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Document 62002CC0014

Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 12. Dezember 2002.
ATRAL SA gegen Belgischer Staat.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Conseil d'Etat - Belgien.
Freier Warenverkehr - Alarmsysteme und -zentralen - Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG - Auslegung der Richtlinien 73/23/EWG, 89/336/EWG und 1999/5/EG - Zulässigkeit nationaler Bestimmungen, die das Inverkehrbringen von Alarmsystemen und -zentralen von einer vorherigen Genehmigung abhängig machen.
Rechtssache C-14/02.

Sammlung der Rechtsprechung 2003 I-04431

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2002:769

62002C0014

Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 12. Dezember 2002. - ATRAL SA gegen Belgischer Staat. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Conseil d'Etat - Belgien. - Freier Warenverkehr - Alarmsysteme und -zentralen - Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG - Auslegung der Richtlinien 73/23/EWG, 89/336/EWG und 1999/5/EG - Zulässigkeit nationaler Bestimmungen, die das Inverkehrbringen von Alarmsystemen und -zentralen von einer vorherigen Genehmigung abhängig machen. - Rechtssache C-14/02.

Sammlung der Rechtsprechung 2003 Seite I-04431


Schlußanträge des Generalanwalts


I - Einleitung

1. In der vorliegenden Rechtssache stellt der belgische Conseil d'État eine Reihe von Fragen nach der Auslegung der Richtlinien 73/23/EWG des Rates vom 19. Februar 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen (im Folgenden: Richtlinie 73/23), 89/336/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit (im Folgenden: Richtlinie 89/336), sowie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität (im Folgenden: Richtlinie 1999/5) und nach der Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG.

II - Rechtlicher Rahmen

A - Gemeinschaftsrecht

1. Richtlinie 73/23

2. Die Richtlinie 73/23 gilt nach ihrem Artikel 1 für elektrische Betriebsmittel zur Verwendung bei einer Nennspannung zwischen 50 und 1 000 V für Wechselstrom und zwischen 75 und 1 500 V für Gleichstrom mit Ausnahme der Betriebsmittel, die in Anhang II aufgeführt sind.

3. Artikel 2 der Richtlinie 73/23 lautet:

(1) Die Mitgliedstaaten treffen alle zweckdienlichen Maßnahmen, damit die elektrischen Betriebsmittel nur dann in den Verkehr gebracht werden können, wenn sie - entsprechend dem in der Gemeinschaft gegebenen Stand der Sicherheitstechnik - so hergestellt sind, dass sie bei einer ordnungsmäßigen Installation und Wartung sowie einer bestimmungsmäßigen Verwendung die Sicherheit von Menschen und Nutztieren sowie die Erhaltung von Sachwerten nicht gefährden.

(2) Anhang I enthält eine Zusammenfassung der wichtigsten Angaben über die in Absatz 1 genannten Sicherheitsziele."

4. Artikel 3 der Richtlinie 73/23 lautet:

Die Mitgliedstaaten treffen alle zweckdienlichen Maßnahmen, damit der freie Verkehr der elektrischen Betriebsmittel innerhalb der Gemeinschaft nicht aus Sicherheitsgründen behindert wird, wenn diese Betriebsmittel unter den Voraussetzungen der Artikel 5, 6, 7 oder 8 den Bestimmungen des Artikels 2 entsprechen."

5. Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 73/23 lautet in der durch die Richtlinie 93/68 geänderten Fassung:

Vor dem Inverkehrbringen müssen die elektrischen Betriebsmittel mit der in Artikel 10 vorgesehenen CE-Kennzeichnung versehen werden, die anzeigt, dass sie den Bestimmungen dieser Richtlinie einschließlich den Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Anhang IV entsprechen."

2. Richtlinie 89/336

6. In Artikel 1 Ziffer 1 der Richtlinie 89/336 werden Geräte" definiert als alle elektrischen und elektronischen Apparate, Anlagen und Systeme, die elektrische und/oder elektronische Bauteile enthalten.

7. Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 89/336 lautet:

Diese Richtlinie gilt für Geräte, die elektromagnetische Störungen verursachen können oder deren Betrieb durch diese Störungen beeinträchtigt werden kann."

8. Artikel 3 dieser Richtlinie lautet in der durch die Richtlinie 93/68 geänderten Fassung:

Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Vorkehrungen, damit die in Artikel 2 bezeichneten Geräte bei angemessener Installierung und Wartung sowie zweckgerechter Verwendung nur dann in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden können, wenn sie mit der CE-Kennzeichnung gemäß Artikel 10, mit der ihre Konformität mit allen Bestimmungen dieser Richtlinie einschließlich dem Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Artikel 10 angezeigt wird, versehen sind."

9. Artikel 5 der Richtlinie 89/336 lautet:

Die Mitgliedstaaten behindern aus Gründen, die mit der elektromagnetischen Verträglichkeit in Zusammenhang stehen, in ihrem Gebiet weder das Inverkehrbringen noch die Inbetriebnahme der unter diese Richtlinie fallenden Geräte, die ihren Bestimmungen entsprechen."

3. Richtlinie 1999/5

10. Die Richtlinie 1999/5 legt nach ihrem Artikel 1 einen Regelungsrahmen für das Inverkehrbringen, den freien Verkehr und die Inbetriebnahme von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen fest.

11. In Artikel 2 Buchstabe c dieser Richtlinie wird Funkanlage" definiert als ein Erzeugnis oder ein wesentliches Bauteil davon, das in dem für terrestrische/satellitengestützte Funkkommunikation zugewiesenen Spektrum durch Ausstrahlung und/oder Empfang von Funkwellen kommunizieren kann.

12. Nach Artikel 3 gelten für alle Geräte bestimmte grundlegende Anforderungen. Zudem müssen Funkanlagen so hergestellt sein, dass sie das für Kommunikation zugewiesene Spektrum effektiv nutzen, so dass keine funktechnischen Störungen auftreten.

13. Nach Artikel 5 wird, wenn ein Gerät den einschlägigen harmonisierten Normen entspricht, davon ausgegangen, dass die grundlegenden Anforderungen gemäß Artikel 3 erfuellt sind.

14. Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 1999/5 lautet:

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Geräte nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie den entsprechenden grundlegenden Anforderungen nach Artikel 3 und den übrigen einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie bei ordnungsgemäßer Montage und Unterhaltung und bestimmungsgemäßer Verwendung entsprechen. Die Geräte unterliegen in Bezug auf das Inverkehrbringen keinen weiteren einzelstaatlichen Regelungen."

15. Artikel 7 Absatz 1 lautet:

Die Mitgliedstaaten gestatten die Inbetriebnahme der Geräte für deren bestimmungsgemäßen Zweck, sofern sie den grundlegenden Anforderungen nach Artikel 3 und den übrigen einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie entsprechen."

16. Artikel 8 Absatz 1 lautet:

Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Geräten in ihrem Hoheitsgebiet nicht verbieten, beschränken oder behindern, wenn diese mit dem in Anhang VII abgebildeten CE-Kennzeichen versehen sind, das die Konformität mit allen Bestimmungen dieser Richtlinie einschließlich der in Kapitel II genannten Konformitätsbewertungsverfahren bestätigt. Diese Bestimmung gilt unbeschadet des Artikels 6 Absatz 4, des Artikels 7 Absatz 2 und des Artikels 9 Absatz 5."

17. In Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie heißt es:

Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens bis zum 7. April 2000 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Sie wenden diese Vorschriften ab 8. April 2000 an."

B - Innerstaatliches Recht

18. Gemäß Artikel 12 des Gesetzes vom 10. April 1990 über Wachunternehmen, Sicherheitsunternehmen und interne Wachdienste (nachstehend: Gesetz vom 10. April 1990) dürfen die in Artikel 1 § 4 genannten Alarmsysteme und -zentralen und ihre Bestandteile erst in den Handel gebracht oder Benutzern auf irgendeine andere Weise zur Verfügung gestellt werden, wenn sie gemäß einem vom König festzulegenden Verfahren genehmigt worden sind. Ferner legt der König die Bedingungen für die Installierung, die Wartung und die Benutzung der in Artikel 1 § 4 genannten Alarmsysteme und -zentralen und ihrer Bestandteile fest.

19. Artikel 12 wurde mit Gesetz vom 9. Juni 1999, in Kraft getreten am 1. November 1999, ersetzt. Der neue Artikel 12 lautet wie folgt:

Die in Artikel 1 § 4 genannten Alarmsysteme und -zentralen und ihre Bestandteile dürfen erst in den Handel gebracht oder Benutzern auf irgendeine andere Weise zur Verfügung gestellt werden, wenn sie gemäß einem vom König festzulegenden Verfahren genehmigt worden sind.

Die in Artikel 1 § 4 genannten Alarmsysteme und -zentralen und ihre Bestandteile, die in den Handel gebracht oder Benutzern auf irgendeine andere Weise zur Verfügung gestellt worden sind, müssen jederzeit mit dem Prototyp übereinstimmen, der gemäß dem in Absatz 1 genannten vom König festzulegenden Verfahren genehmigt worden ist.

Ferner legt der König die Bedingungen für die Installierung, die Wartung und die Benutzung der in Artikel 1 § 4 genannten Alarmsysteme und -zentralen und ihrer Bestandteile fest."

20. Gemäß Artikel 19 § 1 Absatz 1 des Gesetzes vom 10. April 1990 kann jede natürliche oder juristische Person, die gegen dieses Gesetz oder seine Durchführungsverordnungen, ausgenommen die in Artikel 18 genannten Straftaten, verstößt, mit einer Geldbuße von 1 000 bis 1 000 000 BEF bestraft werden.

21. Gestützt auf Artikel 12 Absatz 1 des Gesetzes vom 10. April 1990 wurde am 23. April 1999 die Königliche Verordnung zur Festlegung des Genehmigungsverfahrens für Alarmsysteme und -zentralen nach dem Gesetz vom 10. April 1990 über Wachunternehmen, Sicherheitsunternehmen und interne Wachdienste (nachstehend: Königliche Verordnung vom 23. April 1999) erlassen. Sie trat am 19. Juni 1999 in Kraft.

22. Gemäß Artikel 1 Nummer 2 der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999 sind unter Material" zu verstehen Alarmsysteme, Alarmzentralen und ihre Bestandteile, die dazu bestimmt sind, Straftaten gegen Personen oder Sachen zu verhindern oder festzustellen".

23. Artikel 2 der Königlichen Verordnung lautet:

§ 1 Kein Hersteller, Einführer, Großhändler und keine sonstige natürliche oder juristische Person darf Material in Belgien in den Handel bringen oder Benutzern zur Verfügung stellen, wenn es nicht vorher durch eine zu diesem Zweck gebildete Kommission, nachstehend Kommission für Material genannt, genehmigt worden ist.

§ 2 Die Kommission für Material stellt für jeden genehmigten Prototyp von Material eine Genehmigungsbescheinigung entsprechend dem Muster in Anhang 1 dieser Verordnung aus, die der Antragsteller aufbewahrt.

Der Antragsteller versieht das Material auf eigene Kosten mit einem Kennzeichen für die Konformität des in den Handel gebrachten oder Benutzern zur Verfügung gestellten Materials mit dem Prototyp.

...

Die mit der Überwachung der Anwendung des Gesetzes vom 10. April 1990 und der Durchführungsverordnungen betrauten Dienststellen können vorschreiben, dass die Konformität des in den Handel gebrachten oder Benutzern zur Verfügung gestellten Materials durch eine der in Artikel 4 § 1 dieser Verordnung genannten Stellen kontrolliert wird. Diese Stelle übersendet der Kommission für Material einen Kontrollbericht, auf dessen Grundlage diese das Material für konform oder nicht konform erklärt.

Die Kontrollkosten gehen zu Lasten der Person, die die Abnahmetests, die zu dem Bescheid geführt haben, veranlasst hat."

24. Artikel 4 § 1 der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999 bestimmt:

Der Innenminister erstellt nach Anhörung der Kommission für Material ein Verzeichnis der Stellen, die für die Durchführung der Tests, die einer etwaigen Genehmigung von Material vorausgehen, oder für die Prüfung der in Artikel 9 dieser Verordnung genannten Berichte qualifiziert sind.

Anträge auf Genehmigung von Material sind unmittelbar an eine dieser Stellen zu richten. Nur diese Stellen sind zur Durchführung der Tests befugt."

25. Artikel 5 der Königlichen Verordnung sieht vor:

Vor den eigentlichen Tests untersuchen die Labors das Material.

Diese Untersuchung umfasst:

1. die Bestimmung des Materials;

2. die Nachprüfung der elektronischen Schaltkreise im Vergleich mit den vom Hersteller beigefügten Unterlagen;

3. die Nachprüfung der funktionalen Mindestanforderungen, wie sie in Anlage 3 dieser Verordnung beschrieben sind

..."

26. Artikel 6 bestimmt:

Die Versuche mit dem Material betreffen:

1. die funktionale Geeignetheit;

2. den mechanischen Aspekt;

3. die Zuverlässigkeit des mechanischen und des elektronischen Funktionierens;

4. die Unempfindlichkeit für falsche Alarme;

5. die Sicherung vor Täuschung oder Versuchen, das Material außer Funktion zu setzen.

Hierzu wird das Material den in den Anlagen 3 und 5 dieser Verordnung aufgeführten Tests unterzogen. Diese Tests finden für die verschiedenen Typen von Komponenten Anwendung.

Material, bei dem Hochfrequenzverbindungen benutzt werden, wird außerdem den Tests gemäß Anlage 6 unterzogen."

27. Artikel 7 der Königlichen Verordnung lautet:

Die Labors der in Artikel 4 § 1 genannten Stellen prüfen nach, ob das Material den in Anlage 7 aufgeführten Bestimmungen entspricht.

Hierzu hat der Antragsteller den Labors sämtliche für diese Prüfung dienlichen Unterlagen zu besorgen."

28. Artikel 9 der Königlichen Verordnung bestimmt:

Für die Genehmigung von Alarmsystemen und -zentralen, die aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und aus dem Europäischen Wirtschaftsraum angeschlossenen Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation eingeführt worden sind, werden die Bescheinigungen und Testberichte akzeptiert, die von in diesen Staaten anerkannten oder beauftragten Stellen ausgestellt worden sind, soweit darin nachgewiesen wird, dass die Systeme und Zentralen technischen Normen und Regelungen entsprechen, die ein gleiches Schutzniveau wie diejenigen dieser Verordnung sicherstellen."

29. Artikel 11 der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999 bestimmt:

Die Gültigkeitsdauer der Genehmigungen beträgt drei Jahre und kann auf Antrag jeweils um den gleichen Zeitraum verlängert werden. Der Verlängerungsantrag ist an eine der in Artikel 4 § 1 genannten Stellen zu richten; er wird entsprechend den Artikeln 4 bis 9 behandelt und geprüft.

Wurden am genehmigten Material Änderungen vorgenommen, so ist es erneut einer der in Artikel 4 § 1 genannten Stellen vorzulegen, die prüft, ob ergänzende Tests erforderlich sind."

30. Artikel 12 bestimmt, dass die Verwaltungs- und Bearbeitungskosten, die mit dem Verfahren auf den Antrag, den durchgeführten Tests und der Kontrolle der Konformität verbunden sind, zu Lasten des Antragstellers gehen.

III - Sachverhalt und Ablauf des Verfahrens

A - Ausgangsrechtsstreit

31. Die Aktiengesellschaft französischen Rechts ATRAL mit Sitz in Frankreich stellt Alarmsysteme und -zentralen her, die Funkverbindungen nutzen (gemeinhin als drahtlose Alarmsysteme bezeichnet). Seit 1996 vertreibt sie ihre Alarmsysteme und -zentralen in Belgien, und zwar hauptsächlich durch Supermärkte.

32. Bis zum Inkrafttreten der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999 war der Verkauf der Erzeugnisse von ATRAL nicht reglementiert, da die damals in Kraft befindliche Regelung (Königliche Verordnung vom 31. März 1994 zur Festlegung des Genehmigungsverfahrens für Alarmsysteme und -zentralen gemäß dem Gesetz vom 10. April 1990) nur auf drahtgebundene Alarmsysteme und -zentralen anwendbar war.

33. Seit Inkrafttreten der nunmehr auch für drahtlose Alarmsysteme und -zentralen anwendbaren Königlichen Verordnung kann ATRAL ihre Erzeugnisse nicht mehr vertreiben, ohne vorher die Genehmigung durch die zu diesem Zweck gebildete Kommission für Material" einzuholen.

34. Am 16. August 1999 beantragte ATRAL beim Conseil d'État, die Königliche Verordnung vom 23. April 1999 für nichtig zu erklären.

35. Außerdem legte sie am 31. August 1999 bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde wegen Einfuhrhindernissen für Alarmsysteme und -zentralen in Belgien ein. Auf diese Beschwerde hin forderte die Kommission das Königreich Belgien zur Äußerung auf. Dieses Verfahren läuft noch. Im Übrigen beantragte ATRAL beim Tribunal de première instance Brüssel, dem belgischen Staat zu untersagen, den Verkauf ihrer Erzeugnisse in Belgien von einer vorherigen Genehmigung abhängig zu machen. Auch dieses Verfahren ist noch anhängig.

36. In dem Verfahren vor dem Conseil d'État machte ATRAL geltend, die Königliche Verordnung vom 23. April 1999 verstoße gegen Artikel 28 EG. Diese Verordnung regele hauptsächlich Materien, die Gegenstand gemeinschaftlicher Harmonisierung durch die Richtlinien 73/23, 89/336 und 1999/5 seien. Folglich habe der belgische Gesetzgeber keine einschränkendere Regelung erlassen dürfen, als sie in den harmonisierten Vorschriften vorgesehen sei. Der belgische Staat dürfe daher für Alarmsysteme und -zentralen keine präventive Konformitätskontrolle vorschreiben. Die Richtlinien erlaubten lediglich eine nachträgliche Kontrolle. Dass ein Erzeugnis den wesentlichen technischen und qualitativen Anforderungen entspreche und seine Konformität mit den Anforderungen würde durch die Anbringung des CE-Konformitätskennzeichens, für die das Unternehmen verantwortlich sei, nach Abschluss eines Konformitätsbewertungsverfahrens gemäß den Artikeln und Anhängen der Richtlinien 73/23, 89/336 und 1999/5 attestiert.

37. Ferner könne der belgische Staat nur den nicht harmonisierten Teil dieser Materie regeln, müsse dabei aber den EG-Vertrag, insbesondere Artikel 28 EG, beachten. Die Königliche Verordnung vom 23. April 1999, namentlich ihr Artikel 9, sei insoweit nicht mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung vereinbar, wonach jedes aus einem Mitgliedstaat eingeführte Erzeugnis im Hoheitsgebiet des einführenden Mitgliedstaats zugelassen werden müsse, wenn es im Herkunftsstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sei, und zwar auch dann, wenn dieses Erzeugnis nach technischen oder qualitativen Vorschriften hergestellt worden sei, die von denen für die Erzeugnisse des Einfuhrstaats abwichen, außer wenn zwingende Gründe oder zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses geltend gemacht würden und auch in diesem Fall unter der Voraussetzung, dass die Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit beachtet würden. Artikel 9 der angefochtenen Königlichen Verordnung beziehe sich nur auf die gegenseitige Anerkennung von Tests, die für die vorherige Genehmigung verlangt würden, also nicht auf die gegenseitige Anerkennung der Erzeugnisse selbst. Eine derart beschränkte gegenseitige Anerkennung sei nur zulässig, wenn sie durch ein wesentliches Erfordernis gerechtfertigt werde, das nicht schon von den harmonisierten Rechtsvorschriften berücksichtigt worden sei, und wenn dargelegt werde, dass diese Beschränkung des innergemeinschaftlichen Handels erforderlich und angemessen sei, was jedoch nicht der Fall sei. In Bezug auf eventuelle wesentliche Erfordernisse, die noch nicht Gegenstand einer auf Gemeinschaftsebene harmonisierten Regelung gewesen seien, sei eine beschränkende Regelung des Handels nämlich nur dann mit den Artikeln 28 EG und 30 EG vereinbar, wenn sie durch einen zwingenden Grund oder ein zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses gerechtfertigt und den verfolgten Zielsetzungen angemessen sei. Der belgische Staat habe nicht dargelegt, welches konkret die wesentlichen Erfordernisse des Verbraucherschutzes sein sollten, die neben den bereits durch die genannten Richtlinien berücksichtigten ein System der vorherigen Genehmigung wie das in der angefochtenen Verordnung vorgesehene rechtfertigten. Die vom belgischen Staat ebenfalls angeführte öffentliche Ordnung, im Wesentlichen die Prävention falscher Alarme", rechtfertige ein solches System auch nicht. Der belgische Staat habe im Übrigen als Einziger ein solches System eingeführt.

38. Die belgische Regierung bestreitet zunächst, dass die Richtlinien 73/23 und 89/336 auf den durch die Königliche Verordnung vom 23. April 1999 geregelten Gegenstand anwendbar seien. Zur Richtlinie 1999/5 führt sie aus, sie sei außer Acht zu lassen, da am 23. April 1999, dem Zeitpunkt, auf den der Conseil d'État bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung abzustellen habe, die Frist, die den Mitgliedstaaten für die Umsetzung dieser Richtlinie in ihre innerstaatliche Rechtsordnung gesetzt gewesen sei, noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der Conseil d'État müsse diese Richtlinie daher bei der Prüfung der angefochtenen Verordnung einschließlich deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht außer Acht lassen. Diese Vereinbarkeit sei vielmehr allein im Hinblick auf die Artikel 28 EG bis 30 EG zu prüfen. Eine Abweichung von dem allgemeinen Verbot von Maßnahmen gleicher Wirkung sei im vorliegenden Fall sowohl durch den Verbraucherschutz als auch durch die öffentliche Ordnung gerechtfertigt. Sie sei erforderlich und den verfolgten Zielsetzungen angemessen.

39. Vor einer Entscheidung über die Klage von ATRAL hielt es der Conseil d'État für erforderlich, dem Gerichtshof eine Reihe von Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

B - Die Vorlagefragen

40. Der Conseil d'État hat dem Gerichtshof mit Urteil vom 8. Januar 2002 folgende Fragen vorgelegt.

1. Sind die Richtlinien 73/23/EWG des Rates vom 19. Februar 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen, 89/336/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit und 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität so auszulegen,

a) dass sie auf Alarmsysteme und -zentralen, insbesondere auf Erzeugnisse, die Funkverbindungen nutzen und gemeinhin als drahtlose Alarmsysteme bezeichnet werden, anwendbar sind,

b) und bejahendenfalls, dass diese Materie durch sie so weitgehend harmonisiert ist, dass nationale Vorschriften, die die gleiche Materie regeln, wie Artikel 12 des Gesetzes vom 10. April 1990 über Wachunternehmen, Sicherheitsunternehmen und interne Wachdienste und die Königliche Verordnung vom 23. April 1999 zur Festlegung des Genehmigungsverfahrens für Alarmsysteme und -zentralen nach dem Gesetz vom 10. April 1990 ihnen zwingend entsprechen müssen?

2. Für den Fall der Bejahung der ersten Frage:

- Sind Artikel 3 der Richtlinie 73/23/EWG des Rates vom 19. Februar 1973, Artikel 5 der Richtlinie 89/336/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 und Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 so auszulegen, dass sie nationale Bestimmungen wie Artikel 12 des Gesetzes vom 10. April 1990 und die Königliche Verordnung vom 23. April 1999 verbieten, die, bezogen auf alle Alarmsysteme und -zentralen, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und/oder in Verkehr gebracht worden sind, das Inverkehrbringen in einem Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass für Bestandteile dieser Alarmsysteme und -zentralen, die den Bestimmungen der genannten Richtlinien entsprechen, ein vorheriges Genehmigungsverfahren durchgeführt wird?

- Sind die Richtlinien 73/23/EWG des Rates vom 19. Februar 1973, 89/336/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 und 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 so auszulegen, dass sie für Alarmsysteme und -zentralen die wesentlichen Anforderungen in Bezug auf elektrische Sicherheit, elektromagnetische Verträglichkeit und Funkanlagen festlegen und daher nationalen Bestimmungen wie der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999 entgegenstehen, die das Inverkehrbringen von Alarmsystemen und -zentralen in Belgien von weiteren Anforderungen abhängig machen als den in diesen Richtlinien vorgesehenen?

- Sind die Artikel 28 EG bis 30 EG so auszulegen, dass das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung auf nationale Bestimmungen wie die genannte Königliche Verordnung vom 23. April 1999 anwendbar ist, die vorschreiben, dass Bestandteile der Alarmsysteme und -zentralen, die nicht Gegenstand von gemeinschaftlichen Harmonisierungsmaßnahmen sind, in einem anerkannten Labor dieselben Tests durchlaufen wie Material, das erstmals in den Verkehr gebracht wird?

- Sind die Artikel 28 EG bis 30 EG so auszulegen, dass das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung es einem Mitgliedstaat erlaubt, nationale Bestimmungen wie die Königliche Verordnung vom 23. April 1999 zu erlassen, die, bezogen auf alle Alarmsysteme und -zentralen, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht worden sind, das Inverkehrbringen in einem Mitgliedstaat von einer vorherigen Genehmigung und von spezifischen technischen Tests und Anforderungen abhängig machen, und sich dabei damit zu begnügen, abstrakt einen zwingenden Grund oder ein zwingendes Erfordernis geltend zu machen, wie den Verbraucherschutz und/oder die öffentliche Ordnung, die der Staat als von den gemeinschaftlichen Harmonisierungsmaßnahmen nicht beachtet ansieht, oder, anders gesagt, ohne konkret die Realität des zwingenden Grundes oder des in Bezug genommenen zwingenden Erfordernisses, den Umstand, dass dieser zwingende Grund oder dieses zwingende Erfordernis nicht bereits von den gemeinschaftlichen Harmonisierungsmaßnahmen berücksichtigt worden ist, oder die Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahme im Hinblick auf das verfolgte Ziel darzulegen?

3. Für den Fall der Verneinung der ersten Frage:

- Sind die Artikel 28 EG bis 30 EG so auszulegen, dass das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung auf nationale Bestimmungen wie Artikel 9 der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999 anwendbar ist, die das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung auf die Tests beschränken, denen zwecks Erlangung der Genehmigung für das Inverkehrbringen in einem Mitgliedstaat Alarmsysteme und -zentralen unterliegen, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht worden sind, anstatt das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung auf die Alarmsysteme und -zentralen selbst zu beziehen?

- Sind die Artikel 28 EG bis 30 EG so auszulegen, dass das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung auf nationale Bestimmungen wie Artikel 12 des Gesetzes vom 10. April 1990 und die Königliche Verordnung vom 23. April 1999 anwendbar ist, die, bezogen auf alle Alarmsysteme und -zentralen, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht worden sind, für das Inverkehrbringen in einem Mitgliedstaat ein vorheriges Genehmigungsverfahren vorschreiben?

- Sind die Artikel 28 EG bis 30 EG so auszulegen, dass das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung auf nationale Bestimmungen wie Artikel 2 § 2 der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999 anwendbar ist, die die Anbringung eines nationalen Prüfzeichens auf Alarmsystemen und -zentralen vorschreiben, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht worden sind?

- Sind die Artikel 28 EG bis 30 EG so auszulegen, dass das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung auf nationale Bestimmungen wie Artikel 9 der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999 anwendbar ist, die verlangen, dass Bestandteile von Alarmsystemen und -zentralen in einem anerkannten Labor dieselben Tests durchlaufen wie Material, das erstmals in den Verkehr gebracht wird?

- Sind die Artikel 28 EG bis 30 EG so auszulegen, dass das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung auf nationale Bestimmungen wie Artikel 9 der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999 anwendbar ist, die, bezogen auf alle Alarmsysteme und -zentralen, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht worden sind, das Inverkehrbringen in einem Mitgliedstaat von einer vorherigen Genehmigung und von spezifischen technischen Tests und Anforderungen abhängig machen, wobei sich der betreffende Staat damit begnügt, sich abstrakt auf einen zwingenden Grund oder ein zwingendes Erfordernis wie den Verbraucherschutz und/oder die öffentliche Ordnung zu berufen, oder, anders gesagt, nicht konkret die Realität des zwingenden Grundes oder des zwingenden Erfordernisses sowie die Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahme im Hinblick auf das verfolgte Ziel darlegt?

C - Verfahren vor dem Gerichtshof

41. Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben ATRAL, die Kommission und die belgische Regierung schriftliche Erklärungen eingereicht. Sie haben ihren Standpunkt in der Sitzung am 3. Oktober 2002 näher erläutert. In dieser Sitzung hat auch die französische Regierung ihren Standpunkt dargelegt.

IV - Beurteilung

A - Zur ersten Gruppe der Vorlagefragen (Fragen 1.a und 1.b)

42. Die erste Gruppe von Fragen betrifft die Richtlinien 73/23, 89/336 und 1999/5. Mit diesen Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die drei Richtlinien auf Alarmsysteme und -zentralen, insbesondere drahtlose Alarmsysteme, anwendbar sind und, bejahendenfalls, ob sie einen Harmonisierungsgrad erreichen, bei dem nationale Vorschriften, die die gleiche Materie regeln, ihnen zwingend entsprechen müssen.

43. Zu diesen Fragen vertreten die Beteiligten, die schriftliche oder mündliche Erklärungen abgegeben haben, im Wesentlichen keine unterschiedliche Auffassung. Sie sind sich alle darin einig, dass die drei Richtlinien auf die fraglichen Erzeugnisse anwendbar seien und dass die nationalen Vorschriften ihnen wegen des erreichten Harmonisierungsgrads zwingend entsprechen müssten.

44. Ich schließe mich dieser Ansicht an. Alarmsysteme und -zentralen bestehen aus unterschiedlichen Teilen, die in den Anwendungsbereich der drei Richtlinien fallen. Die Richtlinie 73/23 gilt für elektrische Betriebsmittel innerhalb der in der Richtlinie bestimmten Spannungsgrenzen. Die mit Niederspannung arbeitenden Bauteile von Systemen und Zentralen fallen daher unter die Richtlinie. Die Richtlinie 89/336 gilt für alle Geräte, die elektromagnetische Störungen verursachen können oder deren Funktion durch solche Störungen beeinträchtigt werden kann. Die fraglichen Systeme und Zentralen entsprechen der Definition Geräte" in Artikel 1 der Richtlinie. Schließlich wird durch die Richtlinie 1999/5 ein Regelungsrahmen für das Inverkehrbringen, den freien Verkehr und die Inbetriebnahme von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen festgelegt. Drahtlose Alarmsysteme und -zentralen entsprechen der Definition Funkanlage", wie sie in Artikel 2 Buchstabe c der Richtlinie enthalten ist.

45. Folglich finden die drei Richtlinien auf Alarmsysteme und -zentralen mit Funkübertragung Anwendung. Das betrifft alle Aspekte des Funktionierens einer solchen Anlage oder ihrer Bauteile, die mit der Nutzung von Niederspannungsstrom, dem Auftreten elektromagnetischer Störungen und dem Senden und Empfangen von Funksignalen zu tun haben.

46. Die Kommission, die französische Regierung und die Parteien des Ausgangsverfahrens sind sich darin einig, dass die drei genannten Richtlinien, jede in ihrem sachlichen Anwendungsbereich, eine vollständige Harmonisierung bezwecken. Ich teile diese Auffassung, die sich eindeutig aus dem Wortlaut und dem Sinn dieser Richtlinien ergibt. Folglich müssen die belgischen Rechtsvorschriften, soweit sie die unter die Richtlinien fallenden Bereiche erfassen, ihnen völlig entsprechen. Nur der Vollständigkeit halber füge ich hinzu, dass diese Rechtsvorschriften keine weiter gehenden Beschränkungen des Handels mit solchen Anlagen vorschreiben dürfen als in den Richtlinien ausdrücklich zugelassen.

47. Die Richtlinien decken aber nicht alles ab, was für das Funktionieren von Alarmsystemen und -zentralen von Bedeutung sein kann. So müssen diese Geräte je nach ihrem Verwendungszweck bestimmten Anforderungen der funktionalen Geeignetheit genügen wie Betriebssicherheit, Empfindlichkeit für falsche Alarme und Witterungsbeständigkeit. Diese Gesichtspunkte kommen in den unter 2 gestellten Fragen zur Sprache.

B - Zweite Gruppe von Vorlagefragen (Fragen unter 2)

48. Die zweite Gruppe umfasst vier Fragen. Die ersten beiden Fragen dieser Gruppe betreffen die Bestandteile von Alarmsystemen und -zentralen, auf die die Richtlinien 73/23, 89/336 und 1999/5 Anwendung finden. Diese zwei Fragen werde ich im Folgenden zusammen behandeln. Danach kommen die Fragen nach der Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG an die Reihe.

49. Artikel 3 der Richtlinie 73/23, Artikel 5 der Richtlinie 89/336 und die Artikel 6 und 8 der Richtlinie 1999/5 gewährleisten den freien Verkehr mit Waren, d. h. Geräten und ihren Teilen, die die in ihnen vorgegebenen Anforderungen erfuellen.

50. Wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen näher dargelegt hat, bedeutet die durch diese Richtlinien verwirklichte Harmonisierung, dass für Geräte mit dem CE-Kennzeichen eine Vermutung der Normenkonformität besteht. Dieses Kennzeichen steht für die Konformität des fraglichen Erzeugnisses mit allen Vorschriften der betroffenen Richtlinien, einschließlich der Verfahren zur Bewertung der Normenkonformität, wie sie in den Richtlinien vorgesehen sind. Von dieser Grundregel gestatten die Richtlinien einige Ausnahmen, die jedoch im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielen.

51. Der hier beschriebene Grundsatz bedeutet, dass der Hersteller Erzeugnisse, die mit dem CE-Kennzeichen versehen sind, in den Handel bringen kann, ohne dafür vorher eine anerkannte oder beauftragte Abnahmestelle einschalten zu müssen. Überdies gilt für so gekennzeichnete Erzeugnisse, dass keine Bescheinigungen oder Abnahmeberichte anerkannter oder beauftragter Abnahmestellen des Mitgliedstaats, in dem sie in den Verkehr gebracht wurden, vorgelegt zu werden brauchen.

52. Folglich verstößt Artikel 12 des belgischen Gesetzes vom 10. April 1990 in der Fassung des Gesetzes vom 9. Juni 1999 gegen die Richtlinien. Nach diesem Artikel sind nämlich Erzeugnisse, die mit dem CE-Kennzeichen versehen sind oder für die sich auf andere Weise feststellen lässt, dass sie den Richtlinien entsprechen, einem Verfahren der vorherigen Genehmigung zu unterziehen, bevor sie in Belgien in den Verkehr gebracht werden dürfen. Außerdem sieht dieses Verfahren vor, dass die fraglichen Erzeugnisse Tests und Kontrollen zu unterziehen sind.

53. Artikel 9 der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999 verstößt ebenfalls gegen die Regelung der Richtlinien. Dieser Artikel sieht vor, dass für die Genehmigung von Alarmsystemen und -zentralen, die aus anderen Mitgliedstaaten und aus dem Europäischen Wirtschaftsraum angeschlossenen Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation eingeführt worden sind, die Bescheinigungen und Testberichte akzeptiert [werden], die von in diesen Staaten anerkannten oder beauftragten Stellen ausgestellt worden sind, soweit darin nachgewiesen wird, dass die Systeme und Zentralen technischen Normen und Regelungen entsprechen, die ein gleiches Schutzniveau wie die dieser Verordnung sicherstellen". Demgegenüber besteht nach den Richtlinien eine Rechtsvermutung der Konformität von Erzeugnissen, die mit dem CE-Kennzeichen versehen sind oder für die sich auf andere Weise feststellen lässt, dass sie richtlinienkonform sind. Es ist offensichtlich, dass Artikel 9 der genannten Königlichen Verordnung damit unvereinbar ist.

54. Allgemein ergibt sich aus den hier fraglichen Gemeinschaftsrichtlinien, dass die Mitgliedstaaten in ihrem Anwendungsbereich für das Inverkehrbringen von Bauteilen und Endprodukten keine anderen Anforderungen als die dort ausdrücklich vorgesehenen aufstellen dürfen. Folglich sind nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dazu dienen oder führen, dass solche Anforderungen aufgestellt werden, mit diesen Richtlinien unvereinbar.

55. In diesem Sinne sind meines Erachtens die ersten beiden Fragen der zweiten Gruppe zu beantworten.

56. Die dritte und die vierte Frage der zweiten Gruppe betreffen Bestandteile von Alarmsystemen und -zentralen, die nicht Gegenstand von Maßnahmen gemeinschaftlicher Harmonisierung sind.

57. Die dritte Frage betrifft das nach belgischem Recht bestehende Erfordernis, dass Bestandteile von Alarmsystemen und -zentralen, die nicht Gegenstand von gemeinschaftlichen Harmonisierungsmaßnahmen sind, in einem anerkannten Labor dieselben Tests durchlaufen müssen wie erstmals in den Verkehr gebrachtes Material.

58. Wo keine gemeinschaftliche Regelung vorliegt, können die Mitgliedstaaten nationale Maßnahmen beibehalten oder erlassen, sofern sie dabei den Grundsatz des freien Warenverkehrs beachten. Dies bedeutet, dass mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung verboten sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist als Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG eine nationale Maßnahme anzusehen, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern. Gemäß Artikel 30 EG steht Artikel 28 EG Einfuhrverboten oder -beschränkungen, die aus den in Artikel 30 EG genannten Gründen gerechtfertigt sind, nicht entgegen, sofern sie weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen. Zudem müssen Handelshemmnisse, die sich aus Unterschieden nationaler Rechtsvorschriften ergeben, hingenommen werden, soweit dafür zwingende Gründe vorliegen. Jedoch ist eine nationale Regelung, die eine Ausnahme von Artikel 28 EG vorsieht, unabhängig davon, ob sie auf den ausdrücklich in Artikel 30 EG vorgesehenen Fällen oder auf von der Rechtsprechung entwickelten zwingenden Erfordernissen des Allgemeininteresses beruht, dann nicht gerechtfertigt, wenn sie die Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet.

59. Zunächst weise ich mit der Kommission darauf hin, dass eine nationale Maßnahme, die dieselben Tests vorschreibt, die bereits im Herkunftsland stattgefunden haben, auch dann eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG ist, wenn die fragliche Materie noch nicht harmonisiert ist.

60. Gleiches gilt für eine Vorschrift, in der zwecks Genehmigung von aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Alarmsystemen und -zentralen lediglich Bescheinigungen und Testberichte akzeptiert werden, die von in diesem Mitgliedstaat anerkannten oder beauftragten Stellen ausgestellt worden sind, soweit darin nachgewiesen wird, dass die Systeme und Zentralen technischen Normen und Regelungen entsprechen, die das gleiche Schutzniveau wie die des Einfuhrlands sicherstellen. Eine solche Genehmigungsregelung bedeutet nämlich, dass ein Hersteller, der seine Systeme und Zentralen nach Belgien ausführen will, dem belgischen Recht nur genügen kann, wenn er dieses Material in seinem Land auch dann testen und abnehmen lässt, wenn es dort ohne Einschaltung einer Abnahmestelle in den Verkehr gebracht werden kann.

61. Ist vorgeschrieben, dass ein Erzeugnis denselben technischen Normen und demselben Schutzniveau wie im Einfuhrland entsprechen muss, so hat dies definitionsgemäß zum Ergebnis, dass Hersteller aus anderen Mitgliedstaaten ihre Erzeugnisse an die spezifischen Anforderungen dieses Landes anpassen müssen. Eine solche technische Beschränkung des Handels stellt definitionsgemäß einen Verstoß gegen Artikel 28 EG dar. Sie verstößt gegen den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung.

62. Eine solche Vorschrift kann, wie in Nummer 58 erwähnt, durch einen der in Artikel 30 EG genannten Gründe des Allgemeininteresses oder ein in der Rechtsprechung anerkanntes zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Sie muss weiter erforderlich und verhältnismäßig sein.

63. Die Kommission hat zu Recht darauf hingewiesen, dass, unterstellt die von der belgischen Regierung geltend gemachten Rechtfertigungsgründe könnten eine Beschränkung des freien Verkehrs rechtfertigen, es Sache des nationalen Gerichts ist, zu beurteilen, ob das Erfordernis eines vorherigen Genehmigungsverfahrens zum Erreichen des angestrebten Zieles erforderlich und ob es verhältnismäßig ist. In diesem Rahmen ist auch zu beurteilen, ob das Erfordernis einer Bescheinigung oder eines Abnahmeberichts nach Artikel 9 der Königlichen Verordnung erforderlich und verhältnismäßig ist. Wie ebenfalls von der Kommission hervorgehoben, fragt das Gericht nicht, ob die von der belgischen Regierung geltend gemachten Rechtfertigungsgründe den Anforderungen von Artikel 30 EG oder denen der Rechtsprechung entsprechen. Die vierte Frage der zweiten Gruppe betrifft ihrer Art nach ausschließlich die Beweislast.

64. Die Frage geht dahin, ob ein Mitgliedstaat sich damit begnügen darf, abstrakt" einen zwingenden Grund oder ein zwingendes Erfordernis geltend zu machen, wie den Verbraucherschutz und/oder die öffentliche Ordnung, die der Staat als von den gemeinschaftlichen Harmonisierungsmaßnahmen nicht oder nicht ausreichend beachtet ansieht, oder ob ein Mitgliedstaat eben konkret" die Realität des zwingenden Grundes oder des zwingenden Erfordernisses ebenso nachweisen muss wie den Umstand, dass dieser zwingende Grund oder dieses zwingende Erfordernis nicht bereits von den gemeinschaftlichen Harmonisierungsmaßnahmen berücksichtigt worden ist, und dass die beschränkende Maßnahme im Hinblick auf das verfolgte Ziel verhältnismäßig ist.

65. Im Ausgangsrechtsstreit wird vor einem nationalen Gericht eine europarechtliche Frage aufgeworfen. Sie unterliegt grundsätzlich dem nationalen Prozessrecht einschließlich des Beweisrechts. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes stellt dafür einige Anforderungen auf. So dürfen die Beweisvorschriften die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Ferner dürfen die im nationalen Recht vorgesehenen Beweisvorschriften nicht weniger günstig sein als bei entsprechenden Verfahren, die nationales Recht betreffen.

66. Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Ausnahme vom Grundsatz des freien Warenverkehrs nach Artikel 30 EG nur gerechtfertigt werden, wenn die nationalen Behörden nachweisen, dass die Ausnahme zur Erreichung eines oder mehrerer der dort genannten Ziele erforderlich ist und dass sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dies gilt auch, wenn ein Mitgliedstaat in einem Vorabentscheidungsverfahren betreffend Artikel 28 EG vor dem Gerichtshof als Rechtfertigung für eine Beschränkung des freien Warenverkehrs ein zwingendes Erfordernis geltend macht. In solchen Fällen prüft der Gerichtshof den vom Mitgliedstaat geltend gemachten Grund, und dessen tatsächliches Vorliegen wie auch seine Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit werden konkret analysiert. Gegebenenfalls gibt der Gerichtshof alle Hinweise, die das nationale Gericht bei seiner Beurteilung zu berücksichtigen hat. Die Regel, dass eine nationale Behörde nachzuweisen hat, dass es sich um eine nach dem Gemeinschaftsrecht zulässige Ausnahme handelt, kann im nationalen Prozessrecht keinen anderen Inhalt haben.

67. Dies bedeutet, dass die zwingenden Gründe oder zwingenden Erfordernisse so konkret dargelegt werden müssen, dass beurteilt werden kann, ob das Handeln des Mitgliedstaats als solches gerechtfertigt ist. Diese Konkretisierung ist auch deshalb erforderlich, weil sonst nicht geprüft werden kann, ob die fragliche nationale Regelung zweckmäßig und verhältnismäßig ist, d. h. ob sie nicht weiter geht als zum Schutz des fraglichen Interesses unbedingt erforderlich.

68. Bei dieser Beurteilung wäre zu berücksichtigen, dass zahlreiche Eigenschaften von Alarmsystemen und -zentralen - und von ihren Bauteilen - bereits durch die drei oben genannten Richtlinien harmonisiert sind. Anders ausgedrückt, die belgischen Rechtsvorschriften beziehen sich nur noch auf einige sonstige Eigenschaften. Ihre Anwendung führt jedoch dazu, dass das Gerät in seiner Gesamtheit einer vorherigen Genehmigungspflicht unterliegt. Damit wird der durch die Richtlinien verwirklichte freie Verkehr dieser Waren zunichte gemacht. Eine nationale Rechtsvorschrift mit einer solchen Wirkung wird man leicht als unverhältnismäßig bezeichnen können, denn der Schutz eines beschränkten öffentlichen Interesses, das sich auf einige nicht harmonisierte sonstige Eigenschaften bezieht, hat zur Folge, dass das mit der Harmonisierung des weit größeren Teils der anderen Eigenschaften angestrebte Ergebnis - der freie Verkehr - nicht verwirklicht werden kann.

69. Um diese meines Erachtens nicht akzeptable Folge zu vermeiden, muss ein nationaler Gesetzgeber, wenn er bestimmte untergeordnete Eigenschaften von Systemen und Geräten regelt, alle bestehenden Harmonisierungsvorschriften, die sich auf andere Eigenschaften der Anlagen beziehen, berücksichtigen. Für ihn folgt aus dem Grundsatz der Gemeinschaftstreue, wie er in Artikel 10 EG festgeschrieben ist, dass er seine nationalen Rechtsvorschriften an den Erfordernissen und Verfahren, denen die Erzeugnisse - Bauteile wie Anlagen - nach dem Gemeinschaftsrecht unterliegen, ausrichtet. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass sich der nationale Gesetzgeber hätte damit begnügen müssen, entweder die Normenkonformität von Anlagen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden sind, anzuerkennen, oder, wie es die hier fraglichen Richtlinien zulassen, eine nachträgliche Kontrolle vorzusehen.

C - Dritte Gruppe von Vorlagefragen (Fragen unter 3)

70. Angesichts der Antwort auf die Fragen der ersten Gruppe erübrigt sich eine Beantwortung der unter 3 gestellten Fragen.

V - Ergebnis

71. Nach alledem schlage ich vor, auf die vom belgischen Conseil d'État zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen folgende Antworten zu geben.

72. Auf die Fragen der Gruppe 1:

a) Die Richtlinien 73/23/EWG des Rates vom 19. Februar 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen, 89/336/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit und 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität sind so auszulegen, dass sie auf Alarmsysteme und -zentralen, insbesondere auf Erzeugnisse, die Funkverbindungen nutzen und gemeinhin als drahtlose Alarmsysteme bezeichnet werden, anwendbar sind.

b) Aus den Richtlinien 73/23/EWG, 89/336/EWG und 1999/5/EG ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich dieser Richtlinien für das Inverkehrbringen von Bauteilen und Endprodukten keine anderen Anforderungen als die dort ausdrücklich vorgesehenen aufstellen dürfen. Folglich sind nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dazu dienen oder führen, dass solche abweichenden Anforderungen aufgestellt werden, mit diesen Richtlinien unvereinbar.

73. Auf die Fragen der Gruppe 2:

- Die durch die Richtlinien 73/23/EWG, 89/336/EWG und 1999/5/EG verwirklichte Harmonisierung bedeutet, dass für Geräte mit dem CE-Kennzeichen eine Vermutung der Normenkonformität, einschließlich der Verfahren zur Bewertung der Normenkonformität, besteht. Daher verbieten Artikel 3 der Richtlinie 73/23/EWG, Artikel 5 der Richtlinie 89/336/EWG und Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 1999/5/EG nationale Bestimmungen wie Artikel 12 des Gesetzes vom 10. April 1990 und Artikel 9 der Königlichen Verordnung vom 23. April 1999, die, bezogen auf alle Alarmsysteme und -zentralen, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und/oder in Verkehr gebracht worden sind, das Inverkehrbringen in einem Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass für Bestandteile dieser Alarmsysteme und -zentralen, die den Bestimmungen der genannten Richtlinien entsprechen, ein vorheriges Genehmigungsverfahren durchgeführt wird.

- Die Artikel 28 EG bis 30 EG sind so auszulegen, dass Waren, die in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, auch bei Fehlen von gemeinschaftlichen Harmonisierungsvorschriften grundsätzlich in jedem anderen Mitgliedstaat ohne zusätzliche Kontrollen vertrieben werden können. Daher beschränkt eine nationale Regelung, die das Inverkehrbringen von Alarmsystemen und -zentralen in Bezug auf nicht von Harmonisierungsregeln erfasste sonstige Eigenschaften und Funktionen von Abnahmen und Tests zur vorherigen Genehmigung oder davon abhängig macht, dass Bescheinigungen vorgelegt werden können, aus denen entnommen werden kann, dass die fragliche Anlage dieselben Anforderungen erfuellt, die in der nationalen Regelung vorgeschrieben sind, den freien Warenverkehr. Eine derartige nationale Regelung muss den Ausnahmegründen des Artikels 30 EG oder sonstigen gemeinschaftsrechtlich anerkannten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen. Sie muss zum Erreichen des angestrebten Zieles erforderlich sein und darf nicht weiter gehen als dafür unbedingt erforderlich.

- Die Beweisregeln unterliegen dem nationalen Prozessrecht. Das nationale Gericht hat jedoch die wirksame Anwendung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen. Eine wirksame Anwendung der Artikel 28 EG und 30 EG erfordert daher, dass das nationale Gericht im Falle einer Beschränkung einer Grundfreiheit in der Lage ist, die Vereinbarkeit des geltend gemachten Rechtfertigungsgrunds mit dem Gemeinschaftsrecht zu prüfen. Dies bedeutet, dass ein nationales Gericht, das eine Beschränkung des freien Warenverkehrs als gerechtfertigt ansehen will, konkret darzutun hat, dass es sich um ein Allgemeininteresse handelt, dass die Maßnahme erforderlich ist und dass sie gegenüber dem zu erreichenden Ziel verhältnismäßig ist. Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit hat das nationale Gericht überdies zu prüfen, wie sich die nationale Maßnahme auf die praktische Wirksamkeit der bereits bestehenden Harmonisierungsregeln auswirkt und ob sie mit diesen Maßnahmen vereinbar ist.

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