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Document 62000TJ0366(01)
Judgment of the Court of First Instance (First Chamber) of 29 March 2007. # Scott SA v Commission of the European Communities. # State aid - Land sale price - Decision ordering the recovery of aid incompatible with the common market - Errors in the calculation of the aid - Obligations of the Commission with regard to the calculation of the aid - Rights of the recipient of aid - Regulation (EC) No 659/1999 - Article 13(1). # Case T-366/00.
Urteil des Gerichts erster Instanz (Erste Kammer) vom 29. März 2007.
Scott SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Staatliche Beihilfen - Kaufpreis eines Grundstücks - Entscheidung, mit der die Rückforderung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe angeordnet wird - Fehler bei der Berechnung der Beihilfe - Verpflichtungen der Kommission bezüglich der Berechnung der Beihilfe - Rechte des Beihilfeempfängers - Verordnung (EG) Nr. 659/1999 - Art. 13 Abs. 1.
Rechtssache T-366/00.
Urteil des Gerichts erster Instanz (Erste Kammer) vom 29. März 2007.
Scott SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Staatliche Beihilfen - Kaufpreis eines Grundstücks - Entscheidung, mit der die Rückforderung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe angeordnet wird - Fehler bei der Berechnung der Beihilfe - Verpflichtungen der Kommission bezüglich der Berechnung der Beihilfe - Rechte des Beihilfeempfängers - Verordnung (EG) Nr. 659/1999 - Art. 13 Abs. 1.
Rechtssache T-366/00.
Sammlung der Rechtsprechung 2007 II-00797
ECLI identifier: ECLI:EU:T:2007:99
Rechtssache T‑366/00
Scott SA
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
„Staatliche Beihilfen – Kaufpreis eines Grundstücks – Entscheidung, mit der die Rückforderung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe angeordnet wird – Fehler bei der Berechnung der Beihilfe – Verpflichtungen der Kommission bezüglich der Berechnung der Beihilfe – Rechte des Beihilfeempfängers – Verordnung (EG) Nr. 659/1999 – Art. 13 Abs. 1“
Leitsätze des Urteils
1. Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission – Beurteilung der Rechtmäßigkeit anhand der bei Erlass der Entscheidung verfügbaren Informationen
2. Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Verpflichtungen der Kommission – Sorgfältige und unvoreingenommene Prüfung
(Art. 88 EG)
3. Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Bestimmung der Höhe der zurückzufordernden Beihilfe
(Art. 88 EG)
4. Staatliche Beihilfen – Begriff
(Art. 87 EG und 88 Abs. 2 EG)
5. Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Verpflichtungen der Kommission – Sorgfältige und unvoreingenommene Prüfung
(Art. 88 Abs. 2 EG)
6. Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Möglichkeit für die Kommission, ihre Entscheidung auf die verfügbaren Informationen zu stützen – Voraussetzung
(Art. 88 Abs. 2 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates)
1. Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen ist anhand der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung verfügen konnte. Folglich kann die Entscheidung vor dem Gericht nicht unter Berufung auf Tatsachen angefochten werden, die der Kommission nicht bekannt und ihr während des Verwaltungsverfahrens nicht mitgeteilt worden waren. Hieraus folgt jedoch nicht, dass die vom Beihilfeempfänger in einer Nichtigkeitsklage vorgetragenen Beweise nicht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission herangezogen werden dürften, wenn diese Beweise der Kommission während des Verwaltungsverfahrens und vor Erlass der Entscheidung wirksam vorgelegt worden sind und die Kommission sie aus nicht gerechtfertigten Gründen ausgeschlossen hat.
(vgl. Randnrn. 45-46)
2. Obwohl für das in Art. 88 EG geregelte Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen keine Vorschrift besteht, die dem Beihilfeempfänger eine besondere Stellung unter den Beteiligten zuweist, und obwohl er nicht den Status eines Verfahrensbeteiligten hat, kann die Kommission im Hinblick darauf, dass sie den Fall sorgfältig und unvoreingenommen prüfen muss, unter bestimmten Umständen verpflichtet sein, Stellungnahmen des Beihilfeempfängers zu berücksichtigen, die nach Ablauf der den Beteiligten dafür in der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens gesetzten Frist vorgelegt werden.
Dies ist der Fall, wenn der Beihilfeempfänger in Bezug auf einen für ihn wichtigen Aspekt, der streitig und angesichts des lange zurückliegenden Sachverhalts schwer aufzuklären ist – den Wert der Vergünstigung, die ihm gewährt worden sein soll –, Informationen im Anschluss an eine Zusammenkunft des betroffenen Mitgliedstaats mit der Kommission übermittelt, an der seine Vertreter teilnahmen und bei der die Kommission im Interesse des Verfahrens die Vorlage ergänzender Angaben innerhalb einer neuen, von ihr festgelegten Frist gestattete.
(vgl. Randnrn. 54-63)
3. Das Ziel der Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe besteht nicht in der Verhängung einer vom Gemeinschaftsrecht nicht vorgesehenen Sanktion, sondern darin, dass der Beihilfeempfänger die Vergünstigung verliert, die ihm auf dem Markt gegenüber seinen Wettbewerbern zugutekam, und dass die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt wird. Die Kommission kann daher weder aus Milde einen geringeren Betrag zurückfordern als den Wert der empfangenen Beihilfe noch als Ausdruck ihrer Missbilligung hinsichtlich der Schwere des Verstoßes die Rückforderung eines diesen Wert übersteigenden Betrags anordnen. Sie muss vielmehr den genannten Wert so genau ermitteln, wie es die Umstände des Falls ermöglichen. Besondere Umstände, die nur eine annäherungsweise Schätzung des genauen Werts der Beihilfe zuließen, können zwar bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission berücksichtigt werden; gleichwohl ist diese Schätzung eine tatsächliche Frage, die der Gemeinschaftsrichter in vollem Umfang nachzuprüfen hat, und die Zulässigkeit einer solchen annäherungsweisen Schätzung verleiht der Kommission keinen Ermessensspielraum hinsichtlich der Bestimmung des Betrags, dessen Rückforderung sie anordnet.
(vgl. Randnrn. 94-96)
4. Im Rahmen der Beurteilung des Werts einer Beihilfe in Form eines Grundstücksverkaufs zu einem vermeintlichen Vorzugspreis verlangt die Anwendung des Grundsatzes des unter Marktbedingungen handelnden privaten Investors, dass der Kaufpreis zu schätzen ist, der zur damaligen Zeit unter normalen Marktbedingungen erzielt worden wäre. Bei der Untersuchung im Rahmen des Art. 88 Abs. 2 EG ist die Kommission verpflichtet, den Wert des Gegenstands anhand der verlässlichsten Methode zu bestimmen. Dieser Verpflichtung wird nicht genügt, wenn auf eine Schätzung zurückgegriffen wird, die auf den vom Verkäufer – im konkreten Fall den betroffenen Behörden – angegebenen historischen Erwerbs- und Erschließungskosten des streitigen Grundstücks beruht, und nicht auf eine unmittelbare und unabhängige Schätzung des Marktwerts dieses Grundstücks zum Zeitpunkt des Abschlusses der Übertragungsvereinbarung. Der Marktpreis eines Grundstücks richtet sich nämlich nicht zwingend nach den dem Verkäufer entstandenen Kosten, weil er von verschiedenen Faktoren, etwa dem Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage im Verkaufszeitraum, beeinflusst werden kann.
(vgl. Randnrn. 106-108)
5. Die Kommission verletzt die ihr im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens für staatliche Beihilfen nach Art. 88 Abs. 2 EG obliegende Verpflichtung, bei ihrer Untersuchung alle Gesichtspunkte des konkreten Falls sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen und sich umfassende Kenntnis von all diesen Gesichtspunkten zu verschaffen, wenn sie, obwohl ihr bekannt ist, dass die Schätzung des Beihilfebetrags, zu der sie in Anwendung der von ihr gewählten Berechnungsmethode gelangt ist, in Widerspruch zu einer Reihe anderer, auf abweichenden Methoden beruhender Schätzungen steht, nicht die notwendigen Maßnahmen trifft, um die mit ihrer eigenen Schätzung verbundenen Unsicherheitsfaktoren zu beseitigen.
(vgl. Randnrn. 135-136)
6. Im Bereich staatlicher Beihilfen darf sich die Kommission nach den von der Rechtsprechung aufgestellten und in der Verordnung Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. [88 EG] genannten Grundsätzen, wenn die betreffenden Beteiligten keine gegenteiligen Informationen vorlegen, auf die in der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens wiedergegebenen – auch unzutreffenden – Tatsachen stützen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der abschließenden Entscheidung vorliegen, sofern die fraglichen Tatsachen Gegenstand einer an den Mitgliedstaat gerichteten Anordnung der Kommission waren, ihr die erforderlichen Informationen vorzulegen.
Gibt sie dem Mitgliedstaat dagegen nicht auf, ihr Informationen zu den Tatsachen, die sie zu berücksichtigen beabsichtigt, zu übermitteln, kann sie anschließend etwaige fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen nicht damit rechtfertigen, dass sie befugt gewesen sei, bei Erlass der das förmliche Prüfverfahren abschließenden Entscheidung nur jene Informationen zu berücksichtigen, die ihr vorlagen.
Folglich kann das Gericht, wenn die Kommission ihre Entscheidung hinsichtlich bestimmter Tatsachen auf die verfügbaren Informationen stützt, ohne dabei die von der Rechtsprechung aufgestellten und in die Verordnung Nr. 659/1999 übernommenen Verfahrenserfordernisse zu beachten, die Frage prüfen, ob die Berücksichtigung dieser Tatsachen geeignet war, zu einem Beurteilungsfehler zu führen, der die angefochtene Entscheidung rechtswidrig macht.
Voraussetzung für die Berechtigung der Kommission, ihre Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu treffen, ist aber zudem, dass diese verlässlich sind; das ist nicht der Fall, wenn sie in Widerspruch zu Informationen stehen, die ihr z. B. vom Beihilfeempfänger zur Kenntnis gebracht werden.
Aus der fehlenden Zusammenarbeit eines Mitgliedstaats folgt nämlich nicht, dass das Verhalten der Kommission jeglicher Kontrolle durch den Gemeinschaftsrichter entzogen wäre. Die Kommission muss alle ihre Befugnisse einsetzen, um im Rahmen des Möglichen die fraglichen Informationen zu erlangen, und mit Sorgfalt vorgehen. Im Hinblick darauf, dass die Anordnung, eine als rechtswidrig eingestufte Beihilfe zurückzufordern, Auswirkungen auf einen Dritten hat, muss die Kommission alle ihr eingeräumten Befugnisse nutzen, um zu vermeiden, dass sich die fehlende Zusammenarbeit des fraglichen Mitgliedstaats in negativer und nicht gerechtfertigter Weise auf einen solchen Dritten auswirkt.
(vgl. Randnrn. 146-149)
URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)
29. März 2007(*)
„Staatliche Beihilfen – Kaufpreis eines Grundstücks – Entscheidung, mit der die Rückforderung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe angeordnet wird – Fehler bei der Berechnung der Beihilfe – Verpflichtungen der Kommission bezüglich der Berechnung der Beihilfe – Rechte des Beihilfeempfängers – Verordnung (EG) Nr. 659/1999 – Art. 13 Abs. 1“
In der Rechtssache T‑366/00
Scott SA mit Sitz in Saint-Cloud (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Sir Jeremy Lever, QC, G. Peretz, J. Gardner, Barristers, R. Griffith und M. Papadakis, Solicitors,
Klägerin,
unterstützt durch
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues, S. Seam und F. Million als Bevollmächtigte,
Streithelferin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Rozet und J. Flett als Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung 2002/14/EG der Kommission vom 12. Juli 2000 betreffend die von Frankreich zugunsten von Scott Paper SA/Kimberly-Clark gewährte staatliche Beihilfe (ABl. 2002, L 12, S. 1)
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten J. D. Cooke, des Richters R. García‑Valdecasas und der Richterin I. Labucka,
Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2006
folgendes
Urteil
Sachverhalt
1 1969 kaufte die Gesellschaft amerikanischen Rechts Scott Paper Co. die Gesellschaft französischen Rechts Bouton Brochard und gründete eine eigenständige Gesellschaft, die Bouton Brochard Scott SA, die das Geschäft von Bouton Brochard übernahm. Bouton Brochard Scott wurde im November 1987 in Scott SA umbenannt. Deren Tätigkeit bestand in dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeitraum in der Herstellung von Sanitär- und Haushaltspapier.
2 Am 31. August 1987 schlossen die Stadt Orléans (Frankreich), das Departement Loiret (Frankreich) und die Klägerin einen Vertrag über den Verkauf eines Grundstücks mit einer Fläche von 48 ha im Gewerbegebiet von La Saussaye und über die Abwassergebühr, die nach einem Vorzugstarif berechnet werden sollte (im Folgenden: Vertrag Scott). Der Vertrag sah vor, dass sich das Département du Loiret und die Stadt Orleans bis zu einem Betrag von 80 Mio. FRF (12,2 Mio. Euro) an den Arbeiten für die Erschließung des Standorts zugunsten von Scott beteiligen sollten.
3 Mit den für die Erschließung des betreffenden Grundstücks erforderlichen Studien und Bauarbeiten wurde die Société d’économie mixte pour l’équipement du Loiret (im Folgenden: Sempel) beauftragt. Gemäß einer Vereinbarung vom 12. September 1987 zwischen dem Département Loiret, der Stadt Orléans und Sempel (im Folgenden: Vereinbarung Sempel) überließ die Stadt Orléans Sempel 68 ha für einen symbolischen Preis von einem Franc. Außerdem sollte Sempel nach Art. 4 des Vertrags Scott und Punkt 12 der Vereinbarung Sempel die Fläche von 48 ha sowie Werks‑ und Lagergebäude (im Folgenden: streitiges Grundstück) für 31 Mio. FRF (4,7 Mio. Euro), d. h. zu einem Preis von 65 FRF/m², an Scott verkaufen.
4 Im November 1996 veröffentlichte der französische Rechnungshof einen öffentlichen Bericht mit dem Titel „Les interventions des collectivités territoriales en faveur des entreprises“ (Interventionen der Gebietskörperschaften zugunsten von Unternehmen). Mit diesem Bericht wollte er auf eine Reihe von Beihilfen aufmerksam machen, die möglicherweise von den Gebietskörperschaften zugunsten bestimmter Unternehmen gewährt worden waren, und insbesondere auf die Übertragung des streitigen Grundstücks im Gewerbegebiet von La Saussaye an die Klägerin.
5 Im Anschluss an die Veröffentlichung dieses Berichts ging bei der Kommission mit Schreiben vom 23. Dezember 1996 eine Beschwerde ein, mit der die Vorzugsbedingungen, zu denen die Stadt Orléans und das Département du Loiret das streitige Grundstück an die Klägerin verkauft hätten, und der Tarif für die Abwasserentsorgung gerügt wurden, der der Klägerin eingeräumt worden sei.
6 Mit Schreiben vom 17. Januar 1997 ersuchte die Kommission die französischen Behörden um zusätzliche Angaben. Daran schloss sich von Januar 1997 bis April 1998 ein Schriftwechsel zwischen den französischen Behörden und der Kommission an, in dessen Verlauf die französischen Behörden insbesondere mit Schreiben vom 17. März, 17. April und 29. Mai 1997 die erbetenen Angaben und Erläuterungen teilweise übermittelten. Am 8. August 1997 ersuchte die Kommission die französischen Behörden erneut um nähere Angaben. Die Kommission erhielt von diesen am 3. November 1997 und vom Beschwerdeführer am 8. Dezember 1997, 29. Januar 1998 und 1. April 1998 zusätzliche Informationen.
7 Mit Schreiben vom 10. Juli 1998 unterrichtete die Kommission die französischen Behörden von ihrer Entscheidung vom 20. Mai 1998, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen, und forderte sie auf, sich zu der Angelegenheit zu äußern und eine Reihe von Fragen zu beantworten (im Folgenden: Entscheidung über die Verfahrenseröffnung). In diesem Schreiben bat die Kommission die französischen Behörden außerdem, die Klägerin von der Eröffnung des Verfahrens in Kenntnis zu setzen und sie darauf hinzuweisen, dass sie möglicherweise die gesamte rechtswidrig erhaltene Beihilfe zurückzahlen müsse. Den Beteiligten wurde die Eröffnung des Verfahrens mit Veröffentlichung des Schreibens im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 30. September 1998 (ABl. C 301, S. 4) mitgeteilt und Gelegenheit gegeben, gegebenenfalls zu den betreffenden Maßnahmen Stellung zu nehmen.
8 Die Klägerin erfuhr von der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung durch Telefonanruf der französischen Behörden vom 30. September 1998. Mit Schreiben vom 23. November 1998 reichte die Klägerin ihre Stellungnahme zur Entscheidung über die Verfahrenseröffnung ein.
9 Mit Schreiben vom 25. November 1998 nahmen auch die französischen Behörden zur Entscheidung über die Verfahrenseröffnung Stellung.
10 Nachdem die Kommission die Stellungnahmen der französischen Behörden und Dritter zur Kenntnis genommen hatte, richtete sie erneut Auskunftsersuchen an die französischen Behörden. Da diese nur teilweise antworteten, forderte die Kommission sie am 8. Juli 1999 gemäß Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88] des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) auf, ihr die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Am 15. Oktober 1999 kamen die französischen Behörden diesem Verlangen teilweise nach.
11 Bei einer Zusammenkunft mit einer französischen Delegation, der auch Vertreter von Scott angehörten, am 7. Dezember 1999 gestattete die Kommission dieser Delegation ausnahmsweise im Interesse des Verfahrens, bis Ende Dezember 1999 ergänzende Informationen zu liefern.
12 Nach der Zusammenkunft am 7. Dezember 1999 reichte die Klägerin mit Schreiben vom 24. Dezember 1999 eine ergänzende Stellungnahme ein. Am 12. Januar 2000 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie die Annahme dieses Schreibens verweigere, weil es nach Ablauf der in der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung gesetzten Frist, also nach dem 30. Oktober 1998, eingegangen sei.
13 Die französischen Behörden übermittelten der Kommission am 10. Januar und am 21. Februar 2000 ergänzende Auskünfte.
14 Die Aktien der Klägerin wurden im Januar 1996 von der Kimberly-Clark Corp. (im Folgenden: KC) aufgekauft. KC kündigte im Januar 1998 die Schließung des Werks an. Die Vermögenswerte des Werks, d. h. das Grundstück und die Papierfabrik, wurden im Juni 1998 von Procter & Gamble (im Folgenden: P & G) übernommen.
Die angefochtene Entscheidung
15 Am 12. Juli 2000 erließ die Kommission die Entscheidung 2002/14/EG betreffend die von Frankreich zugunsten von Scott Paper SA/Kimberly-Clark gewährte staatliche Beihilfe (ABl. 2002, L 12, S. 1, im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Nach Erhebung der vorliegenden Klage (siehe unten, Randnr. 23) teilte die Kommission der Französischen Republik am 2. März 2001 eine Berichtigung der angefochtenen Entscheidung mit. Dabei wurden Art. 1 sowie die Randnrn. 172, 217 und 239 Buchst. b und a der angefochtenen Entscheidung berichtigt.
16 Die angefochtene Entscheidung sieht in ihrer geänderten Fassung vor:
„Artikel 1
Die staatliche Beihilfe in Form des Vorzugspreises für ein Grundstück und eines Vorzugstarifs für die Abwasserentsorgung, die Frankreich zugunsten von Scott gewährt hat und die sich bei dem Vorzugspreis für das Grundstück auf 39,58 Mio. FRF (6,03 Mio. EUR) beläuft bzw. einen aktualisierten Wert von 80,77 Mio. FRF (12,3 Mio. EUR) erreicht …, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.
Artikel 2
(1) Frankreich ergreift alle erforderlichen Maßnahmen, um von dem Begünstigten die im Artikel 1 genannte und ihm bereits rechtswidrig zur Verfügung gestellte Beihilfe zurückzufordern.
(2) Die Rückforderung erfolgt unverzüglich nach nationalem Verfahrensrecht, soweit die Verfahren die sofortige Durchführung dieser Entscheidung tatsächlich ermöglichen. Die zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt an, ab dem sie dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zum Zeitpunkt ihrer Rückzahlung erhoben werden. Die Zinsen werden auf der Grundlage des Bezugssatzes berechnet, der für die Berechnung des Nettosubventionsäquivalents von Beihilfen mit regionaler Zielsetzung gilt.“
17 Zur Berechnung des Werts der Beihilfe führte die Kommission aus, dass die französischen Behörden das nicht erschlossene Gelände von 68 ha zwischen 1975 und 1987 für einen Preis von 10,9 Mio. FRF (1,7 Mio. Euro) erworben hätten (Randnrn. 15 und 170 der angefochtenen Entscheidung).
18 Diesem Betrag fügte die Kommission die von Sempel gemäß der Abwicklungsbilanz „Z.1 La Saussaye & La Planche“ vom 26. Juli 1993 (im Folgenden: Abwicklungsbilanz Sempel) für die Arbeiten zur Erschließung des Geländes getragenen Gesamtkosten von 140,4 Mio. FRF (21,4 Mio. EUR) hinzu, woraus sich ein Betrag von 151,3 Mio. FRF (23,1 Mio. EUR) ergab (Randnrn. 168 bis 170 der angefochtenen Entscheidung).
19 Davon zog die Kommission einen Betrag von 51,3 Mio. FRF (7,9 Mio. EUR) ab, bestehend aus den Finanzierungskosten für die von Sempel aufgenommenen Darlehen, den Rückerstattungen der Mehrwertsteuer für die Arbeiten zur Erschließung des Geländes und den Kosten für eine öffentliche Abwassersammelleitung, die gemäß Nachweis der französischen Behörden nicht ausschließlich für Scott, sondern für das Gemeinwesen insgesamt bestimmt war (Randnr. 171 der angefochtenen Entscheidung).
20 Nach Auffassung der Kommission belaufen sich die Kosten für das Verkaufsgeschäft des streitigen Grundstücks folglich auf rund 100 Mio. FRF (15,2 Mio. EUR). Ihrer Schätzung nach entfallen davon unmittelbar auf Scott 48/68 von 100 Mio. FRF (15,2 Mio. EUR), d. h. 70,588 Mio. FRF (10,76 Mio. EUR), weil Scott von den 68 ha des Grundstücks nur 48 ha erworben hat.
21 Von diesem Betrag zog die Kommission schließlich 31 Mio. FRF (4,7 Mio. EUR) ab, die Sempel von Scott erhalten hatte, und gelangte zu einem Nettoverlust für die französischen Behörden von etwa 39,58 Mio. FRF (6,03 Mio. EUR) bzw. in aktualisiertem Wert 80,77 Mio. FRF (12,3 Mio. EUR).
22 Die Berechnung des Werts der Beihilfe stellt sich zusammengefasst wie folgt dar:
Bezeichnung (in Mio. FRF) |
Summe (in Mio. FRF) |
|
Kosten des Grundstücks (Grundstückserwerb 10,9 und Erschließung 140,4) |
151,3 |
|
Abzüge (Finanzierungskosten für die von Sempel aufgenommenen Darlehen 29,4; MwSt.-Rückerstattungen 8,3; öffentliche Abwassersammelleitung 13,6) |
– 51,3 |
|
Erwerbskosten (151,3 – 51,3) |
100 |
|
Kosten des Verkaufs an Scott (48/68 der Erwerbskosten) |
70,588 |
|
von Scott gezahlter Preis |
– 31 |
|
Betrag der Beihilfe |
39,588 |
Verfahren und Anträge der Parteien
23 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 30. November 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
24 Mit Klageschrift, die am 4. Dezember 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen und unter der Rechtssachennummer T‑369/00 in deren Register eingetragen worden ist, hat das Département Loiret eine Klage erhoben, die ebenfalls die teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zum Gegenstand hat.
25 Mit Schriftsatz, der am 5. April 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Französische Republik beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden.
26 Mit Beschluss des Präsidenten der Fünften erweiterten Kammer vom 10. Mai 2001 ist die Französische Republik in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen worden.
27 Auf Antrag von Scott hat das Gericht beschlossen, in einem ersten Schritt nach Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 vorab über die von Scott aufgeworfene Frage nach der Frist für die Rückforderung der Beihilfe zu entscheiden.
28 Mit Urteilen vom 10. April 2003 hat das Gericht die von Scott und dem Département du Loiret erhobenen Klagen abgewiesen, soweit sie auf einen Verstoß der Kommission gegen Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 gestützt waren; die Entscheidung über die damit verbundenen Kosten ist vorbehalten worden (Urteile vom 10. April 2003, Scott/Kommission, T‑366/00, Slg. 2003, II‑1763, und Département du Loiret/Kommission, T‑369/00, Slg. 2003, II‑1789). Das Gericht hat entschieden, die Verfahren im Übrigen fortzusetzen.
29 Das Gericht hat das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache und in der Rechtssache T‑369/00 bis zur Entscheidung des Gerichtshofs über das Rechtsmittel von Scott gegen das Urteil Scott/Kommission (siehe oben, Randnr. 28) ausgesetzt.
30 Mit Urteil vom 6. Oktober 2005, Scott/Kommission (C‑276/03 P, Slg. 2005, I‑8437), hat der Gerichtshof das Rechtsmittel von Scott gegen das Urteil vom 10. April 2003, Scott/Kommission (siehe oben, Randnr. 28), zurückgewiesen.
31 Mit Schreiben vom 10. November 2005 hat das Gericht die Beteiligten aufgefordert, zur Wiederaufnahme des Verfahrens im Licht des Urteils vom 6. Oktober 2005, Scott/Kommission (siehe oben, Randnr. 30), Stellung zu nehmen. In ihrer Antwort vom 24. November 2005 führte die Klägerin aus, dass nur noch über Klagegründe und Argumente zu entscheiden sei, die im Zusammenhang mit der staatlichen Beihilfe stünden, die in Form eines Vorzugspreises für das von der Klägerin gekaufte Grundstück im Gewerbegebiet La Saussaye gewährt worden sein solle, sowie über die von der Kommission in der Rückforderungsanordnung auferlegten Zinseszinsen.
32 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, und die Beteiligten im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufgefordert, schriftlich eine Reihe von Fragen zu beantworten. Dem sind die Beteiligten nachgekommen.
33 Die Beteiligten haben in der Sitzung vom 25. Oktober 2006 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
34 Die Klägerin beantragt,
– Art. 2 der streitigen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er die Beihilfe betrifft, die in Form des in ihrem Art. 1 genannten Vorzugspreises für ein Grundstück gewährt worden sein soll;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
35 Die Französische Republik als Streithelferin der Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
36 Die Kommission beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen;
– hilfsweise, die Beteiligten zur Tragung ihrer eigenen Kosten zu verurteilen.
Entscheidungsgründe
37 Zur Begründung ihrer Klage beruft sich die Klägerin auf vier Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie eine Verletzung von Verfahrensrechten, mit dem zweiten einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, mit dem dritten einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und mit dem vierten Klagegrund die fehlerhafte Würdigung der Beihilfe.
38 Zunächst ist die Zulässigkeit der Anlagen zur Klageschrift und daran anschließend direkt der vierte Klagegrund zu prüfen.
Zur Zulässigkeit der Anlagen zur Klageschrift
Vorbringen der Parteien
39 Die Kommission beanstandet, dass die Klägerin sich auf Unterlagen stütze, die nicht Bestandteil des Verwaltungsverfahrens der Kommission gewesen seien. Ihrer Auffassung nach sind die folgenden Anlagen zur Klageschrift unzulässig: Anlage 6 (Zeitungsartikel aus Les Échos vom 31. März/1. April 2000), Anlage 13 (Schreiben des Anwalts von Scott vom 24. Dezember 1999 an die Kommission) und Anlage 19 (Schreiben des Anwalts von Scott vom 24. März 2000 an ein Mitglied der Kanzlei des Kommissionsmitglieds M. Monti).
40 Im Übrigen trägt die Kommission vor, dass Anlage 23 zur Klageschrift (das ursprüngliche Angebot der Stadt Orléans an die Klägerin) ihr teilweise als Anlage zum Schreiben der französischen Behörden vom 7. Januar 2000 übermittelt worden sei. Jedoch hätten mehrere Seiten gefehlt. In Anlage 23 zur Klageschrift seien die fehlenden Seiten enthalten. Diese Seiten seien angesichts der Tatsache, dass sie der Kommission erstmals in dieser Anlage übermittelt worden seien, unzulässig. Die Kommission fügt hinzu, dass das Gericht unter den Umständen des vorliegenden Falles bestimmte Elemente aus diesen Unterlagen in seine rechtliche Würdigung einbeziehen könne.
41 Die Klägerin hält den in Les Échos erschienenen Zeitungsartikel (siehe oben, Randnr. 39) für zulässig, weil er nicht vor Ablauf der ihr eingeräumten Frist zur Beibringung von Tatsachen veröffentlicht worden sei.
42 Die Schreiben vom 24. Dezember 1999 und vom 24. März 2000 (siehe oben, Randnr. 39) hätten nach Ansicht der Klägerin in das Verwaltungsverfahren der Kommission einbezogen werden müssen und seien von dieser zu Unrecht zurückgewiesen worden.
43 Zu Anlage 23 zur Klageschrift (siehe oben, Randnr. 40) macht die Klägerin geltend, sie habe nicht gewusst, dass die französischen Behörden der Kommission nur eine unvollständige Kopie dieses Dokuments übermittelt hätten. Der Kommission müsse es aber verwehrt sein, Tatsachen auszuschließen, wenn sich die ihr vom Mitgliedstaat gelieferten Tatsachen als fehlerhaft oder unvollständig erwiesen.
Würdigung durch das Gericht
44 Zunächst ist einleitend hervorzuheben, dass die von der Kommission für unzulässig gehaltenen Schriftstücke der Klageschrift wirksam beigefügt wurden und somit Bestandteil der dem Gericht vorliegenden Akte sind. Demzufolge steht ihre Zulässigkeit als solche hier nicht in Frage. Die Kommission macht nämlich im Wesentlichen geltend, dass die fraglichen Schriftstücke vom Gericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt werden dürften, weil sie nicht Bestandteil der Akte der Kommission während des Verwaltungsverfahrens gewesen seien.
45 Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen ist anhand der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung verfügen konnte (Urteile des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, Slg. 1986, 2263, Randnr. 16, und vom 11. September 2003, Belgien/Kommission, C-197/99 P, Slg. 2003, I‑8461, Randnr. 86). Hieraus folgt, wie die Kommission zu Recht bemerkt, dass die Klägerin sich nicht auf Tatsachen stützen kann, die der Kommission nicht bekannt und ihr während des Verwaltungsverfahrens nicht mitgeteilt worden waren (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 1999, Kneissl Dachstein/Kommission, T‑110/97, Slg. 1999, II‑2881, Randnr. 102).
46 Aus dieser Rechtsprechung folgt jedoch nicht, dass die vom Beihilfeempfänger in einer Nichtigkeitsklage vorgetragenen Beweise nicht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung herangezogen werden dürften, wenn sie der Kommission während des Verwaltungsverfahrens und vor dem Erlass der streitigen Entscheidung wirksam vorgelegt worden sind und die Kommission sie aus nicht gerechtfertigten Gründen ausgeschlossen hat.
47 Somit ist jede der fraglichen Anlagen gesondert zu prüfen.
48 Der in der Zeitung Les Échos erschienene Artikel (siehe oben, Randnr. 39) ist unstreitig während des Verwaltungsverfahrens nicht der Kommission übermittelt worden. Demzufolge kann er für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt werden.
49 Was das ursprüngliche Angebot der Stadt Orléans an die Klägerin anbelangt (siehe oben, Randnr. 40), ist unstreitig, dass die Französische Republik während des Verwaltungsverfahrens bestimmte Seiten dieses Dokuments als Anlage zu ihrem Schreiben vom 7. Januar 2000 der Kommission übermittelt hat; bestimmte andere Seiten hat sie aber nicht übermittelt, ohne die Kommission hierüber zu informieren. Beim Studium der übermittelten Seiten war dieses Versäumnis nicht ersichtlich. Demzufolge kann der Kommission nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie von der Französischen Republik nicht die Übermittlung der fehlenden Seiten verlangt hat. Damit kann die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht anhand des Inhalts dieser Seiten beurteilt werden.
50 In dem Schreiben des Rechtsanwalts von Scott vom 24. März 2000 (siehe oben, Randnr. 39) geht es, wie Scott in ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts eingeräumt hat, um die Frage der Rückforderungsfrist. Da das Gericht diese Frage bereits entschieden hat (siehe oben, Randnrn. 27 und 28), geht der gegen dieses Schreiben erhobene Einwand für das vorliegende Urteil ins Leere.
51 Sodann ist das Schreiben des Rechtsanwalts von Scott vom 24. Dezember 1999 (siehe oben, Randnr. 39) zu prüfen. Die Kommission hat die Berücksichtigung dieses Schreibens mit der Begründung abgelehnt, es stamme von einem Dritten und sei nach Ablauf der in der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung gesetzten Frist eingereicht worden (siehe oben, Randnr. 12).
52 Insoweit ist zu beachten, dass das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen nach seinem allgemeinen Aufbau ein Verfahren ist, das gegenüber dem angesichts seiner gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen für die Gewährung der Beihilfe verantwortlichen Mitgliedstaat eröffnet wird (Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2002, Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, C‑74/00 P und C‑75/00 P, Slg. 2002, I‑7869, Randnr. 81).
53 Im Rahmen dieses Verfahrens haben andere Beteiligte als der für die Gewährung der Beihilfe verantwortliche Mitgliedstaat somit nicht selbst Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission, wie sie zugunsten dieses Staates eingeleitet wird. Sie haben daher im Wesentlichen die Rolle einer Informationsquelle für die Kommission (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, T‑198/01, Slg. 2004, II‑2717, Randnr. 192 und die dort angeführte Rechtsprechung).
54 Für das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen besteht keine Vorschrift, die dem Beihilfeempfänger eine besondere Stellung unter den Beteiligten zuweist. Das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ist auch kein Verfahren „gegen“ den Beihilfeempfänger, das es mit sich brächte, dass er so umfassende Rechte wie die Verteidigungsrechte als solche beanspruchen könnte (Urteil Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 83). Obwohl der Beihilfeempfänger nicht den Status eines Verfahrensbeteiligten hat, hat ihm die Rechtsprechung jedoch bestimmte Verfahrensrechte zugestanden, die es ihm ermöglichen sollen, der Kommission Informationen zu liefern und seine Argumente geltend zu machen (Urteil vom 6. Oktober 2005, Scott/Kommission, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 34).
55 Im vorliegenden Fall steht fest, dass Scott während des förmlichen Prüfverfahrens gemäß Art. 88 Abs. 2 EG und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 zur Stellungnahme aufgefordert wurde und diese Möglichkeit wahrnahm, indem sie am 23. November 1998 eine detaillierte Stellungnahme bei der Kommission einreichte (siehe oben, Randnr. 8).
56 Aus der oben in den Randnrn. 52 bis 54 angeführten Rechtsprechung folgt jedoch nicht, dass die Kommission alle anderen Stellungnahmen der Beihilfeempfänger nach Ablauf der in der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens gesetzten Frist unberücksichtigt lassen darf. Vielmehr obliegt es der Kommission nach der Rechtsprechung, den Fall im Rahmen des Art. 88 EG sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, im Folgenden: Urteil Sytraval, Randnr. 62, und Urteil des Gerichts vom 6. März 2003, Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, T‑228/99 und T‑233/99, Slg. 2003, II‑435, Randnrn. 167 und 168). Daraus folgt, dass die Kommission unter bestimmten Umständen verpflichtet sein kann, die Stellungnahmen des Beihilfeempfängers nach Ablauf der in der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung gesetzten Frist zu berücksichtigen.
57 Insbesondere steht keine Bestimmung der Verordnung Nr. 659/1999, zumal nicht ihr Art. 6, der Berücksichtigung solcher Stellungnahmen durch die Kommission entgegen. Nach diesem Artikel ist es der Kommission nämlich gestattet, die Frist zur Einreichung von Stellungnahmen durch die beteiligten Parteien in ordnungsgemäß begründeten Fällen zu verlängern.
58 Die Qualifizierung als Beihilfe verlangt nach ständiger Rechtsprechung, dass alle in Art. 87 Abs. 1 EG genannten Voraussetzungen erfüllt sind (Urteile des Gerichtshofs vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, „Tubemeuse“, C‑142/87, Slg. 1990, I‑959, Randnr. 25, und vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, Slg. 2003, I‑7747, Randnr. 74). Die Kommission muss somit prüfen, ob sich für den Begünstigten aus der ihn vermeintlich begünstigenden Maßnahme ein tatsächlicher Vorteil ergibt. Im vorliegenden Fall wurde das Bestehen eines solchen Vorteils im Prüfverfahren nachdrücklich bestritten. So war die Bestimmung des Werts des streitigen Grundstücks Gegenstand eines umfangreichen Schriftwechsels zwischen den französischen Behörden, Scott und der Kommission. Unter diesen Umständen kann sich die Kommission nicht auf eine formalistische Auslegung ihrer Verpflichtungen hinsichtlich staatlicher Beihilfen zurückziehen, um dem Beihilfeempfänger die Möglichkeit zur Einreichung einer Stellungnahme zu einem streitigen Untersuchungsaspekt zu versagen, indem sie die innerhalb einer von ihr selbst gesetzten Frist übermittelten Informationen zurückweist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 22. Februar 2006, Le Levant 001 u.a./Kommission, T‑34/02, Slg. 2006, II‑267, Randnr. 96).
59 Auch wenn das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ein Verfahren ist, das gegenüber dem verantwortlichen Mitgliedstaat eröffnet wird, und obwohl dieser verpflichtet ist, mit der Kommission umfassend zusammenzuarbeiten und ihr alle verlangten Informationen zu liefern, darf die Kommission nämlich nicht die Tatsache außer Acht lassen, dass ein eventueller Rückforderungsbescheid für den Beihilfeempfänger beträchtliche finanzielle Konsequenzen haben kann. Außerdem kann die Kommission beim Anfordern von Beweisen und bei deren Würdigung nicht davon ausgehen, dass zwischen dem Mitgliedstaat und dem Beihilfeempfänger, insbesondere was die Berechnung des Werts der Beihilfe anbelangt, ein gemeinsames Interesse besteht. Angesichts der Tatsache, dass die Beihilfe an den betreffenden Mitgliedstaat und nicht an die Gemeinschaft zurückzuerstatten ist, darf die Kommission nicht annehmen, der Mitgliedstaat wolle den Rückzahlungsbetrag aus Billigkeitserwägungen zugunsten des Beihilfeempfängers mindern.
60 Im vorliegenden Fall hatte die Kommission eine vermeintliche staatliche Beihilfe fast zehn Jahre nach ihrer Gewährung im Jahr 1987 zu prüfen. Scott, die Beihilfeempfängerin, wurde außerdem 1996 von KC aufgekauft und verkaufte das streitige Grundstück dann 1998 an P & G (siehe oben, Randnr. 14). Es handelt sich somit um eine Rechtssache, in der die Informationen hinsichtlich des Werts der Beihilfe nicht leicht zu beschaffen waren.
61 In der Zusammenkunft mit der französischen Delegation, der auch die Vertreter von Scott angehörten, am 7. Dezember 1999 bemühte sich die Kommission immer noch um die Aufklärung des Sachverhalts. Deshalb gestattete sie „im Interesse des Verfahrens“ (Randnr. 11 der angefochtenen Entscheidung), ergänzende Informationen bis Ende Dezember 1999 zu liefern. Die Parteien sind unterschiedlicher Auffassung über die Frage, ob dieses Angebot an die gesamte Delegation, d. h. auch an die Vertreter von Scott, gerichtet war. Jedoch hat die Kommission nicht dargelegt, dass sie ihr Angebot in der fraglichen Zusammenkunft ausdrücklich nur an die französischen Behörden gerichtet hatte. Jedenfalls hat Scott durch die Übersendung ihres Schreibens vom 24. Dezember 1999 an die Kommission diesem Angebot Folge geleistet.
62 Das Gericht hält die Entscheidung der Kommission, dieses Schreiben zurückzuweisen, für unverhältnismäßig und widersprüchlich. Erstens bestand angesichts der Bereitschaft der Kommission, nach der fraglichen Zusammenkunft noch bis zum 31. Dezember 1999 ergänzende Informationen entgegenzunehmen, kein Grund, unter diesen Umständen eine Unterscheidung nach der Herkunft der besagten Informationen vorzunehmen, indem sie das Schreiben allein aus dem Grund zurückwies, dass es vom Beihilfeempfänger und nicht von den französischen Behörden stammte. Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sie das fragliche Schreiben vom 24. Dezember 1999 akzeptiert und beim Erlass der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt hätte, wenn es den Briefkopf der französischen Regierung getragen hätte. Die Kommission kann nicht einerseits dem Beihilfeempfänger die Teilnahme an der Zusammenkunft gestatten, bei der sie ihr Einverständnis zur Lieferung ergänzender Informationen erteilt, und ihm dann andererseits verbieten, solche Informationen einzureichen. Zweitens war die Reaktion der Kommission widersprüchlich, weil sie ganz ähnliche Informationen akzeptierte, die die französischen Behörden am 7. Januar und 21. Februar 2000, also sogar nach Ablauf der in der Zusammenkunft vom 7. Dezember 1999 gesetzten Frist vom 31. Dezember 1999, übermittelten (siehe oben, Randnr. 13).
63 Unter diesen Umständen sind die Gründe für die Zurückweisung des Schreibens der Klägerin vom 24. Dezember 1999 nicht haltbar. Die Klägerin kann sich zur Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung somit auf dieses Schreiben berufen, weil sein Inhalt der Kommission innerhalb einer Frist vorgelegt worden war, die sie selbst vor dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens und sechs Monate vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung gesetzt hatte.
Zum vierten Klagegrund: Fehlerhafte Bewertung der Beihilfe
Vorbringen der Parteien
64 Die Klägerin trägt in erster Linie vor, die Kommission habe bei der Schätzung des Werts des streitigen Grundstücks einen Fehler begangen. Der Fehler in der Vorgehensweise der Kommission liege insbesondere darin, dass sie sich auf die Kosten des nicht erschlossenen Grundstücks und die Erschließungskosten des Mitgliedstaats gestützt habe und davon ausgegangen sei, dass die Kosten abzüglich des an Sempel gezahlten Betrags von 31 Mio. FRF den Wert der angeblichen Subvention darstellten.
65 Hinsichtlich des Werts des nicht erschlossenen Grundstücks meint die Klägerin, die von der Stadt Orléans getragenen Kosten, die bis zu zwölf Jahre vor dem Zeitpunkt aufgewendet worden seien, zu dem das Grundstück an die Klägerin verkauft worden sei, böten keinen verlässlichen Hinweis auf den Wert des nicht erschlossenen Grundstücks im Jahr 1987. Unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 24. Dezember 1999 und das Schreiben der Französischen Republik vom 21. Februar 2000 macht die Klägerin geltend, die Kommission hätte sich auf die Ergebnisse der Steuerprüfung stützen müssen, wonach der Wert des nicht erschlossenen Grundstücks in den Jahren 1987 oder 1988 nur bei 5,55 FRF/m² gelegen habe.
66 Zum Vorbringen der Kommission, sie habe diese Steuerprüfung nicht berücksichtigen können, weil sie sechs Jahre nach der fraglichen Grundstücksübertragung stattgefunden habe, macht die Klägerin geltend, dass sich diese Steuerprüfung auf den Wert des nicht erschlossenen Grundstücks beziehe, und zwar zu einem für das Verfahren im Bereich staatlicher Beihilfen entscheidungserheblichen Zeitpunkt, und dass die zugrunde liegende Schätzung in diesem Zeitraum durchgeführt worden sei. Die für die Steuerprüfung herangezogene Schätzung des Grundstücks sei im Rahmen der Prüfung der angeblichen Beihilfe angemessen, weil die Finanzbehörden ein erhebliches Interesse daran hätten, den Grundstückswert möglichst hoch anzusetzen, um die Abschreibungsbeträge für die Fabrik zu reduzieren, zu deren Geltendmachung die Klägerin im Rahmen der Berechnung der künftigen Besteuerung ihrer Einkünfte berechtigt gewesen sei.
67 Die Klägerin stellt klar, dass der geltend gemachte offensichtliche Beurteilungsfehler nicht darin bestehe, dass die Kommission die bei der Steuerprüfung 1993 herangezogene Schätzung von 1988 fälschlicherweise nicht berücksichtigt habe. Der gerügte Fehler liege vielmehr darin, dass die Kommission sich auf offensichtlich kaum überzeugende Tatsachen gestützt habe, während die Klägerin andere, stichhaltigere Auskünfte geliefert habe, die von der Kommission nicht geprüft worden seien.
68 Die Klägerin meint, da die Stadt Orléans das fragliche Grundstück seit 1975 besitze (Randnr. 15 der angefochtenen Entscheidung), handle es sich nicht um einen Fall, in dem ein staatliches Organ kraft eines zwischen ihm und einem Unternehmen, das eine Beihilfe erhalten solle, geschlossenen Vertrags sich dazu bereit erkläre, das Grundstück zu erwerben und es an das Unternehmen zu einem unter dem Ankaufspreis liegenden Preis zu veräußern. In einem solchen Fall seien bei der Beurteilung einer Beihilfe immer die dem staatlichen Organ entstandenen Grundstückserwerbskosten zugrunde zu legen. Im vorliegenden Fall dagegen hätte die Kommission bei der Bestimmung des Werts des Grundstücks den Zeitpunkt zugrunde legen müssen, an dem das Grundstück an Scott verkauft worden sei.
69 Was die Erschließungskosten des Grundstücks anbelange, habe die Kommission zu Unrecht die von Sempel getragenen Erschließungskosten zum Wert der Beihilfe hinzugerechnet. Aus dem Vertrag Scott ergebe sich nämlich, dass die städtischen Behörden übereingekommen seien, dass Sempel Arbeiten auf dem Grundstück zu einem Höchstbetrag von 80 Mio. FRF ausführe. Angesichts dieser Höchstgrenze sei die Annahme der Kommission, 48/68 von jedem von Sempel ausgegebenen Franc stellten für die Klägerin einen Vorteil dar, offensichtlich fehlerhaft und unangemessen.
70 Außerdem könnten die von Sempel getragenen Kosten verschwendet oder für Arbeiten ausgegeben worden sein, die von Scott weder bestellt worden seien noch in deren Interesse gelegen hätten. Es hätten auch Arbeiten an der Infrastruktur sein können, die üblicherweise aus dem Haushalt des Staates bestritten würden und damit keine Beihilfe darstellen könnten (vgl. Randnrn. 168 und 169 der angefochtenen Entscheidung).
71 Die Klägerin fügt hinzu, dass ihr das streitige Grundstück für 31 Mio. FRF (64 FRF/m²) verkauft worden sei. Es handle sich um den Marktpreis. 1998 habe P & G die streitigen 48 ha des Grundstücks und die Fabrik zum tatsächlichen Marktpreis, nämlich 27,653 Mio. FRF, gekauft. Der von P & G gezahlte Preis liefere einen besseren Hinweis auf den Wert des streitigen Grundstücks im Jahr 1987 als die von der Kommission berücksichtigten Kriterien.
72 Zweitens macht die Klägerin geltend, dass die Kommission bei der Berechnung des Betrags der Beihilfe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe.
73 Insbesondere enthalte die angefochtene Entscheidung, die von der Kommission nach Einreichung der Klageschrift korrigiert worden sei (siehe oben, Randnr. 15), einen Rechenfehler.
74 Außerdem habe die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie für die Berechnung des gegenwärtigen Werts der Beihilfe hinsichtlich des Grundstücks einen Zinssatz von 5,7 Prozent festgesetzt habe. Da die Kommission die Kosten dieser Beihilfe für den Staat bewerte, hätte sie den Zinssatz zugrunde legen müssen, der in Frankreich von den Organen, die – wie Sempel – zum öffentlichen Sektor gehörten, entrichtet wurde, nämlich einen geringeren Zinssatz, als er in der Privatwirtschaft für Darlehen zu entrichten sei.
75 Die Kommission hebt in erster Linie hervor, dass die Klägerin nicht bestreite, dass die Komission die allgemeinen Bestimmungen über die Anordnung zur Auskunftserteilung eingehalten habe (vgl. Art. 13 der Verordnung Nr. 659/1999 und Urteil des Gerichtshofs vom 13. April 1994, Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission, C‑324/90 und C‑342/90, Slg. 1994, I‑1173, Randnr. 26). Die Kommission fügt hinzu, sie sei nicht verpflichtet gewesen, die Anordnung unmittelbar an die Klägerin zu richten, weil sich das Verfahren der staatlichen Beihilfen ausschließlich zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat abspiele. Die Klägerin habe nach der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung Gelegenheit zur Stellungnahme und jedenfalls nach der Pressemitteilung über die Anordnung zur Auskunftserteilung die Möglichkeit gehabt, fehlende Informationen zu liefern. Darüber hinaus betont die Kommission, wie im Folgenden dargelegt wird, dass das Fehlen dieser Informationen im vorliegenden Fall unerheblich sei.
76 Die Kommission hebt hervor, dass sie versucht habe, den Wert des nicht erschlossenen Grundstücks und der auf die Klägerin übergegangenen Erschließung zu bestimmen. Soweit die Kommission sich auf die vom Mitgliedstaat getragenen Kosten gestützt habe, sei dies geschehen, weil sie festgestellt habe, dass diese Betrachtungsweise einen verlässlichen Hinweis auf den mutmaßlichen Wert des an die Klägerin veräußerten streitigen Grundstücks biete.
77 Hinsichtlich des nicht erschlossenen Grundstücks habe die Kommission versucht, dessen Wert zum 31. August 1987, dem Datum des Vertragsschlusses, zu ermitteln. Obwohl sie ihre Mitteilung 97/C 209/03 betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand (ABl. 1997, C 209, S. 3) in der angefochtenen Entscheidung nicht rückwirkend angewandt habe, sei sie bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG ihrer „systematischen und logischen“ Vorgehensweise gefolgt, wie sie in der genannten Mitteilung dargelegt sei. Die Kommission hebt hierzu hervor, dass das streitige Grundstück nicht im Rahmen eines bedingungsfreien Angebotsverfahrens verkauft worden und keine unabhängige Schätzung des Grundstücks während des Verkaufs an die Klägerin durchgeführt worden sei. Unter diesen Umständen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die ursprünglichen, der öffentlichen Hand angefallenen Grundstückskosten einen „wichtigen Hinweis“ auf den Wert des nicht erschlossenen Grundstücks darstellten.
78 Die französischen Behörden hätten die Kommission während des Verfahrens dreimal darauf hingewiesen, dass der durchschnittliche Preis für das nicht erschlossene, zwischen 1975 und 1987 erworbene Gelände bei 15 FRF/m² gelegen habe (Fn. 8 der angefochtenen Entscheidung). Obwohl diese Behörden in ihrem Schreiben vom 3. November 1997 in der Lage gewesen seien, genau darzulegen, dass 30 ha am 1. Juli 1975, 32,5 ha am 13. Dezember 1984 und 5,5 ha am 18. September 1987 erworben worden seien, hätten sie den jeweiligen Preis des einzelnen Ankaufs nicht mitteilen wollen. Die Kommission macht hierzu darauf aufmerksam, dass ihr im Lauf des Verwaltungsverfahrens weder die Kaufverträge noch irgendwelche andere Unterlagen zur Bestätigung des sukzessiven Erwerbs der nicht erschlossenen Grundstücke durch die Stadt Orléans vorgelegt worden seien. Die Kommission sei nicht über das angewandte Verfahren zur Berechnung des Durchschnittspreises von 15 FRF/m² unterrichtet worden. Außerdem sei nicht genau bekannt, welche Grundstücke – von der Gesamtfläche von 68 ha, die die Stadt Orléans erworben hatte – die 48 ha bildeten, die schließlich an die Klägerin übertragen worden seien. Unter diesen Umständen dürfe die Kommission den Schluss ziehen, dass sich der angegebene Preis von 15 FRF/m² auf einen Zeitraum bis 1987 beziehe und demzufolge als hinreichend aktueller und damit verlässlicher Hinweis auf den Mindestwert des Grundstücks zum Zeitpunkt des Vertrags Scott angesehen werden könne.
79 Außerdem ergebe sich aus Punkt 2.2 des Sitzungsprotokolls des Stadtrats von Orléans vom 27. Mai 1994, dass der ursprüngliche Preis des nicht erschlossenen Grundstücks bei 10,9 Mio. FRF liege, also bei einem „sehr moderaten“ Preis von 23 FRF/m². Angesichts der Tatsache, dass dieses Protokoll vor der Eröffnung des vorliegenden Verfahrens von der Behörde erstellt worden sei, die die zur Last gelegte Beihilfe selbst gewährt habe, ist die Kommission der Auffassung, dass es eine vernünftige und verlässliche Grundlage für die Bestimmung des Werts des nicht erschlossenen Grundstücks darstelle. Sie fügt hinzu, dass sich aus dem von der Stadt Orléans erstellten Vertragsangebot an die Klägerin ergebe, dass der „Wert des [nicht erschlossenen] Grundstücks im März 1987 bei 20 Mio. Franc [gelegen habe]“ (d. h. 50 ha zu 40 FRF/m²).
80 Die französischen Behörden hätten sich, im Gegensatz zum Vortrag der Klägerin, in ihrem Schreiben vom 21. Februar 2000 nicht auf eine Schätzung des Grundstücks auf 5,55 FRF/m² auf der Grundlage einer angeblichen Steuerprüfung berufen. Nach Ansicht der Kommission soll diese Information nur die Verständlichkeit einer Darstellung erleichtern, die durch keinen urkundlichen Beweis untermauert worden sei, sich auf das Jahr 1993, ungefähr sechs Jahre nach dem Vertrag Scott, beziehe und im Widerspruch zu anderen von den französischen Behörden während des Verfahrens abgegebenen Erklärungen stehe, wie der Erklärung des Stadtrats von Orléans in seinen Beschlüssen von 1994. Daraus folge, dass die Kommission keinen Fehler begangen habe, als sie aus der von der Klägerin angeführten Passage nicht den Schluss gezogen habe, dass der Wert des nicht erschlossenen Grundstücks von 5,55 FRF/m² erwiesen sei.
81 Die Klägerin mache erstmals in ihrer Erwiderung geltend, dass in dem Schreiben vom 24. Dezember 1999 eine Schätzung des nicht erschlossenen Grundstücks enthalten sei, die 1988 durchgeführt worden sei (siehe oben, Randnr. 65). Nach Ansicht der Kommission sind die in der Erwiderung enthaltenen neuen Tatsachenbehauptungen unzulässig, ebenso wie das Schreiben vom 24. Dezember 1999 selbst. Sogar diesem Schreiben lasse sich nicht der geringste Hinweis auf eine im Jahr 1988 durchgeführte Schätzung entnehmen.
82 Abgesehen von der Unzulässigkeit dieses Schreibens ist die Kommission der Ansicht, dass es aus materiellrechtlichen Gründen zurückzuweisen sei. Erstens habe die Klägerin keinerlei Unterlagen zur Untermauerung ihrer Behauptung vorgelegt, nach der eine solche Schätzung im Jahr 1988 auf der Basis des 1987 bestehenden Werts des nicht erschlossenen Grundstücks stattgefunden habe, und keine genauen Angaben darüber gemacht, nach welchen Rechtsvorschriften eine solche Schätzung ausgeführt worden sein solle. Zweitens meint die Kommission, die örtliche Finanzverwaltung könne den Grundstücken symbolischen Wert beimessen bzw. ihren Wert schätzen, um zu beurteilen, ob sie der örtlichen Steuer unterlägen, so dass diese Werte nur einen geringen oder gar keinen Bezug zum tatsächlichen Marktwert der Grundstücke aufwiesen. Drittens sei entgegen dem Vortrag der Klägerin die Schlussfolgerung völlig unbegründet, dass die Finanzbehörden dem Grundstück einen möglichst hohen Wert beigemessen hätten, um den Wert der Erschließung weitestgehend zu begrenzen, die Abschreibungskosten der Klägerin zu verringern und somit die von ihr zu zahlenden Steuern zu erhöhen. Viertens schließe eine von den Finanzbehörden vorgenommene Schätzung nicht zwangsläufig jedes Beihilfeelement aus.
83 Außerdem bestreitet die Kommission die Behauptung der Klägerin, dass die Stadt Orléans das nicht erschlossene Grundstück seit 1975 besessen habe. Wie oben in Randnummer 78 ausgeführt, hätten die französischen Behörden angegeben, dass 30 ha am 1. Juli 1975, 32,5 ha am 13. Dezember 1984 (etwas über zwei Jahre vor dem Angebot an Scott) und 5,5 ha am 18. September 1987, also nach Abschluss des Vertrags Scott und der Vereinbarung Sempel, erworben worden seien. Infolgedessen handle es sich, wie die Klägerin selbst vortrage (siehe oben, Randnr. 68), um eine Situation, in der die Kommission zu Recht den Preis berücksichtigt habe, den der Staat für den Erwerb des nicht erschlossenen Grundstücks habe zahlen müssen. Die Kommission fügt hinzu, dass die Französische Republik ihr weder Einzelheiten zu dem letztlich an die Klägerin übertragenen Grundstücksteil noch das Verfahren zur Berechnung des Durchschnittspreises habe mitteilen wollen.
84 Hinsichtlich der Erschließung habe die Kommission von den französischen Behörden im Wege der Entscheidung verlangt, ihr ausführliche Erklärungen sowie detaillierte Unterlagen über die von Sempel ausgeführten Arbeiten und ihre tatsächlichen Kosten zu liefern. Diese Auskünfte habe die Kommission während des Verwaltungsverfahrens nie erhalten.
85 Außerdem habe die Klägerin nicht vorgetragen, wie hoch ihrer Einschätzung nach der wirkliche Wert der ihr übertragenen Erschließung sei. Die Kosten des Mitgliedstaats stellten, wie oben in Randnr. 77 erläutert, beim Fehlen eines ordnungsgemäßen Angebotsverfahrens oder einer vor den Verkaufsverhandlungen durchgeführten Schätzung durch einen unabhängigen Sachverständigen einen guten Hinweis auf den Wert der auf die Klägerin übertragenen Erschließung dar, d. h. 89,1 Mio. FRF. Die Kommission habe die Abwicklungsbilanz Sempel herangezogen, d. h. den verlässlichsten (im vorliegenden Fall beglaubigten) Urkundsbeweis, über den sie verfügt habe, und habe hiervon die Finanzierungskosten von Sempel, die Mehrwertsteuer und die im Einvernehmen mit den französischen Behörden angefallenen Kosten für die öffentliche Erschließung des Geländes (Randnrn. 89 und 171 der angefochtenen Entscheidung) abgezogen. Auf der Grundlage dieser Abwicklungsbilanz habe die Kommission den Gesamtwert der Erschließung ermittelt. Entgegen dem Vortrag der Klägerin richte sich der Wert der ihr übertragenen Erschließung nach den von Sempel tatsächlich ausgeführten Arbeiten und nicht nach dem Wortlaut des Vertrags Scott.
86 Die Kommission weist darauf hin, dass sich nach dem Sitzungsprotokoll des Stadtrats von Orléans vom 27. Mai 1994 die Gesamtkosten des Geschäfts für die Stadt Orléans und das Département Loiret einschließlich des Grundstücks und der Erschließung entweder auf 84,482274 Mio. FRF oder auf 92,531048 Mio. FRF beliefen (Punkt 2.2).
87 Nach Ansicht der Kommission bietet der von P & G 1998 gezahlte Kaufpreis (siehe oben, Randnr. 71) keinen besseren Hinweis auf den Wert der 1987 durchgeführten Erschließung als die anderen ihr zur Verfügung stehenden, in der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Beweiselemente. Die Klägerin habe während des gesamten Verfahrens eine gewisse Ungerechtigkeit beklagt, die darin bestehen solle, dass KC beim Aufkauf von Scott den vollen Preis gezahlt habe, dass beim Verkauf der Vermögenswerte durch Scott der Kaufpreis aber keine Beträge enthalten habe, die die fragliche Beihilfe widerspiegelten. Dieses Argument laufe auf die Annahme hinaus, dass dem Verkaufspreis an P & G eine Bewertung der Vermögenswerte zugrunde liege, die von vornherein stark vom Bestehen der fraglichen Beihilfe selbst beeinflusst sei. Nach Ansicht der Kommission kann die Klägerin nicht beides haben: Entweder habe P & G an Scott für die Beihilfe „bezahlt“, dann sei es nicht ungerecht, sie von Scott zurückzufordern, oder der von P & G gezahlte Preis – also der Preis, zu dem Scott zu verkaufen imstande und bereit gewesen sei – sei von Beginn an mit dem schweren Makel der Gewährung der Beihilfe behaftet gewesen und könne dann keinesfalls als Grundlage für die Berechnung des wirklichen Werts des Grundstücks und der Erschließung im Jahr 1987 dienen.
88 Die Kommission erinnert außerdem daran, dass sie von den französischen Behörden ausführlichere Informationen verlangt habe (Randnrn. 97 und 168 der angefochtenen Entscheidung).
89 Zweitens räumt die Kommission ein, dass die angefochtene Entscheidung einen Rechenfehler enthalte (siehe oben, Randnr. 73), und weist darauf hin, dass sie infolgedessen Maßnahmen zur Berichtigung dieses Fehlers ergriffen habe (siehe oben, Randnr. 15).
90 Das Vorbringen der Klägerin, dass die Vorgehensweise der Kommission nicht konsequent sei und sie den von Sempel entrichteten Zinssatz (siehe oben, Randnr. 74) hätte heranziehen müssen, sei zurückzuweisen. Die Kommission habe richtigerweise den in ihrer Mitteilung über die Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze vorgesehenen Zinssatz von 5,6 Prozent für die Berechnung des kraft einer Anordnung zur Rückforderung einer illegalen staatlichen Beihilfe zurückzuzahlenden Betrags verwendet.
Würdigung durch das Gericht
91 Da der Begriff der staatlichen Beihilfe ein Rechtsbegriff und anhand objektiver Kriterien auszulegen ist, hat der Gemeinschaftsrichter die Frage, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 87 Abs. 1 EG fällt, grundsätzlich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits und des technischen oder komplexen Charakters der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen umfassend zu prüfen (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Mai 2000, Frankreich/Ladbroke Racing und Kommission, C-83/98 P, Slg. 2000, I‑3271, Randnr. 25, und des Gerichts vom 17. Oktober 2002, Linde/Kommission, T-98/00, Slg. 2002, II‑3961, Randnr. 40).
92 Vergünstigungen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG sind Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 23. Februar 1961, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, 30/59, Slg. 1961, 3, 43, und vom 8. Mai 2003, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, C‑328/99 und C‑399/00, Slg. 2003, I‑4035, Randnr. 35), wie insbesondere die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen zu günstigen Bedingungen (Urteil des Gerichtshofs vom 20. November 2003, GEMO, C‑126/01, Slg. 2003, I‑13769, Randnr. 29; vgl. auch das Urteil des Gerichtshofs vom 2. Februar 1988, Van der Kooy u. a./Kommission, 67/85, 68/85 und 70/85, Slg. 1988, 219, Randnrn. 28 und 29).
93 Im Fall des Verkaufs eines Grundstücks an ein Unternehmen durch die öffentliche Hand hat dieser Grundsatz zur Folge, dass insbesondere zu klären ist, ob der Erwerber den Kaufpreis unter normalen Marktbedingungen nicht hätte erzielen können (vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 6. März 2002, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, T-127/99, T-129/99 und T-148/99, Slg. 2002, II‑1275, Randnr. 73). Bei der Bestimmung des Marktpreises muss die Kommission dem aleatorischen Charakter Rechnung tragen, den die ihrem Wesen nach retrospektive Ermittlung solcher Marktpreise aufweisen kann (Urteil des Gerichts vom 16. September 2004, Valmont/Kommission, T-274/01, Slg. 2004, II‑3145, Randnr. 45).
94 Hervorzuheben ist auch, dass nach ständiger Rechtsprechung das Ziel, das die Kommission verfolgt, wenn sie die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe verlangt, darin besteht, dass der Beihilfeempfänger die Vergünstigung verliert, die ihm auf dem Markt gegenüber seinen Wettbewerbern zugute kam, und dass die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil „Tubemeuse“, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 66, und Urteil des Gerichtshofs vom 4. April 1995, Kommission/Italien, C-348/93, Slg. 1995, I‑673, Randnr. 27). Somit ist die Rückforderung rechtswidriger staatlicher Beihilfen keine vom Gemeinschaftsrecht nicht vorgesehene Sanktion, auch wenn sie erst geraume Zeit nach der Gewährung der fraglichen Beihilfen vorgenommen wird (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, C‑75/97, Slg. 1999, I‑3671, Randnr. 65, und des Gerichts vom 29. September 2000, CETM/Kommission, T‑55/99, Slg. 2000, II‑3207, Randnr. 164). Mit anderen Worten sind die Entscheidungen der Kommission, die die Rückforderung staatlicher Beihilfen anordnen, Maßnahmen zur Wiederherstellung der früheren Lage und haben keinen Sanktionscharakter.
95 Jedoch muss die Kommission, wenn sie über die Anordnung der Rückforderung eines bestimmten Betrags entscheidet, entsprechend ihrer Verpflichtung zur sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung der Unterlagen im Rahmen von Art. 88 EG (Urteile Sytraval, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 62, und Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 167) den Wert der dem Unternehmen zugute gekommenen Beihilfe so genau ermitteln, wie es die Umstände des Falls ermöglichen. Bei der Wiederherstellung der vor der Gewährung der Beihilfe bestehenden Lage muss die Kommission sich einerseits vergewissern, dass der tatsächliche Vorteil der Beihilfe beseitigt wird, und ist somit gehalten, den vollen Betrag der Beihilfe zurückzufordern. Sie kann nicht aus Milde mit dem Begünstigten einen geringeren Betrag zurückfordern als den Wert der Beihilfe, die er erhalten hat. Andererseits ist die Kommission nicht befugt, als Ausdruck ihrer Missbilligung hinsichtlich der Schwere des Verstoßes die Rückforderung eines den Wert der vom Begünstigten erhaltenen Beihilfe übersteigenden Betrags anzuordnen.
96 Der Kommission kann nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie eine annäherungsweise Schätzung vorgenommen hat. Bei einer nicht mitgeteilten Beihilfe und insbesondere, wenn ein langer Zeitraum seit dem Verkauf eines Grundstücks verstrichen ist, kann es nach den Umständen des Falls für die Kommission nämlich schwierig sein, den genauen Wert der Beihilfe zu ermitteln. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission können solche Umstände und insbesondere die Frage berücksichtigt werden, ob die Kommission die in Art. 88 Abs. 2 EG vorgesehene Prüfung sorgfältig durchgeführt hat. Trotzdem bleibt die wesentliche Frage in Bezug auf die Bewertung der Beihilfe eine tatsächliche Frage, die der Gemeinschaftsrichter in vollem Umfang nachzuprüfen hat. Allein dadurch, dass die Kommission aufgrund der Umstände des Falls zu einer annäherungsweisen Schätzung veranlasst sein kann, ist ihr nicht auch ein Ermessensspielraum hinsichtlich der Bestimmung des Betrags eingeräumt, dessen Rückforderung sie anordnet.
97 Im vorliegenden Fall betont die Klägerin, dass der von ihr für das streitige Grundstück gezahlte Preis, nämlich 31 Mio. FRF, dessen Marktwert im Jahr 1987 zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung Sempel entsprochen habe.
98 Die Kommission kam aber in der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss, dass die französischen Behörden das streitige Grundstück an Scott zu einem Vorzugspreis verkauft hätten, und setzte den Wert des Grundstücks auf 70,588 Mio. FRF fest. Bei der Ermittlung dieses Betrags bezog sich die Kommission nicht auf eine Schätzung des möglichen Verkaufspreises des streitigen Grundstücks nach Marktbedingungen im Jahr 1987, sondern stützte sich auf die von den beteiligten Behörden dargelegten Kosten (siehe oben, Randnrn. 17 bis 20).
99 Die Kommission meint, sie sei ermächtigt, ja sogar verpflichtet gewesen, sich auf die den französischen Behörden entstandenen Kosten zu stützen. Dieses Vorgehen biete einerseits einen verlässlichen Hinweis auf den mutmaßlichen Wert des Grundstücks und der auf die Klägerin übertragenen Erschließung. Andererseits hebt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung hervor (vgl. insbesondere Randnrn. 97 bis 99), dass die Französische Republik während des Verwaltungsverfahrens nicht kooperiert, eine Verzögerungshaltung eingenommen und insbesondere nicht alle zur Bestimmung des Werts der staatlichen Beihilfe erforderlichen Auskünfte erteilt habe, obwohl gemäß Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 eine Anordnung zur Auskunftserteilung ergangen sei (siehe oben, Randnr. 10).
100 Unter diesen Umständen und im Licht der oben in den Randnrn. 91 bis 95 genannten Rechtsprechung hat das Gericht zu prüfen, ob die Kommission bei der Prüfung der Unterlagen alle tatsächlichen Angaben mit der erforderlichen Sorgfalt bewertet hat, und insbesondere zu beurteilen, ob der Wert, den die Kommission dem streitigen Grundstück in der angefochtenen Entscheidung bei der Ermittlung des Betrags der rechtswidrigen Vergünstigung zugemessen hat, hinreichend genau dem Marktwert im Jahr 1987 entspricht.
101 Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Kommission in der ersten Fassung der angefochtenen Entscheidung bei der Berechnung des Betrags der Beihilfe offensichtlich einen Fehler begangen hat, den sie nach Einreichung der vorliegenden Klage berichtigt hat. In dieser ersten Fassung der Entscheidung ging die Kommission von den Verkaufskosten des gesamten Grundstücks von 68 ha aus und zog hiervon die von der Klägerin gezahlten 31 Mio. FRF ab. Dann multiplizierte sie diese Summe mit 48/68, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass Scott nur 48 ha gekauft hatte. Nach dieser Berechnung ergab sich ein Beihilfebetrag von 48,7 Mio. FRF (7,42 Mio. Euro), d. h. nach aktualisiertem Wert 100 Mio. FRF (15,2 Mio. Euro) hinsichtlich des Vorzugspreises des streitigen Grundstücks.
102 Der Rechenfehler der Kommission kam zustande, indem sie Scott nur 48/68 der 31 Mio. FRF und nicht die gesamte Summe zuordnete. Sie gestand diesen Fehler ein und kam in der berichtigten Fassung der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Beihilfe 39,58 Mio. FRF, d. h. nach aktualisiertem Wert 80,77 Mio. FRF, betrug.
103 Da dieser Fehler von der Kommission nach Erhebung der vorliegenden Klage berichtigt worden ist, vermag er allein die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Trotzdem gibt er zu zwei Überlegungen Anlass. Zunächst stellt sich die Frage, wie die Kommission bei ihrer Untersuchung einen derart schwerwiegenden Fehler begehen konnte. Sodann und vor allem macht es die Begehung eines solchen Fehlers für das Gericht umso unumgänglicher, alle anderen Gesichtspunkte der Berechnung der Beihilfe genauestens zu prüfen.
104 Demgemäß ist die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung gewählte Vorgehensweise zur Ermittlung des Werts des streitigen Grundstücks zu prüfen.
– Zu den methodischen und rechnerischen Fehlern in der angefochtenen Entscheidung
105 Im Rahmen der Beurteilung des Werts einer Beihilfe in Form eines Grundstücksverkaufs zu einem vermeintlichen Vorzugspreis ist der Grundsatz des unter Marktbedingungen handelnden privaten Investors anzuwenden. Demzufolge entspricht der Wert der Beihilfe dem Unterschiedsbetrag zwischen dem von dem Begünstigten tatsächlich gezahlten Preis und dem Preis, den er im gleichen Zeitraum für den Ankauf eines vergleichbaren Grundstücks von einem privaten Verkäufer unter normalen Marktbedingungen hätte bezahlen müssen.
106 Die Kommission räumt im vorliegenden Fall ein, sich zur Ermittlung des Betrags der Beihilfe auf die von den französischen Behörden gezahlten Kosten gestützt zu haben (siehe oben, Randnr. 76). Tatsächlich stützt sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht auf eine unmittelbare und unabhängige Schätzung des Marktwerts des streitigen Grundstücks im Jahr 1987. Sie stützt sich vielmehr auf die von den beteiligten Behörden getragenen Kosten des streitigen Grundstücks. Obwohl die Ankaufs- und Erschließungskosten einen sekundären oder indirekten Hinweis auf den Wert des streitigen Grundstücks liefern können, stellen solche Kriterien nicht den stichhaltigsten Beweis für diesen Wert dar. Die Anwendung des Grundsatzes des privaten Investors verlangt nämlich die Schätzung des Verkaufspreises, der für das streitige Grundstück erzielt worden wäre, wenn es im August 1987 zu normalen Marktbedingungen verkauft worden wäre. Dieser Preis richtet sich nicht zwingend nach den dem Verkäufer entstandenen Kosten, weil er von verschiedenen Faktoren, etwa dem Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage im Verkaufszeitraum, beeinflusst werden kann. Mit anderen Worten stellen die den französischen Behörden innerhalb von zwölf Jahren im Rahmen des Ankaufs des nicht erschlossenen Grundstücks (siehe oben, Randnr. 17) und seiner Erschließung entstandenen Kosten nicht zwingend den Marktwert des Grundstücks im August 1987 dar.
107 Zur Rechtfertigung ihres Rückgriffs auf eine Schätzung, die sich auf die den französischen Behörden entstandenen Kosten stützt, trägt die Kommission vor, entgegen ihrer „systematischen und logischen“ Betrachtungsweise von Art. 87 Abs. 1 EG, wie sie sie anschließend in ihrer Mitteilung 97/C 209/03 betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand dargelegt habe, hätten die französischen Behörden das streitige Grundstück nicht im Rahmen eines unbedingten Angebotsverfahrens verkauft und beim Verkauf an die Klägerin nicht auf eine unabhängige Schätzung des streitigen Grundstücks zurückgegriffen (siehe oben, Randnrn. 77 und 85). Unter diesen Umständen sei sie berechtigt gewesen, sich auf die den betreffenden Behörden entstandenen Kosten zu stützen, um den Wert des streitigen Grundstücks zu ermitteln.
108 Die Tatsache, dass die französischen Behörden 1987 den Wert des Gegenstands vor dem Verkauf an Scott nicht im Wege einer Ausschreibung oder auf der Grundlage einer unabhängigen Schätzung des streitigen Grundstücks ermittelt haben, entbindet die Kommission nicht von ihrer eigenen Verpflichtung, während der Untersuchung im Rahmen des Art. 88 Abs. 2 EG den Wert des Gegenstands anhand der verlässlichsten Methode zu bestimmen. Entgegen ihren Angaben ist die Kommission nämlich nicht der in der Mitteilung von 1997 dargelegten systematischen und logischen Betrachtungsweise gefolgt, sondern hat direkt die von den französischen Behörden angegebenen historischen Erwerbs- und Erschließungskosten des streitigen Grundstücks herangezogen, ohne die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, eine unabhängige Bewertung in Auftrag zu geben (siehe unten, Randnrn. 137 und 138).
109 Im Übrigen sieht das Gericht, selbst wenn man davon ausginge, dass die Kommission berechtigt ist, sich zur Ermittlung des Werts des streitigen Grundstücks ausschließlich auf die von den beteiligten Behörden dargelegten Kosten zu stützen, ihre Vorgehensweise bei der Bewertung des nicht erschlossenen Grundstücks als fehlerhaft an, weil sie zum einen insoweit einen zweiten Berechnungsfehler begangen und sich zum anderen bezüglich der fraglichen Kosten auf ungenaue Angaben gestützt hat.
110 Erstens stellt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu den fraglichen 68 ha Folgendes fest: „Diese Grundstücke, die seinerzeit Landwirtschaftsfläche waren, hatte die Stadt [Orléans] zwischen 1975 und 1987 für einen Preis von 16 FRF/m² (2,4 Euro/m²) erworben, d. h. für insgesamt 10,9 Millionen FRF (1,7 Millionen Euro)“ (Randnr. 15). Sie stützt sich dafür auf Punkt 2.2 des Protokolls über die Beratungen des Stadtrats von Orléans vom 27. Mai 1994. Aus dem fraglichen Protokoll ergibt sich jedoch, dass die Summe von 10,9 Mio. FRF den Kosten der an Scott veräußerten, nicht erschlossenen 48 ha und nicht den 68 ha des Grundstücks entspricht. Folglich lagen die Kosten des nicht erschlossenen Grundstücks im Gegensatz zur Berechnung der Kommission bei 23 FRF/m², also fast 50 Prozent höher als 16 FRF/m². Somit hat die Kommission einen Berechnungsfehler begangen.
111 Daraus ergibt sich, dass die Kommission bei der Berechnung der von Scott empfangenen Vergünstigung den Betrag von 10,9 Mio. FRF nicht auf die Fläche von 48 ha und die Fläche von 20 ha hätte aufteilen dürfen (Randnr. 170 der angefochtenen Entscheidung), sondern ihn in seiner Gesamtheit den 48 ha hätte zuordnen müssen. Dass dieser Fehler Scott zum Vorteil gereicht, macht ihn nicht entschuldbar. Die Kommission war verpflichtet, den wirklichen Wert der fraglichen Beihilfe im Rahmen des Möglichen zu ermitteln und seine Rückforderung anzuordnen (vgl. die oben in Randnr. 95 angeführte Rechtsprechung).
112 Folglich hat sich die Kommission auch insoweit geirrt, als sie die Ansicht vertreten hat, dass ihre Bewertung des nicht erschlossenen Grundstücks mit 16 FRF/m² durch den von den französischen Behörden während des Verwaltungsverfahrens angegebenen durchschnittlichen Ankaufspreis der 68 ha von 15 FRF/m² bestätigt werde (Randnr. 15 und Fn. 8 der angefochtenen Entscheidung).
113 Hätte die Kommission nicht den fehlerhaften Schluss gezogen, dass die Kosten der 48 ha bei 16 FRF/m² lägen, darf vermutet werden, dass sie den signifikanten Unterschied zwischen 15 FRF/m² und 23 FRF/m² erkannt und infolgedessen an der Verlässlichkeit der Auskünfte über die Kosten des nicht erschlossenen Grundstücks gezweifelt hätte.
114 Zweitens hat sich, was die Verwendung ungenauer Angaben hinsichtlich der Kosten des nicht erschlossenen Grundstücks betrifft, die Kommission zumindest teilweise auf den Durchschnittspreis von 15 FRF/m² gestützt, den die französischen Behörden für die nicht erschlossenen 68 ha gezahlt hatten, die sie am 1. Juli 1975 (30 ha), am 13. Dezember 1984 (32,5 ha) und am 18. September 1987 (5,5 ha) angekauft hatten. Tatsächlich hat die Kommission während der Verhandlung mehrmals angegeben, dass sie den Durchschnittspreis von 15 FRF/m² als Wert des nicht erschlossenen Grundstücks zugrunde gelegt habe.
115 Die Kommission hat jedoch nicht den Kaufpreis jeder der fraglichen Parzellen überprüft. Sie hat vielmehr einen aus den Ankaufskosten von 1975, 1984 und 1987 gebildeten Durchschnittspreis angewandt, was nicht unbedingt dem Marktwert des nicht erschlossenen Grundstücks im Jahr 1987 gleichkommt. Insbesondere bilden die Kosten der 1975 bzw. 1984 angekauften Parzellen von 30 ha und 32,5 ha entgegen dem Vorbringen der Kommission (siehe oben, Randnr. 78) nach dem Prinzip des privaten Investors nicht unbedingt den Wert des nicht erschlossenen Grundstücks im Jahr 1987. Insoweit heißt es in der Mitteilung 97/C 209/03 der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand: „Die für die öffentliche Hand anfallenden primären Kosten des Gebäude- oder Grundstückserwerbs sind ein Indikator für den Marktwert, wenn zwischen dem Erwerb und dem Verkauf des von der öffentlichen Hand erworbenen Gebäudes oder Grundstücks nicht ein beträchtlicher Zeitraum lag“ (Nr. II 2 Buchst. d). Selbst nach der von der Kommission in dieser Mitteilung dargelegten Vorgehensweise war die Kommission sicherlich nicht berechtigt, auf die Kosten des Erwerbs der 1975 angekauften Parzelle abzustellen.
116 Dagegen hätte der Kaufpreis für die im Zeitraum des streitigen Verkaufs angekauften 5,5 ha – selbstverständlich unter dem Vorbehalt der Überprüfung der Umstände sowie der Bedingungen des fraglichen Ankaufs – einen Hinweis auf den damaligen Quadratmeterpreis des nicht erschlossenen fraglichen Grundstücks liefern können. Statt zu versuchen, diese Informationen zu erlangen (vgl. hierzu unten, Randnrn. 151 bis 153), hat sich die Kommission auf zweitrangige Auskünfte gestützt.
117 Außerdem enthält die Akte keine Angaben darüber, welcher Teil der 68 ha an Scott verkauft wurde und, insbesondere, in welchem Verhältnis die drei in den Jahren 1975, 1984 und 1987 gekauften Parzellen und die von Scott 1987 gekauften 48 ha zueinander stehen.
118 Die Kommission hebt in ihren Schriftsätzen (siehe oben, Randnr. 79) und insbesondere in ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts mehrmals hervor, dass sich die im Beratungsprotokoll des Stadtrats von Orléans vom 27. Mai 1994 erwähnte Zahl von 10,9 Mio. FRF auf den „sehr moderaten“ Wert des nicht erschlossenen Grundstücks von 48 ha und nicht auf seinen Preis beziehe. Abgesehen davon, dass die Kommission den Betrag von 10,9 Mio. FRF in der angefochtenen Entscheidung fälschlicherweise auf die 68 ha bezogen hat (siehe oben, Randnr. 110), ist hervorzuheben, dass Punkt 2.2 des genannten Protokolls nur eine sehr kurze Zusammenfassung enthält, ohne die „Kosten des Geschäfts“, insbesondere den Betrag von 10,9 Mio. FRF für den Ankauf des nicht erschlossenen Grundstücks, d. h. den „ursprünglichen Grundstückswert“, genau zu erläutern. Die Kommission hat in der angefochtenen Entscheidung selbst angegeben, dass es sich um den „Kaufpreis“ oder um die den französischen Behörden entstandenen „Kosten“ des nicht erschlossenen Grundstücks handle (Randnrn. 20. 157, 161 und 170).
119 Die Kommission verfügte nämlich über keinerlei Hinweise bezüglich der Umstände, unter denen die drei Parzellen, die eine Gesamtfläche von 68 ha bildeten, von der Stadt Orléans angekauft worden waren. Auch die Vertragsbedingungen dieser Ankäufe sind weiter unbekannt. Insbesondere wusste die Kommission nicht, ob jede dieser Parzellen im Wege von Vertragsverhandlungen oder infolge einer Enteignungsanordnung im öffentlichen Interesse erworben worden war. Im letztgenannten Fall wäre es möglich, dass im Betrag von 10,9 Mio. FRF eine Enteignungsentschädigung an die früheren Eigentümer dieser Grundstücke einschließlich einer Entschädigung für die Beendigung der landwirtschaftlichen Nutzung dieser Grundstücke oder andere Erwerbskosten des Staats enthalten waren, die über den wirklichen Marktwert des nicht erschlossenen Grundstücks hinausgehen.
120 Außerdem ergibt sich aus der Akte, dass die Kommission bestimmte Tatsachen, die für die Bewertung der Erschließungskosten des fraglichen Geländes relevant waren, unberücksichtigt gelassen hat. Im Vertrag Scott (siehe oben, Randnrn. 2 und 3) war insbesondere vorgesehen, dass Scott einen Preis von 31 Mio. FRF für das streitige Grundstück einschließlich der Errichtung einer Fabrik von 30 000 m² bezahlen sollte. Nach dem Beratungsprotokoll des Stadtrats von Orléans vom 27. Mai 1994 ist eine „Fabrik von ungefähr 54 000 m² errichtet worden (statt der ursprünglich vorgesehenen 30 000 m²)“. Dieser Unterschied wurde in der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt und von der Kommission im Rahmen der Prüfung des Vorgangs offenbar nicht berücksichtigt. Hätte die Kommission diesen Punkt berücksichtigt, ist davon auszugehen, dass sie die Verlässlichkeit ihrer Bewertung des streitigen Grundstücks nach Quadratmetern in Frage gestellt hätte.
121 Außerdem ergibt sich aus Art. 4 des Vertrags Scott, dass die Klägerin sich zum Ankauf des streitigen Grundstücks für 31 Mio. FRF verpflichtet hatte und Sempel Bauarbeiten auf dem Gelände zu einem „Höchstbetrag von 80 [Mio. FRF]“ ausführen sollte. Nach der Abwicklungsbilanz Sempel jedoch, die der Kommission von den französischen Behörden am 6. Oktober 1999 übersandt wurde, beliefen sich die von Sempel getragenen Gesamtkosten für die Erschließung des Grundstücks auf 140,4 Mio. FRF. Aufgrund der Tatsache, dass die Erschließungsarbeiten 140,4 Mio. FRF statt des „Höchstbetrags von 80 [Mio. FRF]“ gekostet haben, also eine Überschreitung um 75,5 % vorlag, hätte die Kommission erkennen müssen, dass die von Sempel getragenen Kosten nicht zwingend den Marktwert des streitigen Grundstücks widerspiegelten. Wie Scott der Kommission vorwirft, ist die Abwicklungsbilanz Sempel auch nicht Bestandteil der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens. Die Kommission hätte Scott zumindest zu dem Unterschied zwischen den 140,4 Mio. FRF und den im Vertrag Scott vorgesehenen 80 Mio. FRF befragen müssen.
122 Aus der Akte geht nicht hervor, ob die Überschreitung der somit von Sempel getragenen Kosten auf die Errichtung einer Fabrik zurückzuführen ist, die fast doppelt so groß war wie ursprünglich vorgesehen, oder ob die Kostenüberschreitung die Folge der Ineffizienz von Sempel oder aber von Verschwendungen ist, die sich nicht wertsteigernd auf das Grundstück ausgewirkt haben. Auf Nachfrage des Gerichts zu diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung konnten die Parteien nicht erläutern, ob die Vergrößerung der Fabrik darauf beruhte, dass Scott eine noch höhere staatliche Beihilfe gewährt werden sollte, oder ob sie die Folge eines Fehlers beim Bau der Fabrik war.
123 Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Bestimmung des Werts des streitigen Grundstücks im Jahr 1987 durch die Kommission mit Fehlern behaftet war.
– Zu den von der Kommission nicht beachteten Auskünften
124 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission beim Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG, d. h. zu Beginn des Jahres 2000, mehrere andere Anhaltspunkte für den Wert des streitigen Grundstücks einschließlich des Bestehens anderer Schätzungen seines Werts kannte oder hätte kennen müssen. Sie hat sich jedoch, obwohl sie hinsichtlich der Erwerbskosten des nicht erschlossenen Grundstücks nur über ungenaue Angaben verfügte, nicht die Frage gestellt, ob diese Hinweise erheblich sein können.
125 Zunächst hat sich Scott in dem Schreiben vom 24. Dezember 1999, das von der Kommission hätte berücksichtigt werden müssen (siehe oben, Randnrn. 51 bis 63), auf eine Bewertung des nicht erschlossenen Grundstücks mit 5,5 FRF/m2 berufen, die von der französischen Finanzverwaltung anlässlich des Verkaufs des Grundstücks durch die Stadt Orléans an Sempel im Jahr 1987 erstellt worden war. Auch die französischen Behörden nahmen im Schreiben vom 21. Februar 2000 auf diese Bewertung Bezug (siehe oben, Randnr. 13). Die Verwaltung soll 1993, als Scott einer Steuerprüfung unterzogen wurde, diese Bewertung zugrunde gelegt haben. Wie die Kommission ausgeführt hat (siehe oben, Randnr. 82), ist es zwar nicht selbstverständlich, dass der im Rahmen einer Steuerprüfung festgesetzte Wert den Marktwert eines Grundstücks belegt. Auf den ersten Blick handelt es sich jedoch um eine seinerzeit von einer unabhängigen Stelle durchgeführte Bewertung des nicht erschlossenen Grundstücks, die die Kommission zumindest in ihre Erwägungen hätte einbeziehen müssen. Die angefochtene Entscheidung nimmt aber keinerlei Bezug auf die Zahl von 5,5 FRF/m².
126 In demselben Schreiben hat sich Scott auch auf ein Gutachten des Sachverständigenbüros Galtier berufen, in dem 1996 – zu einer Zeit, als die Kommission die Prüfung der Scott angeblich gewährten Beihilfen noch nicht eröffnet hatte – der Preis des streitigen Grundstücks, das Scott von Sempel 1987 für 31 Mio. FRF gekauft hatte, auf 40,6 Mio. FRF veranschlagt worden sein soll. Wie dargelegt, setzte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung den Wert dieses Grundstücks im erschlossenen Zustand mit 70,588 Mio. FRF an (siehe oben, Randnr. 20). Scott hat in ihrem Schreiben vom 24. Dezember 1999 angeboten, der Kommission eine Kopie des Galtier-Berichts zuzuleiten.
127 Außerdem hat Scott auf eine Bewertung des Steuerprüfers von Scott und KC Bezug genommen, der vom Tribunal de commerce de Nanterre bestellt worden war und dessen Aufgabe es nach den gesetzlichen Vorschriften war, allein den an P & G verkauften Vermögenswerten einen Verkehrswert beizumessen (siehe oben, Randnr. 14). Der Steuerprüfer soll den fraglichen Vermögenswerten einen noch geringeren Wert als das Büro Galtier beigemessen haben. Scott fügte ihrem Schreiben vom 24. Dezember 1999 zwei Schaubilder bei, in denen die Bewertungen mehrerer der fraglichen Vermögenswerte zusammengefasst sind.
128 Hinzuzufügen ist, dass sich die französischen Behörden im Schreiben vom 21. Februar 2000 ebenfalls auf diese Bewertungen berufen haben und dieselben Schaubilder beigefügt haben wie Scott ihrem Schreiben vom 24. Dezember 1999. Die Kommission hat die französischen Behörden aber weder um Übermittlung der genannten Bewertungen ersucht, noch hat sie sie zu den Umständen befragt, unter denen diese zustande gekommen waren.
129 Die Kommission gibt mehrere Gründe an, aus denen sie diese Bewertungen im vorliegenden Fall nicht für erheblich hielt.
130 In ihren Schriftsätzen und ihrer Antwort auf die vom Gericht gestellten Fragen macht sie geltend, dass Scott mit der vorliegenden Klage keine Argumente hinsichtlich des Fehlens der fraglichen Berichte vorgetragen habe und dass das Gericht die angefochtene Entscheidung folglich nicht aus diesem Grund für nichtig erklären könne. Zugleich trägt sie vor, die Klägerin habe sich erst in ihrer Erwiderung auf die Bewertung der französischen Finanzverwaltung berufen; ihr Vorbringen dazu sei damit unzulässig (siehe oben, Randnr. 81).
131 Scott hat aber einen Fehler bei der Beurteilung des Werts des streitigen Grundstücks durch die Kommission geltend gemacht und die mangelnde Aufmerksamkeit der Kommission bei der Prüfung des Falles gerügt (siehe oben, Randnrn. 64 bis 71). Da die Bestimmung des Werts des streitigen Grundstücks durch die Kommission in Frage gestellt wird, obliegt es dem Gericht, diese Frage in vollem Umfang nachzuprüfen (siehe oben, Randnr. 91). Außerdem war die Klägerin berechtigt, dazu in ihrer Erwiderung genauere Angaben zu machen, einschließlich der Berufung auf die Bewertung des nicht erschlossenen Grundstücks durch die französische Finanzverwaltung.
132 Die Kommission ist der Ansicht, dass das Bestehen dieser Bewertungen im Verfahren zu spät geltend gemacht worden sei. Sie habe nicht einmal die notwendigen Beweisunterlagen erhalten. Dem ist nicht zu folgen. Da die Kommission der französischen Delegation gestattet hatte, nach der Zusammenkunft am 7. Dezember 1999 eine Stellungnahme abzugeben, war sie verpflichtet, diese Stellungnahme umfassend zu prüfen. Entsprechend ihrer Verpflichtung zur sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung eines Vorgangs im Rahmen von Art. 88 EG hätte die Kommission die fraglichen Auskünfte prüfen und die von Scott angebotene Vorlage dieser Bewertungen verlangen müssen.
133 Die Kommission macht geltend, die fraglichen Bewertungen seien nicht sachdienlich gewesen. Zum einen sei die Erschließung auf Scott „zugeschnitten“ gewesen, und die Bewertungen bildeten keine verlässliche Grundlage für die Berechnung des Werts der Scott gewährten Beihilfe. Zum anderen seien die Bewertungen mehrere Jahre nach dem streitigen Verkauf durchgeführt worden und hätten demzufolge keinen verlässlichen Hinweis auf den Wert des streitigen Grundstücks bieten können.
134 Obwohl die fraglichen Bewertungen nicht zum Zeitpunkt des streitigen Verkaufs durchgeführt worden sind, könnten sie insofern nützlich sein, als sie die einzigen offenbar unabhängigen Bewertungen darstellen, die auf die Festsetzung des Verkehrswerts des streitigen Grundstücks unter Anwendung allgemein anerkannter Bewertungsmethoden abzielen. Die Kommission bestreitet nicht, dass diese Bewertungen von unabhängigen Sachverständigen durchgeführt worden sind, und stellt die vom Büro Galtier und dem Steuerprüfer angewandten Methoden nicht in Frage. Unter diesen Umständen hätte die Kommission zumindest den Inhalt der genannten Bewertungen prüfen müssen, um deren Beweiswert zu ermitteln.
135 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfungsphase nach Art. 88 Abs. 2 EG es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten eines Falles zu verschaffen (vgl. Urteil Sytraval, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). Demzufolge ist die Kommission verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen, um vor Erlass ihrer Entscheidung umfassend über alle Gesichtspunkte des Falles unterrichtet zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 20. März 1984, Deutschland/Kommission, 84/82, Slg. 1984, 1451, Randnr. 13, und Urteil Sytraval, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 39). Im vorliegenden Fall hat die Kommission es unterlassen, Stellungnahmen zu prüfen, die für die Bestimmung des Werts des streitigen Grundstücks beweiserheblich sein konnten.
136 Außerdem ist die Tatsache, dass die anderen Bewertungen des streitigen Grundstücks der Kommission vor Erlass der angefochtenen Entscheidung zur Kenntnis gelangt sind, weder ein Beleg dafür, dass der von Scott gezahlte Preis von 31 Mio. FRF den Marktwert darstellte, noch dafür, dass die Bewertung der Kommission falsch war. Diese anderen Bewertungen sind insoweit entscheidungserheblich, als die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung von einer Reihe von Bewertungen des Grundstücks Kenntnis hatte, die der von ihr vorgenommenen Bewertung widersprachen. Da die Kommission nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um die Ungewissheit bezüglich dieser Bewertung zu beseitigen, ist das Gericht der Auffassung, dass sie ihre Untersuchung nach Art. 88 Abs. 2 EG nicht in Einklang mit ihrer Verpflichtung zu sorgfältiger und unvoreingenommener Prüfung durchgeführt hat.
137 Abgesehen davon, dass die Kommission die Vorlage der betreffenden Bewertungen hätte verlangen müssen, hätte sie zur Erlangung der im vorliegenden Fall notwendigen Informationen andere Mittel einsetzen können. So kann die Kommission externe Sachverständige hinzuziehen, ohne allerdings dazu verpflichtet zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 27. Februar 1997, FFSA u. a./Kommission, T‑106/95, Slg. 1997, II‑229, Randnr. 102, und vom 25. Juni 1998, British Airways u. a. und British Midland Airways/Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, Slg. 1998, II‑2405, Randnr. 72). Folglich hätte die Kommission ein Gutachten über den Wert der Grundstücke an dem betreffenden Ort im August 1987 in Auftrag geben können. Ein solches Gutachten hätte im vorliegenden Fall besonders nützlich sein können im Hinblick auf die Ungewissheit, mit der eine ihrem Wesen nach retrospektive Bestimmung des Marktpreises von Grundstücken durch die Kommission behaftet sein kann (siehe oben, Randnr. 93).
138 Obwohl eine Bewertung durch einen Sachverständigen zwangsläufig mehr als zehn Jahre nach dem streitigen Verkauf durchgeführt worden wäre, hätte ein örtlicher Immobilienexperte, der den Markt im Jahr 1987 und insbesondere Verkäufe entsprechender Grundstücke zu normalen Marktbedingungen kannte, die Kommission über die Existenz einer Übereinstimmung zwischen diesen Anhaltspunkten und dem von der Kommission geschätzten Wert unterrichten können.
139 Ferner haben Scott und die Französische Republik in ihren Schreiben vom 24. Dezember 1999 und vom 21. Februar 2000 die Kommission darüber informiert, dass das streitige Grundstück von Scott/KC an P & G 1998 für 27,6 Mio. FRF (4,2 Mio. Euro) verkauft worden sei, um ihren Standpunkt zu untermauern, dass der Wert des streitigen Grundstücks im Jahr 1987 bei 31 Mio. FRF gelegen habe. Die Kommission bestreitet nicht, dass der Verkauf an P & G zu normalen Marktbedingungen stattfand. Ein solcher Verkauf – einige Jahre nach dem streitigen Verkauf – hätte einen Hinweis auf den Wert des streitigen Grundstücks liefern können.
140 Die Kommission hat es aber nicht einmal für notwendig erachtet, die Richtigkeit dieser Zahl zu prüfen (Randnr. 163 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hat erklärt, dass KC angesichts der mit der Nutzung des Grundstücks verbundenen Verluste und ihrer Entscheidung, die Fabrik im Januar 1998 zu schließen, bereit gewesen sei, einen niedrigeren Verkaufspreis zu akzeptieren. Insbesondere habe KC schon in das fragliche Grundstück investiert, so dass diese Kosten als Verlust zu betrachten gewesen seien. KC habe sich 1998 also in einer ganz anderen Situation als die Gebietskörperschaften im Jahr 1987 befunden, die bereits gewusst hätten, dass ihre Investitionen einen Verlust von etwa 60 Mio. FRF (9,2 Mio. Euro) bringen würden; die Preise seien deshalb nicht vergleichbar (Randnrn. 164 bis 166 der angefochtenen Entscheidung).
141 Es ist daran zu erinnern, dass der Wert des streitigen Grundstücks nach Ansicht der Kommission im Jahr 1987 bei 70,588 Mio. FRF lag. Selbst wenn man unterstellt, dass KC bereit gewesen wäre, einen geringen Preis für dieses Grundstück zu akzeptieren, ist hervorzuheben, dass KC das Grundstück nach der Analyse der Kommission mit einem Verlust von 42,9 Mio. FRF verkauft hat, d. h. einem Verlust, der 60 % des Werts des streitigen Grundstücks ausmacht. Unter diesen Umständen hätte die Kommission den Verkaufspreis von 1998 in Höhe von 27,6 Mio. FRF, der dem von Scott angegebenen Wert des streitigen Grundstücks jedenfalls relativ nahekommt, sorgfältiger prüfen müssen. Dadurch, dass KC für den Verkauf des streitigen Grundstücks im Jahr 1998 trotz des allgemeinen Anstiegs der Immobilienpreise weniger erhalten hat, als Scott 1987 bezahlt hatte, erscheint der von Scott 1987 bezahlte Preis nämlich als Marktpreis glaubhafter.
142 Daraus folgt, dass die Kommission Informationen außer Acht gelassen hat, die für die Bestimmung des Marktwerts des streitigen Grundstücks im August 1987 hätten nützlich sein können.
– Zur Anordnung der Auskunftserteilung
143 Die Kommission trägt vor, selbst wenn der Wert, den sie dem aus dem Vorzugspreis für das streitige Grundstück folgenden Vorteil zugemessen habe, ungenau sei, sei sie berechtigt, ja sogar verpflichtet gewesen, diesen Wert zugrunde zu legen, weil die französischen Behörden nicht kooperiert und keine genauen Informationen geliefert hätten. Unter diesen Umständen ist die Kommission der Ansicht, dass sie zum Erlass der Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen berechtigt gewesen sei (Randnrn. 97 bis 99 der angefochtenen Entscheidung).
144 Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, darf die Kommission eine Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen erlassen, wenn sie sich einem Mitgliedstaat gegenübersieht, der seiner Mitwirkungspflicht nicht genügt und ihr die Informationen, die sie von ihm verlangt hat, um die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen, nicht vorlegt (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, C‑301/87, Slg. 1990, I‑307, im Folgenden: Urteil Boussac, Randnr. 22, und Urteil Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission, oben in Randnr. 75 angeführt, Randnr. 26). Bevor die Kommission eine solche Entscheidung trifft, muss sie jedoch bestimmte Verfahrenserfordernisse beachten. Insbesondere muss sie dem Mitgliedstaat aufgeben, ihr innerhalb einer bestimmten Frist alle Unterlagen, Informationen und Daten vorzulegen, die notwendig sind, um eine den Anforderungen des Art. 88 EG entsprechende Entscheidung zu treffen. Nur wenn der Mitgliedstaat trotz der Anordnung der Kommission die verlangten Auskünfte nicht erteilt, ist die Kommission befugt, das Verfahren abzuschließen und die Entscheidung, mit der die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird, auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen zu erlassen (Urteil Boussac, Randnrn. 19 und 22). Diese Erfordernisse sind in die Art. 5 Abs. 2, 10 Abs. 3 und 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 übernommen worden. Insbesondere folgt aus Art. 10 Abs. 3 dieser Verordnung, dass die Entscheidung, mit der die Anordnung zur Auskunftserteilung an den betreffenden Mitgliedstaat ergeht, „die angeforderten Auskünfte“ bezeichnen muss.
145 Insoweit ist ferner daran zu erinnern, dass nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 „[d]ie Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens … eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt [enthält]“. Durch diese Entscheidung und ihre Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union werden die Mitgliedstaaten und die übrigen Beteiligten über die Tatsachen unterrichtet, auf welche die Kommission ihre Entscheidung zu stützen beabsichtigt. Halten die Beteiligten bestimmte Tatsachen in der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens für ungenau oder unzutreffend, müssen sie dies daher der Kommission im Verwaltungsverfahren mitteilen, da sie die betreffenden Tatsachen andernfalls nicht mehr im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens angreifen können (vgl. in diesem Sinne bezüglich des Mitgliedstaats Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, C‑278/92 bis C‑280/92, Slg. 1994, I‑4103, Randnr. 31).
146 Nach den oben in den Randnrn. 144 und 145 dargestellten, sich aus der Rechtsprechung und der Verordnung ergebenden Grundsätzen darf sich die Kommission jedoch, wenn die betreffenden Beteiligten keine gegenteiligen Informationen vorlegen, auf die – auch unzutreffenden – Tatsachen stützen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der abschließenden Entscheidung vorliegen, sofern die fraglichen Tatsachen Gegenstand einer an den Mitgliedstaat gerichteten Anordnung der Kommission waren, ihr die erforderlichen Informationen vorzulegen. Gibt die Kommission dem Mitgliedstaat dagegen nicht auf, ihr Informationen zu den Tatsachen, die sie zu berücksichtigen beabsichtigt, zu übermitteln, kann sie anschließend etwaige fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen nicht damit rechtfertigen, dass sie befugt gewesen sei, bei Erlass der das förmliche Prüfverfahren abschließenden Entscheidung nur jene Informationen zu berücksichtigen, die ihr zu diesem Zeitpunkt vorlagen (Urteil des Gerichts vom 19. Oktober 2005, Freistaat Thüringen/Kommission, T‑318/00, Slg. 2005, II‑4179, Randnr. 88).
147 Folglich kann das Gericht, wenn die Kommission eine Entscheidung hinsichtlich bestimmter Tatsachen auf die verfügbaren Informationen stützt, ohne dabei die von der Rechtsprechung aufgestellten und in die Verordnung Nr. 659/1999 übernommenen Verfahrenserfordernisse zu beachten, die Frage prüfen, ob die Berücksichtigung dieser Tatsachen geeignet war, zu einem Beurteilungsfehler zu führen, der die angefochtene Entscheidung rechtswidrig macht (Urteil Freistaat Thüringen/Kommission, oben in Randnr. 146 angeführt, Randnr. 89).
148 Voraussetzung für die Berechtigung der Kommission, ihre Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu treffen, ist außerdem, dass die ihr vorliegenden Informationen verlässlich sind.
149 Aus der fehlenden Zusammenarbeit eines Mitgliedstaats folgt nämlich nicht, dass das Verhalten der Kommission jeglicher Kontrolle durch den Gemeinschaftsrichter entzogen wäre. Die Kommission muss alle ihre Befugnisse einsetzen, um im Rahmen des Möglichen die fraglichen Informationen zu erlangen, und mit Sorgfalt vorgehen. Im Hinblick darauf, dass eine Rückforderungsanordnung wie die vorliegende Auswirkungen auf Dritte hat, muss die Kommission alle ihr eingeräumten Befugnisse nutzen, um zu vermeiden, dass sich die fehlende Zusammenarbeit des fraglichen Mitgliedstaats in negativer und nicht gerechtfertigter Weise auf solche Dritte auswirkt (siehe oben, Randnr. 59).
150 Im vorliegenden Fall war die Kommission nicht berechtigt, eine Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Auskünfte im Sinne der Rechtsprechung und gemäß Art. 13 der Verordnung Nr. 659/1999 zu erlassen, weil die Beteiligten ihr widersprüchliche Informationen übermittelt hatten, deren Berücksichtigung sie abgelehnt hat (siehe oben, Randnrn. 125 bis 128).
151 Außerdem ist festzustellen, dass die Kommission von ihrer Anordnungsbefugnis zur Erlangung bestimmter entscheidungserheblicher Informationen hinsichtlich des Werts der Beihilfe im vorliegenden Fall keinen Gerauch gemacht hat. Insbesondere sind die französischen Behörden nie durch eine Anordnung zur Auskunftserteilung gemäß Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 aufgefordert worden, genaue Informationen über den Erwerb des nicht erschlossenen Grundstücks durch die Stadt Orléans zu liefern (siehe oben, Randnrn. 114 bis 119).
152 Mit Schreiben vom 2. Mai 1999 hat die Kommission von den französischen Behörden konkret verlangt, „die unterschiedlichen Verträge der zurückliegenden Verkäufe (einschließlich insbesondere der Kaufpreise) zwischen der Stadt Orléans und den sechs Unternehmen, die Grundstücke auf den verbliebenen 20 ha gekauft haben [Scott hat nur 48 der 68 ha gekauft]“, vorzulegen. In Art. 1 Buchst. d ihrer Anordnung zur Auskunftserteilung vom 8. Juli 1999 hat die Kommission die gleiche Formulierung verwendet. Dagegen hat die Kommission von den französischen Behörden zu keinem Zeitpunkt die Vorlage der Kaufverträge über den Erwerb des nicht erschlossenen Grundstücks durch die Stadt Orléans oder genaue Angaben darüber verlangt, welcher Teil der 68 ha an Scott übertragen worden war. Außerdem hat die Kommission keine genauen Angaben zum Kaufpreis der 1975, 1984 und 1987 gekauften drei Parzellen mit einer Gesamtfläche von 68 ha – einer nach der Klagebeantwortung der Kommission selbst „wesentlichen Information“ – verlangt.
153 Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung nämlich mehrmals erklärt, dass der Kaufpreis des dritten Abschnitts im Jahr 1987 – zur gleichen Zeit wie der streitige Verkauf – einen sehr nützlichen Hinweis auf den Wert des Grundstücks hätte liefern können, und dabei hervorgehoben, dass die Französische Republik und die Klägerin dafür verantwortlich seien, dass die Kommission insoweit nicht über mehr Informationen verfügt habe (siehe oben, Randnrn. 78 und 83). Die Kommission hätte jedoch von der Französischen Republik genaue Informationen darüber verlangen können und war nicht berechtigt, sich auf die Kosten des nicht erschlossenen Grundstücks zu stützen, ohne den Mitgliedstaat zuvor aufgefordert zu haben, diese Informationen zu liefern.
154 Die Kommission hat die Französische Republik aufgefordert, alle „sachdienlichen Unterlagen, Informationen und Daten vorzulegen, die [sie] in die Lage versetzen, … die Vereinbarkeit der dem Unternehmen Scott bewilligten Maßnahmen mit Art. 87 [EG] zu prüfen“. Eine so allgemein formulierte Aufforderung ist jedoch nicht hinreichend bestimmt im Sinne von Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999.
155 Daraus folgt, dass die Kommission nicht berechtigt war, eine Entscheidung gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu erlassen.
– Ergebnis
156 Schließlich ist allgemein hervorzuheben, dass die Kommission beim Abschluss des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG wusste oder hätte wissen müssen, dass unterschiedliche Angaben zum Marktwert des streitigen Grundstücks vorlagen. Hinsichtlich des nicht erschlossenen Grundstücks war sie von den französischen Behörden über einen Durchschnittskaufpreis von 15 FRF/m² informiert worden. Sie hat die Ansicht vertreten, dass ihre auf der Grundlage des Beratungsprotokolls des Stadtrats von Orléans vorgenommene fehlerhafte Berechnung eines Kaufpreises von 16 FRF/m² durch diesen Betrag bestätigt werde (siehe oben, Randnr. 112). Auf der Grundlage dieses Protokolls hätte sie einen Wert von 23 FRF/m² errechnen müssen (siehe oben, Randnrn. 110 bis 112). Die Kommission war auch über eine von der französischen Finanzverwaltung erstellte Bewertung des nicht erschlossenen Grundstücks von 5,5 FRF/m2 unterrichtet (siehe oben, Randnr. 125). Ergänzend ist hervorzuheben, dass die Kommission das Gericht im Rahmen der vorliegenden Klage ersucht, zu berücksichtigen, dass sich aus dem ursprünglichen Angebot der Stadt Orléans an die Klägerin ein Wert des nicht erschlossenen Grundstücks von 40 FRF/m² ergebe (siehe oben, Randnr. 79).
157 Was das erschlossene Grundstück anbelangt, so steht fest, dass Sempel es an Scott zum Preis von 31 Mio. FRF verkauft hat. Das Büro Galtier soll den Wert des streitigen Grundstücks im Jahr 1996 mit 40,6 Mio. FRF veranschlagt und der Steuerprüfer ihm einen noch geringeren Wert beigemessen haben (siehe oben, Randnrn. 126 und 127). Dann soll das Grundstück 1998 von KC für 27,6 Mio. FRF an P & G verkauft worden sein (siehe oben, Randnr. 139). Wie oben dargelegt, hat die Kommission diese Bewertungen jedoch nicht geprüft und sich lediglich auf die Kosten für den Mitgliedstaat gestützt, als sie den Wert des streitigen Grundstücks in der angefochtenen Entscheidung mit 70,588 Mio. FRF ansetzte.
158 Unter diesen Umständen ist das Gericht der Auffassung, dass hinsichtlich des Werts des streitigen Grundstücks eine erhebliche Ungewissheit bestand und dass die Kommission das Prüfverfahren gemäß Art. 88 Abs. 2 EG nicht sorgfältig geführt und insbesondere den Wert des streitigen Grundstücks nicht gründlich genug geprüft hat. Zudem ist angesichts des Zeitraums, der zwischen dem streitigen Verkauf und der angefochtenen Entscheidung, genauer gesagt, der Auferlegung von Zinsen auf den Rückforderungsbetrag, verstrichen ist, festzustellen, dass die Fehler der Kommission für den Beihilfeempfänger von erheblicher Bedeutung sind.
159 Folglich ist dem vierten Klagegrund zu folgen und Art. 2 der angefochtenen Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als er die in Form des Vorzugspreises für das streitige Grundstück gewährte Beihilfe betrifft. Eine Prüfung der übrigen von der Klägerin erhobenen Klagegründe und Argumente, zu denen die Zulässigkeit des Vorbringens zur Anwendung eines Zinseszinssatzes für die Berechnung des aktualisierten Werts der Beihilfe gehört (siehe oben, Randnr. 31), erübrigt sich damit.
Kosten
160 Im oben in Randnr. 28 angeführten Urteil vom 10. April 2003, Scott/Kommission, hat das Gericht die Entscheidung über die Kosten vorbehalten.
161 Im oben in Randnr. 30 angeführten Urteil vom 6. Oktober 2005, Scott/Kommission, hat der Gerichtshof entschieden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverfahren zu tragen hat.
162 Das Gericht hat daher im vorliegenden Urteil über sämtliche Kosten im Zusammenhang mit den Verfahren vor dem Gericht zu entscheiden.
163 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Beklagte mit ihren Anträgen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Klägerin neben ihren eigenen Kosten auch die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
164 Die Französische Republik trägt gemäß Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Art. 2 der Entscheidung 2002/14/EG der Kommission vom 12. Juli 2000 betreffend die von Frankreich zugunsten von Scott Paper SA/Kimberly-Clark gewährte staatliche Beihilfe wird insoweit für nichtig erklärt, als er die Beihilfe in Form des Vorzugspreises für ein Grundstück im Sinne von Art. 1 der Entscheidung betrifft.
2. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die der Klägerin im Zusammenhang mit den Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten.
3. Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit den Verfahren vor dem Gericht.
Cooke |
García-Valdecasas |
Labucka |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. März 2007.
Der Kanzler |
Der Präsident |
E. Coulon |
J. D. Cooke |
* Verfahrenssprache: Englisch.