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Judgment of the Court of First Instance (First Chamber) of 13 January 2004.#JCB Service v Commission of the European Communities.#Competition - Article 81 EC - Distribution agreements.#Case T-67/01.
Urteil des Gerichts erster Instanz (Erste Kammer) vom 13. Januar 2004. JCB Service gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Wettbewerb - Artikel 81 EG - Vertriebsvereinbarungen. Rechtssache T-67/01.
Urteil des Gerichts erster Instanz (Erste Kammer) vom 13. Januar 2004. JCB Service gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Wettbewerb - Artikel 81 EG - Vertriebsvereinbarungen. Rechtssache T-67/01.
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 19 Absatz 1; Verordnung Nr. 99/63 der Kommission, Artikel 3 und 7 bis 9)
4. Wettbewerb – Kartelle – Anmeldung – Wirkungen – Anwendungsbereich – Verträge mit gleichem Inhalt wie der ordnungsgemäß angemeldete
– Verstärkung oder Erweiterung von Beschränkungen oder Einführung neuer Beschränkungen – Erfordernis einer erneuten förmlichen
Anmeldung
(Verordnung Nr. 17 des Rates)
5. Wettbewerb – Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Selektives Vertriebssystem – Klauseln über das Verbot passiver
Verkäufe durch zugelassene Vertriebshändler – Unzulässigkeit
(Artikel 81 Absatz 1 EG)
6. Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Anwendung durch die Kommission – Unabhängigkeit gegenüber der Anwendung einer ähnlichen
nationalen Regelung durch eine staatliche Stelle
(Verordnungen der Kommission Nr. 123/85, Artikel 1, und Nr. 1475/95, Artikel 1)
11. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlungen – Gerichtliche Nachprüfung
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 15 Absatz 2)
12. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Ermessen der Kommission – Vergleiche der Gegebenheiten in verschiedenen Wettbewerbssachen
–Richtungsweisender Charakter – Vergleiche der Umsatzzahlen – Höhe der gegen einzelne Unternehmen verhängten Geldbußen, die
den unterschiedlichen Prozentsätzen der Umsätze dieser Unternehmen entspricht – Kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 15 Absatz 2)
1. Die Einhaltung eines angemessenen Zeitraums bei der Abwicklung eines Verwaltungsverfahrens auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik
stellt einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, dessen Wahrung der Gemeinschaftsrichter zu sichern hat und
der als Bestandteil des Rechts auf ordnungsgemäße Verwaltung durch Artikel 41 Absatz 1 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten
Charta der Grundrechte der Europäischen Union übernommen wurde.
Jedoch rechtfertigt der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer die Nichtigerklärung einer Entscheidung,
die am Ende eines Verwaltungsverfahrens auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik erlassen wird, nur, wenn damit auch die Verteidigungsrechte
des betroffenen Unternehmens verletzt worden sind. Wenn nämlich nicht bewiesen ist, dass die übermäßig lange Verfahrensdauer
die Möglichkeit für die betroffenen Unternehmen, sich wirksam zu verteidigen, beeinträchtigt hat, wirkt sich die Nichtbeachtung
des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens aus.
(vgl. Randnrn. 36, 40)
2. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung ist Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung und in Verfahren wegen der Verletzung
der Wettbewerbsregeln anwendbar, die für die Unternehmen gelten und zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen
können.
Allein die Tatsache, dass die Kommission nacheinander zwei Mitteilungen der Beschwerdepunkte erlassen hat, kann nicht für
die Feststellung ausreichen, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt worden wäre. Eine allgemeine Vermutung der
Verantwortlichkeit des betreffenden Unternehmens könnte zudem der Kommission eventuell nur dann angelastet werden, wenn die
von ihr in der Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht durch die von ihr vorgelegten Beweismittel gestützt
würden.
(vgl. Randnrn. 50, 53)
3. Die Akteneinsicht zählt zu den Verfahrensgarantien, mit denen die Verteidigungsrechte geschützt werden sollen. Die Verletzung
des Rechts auf Einsicht in die Akten der Kommission im Verfahren vor dem Erlass einer Entscheidung auf dem Gebiet des Wettbewerbs
kann grundsätzlich deren Nichtigerklärung nach sich ziehen, wenn die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens beeinträchtigt
worden sind. In einem solchen Fall wird die eingetretene Verletzung nicht durch den bloßen Umstand geheilt, dass die Einsicht
im Gerichtsverfahren im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung ermöglicht worden ist. Wurde die Einsicht
in diesem Stadium gewährt, so braucht das betroffene Unternehmen nicht zu beweisen, dass die Entscheidung der Kommission anders
gelautet hätte, wenn es Einsicht in die nicht übermittelten Unterlagen erhalten hätte, sondern lediglich, dass es die fraglichen
Schriftstücke zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können.
(vgl. Randnr. 64)
4. Die an die Anmeldung geknüpften Wirkungen kommen nur inhaltsgleichen Verträgen zugute, die dasselbe Unternehmen abschließt.
Die Verwendung des Formblatts A/B ist zwingend vorgeschrieben und stellt eine Voraussetzung für die Gültigkeit der Anmeldung
dar, wobei im Fall einer Verstärkung oder Erweiterung der Beschränkungen und erst recht bei einer Einführung neuer Beschränkungen
eine erneute Anmeldung vorzunehmen ist. Nur für den Sonderfall eines Erneuerungsantrags auf Freistellung ist die Übersendung
des Erneuerungsantrags und der Änderungen ohne eine erneute förmliche Anmeldung ausreichend.
(vgl. Randnr. 79)
5. Eine Beschränkung im Rahmen eines Systems von Vertriebsvereinbarungen bei passiven Verkäufen durch zugelassene Vertriebshändler,
die daran gehindert oder davon abgebracht werden, nicht nur an nicht zugelassene Vertriebshändler, sondern auch an zugelassene
Vertriebshändler, die außerhalb ihres Vertriebsgebiets ansässig sind, sowie an Endabnehmer zu verkaufen, bezweckt und bewirkt
eine Beschränkung des Absatzes und eine Marktaufteilung und ist nach Artikel 81 Absatz 1 Buchstaben b und c EG verboten.
(vgl. Randnr. 85)
6. Eventuelle Ähnlichkeiten zwischen den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften eines Mitgliedstaats und der Regelung der Artikel
81 EG und 82 EG können weder die Unabhängigkeit der Kommission bei der Anwendung dieser Bestimmungen einschränken noch sie
dazu zwingen, die Beurteilung der für die Anwendung der entsprechenden nationalen Vorschriften zuständigen Stellen zu übernehmen.
(vgl. Randnr. 93)
7. Eine Klausel einer Vereinbarung, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, ist nicht allein deshalb dem Verbot des Artikels
81 Absatz 1 EG entzogen, weil die Vertragspartner sie nicht angewandt haben.
(vgl. Randnr. 103)
8. Mit einem selektiven Vertriebssystem geht eine Beschränkung des Preiswettbewerbs einher. Den Händlern kann nicht rechtmäßig
eine Verpflichtung in Bezug auf die Preise auferlegt werden, jedoch ist in Ermangelung einer abgestimmten Praxis zur tatsächlichen
Anwendung von Richtpreisen die Mitteilung solcher Preise ebenso wenig wettbewerbsbeschränkend wie die Berücksichtigung einer
angemessenen Gewinnspanne der Händler. Eine Verstärkung der Starrheit der Preisstruktur, die ein Hemmnis für einen wirksamen
Preiswettbewerb bilden kann, muss hingegen abgestellt werden.
(vgl. Randnr. 131)
9. Im Fall eines Antrags auf Freistellung gemäß Artikel 81 Absatz 3 EG ist es Sache des Unternehmens, das den Antrag gestellt
hat, Beweismaterial für die wirtschaftliche Rechtfertigung einer Freistellung vorzulegen und zu beweisen, dass es alle vier
in diesem Artikel aufgestellten, kumulativen Voraussetzungen erfüllt. Ebenso muss dieses Unternehmen dartun, dass die eingeführten
Wettbewerbsbeschränkungen den in Artikel 81 Absatz 3 EG genannten Zielen entsprechen und dass diese ohne die Einführung der
Beschränkungen nicht erreicht werden könnten.
(vgl. Randnr. 162)
10. Die Verordnung Nr. 123/85 über die Anwendung von Artikel [81] Absatz 3 EG auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen
über Kraftfahrzeuge gilt nach dem Wortlaut ihres Artikels 1 für „zur Benutzung auf öffentlichen Wegen vorgesehene drei- oder
mehrrädrige Kraftfahrzeuge“; die Verordnung Nr. 1475/95, die die Verordnung Nr. 123/85 ersetzt, ergänzt, dass diese Fahrzeuge
neu sein müssen. Die Gruppenfreistellungsverordnungen sind eng auszulegen. Baumaschinen sind offenkundig für Erdbewegungs-
und Bauarbeiten konzipiert und sind, auch wenn sie öffentliche Wege benutzen können, nicht für diese Benutzung im Sinne der
in Rede stehenden Freistellungsverordnung bestimmt. Die Erzeugnisse fallen daher nicht unter diese Verordnung, die auch nicht
entsprechend auf andere als die darin bezeichneten Gruppen von Fahrzeugen Anwendung finden kann.
(vgl. Randnr. 164)
11. Die wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsvorschriften festgesetzte Geldbuße muss den Umständen und der Schwere der Zuwiderhandlung
entsprechen; bei der Beurteilung der Schwere ist insbesondere die Art der Wettbewerbsbeschränkungen zu berücksichtigen. Zwar
ist die Wahl der Höhe der Geldbuße ein Instrument der Wettbewerbspolitik der Kommission, um die Unternehmen dazu anzuhalten,
die Regeln auf diesem Gebiet einzuhalten, das Gericht hat jedoch nachzuprüfen, ob der Betrag der verhängten Geldbuße in einem
angemessenen Verhältnis zu Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung steht. Das Gericht muss insbesondere die Schwere der Zuwiderhandlung
und die von der Klägerin geltend gemachten Umstände gegeneinander abwägen.
(vgl. Randnr. 179)
12. Wie jedes Organ bei allen seinen Tätigkeiten hat die Kommission, wenn sie eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsvorschriften
gegen ein Unternehmen festsetzt, den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten, der es verbietet, vergleichbare Sachverhalte
unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich zu behandeln, sofern dies nicht objektiv gerechtfertigt ist.
Unabhängig von den Vergleichen, die die Kommission zur Bestimmung der Höhe der gegen ein Unterehmen verhängten Geldbuße für
sachdienlich gehalten haben mag, können diese Merkmale nur richtungweisenden Charakter haben, da die tatsächlichen Gegebenheiten
in den Wettbewerbssachen wie die Märkte, die Erzeugnisse, die Länder, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume nicht
die gleichen sind. Für die Vergleiche anhand der Umsatzzahlen legt Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 zwar eine Obergrenze
für die Höhe der Geldbußen fest, er bedeutet aber nicht, dass die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen anhand
von Schwere und Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung verpflichtet wäre, die Geldbuße ausgehend von Beträgen zu berechnen,
die auf dem Umsatz der betreffenden Unternehmen beruhen.
Die Kommission beurteilt die Schwere von Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten, die nicht aus einer
zwingenden oder abschließenden Liste zu berücksichtigender Kriterien hervorgehen. Ihre frühere Entscheidungspraxis bildet
nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen, sondern dieser ist allein in der Verordnung Nr. 17
geregelt. Sie ist ferner nicht verpflichtet, sei es hinsichtlich der Gesamthöhe der festgesetzten Geldbuße, sei es bei ihrer
Aufteilung in verschiedene Bestandteile, eine genaue mathematische Formel anzuwenden.
Somit ergibt sich aus dem Umstand, dass die Höhe der gegen einzelne Unternehmen verhängten Geldbußen unterschiedlichen Prozentsätzen
der Umsätze dieser Unternehmen entspricht, keine diskriminierende Behandlung.
(vgl. Randnrn. 187-189)
URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer) 13. Januar 2004(1)
In der Rechtssache T-67/01
JCB Service mit Sitz in Rocester, Staffordshire (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: R. Fowler, QC, R. Anderson, Barrister,
L. Carstensen, Solicitor, und zunächst M. Israel, sodann S. Smith, Solicitors, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Whelan und S. Rating als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2002/190/EG der Kommission vom 21. Dezember 2000 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag
(Fall COMP.F.1/35.918 ─ JCB) (ABl. 2002, L 69, S. 1), hilfsweise, Teilnichtigerklärung derselben Entscheidung und gleichzeitiger
Herabsetzung der gegen JCB Service festgesetzten Geldbuße
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten B. Vesterdorf sowie der Richter J. Azizi und H. Legal,
Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1
Artikel 81 EG lautet:
„(1)
Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen
und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind
und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken,
insbesondere
a)
die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;
b)
die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;
c)
die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;
d)
die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb
benachteiligt werden;
e)
die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder
sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.
(2)
Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig.
(3)
Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf
─
Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen,
─
Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen,
─
aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen,
die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung
oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen
a)
Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder
b)
Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.“
2
Artikel 15 („Geldbußen“) der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln
[81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), sieht vor:
„...
2.
Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis
einer Million Rechnungseinheiten oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung
beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig:
a) gegen Artikel [81] Absatz 1 oder Artikel [82] des Vertrages verstoßen,
b) einer nach Artikel 8 Absatz 1 erteilten Auflage zuwiderhandeln.
Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.
...
5.
Die in Absatz 2 Buchstabe a vorgesehene Geldbuße darf nicht für Handlungen festgesetzt werden:
a)
die nach der bei der Kommission vorgenommenen Anmeldung und vor der Entscheidung der Kommission nach Artikel [81] Absatz 3
des Vertrages begangen werden, soweit sie in den Grenzen der in der Anmeldung dargelegten Tätigkeit liegen ...“
Sachverhalt und Verwaltungsverfahren
3
JCB Service ist eine 1956 von Joseph Cyril Bamford gegründete Gesellschaft englischen Rechts mit Sitz in Rocester, Staffordshire
(Vereinigtes Königreich). JCB Service befindet sich im Besitz der Transmissions and Engineering Services Netherlands BV und
besitzt und kontrolliert unmittelbar oder mittelbar die Gesellschaften der JCB-Gruppe, zu der u. a. JCBamford Excavators,
JCB Sales, JCB SA, JCB Germany und JCB Spain gehören. JCB fertigt und vertreibt Baumaschinen, Maschinen für Erdbewegungs-
und Bauarbeiten und landwirtschaftliche Maschinen sowie die Ersatzteile für diese Erzeugnisse.
4
JCB erzielte im Jahr 2000 mit Baumaschinen einen Umsatz von 1 400 Millionen Euro und nahm den fünften Platz unter den internationalen
Herstellern ein; sie führt 70 % ihrer Produktion über ein Netz von mehr als 400 Vertriebshändlern und Vertretern aus. Der
bedeutendste Hersteller ist Caterpillar mit einem Umsatz von 12 629 Millionen Euro. JCB schätzt ihren Marktanteil bei Bau-
und Erdbewegungsmaschinen auf 8,5 % in Europa und auf 4,4 % weltweit. 1995 und 1996 erreichte JCB einen Marktanteil von etwa
13 % bis 14 % am Gesamtverkaufsvolumen (wertmäßig 8,9 %) aller Bau- und Erdbewegungsmaschinen in der Gemeinschaft (36,8 %
am Gesamtverkaufsvolumen, wertmäßig 23,7 % im Vereinigten Königreich). Die Baggerlader sind das Spitzenerzeugnis der Gruppe,
bei dem JCB 1995 einen wertmäßigen weltweiten Marktanteil von mehr als 23 % und nahezu 60 % im Vereinigten Königreich erreichte.
5
JCB verfügt über nationale Vertriebsnetze, die über eine Tochtergesellschaft je Land (Deutschland, Belgien, Spanien, Frankreich,
Holland, Italien) oder einen Alleinimporteur betrieben werden.
6
Zwei Firmen der JCB-Gruppe meldeten der Kommission 1973 mit dem gemäß der Verordnung Nr. 17 erstellten Formblatt A/B acht
Standardvereinbarungen über den Vertrieb der JCB-Erzeugnisse, die mit den an die Gruppe gebundenen Vertriebshändlern oder
Haupthändlern abgeschlossen werden sollten und von denen sich fünf auf Länder des Gemeinsamen Marktes bezogen, nämlich auf
das Vereinigte Königreich (einschließlich der Kanalinseln) und Irland (angemeldet von der Firma JCB Sales) sowie auf Deutschland,
die Benelux-Staaten, Dänemark und Italien (angemeldet von der Firma JCBamford Excavators). Die Vereinbarungen wurden von den
Dienststellen der Kommission am 30. Juni 1973 registriert.
7
Mit Schreiben vom 27. Oktober 1975 teilte die Kommission (Generaldirektion [GD] „Wettbewerb“) JCB Sales mit, dass die angemeldeten
Vereinbarungen einige Beschränkungen enthielten, die gegen Artikel 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG) verstießen. Sie verlangte
eine Änderung der Vereinbarungen und richtete verschiedene Fragen an die Firma. Die Kommission konzentrierte ihr Interesse
auf die fünf den Gemeinsamen Markt betreffenden Standardvereinbarungen und führte aus, dass die drei übrigen wohl nicht geeignet
seien, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.
8
Neufassungen der JCB Sales betreffenden und im Vereinigten Königreich und in Irland geltenden Standardvereinbarungen (Standardvertriebsvereinbarung
Export, Standardvertriebsvereinbarung mit den Vertriebshändlern im Vereinigten Königreich und Standardvereinbarung mit den
Haupthändlern im Vereinigten Königreich) wurden der Kommission am 18. Dezember 1975 zugeleitet.
9
Mit Schreiben vom 13. Januar 1976 bestätigte die Kommission den Eingang dieser Neufassungen und wies JCB Sales darauf hin,
dass einige zuvor mitgeteilte Unvereinbarkeiten beseitigt worden seien, dass aber andere fortbestünden, und bat um Erläuterungen
zu mehreren Klauseln.
10
JCB Sales kam dieser Bitte mit Schreiben vom 11. März 1976 nach und lieferte ausführliche Erläuterungen zu den übrigen Punkten,
die die Kommission in ihrem Schreiben vom 13. Januar 1976 als Unvereinbarkeiten benannt hatte.
11
Danach gab es in der Akte der Anmeldungen von JCB bis 1980 keine Veränderungen.
12
Am 6. März 1980 leitete JCB Sales der Kommission die Standardvereinbarung mit den Vertriebshändlern im Vereinigten Königreich
zu, die auf die 1975 eingereichte, inzwischen ausgelaufene Vereinbarung folgte und die der Klägerin zufolge nur geringfügige
Änderungen enthielt. Nach deren Auslaufen legte JCB Sales der Kommission mit Schreiben vom 29. Dezember 1995 die Vereinbarung
vor, durch die diejenige von 1980 ersetzt wurde. Die Kommission reagierte auf die von JCB 1980 und 1995 vorgenommenen Benachrichtigungen
nicht.
13
Das Tribunal de commerce Paris wies mit Urteil vom 11. Dezember 1995 eine Klage teilweise ab, die die JCB-Tochtergesellschaft
in Frankreich, die JCB SA, die sich als Alleinimporteurin für JCB-Erzeugnisse nach Frankreich bezeichnete, am 28. November
1990 gegen die Firma Central Parts SA, die im Vereinigten Königreich JCB-Ersatzteile bezog, um sie in Frankreich weiterzuverkaufen,
wegen unlauteren Wettbewerbs eingereicht hatte. Die JCB SA hatte Central Parts beschuldigt, ohne Genehmigung das JCB-Zeichen
und die Bezeichnung „Zugelassener Vertriebshändler“ zu verwenden.
14
Am 15. Februar 1996 reichte Central Parts eine Beschwerde über die Handelspraktiken der „société JCB Grande-Bretagne“ beim
Vertrieb ihrer Erzeugnisse bei der Kommission ein.
15
Am 5. November 1996 führte die Kommission eine Inspektion bei der JCB SA und bei zwei Vertriebsgesellschaften für JCB-Erzeugnisse
im Vereinigten Königreich, der Gunn JCB Ltd und der Watling JCB Ltd, durch.
16
Am 24. März 1998 leitete die Kommission JCBamford Excavators eine erste Mitteilung der Beschwerdepunkte zu, in der die Bedeutung
der 1973 erfolgten Anmeldung (vgl. oben, Randnr. 6) nicht geprüft wurde, worauf die Betroffene am 6. Juli 1998 in ihrer schriftlichen
Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte und dann bei ihrer Anhörung durch die Dienststellen der Kommission am 16.
Oktober 1998 hinwies.
17
In der Zwischenzeit hatte die Cour d’appel Paris am 8. April 1998 ein Urteil erlassen, mit dem das Urteil des Tribunal de
commerce Paris vom 11. Dezember 1995 aufgehoben und entschieden wurde, dass Central Parts gegenüber der JCB SA unlautere Wettbewerbshandlungen
vorgenommen habe.
18
Am 30. Juli 1999 wurde JCB Service (JCBamford Excavators) eine zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Berücksichtigung
der Anmeldung von 1973 zugeleitet, auf die JCBamford Excavators am 13. Dezember 1999 antwortete. JCBamford Excavators wurde
am 16. Januar 2000 erneut angehört.
19
Im Verwaltungsverfahren konnte JCB auf Antrag dreimal, am 24. April 1998, am 22. Oktober 1999 und am 16. Mai 2000, Einsicht
in ihre Akte nehmen, mit Ausnahme der Unterlagen, die von der Kommission als nicht einsehbar eingestuft waren; diese Einstufung
war am 17. September 1999 von dem Anhörungsbeauftragten bestätigt worden, der im Rahmen des internen, gemäß der Mitteilung
der Kommission über interne Verfahrensvorschriften für die Behandlung von Anträgen auf Akteneinsicht in Fällen einer Anwendung
der Artikel [81] und [82] EG-Vertrag, der Artikel 65 und 66 EGKS-Vertrag und der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (ABl.
1997, C 23, S. 3) eingeleiteten Verfahrens der Behandlung der Anträge auf Akteneinsicht eingeschaltet worden war.
20
Die Kommission erließ am 21. Dezember 2000 die Entscheidung 2002/190/EG in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Fall
COMP.F.1/35.918 ─ JCB) (ABl. 2002, L 69, S. 1, im Folgenden: angefochtene Entscheidung), deren Artikel 1 folgenden Wortlaut
hat:
„JCB Service und [ihre] Tochterunternehmen haben Zuwiderhandlungen gegen Artikel 81 des Vertrags begangen, indem sie mit zugelassenen
Vertriebshändlern folgende Vereinbarungen bzw. aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen eingegangen sind, deren Ziel es ist,
den Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt einzuschränken, um die nationalen Märkte aufzuteilen und Alleinvertriebsgebieten
Gebietsschutz zu gewähren, außerhalb deren zugelassene Vertriebshändler an der Tätigung aktiver Verkäufe gehindert werden:
a)
Beschränkungen bei passiven Verkäufen durch zugelassene Vertriebshändler im Vereinigten Königreich, Irland, Frankreich und
Italien, wozu Verkäufe an nicht zugelassene Vertriebshändler, Endabnehmer oder zugelassene Vertriebshändler gehören, die außerhalb
von Alleinvertriebsgebieten und insbesondere in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind;
b)
Beschränkungen hinsichtlich der Bezugsquellen für Vertragswaren von in Frankreich und Italien zugelassenen Vertriebshändlern,
wodurch Querlieferungen zwischen Vertriebshändlern verhindert werden;
c)
Festlegung von Preisnachlässen oder Weiterverkaufspreisen, die für Vertriebshändler im Vereinigten Königreich und Frankreich
gelten;
d)
Erhebung von Servicegebühren auf von zugelassenen Vertriebshändlern außerhalb von Alleinvertriebsgebieten im Vereinigten Königreich
getätigte Verkäufe in andere Mitgliedstaaten auf Initiative von JCBamford Excavators Ltd oder anderen Tochterunternehmen von
JCB Service und nach einer von diesen bestimmten festen Staffelung, wodurch die Vergütung der Vertriebshändler vom Bestimmungsort
der Verkäufe abhängig wird, und
e)
Vorenthaltung von Zulagen in Abhängigkeit davon, ob Verkäufe im Vereinigten Königreich inner- oder außerhalb von Alleinvertriebsgebieten
getätigt werden oder ob zugelassene Vertriebshändler, in deren Vertragsgebiet Vertragswaren in Gebrauch sind, zu einer Übereinkunft
mit den Verkäufe tätigenden zugelassenen Vertriebshändlern gelangen, wodurch die Vergütung der Vertriebshändler vom Bestimmungsort
der Verkäufe abhängig gemacht wird.“
21
Mit Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung wird der von JCBamford Excavators Ltd am 30. Juni 1973 eingereichte Antrag auf
Freistellung abgelehnt. In Artikel 3 wird JCB Service und ihren Tochterunternehmen aufgegeben, die aufgeführten Zuwiderhandlungen
abzustellen, und Artikel 4 verpflichtet JCB Service, wegen dieser Zuwiderhandlungen eine Geldbuße in Höhe von 39 614 000 Euro
zu zahlen.
Gerichtliches Verfahren und Anträge der Parteien
22
JCB Service hat mit Klageschrift, die am 22. März 2001 beim Gericht eingegangen ist, gemäß Artikel 230 EG die vorliegende
Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erhoben.
23
Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag eingegangen ist, hat die Klägerin gemäß den Artikeln 242 EG und 243 EG die Aussetzung
des Vollzugs der Artikel 1 Buchstabe d, 2 und 3 Buchstaben a bis f der angefochtenen Entscheidung beantragt; hilfsweise hat
sie den Erlass aller weiteren einstweiligen Anordnungen beantragt. Dieses unter dem Aktenzeichen T-67/01 R eingetragene Verfahren
wurde durch einen Streichungsbeschluss vom 10. Mai 2001 beendet, nachdem sich die Klägerin in der Sitzung vom 8. Mai 2001
durch die Erläuterungen der Kommission zur Auslegung des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung für zufrieden gestellt
erklärt hatte.
24
Mit einem weiteren Schriftsatz, der gleichfalls am 22. März 2001 eingegangen ist, hat JCB Service beantragt, gemäß den Artikeln
64 und 65 der Verfahrensordnung des Gerichts prozessleitende Maßnahmen und/oder eine Beweisaufnahme anzuordnen, die darauf
gerichtet sind, dass ihr die Kommission u. a. von ihr mit 1 bis 19 nummerierte Unterlagen übermittelt, die sie während des
Verwaltungsverfahrens nicht habe einsehen können.
25
Die Klägerin beantragt,
–
die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
–
hilfsweise, die angefochtene Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären und den Betrag der festgesetzten Geldbuße entsprechend
herabzusetzen;
–
der Kommission aufzugeben, ihr abschriftlich die für nicht einsehbar erklärten Bestandteile der Akten sowie sämtliche über
telefonische oder andere Kontakte vorhandenen Unterlagen und alle weiteren Unterlagen oder Informationen zu übermitteln, die
ihr nicht übermittelt worden seien;
–
der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
26
Die Kommission beantragt,
–
die Klage insgesamt abzuweisen;
–
der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
27
Mit am 18. November 2002 zugestellter prozessleitender Maßnahme hat das Gericht die Kommission aufgefordert, die vertraulichen
und nicht vertraulichen Fassungen der Unterlagen aus den Akten vorzulegen, die JCB im Verwaltungsverfahren nicht übermittelt
worden waren und die in den Schriftsätzen der Klägerin mit 14 bis 19 nummeriert sind, anzugeben, nach welcher Methode sie
die Höhe der Geldbuße festgesetzt habe, und dabei Anhaltspunkte für einen Vergleich mit entsprechenden Fällen zu liefern und
auf ein Argument zu antworten, wonach der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung widersprüchlich sei.
28
Am 4. Dezember 2002 hat die Kommission dem Gericht die nichtvertraulichen Fassungen der angeforderten Unterlagen zugeleitet
und die gestellten Fragen beantwortet.
29
Die Parteien haben in der Sitzung vom 22. Januar 2003 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
30
Die Kommission hat dem Gericht am Sitzungstag die vertraulichen Fassungen der Unterlagen Nummern 14 bis 19 ausgehändigt, um
ihm die Beurteilung zu ermöglichen, ob die Vertraulichkeit zu Recht eingewandt worden sei. In der Sitzung ist beschlossen
worden, dass die Kommission dem Gericht und den Anwälten der JCB die Unterlagen Nummern 1 bis 13 übermitteln werde. Die Kommission
hat diese Unterlagen übermittelt, und die Anwälte der Klägerin haben ihre schriftliche Stellungnahme zu sämtlichen Unterlagen
am 13. Februar 2003 eingereicht.
Zur Begründetheit
31
Die Klageschrift enthält das Verfahren betreffende Klagegründe, mit denen JCB Service der Kommission vorwirft, während des
gesamten Verfahrens nach Artikel 81 EG die wesentlichen Formvorschriften verletzt und die grundlegenden Verteidigungsrechte
missachtet zu haben. Sie enthält ferner Klagegründe, die die sachliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung betreffen.
1. Zum VerfahrenErster Klagegrund: Verstoß der Kommission gegen ihre Verpflichtung, innerhalb eines angemessenen Zeitraums tätig zu werden Vorbringen der Parteien
32
Nach Ansicht der JCB Service hat die Kommission gegen ihre Verpflichtung verstoßen, innerhalb eines angemessenen Zeitraums
tätig zu werden, die sich sowohl aus einem von der Rechtsprechung anerkannten allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts
als auch aus Artikel 6 Absatz 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten (EMRK) ergebe (Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 1997 in den Rechtssachen T-213/95 und T-18/96, SCK
und FNK/Kommission, Slg. 1997, II-1739, Randnrn. 56 und 57).
33
Während JCB Vereinbarungen über ihr Vertriebssystem am 30. Juni 1973 angemeldet habe, habe die Kommission dieses Verfahren
27 Jahre danach abgeschlossen und in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung den 1973 eingereichten Antrag auf Freistellung
gemäß Artikel 81 Absatz 3 EG abgelehnt. Außerdem habe das auf die Beschwerde von Central Parts vom 15. Februar 1996 hin eingeleitete
Verfahren fast fünf Jahre gedauert.
34
Die Kommission bestreitet die Anwendbarkeit von Artikel 6 Absatz 1 EMRK auf Verwaltungsverfahren auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts,
da diese Konvention als solche nicht Bestandteil des Gemeinschaftsrechts sei (Urteil des Gerichts vom 20. Februar 2001 in
der Rechtssache T-112/98, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, Slg. 2001, II-729, Randnr. 59).
35
Im Übrigen habe sie nicht gegen ihre Verpflichtung verstoßen, innerhalb eines angemessenen Zeitraums tätig zu werden. JCB
habe nie eine förmliche Entscheidung der Kommission beantragt, habe ein von dem der 1973 angemeldeten Vereinbarungen abweichendes
System eingesetzt und habe nicht alle Vereinbarungen angemeldet, da die 1980 und 1995 vorgenommenen Benachrichtigungen keine
Anmeldungen im Sinne der Verordnung Nr. 17 gewesen seien. Außerdem habe das Wettbewerbsverfahren unter Berücksichtigung der
Komplexität des Vorgangs, der dafür erforderlichen Überprüfungen und der Änderungen, die gleichzeitig im Gemeinschaftsrecht
zu Konzessionsverträgen eingetreten seien und die zur erneuten Prüfung bestimmter Punkte der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte
geführt hätten, einen angemessenen Zeitraum nicht überschritten. Im Übrigen habe von den 33 Monaten, die das Wettbewerbsverfahren
gedauert habe, JCB mehr als sieben Monate zu verantworten.
Würdigung durch das Gericht
36
Die Einhaltung eines angemessenen Zeitraums bei der Abwicklung eines Verwaltungsverfahrens auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik
stellt einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, dessen Wahrung der Gemeinschaftsrichter zu sichern hat (Urteile
des Gerichtshofes vom 18. März 1997 in der Rechtssache C-282/95 P, Guérin automobiles/Kommission, Slg. 1997, I-1503, Randnrn. 36
und 37, und vom 15. Oktober 2002 in den Rechtssachen C-238/99 P, C-244/99 P, C-245/99 P, C-247/99 P, C-250/99 P bis C-252/99 P
und C-254/99 P, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 2002, I-8375, Randnrn. 167 bis 171, sowie Urteil SCK und
FNK/Kommission, Randnrn. 55 und 56) und der als Bestandteil des Rechts auf ordnungsgemäße Verwaltung durch Artikel 41 Absatz
1 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) übernommen
wurde. Ohne dass über die Anwendbarkeit von Artikel 6 Absatz 1 EMRK auf Verwaltungsverfahren vor der Kommission auf dem Gebiet
der Wettbewerbspolitik als solche befunden werden müsste, ist daher zu prüfen, ob die Kommission hier den allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen
Grundsatz der Einhaltung eines angemessenen Zeitraums in dem dem Erlass der streitigen Entscheidung vorausgehenden Verfahren
verletzt hat.
37
Bei der Beurteilung des Klagegrundes sind die beiden in Rede stehenden Verwaltungsverfahren zu unterscheiden, nämlich zum
einen die Prüfung der 1973 angemeldeten Vereinbarungen, die durch Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung über die Ablehnung
des Antrags auf Freistellung abgeschlossen wurde, und zum anderen die Untersuchung der 1996 eingereichten Beschwerde, deren
Ergebnis in den übrigen Artikeln des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung betreffend die Zuwiderhandlung niedergelegt
ist.
38
Was das auf die Anmeldung von 1973 folgende Verfahren betrifft, so geht aus den Akten hervor, dass die Kommission die übermittelten
Vereinbarungen 1992 eingestuft hat, ohne eine Entscheidung zu erlassen, und dass erst die Antwort von JCB auf die erste Mitteilung
der Beschwerdepunkte die Beklagte veranlasst hat, im Rahmen der Untersuchung der Beschwerde diese Vereinbarungen zu überprüfen.
Es ist offenkundig, dass mit der 27-jährigen Dauer dieses Verfahrens ein Verstoß der Verwaltung gegen ihre Verpflichtung vorliegt,
innerhalb eines angemessenen Zeitraums Stellung zu nehmen und ein eingeleitetes Verfahren abzuschließen. Jedoch konnte sich
dieser Verstoß, so bedauerlich er auch sein mag, weder auf die Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Antrags auf Freistellung noch
auf die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens zur Feststellung der Zuwiderhandlung auswirken.
39
Die Ablehnung des Antrags auf Freistellung, bei der es sich um eine gegenüber der Feststellung einer Zuwiderhandlung selbständige
Entscheidung handelt, kann nach ständiger Rechtsprechung nicht allein deshalb, weil sie nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums
erfolgt ist, zur Rechtswidrigkeit einer Entscheidung führen, die die Kommission im Anschluss an die Anmeldung einer Vereinbarung
getroffen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 14. Februar 2001 in der Rechtssache T-26/99, Trabisco/Kommission,
Slg. 2001, II-633, Randnr. 52, und in der Rechtssache T-62/99, Sodima/Kommission, Slg. 2001, II-655, Randnr. 94).
40
Der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer, wenn er denn bewiesen wäre, rechtfertigte die Nichtigerklärung
einer Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik erlassen wird, nur, wenn
damit auch die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens verletzt worden wären. Wenn nämlich nicht bewiesen ist, dass
die übermäßig lange Verfahrensdauer die Möglichkeit für die betroffenen Unternehmen, sich wirksam zu verteidigen, beeinträchtigt
hat, wirkt sich die Nichtbeachtung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens
aus (Urteil des Gerichts vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T-305/94 bis T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94,
T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 1999, II-931, Randnr. 122, das insoweit
durch das Urteil des Gerichtshofes Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Randnrn. 176 und 177, nicht aufgehoben worden
ist).
41
In Bezug auf die Entscheidung über die Feststellung einer Zuwiderhandlung genügt der Hinweis, dass sich die Kommission darin
mit Bedacht nicht auf Gesichtspunkte stützt, die Gegenstand einer Anmeldung waren, und den Nachweis führt, dass die JCB vorgeworfenen
Praktiken von den Bestimmungen der übermittelten Vereinbarungen abweichen. Demzufolge kann das weite Zurückliegen der Anmeldung
der Vereinbarungen nicht die Ordnungsmäßigkeit des Wettbewerbsverfahrens beeinträchtigen, das auf andere als die übermittelten
Gesichtspunkte gestützt ist.
42
Zudem trägt JCB Service nicht vor, dass die lange Verfahrensdauer einen besonderen Verfahrensfehler zur Folge gehabt habe,
und macht nur geltend, dass das Verhalten der Kommission eine schlechte Sachbehandlung offenbare. Für die Prüfung der Anträge
auf Nichtigerklärung lässt sich daher aus der Zeit, die seit den 1973 erfolgten Anmeldungen verstrichen ist, keine Folgerung
ableiten.
43
Was die Untersuchung der Beschwerde angeht, mit der die Kommission am 15. Februar 1996 befasst wurde, so zeigt sich, dass
die Gesamtdauer des Verfahrens von vier Jahren, zehn Monaten und sechs Tagen unter Berücksichtigung der Komplexität des Falles,
der mehrere Mitgliedstaaten betrifft und sich auf fünf Zuwiderhandlungen erstreckt, und der notwendigen Erstellung einer zweiten
Mitteilung der Beschwerdepunkte, wie oben in den Randnummern 16 und 18 dargestellt, nicht übermäßig lang ist.
44
Selbst wenn dieser Zeitraum als übermäßig lang anzusehen wäre, könnte dieses Ergebnis die Nichtigerklärung der maßgebenden
Artikel der angefochtenen Entscheidung nur in dem Fall nach sich ziehen, in dem nachgewiesen wäre, dass als Folge dessen die
Verteidigungsrechte verletzt worden wären (Urteil vom 20. April 1999 Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Randnr. 122,
das insoweit durch das Urteil des Gerichtshofes vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, nicht
aufgehoben worden ist).
45
Die Klägerin trägt aber nicht vor, dass die behauptete Nichteinhaltung eines angemessenen Zeitraums bei der Untersuchung der
Beschwerde durch die Kommission hier zu einer Missachtung der Verteidigungsrechte geführt hätte. Wie sich in der Sitzung bestätigt
hat, trägt JCB Service lediglich vor, dass die lange Verfahrensdauer eine voreingenommene und schlechte Sachbehandlung durch
die Kommission offenbare und damit belege, dass die angefochtene Entscheidung rechtswidrig sei. Unter diesen Umständen und
ohne dass über die angeblich überlange Dauer der Untersuchung der Beschwerde befunden zu werden brauchte, kann der Klagegrund,
so wie er formuliert ist, nicht zur vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung des verfügenden Teils der angefochtenen
Entscheidung führen.
46
Da der Klagegrund die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung weder in Bezug auf den Antrag auf Freistellung noch in
Bezug auf die Zuwiderhandlung in Frage stellen kann, ist er demnach als ungeeignet, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
zu führen, zurückzuweisen.
Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung Vorbringen der Parteien
47
JCB Service trägt vor, die Kommission habe ihr nicht ermöglicht, sich in angemessener Weise zu äußern, und habe den Grundsatz
der Unschuldsvermutung nicht beachtet, der in Verfahren wegen der Verletzung der Wettbewerbsregeln anwendbar sei, die zur
Verhängung von Geldbußen gegen Unternehmen führen könnten (Urteil des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-199/92 P,
Hüls/Kommission, Slg. 1999, I-4287, Randnrn. 149 und 150). Die Kommission habe somit gegen ihre Verpflichtung zur Unvoreingenommenheit
verstoßen, indem sie unter Verletzung des Grundsatzes, dass ein Zweifel zugunsten des Betroffenen zu werten sei, den Sachverhalt
voreingenommen geprüft, die entlastenden Anhaltspunkte außer Acht gelassen und die Verantwortlichkeit der Klägerin vermutet
habe (Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache T-62/98, Volkswagen/Kommission, Slg. 2000, II-2707, Randnr.
269, und Schlussanträge des Richters Vesterdorf in Wahrnehmung der Aufgaben eines Generalanwalts zum Urteil des Gerichts vom
24. Oktober 1991 in der Rechtssache T-1/89, Rhône-Poulenc/Kommission, Slg. 1991, II-867, II-869, II-954 und II-956).
48
JCB Service wirft der Kommission vor, sie habe sich sofort eine nachteilige Meinung über ihren Fall gebildet, ohne geprüft
zu haben, ob Vertriebsvereinbarungen nicht angemeldet worden seien, und habe dann, als sie über einen vollständigen Vorgang
verfügt habe, an ihrem anfänglichen Standpunkt festgehalten, indem sie von der Verantwortlichkeit des Unternehmens ausgegangen
sei. Die Klägerin macht anhand von Beispielen geltend, dass die Kommission entlastende Beweismittel nicht geprüft oder unterdrückt
und eine irreführende Auslegung der Unterlagen und der Umstände des Falles vorgenommen habe.
49
Die Kommission ist der Ansicht, dass das Verfahren in angemessener Weise durchgeführt worden sei, da JCBamford Excavators
zweimal angehört worden sei und zuvor Akteneinsicht erhalten habe. Zudem habe sie die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte
beschlossen, weil die schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen der Klägerin sie veranlasst hätten, die Anmeldung von 1973
eingehend zu prüfen und ihre Beurteilung zu überdenken. Die Kommission bestreitet daher, voreingenommen gehandelt zu haben.
Würdigung durch das Gericht
50
Der Klagegrund umfasst zwei Teile. Zum einen betrifft er die organisierte Wahrung der Verteidigungsrechte, wobei es um die
Anwendung der Artikel 81 EG und 82 EG durch die Bestimmungen des Artikels 19 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 und die Bestimmungen
der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung
Nr. 17 (ABl. 1963, Nr. 127, S. 2268) geht. Nach diesen Bestimmungen müssen die von einem Verfahren zur Feststellung von Zuwiderhandlungen
betroffenen Unternehmen sich im Verwaltungsverfahren zu allen in der Entscheidung berücksichtigten Beschwerdepunkten äußern
können (Urteil des Gerichtshofes vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461,
Randnr. 9, und Urteil SCK und FNK/Kommission, Randnr. 65). Zum anderen beruft sich die Klägerin auf den Grundsatz der Unschuldsvermutung,
der Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung und in Verfahren wegen der Verletzung der Wettbewerbsregeln anwendbar sei,
die für die Unternehmen gälten und zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen könnten (Urteil Hüls/Kommission,
Randnrn. 149 und 150, und Urteil des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-235/92 P, Montecatini/Kommission,
Slg. 1999, I-4539, Randnrn. 175 und 176).
51
Was die Wahrung der Verteidigungsrechte betrifft, so wurde JCBamford Excavators, wie oben in den Randnummern 16 und 18 ausgeführt,
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und sie wurde jeweils im Anschluss an die beiden Mitteilungen der Beschwerdepunkte von
der Kommission angehört.
52
Die Erstellung einer zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte war durch die als Antwort auf die erste Mitteilung der Beschwerdepunkte
abgegebene Stellungnahme erforderlich geworden, in der insbesondere auf das Vorliegen angemeldeter Vereinbarungen hingewiesen
wurde. Die Kommission war gehalten, ihre Beschwerdepunkte im Hinblick auf diese Vereinbarungen deshalb zu überdenken, weil
es ihr nach Artikel 15 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 verwehrt war, aufgrund der angemeldeten Klauseln eine Geldbuße gegen
JCB festzusetzen. Die erneute Prüfung der Zuwiderhandlungen angesichts dieser neuen Anhaltspunkte und der Erlass einer zweiten
Mitteilung der Beschwerdepunkte beeinträchtigten nicht etwa die Verteidigungsrechte, sondern dienten dazu, das anfänglich
lückenhafte Verfahren und die sich daraus möglicherweise ergebenden Beurteilungsfehler zu berichtigen (vgl. in diesem Sinne
Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1972 in der Rechtssache 51/69, Bayer/Kommission, Slg. 1972, 745, Randnr. 11). Unter
diesem Gesichtspunkt weist das angewandte Verfahren daher weder einen Fehler noch eine Verletzung der Verteidigungsrechte
auf.
53
Allein die Tatsache, dass die Kommission nacheinander zwei Mitteilungen der Beschwerdepunkte erlassen hat, kann nicht für
die Feststellung ausreichen, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt worden wäre. Eine allgemeine Vermutung der
Verantwortlichkeit des betreffenden Unternehmens könnte zudem der Kommission eventuell nur dann angelastet werden, wenn die
von ihr in der Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht durch die von ihr vorgelegten Beweismittel gestützt
würden.
54
Als Beispiel für eine Voreingenommenheit der Kommission erwähnt JCB Service erstens ein Schreiben des Verkaufsleiters vom
16. Mai 1995 an die Leiter der konzernangehörigen Unternehmen, in dem es heißt, dass das Verbot von Paralleleinfuhren gegen
die Entscheidungen der Kommission und gegen die Rechtsprechung des Gerichtshofes verstoße. Sie trägt vor, die Kommission habe
dieses Schreiben als Nachweis dafür verwendet, dass JCB das Gemeinschaftsrecht gekannt habe, was ein erschwerender Umstand
sei. JCB Service kann aber ihre Kenntnis der Anforderungen des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts nicht bestreiten, die
im Übrigen durch die Anmeldung ihrer Vereinbarungen seit dem Beitritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
zur Europäischen Gemeinschaft belegt wird. Dass JCB, wie aus dem oben erwähnten Schreiben hervorgeht, wissen wollte, ob ihre
Vereinbarungen und Praktiken mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar waren, ist eine von der Klägerin im Übrigen nicht bestrittene
objektive Tatsachenfeststellung. Die Berücksichtigung des fraglichen Schriftstücks und des darin zum Ausdruck kommenden Verhaltens
durch die Kommission stellt folglich keine voreingenommene Vorgehensweise der Kommission dar.
55
JCB Service trägt zweitens vor, die Kommission habe das in Randnummer 89 der angefochtenen Entscheidung erwähnte Schreiben
von Berkeley JCB an JCB Sales vom 13. April 1995 falsch ausgelegt. Darin werde festgestellt, dass sowohl Endabnehmer als auch
Handelsvertreter Anfragen an diesen Vertriebshändler richten könnten („by both end users and agents“). Selbst angenommen,
die Kommission hätte diesen Satzteil falsch ausgelegt, indem sie in Randnummer 143 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt
hat, dass „von Endabnehmern im Ausland oder deren bevollmächtigten Vertretern“ („overseas end users and their duly appointed
agents“) gesprochen werde, zeigte diese mögliche Ungenauigkeit als solche keine Voreingenommenheit, sondern allenfalls ein
Fehlverständnis des Dokuments.
56
JCB Service vertritt drittens die Ansicht, die Kommission habe ihre Verantwortlichkeit unter allen Umständen für gegeben erachtet.
Sie wirft der Kommission vor, das für JCB günstige Urteil der Cour d’appel Paris vom 8. April 1998 unberücksichtigt gelassen
zu haben. Das Urteil, in dem entschieden worden sei, dass Central Parts ohne Genehmigung das JCB-Zeichen verwendet und Seriennummern
an JCB-Maschinen entfernt habe, gelange zu dem Ergebnis, dass Central Parts gegenüber der JCB SA unlautere Wettbewerbshandlungen
vorgenommen habe. Die Kommission habe auch den „Rouvière-Rechtsstreit“ falsch verstanden, so genannt nach dem Namen eines
Kunden von Central Parts, der eine JCB-Maschine gekauft habe, die von diesem nicht zugelassenen Händler später mangelhaft
instand gesetzt worden sei. Dass der Urheber der Beschwerde in einem Verfahren nach der Verordnung Nr. 17 sich möglicherweise
strafbar gemacht hat und deswegen von einem Gericht verurteilt worden ist, hat jedoch keinen Einfluss auf das Vorliegen der
zu Lasten der JCB angenommenen Zuwiderhandlungen, die zudem anders gelagert sind.
57
JCB Service weist viertens darauf hin, dass die Aufzeichnung des am 6. November 1996 in den Geschäftsräumen des zugelassenen
Vertriebshändlers Watling JCB zwischen Vertretern der GD „Wettbewerb“ und Verantwortlichen des Vertriebshändlers geführten
Gesprächs durch Vertreter dieser Direktion einen Entlastungsbeweis dargestellt habe, den die Kommission zu Unrecht nicht gewürdigt
habe.
58
Dem Wortlaut der Aufzeichnung, die ─ wie oben in den Randnummern 27, 28 und 30 ausgeführt ─ im vorliegenden Verfahren zu den
Akten gegeben wurde, lässt sich entnehmen, dass die von Watling JCB gegenüber der Kommission im Laufe dieses Gesprächs gemachten
Angaben u. a. die Art und Weise, wie die für Verkäufe ins Ausland auferlegten Beschränkungen umgesetzt wurden, die Beziehungen
zwischen der Klägerin und der JCB Dealer Association (Vereinigung der JCB-Händler), die Servicegebühren und die Erstellung
der Listen der Einzelhandelspreise betrafen. Aus der in dem Gespräch gelieferten Beschreibung der Beziehungen zwischen der
JCB-Gruppe und einem ihrer zugelassenen Vertriebshändler lässt sich nichts klar herauslösen, was einen negativen oder positiven
Beweis hinsichtlich der Frage darstellt, ob es sich bei den Praktiken des Vertriebsnetzes um Zuwiderhandlungen gehandelt hat.
Daher kann die Klägerin nicht damit gehört werden, die Kommission habe das Dokument von ihrer Prüfung der Bestandteile der
Zuwiderhandlung ausgenommen, um einen Entlastungsbeweis zu unterdrücken. Die Kommission hat im Übrigen erklärt, sie habe diese
Unterlage deshalb unberücksichtigt gelassen, weil sie Zweifel daran gehabt habe, ob sie unter regulären Bedingungen erlangt
worden sei, was hier eine nachvollziehbare Erläuterung darstellt.
59
Dementsprechend kann unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Umstände und des Inhalts der betreffenden Aufzeichnung
die Entscheidung der Kommission, dieses Dokument aus den Akten zu entfernen, nicht für die Feststellung ausreichen, dass die
Kommission, wie die Klägerin ihr vorwirft, bei der Behandlung des Falles voreingenommen gewesen sei.
60
Im Ergebnis geht aus der Führung des Verwaltungsverfahrens nicht hervor, dass die Kommission die Unterlagen und den Sachverhalt
tendenziös oder verzerrend ausgelegt oder sich gegenüber JCB voreingenommen verhalten hätte. Daher ist der Klagegrund der
Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung bei der Beweiswürdigung zurückzuweisen.
61
Demnach sind der Anspruch auf rechtliches Gehör und der Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht verletzt worden.
Dritter Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht Vorbringen der Parteien
62
JCB wirft der Kommission vor, sie habe ihr Recht auf Einsicht in die zu den Akten genommenen Unterlagen verletzt, die für
ihre Verteidigung von Bedeutung seien und keine internen Unterlagen der Kommission darstellten, die diese für nicht einsehbar
erklären könne (oben in Randnr. 24 genannte Unterlagen Nrn. 1 bis 19).
63
Die Kommission führt aus, JCB habe in alle nichtvertraulichen Unterlagen der Akten Einsicht nehmen können. Die Unterlagen
Nummern 6 bis 10 seien von der Kommission nicht für die Feststellung der Zuwiderhandlung verwendet worden und hätten daher
für die Verteidigung des Unternehmens nicht von Nutzen sein können.
Würdigung durch das Gericht
64
Die Akteneinsicht zählt zu den Verfahrensgarantien, mit denen die Verteidigungsrechte geschützt werden sollen. Die Verletzung
des Rechts auf Einsicht in die Akten der Kommission im Verfahren vor dem Erlass einer Entscheidung auf dem Gebiet des Wettbewerbs
kann grundsätzlich deren Nichtigerklärung nach sich ziehen, wenn die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens beeinträchtigt
worden sind. In einem solchen Fall wird die eingetretene Verletzung nicht durch den bloßen Umstand geheilt, dass die Einsicht
im Gerichtsverfahren im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung ermöglicht worden ist. Wurde die Einsicht
in diesem Stadium gewährt, so braucht das betroffene Unternehmen nicht zu beweisen, dass die Entscheidung der Kommission anders
gelautet hätte, wenn es Einsicht in die nicht übermittelten Unterlagen erhalten hätte, sondern lediglich, dass es die fraglichen
Schriftstücke zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können (Urteil vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission,
Randnrn. 316 bis 318).
65
Gemäß diesen Grundsätzen ist zu prüfen, ob die Weigerung der Kommission, JCB Einsicht in die streitigen, erst im Rahmen des
Gerichtsverfahrens übermittelten Schriftstücke zu gewähren, die Klägerin an der Kenntnisnahme von für ihre Verteidigung möglicherweise
nützlichen Unterlagen gehindert und somit die Verteidigungsrechte verletzt hat.
66
Das von der Klägerin mit der Nummer 1 versehene Schriftstück ist ein an eine offizielle Publikation der JCB angelehntes Verzeichnis
der von JCB für die Benelux-Länder zugelassenen Vertriebshändler, das Central Parts der Kommission im Rahmen der Untersuchung
ihrer Beschwerde übermittelt hat. Die in diesem Schriftstück enthaltenen Informationen in Form einer einfachen Adressenliste
waren JCB offensichtlich bekannt, und die Klägerin trägt nicht einmal vor, dass sich aus der fehlenden Übermittlung dieses
Schriftstücks eine Verletzung ihrer Rechte ergeben hätte.
67
Bei den von der Klägerin mit den Nummern 2, 11, 12, 13, 14, 15, 16 und 17 versehenen Schriftstücken handelt es sich um Informationsersuchen,
die die Kommission im Rahmen ihrer Untersuchungsbefugnisse gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 an Central Parts, Gunn JCB
und Watling JCB gerichtet hat. Als einfache Informationsersuchen enthalten sie nichts, was für die Verteidigung der JCB nützlich
wäre. Die Weigerung, sie zu übermitteln, hat die Verteidigungsrechte daher nicht beeinträchtigt.
68
Bei den mit den Nummern 3, 18 und 19 versehenen Schriftstücken handelt es sich um Antworten auf die oben in Randnummer 67
genannten Informations- oder Auskunftsersuchen, beim Erstgenannten gemäß Artikel 14 und bei den beiden anderen gemäß Artikel
11 der Verordnung Nr. 17. Darin werden die Informationsquellen der Kommission in Zweifel gezogen. Diese konnte hier zu Recht
Vertraulichkeit einwenden und JCB im Verwaltungsverfahren die Einsicht in diese Bestandteile der Akten verweigern.
69
Die mit den Nummern 6, 7, 8, 9 und 10 versehenen Schriftstücke schließlich betreffen das Gespräch zwischen den Vertretern
der GD „Wettbewerb“ und den Verantwortlichen der Watling JCB, das am 6. November 1996 in den Geschäftsräumen der Watling JCB
stattfand (siehe oben, Randnrn. 57 und 58). Auch wenn darin Aussagen darüber enthalten sind, wie das JCB-Vertriebsnetz aus
der Sicht der Vertriebshändler konkret funktionierte, kann man nicht davon ausgehen, dass dieses Gespräch für die Verteidigung
des betreffenden Unternehmens von Nutzen sein konnte.
70
Zum einen sind alle von den Gesprächsteilnehmern gemachten Angaben nämlich in anderen Teilen der Akten enthalten, zu denen
das Unternehmen seinen Standpunkt äußern konnte, sei es zu den Verkäufen außerhalb des Vertriebsgebiets, zu den Beziehungen
zwischen der Klägerin und der JCB Dealer Association, zu den Servicegebühren oder zur Erstellung der Listen der Einzelhandelspreise.
Wie oben in Randnummer 58 festgestellt, enthält der Wortlaut der Aufzeichnung nichts, was sich als negativer oder positiver
Beweis hinsichtlich der Frage herauslösen ließe, ob es sich bei den Praktiken im Vertriebsnetz um Zuwiderhandlungen gehandelt
hat. Die angefochtene Entscheidung ist im Übrigen auf die betreffenden Schriftstücke gestützt und nicht auf den Inhalt des
Gesprächs, dessen Nichtberücksichtigung JCB der Kommission im Rahmen des zuvor geprüften Klagegrundes vorwirft.
71
Zum anderen kann unter den Umständen des vorliegenden Falles als erwiesen angesehen werden, dass JCB über ihren Vertriebshändler
Watling JCB vor Erlass der angefochtenen Entscheidung Kenntnis vom Inhalt des Gesprächs hatte. Insbesondere der in Nummer
4.59 der Klageschrift dargelegte Sachverhalt bedeutet, dass JCB vor Erlass der Entscheidung von Watling JCB eine Kopie des
Schriftstücks erhalten hat. Zudem räumt JCB Service selbst ein, dass sie von Watling JCB über die von der Kommission in ihren
Geschäftsräumen durchgeführte Inspektion und das am zweiten Tag dieser Inspektion aufgezeichnete Gespräch unterrichtet worden
sei. Den Zeitpunkt dieser Unterrichtung gibt sie nicht an, trägt aber nicht vor, dass sie während des Verfahrens dessen Inhalt
nicht gekannt habe, obwohl sie der Kommission vorwirft, ihr keine Einsicht in das Schriftstück gewährt zu haben.
72
Demnach ist der Klagegrund der Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht und einer sich daraus ergebenden Verletzung der Verteidigungsrechte
zurückzuweisen.
73
Ferner ist der Antrag auf Vorlage bestimmter Unterlagen aus den Akten, in die Einsicht zu nehmen JCB im Verwaltungsverfahren
verweigert worden war, erledigt, da diese Unterlagen der Klägerin im Verfahren vor dem Gericht vollständig übermittelt worden
sind.
2. Zur Begründetheit der angefochtenen EntscheidungZum Klagegrund der fehlenden Feststellung der Zuwiderhandlung
74
Die Kommission hat die fünf oben in Randnummer 20 angeführten Bestandteile einer Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen des
Artikels 81 EG festgestellt.
Vorbemerkungen der Parteien zur Anmeldung
75
JCB Service trägt vor, sie habe, nachdem sie ihre Vereinbarungen seit 1973 angemeldet, diese unter Berücksichtigung der Stellungnahmen
der Kommission geändert und ihre überarbeiteten Vereinbarungen 1975 und später ihre Änderungen 1980 und 1995 übersandt habe,
davon ausgehen können, dass ihre geänderten und ihrer Ansicht nach ordnungsgemäß angemeldeten Vereinbarungen mit dem Gemeinschaftsrecht
vereinbar und von der Kommission stillschweigend gebilligt gewesen seien, da es bis zu der von Central Parts 1996 eingereichten
Beschwerde keinerlei Äußerung der Verwaltung gegeben habe.
76
Die Kommission führt aus, dass nur die am 30. Juni 1973 gemäß dem Formblatt A/B ordnungsgemäß angemeldeten Vertriebsvereinbarungen,
die alle damaligen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft mit Ausnahme der Französischen Republik betroffen hätten, sowie die am
18. Dezember 1975 übermittelten Vereinbarungen, mit denen einige der vorherigen geändert worden seien, als ordnungsgemäß angemeldet
angesehen werden könnten. Die 1980 und 1995 übermittelten Verträge seien hingegen nicht rechtsgültig angemeldet worden, da
sie nicht mittels des erforderlichen Formblatts A/B mitgeteilt worden seien. Nach dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere
nach der Verordnung Nr. 17 könne man nicht die Auffassung der JCB Service teilen, dass es eine stillschweigende Genehmigung
gegeben habe oder dass die Zulässigkeit vermutet werden könne.
Würdigung durch das Gericht
77
Die Parteien streiten somit über die Frage, ob, unabhängig von der 1975 erfolgten Übermittlung der im Anschluss an die Stellungnahmen
der Kommission geänderten Vereinbarungen, für die die Kommission ─ wie oben in Randnummer 76 ausgeführt ─ einräumt, dass sie
in den Anwendungsbereich der Anmeldung fallen, die weiteren, 1980 und 1995 erfolgten Übermittlungen als im Hinblick auf die
Anforderungen der Verordnung Nr. 17 und der Verordnung Nr. 27 der Kommission vom 3. Mai 1962 ─ Erste Ausführungsverordnung
zur Verordnung Nr. 17 (ABl. 1962, Nr. 35, S. 1118), geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1133/68 der Kommission vom 26.
Juli 1968 (ABl. L 189, S. 1) und ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 3385/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über die
Form, den Inhalt und die anderen Einzelheiten der Anträge und Anmeldungen nach der Verordnung Nr. 17 (ABl. L 377, S. 28),
die am 1. März 1995 in Kraft getreten ist, ordnungsgemäße Anmeldungen angesehen werden können.
78
Die von JCB 1980 und 1995 vorgenommenen Übermittlungen betreffen die Vereinbarung mit den Vertriebshändlern im Vereinigten
Königreich, und die Frage ihrer Ordnungsmäßigkeit kann sich auf die Prüfung des ersten Bestandteils der Zuwiderhandlung betreffend
die Beschränkungen bei passiven Verkäufen durch Vertriebshändler im Vereinigten Königreich auswirken (siehe nachstehend, Randnrn.
86 bis 89).
79
Nach gefestigter Rechtsprechung kommen die an die Anmeldung geknüpften Wirkungen nur inhaltsgleichen Verträgen zugute, die
dasselbe Unternehmen abschließt (Urteil des Gerichtshofes vom 30. Juni 1970 in der Rechtssache 1/70, Rochas, Slg. 1970, 515,
Randnr. 5). Die Verwendung des Formblatts ist zwingend vorgeschrieben und stellt eine Voraussetzung für die Gültigkeit der
Anmeldung dar (Urteil des Gerichtshofes vom 29. Oktober 1980 in den Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78, Van Landewyck/Kommission,
Slg. 1980, 3125, Randnrn. 61 und 62), wobei im Fall einer Verstärkung oder Erweiterung der Beschränkungen und erst recht bei
einer Einführung neuer Beschränkungen eine erneute Anmeldung vorzunehmen ist (Urteil des Gerichtshofes vom 24. April 1997
in der Rechtssache C-39/96, Free Record Shop, Slg. 1997, I-2303, Randnr. 15). Ein Unternehmen kann sich nicht darauf berufen,
dass Ausschließlichkeitsklauseln, die in einer angemeldeten Vereinbarung enthalten seien, abgeschafft worden seien, wenn es
die angeblich vorgenommenen Änderungen nicht in der in der Verordnung Nr. 17 vorgeschriebenen Weise mitgeteilt hat. Kommission
und Gericht werden nur die ursprünglich angemeldete Vereinbarung berücksichtigen (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar
1984 in den Rechtssachen 43/82 und 63/82, VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, 19, Randnr. 8). Nur für den Sonderfall eines
Erneuerungsantrags auf Freistellung hat der Gerichtshof die Übersendung des Erneuerungsantrags und der Änderungen für ausreichend
gehalten, ohne eine erneute förmliche Anmeldung zu verlangen (Urteil des Gerichtshofes vom 22. Oktober 1986 in der Rechtssache
75/84, Metro/Kommission, Slg. 1986, 3021, Randnrn. 29 bis 31).
80
Außerdem enthält, wie die Kommission zu Recht bemerkt hat, das gemeinschaftliche Wettbewerbsrecht ─ eben das durch die Verordnung
Nr. 17 vorgeschriebene System der Anmeldung ─ keine Regelung über die stillschweigende Genehmigung der so angemeldeten Vereinbarungen.
81
Im vorliegenden Fall enthält die Vereinbarung von 1980 neue Klauseln, insbesondere in Bezug auf die Rechte des geistigen Eigentums
und das bei der Beendigung von Vertragsbeziehungen zu beachtende Verfahren. Sie weist Ergänzungen betreffend die Pflichten
des Vertriebshändlers auf. Die Klausel 4 über Verkäufe auf Großhandelsbasis, nach der die Freiheit der Vertriebshändler insoweit
beschränkt wird, wurde in der neuen Vereinbarung geändert. In der Fassung von 1995 wurde die Klausel 4 in Bezug auf die Ausnahmen
von den den Vertriebshändlern auferlegten Beschränkungen neu gefasst. Außerdem wurden neue Verpflichtungen zu Lasten des Vertriebshändlers
eingeführt.
82
Angesichts der damit an ihren Vereinbarungen vorgenommenen substanziellen Änderungen und der in sie eingefügten neuen Klauseln
hätte JCB bei ihren Mitteilungen von 1980 und 1995 mit dem hierfür vorgesehenen Formblatt eine Anmeldung vornehmen müssen,
um der Kommission zu ermöglichen, die ihr obliegende Kontrolle sachgerecht durchzuführen. Dementsprechend sind allein die
1973 angemeldeten und 1975 als Reaktion auf die Stellungnahmen der Kommission geänderten Vereinbarungen als ordnungsgemäß
angemeldet anzusehen.
Zum ersten Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend die Beschränkungen der passiven Verkäufe durch zugelassene Vertriebshändler
im Vereinigten Königreich, in Irland, Frankreich und Italien an nicht zugelassene Händler, Endabnehmer oder zugelassene Vertriebshändler,
die außerhalb von Alleinvertriebsgebieten und insbesondere in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind Vorbringen der Parteien
83
JCB Service trägt vor, die Kommission habe die Rüge nicht untermauert, wonach den zugelassenen Vertriebshändlern im Vereinigten
Königreich, in Irland, Frankreich und Italien Beschränkungen bei passiven Verkäufen auferlegt und ihnen Ausfuhren sogar an
Endabnehmer und zugelassene Vertriebshändler außerhalb ihrer Alleinvertriebsgebiete und insbesondere in anderen Mitgliedstaaten
untersagt worden seien; das einzige in ihren Vereinbarungen enthaltene ausdrückliche Verbot betreffe die Verkäufe an nicht
zugelassene Händler. Die meisten von der Kommission herangezogenen Schriftstücke beträfen die Anwendung der Klausel 4 in den
angemeldeten Vereinbarungen. JCB erklärt ferner, dass ihre Haltung gegenüber „zweifelhaften“ Ausfuhren (grey exports) nur
den Parallelhändlern außerhalb ihres Netzes gegolten habe und dass die in der angefochtenen Entscheidung insoweit genannten
Unterlagen für eine Feststellung der gerügten Zuwiderhandlung nicht einschlägig seien.
84
Die Kommission trägt vor, JCB habe jedem zugelassenen Vertreter tatsächlich dadurch Beschränkungen bei passiven Verkäufen
außerhalb des zugewiesenen Gebiets auferlegt, dass sie sich in die für die Ausfuhr bestimmten Verkäufe ihrer im Vereinigten
Königreich ansässigen Vertriebshändler eingemischt habe, dass sie die italienischen Vertriebshändler verpflichtet habe, Verkäufe
nur im zugewiesenen Gebiet vorzunehmen, dass sie die Lieferungen ihrer irischen Vertriebshändler außerhalb des zugewiesenen
Gebiets von ihrer Genehmigung abhängig gemacht habe und dass sie sich über ihre französische Tochtergesellschaft an der Aushandlung
der Servicegebühren in Frankreich beteiligt habe. Ferner sei die Klausel 4 in den angemeldeten Vereinbarungen anders und restriktiver
angewandt worden, als es nach dem Wortlaut der angemeldeten Klausel selbst vorgesehen gewesen sei. Außerdem habe JCB von allen
Verkäufen ins Ausland, sei es durch zugelassene Vertreter oder durch nicht zugelassene Vertreter im Fall von Parallelausfuhren,
aktiv abgeraten.
Würdigung durch das Gericht
85
Der in Artikel 1 Buchstabe a der angefochtenen Entscheidung genannte Bestandteil der Zuwiderhandlung betrifft eine Beschränkung
bei passiven Verkäufen durch zugelassene Vertriebshändler im Vereinigten Königreich, in Irland, Frankreich und Italien, die
daran gehindert oder davon abgebracht worden sein sollen, nicht nur an nicht zugelassene Vertriebshändler, sondern auch an
zugelassene Vertriebshändler, die außerhalb ihres Vertriebsgebiets ansässig sind, sowie an Endabnehmer zu verkaufen. Eine
solche Beschränkung, die eine Beschränkung des Absatzes und eine Marktaufteilung bezweckt und bewirkt, ist nach Artikel 81
Absatz 1 Buchstaben b und c EG verboten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 21. Februar 1984 in der Rechtssache
86/82, Hasselblad/Kommission, Slg. 1984, 883, Randnr. 46).
– Vereinigtes Königreich
86
Die angemeldeten Vereinbarungen betreffend die Vertriebshändler und Haupthändler im Vereinigten Königreich (eingetragen unter
der Nummer IV 28696 bzw. IV 28697) enthalten in ihrer im Anschluss an die Stellungnahmen der Kommission 1975 geänderten Fassung
eine Klausel 4, wonach sich in Bezug auf die Erstgenannten „[d]er Vertriebshändler verpflichtet ..., JCB-Produkte auf Großhandelsbasis
für den Weiterverkauf ausschließlich an zugelassene nachgeordnete Händler oder bei Produkten der Kategorie B an Haupthändler
zu verkaufen“, und sich in Bezug auf die Zweitgenannten „[d]er Haupthändler verpflichtet ..., JCB-Produkte auf Großhandelsbasis
für den Weiterverkauf ausschließlich an zugelassene nachgeordnete Händler zu verkaufen“. Diese Klauseln, die ein Verbot von
Verkäufen an nicht zugelassene Vertreter vorsahen, enthielten kein allgemeines Verbot von Verkäufen an Einzelhändler oder
an zugelassene Vertreter außerhalb des Vertragsgebiets. Die Kommission trägt aber vor, dass die fragliche Klausel so ausgelegt
worden sei, als enthielte sie ein allgemeines Verbot von Verkäufen außerhalb des Vertragsgebiets.
87
JCB Service trägt vor, dass die Schriftstücke, auf die die Kommission in den Randnummern 143 und 144 der angefochtenen Entscheidung
ihre Auffassung gestützt habe, dass die Beschränkungen nachgewiesen seien, einen solchen Schluss nicht zuließen.
88
In einem Schreiben der Watling JCB an den zuständigen Mitarbeiter des „Queen’s Award Office“ vom 26. Oktober 1992 zur Erlangung
eines Preises für ihre Exportleistungen gibt diese insoweit ausdrücklich an, dass es ihr nach ihrer Vertriebsvereinbarung
untersagt sei, neue Maschinen oder Ersatzteile zum Zwecke der Ausfuhr zu verkaufen. Aus einem Schreiben der Berkeley JCB an
JCB Sales vom 13. April 1995 geht hervor, dass sich dieser zugelassene Vertriebshändler durch eine Klausel gebunden sieht,
nach der es ihm untersagt sei, Verkäufe außerhalb seines Vertragsgebiets vorzunehmen, und dass er zusagt, JCB über Anfragen
sowohl von Endabnehmern als auch von Vertretern, bei denen er Bedenken habe, zu unterrichten. In einem Schreiben vom 21. November
1995 erklärt ein weiterer zugelassener Vertriebshändler, TC Harrison JCB, gegenüber Central Parts, dass er nicht zur Ausfuhr
berechtigt sei. Ein Schreiben der Gunn JCB an JCB Sales vom 30. November 1992, in dem dieser zugelassene Vertriebshändler
sich dafür rechtfertigt, eine neue Maschine nach Frankreich verkauft zu haben, bestätigt, dass JCB Sales darüber wacht, dass
die Ausschließlichkeit der Gebiete durch ihre Vertreter beachtet wird. Diese Schriftstücke lassen übereinstimmend erkennen,
dass Vertriebshändler davon ausgingen, nach ihrem Vertrag mit JCB zu einschränkenden Geschäftspraktiken verpflichtet zu sein,
und sich demzufolge entsprechend verhielten; über das in Klausel 4 enthaltene Verbot von Verkäufen an nicht zugelassene Vertreter
hinaus haben sie sich so verhalten, als seien sie einem allgemeineren Verbot von Verkäufen außerhalb ihres Vertragsgebiets,
insbesondere von Ausfuhren, unterworfen gewesen.
89
Demnach wurden im Vereinigten Königreich einschränkende Praktiken angewandt, die sich vom Inhalt der angemeldeten Vereinbarungen
unterscheiden. Der Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend passive Verkäufe durch zugelassene Vertriebshändler an zugelassene
Vertriebshändler und an Endabnehmer, die außerhalb ihres Vertriebsgebiets ansässig sind, ist somit bewiesen.
– Irland
90
Die 1973 und 1975 angemeldeten Standardvertriebsvereinbarungen Export, die u. a. Irland betreffen und als Vertragspartner
in diesem Land die Firma Blackwood Hodge aufführen (eingetragen unter der Nummer IV 28695), enthielten keine Klausel, wonach
Verkäufe auf Großhandelsbasis an nicht zugelassene Vertreter der für das Vereinigte Königreich in Randnummer 86 geprüften
Art verboten waren. Hingegen enthält die von JCB Sales 1992 mit Earthmover Commercial Industrial (ECI), ihrem Vertriebshändler
für Irland, geschlossene Vereinbarung eine Klausel 4 über Verkäufe auf Großhandelsbasis, die der jeweiligen Klausel 4 in den
Vereinbarungen betreffend die Haupthändler im Vereinigten Königreich in der Fassung von 1975 entspricht. Die Klausel in der
Vereinbarung von 1992 bestimmt, dass sich „[d]er Vertriebshändler verpflichtet ..., JCB-Produkte auf Großhandelsbasis für
den Weiterverkauf ausschließlich an zugelassene Händler oder nachgeordnete Händler zu verkaufen“. Da die Vereinbarung nicht
angemeldet wurde, kann die Klausel 4, die passive wie aktive Verkäufe betrifft, demzufolge für die Feststellung der Zuwiderhandlung
berücksichtigt werden.
91
Was die Durchführung der Vereinbarung über passive Verkäufe betrifft, so zieht JCB Service die Beweiskraft der in Randnummer
122 der angefochtenen Entscheidung genannten Schriftstücke in Zweifel, auf die sich die Kommission für die Feststellung der
Zuwiderhandlung stützt.
92
Ausweislich eines Fax von JCB Sales an die JCB SA vom 31. Januar 1995 und zweier weiterer Faxe von ECI JCB an JCB Sales vom
31. Januar und 30. März 1995 betreffend Versuche von Central Parts, beim Lager von ECI JCB in Cork Ersatzteile zu beschaffen,
beantwortete der irische Vertriebshändler die Anfragen von Central Parts ausweichend, indem er darauf verwies, dass er genug
damit zu tun habe, den eigenen Markt zu bedienen, und fragte gleichzeitig bei JCB Sales nach, ob er den aus Frankreich kommenden
Anfragen nach Belieferung nachkommen dürfe. Diese Tatbestandselemente, die durch das allgemeine Verhalten von JCB zur Beschränkung
der Verkäufe außerhalb des Vertragsgebiets im übrigen JCB-Vertriebsnetz bestätigt werden, liefern im Zusammenhang mit den
Vertragsbestimmungen, die mit denen im Vereinigten Königreich übereinstimmen, aber nicht angemeldet wurden, den Beweis für
den Bestandteil der Zuwiderhandlung, d. h. die für passive Verkäufe außerhalb des Vertriebsgebiets auferlegten Beschränkungen.
93
Der Umstand, dass die Irish Competition Authority (irische Wettbewerbsbehörde) ECI JCB mit Entscheidung vom 5. November 1993
eine Gruppenfreistellung für ihre Alleinvertriebsvereinbarung mit JCB Sales gewährte, ohne in Bezug auf die Klausel 4 Einwände
erhoben zu haben, ist für die Ausübung der Befugnisse, die der Kommission durch das Gemeinschaftsrecht auf dem Gebiet des
Wettbewerbs verliehen sind, durch die Kommission ohne Belang. Im Übrigen gewährt die aufgrund des Competition Act von 1991
ergangene Entscheidung der Irish Competition Authority die Freistellung vorbehaltlich des Artikels 81 Absatz 1 EG und der
Verordnung (EWG) Nr. 1983/83 der Kommission vom 22. Juni 1983 über die Anwendung von Artikel [81] Absatz 3 des Vertrages auf
Gruppen von Alleinvertriebsvereinbarungen (ABl. L 173, S. 1). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass eventuelle Ähnlichkeiten
zwischen den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften eines Mitgliedstaats und der Regelung der Artikel 81 EG und 82 EG weder die
Unabhängigkeit der Kommission bei der Anwendung dieser Bestimmungen einschränken noch sie dazu zwingen können, die Beurteilung
der für die Anwendung der entsprechenden nationalen Vorschriften zuständigen Stellen zu übernehmen (Urteil des Gerichtshofes
vom 28. März 1985 in der Rechtssache 298/83, CICCE/Kommission, Slg. 1985, 1105, Randnr. 27).
94
Ohnehin ist die Entscheidung der Irish Competition Authority auf die Klausel 4 gestützt, wie sie sich aus der 1992 zwischen
JCB Sales und ECI JCB geschlossenen und oben in Randnummer 90 erwähnten Vereinbarung ergibt, die nicht bei der Kommission
angemeldet wurde.
95
Demnach ist der Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend Irland auch für die passiven Verkäufe bewiesen.
– Frankreich
96
Der Standardvertriebsvertrag von 1991 zwischen der JCB SA und JCB Service und jedem Vertriebshändler enthält in Artikel 2
eine Ausschließlichkeitsklausel auf Gegenseitigkeit, die dem Vertriebshändler u. a. verwehrt, JCB-Erzeugnisse und -Ersatzteile
außerhalb des zugewiesenen Gebietes unmittelbar oder mittelbar zu verkaufen, zu vertreiben oder zu bewerben. Diese nicht angemeldete
Vereinbarung, die somit für die Feststellung der Zuwiderhandlung Berücksichtigung finden kann, untersagt die aktiven Verkäufe
und enthält schon nach ihrem Wortlaut auch ein Verbot der passiven Verkäufe außerhalb des zugewiesenen Gebietes.
97
JCB Service vertritt gleichwohl die Ansicht, dass die Schriftstücke, auf die sich die Kommission in den Randnummern 111, 113
und 134 ihrer Entscheidung stütze, das Vorliegen der gerügten Beschränkungen nicht bewiesen.
98
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass in einem Fax der JCB SA vom 21. Juni 1988 an einen zugelassenen Vertriebshändler der Empfänger
darauf aufmerksam gemacht wird, dass Verkäufe außerhalb des zugewiesenen Gebietes weder unterstützt noch dafür Zulagen gewährt
werden könnten und dass der Service mit einer Vertragsstrafe in Höhe von 8 % belegt werde. In einem Schreiben vom 10. Januar
1995 an einen ihrer Vertriebshändler, die Firma Philippe MPT, erinnert die JCB SA unter Bezugnahme auf Vorfälle, an denen
dieser Vertreter und Kundenfirmen in Bezug auf „Verkäufe oder Angebote außerhalb des Vertragsgebiets“ beteiligt gewesen seien,
den Vertriebshändler an seine Vertragspflichten. In einem Schreiben vom 31. Januar 1996 an die JCB SA beschwert sich ein in
Toulouse ansässiger Vertriebshändler, die Pinault Équipement, über die Konkurrenz der JCB Ile de France (Tochtergesellschaft
der JCB SA) in ihrem Vertragsgebiet und über Parallelnetze von Central Parts und von Renault agricole. Sie ersucht die JCB SA
um energisches Einschreiten, damit die Bestellungen in der Region Aquitaine an sie weitergeleitet werden. Diese Schriftstücke
bestätigen weitgehend die beschränkenden Praktiken und die Marktabschottung, die im Standardvertriebsvertrag enthalten sind.
99
JCB Service beruft sich auf die während des gerichtlichen Verfahrens am 20. Juli 2001 ergangene Entscheidung des französischen
Wettbewerbsrats, mit der das Fehlen einer Beschränkung für passive Verkäufe festgestellt werde. Diese Entscheidung ist für
den vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht einschlägig. Sie betrifft nämlich offensichtlich eine von den JCB-Vertriebshändlern
in Frankreich angeprangerte, zwischen der JCB-Gruppe und der Firma Renault agricole getroffene Absprache über den Vertrieb
von landwirtschaftlichen Geräten. Diese Geräte sind aber in Artikel 1 des hier in Rede stehenden Standardvertriebsvertrags
ausdrücklich ausgenommen und sind überdies Gegenstand eines anderen Vertriebsnetzes.
100
Demnach ist der Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend Beschränkungen der passiven Verkäufe für Frankreich bewiesen.
– Italien
101
Nach dem Standardvertriebsvertrag von 1993 zwischen der JCB SpA, der italienischen JCB-Tochtergesellschaft, und jedem Vertriebshändler
verpflichtet sich dieser, die JCB-Erzeugnisse nur im zugewiesenen Gebiet zu verkaufen (Klausel 4). Nach dieser Vertragsbestimmung,
die, da nicht angemeldet, für die Feststellung der Zuwiderhandlung Berücksichtigung finden kann, sind alle Verkäufe außerhalb
des zugewiesenen Gebietes untersagt. Diese einschränkende Klausel schließt demnach auch das Verbot von Exportverkäufen ein
und bezweckt somit eine Marktabschottung.
102
Aus zwei in den Randnummern 108 und 124 der angefochtenen Entscheidung genannten Mitteilungen der JCB Sales an die JCB SpA
vom 24. März 1994 bzw. vom 14. Februar 1996 geht zudem hervor, dass Sofim, ein Vertriebshändler in Italien, beschuldigt wird,
im ersten Fall JCB-Maschinen nach Slowenien, wo Terra der örtliche Vertreter ist, verkauft und im zweiten Fall im Süden Österreichs
eine „aggressive“ Werbung für JCB-Erzeugnisse betrieben zu haben, mit Preisen, die unter denen der örtlichen Vertreter lagen.
JCB Service trägt vor, dass von der Klausel 4 nur die aktiven Verkäufe erfasst seien und dass es häufig zu passiven Verkäufen
außerhalb des Vertragsgebiets gekommen sei. Die Klägerin weist nach, dass in der Zeit von 1990 bis 1999 JCB-Maschinen im jeweiligen
Vertragsgebiet der beiden zugelassenen Vertriebshändler Somi (Vertragsgebiet von Rom) und Vames (Vertragsgebiet von Turin)
durch für andere Vertragsgebiete zugelassene Vertriebshändler (Rimac und Stella auf der einen und Panero und Meta auf der
anderen Seite) verkauft worden sind. Es zeigt sich, dass durchschnittlich 25 % der in den Vertragsgebieten von Somi und Vames
durchgeführten Verkäufe von für andere Vertragsgebiete zugelassenen Vertriebshändlern vorgenommen wurden.
103
JCB Service beweist somit, dass Verkäufe zwischen den Vertragsgebieten der Vertriebshändler in Italien stattgefunden haben
und dass demzufolge die Praxis nicht so streng wie nach dem Vertrag erforderlich gehandhabt wurde. Die Beanstandungen des
Verhaltens von Sofim zeigen hingegen den Zwangscharakter des JCB-Vertriebssystems in Bezug auf Exportverkäufe und bestätigen
den verfolgten Zweck der Abschottung der nationalen Märkte. Artikel 81 Absatz 1 EG verbietet aber auf jeden Fall, unabhängig
von der praktischen Durchführung der Vereinbarungen, schon das Vorhandensein von Klauseln in Vertriebsverträgen, die eine
Beschränkung der Verkäufe bezwecken oder bewirken. Sie stellen eine Wettbewerbsbeschränkung dar, die nach Artikel 81 Absatz
1 EG mit Sanktionen belegt werden kann, wenn sie geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen
(Urteil des Gerichtshofes vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-306/96, Javico, Slg. 1998, I-1983, Randnrn. 14 und 15).
Eine Klausel einer Vereinbarung, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, ist nicht allein deshalb dem Verbot des Artikels
81 Absatz 1 EG entzogen, weil die Vertragspartner sie nicht angewandt haben (Urteile des Gerichtshofes Hasselblad/Kommission,
Randnr. 46, und vom 31. März 1993 in den Rechtssachen C-89/85, C-104/85, C-114/85, C-116/85, C-117/85 und C-125/85 bis C-129/85,
Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1307, Randnr. 175, und des Gerichts vom 14. Juli 1994 in der Rechtssache
T-77/92, Parker Pen/Kommission, Slg. 1994, II-549, Randnr. 55).
104
Demnach ist der Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend die passiven Verkäufe im Fall Italiens bewiesen.
– Zu den Parallelausfuhren auf dem gesamten betroffenen geografischen Markt
105
Nach Ansicht der JCB Service sind die in den Randnummern 93, 118 und 119 der angefochtenen Entscheidung genannten Schriftstücke
betreffend Parallelausfuhren an nicht zu ihrem Vertriebsnetz gehörende Wirtschaftsteilnehmer kein Beweis für das als Zuwiderhandlung
gerügte Verhalten.
106
Jedoch geht aus einem Schreiben der JCB Sales an Watling JCB vom 2. Juni 1992 der in Bezug auf Parallelausfuhren unveränderte
Standpunkt der Klägerin hervor, sich entschieden gegen den Verkauf neuer Maschinen im Ausland auszusprechen, ganz gleich,
ob dieser über einen Vertragshändler im Vereinigten Königreich oder einen Dritten in Form eines Anlagenmieters erfolgen solle.
Auch zwei Faxe vom 11. und vom 15. Mai 1995 weisen auf Beschwerden der deutschen JCB-Tochtergesellschaft JCB Germany gegenüber
JCB Sales über Verkäufe hin, die die Vertragshändlerin im Vereinigten Königreich Berkeley JCB und ein Anlagenvermieter an
einen örtlichen Wettbewerber durchgeführt haben.
107
Die vorstehend untersuchten Schriftstücke belegen, dass JCB eine Politik der Abschottung der Gebiete ihrer Vertragshändler
und der nationalen Märkte verfolgt, die sie veranlasst, allgemein alle Verkäufe außerhalb des Vertragsgebiets, insbesondere
ins Ausland, zu verhindern, ganz gleich, ob es sich um Parallelausfuhren außerhalb ihres Vertriebsnetzes handelt oder nicht.
Dieses Verhalten verstärkt die für passive Verkäufe auferlegten Beschränkungen.
108
Nach alledem hat die Kommission zu Recht angenommen, dass JCB durch ihre Vereinbarungen und ihre Praxis bestrebt war, das
Alleinvertriebsrecht ihrer Vertriebshändler in dem ihnen zugewiesenen Gebiet zu schützen, die Abschottung der nationalen Märkte
betrieb und die Ausfuhren verhinderte oder verbot. Das den ersten Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffende Vorbringen der
Klägerin ist daher zurückzuweisen.
Zum zweiten Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend die in Frankreich und Italien zugelassenen Vertriebshändlern auferlegten
Beschränkungen hinsichtlich der Bezugsquellen und das Verbot von Querlieferungen zwischen Vertriebshändlern Vorbringen der Parteien
109
JCB trägt vor, dass die Rüge, wonach durch die Vereinbarungen Beschränkungen hinsichtlich der Bezugsquellen der in Frankreich
und Italien zugelassenen Vertriebshändler eingeführt würden, die diese verpflichteten, sich ausschließlich bei der innerstaatlichen
JCB-Tochtergesellschaft einzudecken, und ihnen Querlieferungen zwischen zugelassenen Vertriebshändlern verböten, auf einer
fehlerhaften Auslegung der Vereinbarungen durch die Kommission beruhe, da die streitigen Klauseln lediglich den Zweck hätten,
sicherzustellen, dass die Vertriebshändler ausschließlich JCB-Erzeugnisse vertrieben. Die Klägerin wirft der Kommission ferner
vor, nicht geprüft zu haben, ob die beanstandeten Klauseln auch tatsächlich angewandt worden seien.
110
Die Kommission führt aus, dass sich die den französischen und italienischen Vertriebshändlern auferlegten Beschränkungen hinsichtlich
der Bezugsquellen aus dem Wortlaut der in Rede stehenden Vereinbarungen ergäben, ohne dass deren tatsächliche Anwendung geprüft
zu werden brauchte. Außerdem habe JCB diese Beschränkungen, die eine Verstärkung der angemeldeten Beschränkungen bewirkten,
zu keiner Zeit mitgeteilt.
Würdigung durch das Gericht
111
Die Aufteilung der Versorgungsquellen ist nach Artikel 81 Absatz 1 Buchstabe c EG verboten. Der in Artikel 1 Buchstabe b der
angefochtenen Entscheidung festgestellte Bestandteil der Zuwiderhandlung betrifft den in Frankreich und Italien zugelassenen
Vertriebshändlern auferlegte Beschränkungen hinsichtlich ihrer Bezugsquellen für Vertragswaren, wodurch Querlieferungen zwischen
diesen Vertriebshändlern verhindert werden.
112
In Frankreich schreibt Klausel 2 des Standardvertriebsvertrags den Alleinbezug von JCB-Maschinen und JCB-Ersatzteilen bei
der französischen Tochtergesellschaft JCB SA und bei JCB Service als wesentliche Vertragsbedingung vor. In Italien verbietet
der Standardvertriebsvertrag den Vertriebshändlern, andere als JCB-Erzeugnisse zu vertreiben oder mittelbar oder unmittelbar
an deren Vertrieb beteiligt zu sein (Klausel 4), und schreibt ihnen vor, sich mit Ersatzteilen und anderen für die Instandsetzung
von JCB-Erzeugnissen verwendeten subsidiären Erzeugnissen ausschließlich bei der JCB SpA einzudecken (Klausel 6), soweit nicht
in den in den beiden Klauseln genannten Fällen JCB vorher schriftlich etwas anderes genehmigt hat.
113
Die Klauseln in diesen Vereinbarungen, die nicht angemeldet wurden und als Beleg für die Zuwiderhandlung dienen können, bezwecken
eine Beschränkung.
114
JCB Service spricht den Unterlagen, auf die die Kommission in Randnummer 110 der angefochtenen Entscheidung abstellt, jeglichen
Beweiswert ab.
115
Zu diesen Unterlagen ist festzustellen, dass in Bezug auf Frankreich in einem Schreiben der JCB SA an Sem-Cedima, einen ihrer
Vertriebshändler, vom 21. Juni 1996 angekündigt wird, dass der Vertriebsvertrag mit zwei Vertriebshändlern, der Firma Sem-Cedima
und der Firma K. Macelot, von der französischen Tochtergesellschaft wegen deren Einkaufspolitik gekündigt werde, da sie neue
Maschinen und Ersatzteile nicht bei den Firmen der JCB-Gruppe in Frankreich gekauft hätten, sondern bei englischen Firmen,
eine Praxis, gegenüber der die JCB SA ihre Missbilligung zum Ausdruck bringe. Ein weiteres Schreiben eines in Frankreich zugelassenen
Vertriebshändlers vom 10. Februar 1999, dessen Identität verborgen bleibt und der auf ein Auskunftsersuchen der GD „Wettbewerb“
antwortet, enthält Bezugnahmen auf ein Verbot des Kaufes von JCB-Ersatzteilen und JCB-Ausrüstungsgegenständen bei anderen
Bezugsquellen als der JCB SA und auf Druck, der insoweit auf das JCB-Vertriebsnetz und auf seine Firma ausgeübt worden sei.
Der Vertriebshändler beanstandet dieses in Klausel 2 des Vertrags vorgesehene Verhalten, prangert parallele Vertriebsnetze
für Ausrüstungsgegenstände für die Landwirtschaft, die Industrie und den Bausektor an und führt aus, dass der Preisunterschied
der Hauptgrund sei, der es interessant mache, sich im Vereinigten Königreich einzudecken. Diese Unterlagen bestätigen, dass
die Vereinbarungen durchgeführt wurden und in Frankreich Beschränkungen hinsichtlich der Bezugsquellen der zugelassenen JCB-Vertreter
bestanden.
116
In Bezug auf Italien hat sich die Kommission für ihre Annahme, dass der Bestandteil der Zuwiderhandlung bewiesen sei, auf
keine anderen Belege als die Vertragsbestimmungen gestützt. JCB Service macht geltend, die Kommission könne sie nicht für
Klauseln bestrafen, die nicht streng ausgelegt und angewandt worden seien, ohne zu prüfen und darzutun, dass sie tatsächlich
umgesetzt worden seien.
117
Wie oben in Randnummer 103 ausgeführt, ist es für die Frage des Nachweises der behaupteten Zuwiderhandlung ohne Belang, dass
die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln nicht streng ausgelegt und angewandt worden sein sollen. Daher stellt es für sich allein
noch keinen Rechtsfehler dar, dass in der angefochtenen Entscheidung die Auswirkungen der Vereinbarung nicht untersucht worden
sind (Urteil des Gerichtshofes vom 13. Juli 1966 in den Rechtssachen 56/64 und 58/64, Consten und Grundig/Kommission, Slg.
1966, 321, 391, vgl. auch Urteil des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-143/89 Ferriere Nord/Kommission, Slg.
1995, II-917, Randnrn. 30 und 31, bestätigt durch Urteil des Gerichtshofes vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-219/95 P,
Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1997, I-4411, Randnrn. 13, 14 und 15), wobei zu beachten ist, dass der wettbewerbswidrige Zweck
oder die wettbewerbswidrige Wirkung einer Vereinbarung nicht kumulativ, sondern alternativ in Betracht zu ziehen ist (Urteil
des Gerichtshofes vom 30. Juni 1966 in der Rechtssache 56/65, Société Technique Minière, Slg. 1966, 281, 303, vgl. auch Urteil
vom 6. April 1995, Ferriere Nord/Kommission, Randnrn. 30 und 31).
118
Demnach ist die Kommission zu Recht davon ausgegangen, dass die Zuwiderhandlung betreffend die Beschränkungen hinsichtlich
der Bezugsquellen bei Käufen von Vertragswaren durch in Frankreich und Italien tätige Vertriebshändler bewiesen war. Das Vorbringen
der Klägerin hierzu ist daher zurückzuweisen.
Zum dritten Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend die Festlegung von Preisnachlässen oder Weiterverkaufspreisen, die
für Vertriebshändler im Vereinigten Königreich und Frankreich gelten Vorbringen der Parteien
119
JCB Service bestreitet, für ihre im Vereinigten Königreich und in Frankreich zugelassenen Vertriebshändler verbindliche Preisnachlässe
oder Weiterverkaufspreise festgelegt zu haben. Nach Ansicht der Klägerin erbringt die Kommission keinen Nachweis derartiger
unzulässiger Praktiken. Die Unterlagen, auf die die Kommission ihre Beurteilung gestützt habe, ließen lediglich die Versuche
der Klägerin erkennen, ihre eigenen Verkaufspreise gegenüber den Vertriebshändlern zu erhöhen, bezeugten normale Interessen
und gewöhnliche Geschäftsbeziehungen in einem Vertriebsnetz oder bezögen sich auf die Einführung eines neuen Vertriebsnetzes
für landwirtschaftliche Maschinen.
120
Die Kommission trägt vor, JCB sei an der Festlegung von Preisnachlässen und Weiterverkaufspreisen für ihre Vertriebshändler
im Vereinigten Königreich und Frankreich beteiligt gewesen, und von ihrem Einwirken sei eine Zwangswirkung ausgegangen. Nach
Ansicht der Kommission zeigen die Unterlagen, auf die sie ihre Beurteilung der Beziehungen zwischen JCB und der Vereinigung
ihrer Händler, der JCB Dealer Association, gestützt hat, dass JCB mit ihren Anweisungen und Preisneufestsetzungen, die im
Rahmen der Händlervereinigung weitergegeben wurden, die Preispolitik ihrer Vertriebshändler im Vereinigten Königreich zwangsläufig
beeinflusst hat. Außerdem habe JCB durch Vermittlung der JCB SA auch in Frankreich die Preise festgelegt, wodurch zu den gebietsbezogenen
Beschränkungen die preisbezogenen Beschränkungen hinzugekommen seien. Schließlich belegten im Kontext der vertraglichen Beziehungen,
die die vertikalen Vertriebsvereinbarungen in diesem Sektor kennzeichneten, die gesammelten Beweise das Vorliegen einer wettbewerbsfeindlichen
Strategie.
Würdigung durch das Gericht
121
Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder
Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen betreffen, sind nach Artikel 81 Absatz 1 Buchstabe a EG verboten.
122
Die Vereinbarungen, die für das Vereinigte Königreich 1973 und 1975 angemeldet und für Frankreich nicht angemeldet wurden,
enthalten Bestimmungen, wonach JCB den Rechnungspreis „ab Werk“ für die Vertriebs- und Einzelhändler ihrer Erzeugnisse unter
Anwendung eines Rabatts (discount) auf den empfohlenen Einzelhandelspreis festsetzt. In ihrer Antwort auf die zweite Mitteilung
der Beschwerdepunkte hat die Klägerin eingeräumt, dass sie Listen über Verkaufspreise für die Händler und Listen mit den empfohlenen
Einzelhandelspreisen erstellt hat.
123
Für das Vereinigte Königreich ergibt sich aus den angemeldeten Vereinbarungen für die Vertriebshändler und Haupthändler, dass
die von diesen Vertretern für die Maschinen und Ersatzteile entrichteten Preise den von JCB empfohlenen Einzelhandelspreisen
(„JCB’s Recommended Retail Selling Price“) abzüglich eines je nach Erzeugnis variierenden Rabatts entsprechen. Im Anschluss
an die Anmeldung von 1973 hatte die Kommission in ihrem Schreiben vom 27. Oktober 1975 diese Klauseln beanstandet und u. a.
darauf hingewiesen, dass sie zur Festlegung der Händlerpreise eingesetzt werden könnten.
124
Die 1980 übermittelte Vertriebshändlervereinbarung ist mit den vorherigen identisch. In der 1995 übersandten Vereinbarung,
durch die jene ersetzt wurde, wird die Berechnungsmethode geändert, so dass die entrichteten Preise für die Maschinen der
Preisliste „ab Werk“ (ex-works price list) und für die Ersatzteile dem Preis für den Abruf vom Lager (stock order price) entsprechen;
es werden aber auch weiterhin die empfohlenen Einzelhandelspreise genannt, und JCB wird das Recht eingeräumt, ihre Preisnachlässe
und Preise einseitig zu ändern.
125
Ebenso sieht für Frankreich der Mustervertriebsvertrag von 1992 zwischen JCB Service und der JCB SA auf der einen und dem
Vertriebshändler auf der anderen Seite vor, dass es sich bei den dem Vertriebshändler in Rechnung gestellten Preisen für die
Maschinen um die Preise handelt, die unter Anwendung eines Nachlasses auf die „empfohlenen Höchstpreise“ festgesetzt werden,
und für die Ersatzteile um die Preise, die im „JCB-Vertriebshändlerkatalog“ aufgeführt sind.
126
Aus diesen Vertragsbestimmungen ist ersichtlich, dass JCB Sales durch die Erstellung von Listen mit der Angabe der Einzelhandelspreise
ihrer Erzeugnisse und der Festsetzung der innerhalb ihres Netzes anhand dieser erwarteten Einzelhandelspreise in Rechnung
gestellten Preise Einfluss auf die Festlegung der Einzelhandelspreise genommen hat. Jedoch besteht ein Unterschied zwischen
der Erstellung von Listen mit empfohlenen Preisen und einer Festlegung der Einzelhandelspreise. Es ist zudem offensichtlich
Sache des Lieferanten, die Preise „ab Werk“ festzulegen, die er für seine Erzeugnisse in Rechnung stellt. Die Verträge als
solche reichen daher im vorliegenden Fall nicht aus, um die unmittelbare oder mittelbare Festlegung der Einzelhandelspreise
darzutun.
127
Ihre Ansicht, dass das verbotene Verhalten bewiesen sei, hat die Kommission ─ wie aus den Randnummern 128 bis 133 und 168
bis 171 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht ─ für das Vereinigte Königreich auf Unterlagen über die Beziehungen zwischen
JCB und der Vereinigung ihrer Händler und für Frankreich auf Umstände gestützt, die die JCB SA betrafen.
128
In Bezug auf das Vereinigte Königreich zeigen die zwischen den Beteiligten erörterten (in den Randnrn. 131 und 132 der angefochtenen
Entscheidung genannten) Unterlagen, dass JCB über für zu niedrig befundene Einzelhandelspreise besorgt war und dass auf Ersuchen
der Klägerin innerhalb der JCB Dealer Association Studien und Erörterungen zu diesem Thema durchgeführt wurden. Die Schreiben
des Vorsitzenden des Verbandes der britischen JCB-Händler vom 11. und 20. Januar 1993 können, der Auffassung der Klägerin
folgend, als Versuche verstanden werden, deren eigene Verkaufspreise gegenüber ihren Vertriebshändlern zu erhöhen. Auch das
Schreiben der JCB Service vom 16. Juli 1991 an den Vorsitzenden des Verbandes zeigt, dass die Klägerin den Zweck verfolgte,
die durchschnittliche Bruttomarge der Händler für die Ersatzteile um 2 % zu erhöhen. Aus diesen Unterlagen lässt sich ableiten,
dass sich die am Vertriebsnetz Beteiligten abstimmten und dazu ermuntert wurden, ja dass JCB sogar das Verhalten der Mitglieder
des Verbandes vorgab und beeinflusste. Es geht aus ihnen aber nicht hervor, dass sich die Mitglieder auf dem Gebiet der Einzelhandelspreise
an einen strikten Rahmen hätten halten müssen. Die Schlussfolgerung der Kommission, wonach diese Unterlagen zeigten, dass
alle Vertriebshändler horizontale Preisvereinbarungen für das gesamte Vereinigte Königreich akzeptiert hätten, ergibt sich
daher nicht zwingend aufgrund des Sachverhalts, aus dem die Kommission sie gezogen hat.
129
Was Frankreich betrifft, so hat die Kommission mehrere (in Randnr. 133 der angefochtenen Entscheidung genannte) Faxe als Beweis
für das wettbewerbswidrige Verhalten von JCB angesehen. Faxe, die Vertriebshändler am 18. Juli 1994 und am 23. Oktober 1995
an die JCB SA gerichtet hatten, weisen auf geschäftliche Verhandlungen des nationalen Vertragshändlers mit den Vertriebshändlern
hin, die die JCB SA ersuchen, sie wegen der den Kunden zugestandenen Preise billiger zu beliefern. Der angeführte Sachverhalt
entspringt offenbar eher einer gewöhnlichen geschäftlichen Auseinandersetzung zwischen einem Groß- und einem Einzelhändler
und lässt nicht den Schluss zu, dass eine Praxis eigenmächtiger Festlegung der Einzelhandelspreise vorlag. Ein weiteres Fax
der JCB Sales an die JCB SA vom 10. Juni 1996 weist auf eine Abstimmung der Ersatzteilpreise hin, ohne dass allein aus diesem
Hinweis der Schluss gezogen werden könnte, dass eine systematische Festsetzung von JCB Sales vorgegebener Einzelhandelspreise
auf diesem Gebiet vorlag. Diesen Unterlagen zufolge war es auf jeden Fall nicht selten, dass Händler unter dem vorgeschlagenen
Preis verkauften und den Lieferanten ersuchten, einen ermäßigten Preis in Rechnung zu stellen, um dies zu berücksichtigen
und die erwartete Gewinnmarge nicht übermäßig zu schmälern. Diese Unterlagen belegen hingegen keineswegs, dass JCB Sales verpflichtet
gewesen wäre, diesem Ersuchen nachzukommen.
130
Letztlich ergibt sich aus den Akten, dass das Vorgehen der JCB in der Festlegung ihrer eigenen Preise „ab Werk“, über die
in einzelnen Punkten verhandelt werden konnte, und in der Erstellung gestaffelt angegebener Einzelhandelspreise zum Ausdruck
kam. Dadurch hatte JCB erheblichen Einfluss auf die Einzelhandelspreise, wie er sich aber zwangsläufig bei einem Hersteller
ergibt, der Listen mit der Angabe des Einzelhandelspreises erstellt und die Preise festlegt, die er innerhalb seines Netzes
anhand der gewünschten Einzelhandelspreise in Rechnung stellt. Außerdem waren die Staffelungen der Einzelhandelspreise, auch
wenn sie starke Anreizwirkung haben konnten, gleichwohl nicht zwingend. Nichts weist darauf hin, dass die Bemühungen von JCB,
Einfluss auf die Händler zu nehmen und sie davon abzuhalten, für zu niedrig befundene Verkaufspreise einzuräumen, von Zwangsmaßnahmen
begleitet gewesen wären.
131
In den Urteilen, in denen die Berechtigung von Vertriebssystemen anerkannt wird, wird u. a. festgestellt, dass mit jedem selektiven
Vertriebssystem eine Beschränkung des Preiswettbewerbs einhergeht (Urteil des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1983 in der Rechtssache
107/82, AEG/Kommission, Slg. 1983, 3151, Randnr. 42). Den Händlern kann nicht rechtmäßig eine Verpflichtung in Bezug auf die
Preise auferlegt werden (Urteil AEG/Kommission, Randnr. 43), jedoch hat der Gerichtshof ausgeführt, dass bei den Beziehungen
zwischen Franchisegeber und Franchisenehmern in Ermangelung einer abgestimmten Praxis zur tatsächlichen Anwendung von Richtpreisen
die Mitteilung solcher Preise ebenso wenig wettbewerbsbeschränkend ist (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der
Rechtssache 161/84, Pronuptia, Slg. 1986, 353, Randnr. 25) wie die Berücksichtigung einer angemessenen Gewinnspanne der Händler
(Urteil Metro/Kommission, Randnr. 45). Eine Verstärkung der Starrheit der Preisstruktur (Urteil Metro/Kommission, Randnr.
44), die ein Hemmnis für einen wirksamen Preiswettbewerb bilden kann, muss hingegen abgestellt werden (Urteil des Gerichts
vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T-88/92, Leclerc/Kommission, Slg. 1996, II-1961, Randnr. 171).
132
Diese gerichtlichen Entscheidungen können entsprechend auf den vorliegenden Fall übertragen werden, in dem es um ein atypisches,
einem selektiven Vertriebssystem jedoch sehr ähnliches Vertriebssystem geht (vgl. die nachfolgenden Randnummern 165 bis 167).
133
In Ermangelung beweiskräftiger und unzweideutiger Anhaltspunkte, die eine Festlegung oder die Vorgabe eines strikten Rahmens
der Einzelhandelspreise und der Preisnachlässe belegten, ist daher dem Vorbringen der Klägerin zu diesem Punkt zu folgen und
festzustellen, dass der dritte Bestandteil der Zuwiderhandlung rechtlich nicht hinreichend bewiesen ist.
Zum vierten Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend die Erhebung von Servicegebühren nach von JCB festgelegten Tarifen
auf Verkäufe, die im Vereinigten Königreich zugelassene Vertriebshändler in andere Mitgliedstaaten tätigen Vorbringen der Parteien
134
JCB trägt vor, dass die Servicegebühren, die auf von im Vereinigten Königreich zugelassenen Vertriebshändlern getätigte Verkäufe
in andere Mitgliedstaaten angewandt würden, aufgrund einer nachvollziehbaren Vorausschätzung der tatsächlichen Kosten festgelegt
würden und keine abschreckende Wirkung auf die Ausfuhr hätten. Entgegen der Ansicht der Kommission seien sie weder einheitlich
noch in einem festen und von JCB vorgegebenen Tarif festgelegt. Die Klägerin erklärt, dass ihre nach den angemeldeten Vereinbarungen
vorgesehene Beteiligung an der Aushandlung der Gebühren den kleinen Vertriebshändlern zugute gekommen sei und dass die Kommission
insoweit keinen Einwand erhoben habe. Die eingeführte Regelung verstoße nicht gegen Artikel 81 EG.
135
Die Kommission ist der Meinung, dass das im Voraus und pauschal festgelegte System der Servicegebühren starr sei und die Eigenständigkeit
der Vertriebshändler einschränke und dass die Beteiligung der JCB an der Festlegung dieser Gebühren von Anfang an und schon
vor dem Auftreten von Meinungsverschiedenheiten jede Verhandlung zwischen den Vertriebshändlern verhindere. Zudem bestrafe
diese Regelung zusammen mit weiteren Bestimmungen die für die Ausfuhr bestimmten Verkäufe und wirke insoweit abschreckend.
Würdigung durch das Gericht
136
In die geänderten, 1975 angemeldeten und unter den Nummern IV 28696 und IV 28697 eingetragenen Vereinbarungen, die die Vertriebshändler
im Vereinigten Königreich und die Haupthändler im Vereinigten Königreich betrafen, wurde eine Klausel „Servicegebühren: Verkäufe
außerhalb des Vertragsgebiets“ aufgenommen. In dieser Klausel war geregelt, dass der Vertriebshändler oder Haupthändler sich
im Fall eines Verkaufs außerhalb des zugewiesenen Gebietes zur Zahlung einer Servicegebühr an den örtlich zuständigen Vertriebshändler
verpflichtete, über deren Höhe sich die beiden Vertriebshändler einigen sollten und die in Ermangelung einer Einigung unter
Berücksichtigung der Umstände des Falles, der Kosten des erbrachten Services und eines angemessenen Gewinns von JCB festgesetzt
werden sollte (Klausel 5 der Vereinbarungen Nr. IV 28696 und Nr. IV 28697).
137
Diese Regelung ist im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht nicht zu beanstanden, und sie wird im Übrigen von der Kommission im
Grundsatz auch nicht beanstandet. Diese meint jedoch, dass die geänderte Klausel nicht wortgetreu angewandt worden sei und
dass sich JCB systematisch in die Verhandlungen über die Gebühr eingeschaltet und einen im Voraus festgelegten Pauschalbetrag
vorgegeben habe, der die tatsächlichen Kosten überstiegen und damit von Ausfuhren abgeschreckt habe.
138
Die Anwendung einer Regelung, die geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten u. a. dadurch zu beeinträchtigen,
dass unmittelbar oder mittelbar die An- oder Verkaufspreise oder sonstige Geschäftsbedingungen festgelegt werden oder die
Erzeugung oder der Absatz, insbesondere die Ausfuhr, eingeschränkt oder kontrolliert werden, ist nach Artikel 81 EG verboten.
Wären die von der Kommission beschriebenen Praktiken bewiesen, so läge der betreffende Bestandteil der Zuwiderhandlung vor.
139
JCB Service hält die in den Randnummern 123 bis 127 der angefochtenen Entscheidung genannten Unterlagen, auf die die Kommission
ihre Beurteilung der Zuwiderhandlung gestützt hat, nicht für überzeugend.
140
Für Frankreich heißt es in einem Fax der JCB SA vom 21. Juni 1988, dass für Verkäufe außerhalb des Vertragsgebiets keine Zulage
gemäß dem „Multiple Deal Trading Support“ (Zulage für Mehrfachverkäufe) gewährt und eine Vertragsstrafe von 8 % verhängt werde,
um den Service zu gewährleisten. In drei Schriftstücken, einem Fax von JCB Sales an Watling JCB vom 9. Februar 1995, einem
von der Klägerin als Anlage zu ihrer Erwiderung vorgelegten Fax der JCB SA an Gunn JCB vom 29. Mai 1996 und einem Schreiben
der JCB SA an einen Vertriebshändler im Hérault vom 5. Juni 1996, wird ein Betrag von 10 000 französischen Francs (FRF) genannt,
der der Servicegebühr für einen Baggerlader entspricht. Für Spanien ergibt sich aus einem Fax der JCB Spanien an JCB Sales
vom 22. Juli 1994, dass die Servicegebühr in einer Höhe von etwa 5 % des Kaufpreises des Händlers ausgehandelt werden und
dass JCB entscheiden solle, wenn es nicht zu einer Einigung komme. Was Deutschland betrifft, so heißt es in einem Fax der
JCB Sales an JCB Germany vom 15. Mai 1995, dass die Servicegebühr gewöhnlich 4 % des vom örtlichen Kunden entrichteten Kaufpreises
betrage, die an den Vertriebshändler im Vereinigten Königreich zu zahlen sei, und dass JCB entscheiden solle, wenn es nicht
zu einer Einigung komme. Für Irland ergibt sich aus einem Fax des Vertriebshändlers im Vereinigten Königreich TC Harrison
JCB an die irische Tochtergesellschaft ECI JCB vom 29. Februar 1996, dass die für sieben in Südirland verkaufte Maschinen
geschuldete Servicegebühr sich mit einer Ausnahme, wo sie 1 700 Pfund Sterling (GBP) betrage, auf jeweils 850 GBP belaufe.
141
Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass die verlangten Servicegebühren einem im Voraus festgelegten Pauschalbetrag entsprachen
oder anhand eines Richttarifs bestimmt waren und dass JCB eingreifen sollte, falls sich ihre Vertreter nicht einigen konnten.
Da aber in den angemeldeten Vereinbarungen das Eingreifen der JCB in den Fällen vorgesehen war, in denen zwischen den betreffenden
Vertriebshändlern Uneinigkeit bestand, konnte die vorherige Festlegung eines Richttarifs, der angewandt werden konnte, wenn
es zwischen diesen Vertriebshändlern zu keiner Einigung kam, als eine angemessene Umsetzung der einschlägigen Klausel verstanden
werden.
142
Gleichwohl ist zu prüfen, ob die aufgrund dieser Vorausberechnungen festgelegte Gebühr einer realistischen Bewertung der Kosten
des Services zuzüglich eines angemessenen Gewinns entspricht (vgl. oben, Randnr. 136) oder ob sie unangemessen hoch festgesetzt
ist und so einen von Ausfuhren abschreckenden Zweck oder eine solche Wirkung haben konnte.
143
JCBamford Excavators hat die Berechnungsweise der Servicegebühr insbesondere für Frankreich in der Anlage 1 zu ihrer Antwort
auf die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt. Die Klägerin unterscheidet vier Kostengruppen, und zwar Kontrolle
vor der Auslieferung (5 Arbeitsstunden), Aufbau (4 Arbeitsstunden), Überprüfung nach 100 Stunden Nutzungsdauer (3 Arbeitsstunden)
und nicht von der Gewährleistung erfasste Kosten (Entfernungen, Reisezeit), und berechnet jede dieser Kostenarten nach Maschinentyp
anhand der Arbeitskosten. In Frankreich ergibt sich daraus für einen Baggerlader eine Gebühr von 10 000 FRF.
144
Die Kommission hat nicht nachgewiesen, dass diese auf objektiven Kriterien beruhende Berechnungsweise nicht den tatsächlichen
Kosten entspricht oder mit ihr den während der Zeit der Gewährleistung gedeckten Risiken nicht Rechnung getragen werden kann.
Außerdem weist nichts darauf hin, dass sie eine Verhinderung der Verkäufe außerhalb des dem Vertriebshändler zugewiesenen
Gebietes, insbesondere zum Zweck der Ausfuhr, bezweckt oder bewirkt hätte. Die oben in Randnummer 140 genannten Unterlagen
belegen, dass es solche Verkäufe gab, die, wie es scheint, keinen Ausnahmecharakter hatten. Zudem kann das Vorliegen klarer
Richtlinien in Bezug auf die Gebühr, die der Verkäufer dem örtlich zuständigen Vertriebshändler schuldet, entgegen dem Vorbringen
der Kommission Verkäufe außerhalb des zugewiesenen Gebietes erleichtern, indem unstrukturierte Verhandlungen zwischen den
betroffenen Vertriebshändlern vermieden werden.
145
Daher ist dem Vorbringen der Klägerin zu den auf dem Gebiet der Servicegebühren angewandten Regeln zu folgen und festzustellen,
dass der vierte Bestandteil der Zuwiderhandlung rechtlich nicht hinreichend bewiesen ist.
Zum fünften Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend die Vorenthaltung des „Multiple Deal Trading Support“ für Vertreter
im Vereinigten Königreich im Fall von Verkäufen außerhalb des Vertriebsgebiets, wodurch die Vergütung der Vertriebshändler
vom Bestimmungsort der Verkäufe abhängig gemacht wird Vorbringen der Parteien
146
JCB Service trägt vor, dass ihre Regelung „Multiple Deal Trading Support“ von der Kommission fehlerhaft ausgelegt worden sei.
Dabei handele es sich um eine Zulage, die unabhängig vom Bestimmungsland des Verkaufs ihren zugelassenen Vertretern gewährt
werde, die Mehrfachverkäufe an Endabnehmer durchführten, wobei die Zulage nur dann zurückgefordert werde, wenn der Käufer
kein Endabnehmer sei. Mit dieser Regelung solle die Wettbewerbsposition ihrer Vertreter gestärkt werden.
147
Die Kommission ist der Ansicht, dass das System „Multiple Deal Trading Support“ nicht im Grundsatz, sondern in seiner Umsetzung
durch JCB Service zu beanstanden sei, da diese ausschließe, dass es dem Vertriebshändler im Fall eines Verkaufs außerhalb
des zugewiesenen Gebietes zugute komme und eine Vereinbarung zwischen den Vertriebshändlern darüber voraussetze, dass sie
diese Zulage mit den Vertretern teilten, in deren Gebiet die Maschinen eingesetzt würden. Daraus ergebe sich eine verstärkte
Marktabschottung.
Würdigung durch das Gericht
148
Wie aus den Akten hervorgeht, hat JCB Service 1977 eine Regelung „Multiple Deal Trading Support“ eingeführt, mit der dem seit
Beginn der 70er Jahre härter gewordenen Wettbewerb im Vereinigten Königreich begegnet werden und die Vertreter in die Lage
versetzt werden sollten, zu wettbewerbsangepassten Preisen zu verkaufen. Diese in den angemeldeten Vereinbarungen nicht vorgesehene
Regelung wurde demzufolge von der Kommission im Rahmen der Anmeldung nicht geprüft. Nach diesem System erhalten die Vertriebshändler
und die Händler im Vereinigten Königreich eine Zulage von JCB in Form eines von JCB auf die Preise „ab Werk“ gewährten Nachlasses,
wenn sie mehrere Verkäufe an denselben Endabnehmer tätigen. Nach den von JCBamford Excavators im Verwaltungsverfahren, insbesondere
in ihrer Antwort vom 6. Juli 1998 auf die erste Mitteilung der Beschwerdepunkte (vgl. Anlage 12 zu dieser Antwort), gemachten
Angaben macht die Zulage 4 % bis 5 % des Werkspreises bei einem Baggerlader und 3 % bis 4 % des Werkspreises bei den übrigen
Erzeugnissen aus. Außerdem ist dieser Antwort zufolge die Gewährung der Zulage von vornherein ausgeschlossen oder wird sie
gegebenenfalls nachträglich zurückgefordert, wenn es sich bei dem vom Vertriebshändler durchgeführten Geschäft nicht um einen
für einen Endabnehmer bestimmten Einzelhandelsverkauf handelt.
149
Eine Regelung „Multiple Deal Trading Support“ für die Vertreter eines Vertriebsnetzes, die nur darauf gerichtet ist, die Verkäufe
an Endabnehmer zu fördern, hat als solche keine wettbewerbswidrige Wirkung. Soweit sich allerdings herausstellen sollte, dass
die Regelung eine Beschränkung des Absatzes und eine Marktaufteilung bewirkt hat, würde sie tatsächlich eine nach Artikel
81 Absatz 1 Buchstaben b und c EG verbotene Praxis darstellen.
150
JCB Service führt aus, ihre Regelung habe nicht an das Bestimmungsland der Verkäufe angeknüpft, sondern lediglich vorgegeben,
dass es sich beim Käufer um einen Endabnehmer handeln müsse, der mehrere Maschinen erwerben wolle, und nicht um einen Händler.
Die Kommission wendet sich gegen diese Ausführungen und trägt vor, dass die Anwendung der Regelung eine beschränkende Wirkung
gehabt habe, die zu den übrigen Elementen der Marktabschottung des JCB-Vertriebssystems hinzugetreten sei.
151
Die Parteien erörtern in diesem Zusammenhang vier in den Randnummern 102 bis 105 der angefochtenen Entscheidung genannte Schriftstücke.
In einem an ihre Vertriebshändler im Vereinigten Königreich gerichteten Schreiben vom 18. März 1992 wies JCB Sales in einem
Kontext, in dem es um Geschäfte auf dem schottischen Markt ging, darauf hin, dass es nicht in ihrem Interesse liege, Geschäfte
zu fördern, die für das Gebiet eines anderen Vertriebshändlers, ganz gleich, ob im Vereinigten Königreich oder im Ausland,
bestimmt sein könnten, unabhängig davon, ob es sich um Verkäufe an nicht zugelassene Händler oder um Verträge über den Mietkauf
von Maschinen handele. Ein Fax der JCB Sales an den Vertriebshändler im Vereinigten Königreich Gunn JCB vom 12. Mai 1992 bestätigt
das Vorliegen eines Antrags auf Rückerstattung einer an Gunn JCB gezahlten Zulage, weil die Maschinen anschließend zum Zweck
der Ausfuhr an einen nicht zugelassenen Händler geliefert worden seien. In einem Schreiben an Watling JCB vom 2. Juni 1992
untersucht JCB Sales die Frage der Mietkaufverträge, d. h. die Fälle von Verkäufen an einen Vermieter von Maschinen, der diese
dann zur Nutzung vermiete. JCB Sales führt aus, dass für diese Maschinen nur dann eine Zulage gewährt werden könne, wenn sie
im Gebiet des Vertriebshändlers eingesetzt würden, der der Verkäufer sei, es sei denn, es gebe eine dreiseitige Vereinbarung
zwischen diesem, dem für das Einsatzgebiet der Maschine zugelassenen Vertreter und JCB. Schließlich heißt es in einem Bericht
der von JCBamford Excavators beauftragten Privatdetektive Kroll Associates UK Ltd vom 1. Juli 1994, dass Gunn JCB die Zulage
für mehrere Geschäfte in betrügerischer Weise erlangt habe.
152
Diese Anhaltspunkte zeigen, dass die Zulage bei Geschäften entzogen wurde, die sich als Verkauf mehrerer Maschinen darstellten,
die anschließend auf dem Markt für gebrauchte Güter, auf dem Mietkauf-Markt oder bei nicht zugelassenen Händlern, im Allgemeinen
außerhalb des Gebietes des Vertriebshändlers, einschließlich der Ausfuhr, auftauchten. Es handelte sich also um Verkäufe,
die nicht an einen Endabnehmer und in bestimmten Fällen auch außerhalb des Vertragsgebiets erfolgten, wobei aber der entscheidende
Grund für die Verweigerung aus der Sicht von JCB Service wohl der erste Umstand war. Die Zulagenregelung konnte nämlich auch
für Verkäufe an Käufer im Ausland oder außerhalb des dem Vertriebshändler zugewiesenen Gebietes gelten, wobei ihre Anwendung
in diesen Fällen nur davon abhing, dass eine Vereinbarung zwischen dem Händler, der den Verkauf tätigte, und dem örtlich zuständigen
Händler vorlag. Laut JCB Service sollte die fragliche Vereinbarung die Höhe der Servicegebühr betreffen, was unter den Umständen
des vorliegenden Falles plausibel erscheint.
153
Aus den Akten geht hervor, dass der „Multiple Deal Trading Support“, der allein für Verkäufe an Endabnehmer galt, in den untersuchten
Fällen deshalb verweigert oder zurückgefordert wurde, weil der Käufer kein Endabnehmer war. Der Umstand, dass es sich beim
Käufer nicht um einen Endabnehmer handelte, rechtfertigte allein schon die Verweigerung oder Rückforderung der Zulage, unabhängig
davon, wo sich der Käufer befand. Somit ist nicht bewiesen, dass das System „Multiple Deal Trading Support“ die beanstandete
die Marktabschottung verstärkende Wirkung hatte.
154
Daher ist dem Vorbringen der Klägerin insoweit zu folgen und festzustellen, dass der fünfte Bestandteil der Zuwiderhandlung
rechtlich nicht hinreichend bewiesen ist.
155
Nach alledem sind der erste und der zweite Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend die Beschränkungen der passiven Verkäufe
und der Bezugsquellen als bewiesen anzusehen; hinsichtlich des dritten, des vierten und des fünften Bestandteils der Zuwiderhandlung
betreffend die Festsetzung der Einzelhandelspreise, die Auferlegung von Servicegebühren und die Verweigerung des „Multiple
Deal Trading Support“ hat die Kommission jedoch rechtlich nicht hinreichend bewiesen, dass die behauptete Zuwiderhandlung
tatsächlich vorliegt. Daher sind Artikel 1 Buchstaben c, d und e und Artikel 3 Buchstaben d und e der angefochtenen Entscheidung
für nichtig zu erklären.
Zum Klagegrund betreffend die Zurückweisung des Antrags auf Freistellung Vorbringen der Parteien
156
JCB Service trägt vor, dass ihr Antrag auf Freistellung nach Artikel 81 Absatz 3 EG gerechtfertigt sei, da die Ausschließlichkeit
der Gebiete in Verbindung mit der Auswahl der Händler in ihrem Vertriebssystem nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße.
Diese Verbindung schädige insbesondere nicht die Verbraucher, sondern bringe einige in dieser Bestimmung genannte Vorteile
mit sich wie die Verbesserung der Warenverteilung. Ihre Vertriebsvereinbarungen erfüllten somit die Voraussetzungen für eine
Einzelfreistellung. Nach Ansicht der Klägerin hat die Kommission keinen rechtsgültigen Grund für die Ablehnung ihres Freistellungsantrags
vorgebracht.
157
Außerdem habe die Kommission Einzelfreistellungen in Fällen erteilt, in denen Vertriebssysteme die Ausschließlichkeit und
die Selektivität miteinander verbunden hätten (Entscheidung 75/73/EWG der Kommission vom 13. Dezember 1974 betreffend ein
Verfahren nach Artikel [81] EWG-Vertrag [IV/14.650 ─ Bayerische Motoren Werke AG] [ABl. 1975, L 29, S. 1], Entscheidung 85/559/EWG
der Kommission vom 27. November 1985 betreffend ein Verfahren nach Artikel [81] EWG- Vertrag [IV/30.846 ─ Ivoclar] [ABl. L 369,
S. 1] und Mitteilung 93/C 275/03 der Kommission gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 ─ Sache Nr. IV/34.084 ─ Sony
España SA [ABl. 1993, C 275, S. 3]); auch sei die Verordnung (EG) Nr. 1475/95 der Kommission vom 28. Juni 1995 über die Anwendung
von Artikel [81] Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge (ABl.
L 145, S. 25), mit der eine Gruppenfreistellung für den Vertrieb von Kraftfahrzeugen erteilt worden sei, auf ihre Maschinen
anwendbar, oder zumindest seien die ihr zugrunde liegenden Überlegungen auf sie übertragbar.
158
Die Kommission führt aus, dass sich das Vertriebssystem der Klägerin ─ als Ganzes betrachtet ─ als eine Verknüpfung verschiedener
Beschränkungen darstelle, die Elemente der Ausschließlichkeit und der Selektivität enthielten, und dass sie in ähnlichen Fällen
noch nie eine Einzelfreistellung erteilt habe, wobei es ohnehin im Fall einer unvollständigen Anmeldung keine Freistellung
geben könne. Die Klägerin habe zudem nicht dargetan, dass die betreffenden Beschränkungen erforderlich gewesen seien, um die
Sicherheit der vertriebenen Erzeugnisse zu gewährleisten.
159
Auch auf eine Gruppenfreistellung nach der Verordnung Nr. 1475/95 habe JCB keinen Anspruch, da diese Kraftfahrzeuge betreffe,
denen die von der Klägerin erzeugten Baumaschinen nicht gleichgestellt werden könnten, und ebenso wenig nach der Verordnung
Nr. 1983/83, deren Vorschriften von JCB nicht beachtet würden.
Würdigung durch das Gericht
160
Der angefochtenen Entscheidung zufolge hat die Kommission den 1973 gestellten Antrag auf Freistellung deshalb abgelehnt, weil
die Prüfung dieses Antrags eine Gesamtwürdigung des JCB-Vertriebssystems erfordert hätte, die angesichts der nur zum Teil
erfolgten Anmeldungen nicht möglich gewesen sei, und weil die Vereinbarungen und Praktiken der JCB Wettbewerbsbeschränkungen
enthielten und nicht kumulativ die in Artikel 81 Absatz 3 EG für eine Freistellung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt hätten.
Zu beachten ist, dass dieser Antrag nur die von der Kommission unter der Nummer IV 28695 eingetragene Standardvertriebsvereinbarung
Export für Irland, Schweden und die Kanalinseln betraf und von JCB Sales stammte und nicht, wie in Artikel 2 der angefochtenen
Entscheidung unzutreffend angegeben, von JCBamford Excavators.
161
Im Verfahren haben die Parteien die allgemeine Frage erörtert, ob über das JCB-Vertriebssystem eine Entscheidung gemäß Artikel
81 Absatz 3 EG getroffen werden konnte. Diese Frage wird in den Randnummern 201 bis 222 der angefochtenen Entscheidung behandelt.
Wird die Kommission mit einer Beschwerde befasst, hat sie nämlich gegebenenfalls zu prüfen, ob über die beanstandeten Vereinbarungen
oder Praktiken eine Entscheidung gemäß Artikel 81 Absatz 3 EG getroffen werden kann oder ob sie unter eine bestehende Gruppenfreistellungsregelung
fallen. Im vorliegenden Fall hätte eine Freistellung jedoch allenfalls für die ordnungsgemäß angemeldete Vereinbarung erteilt
werden können, für die sie beantragt worden war. Im Übrigen sind die in der Klageschrift gestellten Anträge nur auf die Nichtigerklärung
von Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung gerichtet, in dem der 1973 gestellte Antrag abgelehnt wird. Dementsprechend ist
für die Beurteilung der Begründetheit des Freistellungsantrags nur die oben in Randnummer 160 genannte Vereinbarung zu berücksichtigen,
ohne dass das Gericht prüfen müsste, ob eine solche Freistellung für alle von JCB der Kommission übermittelten Vereinbarungen
hätte erteilt werden können.
162
Es ist Sache des Unternehmens, das den Antrag gestellt hat, Beweismaterial für die wirtschaftliche Rechtfertigung einer Freistellung
vorzulegen und zu beweisen, dass es alle vier in Artikel 81 Absatz 3 EG aufgestellten, kumulativen Voraussetzungen erfüllt
(Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1984 in den Rechtssachen VBVB und VBBB/Kommission, Randnrn. 52 und 61, und Urteil
des Gerichts vom 9. Juli 1992 in der Rechtssache T-66/89, Publishers Association/Kommission, Slg. 1992, II-1995, Randnr. 69).
Ebenso muss dieses Unternehmen dartun, dass die eingeführten Wettbewerbsbeschränkungen den in Artikel 81 Absatz 3 EG genannten
Zielen entsprechen und dass diese ohne die Einführung der Beschränkungen nicht erreicht werden könnten (Urteil des Gerichts
vom 28. Februar 2002 in der Rechtssache T-86/95, Compagnie générale maritime u. a./Kommission, Slg. 2002, II-1011, Randnr.
381).
163
Was zunächst die Frage betrifft, ob die in Rede stehende Vereinbarung von der Gruppenfreistellungsregelung nach der durch
die Verordnung Nr. 1475/95 ersetzten Verordnung (EWG) Nr. 123/85 der Kommission vom 12. Dezember 1984 über die Anwendung von
Artikel [81] Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge (ABl. 1985,
L 15, S. 16) erfasst werden konnte, so trägt JCB vor, dass ihre Maschinen für den Einsatz als Straßenfahrzeuge wie auch als
Nicht-Straßenfahrzeuge geeignet und bestimmt seien.
164
Die vorgenannte Verordnung gilt jedoch nach dem Wortlaut ihres Artikels 1 in der Fassung von 1984 für „zur Benutzung auf öffentlichen
Wegen vorgesehene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge“, wobei durch die Verordnung von 1995 ergänzt wird, dass diese Fahrzeuge
neu sein müssen. Ferner sind die Gruppenfreistellungsverordnungen eng auszulegen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 28. Februar
1991 in der Rechtssache C-234/89, Delimitis, Slg. 1991, I-935, Randnrn. 36, 37 und 46). Offenkundig sind die von JCB hergestellten
Baumaschinen für Erdbewegungs- und Bauarbeiten konzipiert und sind, auch wenn sie öffentliche Wege benutzen können, nicht
für diese Benutzung im Sinne der in Rede stehenden Freistellungsverordnung bestimmt. Die von JCB hergestellten Erzeugnisse
fallen daher nicht unter die oben genannte Verordnung, die auch nicht entsprechend auf andere als die darin bezeichneten Gruppen
von Fahrzeugen Anwendung finden kann. Die Klägerin kann daher nicht geltend machen, dass ihre Vereinbarung Gegenstand einer
darauf gestützten Freistellung hätte sein können.
165
Zur Frage, ob die in Rede stehende Vereinbarung Gegenstand einer Einzelfreistellung nach Artikel 81 Absatz 3 EG hätte sein
können, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Möglichkeit in den Fällen vorgesehen ist, in denen die betreffenden Vereinbarungen
oder Praktiken unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung
oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten
Unternehmen Beschränkungen auferlegt werden, die für die Erreichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder Möglichkeiten
eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten. In der angefochtenen Entscheidung
hat die Kommission ausgeführt, dass die dem JCB-Vertriebssystem eigene Verbindung von Selektivität und Ausschließlichkeit
eine nicht unerlässliche Häufung von Beschränkungen mit sich bringe, ohne dass diese Beschränkungen durch vorteilhafte Auswirkungen
namentlich für die Verbraucher ausgeglichen würden.
166
JCB Service beschränkt sich aber auf die allgemeine Feststellung, dass die Vertriebsvereinbarungen die für die Erteilung einer
Freistellung erforderlichen Voraussetzungen erfüllten, ohne anzugeben, welche konkreten Vorteile die hier in Rede stehende
Vereinbarung mit sich bringen soll, derentwegen eine solche Entscheidung ergehen könnte. Die Klägerin macht nur geltend, dass
diese Vereinbarung nicht nachteilig für die Verbraucher sei und dass die Kommission nicht belege, dass sich aus ihr keine
Vorteile ergäben, nennt aber zu keinem Zeitpunkt die Vorteile und die Rechtfertigung für die eingeführten Beschränkungen.
Schließlich kann JCB, angesichts der oben in Randnummer 165 in Erinnerung gerufenen Gründe für die Ablehnung des Freistellungsantrags
durch die Kommission, nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Kommission insoweit die Gründe für ihre Entscheidung nicht
angegeben habe.
167
Außerdem beruft sich JCB Service zwar auf oben in Randnummer 157 erwähnte Entscheidungen, mit denen die Kommission Einzelfreistellungen
für Vertriebssysteme erteilt habe, die Gemeinsamkeiten mit dem hier in Rede stehenden aufwiesen, doch weist die Beklagte nach,
dass die Fälle nicht vergleichbar sind. Die Kommission führt aus ─ ohne dass dem in relevanter Weise widersprochen worden
wäre ─, dass im BMW-Fall die aktiven Verkäufe außerhalb des Vertragsgebiets und erst recht die passiven Verkäufe und die Belieferungen
innerhalb des Netzes nicht verboten gewesen seien, dass beim Vertriebssystem von Ivoclar der Betroffene nachträglich aufgefordert
worden sei, sich zwischen einem Exklusivitätsmodell und einem Selektivitätsmodell zu entscheiden, und dass es im Fall Sony
España nur eine einzige Beschränkung gegeben habe, die es im JCB-System gebe. Zudem hätten in diesen drei Sachen zwar bestimmte
in der JCB-Regelung enthaltene Beschränkungen vorgelegen, dies aber nicht kumulativ. Die in diesen Sachen vertretenen Ergebnisse
könnten demzufolge nicht auf das JCB-Vertriebssystem übertragen werden.
168
Somit hat JCB Service nicht dargetan, dass ihre Vereinbarung unter die Gruppenfreistellungsregelung nach der durch die Verordnung
Nr. 1475/95 ersetzten Verordnung Nr. 123/85 fallen konnte. Sie hat auch nicht dargetan, dass die Vereinbarung Gegenstand einer
Einzelfreistellung nach Artikel 81 Absatz 3 EG hätte sein können.
169
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Antrag von JCB Service auf Nichtigerklärung von Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung
über die Ablehnung ihres Antrags unbegründet ist.
Zu den Klagegründen betreffend die Höhe der Geldbuße Vorbringen der Parteien
170
JCB Service beanstandet die verhängte Geldbuße sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Der Sachverhalt sei größtenteils,
wenn nicht gar in vollem Umfang, fehlerhaft als Verstoß gegen Artikel 81 EG eingestuft worden, und er knüpfe außerdem an angemeldete
Vereinbarungen an und könne daher nicht Gegenstand einer Geldbuße nach Artikel 15 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung Nr.
17 sein. Die Klägerin führt aus, dass die von 1973 an notifizierten Vereinbarungen formgerecht angemeldet worden seien und
dass es nach den nachfolgenden Verordnungen Nr. 27 und Nr. 3385/94 über die Einzelheiten der Anmeldungen nicht erforderlich
sei, die geänderten Fassungen früher angemeldeter Vereinbarungen mittels eines neues Formblatts A/B mitzuteilen. Hinzu komme,
dass die nicht notifizierten Vereinbarungen den zuvor angemeldeten entsprochen hätten, für die sie von einer stillschweigenden
Zustimmung habe ausgehen können. Sie ist der Ansicht, dass die Kommission, anders als in der angefochtenen Entscheidung angegeben,
gegen sie wegen der Klausel 4 der Vereinbarung mit den Vertretern im Vereinigten Königreich, wonach den Hauptvertretern untersagt
sei, JCB-Erzeugnisse zum Zweck des Weiterverkaufs auf Großhandelsbasis außer an zugelassene Zweitvertreter zu vertreiben,
eine Geldbuße verhängt habe. Diese Auffassung sieht sie durch die beträchtliche Höhe der Geldbuße bestätigt.
171
Die verhängte Geldbuße sei unverhältnismäßig, insbesondere wenn man sie mit den Geldbußen vergleiche, die nach dem gleichen
Verfahren gegen Firmen wie Volkswagen und Opel verhängt worden seien (Entscheidung 98/273/EG der Kommission vom 28. Januar
1998 in einem Verfahren nach Artikel [81] EG-Vertrag [Sache IV/35.733 ─ VW] [ABl. L 124, S. 60] und Entscheidung 2001/146/EG
der Kommission vom 20. September 2000 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag [Sache COMP/36.653 ─ Opel] [ABl. 2001,
L 59, S. 1]). Die Kommission habe die Schwere des Verstoßes übertrieben und versäumt, die tatsächlichen Auswirkungen der beanstandeten
Praxis auf die Position von JCB auf den betreffenden nationalen Märkten zu berücksichtigen und zu prüfen, in welchem Umfang
die Beschränkungen tatsächlich umgesetzt worden seien. Sie habe den Sachverhalt verfälscht, um die Dauer der Zuwiderhandlungen
zu verlängern, ohne deren zeitlich variierender Intensität Rechnung zu tragen, obwohl die fünf in der angefochtenen Entscheidung
festgestellten Bestandteile der Zuwiderhandlung nur während höchstens fünf Jahren gleichzeitig vorgelegen hätten. Die Kommission
habe mildernde Umstände wie die von der Irish Competition Authority erteilte Einzelfreistellung betreffend ihre Alleinvertriebsvereinbarung
in Irland oder das günstige Urteil der Cour d’appel Paris vom 8. April 1998, das in dem Rechtsstreit zwischen ihrer französischen
Tochtergesellschaft JCB SA und der Beschwerdeführerin Central Parts ergangen sei, außer Acht gelassen.
172
Die Kommission führt aus, dass keine der in den angemeldeten Vereinbarungen enthaltenen Klauseln Gegenstand einer Geldbuße
gewesen sei. Sie habe der variierenden Intensität der Zuwiderhandlung Rechnung getragen, und die vorgenommene Erhöhung um
55 % hätte nach den Leitlinien angesichts der Dauer der Zuwiderhandlung von elf Jahren und dessen, dass die von JCB gegenüber
ihren Vertragspartnern getroffenen Gegenmaßnahmen als erschwerende Umstände angesehen würden, bis zu 100 % betragen können.
173
Zum Zweck der Festlegung der Höhe der Geldbuße habe sie die Zuwiderhandlung als Ganzes betrachtet, und es sei nicht sicher,
ob deren Aufteilung in ihre einzelnen Bestandteile zu einem niedrigeren Betrag geführt hätte. Sie weist schließlich darauf
hin, dass sie über ein Ermessen verfüge und nicht verpflichtet sei, eine genaue mathematische Formel anzuwenden (Urteil des
Gerichtshofes vom 16. November 2000 in der Rechtssache C-286/98 P, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, Slg. 2000, I-9925,
Randnr. 119).
Würdigung durch das Gericht
174
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Kommission u. a. wegen in den angemeldeten Vereinbarungen enthaltener Klauseln
gegen JCB Service eine Geldbuße verhängt hat und ob sie diese Geldbuße in unangemessener Höhe, insbesondere im Vergleich mit
ähnlichen Sachen, festgelegt hat, ohne berücksichtigt zu haben, welche Position JCB Service auf den nationalen Märkten einnimmt,
ob die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde und ob mildernde Umstände vorlagen.
175
Gemäß Artikel 15 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung Nr. 17 darf für Handlungen, die nach der Anmeldung begangen werden, soweit
sie in den Grenzen der in der Anmeldung dargelegten Tätigkeit liegen, keine Geldbuße verhängt werden.
176
Die Kommission konnte wegen der 1973 und 1975 angemeldeten Vereinbarungen gegen JCB Service keine Geldbuße verhängen, ohne
gegen die erwähnte Bestimmung der Verordnung Nr. 17 zu verstoßen. Insoweit ist die Rechtmäßigkeit ihrer Entscheidung ausschließlich
in Bezug auf die von der Anmeldung betroffenen und vom Gericht für bewiesen erachteten Bestandteile der Zuwiderhandlungen
zu prüfen. Es handelt sich um die in Artikel 1 Buchstabe a der angefochtenen Entscheidung genannten Beschränkungen bei passiven
Verkäufen. Diese Beschränkungen stehen im Zusammenhang mit den für das Vereinigte Königreich angemeldeten Vereinbarungen.
Sie sind insbesondere durch die Klausel 4 der Vereinbarung mit den Vertriebshändlern über den Verkauf auf Großhandelsbasis
für den Weiterverkauf sowie durch die gleiche Klausel der Vereinbarung mit den Haupthändlern, die oben in Randnummer 86 geprüft
wurden, betroffen. Der andere, d. h. der zweite für bewiesen erachtete Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend die in Artikel
1 Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung genannten Beschränkungen hinsichtlich der Bezugsquellen ist von der Anmeldung
nicht betroffen.
177
Wie oben in Randnummer 88 festgestellt, wurde die Klausel 4 unter Ausdehnung ihrer Tragweite von ihrem eigentlichen Wortlaut
abweichend dahin angewandt, dass darunter ein allgemeines Verbot an die Vertriebshändler von Verkäufen außerhalb ihres Vertragsgebiets,
insbesondere zum Zweck der Ausfuhr, verstanden wurde. Da sich die Praktiken, die zur Verhängung einer Geldbuße geführt hatten,
wie das Gericht bei der Prüfung der betreffenden Zuwiderhandlung festgestellt hat, nicht in den Grenzen der Bestimmungen der
angemeldeten Vereinbarungen halten, ist der auf einen Verstoß gegen die oben genannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 17
gestützte Klagegrund zurückzuweisen.
178
Gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 kann die Kommission gegen Unternehmen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe
von eintausend bis einer Million Euro oder über diesen Betrag hinaus bis zu 10 % des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung
beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn diese vorsätzlich oder fahrlässig gegen
Artikel 81 Absatz 1 EG verstoßen haben. Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch
die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.
179
Nach ständiger Rechtsprechung muss die Geldbuße den Umständen und der Schwere der Zuwiderhandlung entsprechen; bei der Beurteilung
der Schwere ist insbesondere die Art der Wettbewerbsbeschränkungen zu berücksichtigen (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli
1970 in der Rechtssache 41/69, ACF Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, 661, Randnr. 176, Urteile Parker Pen/Kommission, Randnr. 92,
und SCK und FNK/Kommission, Randnr. 246). Zwar ist die Wahl der Höhe der Geldbuße ein Instrument der Wettbewerbspolitik der
Kommission, um die Unternehmen dazu anzuhalten, die Regeln auf diesem Gebiet einzuhalten (Urteile des Gerichts vom 6. April
1995 in der Rechtssache T-150/89, Martinelli/Kommission, Slg. 1995, II-1165, Randnr. 59, und vom 11. Dezember 1996 in der
Rechtssache T-49/95, Van Megen Sports/Kommission, Slg. 1996, II-1799, Randnr. 53), das Gericht hat jedoch nachzuprüfen, ob
der Betrag der verhängten Geldbuße in einem angemessenen Verhältnis zu Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung steht (Urteil
des Gerichts vom 21. Oktober 1997 in der Rechtssache T-229/94, Deutsche Bahn/Kommission, Slg. 1997, II-1689, Randnr. 127).
Das Gericht muss insbesondere die Schwere der Zuwiderhandlung und die von der Klägerin geltend gemachten Umstände gegeneinander
abwägen (Urteil des Gerichtshofes vom 14. November 1996 in der Rechtssache C-333/94 P, Tetra Pak/Kommission, Slg. 1996, I-5951,
Randnr. 48).
180
Gemäß den oben in Randnummer 178 genannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 17 und nach den Leitlinien für das Verfahren zur
Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag
festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3), hat die Kommission den Betrag der gegen JCB Service verhängten Geldbuße unter Berücksichtigung
von Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung auf 38 750 000 Euro festgesetzt. Im Hinblick auf die Schwere wurde dabei ein Betrag
von 25 000 000 Euro zugrunde gelegt, der unter Berücksichtigung einer angenommenen Dauer von elf Jahren um einen Betrag von
13 750 000 Euro erhöht wurde. Auf den wegen der Schwere festgesetzten Teil der Geldbuße hat die Kommission einen Steigerungssatz
von 55 %, der 5 % pro Jahr entspricht, angewandt. Unter Hinzurechnung von 864 000 Euro wegen erschwerender Umstände hat die
Kommission den Gesamtbetrag der Geldbuße auf 39 614 000 Euro festgesetzt.
181
Wie das Gericht oben in Randnummer 155 festgestellt hat, können drei Bestandteile der Zuwiderhandlung nicht als bewiesen angesehen
werden, nämlich die Festsetzung der Preisnachlässe oder der Einzelhandelspreise für die Vertriebshändler im Vereinigten Königreich
und Frankreich, die Auferlegung von Servicegebühren auf Verkäufe in andere Mitgliedstaaten, die von außerhalb der Alleinvertriebsgebiete
des Vereinigten Königreichs ansässigen Vertriebshändlern durchgeführt werden, und die Verweigerung des „Multiple Deal Trading
Support“ nach Maßgabe des Bestimmungslandes der Verkäufe, wie oben in den Randnummern 133, 145 und 154 ausgeführt.
182
Die bewiesenen Bestandteile der Zuwiderhandlung betreffen die Beschränkungen der passiven Verkäufe durch zum einen im Vereinigten
Königreich ansässige Vertriebshändler an zugelassene Vertreter und Einzelhändler außerhalb der Alleinvertriebsgebiete und
zum anderen in Irland, Frankreich und in Italien ansässige Vertriebshändler an nicht zugelassene Händler, Endabnehmer oder
außerhalb der Alleinvertriebsgebiete und insbesondere in anderen Mitgliedstaaten ansässige Vertriebshändler. Ferner ist das
Vorliegen von Beschränkungen hinsichtlich der Bezugsquellen bei Käufen von Vertragswaren durch in Frankreich und Italien ansässige
Vertriebshändler bewiesen. Diese beiden Formen wettbewerbswidriger Praktiken sind wesentliche Bestandteile der von JCB begangenen
Zuwiderhandlung. Wegen der von ihnen ausgehenden Beeinträchtigung des ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarktes, insbesondere
durch die Abschottung der nationalen Märkte, deren Verwirklichung sie bezwecken und bewirken, können sie als sehr schwerwiegend
erachtet werden. Sie rechtfertigen daher als solche eine hohe Geldbuße.
183
Zur Schwere der Zuwiderhandlung im Hinblick auf die Position, die JCB auf den nationalen Märkten einnimmt, in denen die Vereinbarungen
und Praktiken umgesetzt werden, ergibt sich aus den von der Klägerin nicht bestrittenen Angaben in den Randnummern 26 und
27 der angefochtenen Entscheidung, dass JCB im Jahr 1995 mit einem Anteil von 7,9 % am Gesamtumsatz (23,1 % bei Baggerladern)
den fünften Platz unter den internationalen Herstellern einnahm und im Zeitraum 1995/96 einen Anteil von etwa 13 % bis 14 %
am Gesamtverkaufsvolumen aller Bau- und Erdbewegungsmaschinen in der Europäischen Gemeinschaft erreichte. Wertmäßig schätzt
JCB seinen Anteil in der Europäischen Gemeinschaft auf 8,9 % und im Vereinigten Königreich auf 23,7 %. Die Klägerin beruft
sich zwar darauf, dass sie einen relativ geringen Anteil am Gesamtangebot an Bau- und Erdbewegungsgeräten in der Europäischen
Union halte und dass die neuesten Zahlen für Frankreich und Italien deutlich niedriger lägen, bringt aber keine Beweismittel
für dieses Vorbringen bei. Den oben erwähnten Marktanteilen zufolge ist JCB in der Europäischen Gemeinschaft und in dem betreffenden
Sektor ein relativ bedeutendes Unternehmen. Es ist daher nicht zu erkennen, dass die Kommission einen Fehler begangen hätte,
als sie zum Zweck der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Frage beurteilt hat, wie sich die Zuwiderhandlung auf die betroffenen
nationalen Märkte auswirkt.
184
In Bezug auf die Dauer der Zuwiderhandlung hat die Kommission Tatsachen im Zusammenhang mit den beiden bewiesenen Bestandteilen
der Zuwiderhandlung vorgetragen, die ─ was den ersten Bestandteil der Zuwiderhandlung angeht ─ einen Zeitraum von Anfang 1989
bis Ende 1998 und ─ für den zweiten ─ einen Zeitraum von Anfang 1992 bis Ende 1996 betreffen. Beweismittel, die bereits geprüft
worden sind, befinden sich für den gesamten in Betracht gezogenen Zeitraum in den Akten. Der Gesamtzeitraum, in dem die Zuwiderhandlung
begangen wurde, erstreckt sich somit insgesamt nicht über elf, sondern über zehn Jahre.
185
Die beiden Bestandteile der Zuwiderhandlung lagen während der Hälfte dieses Zeitraums gleichzeitig vor. JCB Service hat vorgetragen,
dass sämtliche ─ auf zwei reduzierte ─ Bestandteile der Zuwiderhandlung nur während eines Zeitraums von fünf Jahren zusammen
vorgelegen hätten. Den Ausfuhrbeschränkungen, die den ersten Bestandteil der Zuwiderhandlung und das Kernstück des JCB-Vertriebssystems
bilden, kommt jedoch vorrangige Bedeutung zu, aus der sich folgerichtig die Beschränkungen hinsichtlich der Bezugsquellen
ergeben, die den zweiten Bestandteil der Zuwiderhandlung bilden. Unter den hier gegebenen Umständen kann angesichts der großen
Bedeutung des ersten, einen zentralen Aspekt des JCB-Vertriebssystems betreffenden Bestandteils der Zuwiderhandlung nicht
gesagt werden, dass die Dauer der Zuwiderhandlung auf weniger als zehn Jahre hätte gesetzt werden müssen.
186
Zu der Frage eines Vergleichs mit den Geldbußen, die nach dem gleichen Verfahren gegen Unternehmen wie Volkswagen und Opel
(Entscheidungen 98/273 und 2001/146) festgesetzt wurden, hat die Kommission, die vom Gericht aufgefordert worden war, die
insoweit bei JCB angewandte Berechnungsweise zu erläutern, angegeben, sie sei unter Berücksichtigung der beiden oben genannten
Entscheidungen den in ihren Leitlinien aufgestellten Grundsätzen gefolgt. Die Beklagte weist u. a. darauf hin, dass die hier
geahndete Zuwiderhandlung in vier Mitgliedstaaten begangen worden sei, während in den anderen Rechtssachen nur ein einziges
Land betroffen gewesen sei, und dass der bei JCB angewandte Steigerungssatz von 5 % pro Jahr niedriger sei als die in den
früheren Sachen zugrunde gelegten Steigerungssätze oder genauso hoch wie diese. JCB hat betont, dass die ursprünglich gegen
Volkswagen festgesetzte (durch das Urteil Volkswagen/Kommission, Randnr. 348, auf 90 Millionen Euro herabgesetzte) Geldbuße
102 Millionen Euro betragen habe, was 0,5 % des Umsatzes des Unternehmens entspreche, und dass die gegen Opel auf 43 Millionen
Euro festgesetzte Geldbuße 0,16 % von deren Umsatz ausmache, während die gegen sie festgesetzte Geldbuße 4 % ihres Umsatzes
darstelle.
187
Wie jedes Organ bei allen seinen Tätigkeiten hat die Kommission, wenn sie eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsvorschriften
gegen ein Unternehmen festsetzt, den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten, der es verbietet, vergleichbare Sachverhalte
unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich zu behandeln, sofern dies nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteile
des Gerichtshofes vom 13. Dezember 1984 in der Rechtssache 106/83, Sermide, Slg. 1984, 4209, Randnr. 28, und des Gerichts
vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-31/99, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, Slg. 2002, II-1881, Randnr. 240). Unabhängig
von den Vergleichen, die die Kommission zur Bestimmung der Höhe der gegen JCB verhängten Geldbuße für sachdienlich gehalten
haben mag, können diese Merkmale nur richtungweisenden Charakter haben, da die tatsächlichen Gegebenheiten in den Wettbewerbssachen
wie die Märkte, die Erzeugnisse, die Länder, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume nicht die gleichen sind. Zu den
von JCB Service anhand der Umsatzzahlen gezogenen Vergleichen ist zu bemerken, dass die Unterschiede merklich geringer sind,
wenn man sie in absoluten Zahlen betrachtet, wobei daran zu erinnern ist, dass sie sich in den Rahmen des Ermessens der Kommission
einfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil Martinelli/Kommission, Randnr. 59). Außerdem legt Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung
Nr. 17 zwar eine Obergrenze für die Höhe der Geldbußen fest, er bedeutet aber nicht, dass die Kommission bei der Festsetzung
der Höhe der Geldbußen anhand von Schwere und Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung verpflichtet wäre, die Geldbuße ausgehend
von Beträgen zu berechnen, die auf dem Umsatz der betreffenden Unternehmen beruhen (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002
in der Rechtssache T-23/99, LR AF 1988/Kommission, Slg, 2002, II-1705, Randnr. 278).
188
Die Kommission beurteilt die Schwere von Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten, die nicht aus einer
zwingenden oder abschließenden Liste zu berücksichtigender Kriterien hervorgehen (Urteile vom 17. Juli 1997, Ferriere Nord/Kommission,
Randnr. 33, und LR AF 1988/Kommission, Randnrn. 236 und 279). Ihre frühere Entscheidungspraxis bildet nicht selbst den rechtlichen
Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen, sondern dieser ist allein in der Verordnung Nr. 17 geregelt (Urteil LR AF 1988/Kommission,
Randnr. 234). Sie ist ferner nicht verpflichtet, sei es hinsichtlich der Gesamthöhe der festgesetzten Geldbuße, sei es bei
ihrer Aufteilung in verschiedene Bestandteile, eine genaue mathematische Formel anzuwenden (Urteil des Gerichts vom 14. Mai
1998 in der Rechtssache T-354/94, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, Slg. 1998, II-2111, Randnr. 119).
189
Demnach ergibt sich aus dem Umstand, dass die Höhe der gegen Volkswagen, Opel und JBC Service verhängten Geldbußen unterschiedlichen
Prozentsätzen der Umsätze dieser Unternehmen entspricht, im vorliegenden Fall keine diskriminierende Behandlung der Klägerin.
190
Die Kommission hat es in Randnummer 257 der angefochtenen Entscheidung abgelehnt, mildernde Umstände zu berücksichtigen. Die
Klägerin nennt mehrere Arten solcher Umstände. Sie kann jedoch nicht mit Erfolg geltend machen, dass das Fehlen einer förmlichen
Stellungnahme der Kommission zu ihren Vereinbarungen eine „stillschweigende Zustimmung“ bedeute, da eine solche Sichtweise
dem gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht fremd ist. Sie kann sich auch weder auf die günstige Entscheidung der Irish Competition
Authority ─ wie oben in Randnummer 93 ausgeführt ─ noch auf das von der Cour d’appel Paris erlassene Urteil berufen, das nicht
den der Klägerin vorgeworfenen Sachverhalt betrifft. Da die Ablehnung ihres Freistellungsantrags oben in Randnummer 169 für
begründet erachtet worden ist, kann auch kein sich aus einer angeblichen Vereinbarkeit des JCB-Vertriebssystems mit den gemeinschaftlichen
Wettbewerbsregeln ergebender mildernder Umstand anerkannt werden.
191
Die Kommission hat erschwerende Umstände angenommen und als einen solchen die von JCB der Gunn JCB wegen Verstoßes gegen Klausel
4 auferlegte Geldstrafe angesehen, die sie als Strafmaßnahme qualifiziert hat. Demzufolge hat sie ─ wie oben in Randnummer
180 ausgeführt ─ den Betrag der festgesetzten Geldbuße um 864 000 Euro erhöht. Unbestritten hatte Gunn JCB ein ihren vertraglichen
Verpflichtungen widersprechendes Verhalten gezeigt und hätte den „Multiple Deal Trading Support“ zu Unrecht erhalten. Aus
den Schriftsätzen der Kommission geht hervor, dass diese die geforderte Zahlung von 288 721 GBP von Gunn an die Muttergesellschaft,
die entgangenen Gewinnen aus Verkäufen von Ersatzteilen entsprachen, die für JCB aus Verkäufen außerhalb des zugewiesenen
Gebietes herrührten, als „Strafmaßnahmen“ von JCB qualifizierte. Dieser Vertriebshändler hatte aber diese Verkäufe unter Verstoß
gegen vertragliche Verpflichtungen, an die er gegenüber JCB gebunden war, und zwar konkret gegen Klausel 4 der Vereinbarung
für Vertriebshändler im Vereinigten Königreich in der 1975 geänderten Fassung, durchgeführt. JCB ahndete die Verletzung einer
Vertragsbestimmung, deren wettbewerbsbeschränkende Bedeutung bei der Prüfung der ersten Zuwiderhandlung im Vereinigten Königreich
oben in den Randnummern 86 bis 89 geprüft worden ist. Sobald aber eine Klausel, sei sie rechtmäßig oder rechtswidrig, in einer
angemeldeten Vereinbarung enthalten ist, muss ihr die Bußgeldfreiheit gemäß Artikel 15 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 zugute
kommen.
192
Demnach war die Kommission nicht berechtigt, eine Geldbuße wegen eines Verhaltens zu verhängen, das sie als erschwerenden
Umstand qualifiziert hat, das aber an die Anwendung einer in einer ordnungsgemäß angemeldeten Vereinbarung enthaltenen Klausel
geknüpft war. Die Kommission durfte daher den Betrag der Geldbuße nicht erhöhen, um angeblichen erschwerenden Umständen Rechnung
zu tragen.
193
Nach alledem ergibt sich, dass die Kommission den Betrag der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße unzutreffend auf
39 614 000 Euro festgesetzt hat. Wie oben in Randnummer 192 festgestellt, war die Erhöhung des Betrages der Geldbuße wegen
erschwerender Umstände nicht gerechtfertigt und ist der aus diesem Grund hinzugerechnete Betrag von 814 000 Euro abzuziehen.
Außerdem ist den Bestandteilen der Zuwiderhandlung Rechnung zu tragen, die rechtlich nicht hinreichend bewiesen sind (vgl.
oben, Randnummern 133, 145 und 154). Zwar sind der erste und der zweite Bestandteil der Zuwiderhandlung betreffend die Beschränkungen
der passiven Verkäufe und die Beschränkungen hinsichtlich der Bezugsquellen bewiesen und lagen im Kernbereich des JCB-Vertriebssystems,
wie es während eines in Bezug auf den ersten Bestandteil der Zuwiderhandlung zehn Jahre währenden Zeitraums funktionierte,
doch rechtfertigt das Fehlen hinlänglicher Beweise für die drei weiteren in der angefochtenen Entscheidung festgestellten
Bestandteile der Zuwiderhandlung eine spürbare Herabsetzung des Betrages der verhängten Geldbuße. Daher ist eine weitere Herabsetzung
um 8 750 000 Euro vorzunehmen.
194
Das Gericht hält es daher in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung gemäß Artikel 229 EG und Artikel 17 der
Verordnung Nr. 17 für gerechtfertigt, den Betrag der mit Artikel 4 der angefochtenen Entscheidung auferlegten Geldbuße auf
30 Millionen Euro herabzusetzen.
Kosten
195
Gemäß Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen
Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Da der Klage nur teilweise stattgegeben wurde, hält es das
Gericht bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles für geboten, der Klägerin drei Viertel ihrer eigenen Kosten
und der Kommission ihre eigenen Kosten und ein Viertel der Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1.
Artikel 1 Buchstaben c, d und e sowie Artikel 3 Buchstaben d und e der Entscheidung 2002/190/EG der Kommission vom 21. Dezember
2000 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Fall COMP.F.1/35.918 ─ JCB) werden für nichtig erklärt.
2.
Der Betrag der mit Artikel 4 der Entscheidung 2002/190 gegen die Klägerin verhängten Geldbuße wird auf 30 Millionen Euro herabgesetzt.
3.
Der Antrag auf Vorlage bestimmter Unterlagen aus den Akten, die im Verwaltungsverfahren für nicht einsehbar erklärt worden
waren, ist erledigt.
4.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5.
Die Klägerin trägt drei Viertel ihrer eigenen Kosten.
6.
Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und ein Viertel der Kosten der Klägerin.
Vesterdorf
Azizi
Legal
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Januar 2004.