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Document 61998CC0293
Opinion of Mr Advocate General La Pergola delivered on 9 September 1999. # Entidad de Gestión de Derechos de los Productores Audiovisuales (Egeda) v Hostelería Asturiana SA (Hoasa). # Reference for a preliminary ruling: Juzgado de Primera Instancia e Instrucción de Oviedo - Spain. # Copyright - Satellite broadcasting and cable retransmission. # Case C-293/98.
Schlussanträge des Generalanwalts La Pergola vom 9. September 1999.
Entidad de Gestión de Derechos de los Productores Audiovisuales (Egeda) gegen Hostelería Asturiana SA (Hoasa).
Ersuchen um Vorabentscheidung: Juzgado de Primera Instancia e Instrucción de Oviedo - Spanien.
Urheberrechte - Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung.
Rechtssache C-293/98.
Schlussanträge des Generalanwalts La Pergola vom 9. September 1999.
Entidad de Gestión de Derechos de los Productores Audiovisuales (Egeda) gegen Hostelería Asturiana SA (Hoasa).
Ersuchen um Vorabentscheidung: Juzgado de Primera Instancia e Instrucción de Oviedo - Spanien.
Urheberrechte - Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung.
Rechtssache C-293/98.
Sammlung der Rechtsprechung 2000 I-00629
ECLI identifier: ECLI:EU:C:1999:403
Schlussanträge des Generalanwalts La Pergola vom 9/09/1999. - Entidad de Gestión de Derechos de los Productores Audiovisuales (Egeda) gegen Hostelería Asturiana SA (Hoasa). - Ersuchen um Vorabentscheidung: Juzgado de Primera Instancia e Instrucción de Oviedo - Spanien. - Urheberrechte - Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung. - Rechtssache C-293/98.
Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-00629
I - Tatsächlicher und rechtlicher Rahmen des Ausgangsverfahrens und Inhalt der Vorlagefrage
1 Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Hostelería Asturiana SA (im folgenden: Beklagte), ist Eigentümerin des Hotels de la Reconquista, in dem sie ein System installieren ließ, das sie für den Empfang von drahtlos oder über Satellit gesendeten Fernsehprogrammen und deren interne Verbreitung an die Hotelgäste nutzt. Das Signal der empfangenen Programme wird verstärkt und durch Koaxialkabel zu den Fernsehapparaten in den Hotelzimmern geleitet. Der internen Verbreitung der über Satellit empfangenen Programme geht jedoch eine Änderung der Signalfrequenzen voraus (Wechsel von sehr hohen zu niedrigeren Frequenzen), um die Abstimmung der entsprechenden Kanäle der den Hotelgästen zur Verfügung stehenden Fernsehgeräte zu ermöglichen. Die Klägerin des vorliegenden Verfahrens, die Entidad de Gestión de Derechos de los Productores Audiovisuales (im folgenden: Klägerin), ist eine Einrichtung, die die Interessen und Rechte der Hersteller audiovisueller Werke und Aufzeichnungen verwertet, vertritt und schützt. Da sie der Auffassung ist, daß durch die Verbreitung der audiovisuellen Aufzeichnungen und anderen Werke, die in den den Hotelgästen angebotenen Fernsehprogrammen enthalten sind, gegen die kodifizierte Fassung des Gesetzes über geistiges Eigentum (im folgenden: kodifizierte Fassung)(1) verstoßen werde, hat sie beim Juzgado de Primera Instancia e Instrucción n. 5 Oviedo beantragt, a) anzuordnen, daß die Beklagte die Erbringung dieser Dienstleistung unverzüglich einstellt und ohne ausdrückliche Erlaubnis der Klägerin nicht wieder aufnimmt, b) die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin gemäß deren allgemeinen Tarifen nach Maßgabe der Zahl der Appartements, die während der (im Vorlagebeschluß nicht angegebenen) Zeit, in der die streitige Handlung begangen wurde, von Hotelgästen belegt waren, Schadensersatz zu leisten.
2 Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Entscheidung des Ausgangsverfahrens hänge im wesentlichen davon ab, ob der Empfang von Fernsehsignalen und ihre anschließende Verbreitung über Kabel in die Zimmer eines Hotels, wie es das der Beklagten sei, eine öffentliche Wiedergabe von Werken darstelle, die durch Rechte am geistigen Eigentum geschützt sei. Das Recht, ein Werk öffentlich wiederzugeben ("comunicación pública"), gehört zu den Verwertungsrechten, die allein beim Urheber des Werkes liegen (vgl. Artikel 17 der kodifizierten Fassung). Nach Artikel 20 Absatz 1 der kodifizierten Fassung ist unter öffentlicher Wiedergabe jede Handlung zu verstehen, durch die ein Werk einer Mehrzahl von Personen zugänglich gemacht wird, ohne daß zuvor Exemplare an die einzelnen Personen verteilt wurden; die Wiedergabe hat allerdings privaten Charakter, wenn sie in einem rein häuslichen Bereich stattfindet, der nicht in ein Verbreitungsnetz einbezogen oder daran angeschlossen ist. Nach Artikel 122, der sich in Titel III von Buch II (betreffend andere Rechte am geistigen Eigentum als das Urheberrecht) der kodifizierten Fassung befindet, liegt das Recht, die öffentliche Wiedergabe audiovisueller Aufzeichnungen zu erlauben, bei deren Hersteller. Außerdem müssen Personen, die audiovisuelle Aufzeichnungen zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 Buchstaben f und g (siehe unten) verwenden, den Herstellern dieser Aufzeichnungen sowie den ausübenden Künstlern eine angemessene einmalige Vergütung zahlen. Der Vergütungsanspruch wird von den Einrichtungen zur Verwertung der Rechte am geistigen Eigentum wahrgenommen (Artikel 122 Absatz 3 der kodifizierten Fassung).
Nach Artikel 20 Absatz 2 Buchstaben f und g der kodifizierten Fassung versteht man unter einer öffentlichen Wiedergabe insbesondere a) die Weiterverbreitung des durch Rundfunk gesendeten Werkes durch eines der in den Buchstaben a bis e genannten Mittel(2) durch ein anderes Unternehmen als das ursprüngliche Sendeunternehmen (Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe f) und b) die Ausstrahlung oder Übertragung des durch Rundfunk gesendeten Werkes an einem der Öffentlichkeit zugänglichen Ort durch geeignete Mittel (Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe g). Was die Entscheidung im Ausgangsverfahren angeht, so ist unter den Mitteln zur Weiterverbreitung, auf die Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe f der kodifizierten Fassung Bezug nimmt, die Kabelübertragung zu nennen (Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe e; siehe oben, Fußnote 2).
3 Nach dem Vorlagebeschluß hat der spanische Gesetzgeber in die kodifizierte Fassung wortgenau(3) die Definitionen für "öffentliche Wiedergabe über Satellit" und "Kabelweiterverbreitung" des Artikels 1 Absätze 2 Buchstabe a und 3 der Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung(4) (im folgenden: Richtlinie) übernommen. Artikel 1 der Richtlinie lautet in dem für die vorliegenden Schlußanträge relevanten Teil:
"...
(2) a) Für die Zwecke dieser Richtlinie bedeutet $öffentliche Wiedergabe über Satellit` die Handlung, mit der unter der Kontrolle des Sendeunternehmens und auf dessen Verantwortung die programmtragenden Signale, die für den öffentlichen Empfang bestimmt sind, in eine ununterbrochene Kommunikationskette, die zum Satelliten und zurück zur Erde führt, eingegeben werden.
...
(3) Für die Zwecke dieser Richtlinie bedeutet $Kabelweiterverbreitung` die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weiterverbreitung einer drahtlosen oder drahtgebundenen, erdgebundenen oder durch Satellit übermittelten Erstsendung von Fernseh- oder Hörfunkprogrammen, die zum öffentlichen Empfang bestimmt sind, aus einem anderen Mitgliedstaat durch Kabel- oder Mikrowellensysteme" (Hervorhebung von mir).
4 Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts müßte daher die Beklagte, wenn ihre Dienstleistung für ihre Gäste als Weiterverbreitung durch Rundfunk gesendeter Werke zu qualifizieren sein sollte, als Verwenderin audiovisueller Aufzeichnungen für Handlungen einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Artikels 20 Absatz 2 Buchstaben f und g der kodifizierten Fassung der Klägerin, die im Namen und für Rechnung der betreffenden Hersteller und ausübenden Künstler handelt, eine angemessene einmalige Vergütung zahlen. Am 1. Juni 1998 hat das nationale Gericht daher dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Artikel 1 Absätze 2 Buchstabe a und 3 der Richtlinie 93/83/EWG dahin gehend auszulegen, daß es sich um eine "öffentliche Wiedergabe" oder einen "öffentlichen Empfang" handelt, wenn ein Hotel über Satellit oder über erdgebundene Systeme Fernsehsignale empfängt und diese über Kabel in die Hotelzimmer verbreitet?(5)
5 Zur Ergänzung dieser Darstellung des rechtlichen Rahmens des Ausgangsverfahrens sei darauf hingewiesen, daß das Königreich Spanien nach Artikel 5 des Protokolls Nr. 28 über geistiges Eigentum des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum(6) (im folgenden: Protokoll Nr. 28) ebenso wie die anderen Mitgliedstaaten verpflichtet war, vor dem 1. Januar 1995 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Fassung der Revision von Paris vom 24. Juli 1971, geändert am 28. September 1979; im folgenden: Übereinkunft) beizutreten und bis zum 1. Januar 1994 die materiellen Bestimmungen der Übereinkunft in sein innerstaatliches Recht zu übernehmen(7).
6 Artikel 11bis Absatz 1 der Übereinkunft, der u. a. die ffentliche Wiedergabe eines durch Rundfunk gesendeten Werkes mit Draht (System der Kabelübertragung) oder ohne Draht oder durch Lautsprecher oder irgendeine ähnliche Vorrichtung betrifft, lautet wie folgt: "Die Urheber von Werken der Literatur und Kunst genießen das ausschließliche Recht, zu erlauben: ... 2. jede öffentliche Wiedergabe des durch Rundfunk gesendeten Werkes mit oder ohne Draht, wenn diese Wiedergabe von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen vorgenommen wird, 3. die öffentliche Wiedergabe des durch Rundfunk gesendeten Werkes durch Lautsprecher oder irgendeine andere ähnliche Vorrichtung zur Übertragung von Zeichen, Tönen oder Bildern."
7 Ebenso wie die übrigen materiellen Bestimmungen der Übereinkunft (mit Ausnahme von Artikel 6bis, der das immaterielle Recht des Urhebers betrifft) ist Artikel 11bis Bestandteil des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums(8) (im folgenden: TRIPS) im Anhang 1 C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (im folgenden: WTO-Übereinkommen), das im Namen der Gemeinschaft in den in ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen durch den Beschluß 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 genehmigt wurde(9). Das TRIPS bezweckt hauptsächlich, den Schutz des geistigen Eigentums weltweit zu verstärken und zu harmonisieren. Zu diesem Zweck verweist es zum einen auf Übereinkommen, die international bereits weitgehend akzeptiert sind(10); zum anderen enthält es materielle Sonderbestimmungen für bestimmte Bereiche des geistigen Eigentums, in denen die Teilnehmerländer ein unmittelbares Bedürfnis nach stärkerem Schutz festgestellt haben. Gemäß Artikel 9 des TRIPS in Abschnitt 1 ("Urheberrecht und verwandte Schutzrechte") von Teil II ("Normen betreffend die Verfügbarkeit, den Umfang und die Ausübung von Rechten des geistigen Eigentums") dieses Übereinkommens, der die Mitglieder der WTO verpflichtet, einen Mindestschutz vorzusehen, "[befolgen d]ie Mitglieder ... die Artikel 1 bis 21 der Berner Übereinkunft (1971) und den Anhang dazu".
II - Vorbringen der Parteien und Erklärungen, die die beteiligten Regierungen und die Kommission beim Gerichtshof eingereicht haben
8 Die Klägerin macht in ihren beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen geltend, daß die Vorlagefrage unzulässig sei. Insbesondere gehe es hier nicht um eine grenzüberschreitende Satellitenübertragung oder eine Kabelweiterverbreitung von Programmen aus anderen Mitgliedstaaten. Die Situation der betroffenen Personen weise daher keinen Anknüpfungspunkt zu den Vorschriften des Gemeinschaftsrechts auf und könne mit diesem nicht in Verbindung gebracht werden(11). Außerdem falle die Streitsache jedenfalls nicht in den sachlichen Geltungsbereich der Richtlinie, so daß das Ausgangsverfahren allein auf der Grundlage der nationalen Rechtsvorschriften entschieden werden müsse. Hilfsweise schlägt die Klägerin dem Gerichtshof vor, festzustellen, daß eine Tätigkeit wie die streitige eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Richtlinie ist.
9 Auch die deutsche Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die französische Regierung machen geltend, daß die Frage des vorlegenden Gerichts nach den einschlägigen Vorschriften des anwendbaren nationalen Rechts zu beantworten sei(12), da weder die im Vorlagebeschluß genannten Vorschriften noch sonstige Bestimmungen der Richtlinie (oder anderer Richtlinien über geistiges Eigentum) es dem Gerichtshof erlaubten, dem vorlegenden Gericht die erbetenen Auslegungshinweise zu geben.
10 Die Beklagte gelangt zu dem Ergebnis, daß die Dienstleistung, die sie den Hotelgästen erbringt, unter keine der beiden in der Vorlagefrage zitierten Definitionen falle. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern die durch die Richtlinie für öffentliche Wiedergaben ber Satellit geschaffene Regelung auf eine völlig andere Tätigkeit, wie den bloßen Empfang und die interne Verbreitung von Signalen, die von Dritten gesendet würden, anwendbar sei. Die Übertragung würde nämlich vom Zeitpunkt des Empfangs der Rundfunksignale über Parabolantenne bis zu ihrem Empfang in den Hotelzimmern nicht unterbrochen. Was andererseits den Begriff "öffentlicher Empfang" im Rahmen des Artikels 1 Absatz 3 der Richtlinie angehe, so zeige die Bezugnahme in Artikel 8 Absatz 1(13) auf die Kabelunternehmen als gewöhnliche oder notwendige Parteien der mit den Rechtsinhabern getroffenen Genehmigungsvereinbarungen, daß die Kabelweiterverbreitung von Programmen aus anderen Mitgliedstaaten, die in der Richtlinie vorgesehen und geregelt sei, zu Erwerbszwecken zu erfolgen habe und die alleinige oder Haupttätigkeit des Unternehmens sein müsse. Eine rein interne Verbreitung wie die streitige, bei der ein "passives" Kabelsystem, also ein bloßes Empfangssystem verwendet werde, genüge diesen Kriterien nicht. Die Vorlagefrage sei somit zu verneinen.
11 Diese Ansicht wird von der spanischen Regierung geteilt, der zufolge der Gemeinschaftsgesetzgeber beim Erlaß der Richtlinie im wesentlichen beabsichtigt hat, die bestehenden Unterschiede zwischen den nationalen Urheberrechtsregelungen zu beseitigen, durch die die Rechtsinhaber "der Gefahr ausgesetzt [sind], daß ihre Werke ohne entsprechende Vergütung verwertet werden" (vgl. fünfte Begründungserwägung). Obwohl sich aber das Angebot von grenzüberschreitenden Fernsehprogrammen durch ein Hotel auf den Zimmerpreis auswirken könne - genauso wie andere Zusatzleistungen, z. B. die Bereitstellung eines Telefons, eines Faxgeräts, einer Minibar oder eines eigenen Bades -, sei es ausgeschlossen, daß ein Unternehmen in der Lage der Beklagten eigenständige Handlungen der wirtschaftlichen Verwertung von Urheberrechten zu Erwerbszwecken vornehme. Außerdem seien die Hotelgäste gleichwohl Teil der Öffentlichkeit, der die Sendung des geschützten Werkes zugänglich sei, sofern sie von den Inhabern der entsprechenden Urheberrechte ordnungsgemäß erlaubt worden sei. Diese Inhaber hätten bereits die ihnen zustehenden einmaligen Vergütungen erhalten, die vermutlich auf der Grundlage der Zahl der potentiellen Fernsehbetrachter des gesendeten Werkes in dem vom Satelliten insgesamt erfaßten Bereich berechnet worden seien. Zudem sei eine öffentliche Wiedergabe geschützter Werke nicht denkbar, wenn die Adressaten eine nach außen geschlossene und begrenzte Gruppe bildeten (z. B. weil sie, wie die Gäste eines Hotels, durch persönliches Vertrauen miteinander verbunden seien oder gegenseitige Beziehungen begründen könnten), selbst wenn die Gruppe zahlenmäßig stark sei.
12 Schließlich ist nach Auffassung der Kommission ausgeschlossen, daß im vorliegenden Fall eine "öffentliche Wiedergabe über Satellit" im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie vorliegt. Die Verbreitung der streitigen Fernsehprogramme in die Hotelzimmer nach ihrem Empfang über Satellit führe - unter Beibehaltung des Ursprungsprinzips, auf dem die Richtlinie beruhe (siehe unten, Nr. 14) - zu einer Unterbrechung der Kommunikationskette. Die betreffende Dienstleistung der Beklagten könne jedoch in den Geltungsbereich des Artikels 1 Absatz 3 der Richtlinie fallen, wenn der Empfang von grenzüberschreitenden Fernsehprogrammen durch ein Hotel und ihre interne Verbreitung über Kabel zu einem öffentlichen Empfang führten. Der Gerichtshof sei verpflichtet, auf der Grundlage eines Auslegungsurteils die einheitliche Anwendung der genannten Vorschrift im gesamten Gemeinschaftsgebiet sicherzustellen, um ungerechtfertigte Verzerrungen im freien Dienstleistungsverkehr und im freien Wettbewerb auf dem Binnenmarkt zu verhindern. Die Bestimmungen der Übereinkunft, die zahlreiche Bezugnahmen auf den Begriff "öffentliche Wiedergabe" enthalte, seien seit dem Inkrafttreten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (im folgenden: EWR-Abkommen) Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung, da Spanien und die übrigen Mitgliedstaaten nach Artikel 5 des Protokolls Nr. 28 verpflichtet seien, die Übereinkunft ordnungsgemäß anzuwenden. Die Kommission erinnert zugleich an die Rechtsprechung, in der der Gerichtshof die Verpflichtung festgeschrieben habe, das primäre und das abgeleitete Gemeinschaftsrecht im Licht der materiellen Bestimmungen der Übereinkunft und des Völkerrechts auszulegen. Die Richtlinie müsse daher auf jeden Fall im Licht der materiellen Bestimmungen der Übereinkunft ausgelegt werden, selbst wenn man der Ansicht sei, daß diese nicht "vergemeinschaftet" worden sei. Die einheitliche Auslegung, die der Gerichtshof im vorliegenden Fall vorzunehmen habe, müsse sich auf die Wendung "öffentliche Wiedergabe des Empfangs einer Rundfunksendung" stützen, wie sie im Glossar für das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte(14) und im Leitfaden zur Berner Übereinkunft (Guide to the Berne Convention)(15) ausgearbeitet sei, die von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) herausgegeben worden seien (im folgenden: Glossar und Leitfaden). Die Benutzer der in den Hotelzimmern aufgestellten Fernseher seien ein neues Publikum im Vergleich zu demjenigen (Hotel), an das der Urheber ursprünglich gedacht habe, als er die Sendung des geschützten Werkes erlaubt habe. Auf die Frage des vorlegenden Gerichts sei somit zu antworten, daß - gemäß Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie, ausgelegt im Licht der Übereinkunft - die Kabelweiterverbreitung von über Satellit oder Kabel empfangenen Rundfunksignalen durch ein Hotel in die Zimmer der Hotelgäste kein bloßer Empfang von Programmen sei, sondern eine eigenständige Handlung der öffentlichen Weiterverbreitung, durch die ein geschütztes Werk einem neuen Publikum gegenüber wiedergegeben werde und die daher einer eigenen Erlaubnis durch die Rechtsinhaber bedürfe.
III - Rechtliche Prüfung
13 Zunächst ist zu prüfen, ob die Ausführungen der Kommission zutreffend sind. Die Kommission befürwortet unter Berufung auf Artikel 5 des Protokolls Nr. 28 und die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Verpflichtung, das abgeleitete Gemeinschaftsrecht im Licht des Völkerrechts auszulegen, daß der Gerichtshof die vom vorlegenden Gericht genannten Bestimmungen der Richtlinie - insbesondere Artikel 1 Absatz 3 - so weit wie möglich im Einklang mit den einschlägigen materiellen Bestimmungen der Übereinkunft auslegt (siehe oben, Nr. 12). Der Umstand, daß der Vorlagebeschluß die Übereinkunft nicht nennt, kann der Prüfung, die ich hier vornehmen möchte, selbstverständlich nicht entgegenstehen. Nach seiner ständigen Rechtsprechung ist der Gerichtshof nämlich im Rahmen einer Entscheidung nach Artikel 177 EG-Vertrag befugt, auch solche Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen - auf die ihn möglicherweise die Kommission aufmerksam gemacht hat(16) -, auf die in den Vorlagefragen des nationalen Gerichts nicht Bezug genommen wird, die aber für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens relevant erscheinen(17).
14 Die Richtlinie wurde auf der Grundlage der Artikel 57 Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 47 Absatz 2 EG) und Artikel 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 55 EG) erlassen und soll die im Bereich des Urheberrechts bestehenden Hindernisse für die vollständige Verwirklichung des freien Verkehrs von Fernsehprogrammen beseitigen. Wie aus den Begründungserwägungen der Richtlinie hervorgeht, hat sich der Gemeinschaftsgesetzgeber darauf beschränkt, in diesem Bereich die notwendigen Mindestvorschriften zu erlassen, die nach der ursprünglichen Absicht der Kommission und des Europäischen Parlaments bereits die Richtlinie über das "Fernsehen ohne Grenzen"(18) hätte enthalten sollen. Der Erlaß der Richtlinie präjudiziert im übrigen nicht "weitere Harmonisierungsmaßnahmen im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte" und läßt die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten unberührt, "die zur Verwirklichung der in dieser Richtlinie angestrebten Ziele erforderlichen Rahmenbedingungen durch einzelstaatliche [Rechtsvorschriften] auszufuellen" (33. bis 35. Begründungserwägung).
Außerdem besteht das Ziel des Artikels 1 Absatz 2 Buchstabe a - wie es aus Artikel 2 Buchstabe b und der vierzehnten Begründungserwägung der Richtlinie hervorgeht - im wesentlichen darin, die kumulative Anwendung von zwei oder mehr nationalen Rechten auf einen einzigen Akt der Sendung von urheberrechtlich geschützten Werken ber Satellit zu verhindern. Um die bisher im Hinblick auf den Erwerb von Rechten bestehende Rechtsunsicherheit und die daraus resultierende Behinderung der grenzüberschreitenden Programmverbreitung zu beseitigen, hat der Rat deshalb den Begriff der öffentlichen Wiedergabe über Satellit auf Gemeinschaftsebene definiert(19). Sobald die Wiedergabe als im Ursprungsstaat erfolgt gilt, richtet sich das ausschließliche Recht des Urhebers, die Sendung des Werkes vertraglich zu erlauben, nach dem Recht dieses Staates(20). Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten daher, in ihre innerstaatlichen Rechtsordnungen Vorschriften über das Recht zur Sendung über Satellit aufzunehmen (vgl. Artikel 2)(21).
Für die Kabelweiterübertragung wurde jedoch eine andere Lösung gewählt: Wie die britischen Behörden festgestellt haben, schreibt die Richtlinie hier nicht die Schaffung eines vergleichbaren ausschließlichen Rechts vor, sondern geht von dem Grundsatz aus, daß in den nationalen Rechtsordnungen andere Rechte ("Urheberrechte und verwandte Schutzrechte") existieren, die weder harmonisiert noch definiert sind und für deren Beachtung die Mitgliedstaaten zu sorgen haben (vgl. Artikel 8). Für die vorliegenden Schlußanträge sei daher darauf hingewiesen, daß der Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens - die Bestimmung des Inhalts des Senderechts bei der öffentlichen Wiedergabe eines bereits gesendeten geschützten Werkes über Kabel - nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, die lediglich eine ausschließlich kollektive Ausübung dieses Rechts vorschreibt (vgl. Artikel 9).
15 Da die Tragweite der vom Gemeinschaftsgesetzgeber auf diese Weise angestrebten Koordinierung sehr beschränkt ist, ist verständlich, weshalb die Richtlinie - auch wenn ihr gesamter Artikel 1 ("Definitionen") zum Zweck der Anwendung der materiellen Richtlinienbestimmungen ("für die Zwecke dieser Richtlinie") der Klärung der Bedeutung bestimmter, im weiteren Rechtstext verwendeter Grundbegriffe dient - nicht die Begriffe "Weiterübertragung", "Kabelsystem", "öffentlich", "öffentliche Wiedergabe" und "öffentlicher Empfang" definiert (siehe oben, Fußnote 5). Diese Definitionen erschienen schlichtweg unnötig. Jedenfalls kann der Auslegende sie aus den einschlägigen internationalen Übereinkünften erschließen, selbstverständlich auch aus der Berner Übereinkunft, in deren Rahmen, wie die Kommission erläutert hat, ursprünglich zahlreiche der später in der Richtlinie verwendeten Begriffe ausgearbeitet wurden. Ich schließe mich daher der von der Klägerin, der deutschen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der französischen Regierung vertretenen Auffassung an, daß, obgleich es im Ausgangsverfahren um Fernsehprogramme aus anderen Mitgliedstaaten geht(22), die vom Juzgado de Primera Instancia e Instrucción n. 5 Oviedo vorgelegte Frage nicht auf der Grundlage der Richtlinie beantwortet werden kann.
16 Der Auffassung der Kommission, daß die Beantwortung der Vorlagefrage eine Auslegung der Richtlinie im Licht der Übereinkunft verlange, kann ich zumindest aus einem anderen Grund nicht zustimmen. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes, auf die die Kommission in ihren Erklärungen Bezug genommen hat, betrifft nur die von der Gemeinschaft geschlossenen völkerrechtlichen Verträge. Diese Verträge sind von ihrem Inkrafttreten an Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung und gehören zu den "Handlungen der Organe der Gemeinschaft" im Sinne von Artikel 177 Absatz 1 Buchstabe b EG-Vertrag(23). Die Bestimmungen dieser Verträge haben zudem Vorrang vor dem abgeleiteten Gemeinschaftsrecht. Der Gerichtshof hat festgestellt, daß "es der Vorrang der von der Gemeinschaft geschlossenen völkerrechtlichen Verträge vor den Bestimmungen des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts [gebietet], diese nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit diesen Verträgen auszulegen", und daß, wenn "... eine Bestimmung des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts auslegungsbedürftig [ist], ... sie nach Möglichkeit so auszulegen [ist], daß sie mit den Vorschriften des Vertrages vereinbar ist"(24). Ich meine jedoch, daß dieser Grundsatz nicht für völkerrechtliche Verträge gelten kann, die von den Mitgliedstaaten geschlossen wurden und die Gemeinschaft nicht binden, wie es bei der Übereinkunft der Fall ist(25).
17 Dieses Ergebnis schließt jedoch nicht aus, daß auch die Übereinkunft zumindest als Grundlage für die Antwort auf die vorliegende Vorabentscheidungsfrage dienen kann, die der Gerichtshof dem nationalen Gericht zu geben hat. Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben die Klägerin und die Kommission mit verschiedenen Argumenten die These vertreten, daß die Übereinkunft "vergemeinschaftet" worden und der Gerichtshof daher verpflichtet sei, die einheitliche Auslegung ihrer Bestimmungen in der gesamten Gemeinschaft sicherzustellen. Während die Kommission auf Artikel 5 des Protokolls Nr. 28 (siehe oben, Nr. 12) verweist(26), hat die Klägerin, wenn auch rein inzident(27), die Verpflichtungen angeführt, die die Gemeinschaft mit dem Beitritt zum TRIPS übernommen habe. Von diesen beiden Betrachtungsweisen erscheint mir die zweite am überzeugendsten. Bei genauer Betrachtung erlegt Artikel 5 des Protokolls Nr. 28 den Mitgliedstaaten (ebenso wie den EFTA-Staaten)(28) Verpflichtungen zum Erlaß von Normen auf (Beitritt zur Übereinkunft und Anpassung des innerstaatlichen Rechts). Offenkundig treten erst dann, wenn diese Verpflichtungen erfuellt sind, im jeweiligen innerstaatlichen Recht Vorschriften in Kraft, die denen der Übereinkunft entsprechen. Etwas anderes ist es dagegen, zu sagen, daß die Auferlegung dieser Verpflichtungen genügt, damit die Bestimmungen der Übereinkunft in der Gemeinschaftsrechtsordnung vollständig und unverzüglich in Kraft treten.
18 Ich halte die Auffassung der Klägerin für überzeugender. Danach sind die Bestimmungen der Übereinkunft selbst in das TRIPS integriert, wenn auch nur in Bereichen, für die gemeinsame Vorschriften auf Gemeinschaftsebene erlassen wurden(29). Daher ist die Gemeinschaft der Übereinkunft zwar nicht förmlich beigetreten (und konnte dies auch nicht tun, siehe oben, Fußnote 28), gleichwohl aber verpflichtet, deren Artikel 1 bis 21 zu beachten. In der Rechtssache C-53/96 (Hermès) hat der Gerichtshof die Frage, ob er für die Auslegung des TRIPS zuständig ist, für Artikel 50 bereits bejaht. Es handelte sich dabei um eine der Bestimmungen dieses Übereinkommens über die "Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum", die nach Auffassung der Regierungen, die sich in diesem Verfahren geäußert hatten, in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fiel(30). Eine entsprechende Lösung scheint erst recht im vorliegenden Fall geboten. Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens macht nämlich - wenn man die mir besser erscheinende Lösung wählt - eine Auslegung einer materiellen Bestimmung der Übereinkunft erforderlich, die durch die Technik der förmlichen Verweisung in das TRIPS aufgenommen wurde und das Recht auf öffentliche Wiedergabe bei der Zweitverwendung gesendeter Werke mit Ursprung in einem anderen Mitgliedstaat schützen soll. Der Schutz des Urheberrechts ist ein Gebiet, auf dem die Gemeinschaft ihre Zuständigkeit intern bereits tatsächlich ausgeübt hat(31). Meines Erachtens kann daher kein Zweifel daran bestehen, daß der Gerichtshof zuständig ist, im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Bestimmungen der Übereinkunft zu entscheiden, auf die Artikel 9 des TRIPS verweist. Schließlich wird diese Schlußfolgerung nicht dadurch widerlegt, daß Artikel 11bis der Übereinkunft, der nach Artikel 9 des TRIPS dessen Bestandteil geworden ist, sowohl auf vom nationalen Recht geregelte Sachverhalte als auch auf unter das Gemeinschaftsrecht fallende Sachverhalte anwendbar ist. Denn auch in diesem Fall "besteht ... ein klares Interesse der Gemeinschaft daran, daß diese Vorschrift unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie angewandt werden soll, einheitlich ausgelegt wird, um in der Zukunft voneinander abweichende Auslegungen zu verhindern"(32).
19 Unabhängig davon bin ich mir darüber im klaren, daß die Anwendbarkeit Ihrer Auslegung von Artikel 11bis der Übereinkunft auf die rechtliche Lage der Klägerin des Ausgangsverfahrens - und somit auch die Befugnis des Gerichtshofes, diese Vorschrift bei der Prüfung der vorliegenden Vorabentscheidungsfrage zu berücksichtigen - voraussetzt, daß Artikel 9 des TRIPS unmittelbare Wirkung hat. Insoweit sei bemerkt, daß, obwohl der Gerichtshof hier nicht über die unmittelbare Wirkung des Artikels 9 zu entscheiden hat, sondern lediglich die ihm vom spanischen Gericht vorgelegte Frage beantworten muß, damit dieses die einschlägigen nationalen Vorschriften im Licht der Bestimmungen der Übereinkunft auslegen kann, auf die das TRIPS verweist(33), die fragliche Bestimmung einen Grundsatz niederlegt, der so genau und unbedingt ist, daß das nationale Gericht ihn anwenden kann. Diese Bestimmung scheint daher geeignet, die rechtliche Lage von Einzelpersonen zu regeln(34), soweit diese Feststellung nach Auffassung des Gerichtshofes nicht durch die Prüfung des Gegenstands, der Natur und des Zusammenhangs des Abkommens, zu dem die Bestimmung gehört, widerlegt wird(35).
20 Ich komme damit zur Prüfung der Frage, ob die Verbreitung durch Rundfunk gesendeter Werke in die Zimmer eines Hotels über die dort aufgestellten Fernseher auf der Grundlage der Übereinkunft als bloßer Empfang oder als Sendung (öffentliche Wiedergabe) zu qualifizieren ist. Vorab sei darauf hingewiesen, daß die Antworten der nationalen Gesetzgeber auf diese Frage unterschiedlich ausfallen; dasselbe läßt sich von den gerichtlichen Entscheidungen sagen, und zwar oft auch innerhalb eines Landes. Es läßt sich nicht leugnen, daß, wie die Kommission festgestellt hat, die Notwendigkeit besteht, die Auslegung der materiellen Bestimmungen der Übereinkunft für die gesamte Gemeinschaftsrechtsordnung beim Gerichtshof zu konzentrieren. Einen sinnvollen Ausgangspunkt für die Auslegung des Artikels 11bis Absatz 1 der Übereinkunft (siehe oben, Nr. 6) bilden die vom Internationalen Büro der WIPO erstellten Auslegungsmaterialien(36). Was die genannte Bestimmung angeht, so definiert das Glossar den Begriff "öffentliche Wiedergabe des Empfangs einer Rundfunksendung" als "Verwendung von Radio- oder Fernsehgeräten (Lautsprecher oder Empfängerröhren) außerhalb privater Orte derart, daß das gesendete Werk jedem zugänglich gemacht wird, der sich, gleich, aus welchem Grund, am Empfangsort aufhält. Empfangsgeräte werden oft in Restaurants, Geschäften und ähnlichen Orten verwendet, um das Publikum anzulocken. Das Senderecht und die Möglichkeit, Sendungen zu empfangen, umfassen nicht zwangsläufig das Recht, die empfangenen Programme der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dasselbe gilt für über Kabel empfangene Sendungen. Die notwendigen Einwilligungen sind in der Regel bei den Urheberrechtsgesellschaften oder sonstigen mit der Verwertung der Urheberrechte beauftragten Einrichtungen einzuholen."(37) Wie im Leitfaden ausgeführt wird, ist "[f]ür die Anwendung [des Artikels 11bis Absatz 1 Nr. 2] ... von Bedeutung, wann und unter welchen Bedingungen eine Mittelsperson, die bei der Verbreitung der Sendung eingeschaltet ist, eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe vornimmt ... Die Kriterien, anhand deren zwischen einer solchen Wiedergabe und einem bloßen Empfang von Sendungen, der nicht der Regelung des ausschließlichen Urheberrechts unterliegt, unterschieden werden kann, richten sich nach nationalem Recht."(38) Außerdem deckt im Rahmen der Übereinkunft eine einem Sender erteilte Lizenz zur Übertragung nicht auch etwaige spätere Verwendungen des Werkes durch Dritte - wie z. B. die öffentliche Wiedergabe der übertragenen Sendung durch Lautsprecher oder eine ähnliche Vorrichtung (im vorliegenden Fall durch Fernseher) -, insbesondere wenn diese Verwendungen zu Erwerbszwecken erfolgen. Durch diese Form der Wiedergabe könnte nämlich ein neues Publikum erreicht werden, das sich von dem unterscheidet, an das der Urheber gedacht hatte, als er in Ausübung seines ausschließlichen Rechts die ursprüngliche Erlaubnis zur Rundfunkübertragung erteilt hatte. "Obwohl die Rundfunksendung definitionsgemäß eine unbestimmte Zahl von Personen erreichen kann, berücksichtigt der Urheber, wenn er diese Art der Verwertung seines Werkes erlaubt, nur die Direktbenutzer, d. h. die Besitzer von Empfangsgeräten, die die Sendungen einzeln oder in ihrem privaten oder familiären Bereich empfangen. Sobald dieser Empfang zugunsten eines größeren Publikums erfolgt - bisweilen zu Erwerbszwecken -, wird einem neuen Teil der Rundfunk empfangenden Öffentlichkeit ermöglicht, das Werk zu hören (oder zu sehen), und die Wiedergabe der Sendung über Lautsprecher (oder eine ähnliche Vorrichtung) ist nicht länger der bloße Empfang der Sendung selbst, sondern eine eigenständige Handlung, durch die das gesendete Werk gegenüber einem neuen Publikum wiedergegeben wird. Auf diesen öffentlichen Empfang gründet sich das ausschließliche Recht des Urhebers auf Einwilligung."(39)
21 Auf der Grundlage der zitierten Ausführungen des Leitfadens meine ich, daß die Vorschrift, die abstrakt auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, nicht Nr. 2, sondern die Sondervorschrift Nr. 3 des Artikels 11bis Absatz 1 ist(40). Die Verbreitung des gesendeten Werkes an die Hotelgäste wird nämlich technisch ermöglicht durch die Bereitstellung von Fernsehgeräten in den Zimmern, also durch eine "[dem Lautsprecher] ähnliche Vorrichtung zur Übertragung von Zeichen, Tönen oder Bildern"(41). Übrigens stützt sich die Lösung, nach der in einem Fall wie dem streitigen keine besondere Erlaubnis der Inhaber des Urheberrechts erforderlich ist, vor allem auf die Überlegung, daß die von den Hotelgästen belegten Zimmer zumindest im engeren Sinne(42) keine der Öffentlichkeit zugänglichen Orte seien. Die spanischen Behörden haben vor dem Gerichtshof geltend gemacht (siehe oben, Nr. 11), daß die Verbreitung von Fernsehsignalen über Kabel an die einzelnen Fernsehzuschauer hier einer Wiedergabe in einem rein häuslichen Bereich gleichzustellen und damit als bloßer Empfang und nicht als Ausstrahlung zu qualifizieren sei. Außerdem sei im vorliegenden Fall nicht das Kriterium der Erweiterung des Empfängerkreises erfuellt, von dem die Übereinkunft, wie der Leitfaden selbst nahelege, das Vorliegen einer die Erteilung einer Lizenz durch den Urheber voraussetzenden öffentlichen Wiedergabe abhängig mache, und zwar deshalb, weil, wenn das Hotel, das die empfangenen Signale in die Zimmer verbreite, sich in dem vom ursprünglichen Sender erfaßten Bereich befinde, die fernsehenden Gäste auf jeden Fall mit ihren eigenen Empfangsgeräten die ursprüngliche Sendung des Werkes hätten empfangen können, wenn sie sich zum Zeitpunkt der Wiedergabe durch das Hotel an ihrem Wohnsitz aufgehalten hätten. Schließlich sei das Vorliegen einer öffentlichen Wiedergabe ausgeschlossen, weil der tatsächliche Empfang des gesendeten Werkes von einer eigenständigen Handlung des Gastes abhänge (Anstellen des Fernsehers und Abstimmung auf den ursprünglichen Sender)(43).
22 Dieser letztgenannten Feststellung kann nicht gefolgt werden, da sie mit einem der grundlegenden Prinzipien des Urheberrechts nicht vereinbar ist, wonach dem Rechtsinhaber nicht der tatsächliche Genuß des Werkes vergütet wird, sondern die bloße rechtliche Möglichkeit dazu. Man denke z. B. an den Verleger, der dem Autor die vereinbarten Lizenzgebühren für die verkauften Exemplare eines Romans unabhängig davon zahlen muß, ob diese von den Käufern tatsächlich gelesen wurden oder nicht. Genauso könnte ein Hotel, das für die interne - zeitgleiche, vollständige und unveränderte - Kabelverbreitung einer über Satellit übertragenen Erstsendung verantwortlich ist, sich nicht weigern, dem Urheber die ihm zustehende Vergütung zu zahlen, indem es sich darauf beriefe, daß das gesendete Werk im konkreten Fall von den potentiellen Fernsehzuschauern, die Zugang zu den in den Zimmern aufgestellten Fernsehgeräten haben, nicht empfangen worden sei(44). Da diese Verbreitung anders als etwa die Installation und Verwendung von Verstärkern nicht ein bloßes technisches Mittel zur Gewährleistung oder Verbesserung des Empfangs der ursprünglichen Sendung in ihrem Sendebereich darstellt, erscheint es außerdem nur zu klar, daß im vorliegenden Fall die Beklagte die Person ist, die für die den Hotelgästen gebotene Möglichkeit des Zugangs zum geschützten Werk verantwortlich ist. Ohne die Zweitverwendung durch die Beklagte hätten nämlich die Gäste, obwohl sie sich innerhalb des vom Satelliten erfaßten Bereichs aufhalten, nicht auf andere Weise das gesendete Werk betrachten können; sie sind daher in diesem Sinne im Vergleich zum Publikum der Erstsendung ein "neues" Publikum.
23 Im übrigen halte ich es für erforderlich, die Analyse von einem offenkundigen Mißverständnis zu befreien, das mit der Feststellung zusammenhängt, daß die Verbreitung von Erstsendungen in die Zimmer eines Hotels privaten Charakter habe. Ich bestreite zwar nicht, daß unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der individuellen Rechte, der in den Verfassungen nicht nur der Mitgliedstaaten, sondern sämtlicher demokratischer Staaten garantiert ist, ein Hotelzimmer ein Ort ist, der zum rein privaten oder häuslichen Bereich einer Person oder ihrer Familie gehört. Beim Schutz des Urheberrechts gilt jedoch nicht notwendig dieselbe rechtliche Trennlinie zwischen privat und öffentlich(45). Es ist nicht zufällig, daß das Kriterium des privaten oder öffentlichen Charakters der Wohnung nicht nur dem Buchstaben, sondern auch dem Geist des Artikels 11bis der Übereinkunft fremd ist, der die Erlaubnis des Urhebers nicht für Weiterübertragungen an einem öffentlichen oder der Allgemeinheit zugänglichen Ort, sondern für Wiedergabehandlungen verlangt, mit denen das Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. So betrachtet, kann bei der Qualifizierung einer Wiedergabe als öffentlich auch dem materiellen Bestandteil des Begriffes "öffentlich" kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden, ein Begriff, der üblicherweise beim Fehlen besonderer persönlicher Beziehungen zwischen den Personen einer Gruppe oder zwischen ihnen und dem Veranstalter verwendet wird(46).
24 Welches Kriterium sollte der Gerichtshof also anwenden, um im vorliegenden Bereich öffentliche von nichtöffentlichen Wiedergaben zu unterscheiden? Meines Erachtens ist in der Übereinkunft der Grundsatz niedergelegt, daß sämtliche Zweitverwendungen des gesendeten Werkes, die wegen des von der verantwortlichen Person verfolgten Erwerbszwecks(47) sowie der wirtschaftlichen Bedeutung des neuen Publikums (siehe oben, Nr. 22), d. h. sämtlicher Personen, an die sich die Wiedergabe durch Fernseher richtet, zu eigenständigen wirtschaftlichen Verwertungshandlungen führen, der Erlaubnis durch den Urheber bedürfen. Mit diesem Kriterium läßt sich z. B. überzeugend erklären, weshalb man nicht von öffentlicher Wiedergabe sprechen kann, wenn der Direktbenutzer des Fernsehers das geschützte Werk dem Kreis seiner Familienangehörigen oder Freunde zugänglich macht: In diesen Fällen geht es nicht um eine Zweitverwendung des gesendeten Werkes durch einen Dritten, sondern lediglich darum, daß der Betreffende die Geräte zum gemeinsamen Empfang der Erstsendung zur Verfügung stellt, ohne Erwerbszwecke zu verfolgen.
25 Die spanischen Behörden haben verneint, daß ein Unternehmen in der Lage der Beklagten zu Erwerbszwecken handele, wenn es die gesendeten Werke seinen eigenen Gästen zugänglich mache. Ihre Argumente überzeugen mich jedoch nicht. Selbst wenn den Gästen für die interne Verbreitung in die Hotelzimmer kein Aufpreis (ausdrücklich als Zuschlag ausgewiesen oder einfach in den für die Gesamtleistung geschuldeten Betrag einbezogen) berechnet wird, verschafft diese Dienstleistung dem für die Zweitverwendung verantwortlichen Hotel zweifellos einen wirtschaftlich meßbaren Vorteil, da auf diese Weise Kunden angezogen werden können. Es entspricht der allgemeinen Erfahrung, daß die Einbeziehung von Kabelfernsehen in die Dienstleistungen, die ein Hotel seinen Gästen insgesamt anbietet, zusammen mit der Zahl der Kanäle eines der Kriterien ist, die üblicherweise für die amtliche Einstufung des Hotels in eine bestimmte Kategorie herangezogen werden, was sich auf die verlangten Preise auswirkt(48). Die von einem anderen gesendeten Werke werden somit unweigerlich zu einem der Produktionsfaktoren der Hoteldienstleistungen, die ein Unternehmen wie das der Beklagten insgesamt anbietet.
26 Im vorliegenden Fall ist vielleicht der zweite Punkt, den ich genannt habe (siehe Nr. 24), am schwersten nachzuweisen. Man könnte nämlich argumentieren, daß die wirtschaftliche Bedeutung der Mieter eines Hotelzimmers so gering ist, daß sie kein "neues" Publikum im Vergleich zum Publikum der Erstsendung darstellen können. Die Verbreitung des gesendeten Werkes durch Fernseher hätte dann keine wirtschaftliche Bedeutung als eigenständige Wiedergabehandlung. Dieser formalistische Ansatz erscheint jedoch angesichts neuerer Entscheidungen der nationalen Gerichte, die auf der Lehre der sogenannten "räumlichen Kumulation"(49) beruhen, überholt. Danach ist die Gesamtheit der Gäste, die ein Hotel zu einem bestimmten Zeitpunkt beherbergt, als "Öffentlichkeit" im Sinne des Urheberrechts zu verstehen(50). Anders ausgedrückt, genügt die "fehlende räumliche Verbindung" zwischen den einzelnen Personen, die den Kreis der Adressaten bilden, denen das Werk durch den für die jeweilige Zweitverwendung Verantwortlichen zugänglich gemacht wird, nicht, um die wirtschaftliche Bedeutung des neuen Publikums, das erreicht wird (oder auch nur im Sinne einer bloßen rechtlichen Möglichkeit erreicht werden könnte, siehe oben, Nr. 22), zu verneinen.
27 Da der ursprüngliche Sender und derjenige, der das bereits gesendete Werk über Fernseher wiedergibt, verschiedene und eigenständige wirtschaftliche Verwertungshandlungen vornehmen, sind auch die Voraussetzungen, von denen die Ansprüche der Inhaber des Urheberrechts in den beiden Fällen abhängen, völlig unabhängig voneinander(51). Damit wird auch das Argument hinfällig, daß die Forderung des Urhebers nach einer doppelten Vergütung für "dieselbe Handlung" der Rundfunksendung des geschützten Werkes unrechtmäßig sei (siehe oben, Nr. 11). Ich meine daher, daß das vorlegende Gericht, um den Ausgangsrechtsstreit zu entscheiden, den Grundsatz anwenden muß, daß die Verbreitung eines von einem Sender eines anderen Mitgliedstaats über Satellit oder drahtlos gesendeten Werkes durch ein Hotel an die Bewohner der Hotelzimmer über die dort aufgestellten Fernsehgeräte eine öffentliche Wiedergabe darstellt, die als solche einer eigenen Erlaubnis durch die Inhaber der Urheberrechte an dem geschützten Werk bedarf.
Entscheidungsvorschlag
Nach alledem schlage ich vor, daß der Gerichtshof die vom Juzgado de Primera Instancia e Instrucción n. 5 Oviedo zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage wie folgt beantwortet:
1. Die Frage, ob eine öffentliche Wiedergabe vorliegt, wenn ein Hotel geschützte Werke, die von einem Sender eines anderen Mitgliedstaats über Satellit oder drahtlos gesendet werden, empfängt und das Signal der empfangenen Programme anschließend über Kabel an die Fernsehgeräte in den Hotelzimmern verbreitet, kann nicht auf der Grundlage der Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung beantwortet werden.
2. Empfängt ein Hotel geschützte Werke, die von einem Sender eines anderen Mitgliedstaats über Satellit oder drahtlos gesendet werden, und verbreitet es das Signal der empfangenen Programme anschließend über Kabel an die Fernsehgeräte in den Hotelzimmern, so liegt eine öffentliche Wiedergabe gemäß Artikel 11bis der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Fassung der Revision von Paris vom 24. Juli 1971, geändert am 28. September 1979) vor, auf die Artikel 9 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums verweist.
(1) - Real Decreto Legislativo 1/1996 de 12 de abril, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley de Propriedad Intelectual, regularizando, aclarando y armonizando las disposiciones legales vigentes sobre la materia (BOE Nr. 97 vom 22. April 1996, S. 14369).
(2) - Artikel 20 Absatz 2 Buchstaben a bis e der kodifizierten Fassung betrifft a) szenische Darstellungen, Vorträge, Abhandlungen und öffentliche Aufführungen dramatischer, dramatisch-musikalischer, literarischer oder musikalischer Werke durch irgendein Mittel oder Verfahren, b) die öffentliche Vorführung von Filmwerken oder sonstigen audiovisuellen Werken, c) die Rundfunksendung eines Werkes oder seine Sendung durch irgendein anderes Mittel zur drahtlosen Verbreitung von Zeichen, Tönen oder Bildern, d) die Rundfunksendung oder öffentliche Wiedergabe eines Werkes ber Satellit oder e) die öffentliche Übertragung eines Werkes ber Draht, Kabel, Lichtwellenleiter oder durch ein ähnliches Verfahren gegen Vergütung oder unentgeltlich.
(3) - Vgl. Artikel 20 Absatz 2 Buchstaben d und f.
(4) - ABl. L 248, S. 15.
(5) - Die Bezugnahme in der Vorlagefrage auf den Begriff "öffentlicher Empfang" erscheint klarer, wenn man die spanische Fassung des Artikels 1 Absatz 3 der Richtlinie ("... la retransmisión ... por medio de cable o microondas para su recepción por el público, de emisiones primarias desde otro Estado miembro ...") sowie z. B. die französische Fassung ("retransmission ... pour la réception par le public") und die englische Fassung ("retransmission ... for reception by the public") heranzieht. In der italienischen Fassung wurde der betreffende Begriff mit "ritrasmissione ... destinata al pubblico" (Hervorhebung von mir) übersetzt.
(6) - ABl. 1994, L 1, S. 194.
(7) - Siehe unten, Fußnote 26. Nur für Irland hat Artikel 5 als Termin für die Umsetzung der materiellen Bestimmungen der Übereinkunft in innerstaatliches Recht den 1. Januar 1995 bestimmt. Alle Mitgliedstaaten sind der Übereinkunft (der derzeit insgesamt 140 Staaten angehören) und insbesondere ihrer auf der Revisionskonferenz von Paris verabschiedeten Fassung beigetreten; nur Belgien und Irland sind noch an die frühere Fassung von Brüssel (26. Juni 1948) gebunden. Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) gegen diese beiden Mitgliedstaaten eingeleitet.
(8) - ABl. 1994, L 336, S. 213.
(9) - ABl. L 336, S. 1. Nach Artikel 65 des TRIPS "ist kein Mitglied verpflichtet, dieses Übereinkommen vor Ablauf einer allgemeinen Frist von einem Jahr nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Übereinkommens anzuwenden". Da das WTO-Übereinkommen am 1. Januar 1995 in Kraft getreten ist, sind die Vertragsparteien spätestens seit dem 1. Januar 1996 an das TRIPS gebunden. Es sei daran erinnert, daß das WTO-Übereinkommen von der Gemeinschaft geschlossen und von den Mitgliedstaaten ratifiziert wurde, ohne daß ihre jeweiligen Verpflichtungen gegenüber den anderen Vertragsparteien zwischen ihnen aufgeteilt worden wären. Gemäß dem Grundsatz der gemeinsamen Zuständigkeit, der im Gutachten 1/94 vom 15. November 1994 über die "Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluß völkerrechtlicher Abkommen auf dem Gebiet der Dienstleistungen und des Schutzes des geistigen Eigentums" (abgegeben gemäß Artikel 228 Absatz 6 EG-Vertrag [nach Änderung jetzt Artikel 300 Absatz 6 EG]; Slg. 1994, I-5267) festgeschrieben wurde (a. a. O., Randnrn. 54 bis 71 und 102 bis 105), sind auch dem TRIPS sowohl die Gemeinschaft als auch die Mitgliedstaaten beigetreten. In diesem Gutachten hat der Gerichtshof anerkannt, daß von der Zuständigkeit der Gemeinschaft auf dem Gebiet des geistigen Eigentums bis dahin intern nur sehr eingeschränkt durch den Erlaß gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften Gebrauch gemacht worden war, auf die sich die internationalen Verpflichtungen auswirken konnten. Die Voraussetzung, aufgrund deren eine ausschließliche externe Zuständigkeit der Kommission angenommen werden könne, sei daher noch nicht erfuellt. Andererseits könne der Bereich der Instrumente zum Schutz der Rechte am geistigen Eigentum nicht als ein den Mitgliedstaaten vorbehaltener Bereich angesehen werden, da die Gemeinschaft mit Sicherheit eine Zuständigkeit für die Harmonisierung der Vorschriften in diesem Bereich habe, soweit sich diese unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirkten.
(10) - Neben der Berner Übereinkunft z. B. die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (Stockholmer Fassung vom 14. Juli 1967, geändert am 2. Oktober 1979).
(11) - Vgl. u. a. Urteil vom 19. März 1992 in der Rechtssache C-60/91 (Batista Morais, Slg. 1992, I-2085) betreffend die Vertragsvorschriften über die Freizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr.
(12) - Die französischen Behörden haben erklärt, daß das nationale Gericht nach derzeit geltendem Gemeinschaftsrecht verpflichtet sei, die einschlägigen innerstaatlichen Vorschriften in Übereinstimmung mit den Artikeln 11 und 11bis der Übereinkunft auszulegen und anzuwenden.
(13) - Vgl. auch 27. Begründungserwägung der Richtlinie.
(14) - Vgl. G. Boytha, WIPO Glossary of Terms of the Law of Copyright and Neighboring Rights - OMPI Glossaire du droit d'auteur et des droits voisins - OMPO Glosario de derecho de autor y derechos connexos, Genf 1980.
(15) - Vgl. C. Masouyé, Guide de la Convention de Berne pour la protection des oeuvres littéraires et artistiques (Acte de Paris, 1971), Genf 1978.
(16) - Vgl. u. a. Urteil vom 18. März 1993 in der Rechtssache C-280/91 (Viessmann, Slg. 1993, I-971, Randnr. 15).
(17) - Vgl. u. a. Urteile vom 18. Februar 1964 in den Rechtssachen 73/63 und 74/63 (Rotterdam und Puttershoek, Slg. 1964, 3), vom 28. Juni 1978 in der Rechtssache 70/77 (Simmenthal, Slg. 1978, 1453), vom 20. März 1986 in der Rechtssache 35/85 (Tissier, Slg. 1986, 1207) und vom 16. Dezember 1992 in der Rechtssache C-114/91 (Claeys, Slg. 1992, I-6559).
(18) - Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23) in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 (ABl. L 202, S. 60). Auch die Richtlinie über das "Fernsehen ohne Grenzen" wurde auf der Grundlage der Artikel 57 Absatz 2 und 66 EG-Vertrag erlassen. Vgl. J. C. Erdozain López, Las Retransmisiones por Cable y el Concepto de Público en el Derecho de Autor, Pamplona, 1997, S. 321.
(19) - Wie Erdozain López ausgeführt hat, ist die Frage der Zuordnung des Aktes der Sendung oder der öffentlichen Wiedergabe über Satellit zu einer bestimmten Rechtsordnung eher eine Frage des internationalen Privatrechts als des Urheberrechts im engeren Sinne (zitiert in Fußnote 18, S. 330 f.).
(20) - Vgl. Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b, Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie. Aus dem im Text genannten Grundsatz ergibt sich, daß die Richtlinie nicht der sogenannten Bogsch-Theorie folgt, nach der die Rechte zur Sendung eines geschützten Werkes auch allgemein für das gesamte Empfangsland zu erwerben sind (vgl. siebte Begründungserwägung).
(21) - Es ist darauf hingewiesen worden, daß die "Mindestharmonisierung" der materiellen Bestimmungen über den Schutz der Urheberrechte durch die den Ausgangspunkt der Richtlinie bildende grundlegende Entscheidung notwendig geworden sei, nur das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Sender niedergelassen sei. "Andernfalls könnte es vorkommen ..., daß ein $verzerrter Gebrauch` von der Dienstleistungsfreiheit gemacht wird: Ein Sender, der von einem Staat aus überträgt, in dem die Satellitenübertragung keiner Erlaubnis bedarf, da dort ein System zwingender Lizenzen gilt, könnte das Signal in alle anderen Gemeinschaftstaaten einschließlich der Staaten senden, in denen für dieselbe Übertragung die Zustimmung des Urhebers erforderlich gewesen wäre. Eine solche Situation bedeutet nicht nur eine übermäßige Preisgabe der Rechte (auch Vermögensrechte) der Urheber ..., sondern würde offenkundig auch zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Die Sender, die sich in einem Staat niederlassen, der ihnen eine vorteilhaftere Regelung $bietet`, würden begünstigt" (R. Mastroianni, "La protezione dei diritti d'autore e dei diritti connessi nelle trasmissioni televisive via satellite e via cavo in Europa", in Rapporto '93 sui problemi giuridici della radiotelevisione in Italia, hrsg. von P. Barile und R. Zaccaria, Turin 1994, S. 363, insbesondere S. 381 f.).
(22) - Es sei daran erinnert, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu dem durch Artikel 177 EG-Vertrag geschaffenen Mechanismus der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten die Frage, ob die wesentlichen Elemente der im Ausgangsverfahren streitigen Tätigkeit sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, von tatsächlichen Feststellungen abhängt, die nur das innerstaatliche Gericht zu treffen hat (vgl. u. a. Urteil vom 18. März 1980 in der Rechtssache 52/79, Debauve u. a., Slg. 1980, 833, Randnr. 9).
(23) - Der Gerichtshof ist daher zur Vorabentscheidung über die Auslegung dieser Verträge befugt (vgl. u. a. Urteile vom 30. April 1974 in der Rechtssache 181/73, Haegemann, Slg. 1974, 449, Randnrn. 3 bis 6, vom 26. Oktober 1982 in der Rechtssache 104/81, Kupferberg, Slg. 1982, 3641, Randnrn. 12 bis 14, und vom 15. Juni 1999 in der Rechtssache C-321/97, Andersson, Slg. 1999, I-3551, Randnr. 26).
(24) - Vgl. Urteil vom 10. September 1996 in der Rechtssache C-61/94, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I-3989, Randnr. 52). Siehe auch Urteil vom 26. April 1972 in der Rechtssache 92/71, Interfood, Slg. 1972, 231, Randnr. 6).
(25) - Auch in den Fällen, in denen der Gerichtshof bei der Entscheidung über Fragen nach der Auslegung oder Gültigkeit von Gemeinschaftsvorschriften auf völkerrechtliche Verträge Bezug genommen hat, denen die Gemeinschaft nicht angehört, hat er sich in Wirklichkeit auf die in diesen Verträgen kodifizierten Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts gestützt. Vgl. J.-P. Puissochet, "La place du droit international dans la jurisprudence de la Cour de justice des Communautés européennes", in Scritti in onore di Giuseppe Federico Mancini, Mailand 1998, Band II, S. 779.
(26) - Artikel 5 lautet: "(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, vor dem 1. Januar 1995 folgenden multilateralen Übereinkommen auf dem Gebiet des gewerblichen, geistigen und kommerziellen Eigentums beizutreten:
...
b) Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung von 1971);
...
(3) Nach Inkrafttreten dieses Protokolls übernehmen die Vertragsparteien die materiellen Bestimmungen der in Absatz 1 Buchstaben a bis c aufgeführten Übereinkommen in ihr innerstaatliches Recht ..."
(27) - Nach Auffassung der Klägerin ist die Übereinkunft jedenfalls für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens irrelevant, da sich keine ihrer Bestimmungen auf die streitige Frage beziehe.
(28) - Obwohl die Gemeinschaft dem EWR-Abkommen förmlich beigetreten ist und die im Text genannten Handlungspflichten nach ihrem Wortlaut auf die "Vertragsparteien" bezogen sind, betreffen sie nicht auch die Gemeinschaft als solche. Nach Artikel 2 des Abkommens bedeutet nämlich der Begriff "Vertragsparteien", wie er weiter im Abkommen verwendet wird, in bezug auf die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten im Einzelfall a) die Gemeinschaft gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, b) nur die Gemeinschaft oder c) nur die Mitgliedstaaten, je nach dem Kontext und den Zuständigkeiten, wie sie im Vertrag vorgesehen und geregelt sind. Die Gemeinschaft kann der Übereinkunft aber nicht beitreten, da sich die Pariser Fassung wie die vorherigen Fassungen der Übereinkunft ausschließlich auf die "Verbandsländer" bezieht (worunter die Staaten zu verstehen sind, vgl. Leitfaden [zitiert oben in Fußnote 15], S. 8) und daher den Beitritt internationaler Organisationen nicht zuzulassen scheint. Vgl. auch Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über den Beitritt der Mitgliedstaaten zur Berner Übereinkunft, den die Kommission seinerzeit vorgelegt (KOM[90] 582 endg.; ABl. 1991, C 24, S. 5) und später zurückgezogen hatte, da er wegen der außergewöhnlich umfangreichen Kompetenzübertragung, die eine solche Entscheidung mit sich gebracht hätte, keine Zustimmung fand. Zudem ist es logisch und sprachlich ausgeschlossen, daß die Gemeinschaft Adressatin einer Vorschrift sein kann, die ihr aufgibt, "die ... Bestimmungen ... in ihr innerstaatliches Recht zu übernehmen".
(29) - Siehe oben, Fußnote 9. Vgl. R. Mastroianni, Diritto internazionale e diritto d'autore, Mailand 1997, S. 174 bis 177, und A. Bercovitz, "Copyright and Related Rights", in Intellectual Property and International Trade: The TRIPS Agreement, hrsg. von C. M. Correa und A. A. Yusuf, London 1998, S. 148 f.
(30) - Urteil des Gerichtshofes vom 16. Juni 1998 in der Rechtssache C-53/96 (Slg. 1998, I-3603, Randnrn. 22 bis 29). Der Gerichtshof hat seine Zuständigkeit unter Berufung darauf bestätigt, daß nach dem bereits erwähnten Artikel 50 die Gerichte der Mitgliedstaaten befugt sind, "einstweilige Maßnahmen" anzuordnen, um die Interessen von Inhabern der durch das Recht dieser Staaten verliehenen Markenrechte zu schützen, und daß nach Artikel 99 der Verordnung Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1), die bei der Unterzeichnung des WTO-Übereinkommens in Kraft war, die Rechte aus der Gemeinschaftsmarke durch den Erlaß "einstweiliger Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen" geschützt werden können. Zwar betrifft diese Vorschrift diejenigen Maßnahmen und die einschlägigen Verfahrensvorschriften, die im innerstaatlichen Recht eines Mitgliedstaats für die nationale Marke vorgesehen sind. Da jedoch die Gemeinschaft Vertragspartei des TRIPS ist und dieses Übereinkommen die Gemeinschaftsmarke betrifft, sind die in Artikel 99 erwähnten Gerichte verpflichtet, im Rahmen des Möglichen Wortlaut und Zweck des Artikels 50 des TRIPS zu berücksichtigen, wenn sie bei der Anordnung einstweiliger Maßnahmen zum Schutz von Rechten aus der Gemeinschaftsmarke nationale Vorschriften anzuwenden haben. Generalstaatsanwalt Tesauro ist in dieser Rechtssache zu dem Ergebnis gelangt, daß der Gerichtshof dafür zuständig sei, über sämtliche Bestimmungen des TRIPS im Wege der Vorabentscheidung zu entscheiden, um ihre einheitliche Auslegung und damit Anwendung zu gewährleisten. Der Generalanwalt hat auf folgendes hingewiesen: a) die mögliche Verknüpfung zwischen den Bestimmungen eines Abkommens, b) das Interesse der Gemeinschaft daran, nicht für Zuwiderhandlungen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten völkerrechtlich verantwortlich gemacht zu werden, c) die Notwendigkeit der Erfuellung der Pflicht zur Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen nicht nur bei der Aushandlung und Vereinbarung der betreffenden Abkommen, sondern auch bei ihrer Anwendung, sowie d) die Garantiefunktion des Mechanismus der gerichtlichen Kontrolle, die durch den Vertrag geschaffen worden sei und die der Mitwirkung sowohl des Gemeinschaftsrichters als auch der nationalen Gerichte bedürfe, wobei das Rechtssystem der Gemeinschaft zwar durch das Zusammenwirken von Rechtsnormen verschiedenen Ursprungs (völkerrechtlichen, gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Ursprungs) gekennzeichnet sei, nach außen aber einheitlich gelten wolle (vgl. Schlußanträge des Generalanwalts Tesauro in der Rechtssache Hermès, Nrn. 20 und 21).
(31) - Bekanntlich hat der Rat außer der Richtlinie 93/83, um die es in der vorliegenden Vorabentscheidungsfrage geht, verschiedene Richtlinien im Bereich der Urheberrechte und verwandten Rechte erlassen (vgl. Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen [ABl. L 122, S. 42], Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums [ABl. L 346, S. 61] und Richtlinie 93/98/EWG des Rates vom 29. Oktober 1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte [ABl. L 290, S. 9]). Vgl. auch Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77, S. 20), sowie Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (KOM[99] 250 endg.; ABl. 1999, C 180, S. 6). In ihrem Antrag auf Erstellung eines Gutachtens über die Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluß völkerrechtlicher Abkommen auf dem Gebiet der Dienstleistungen und des Schutzes des geistigen Eigentums (zitiert oben in Fußnote 9, I-5333 bis I-5335) hat die Kommission ausgeführt, daß alle Bestimmungen des TRIPS intern Bestimmungen des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts entsprächen, und insbesondere, daß die genannten Richtlinien Bereiche beträfen, die von den Artikeln 10 bis 14 dieses Übereinkommens geregelt seien. Wie Mastroianni (siehe oben, Fußnote 29, S. 175) festgestellt hat, "[hat der Gerichtshof] bei der nur beispielhaften Nennung bestimmter in das TRIPS einbezogener Bereiche, in denen die Gemeinschaftszuständigkeit noch nicht vollständig wahrgenommen wurde, ... [im Gutachten 1/94] auf die teilweise Harmonisierung im Bereich der Marken, Patente, Muster und des Schutzes vertraulicher technischer Informationen verwiesen, es jedoch vermieden, auf das Urheberrecht Bezug zu nehmen, also auf einen Bereich, in dem, wie die Kommission übrigens erschöpfend dargelegt hat, die Rechtsetzungstätigkeit der Gemeinschaft bereits wichtige Ergebnisse erzielt hatte. Das bedeutet, daß die Gemeinschaft zumindest in den Bereichen, in denen bereits eine Harmonisierung erfolgt ist, durch die Beteiligung am TRIPS gegenüber Drittstaaten Verpflichtungen übernommen hat, die unabhängig von denen der Mitgliedstaaten sind" (Fußnote ausgelassen).
(32) - Vgl. in bezug auf Artikel 50 des TRIPS Urteil Hermès (zitiert oben in Fußnote 30, Randnr. 32).
(33) - Vgl. in bezug auf Artikel 50 des TRIPS Urteil Hermès (zitiert oben in Fußnote 30, Randnr. 35).
(34) - Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die Bestimmung eines von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen Abkommens als unmittelbar anwendbar anzusehen, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Gegenstand und die Natur des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfuellung oder deren Wirkung nicht vom Erlaß eines weiteren Aktes abhängt (vgl. u. a. Urteile vom 30. September 1987 in der Rechtssache 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719, Randnr. 14, vom 31. Januar 1991 in der Rechtssache C-18/90, Kziber, Slg. 1991, I-199, Randnr. 15, vom 16. Juni 1998 in der Rechtssache C-162/96, Racke, Slg. 1998, I-3655, Randnr. 31, und vom 4. Mai 1999 in der Rechtssache C-262/96, Sürül, Slg. 1999, I-2685, Randnr. 60). Artikel 9 des TRIPS verpflichtet die Mitglieder der WTO klar, eindeutig und zwingend, in ihren Rechtsordnungen für die Anwendung der materiellen Bestimmungen der Übereinkunft zu sorgen, die in deren Artikeln 1 bis 21 und in deren Anhang enthalten sind. Diese Vorschrift enthält somit eine Verpflichtung, ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen, und kann bereits aufgrund ihrer Natur von einem Bürger vor dem nationalen Gericht herangezogen werden, ohne daß dafür der Erlaß ergänzender Durchführungsmaßnahmen erforderlich wäre. Nebenbei sei erwähnt, daß sich die Frage, ob Artikel 11bis der Übereinkunft vor dem nationalen Gericht herangezogen werden kann, im vorliegenden Fall nicht stellt, da die Forderung der Klägerin auf die einschlägigen Vorschriften des spanischen Rechts gestützt wird. Artikel 11bis wird lediglich als Gemeinschaftsparameter für die Auslegung des in der innerstaatlichen Vorschrift enthaltenen Begriffes der öffentlichen Wiedergabe angeführt, und nicht zum unmittelbaren Schutz angeblicher Rechte, die Einzelpersonen unmittelbar aus der Übereinkunft herleiten.
(35) - Es sei daran erinnert, daß sich die Generalanwälte Cosmas und Tesauro zur Frage der unmittelbaren Wirkung der Bestimmungen des WTO-Übereinkommens unterschiedlich geäußert haben. Nach Auffassung von Generalanwalt Cosmas sind die Bestimmungen dieses Übereinkommens - insbesondere diejenigen über Abweichungen von den allgemeinen Regeln, über Maßnahmen, die bei außergewöhnlichen Schwierigkeiten getroffen werden können, und über die Regelung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien - immer noch durch eine so große Flexibilität gekennzeichnet, daß ihnen eine unmittelbare Wirkung nicht zuerkannt werden könne (vgl. Schlußanträge vom 10. Dezember 1996 in der Rechtssache C-183/95, Affish, Slg. 1997, I-4315, Nr. 119). In der aktuelleren Rechtssache Hermès hat Generalanwalt Tesauro dagegen ausgeführt, daß es beim Übergang von dem durch das Allgmeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) geschaffenen System zum System der WTO zu solchen Änderungen gekommen sei - insbesondere beim Zuschnitt und bei der Tragweite der Regelung (Umkehr des Ausnahme-Regel-Verhältnisses) sowie bei Natur und Wirksamkeit des Mechanismus der Streitbeilegung (Verbindlichkeit ihrer Ergebnisse) -, daß eine Auslegung gerechtfertigt sei, die anders als beim GATT die unmittelbare Wirkung des WTO-Übereinkommens und des TRIPS anerkenne, und zwar auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Gerichtshof schon seit langem die unmittelbare Wirkung sonstiger von der Gemeinschaft geschlossener Abkommen anerkenne, die hinsichtlich der Geschmeidigkeit und des an Verhandlungen ausgerichteten Charakters der Streitbeilegung im wesentlichen gleiche Merkmale aufwiesen wie das WTO-Übereinkommen (vgl. Schlußanträge vom 13. November 1997, zitiert oben in Fußnote 30, Nrn. 26 bis 30).
(36) - Vgl. S. Ricketson, The Berne Convention for the Protection of Literary and Artistic Works: 1886-1986, London 1987, S. 140.
(37) - Vgl. Boytha (zitiert oben in Fußnote 14, S. 44), freie Übersetzung.
(38) - Vgl. Masouyé (zitiert oben in Fußnote 15, S. 79 f.), freie Übersetzung.
(39) - A. a. O., freie Übersetzung.
(40) - Wie Erdozain López (zitiert oben in Fußnote 18, S. 210) erläutert, liefe die entgegengesetzte Auslegung praktisch darauf hinaus, daß Artikel 11bis Absatz 1 Nr. 3 überfluessig ist, da im Fall der öffentlichen Wiedergabe durch Lautsprecher oder ähnliche Vorrichtungen definitionsgemäß ein anderes Unternehmen als das ursprüngliche Sendeunternehmen tätig wird.
(41) - Ich meine dagegen nicht, daß für die Nichtanwendbarkeit des Artikels 11bis Absatz 1 Nr. 2 der Übereinkunft im vorliegenden Fall entscheidend ist, daß die Beklagte weder Inhaberin einer behördlichen Sendeerlaubnis ist noch ein Kabelfernsehunternehmen betreibt. Diese Voraussetzung ist nämlich in der Übereinkunft nicht vorgesehen, die lediglich die öffentliche Wiedergabe des geschützten Werkes durch irgendein Drittunternehmen verlangt, das zwischen den ursprünglichen Rundfunksender und die Öffentlichkeit tritt. Vgl. Hoge Raad der Nederlanden, Urteil vom 24. Dezember 1993, Centraal Antennesysteem Pastor Schelstraeteweg/Vereniging BUMA (Eur. Comm. Cases, 1995, S. 537, und Revue internationale du droit d'auteur, 1994, Nr. 162, S. 404), nach dessen Auffassung ein Eigentümer- oder Mieterverband, der eine Anlage zum drahtlosen Empfang von Rundfunksendungen und zu deren Verbreitung über Kabel an die Abonnenten betreibt, unabhängig vom Umfang des dafür verwendeten Kabelnetzes sowie von der Natur, dem Zweck und der Organisationsstruktur des Betreibers in den persönlichen Anwendungsbereich des Artikels 11bis Absatz 1 Nr. 2 der Übereinkunft fällt.
(42) - Wie Erdozain López ausführt (zitiert oben in Fußnote 18, S. 419, Fußnote 185), scheint es jedoch vertretbar, Hotelzimmer als der Öffentlichkeit zugängliche Orte im weiteren Sinne zu betrachten, wenn man die Möglichkeit der Öffentlichkeit, Zutritt zu einem Hotelzimmer zu erlangen, nicht konkret auslegt (also in bezug auf den Fall, daß eine Person das Zimmer bereits gemietet hat und sich darin aufhält), sondern abstrakt, d. h. als jedem Interessenten gebotene Möglichkeit, das betreffende Zimmer zu belegen und jeden anderen davon auszuschließen.
(43) - Dieses Kriterium (zusammen mit anderen) hat vor kurzem der Oberste Gerichtshof (Österreich) berücksichtigt (vgl. Urteil vom 16. Juni 1998, Nr. 146, GACM/Franz Stoisser Gesellschaft & Co.), um zwischen der Verbreitung über Fernseher in die Gemeinschaftsräume eines Hotels und der Verbreitung in die Hotelzimmer zu unterscheiden und nur die erstgenannte Verbreitung als öffentliche Wiedergabe zu qualifizieren.
(44) - Vgl. Cour d'appel Paris, Urteil vom 20. September 1995, Cable News Network/Novotel (Revue internationale du droit d'auteur, 1996, Nr. 167, S. 277, und Eur. Comm. Cases, 1996, S. 370), sowie Erdozain López (zitiert oben in Fußnote 18, S. 155).
(45) - Vgl. Juzgado de Primera Instancia n. 26 Madrid, Urteil vom 12. November 1996, Nr. 627, Egeda/CIGA Internacional Hotels Corporation.
(46) - Vgl. Erdozain López (zitiert oben in Fußnote 18, S. 196 und 420).
(47) - Auch nach S. Abada ("La transmission par satellite et la distribution par câble et le droit d'auteur", in Droit d'auteur, 1989, S. 307, insbesondere S. 310 f.) dient das Kriterium des Erwerbszwecks zur Unterscheidung von Ausstrahlungen vom bloßen Empfang des bereits gesendeten Werkes. Zudem ist, wie aus dem Leitfaden hervorgeht (siehe oben, Nr. 20), dem Kriterium des Erwerbszwecks Bedeutung für die Auslegung des Artikels 11bis Absatz 1 Nr. 3 beizumessen, da diese Vorschrift ursprünglich im wesentlichen öffentliche Wiedergaben in Bars, Restaurants, Zügen und Geschäften deckte, die gerade dazu dienten, Kunden anzuziehen.
(48) - Vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofes (Österreich) vom 16. Juni 1998 (zitiert oben in Fußnote 43).
(49) - Vgl. G. Schricker, "Videovorführungen in Hotels in urheberrechtlicher Sicht", in Festschrift für Walter Oppenhoff zum 80. Geburtstag, 1985, S. 367, insbesondere S. 370 und 375.
(50) - Vgl. Cour de cassation (Frankreich), Urteil vom 6. April 1994, Cable News Network/Novotel Paris-Les Halles (in Eur. Comm. Cases, 1994, S. 530), Cour d'appel Paris, Urteil vom 20. September 1995 (zitiert oben in Fußnote 44) und Audiencia Provincial Barcelona, Urteil vom 20. Mai 1996 (erwähnt bei Erdozain López, zitiert oben in Fußnote 18, S. 414, Fußnote 169), sowie für die zeitgleiche Weiterübertragung von Hörfunksendungen in die Zimmer eines Krankenhauses über Verteileranlagen mit Eigenempfangsstellen Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Juni 1994, GEMA/L-Hospital in A (Revue internationale du droit d'auteur, 1995, Nr. 165, S. 302). Auf ein etwas anderes Konzept stützt sich die Rechtsprechung, die den Begriff der öffentlichen Wiedergabe in seiner zeitlichen Bedeutung auslegt: Danach kann die Voraussetzung, daß das gesendete Werk einer Mehrzahl von Personen zugänglich sein muß, auch dadurch erfuellt werden, daß nacheinander verschiedene Hotelgäste die Zimmer bewohnen (sogenannte "zeitliche Kumulation"). An die Stelle des Begriffes der gegenwärtigen Öffentlichkeit müßte somit der Begriff der sukzessiven Öffentlichkeit treten; vgl. M. Walter, "Die Hotel-video-Systeme aus urheberrechtlicher Sicht", in Medien und Recht, 1984, Archiv 9, sowie Tribunal Supremo (Spanien), Urteil vom 11. März 1996, Hotel Blanco don Juan/SGAE (RJ, 1996, 2413) und jüngst Juzgado de Primera Instancia n. 5 Santander, Urteil vom 31. Juli 1998, n_ 308, Egeda/Hotel Real. Nach Ansicht von Erdozain López ist die räumlich-zeitliche Dimension des Begriffes der Öffentlichkeit - die einen wichtigen gesetzlichen Präzedenzfall im Copyright Act der Vereinigten Staaten von 1976 hat, dessen Artikel 101 in die Definition der "Aufführung oder Ausstellung eines Werkes" die öffentliche Wiedergabe des aufgeführten oder ausgestellten Werkes unabhängig davon einbezieht, ob die Öffentlichkeit, die das Werk empfangen kann, dies am selben Ort oder an verschiedenen Orten und zeitgleich oder zu verschiedenen Zeitpunkten tut ("... To perform or display a work $publicly` means - ... (2) to transmit or otherwise communicate a performance or display of the work to a place [open to the public or at any place where a substantial number of persons outside of a normal circle of a family and its social acquaintances is gathered] or to the public, by means of any device or process, whether the members of the public capable of receiving the performance or display receive it in the same place or in separate places and at the same time or at different times. ...") - lediglich ein formales rechtliches Mittel, um der Idee der "unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erheblichen Öffentlichkeit" Geltung zu verschaffen (siehe oben, Fußnote 18, S. 419).
(51) - Vgl. Tribunal Supremo (Spanien), Urteil vom 19. Juli 1993, SGAE/Olmos Vernandez (RJ, 1993, 6164), betreffend einen Fall der öffentlichen Wiedergabe durch Rundfunk gesendeter Werke in einer Bar. Anders Urteil des Obersten Gerichtshofes (Österreich) vom 16. Juni 1998 (zitiert oben in Fußnote 43), wonach die Verbreitung über Kabel in die Zimmer eines Hotels eine bestimmungsgemäße Verwendung der Erstsendung ist.