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Document 62001CC0249

Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 25. Februar 2003.
Werner Hackermüller gegen Bundesimmobiliengesellschaft mbH (BIG) und Wiener Entwicklungsgesellschaft mbH für den Donauraum AG (WED).
Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesvergabeamt - Österreich.
Öffentliche Aufträge - Richtlinie 89/665/EWG - Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge - Artikel 1 Absatz 3 - Personen, denen das Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen muss.
Rechtssache C-249/01.

Sammlung der Rechtsprechung 2003 I-06319

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2003:103

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

JEAN MISCHO

vom 25. Februar 2003 ( 1 )

1. 

Das Bundesvergabeamt (Österreich) fragt nach der Auslegung des Artikels 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge ( 2 ) in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ( 3 ) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/665).

2. 

Das Bundesvergabeamt möchte im Wesentlichen wissen, ob die vorstehend genannte Bestimmung dahin gehend zu verstehen ist, dass einem Bieter auch dann, wenn sein Angebot zwar vom öffentlichen Auftraggeber nicht ausgeschieden worden ist, die Nachprüfungsbehörde im Zuge ihres Nachprüfungsverfahrens jedoch feststellt, dass das Angebot vom öffentlichen Auftraggeber zwingend auszuscheiden gewesen wäre, durch den von ihm behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

I — Rechtlicher Rahmen

A — Gemeinschaftsvorschriften

3.

Artikel 1 Absätze 1 und 3 der Richtlinie 89/665 bestimmt:

„(1)

Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinien 71/305/EWG, 77/62/EWG und 92/50/EWG ... fallenden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge die Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der nachstehenden Artikel, insbesondere von Artikel 2 Absatz 7, auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können.

...

(3)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jedem zur Verfügung steht, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Lieferoder Bauauftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht. Die Mitgliedstaaten können insbesondere verlangen, dass derjenige, der ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten beabsichtigt, den öffentlichen Auftraggeber zuvor von dem behaupteten Rechtsverstoß und von der beabsichtigten Nachprüfung unterrichten muss.“

4.

Artikel 2 Absätze 1, 4 und 6 der Richtlinie 89/665 sieht vor:

„(1)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden,

a)

damit so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um den behaupteten Rechtsverstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern; dazu gehören Maßnahmen, um das Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags auszusetzen oder die Aussetzung zu veranlassen oder Maßnahmen der Durchführung jeder sonstigen Entscheidung der öffentlichen Auftraggeber;

b)

damit die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen, einschließlich der Streichung diskriminierender technischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Spezifikationen in den Ausschreibungsdokumenten, den Verdingungsunterlagen oder in jedem sonstigen sich auf das betreffende Vergabeverfahren beziehenden Dokument vorgenommen oder veranlasst werden kann;

c)

damit denjenigen, die durch den Rechtsverstoß geschädigt worden sind, Schadensersatz zuerkannt werden kann.

...

(4)

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die zuständige Instanz bei Prüfung der Frage, ob vorläufige Maßnahmen zu ergreifen sind, deren voraussehbare Folgen für alle möglicherweise geschädigten Interessen sowie das Interesse der Allgemeinheit berücksichtigen kann, und dass sie beschließen kann, diese Maßnahmen nicht zu ergreifen, wenn deren nachteilige Folgen die damit verbundenen Vorteile überwiegen könnten. Die Ablehnung der vorläufigen Maßnahmen beeinträchtigt nicht die sonstigen Rechte des Antragstellers.

...

(6)

Die Wirkungen der Ausübung der in Absatz 1 genannten Befugnisse auf den nach Zuschlagserteilung des Auftrags geschlossenen Vertrag richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

Abgesehen von dem Fall, in dem eine Entscheidung vor Zuerkennung von Schadensersatz aufgehoben werden muss, kann ein Mitgliedstaat ferner vorsehen, dass nach dem Vertragsschluss im Anschluss an die Zuschlagserteilung die Befugnisse der Nachprüfungsinstanz darauf beschränkt werden, einer durch einen Rechtsverstoß geschädigten Person Schadensersatz zuzuerkennen.

...“

B — Nationale Vorschriften

5.

Die Richtlinie 89/665 wurde durch das Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 1997, BGBl. I 1997/56, im Folgenden: BVergG) in das österreichische Recht umgesetzt.

6.

§ 113 BVergG sieht vor:

„(1)

Das Bundesvergabeamt ist auf Antrag zur Durchführung des Nachprüfungsverfahrens nach Maßgabe der Bestimmungen des folgenden Hauptstückes zuständig.

(2)

Bis zur Zuschlagserteilung ist das Bundesvergabeamt zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hiezu ergangenen Verordnungen zuständig

1.

zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

2.

zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der vergebenden Stelle des Auftraggebers.

(3)

Nach Zuschlagserteilung oder nach Abschluss des Vergabeverfahrens ist das Bundesvergabeamt zuständig, festzustellen, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz oder die hiezu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. ...“

7.

§ 115 Absatz 1 BVergG bestimmt:

„Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, kann die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.“

8.

Nach Artikel II Absatz 2 Buchstabe C Ziffer 40a des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 (BGBl. 1991/50) ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (BGBl. 1991/51, im Folgenden: AVG) auf das behördliche Verfahren des Bundesvergabeamts anzuwenden.

II — Ausgangsverfahren

9.

Die Bundesimmobiliengesellschaft mbH (BIG) schrieb gemeinsam mit der Wiener Entwicklungsgesellschaft mbH für den Donauraum AG (WED) (im Folgenden: Antragsgegner) für die Erlangung von baukünstlerischen Entwürfen sowie von Entscheidungsparametern für die Beauftragten von Generalplanerleistungen für den Neubau TU-Wien/Maschinenbaufakultät ein mehrstufiges Verfahren aus. In der ersten Stufe des Verfahrens fand eine „offene Interessentensuche mit Ideen-findung“ mittels eines Wettbewerbs statt.

10.

Mehrere Interessenten, darunter der Architekt Dipl.-Ing. Werner Hackermüller (im Folgenden: Antragsteller) und die Dipl.-Ing. Hans Lechner-ZT GmbH (im Folgenden: Lechner GmbH) meldeten sich auf die Ausschreibung und gaben Projekte ab. Im Zuge der zweiten Stufe des Verfahrens — des Verhandlungsverfahrens — empfahl das Beratungsgremium die kurzfristige Fortsetzung des Verfahrens mit der Lechner GmbH. Mit Schreiben vom 10. Februar 1999 wurde den übrigen vier zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Bietern, darunter dem Antragsteller, mitgeteilt, dass ihr Projekt gemäß Entscheidung des Beratungsgremiums vom 8. Februar 1999 nicht zur Ausführung empfohlen worden sei.

11.

Der Antragsteller stellte am 29. März 1999 beim Bundesvergabeamt einen Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 113 Absatz 2 BVergG und beantragte unter anderem die Nichtigerklärung erstens der Entscheidung des Beratungsgremiums bzw. der Antragsgegner vom 8. Februar 1999, das Projekt eines namentlich genannten Mitbieters als bestes Angebot zu bewerten, und der daran angeschlossenen Empfehlung, mit diesem das Verhandlungsverfahren kurzfristig fortzusetzen, und zweitens des Beschlusses, wonach die Auswahl nicht nach den in der Ausschreibung festgesetzten Kriterien vorgenommen wurde.

12.

Mit Bescheid vom 31. März 1999 wies das Bundesvergabeamt sämtliche Anträge des Antragstellers mangels Antragslegitimation zurück, da sein Angebot gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 8 BVergG bereits auf der ersten Stufe des Verfahrens auszuscheiden gewesen wäre.

13.

Das Bundesvergabeamt begründete seine Entscheidung damit, dass ein Unternehmer gemäß § 115 Absatz 1 BVergG nur insoweit antragslegitimiert sei, als ihm überhaupt ein Schaden oder sonstiger Nachteil erwachsen könne. Ferner müsse die Nachprüfungsbehörde gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 8 BVergG vor der Wahl des Angebots für den Zuschlag aufgrund des Ergebnisses der von ihr durchgeführten Prüfung der Angebote den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote unverzüglich ausscheiden, wenn die Mängel nicht behoben worden oder nicht behebbar seien.

14.

Ferner werde unter Punkt 1.6.7 der Ausschreibung hinsichtlich des Ausschlusses eines Projekts vom Vergabeverfahren ausdrücklich auf § 36 Absatz 4 der Wettbewerbsordnung der Architekten (im Folgenden: WOA) verwiesen, der wiederum festlege, dass bei Vorliegen eines Ausschließungsgrundes gemäß § 8 WOA das betroffene Projekt auszuscheiden sei; nach Absatz 1 Buchstabe d der letztgenannten Vorschrift seien u. a. Personen von der Teilnahme an einem bestimmten Architektenwettbewerb ausgeschlossen, die eine Angabe in den eingereichten Unterlagen machten, welche auf die Urheberschaft schließen ließe.

15.

Nachdem das Bundesvergabeamt festgestellt hatte, dass der Antragsteller durch die Angabe seines Namens unter der Rubrik „vorgesehene Organisation der Generalplanung“ den Ausschließungsgrund des § 8 Absatz 1 Buchstabe d WOA erfüllt habe, so dass sein Projekt nach § 52 Absatz 1 Ziffer 8 BVergG in Verbindung mit § 36 Absatz 4 WOA auszuscheiden gewesen wäre, kam es zu dem Schluss, dass der Antragsteller für die Erteilung des Auftrags nicht mehr in Betracht gezogen werden könne und dass es ihm, da er durch allfällige Verstöße gegen das Bestbieterprinzip sowie gegen die Grundsätze des Verhandlungsverfahrens nicht geschädigt werden könne, an der Legitimation zur Geltendmachung der in seinen Anträgen angeführten Rechtswidrigkeiten fehle.

16.

Am 7. Juli 1999 legte der Antragsteller beim Verfassungsgerichtshof (Österreich) Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesvergabeamts vom 31. Mai 1999 ein. Der Verfassungsgerichtshof urteilte in seinem Erkenntnis vom 14. März 2001 (B 1137/99-9) unter Bezugnahme auf sein früheres Erkenntnis vom 8. März 2001 (B 707/00), dass es, da der Begriff der Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665 nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ( 4 ) weit zu verstehen sei, fragwürdig erscheine, die Antragsvoraussetzungen nach § 115 Absatz 1 BVergG in Verbindung mit § 52 Absatz 1 BVergG so zu deuten, dass ein faktisch vom Auftraggeber nicht ausgeschiedener Bieter von der Nachprüfungsbehörde durch Zurückweisung seines Rechtsschutzantrags vom Nachprüfungsverfahren ausgeschlossen werden könne, wenn diese das Vorliegen eines Ausscheidungsgrundes vorfrageweise annehme. Der Verfassungsgerichtshof hob daher den angefochtenen Bescheid des Bundesvergabeamts wegen Verletzung des durch die Verfassung gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auf, weil das Bundes-vergabeamt nach Artikel 234 Absatz 3 EG verpflichtet gewesen sei, dem Gerichtshof eine dahin gehende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen.

III — Vorlagefragen

17.

Unter diesen Umständen hat das Bundesvergabeamt dem Gerichtshof mit Beschluss vom 25. Juni 2001 folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665 in der Weise auszulegen, dass die Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens jedem zusteht, der einen bestimmten zur Vergabe anstehenden öffentlichen Auftrag erhalten will?

2.

Für den Fall der Verneinung der Frage 1:

Ist die oben zitierte Richtlinienbestimmung so zu verstehen, dass einem Bieter auch dann, wenn sein Angebot zwar vom Auftraggeber nicht ausgeschieden wurde, die Nachprüfungsbehörde im Zuge ihres Nachprüfungsverfahrens jedoch feststellt, dass das Angebot vom Auftraggeber zwingend auszuscheiden gewesen wäre, durch den von ihm behaupteten Rechtsverstoß — im gegenständlichen Fall die Entscheidung des Auftraggebers, das Angebot eines Mitbieters als bestes Angebot zu bewerten — ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht und ihm daher das Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen muss?

IV — Analyse

A — Zur Zuständigkeit des Gerichts für die Beantwortung der vom Bundes-vergabeamt vorgelegten Fragen

18.

Einleitend ist die in der neueren Rechtsprechung ( 5 ) behandelte Frage zu erörtern, ob das Bundesvergabeamt ein Gericht im Sinne von Artikel 234 EG ist.

19.

Diese Frage wurde u. a. in der vorstehend genannten Rechtssache Swoboda von der Kommission unter Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss des Bundesvergabeamts vom 11. Juli 2001 in der Rechtssache Siemens und ARGE Telekom & Partner ( 6 ) aufgeworfen, in dem das Bundesvergabeamt ausgeführt hatte, dass seine Entscheidungen „keinen vollstreckbaren Auftrag an den Auftraggeber“ ( 7 ) enthielten.

20.

In dem Urteil Swoboda, das eine Rechtssache betraf, in der das Bundesvergabeamt seine Befugnisse in der Phase nach Zuschlagserteilung ausgeübt hatte, hat der Gerichtshof das Bundesvergabeamt als Gericht im Sinne von Artikel 234 EG angesehen.

21.

In den Randnummern 27 und 28 dieses Urteils heißt es:

„Das Ausgangs verfahren betrifft... die Zeit nach der Vergabe des Auftrags. Unstreitig sind aber nach österreichischem Recht sowohl die Parteien als auch das Zivilgericht, das gegebenenfalls in dieser Zeit mit einer Schadensersatzklage befasst wird, an die Feststellungen des Bundesvergabeamts gebunden.

Daher steht die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesvergabeamts im Ausgangsverfahren außer Zweifel.“

22.

Es stellt sich nunmehr die Frage, ob diese Schlussfolgerung auch im vorliegenden Fall gilt, in dem das Bundesvergabeamt seine Befugnisse in der Phase vor Zuschlagserteilung ausübt.

23.

Ich bin der Ansicht, dass die Frage zweifelsfrei zu bejahen ist.

24.

Im Unterschied zur Phase nach Zuschlagserteilung, während deren das Bundesvergabeamt nach § 113 Absatz 3 BVergG zuständig ist, „festzustellen, ob ... der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde ...“, ist die Phase vor dem Zuschlag dadurch gekennzeichnet, dass das Bundesvergabeamt nach § 113 Absatz 2 BVergG zuständig ist „1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie 2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der vergebenden Stelle des Auftraggebers“.

25.

Wenn jedoch bereits die Befugnis „festzustellen“ rechtlich verbindlichen Charakter hat, so scheint mir dies umso mehr für die Befugnis zum Erlass einstweiliger Verfügungen und zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen zu gelten.

26.

Das Bundesvergabeamt ist daher ein Gericht im Sinne von Artikel 234 EG. Folglich ist der Gerichtshof für die Beantwortung der vom Bundesvergabeamt vorgelegten Fragen zuständig.

B — Zur ersten Vorlagefrage

27.

Mit der ersten Vorlagefrage möchte das Bundesvergabeamt wissen, ob Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665 so auszulegen ist, dass die Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens jedem zusteht, der einen bestimmten zur Vergabe anstehenden öffentlichen Auftrag erhalten will.

28.

Der Antragsteller ist der Ansicht, dass diese Frage zu bejahen sei, da jeder vom Nachprüfungsverfahren ausgeschlossenen Person ein Schaden entstehe.

29.

Die Antragsgegner, die österreichische und die italienische Regierung sowie die Kommission schlagen hingegen vor, die erste Frage im Wesentlichen zu verneinen.

30.

Ich schließe mich ihrer Ansicht an.

31.

Aus dem Wortlaut des Artikels 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665 ergibt sich klar, dass das Nachprüfungsverfahren „zumindest jedem zur Verfügung steht, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Liefer- oder Bauauftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht“ ( 8 ).

32.

Folglich erlaubt die Richtlinie 89/665 es den Mitgliedstaaten, den Zugang zum Nachprüfungsverfahren vom kumulativen Vorliegen von zwei Voraussetzungen abhängig zu machen, nämlich erstens dem Interesse des Bieters an der Vergabe eines öffentlichen Auftrags und zweitens einem ihm entstandenen oder drohenden Schaden.

33.

Die Kommission geht daher zu Recht davon aus, dass „[d]as bloße Interesse an einem Auftrag ... für sich alleine noch nicht ausreichend [ist]“.

34.

Wie die österreichische Regierung zu Recht hervorhebt, wird diese Interpretation außerdem durch die Vorarbeiten zur Richtlinie 89/665 untermauert.

35.

Während der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie 87/C 230/05 des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsregeln im Rahmen der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, der am 1. Juli 1987 vorgelegt wurde ( 9 ), keine Angaben zu den Eigenschaften der zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens berechtigten Personen enthielt, bestimmte der am 25. November 1988 vorgelegte geänderte Vorschlag ( 10 ) in Artikel 1, dass „ein Unternehmer oder Lieferant, der sich an einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Liefer- oder Bauaufträge beteiligt, sowie ein hierzu bevollmächtigter Dritter“ über einen Rechtsbehelf verfügen müsse.

36.

Daraus, dass dieser Wortlaut in der Richtlinie 89/665 nicht übernommen wurde, ist zu schließen, dass der Rat sich bewusst dafür entschieden hat, den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, den Zugang zu einem Nachprüfungsverfahren vom Vorliegen der beiden vorstehend genannten Voraussetzungen abhängig zu machen.

37.

Ich schlage daher vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665 so auszulegen ist, dass die Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens jedem zusteht, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Auftrag hat oder hatte, sofern ihm durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht.

C — Zur zweiten Vorlagefrage

38.

Da ich vorschlage, die erste Vorlagefrage zu verneinen, muss ich nun auch die zweite Frage untersuchen. Das Bundes-vergabeamt fragt dort, ob Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665 so zu verstehen ist, dass einem Bieter auch dann, wenn sein Angebot zwar vom Auftraggeber nicht ausgeschieden wurde, die Nachprüfungsbehörde im Zuge ihres Nachprüfungsverfahrens jedoch feststellt, dass das Angebot vom Auftraggeber zwingend auszuscheiden gewesen wäre, durch den von ihm behaupteten Rechtsverstoß — im gegenständlichen Fall die Entscheidung des Auftraggebers, das Angebot eines Mitbieters als bestes Angebot zu bewerten — ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht und ihm daher das Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen muss.

39.

Der Antragsteller ist der Ansicht, dass im Fall einer Verneinung der ersten Frage auf jeden Fall die zweite Frage bejaht werden müsse, da sonst der Zugang zu einem Nachprüfungsverfahren in all denjenigen Fällen verwehrt würde, in denen ein Bieter aus irgendeinem Grund von der Vergabebehörde ausgeschieden werde.

40.

Die Antragsgegner, die österreichische Regierung und die Kommission schlagen hingegen vor, diese Frage zu verneinen. Die Erklärungen der italienischen Regierung können dahin gehend ausgelegt werden, dass diese für den Fall, dass das Bundes-vergabeamt als Gericht anzusehen ist, ebenfalls eine Verneinung vorschlägt.

41.

Diese Verfahrensbeteiligten berufen sich dabei auf den Zweck des Nachprüfungsverfahrens, auf die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 89/665 und auf den Grundsatz der Gleichbehandlung, die es nicht zuließen, einem Antragsteller trotz seines Verstoßes gegen die Ausschreibung oder gegen Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe den Zuschlag zu erteilen oder Schadensersatz zuzuerkennen.

42.

Zunächst ist festzustellen, dass das Bundesvergabeamt in seinem Beschluss vom 31. Mai 1999 der Ansicht war, dass der Antragsteller nicht antragslegitimiert sei, da sein Angebot gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 8 BVergG bereits auf der ersten Stufe des Verfahrens auszuscheiden gewesen wäre ( 11 ).

43.

Mit seiner Vorlagefrage möchte das Bundesvergabeamt daher im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie 89/665 und insbesondere ihr Artikel 1 Absatz 3 einer derartigen von ihm angewandten Bestimmung des nationalen Rechts entgegensteht.

44.

Wie jedoch die österreichische Regierung zu Recht in ihren schriftlichen Erklärungen bemerkt, „[enthält] die [Rechtsmittelrichtlinie] keine Anordnungen betreffend den von der Nachprüfungsinstanz jeweils anzuwendenden Beurteilungsmaßstab ... Es ist daher Sache der Mitgliedstaaten, die erforderlichen Regelungen zu treffen, die unbestrittenermaßen den allgemeinen Grundsätzen des Vergaberechts, wie Transparenz und NichtDiskriminierung, zu entsprechen haben. Auch dürfen derartige Bestimmungen nicht dem Ziel der Rechtsmittelrichtlinie ... entgegenstehen ...“

45.

In diesem Sinne hat der Gerichtshof auch hinsichtlich eines Gegenstands, der nicht speziell durch die Richtlinie 89/665 geregelt wird — nämlich der Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung über den Widerruf einer Ausschreibung —, entschieden, dass sich dieser Zeitpunkt nach dem nationalen Recht eines jeden Mitgliedstaats bestimme, „wobei die anwendbaren nationalen Regelungen nicht weniger günstig ausgestaltet sein dürfen als die Regelungen für entsprechende innerstaatliche Nachprüfungsverfahren (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. im Wege der Analogie Urteile vom 20. September 2001 in der Rechtssache C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-6117, Randnr. 121, und in der Rechtssache C-453/99, Courage und Crehan, Slg. 2001, I-6297, Randnr. 29)“ ( 12 ).

46.

Somit stellt sich die Frage, ob die vorstehend genannte vom Bundesvergabeamt in seinem Beschluss vom 31. Mai 1999 zugrunde gelegte Bestimmung die Ausübung der durch die Gemeinschaftsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert ( 13 ).

47.

Hierzu möchte ich auf eine im Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 8. März 2001 ( 14 ) angestellte Erwägung Bezug nehmen, die die österreichische Regierung wie folgt wiedergegeben hat: „[Es] sei unklar, ob es — wie in der Literatur behauptet — gemeinschaftsrechtlich zulässig sei, den Rechtsschutz des Bieters im Ausgangsfall dadurch zu ‚verkürzen‘, weil ihm kein Rechtsmittel gegen die durch das Bundesvergabeamt anstelle des Auftraggebers getroffene Ausschlussentscheidung zur Verfügung stehe.“ ( 15 )

48.

Wenn es so wäre, dass einem Bieter aufgrund des fraglichen Kriteriums kein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung zur Verfügung stünde, die sich als Ausschlussentscheidung erweist, wäre ich in der Tat der Ansicht, dass dieses Kriterium die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung und insbesondere die Richtlinie 89/665 verliehenen Rechte übermäßig erschwert.

49.

Es besteht kein Zweifel, dass eine Entscheidung über den Ausschluss eines Bieters eine Entscheidung im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 darstellt, gegen die ein Nachprüfungsverfahren möglich sein muss.

50.

Nach ständiger Rechtsprechung sieht Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 keine Beschränkung in Bezug auf Art und Inhalt der dort genannten Entscheidungen vor ( 16 ). In seinen Schlussanträgen vom7. Februar 2002 in der Rechtssache Santex ( 17 ) schließt Generalanwalt Alber daraus, dass eine Ausschlussentscheidung eine Entscheidung darstelle, gegen die ein Nachprüfungsverfahren im Sinne der Richtlinie 89/665 möglich sein müsse ( 18 ).

51.

Aber ist es richtig zu sagen, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens einem Bieter „kein Rechtsmittel gegen die durch das Bundesvergabeamt anstelle des Auftraggebers getroffene Ausschlussentscheidung zur Verfügung stehe“?

52.

Meiner Auffassung nach hängt alles von der Frage ab, ob die Nachprüfungsbehörde nach Durchführung eines streitigen Verfahrens, d. h., nachdem sie dem Bieter die Möglichkeit gegeben hat, sich zu den Gründen eines möglichen Ausschlusses zu äußern, zu der Schlussfolgerung gekommen ist, dass der Bieter auszuschließen gewesen wäre.

53.

Aus Artikel 2 Absatz 8 der Richtlinie 89/665, nach dem „[d]ie unabhängige Instanz ... in einem kontradiktorischen Verfahren [erkennt]“, ergibt sich, dass ein derartiges Verfahren ein wesentliches Merkmal eines Nachprüfungsverfahrens im Sinne der Richtlinie 89/665 ist.

54.

Selbst wenn aber die Nachprüfungsbehörde nach einem streitigen Verfahren zu der vorstehend erwähnten Schlussfolgerung kommt, bleibt die Frage, ob das Bundesvergabeamt das Recht hat, von Amts wegen einen Verstoß gegen ein Gebot wie das der Anonymität zu berücksichtigen.

55.

Es steht meiner Ansicht nach außer Zweifel, dass das Bundesvergabeamt in dem hypothetischen Fall, dass die Vergabebehörde zunächst das Angebot des Antragstellers ausgewählt hätte und ein anderer Bieter, dem ein möglicher Verstoß des Antragstellers gegen das Anonymitätsgebot bekannt ist, anschließend ein Nachprüfungsverfahren wegen eines Verstoßes der Vergabebehörde gegen die bei der öffentlichen Auftragsvergabe anzuwendenden Regelungen eingeleitet hätte, hätte entscheiden können, dass der Antragsteller vom Ausschreibungsverfahren auszuschließen gewesen wäre, ohne dass die Vergabebehörde dies zuvor entschieden hätte.

56.

Der einzige Unterschied zwischen dieser Situation und der des Ausgangsverfahrens liegt daher darin, dass im ersten Fall der Verstoß gegen die Anonymitätsbestimmungen von einer Partei geltend gemacht wird, während er im zweiten Fall von Amts wegen von der Nachprüfungsbehörde berücksichtigt wurde.

57.

In dieser Hinsicht teile ich jedoch die von Generalanwalt Geelhoed in seinen Schlussanträgen vom 10. Oktober 2002 in der Rechtssache GAT ( 19 ) vertretene Ansicht, dass „[d]ie Richtlinie 89/665 ... es nicht [verbietet], dass die zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren zuständige Behörde von Amts wegen und unabhängig vom Vorbringen der Parteien im Nachprüfungsverfahren erhebliche Umstände berücksichtigen kann“ ( 20 ).

58.

Ein derartiger Ansatz erscheint mir auch mit dem Zweck der Richtlinie 89/665 sowie dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter im Einklang zu stehen.

59.

Hinsichtlich des Zweckes ist daran zu erinnern, dass „die Mitgliedstaaten nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 verpflichtet [sind], wirksame und möglichst rasche Nachprüfungsverfahren einzuführen, um sicherzustellen, dass die Gemeinschaftsrichtlinien im Bereich des öffentlichen Auftragswesens beachtet werden“ ( 21 ).

60.

Es erschiene mir jedoch unvereinbar mit diesem Zweck der Bereitstellung wirksamer und rascher Nachprüfungsverfahren, wenn man in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens die Nachprüfungsbehörde zwingen würde, zu warten, bis ihr ein Problem im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Auftragsvergabe, das sie selbst erkannt hat, von einer Partei vorgelegt wird.

61.

Aus der Gleichbehandlung aller Bieter, die einen Grundsatz darstellt, der dem Wesen der Richtlinien auf dem Gebiet der öffentlichen Auftragsvergabe entspricht ( 22 ), ergibt sich, dass alle Bieter ein Recht darauf haben, dass ihr eigenes Angebot sowie die Angebote der anderen Bieter unter Beachtung der Ausschreibungsbedingungen und der Bestimmungen über öffentliche Aufträge bearbeitet werden.

62.

Daraus ergibt sich, dass ein Bieter nicht den Zuschlag erhalten kann, wenn er selbst gegen die Ausschreibungsbedingungen oder gegen die Bestimmungen über öffentliche Aufträge verstoßen hat. Der Umstand, dass, wie der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, andere Bieter möglicherweise ebenfalls Verstöße begangen haben, ändert daran nichts, da ein Bieter sich nicht darauf berufen kann, dass anderen Bietern ein Rechtsverstoß zugute kommt, um geltend zu machen, dass er Opfer einer Diskriminierung sei.

63.

Außerdem erscheint die Möglichkeit für die Nachprüfungsbehörde, derartige Verstöße von Amts wegen zu berücksichtigen, im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung umso mehr gerechtfertigt, als den Bietern, wie die österreichische Regierung zu Recht bemerkt, bei ihren Wettbewerbern vorliegende Gründe für einen Ausschluss von der Auftragsvergabe oft nicht bekannt sind.

64.

Ich bin daher der Ansicht, dass eine Bestimmung des nationalen Rechts, nach der ein Antragsteller keine Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens besitzt, wenn sein Angebot bereits von der Vergabebehörde auszuschließen gewesen wäre, die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert, sofern der Antragsteller sich vorher zu dem angeblich bestehenden Ausschlussgrund äußern konnte.

65.

Ist ihm eine solche Möglichkeit, sich zu äußern, hingegen nicht gewährt worden, käme die Entscheidung der Nachprüfungsbehörde tatsächlich einer Ausschlussentscheidung ohne Rechtsbehelfsmöglichkeit gleich, was im Widerspruch zur Richtlinie 89/665 stünde.

66.

Ich schlage daher vor, auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass es nicht im Widerspruch zu Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665 steht, anzunehmen, dass einem Bieter durch den von ihm behaupteten Rechtsverstoß, im gegenständlichen Fall die Entscheidung des Auftraggebers, das Angebot eines Mitbieters als bestes Angebot zu bewerten, kein Schaden entstanden ist, wenn zwar das Angebot dieses Bieters nicht vom Auftraggeber ausgeschieden wurde, die Nachprüfungsbehörde im Zuge ihres Nachprüfungsverfahrens jedoch feststellt, dass das Angebot vom Auftraggeber zwingend auszuscheiden gewesen wäre, sofern der dem Bieter entgegengehaltene Ausschlussgrund Gegenstand eines streitigen Verfahrens war.

V — Ergebnis

67.

Ich schlage daher vor, wie folgt zu antworten:

Auf die erste Vorlagefrage:

Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der Fassung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist in der Weise auszulegen, dass die Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens jedem zusteht, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Auftrag hat oder hatte, sofern ihm durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht.

Auf die zweite Vorlagefrage:

Es steht nicht im Widerspruch zu Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665 in der Fassung der Richtlinie 92/50, anzunehmen, dass einem Bieter durch den von ihm behaupteten Rechtsverstoß, im gegenständlichen Fall die Entscheidung des Auftraggebers, das Angebot eines Mitbieters als bestes Angebot zu bewerten, kein Schaden entstanden ist, wenn zwar das Angebot dieses Bieters nicht vom Auftraggeber ausgeschieden wurde, die Nachprüfungsbehörde im Zuge ihres Nachprüfungsverfahrens jedoch feststellt, dass das Angebot vom Auftraggeber zwingend auszuscheiden gewesen wäre, sofern der dem Bieter entgegengehaltene Ausschlussgrund Gegenstand eines streitigen Verfahrens war.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) ABl. L 395, S. 33.

( 3 ) ABl. L 209, S. 1.

( 4 ) Vgl. u. a. Urteile vom 17. September 1997 in der Rechtssache C-54/96 (Dorsch Consult, Slg. 1997, I-4961, Randnr. 46) und vom 28. Oktober 1999 in der Rechtssache C-81/98 (Alcatel Austria u. a., Slg. 1999, I-7671, Randnrn. 34 und 35).

( 5 ) Vgl. Urteil vom 14. November 2002 in der Rechtssache C-411/00 (Swoboda, Slg. 2002, I-10567), Schlussanträge von Generalanwalt Léger in der Rechtssache C-44/96 (Mannesmann Anlagenbau Austria u. a., Slg. 1998, I-73), meine Schlussanträge vom 18. April 2002 in der Rechtssache Swoboda sowie Schlussanträge von Generalanwalt Geelhoed vom 10. Oktober 2002 in der Rechtssache C-315/01 (GAT, Slg. 2003, I-6351, I-6354).

( 6 ) C-314/01, beim Gerichtshof anhängig.

( 7 ) Urteil Swoboda, Randnr. 25.

( 8 ) Hervorhebung durch den Verfasser.

( 9 ) ABl. C 230, S. 6.

( 10 ) ABl. 1989, C 15, S. 8.

( 11 ) Siehe oben, Nr. 12.

( 12 ) Urteil vom 18. Juni 2002 in der Rechtssache C-92/00 (HI, Slg. 2002, I-5553, Randnr. 67). In diesem Sinne auch Urteil vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C-470/99 (Universale-Bau, Slg. 2002, I-11617, Randnr. 72).

( 13 ) Es wird unterstellt, dass kein Unterschied bei der Handhabung des Rechtsbehelfs im Sinne der Richtlinie 89/665 einerseits und ähnlichen Rechtsbehelfen nach nationalem Recht andererseits besteht.

( 14 ) Siehe oben, Nr. 16.

( 15 ) Hervorhebung durch den Verfasser.

( 16 ) Vgl. Urteile Alcatel Austria u. a., Randnr. 35, und HI, Randnr. 49.

( 17 ) C-327/00 (Urteil vom 27. Februar 2003, Slg. 2003, I-1877, I-1879).

( 18 ) Vgl. Nrn. 80 bis 86 der vorstehend genannten Schlussanträge von Generalanwalt Alber.

( 19 ) C-315/01, zitiert oben in Fußnote 5.

( 20 ) Nr. 67, Beantwortungsvorschlag 1 a der vorstehend genannten Schlussanträge von Generalanwalt Geelhoed.

( 21 ) Urteil Alcatel Austria u. a., Randnr. 34. Vgl. auch vorstehend genannte Urteile HI, Randnr. 52, und Universale-Bau, Randnr. 74. Hervorhebung durch den Verfasser.

( 22 ) Urteil vom 17. September 2002 in der Rechtssache C-513/99 (Concordia Bus Finland, Slg. 2002, I-7213, Randnr. 81).

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