengung des Anmelders. Dies rechtfertigt es, die Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b bis d der Verordnung Nr. 40/94 zugrunde liegenden Erwägungen des Allgemeininteresses hintanzustellen, aus denen die von diesen Bestimmungen erfassten Marken, um einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zugunsten eines bestimmten Wirtschaftsteilnehmers zu vermeiden, für jedermann frei verfügbar sein müssen (Urteil des Gerichts vom 2. Juli 2002 in der Rechtssache T-323/00, SAT.1/HABM [SAT.2], Slg. 2002, II-2839, Randnr. 36).

51
Der Erwerb von Unterscheidungskraft durch die Benutzung der Marke setzt nach der Rechtsprechung zur Auslegung von Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 89/104, der mit Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 im Wesentlichen deckungsgleich ist, erstens voraus, dass zumindest ein erheblicher Teil der relevanten Verkehrskreise die betreffenden Waren oder Dienstleistungen anhand der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt. Jedoch können die Umstände, unter denen die Voraussetzung der durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft als erfüllt betrachtet werden kann, nicht nur aufgrund von generellen und abstrakten Angaben, wie etwa bestimmten Prozentsätzen, festgestellt werden (in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes in der Rechtssache Windsurfing Chiemsee, Randnr. 52, und vom 18. Juni 2002 in der Rechtssache C-299/99, Philips, Slg. 2002, I-5475, Randnrn. 61 und 62).

52
Zweitens setzt die Eintragung einer Marke nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 voraus, dass nachgewiesen wird, dass sie in dem wesentlichen Teil der Gemeinschaft, in dem sie nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b, c und d der Verordnung Nr. 40/94 nicht unterscheidungskräftig wäre, durch Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat (Urteil des Gerichts vom 30. März 2000 in der Rechtssache T-91/99, Ford Motor/HABM [OPTIONS], Slg. 2000, II-1925, Randnr. 27).

53
Drittens sind für die Beurteilung, ob im Einzelfall eine Marke Unterscheidungskraft durch Benutzung gewonnen hat, Gesichtspunkte zu berücksichtigen wie ihr Marktanteil, die Intensität, geografische Verbreitung und Dauer ihrer Benutzung und der vom Unternehmen für sie erbrachte Werbeaufwand. Der Beweis für erworbene Unterscheidungskraft kann sich u. a. aus Erklärungen der Industrie- und Handelskammern oder anderer Berufsverbände oder aus Meinungsumfragen ergeben (in diesem Sinne Urteile Windsurfing Chiemsee, Randnrn. 51 und 53, und Philips, Randnr. 60).

54
Viertens muss die Marke Unterscheidungskraft durch Benutzung bereits am Anmeldetag erworben haben (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache T-247/01, eCopy/HABM [ECOPY], Slg. 2002, II-5301, Randnr. 36).

55
Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Auffassung der Beschwerdekammer, dass die angemeldete Marke nicht nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 eingetragen werden könne, auf einem Rechtsfehler beruht.

56
Wie oben in Randnummer 38 festgestellt, steht der Anmeldemarke das Eintragungshindernis nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 in der gesamten Gemeinschaft entgegen. Um nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung eintragungsfähig zu sein, muss die Marke daher Unterscheidungskraft durch Benutzung ebenfalls in der gesamten Gemeinschaft erworben haben.

57
Im Verwaltungsverfahren beim Amt hat die Klägerin mit ihrem Schreiben an die Prüferin vom 22. Januar 1999 implizit geltend gemacht, dass die angemeldete Marke durch ihre Benutzung in der gesamten Gemeinschaft Unterscheidungskraft erworben habe. Sie hat diese Behauptung in ihrer beim Amt eingereichten schriftlichen Beschwerdebegründung vom 13. Juli 2002 wiederholt.

58
Für die Märkte der Mitgliedstaaten außer Deutschland legte die Klägerin im Verwaltungsverfahren beim Amt lediglich Statistiken über ihre Exporte in verschiedene Länder, darunter eben diese Mitgliedstaaten, für die Jahre 1994 bis 1997, Verkaufskataloge und Presseveröffentlichungen über Automobiltests vor. Die von der Klägerin vorgelegte Meinungsumfrage betrifft hingegen nur den deutschen Markt.

59
In Randnummer 30 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer implizit und ohne nähere Begründung festgestellt, dass diese Unterlagen nicht für den Nachweis genügten, dass die Anmeldemarke durch ihre Benutzung in den Mitgliedstaaten außer Deutschland am Anmeldetag Unterscheidungskraft erworben habe.

60
Die Klägerin hat jedoch nichts beigebracht, was den Schluss zuließe, dass diese Beurteilung unzutreffend war. Allein aus den von ihr vorgelegten Verkaufszahlen, die übrigens keinerlei Angabe zu dem auf die Anmeldemarke entfallenden Marktanteil enthalten, lässt sich nicht ableiten, dass die relevanten Verkehrskreise in den Mitgliedstaaten außer Deutschland oder zumindest ein erheblicher Teil von ihnen die Anmeldemarke als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen wahrnehmen. Gleiches gilt für die Verkaufskataloge und Presseartikel.

61
Allerdings führt die Klägerin für ihre Auffassung, dass die Anmeldemarke durch Benutzung in der gesamten Gemeinschaft Unterscheidungskraft erworben habe, in ihrer Klageschrift neue Tatsachen an. Sie bezieht sich hierfür insbesondere auf die Zahl der zwischen 1990 und 2001 unter der Anmeldemarke verkauften Fahrzeuge, auf die entsprechenden Umsätze und auf die jährlichen Werbeausgaben, um den Absatz von Fahrzeugen unter dieser Marke zu steigern. Schließlich macht sie geltend, sie halte in der gesamten Gemeinschaft für Fahrzeuge mit Dieselmotor einen Marktanteil von 5 %, womit sie in diesem Marktsegment die Spitzenposition einnehme. Vorsorglich beantragt sie, Beweis zu erheben durch Zeugenvernehmung eines ihrer Angestellten, Herrn Klaus le Vrang, und eine Meinungsumfrage.

62
Dieser Tatsachenvortrag ist jedoch nicht geeignet, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zu führen.

63
So ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit eines Gemeinschaftsrechtsakts nach ständiger Rechtsprechung auf der Grundlage des Sachverhalts und der Rechtslage zu beurteilen ist, die bei Erlass des Rechtsakts gegeben waren (Urteile des Gerichts vom 6. Oktober 1999 in der Rechtssache T-123/97, Salomon/Kommission, Slg. 1999, II-2925, Randnr. 48, und vom 14. Mai 2002 in der Rechtssache T-126/99, Graphischer Maschinenbau/Kommission, Slg. 2002, II-2427, Randnr. 33). Weiterhin kann nach Artikel 63 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 die Entscheidung einer Beschwerdekammer nur dann aufgehoben oder geändert werden, wenn sie nach ihrem Inhalt oder wegen Verletzung von Förmlichkeiten rechtswidrig ist. Die Klage beim Gemeinschaftsrichter dient damit nur der Kontrolle, ob die Entscheidung der Beschwerdekammer rechtmäßig ist, soll aber das Verfahren nicht wiedereröffnen. Grundsätzlich kann daher die Rüge, dass die Entscheidung einer Beschwerdekammer rechtswidrig sei, nicht auf den Vortrag von Tatsachen vor dem Gericht gestützt werden, die bereits vor dem Erlass der Entscheidung der Beschwerdekammer eingetreten waren, aber im Verwaltungsverfahren beim Amt nicht geltend gemacht wurden. Anderes gilt nur, wenn dargetan wird, dass die Beschwerdekammer diese Tatsachen vor Erlass einer Entscheidung im Verwaltungsverfahren von Amts wegen hätte berücksichtigen müssen.

64
Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Beschwerdekammer Tatsachen, die für die Beurteilung einer durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft relevant sein können, nur zu berücksichtigen hat, wenn der Anmelder sie im Verwaltungsverfahren beim Amt geltend gemacht hat (Urteil ECOPY, Randnr. 47).

65
Im vorliegenden Fall wurden die oben in Randnummer 61 genannten Tatsachen im Verwaltungsverfahren beim Amt nicht geltend gemacht. Auch wenn ihre Wahrheit unterstellt wird, können sie daher die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht berühren. Ihre Geltendmachung ist daher, wie oben in Randnummer 62 festgestellt, nicht geeignet, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zu führen.

66
Überdies wird mit diesen Tatsachen aus den oben in Randnummer 60 dargelegten Gründen auch nicht nachgewiesen, dass die Anmeldemarke durch ihre Benutzung in den anderen Mitgliedstaaten als Deutschland Unterscheidungskraft erworben hätte. Insbesondere lässt sich aus der von der Klägerin behaupteten Tatsache, sie habe in der gesamten Gemeinschaft einen Marktanteil von 5 % für Fahrzeuge mit Dieselmotor inne, auch wenn man sie als wahr unterstellt, noch nicht schliessen, dass die relevanten Verkehrskreise in den Mitgliedstaaten außer Deutschland oder zumindest ein erheblicher Teil von ihnen die angemeldete Marke als einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen verstünden. Im Übrigen sind jene Tatsachen, die erst nach dem Anmeldetag (7. März 1996) eingetreten sind, nach der oben in Randnummer 54 genannten Regel für die Prüfung einer durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft unbeachtlich.

67
Aus den oben in den Randnummern 62 bis 65 dargelegten Gründen ist auch die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung nicht vorzunehmen. Das Amt ist nämlich zur Berücksichtigung eines Beweismittels, mit dem eine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft belegt werden soll, nur dann verpflichtet, wenn der Anmelder das Beweismittel im Verwaltungsverfahren beim Amt vorgebracht hat (Urteil ECOPY, Randnr. 48).

68
Die Klägerin hat damit nicht nachgewiesen, dass die angemeldete Marke durch ihre Benutzung in den Mitgliedstaaten außer Deutschland Unterscheidungskraft erworben hat. Diese Feststellung genügt, um den Klagegrund eines Verstoßes gegen Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 zurückzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die Klägerin eine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke für Deutschland bewiesen hat.

Zum vierten Klagegrund: Verletzung des rechtlichen Gehörs

Vorbringen der Parteien

69
Die Klägerin macht geltend, das Amt habe ihren in Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 gewährleisteten Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Die Prüferin habe sie in einem Telefongespräch zur Einreichung bestimmter Unterlagen aufgefordert und dabei in Aussicht gestellt, dass die angemeldete Marke nach Eingang dieser Unterlagen gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 eingetragen werde. Das Amt hätte ihr mitteilen müssen, dass es die eingereichten Unterlagen für nicht ausreichend halte, um ihr Gelegenheit zur Beibringung weiterer Beweismittel zu geben. Dabei hätte das Amt auch darauf hinweisen müssen, dass es, wie aus Randnummer 31 der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, den Beweis verlange, dass die angemeldete Marke durch ihre Benutzung in der gesamten Gemeinschaft Unterscheidungskraft erlangt habe.

70
Das Amt hält dem entgegen, dass die von der Klägerin behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs das Verfahren vor der Prüferin und nicht das Beschwerdeverfahren betreffe. Jedenfalls habe die Beschwerdekammer das rechtliche Gehör nicht verletzt, da sie die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen, Beschwerdegründe und Argumente umfassend geprüft habe.

Würdigung durch das Gericht

71
Nach Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 dürfen die Entscheidungen des Amtes nur auf Gründe gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Diese Bestimmung bezieht sich sowohl auf die tatsächlichen als auch auf die rechtlichen Gründe sowie auf die Beweise.

72
Zunächst ist klarzustellen, dass das Argument des Amtes, die von der Klägerin gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs betreffe das Verfahren vor der Prüferin und nicht das Verfahren bei der Beschwerdekammer, nicht stichhaltig ist. Denn in ihrer Beschwerdebegründung beanstandete die Klägerin, es sei ihr nicht möglich gewesen, sich zu der Auffassung der Prüferin zu äußern, dass die dieser vorgelegten Schriftstücke nicht genügten, um eine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft der Anmeldemarke nachzuweisen. In Wirklichkeit legt die Klägerin damit der Beschwerdekammer im Rahmen dieses Klagegrunds zur Last, dass sie die von der Prüferin erlassene Entscheidung trotz eines ihr anhaftenden Verfahrensfehlers nicht aufgehoben habe.

73
Die Prüferin hat ihre Entscheidung damit begründet, dass nur 22 % der Befragten die angemeldete Marke einem bestimmten Unternehmen zuordneten. Dies ergibt sich indessen aus der von der Klägerin selbst vorgelegten Meinungsumfrage. Zu ihrer Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien, gelangte die Prüferin somit im Rahmen ihrer abschließenden Würdigung dieses Umfrageergebnisses im Hinblick auf Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94.

74
Unter diesen Umständen brauchte die Prüferin die Klägerin zu der Würdigung des Sachverhalts, die sie ihrer Entscheidung zugrunde legte, nicht anzuhören.

75
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Würdigung des Sachverhalts einen Teil der Entscheidungsfindung selbst bildet. Der Anspruch auf rechtliches Gehör erstreckt sich auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage für die Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 21. Januar 1999 in den Rechtssachen T-129/95, T-2/96 und T-97/96, Neue Maxhütte Stahlwerke und Lech-Stahlwerke/Kommission, Slg. 1999, II-17, Randnr. 231).

76
Da die Prüferin somit die Klägerin zu der ihrer Entscheidung zugrunde liegenden Würdigung des Sachverhalts nicht anzuhören brauchte, verletzt ihre Entscheidung nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör.

77
In ihrer Klageschrift macht die Klägerin indessen geltend, die Prüferin habe ihr in einem Telefongespräch in Aussicht gestellt, dass ihre Marke nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 eingetragen werde, wenn sie bestimmte Unterlagen zur Verkehrsdurchsetzung beibringen könne. Nach Randnummer 19 der angefochtenen Entscheidung teilte die Prüferin der Klägerin hingegen nur mit, welche Unterlagen grundsätzlich [zur Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung] in Fragen kommen können. Die Klägerin ist dieser Feststellung nicht entgegengetreten. In der mündlichen Verhandlung hat sie auf eine Frage des Gerichts eingeräumt, dass die Prüferin nicht erklärt habe, sie werde die fraglichen Unterlagen von vornherein als ausreichend betrachten, um die angemeldete Marke nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 zur Eintragung zuzulassen.

78
Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass es den Stellen des Amtes, jedenfalls in Verfahren mit nur einem Beteiligten, freisteht, zur Erleichterung des ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs auch Telefongespräche zu führen.

79
Zweitens erweckte die Prüferin nach dem Inhalt des Telefongesprächs, wie er zwischen den Parteien nunmehr unstreitig ist, bei der Klägerin kein berechtigtes Vertrauen, so dass sie die Klägerin auch nicht nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes darauf hinzuweisen brauchte, wie sie die Tatsachen, die den fraglichen Unterlagen zu entnehmen waren, gerichtlich zu beurteilen gedachte.

80
Ohnehin wäre die Beschwerdekammer, selbst wenn die Entscheidung der Prüferin unter Verletzung des rechtlichen Gehörs ergangen wäre, nicht verpflichtet gewesen, die Entscheidung allein aus diesem Grund aufzuheben, wenn sie in der Sache nicht rechtswidrig war.

81
Nach dem Grundsatz der funktionalen Kontinuität, die zwischen dem Prüfer und der Beschwerdekammer besteht (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache T-163/98, Procter & Gamble/HABM [BABY-DRY], Slg. 1999, II-2383, Randnrn. 38 bis 44, und vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache T-63/01, Procter & Gamble/HABM [Form einer Seife], Slg. 2002, II-5255, Randnr. 21), umfasst die Zuständigkeit der Beschwerdekammern nämlich eine Überprüfung der von den Stellen des Amtes in erster Instanz erlassenen Entscheidungen. Im Rahmen dieser Überprüfung hängt das Ergebnis der Beschwerde davon ab, ob zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Beschwerde entschieden wird, eine neue Entscheidung mit dem gleichen Tenor wie die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen werden könnte. Die Beschwerdekammern können daher der Beschwerde, selbst wenn die mit ihr angefochtene Entscheidung nicht rechtswidrig ist, ─ vorbehaltlich nur des Artikels 74 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 ─ auf der Grundlage neuer Tatsachen oder auch neuer Beweismittel stattgeben, die der Beschwerdeführer vorbringt.

82
Kann zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Beschwerde entschieden wird, eine neue Entscheidung mit dem gleichen Tenor wie die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung ergehen, so ist die Beschwerde daher grundsätzlich auch dann zurückzuweisen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einem Verfahrensfehler beruht. Das gilt auch dann, wenn die rechtliche oder tatsächliche Grundlage der ersten Entscheidung infolge dieses Verfahrensfehlers unvollständig ist, weil der Beteiligte daran gehindert war, sich in dem Verfahren auf eine Rechtsvorschrift zu berufen oder eine Tatsache oder einen Beweis anzuführen. Ein solcher Verfahrensfehler kann nämlich im Beschwerdeverfahren geheilt werden, da die Beschwerdekammer, sofern nicht im Beschwerdeverfahren neue Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht werden, ihre Entscheidung auf die gleiche rechtliche und tatsächliche Grundlage zu stützen hat, von der auch die erstinstanzlich entscheidende Stelle hätte ausgehen müssen. Vorbehaltlich nur des Artikels 74 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 sind somit das Verfahren bei der erstinstanzlich entscheidenden Stelle und das vor der Beschwerdekammer nicht voneinander abgeschottet. Wie das Amt insoweit zutreffend dargelegt hat, hat die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall die von der Klägerin vorgebrachten Tatsachen, Beschwerdegründe und Argumente vollständig geprüft.

83
Im vorliegenden Fall ist somit festzustellen, dass nach den oben in den Randnummern 24 bis 68 wiedergegebenen Erwägungen eine Entscheidung mit dem gleichen Tenor wie die Entscheidung der Prüferin, nämlich die Zurückweisung der Anmeldung, auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde hätte ergehen können. Selbst wenn die Entscheidung der Prüferin unter Verletzung des rechtlichen Gehörs ergangen wäre, hätte die Beschwerdekammer sie daher nicht aufheben müssen.

84
Demnach ist der Klagegrund einer Verletzung des rechtlichen Gehörs zurückzuweisen.

Zum fünften Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

Vorbringen der Parteien

85
Die Klägerin meint, dass die angefochtene Entscheidung entgegen Regel 50 Absatz 2 Buchstabe h der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 303, S. 1) nicht ausreichend begründet sei. So habe die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung (Randnr. 31) zu Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 lediglich festgestellt, dass die von der Klägerin vorgelegten Beweise nicht ausreichend gewesen seien, ohne die Gründe hierfür zu erläutern. Zweitens bezögen sich die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (Randnrn. 25 und 26), wonach die Marke von Haus aus nicht unterscheidungskräftig sei, explizit nur auf den deutschen Sprachraum. Die angefochtene Entscheidung enthalte daher keine ausreichende Begründung dafür, dass ein Nachweis für durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft für den gesamten Gemeinschaftsmarkt verlangt werde.

86
Das Amt führt aus, die Beschwerdekammer habe, was die Anwendung von Artikel 7 Absatz 3 angehe, die Beurteilung der Prüferin bestätigt und sich damit die Begründung zu Eigen gemacht, die die Prüferin zu dieser Frage in ihrer Entscheidung gegeben habe. Aus dieser aber gehe hervor, dass das von der Klägerin vorgelegte demoskopische Gutachten nach Auffassung der Prüferin einen zu niedrigen Bekanntheitsgrad ergeben habe, als dass angenommen werden könne, dass die angemeldete Marke auch nur für den deutschen Markt Unterscheidungskraft durch Benutzung erworben habe.

Würdigung durch das Gericht

87
Nach Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 sind die Entscheidungen des Amtes mit Gründen zu versehen. Nach Regel 50 Absatz 2 Buchstabe h der Verordnung Nr. 2868/95 muss die Entscheidung der Beschwerdekammer u. a. Entscheidungsgründe umfassen. Dabei ist davon auszugehen, dass die in diesen Bestimmungen festgelegte Begründungspflicht den gleichen Umfang hat wie die Begründungspflicht nach Artikel 253 EG.

88
Nach ständiger Rechtsprechung müssen sich aus der nach Artikel 253 EG vorgeschriebenen Begründung klar und eindeutig die Erwägungen ergeben, die der Verfasser des Rechtsakts angestellt hat. Dabei wird mit der Begründungspflicht das doppelte Ziel verfolgt, es zum einen den Betroffenen zu ermöglichen, die tragenden Gründe für die erlassene Maßnahme zu erkennen, um ihre Rechte zu wahren, und zum anderen den Gemeinschaftsrichter in die Lage zu versetzen, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (u. a. Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 15, und Urteil des Gerichts vom 6. April 2000 in der Rechtssache T-188/98, Kuijer/Rat, Slg. 2000, II-1959, Randnr. 36).

89
Weiterhin kann nach der Rechtsprechung der Kontext, in dem die Entscheidung erlassen wird und der u. a. durch den Meinungsaustausch zwischen der die Entscheidung erlassenden Stelle und dem Betroffenen gekennzeichnet wird, die an die Begründung zu stellenden Anforderungen erhöhen (Urteil Kuijer/Rat, Randnrn. 44 und 45).

90
Im vorliegenden Fall wäre die angemeldete Marke nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 nur dann zur Eintragung zuzulassen, wenn sie durch Benutzung in der gesamten Gemeinschaft Unterscheidungskraft erworben hätte (vgl. oben, Randnr. 56). Daher hatte die Beschwerdekammer ─ zumindest für einen wesentlichen Teil der Gemeinschaft ─ die Gründe darzulegen, aus denen ihrer Auffassung nach die von der Klägerin vorgebrachten Beweismittel nicht den Schluss zuließen, dass die Anmeldemarke durch Benutzung Unterscheidungskraft erworben hatte.

91
Diesen Anforderungen entspricht weder die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene allgemeine Darlegung, dass das von der Klägerin der Prüferin vorgelegte Material nicht ausreichend gewesen sei, um Unterscheidungskraft infolge von Benutzung am Anmeldetag in der gesamten Europäischen Union nachzuweisen (Randnr. 31, erster Satz, der angefochtenen Entscheidung), noch die von der Beschwerdekammer getroffene Feststellung, dass das etwaige Vorliegen von Unterscheidungskraft in Deutschland wegen der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke nicht ausreichte (Randnr. 31, zweiter Satz, der angefochtenen Entscheidung). Gleiches gilt für den Passus der Entscheidungsgründe, in dem die in der Rechtsprechung des Gerichtshofes entwickelten Beurteilungskriterien für die Verkehrsdurchsetzung wiedergegeben werden (Randnr. 32 der angefochtenen Entscheidung).

92
Anders als die Prüferin in der Begründung ihrer Entscheidung hat es die Beschwerdekammer in den Gründen der angefochtenen Entscheidung ─ stillschweigend ─ offen gelassen, ob die angemeldete Marke durch ihre Benutzung in Deutschland Unterscheidungskraft erworben hat (Randnr. 31, erster und zweiter Satz, der angefochtenen Entscheidung). Zum etwaigen Erwerb von Unterscheidungskraft durch die Benutzung der Marke in den anderen Mitgliedstaaten hat die Beschwerdekammer nur festgestellt, es könne aus einer etwaigen Unterscheidungskraft infolge von Benutzung in Deutschland nicht der Schluss gezogen werden, dass Unterscheidungskraft auch für den gesamten europäischen Markt gegeben wäre (Randnr. 31, letzter Satz, der angefochtenen Entscheidung).

93
In ihrer beim Amt eingereichten Beschwerdebegründung hatte die Klägerin jedoch u. a. gerügt, dass die Prüferin die ihr vorgelegten Beweismittel fehlerhaft beurteilt habe. Als unzureichende Begründung bemängelte sie dabei insbesondere die von der Prüferin getroffene Feststellung, dass der Durchsetzungsgrad der angemeldeten Marke in den übrigen Mitgliedstaaten mutmaßlich geringer sei als ihr Durchsetzungsgrad in Deutschland, wie er in der Meinungsumfrage ermittelt worden sei. Schließlich trug die Klägerin vor, die von ihr im Verfahren bei der Prüferin eingereichten Beweismittel hätten belegt, dass die angemeldete Marke durch ihre Benutzung in den anderen Mitgliedstaaten als Deutschland Unterscheidungskraft erworben habe.

94
Unter diesen Umständen hätte die Beschwerdekammer im Licht des oben in Randnummer 89 wiedergegebenen Grundsatzes die Argumente der Klägerin gegen die in der Entscheidung der Prüferin enthaltene Begründung zumindest summarisch zurückweisen und insbesondere die Gründe darlegen müssen, aus denen die bei der Prüferin eingereichten Beweismittel nicht den Schluss zuließen, dass die angemeldete Marke durch ihre Benutzung in den anderen Mitgliedstaaten als Deutschland Unterscheidungskraft erworben hatte.

95
Dadurch, dass die Beschwerdekammer solche Erläuterungen nicht gegeben hat, hat sie ihre Begründungspflicht aus Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 50 Absatz 2 Buchstabe h der Verordnung Nr. 2868/95 verletzt.

96
Diese Feststellung genügt jedoch nicht für eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

97
Die Klägerin hat nämlich kein berechtigtes Interesse an einer Aufhebung der Entscheidung wegen eines Formfehlers, wenn nach der Aufhebung der Entscheidung nur erneut eine Entscheidung mit dem gleichen Inhalt wie die aufgehobene Entscheidung ergehen könnte (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 6. Juli 1983 in der Rechtssache 117/81, Geist/Kommission, Slg. 1983, 2191, Randnr. 7; Urteile des Gerichts vom 18. Dezember 1992 in der Rechtssache T-43/90, Díaz García/Parlament, Slg. 1992, II-2619, Randnr. 54, und vom 20. September 2000 in der Rechtssache T-261/97, Orthmann/Kommission, Slg. ÖD 2000, I-A-181 und II-829, Randnrn. 33 und 35). Im vorliegenden Fall wurde jedoch oben in Randnummer 68 festgestellt, dass eine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft der Anmeldemarke im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 nicht nachgewiesen wurde.

98
Demnach hat die Klägerin kein berechtigtes Interesse an einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die allein wegen eines Begründungsmangels rechtswidrig ist und deren Aufhebung nur zum Erlass einer neuen Entscheidung gleichen Inhalts führen könnte.

99
Der vorliegende Klagegrund ist daher als ungeeignet, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zu führen, zurückzuweisen.

100
Unter diesen Umständen ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 nicht zu prüfen. Denn nach gefestigter Rechtsprechung scheidet die Eintragung eines Zeichen bereits dann aus, wenn nur ein absolutes Eintragungshindernis eingreift (Urteile des Gerichts vom 31. Januar 2001 in der Rechtssache T-24/00, Sunrider/HABM [VITALITE], Slg. 2001, II-449, Randnr. 28, und BioID, Randnr. 50).

101
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.


Kosten

102
Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 87 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht jedoch die Kosten teilen, wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

103
Im vorliegenden Fall ist einerseits die Klägerin unterlegen, während andererseits die angefochtene Entscheidung einen Begründungsmangel aufweist. Unter diesen Umständen sind der Klägerin drei Viertel ihrer eigenen Kosten und der Kosten des Amtes und dem Amt ein Viertel seiner eigenen Kosten und der Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.
Die Klage wird abgewiesen.

2.
Die Klägerin trägt drei Viertel ihrer eigenen Kosten und der Kosten des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle).

3.
Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) trägt ein Viertel seiner eigenen Kosten und der Kosten der Klägerin.

Forwood

Pirrung

Meij

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. Dezember 2003.

Der Kanzler

Der Präsident

H. Jung

J. Pirrung



1
Verfahrenssprache: Deutsch.

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