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Document 61995CC0007

Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 16. September 1997.
John Deere Ltd gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Zulässigkeit - Rechtsfrage - Tatfrage - Wettbewerb - Informationsaustauschsystem - Wettbewerbsbeschränkungen - Versagung der Freistellung.
Rechtssache C-7/95 P.

Sammlung der Rechtsprechung 1998 I-03111

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1997:397

61995C0007

Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 16/09/1997. - John Deere Ltd gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechtsmittel - Zulässigkeit - Rechtsfrage - Tatfrage - Wettbewerb - Informationsaustauschsystem - Wettbewerbsbeschränkungen - Versagung der Freistellung. - Rechtssache C-7/95 P.

Sammlung der Rechtsprechung 1998 Seite I-03111


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Die vorliegende Rechtssache geht auf ein Rechtsmittel zurück, das die John Deere Limited (nachstehend: John Deere) gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz (nachstehend: Gericht) vom 27. Oktober 1994 in der Rechtssache T-35/92 (nachstehend: angefochtenes Urteil)(1) eingelegt hat. Mit diesem Urteil hat das Gericht die Nichtigkeitsklage von John Deere gegen die Entscheidung 92/157/EWG (nachstehend: Entscheidung) der Kommission(2) abgewiesen, mit der diese einen Verstoß des UK Tractor Registration Exchange gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages festgestellt hatte, weil es einen Austausch von Angaben ermögliche, die jedem Traktorhersteller Kenntnis von den Umsätzen einzelner Wettbewerber sowie von den Einfuhren und Absatzzahlen der Händler verschaffen könne.

I - Sachverhalt und Verfahren

2 Der Sachverhalt, der zum vorliegenden Rechtsstreit geführt hat, ist in den Randnummern 1 bis 18 des angefochtenen Urteils des Gerichts wiedergegeben. Ich stelle ihn im folgenden dar und lege dabei eine etwas abweichende Systematik zugrunde.

3 Nach dem Recht des Vereinigten Königreichs muß jedes Fahrzeug vor der Teilnahme am öffentlichen Strassenverkehr beim Verkehrsministerium zugelassen werden. Für diese Zulassungen sind die ungefähr 60 Local Vehicles Licensing Offices (nachstehend: LVLO) zuständig. Die Zulassung der Fahrzeuge ist in ministeriellen Verfahrensrichtlinien mit der Bezeichnung "Procedure for the first licensing and registration of motor vehicles" geregelt. Nach diesen Richtlinien ist für den Antrag auf Zulassung eines Fahrzeugs ein besonderer Vordruck, das Formular V55, zu verwenden.

4 Das Formular V55 enthält zahlreiche Angaben über den Verkauf von Fahrzeugen. Im Sektor der landwirtschaftlichen Zugmaschinen beschlossen die Hersteller und Einführer, aufgrund dieser Angaben ein Informationssystem mit der Bezeichnung "UK Agricultural Tractor Registration Exchange" (nachstehend: Exchange) zu schaffen, das es ermöglichen sollte, die Umsätze der einzelnen Hersteller sowie die Absatzzahlen und Einfuhren der Händler zu ermitteln. Die Anwendung dieser Vereinbarung wurde 1988 ausgesetzt, jedoch trafen 1990 einige der an ihr Beteiligten, darunter John Deere, eine neue Vereinbarung über den Austausch von Informationen mit der Bezeichnung "UK Tractors Registration Data System" (nachstehend: Data System).

5 Grundsätzlich stand jedem Hersteller oder Einführer landwirtschaftlicher Zugmaschinen im Vereinigten Königreich die Beteiligung an Exchange und Data System frei. Die Zahl der an der Vereinbarung Beteiligten schwankte im Untersuchungszeitraum infolge der Umstrukturierungsbewegungen innerhalb des Wirtschaftszweigs. Zum Zeitpunkt der Anmeldung von Exchange waren acht Hersteller, darunter John Deere, an der Vereinbarung beteiligt. Diese acht Hersteller waren die wichtigsten Wirtschaftsteilnehmer des Sektors, die nach Angaben der Kommission 87 % bis 88 % des Marktes des Vereinigten Königreichs für landwirtschaftliche Zugmaschinen hielten, während sich mehrere kleine Hersteller den Rest des Marktes teilten.

6 Die Verwaltung dieses Informationsaustauschsystems oblag der Agricultural Engineers Association Limited (nachstehend: ÄA), einem Berufsverband, der allen Herstellern und Einführern landwirtschaftlicher Zugmaschinen im Vereinigten Königreich offenstand und dem zum Zeitpunkt des streitigen Geschehens ungefähr 200 Mitglieder angehörten, hierunter insbesondere Case Europe Limited, John Deere, Fiatagri UK Limited, Ford New Holland Limited, Massey-Ferguson (United Kingdom) Limited, Renault Agricultural Limited, Same-Lamborghini (UK) Limited und Watveare Limited.

Die Verarbeitung der in dem Vordruck V55 enthaltenen Daten lag in den Händen des EDV-Unternehmens Systematics International Group of Companies Limited (nachstehend: SIL), dem das Verkehrsministerium des Vereinigten Königreichs die Angaben übermittelte, die es bei der Zulassung der landwirtschaftlichen Zugmaschinen erhalten hatte. SIL stellte die Kosten ihrer Dienstleistungen jedem an der Vereinbarung Beteiligten nach einem mit jedem von ihnen geschlossenen Einzelvertrag in Rechnung.

7 Inhaltlich war Exchange durch die Angaben im Formular V55 und die Verwendung dieser Angaben im Rahmen der Informationsvereinbarung bestimmt. Im Zusammenhang hiermit waren John Deere und die Kommission unterschiedlicher Auffassung, wie sich den Randnummern 8 bis 17 des angefochtenen Urteils entnehmen lässt.

8 Nach Darstellung von John Deere existiert das Formular V55 in fünf Versionen mit den Nummern V55/1 bis V55/5, die in den vorgenannten Verfahrensrichtlinien beschrieben werden. Die früher nur von British Leyland benutzten Formulare V55/2 und V55/4 würden nicht mehr verwendet, während das Formular V55/3, das bei Abhandenkommen oder Zerstörung des Formulars V55/1 verwendet werde, von Hand auszufuellen sei. Im vorliegenden Fall gehe es daher nur um die Versionen 1 und 5.

9 Der Kommission zufolge gibt es zwei Hauptversionen des Formulars: die Formulare V55/1 bis V55/4, die von den Herstellern und den Alleinimporteuren im voraus ausgefuellt und von den Händlern bei der Zulassung der ihnen gelieferten Fahrzeuge verwendet würden, und das Formular V55/5, das für Paralleleinfuhren gedacht sei.

10 Nach Auffassung von John Deere ist die Darstellung der Kommission irreführend. Das Formular V55/5 werde einmal bei der erstmaligen Zulassung von Gebrauchtfahrzeugen im Vereinigten Königreich und zum anderen bei Fahrzeugen verwendet, die von unabhängigen Importeuren in das Vereinigte Königreich eingeführt würden.

11 John Deere behauptet, lediglich das Formular V55/1, dessen Rückseite vom eingetragenen Halter des Fahrzeugs, d. h. vom Kunden oder vom Eigentümer, ausgefuellt werde, werde vom Hersteller des Fahrzeugs oder seinem Einführer "im voraus ausgefuellt", und zwar auf der Vorderseite. Die Angaben auf Seite 1 des Formulars V55/1 würden mit Ausnahme der Angaben im unteren Teil auf Blatt 2 durchgeschrieben. Der untere Teil dieses Blattes sei für statistische Zwecke vorgesehen und könne vom eingetragenen Halter des Fahrzeugs freiwillig ausgefuellt werden. Auch wenn der statistische Teil nicht vom Halter ausgefuellt werde, müsse der Händler, der den Verkauf getätigt habe, nach den erwähnten ministeriellen Richtlinien die Postleitzahl seines Kunden angeben. Das Formular werde dann zur weiteren Bearbeitung an das örtlich zuständige LVLO gesandt. Das LVLO trenne die beiden Blätter und leite Blatt 1 an das Driver and Vehicles Licensing Center (nachstehend: DVLC) weiter, das die Zulassungsbescheinigung ausstelle und aushändige. Blatt 2 werde gemäß den ministeriellen Richtlinien an ein EDV-Unternehmen weitergegeben, das den Behörden für jede wichtigere Kategorie von Fahrzeugen von den Gewerbetreibenden des Sektors benannt werde. Bei landwirtschaftlichen Zugmaschinen sei dies die SIL.

12 John Deere trägt weiter vor, das Formular V55/5 werde für alle Verkäufe mit Ausnahme von Erstverkäufen verwendet. Entgegen der Behauptung der Beklagten ermögliche dieses Formular es nicht, Paralleleinfuhren festzustellen. Die SIL werte die Angaben auf dem Vordruck aus, der anschließend vernichtet werde, ohne daß er den an der Vereinbarung Beteiligten zu irgendeinem Zeitpunkt unmittelbar zugänglich gemacht worden sei.

13 Nach Darstellung der Kommission enthält das Formular folgende Angaben, was die Klägerin in einigen Punkten bestreitet:

- Marke (Hersteller);

- Modell-, Serien- und Fahrgestellnummer; John Deere hält die Angabe in Randnummer 14 dritter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung insoweit für unvollständig und ungenau. Sie sei lediglich zum internen Gebrauch durch die SIL bestimmt, um Doppelzulassungen zu vermeiden. Die SIL stelle den an der Vereinbarung Beteiligten die Seriennummern der Fahrzeuge nicht zur Verfügung. Die Angaben zu den Seriennummern (oder zu den Fahrgestellnummern) würden von der SIL aufgezeichnet, jedoch nach dem der ersten Anmeldung zugrunde liegenden System nicht mehr an die Exchange-Teilnehmer weitergegeben, da zum 1. September 1988 vereinbart worden sei, daß die SIL den an der Vereinbarung Beteiligten den Zulassungsvordruck nicht mehr übermittele;

- ursprünglicher und verkaufender Händler (Codenummer, Name, Anschrift und Postleitzahl). Nach Darstellung von John Deere, deren Angaben zu diesem Punkt von der SIL bestätigt worden sind, nimmt die SIL entgegen Randnummer 14 vierter Gedankenstrich der Entscheidung Namen, Anschrift und Postleitzahl des Händlers nicht in ihre Datenbank auf. Ausserdem werde die Codenummer des ursprünglichen Händlers (Feld 54) nur dann eingetragen, wenn es keine Codenummer des verkaufenden Händlers (Feld 61) gebe;

- vollständige Postleitzahl des eingetragenen Fahrzeughalters;

- Name und Anschrift des eingetragenen Fahrzeughalters; nach Darstellung von John Deere entnimmt die SIL entgegen Randnummer 14 siebter Gedankenstrich der Entscheidung dem Formular V55 nicht den Namen und die Anschrift des Fahrzeughalters. Insoweit hat sich bestätigt, daß diese Angabe zwar möglicherweise auf Blatt 3 des Formulars V55 auftaucht, das allein der SIL übermittelt wird, auf jeden Fall aber von dieser nicht aufgezeichnet und somit den an der Vereinbarung Beteiligten nicht zugänglich gemacht wird.

14 Nach Darstellung von John Deere werden folgende, angeblich nur die Zulassungen und nicht die Verkäufe betreffenden Angaben von der SIL ausgewertet:

- Fahrzeugmarke (Feld 18);

- Fahrzeugmodell (Feld 21);

- Beschreibung der Karosserie des Fahrzeugs (Feld 23);

- der verkaufende Händler (Feld 61);

- die Postleitzahl des angemeldeten Fahrzeughalters (Feld 70);

- der Zeitpunkt des Eingangs von Blatt 2 bei der SIL.

15 Nach Meinung der Kommission lassen sich die Angaben, die den an der Vereinbarung Beteiligten übermittelt werden, in folgende drei Kategorien einteilen:

- Gesamtdaten für den Sektor: Gesamtumsatzzahlen, gegebenenfalls aufgeschlüsselt nach PS-Gruppen oder Fahrzeugtypen; diese Angaben seien für Jahres-, Vierteljahres-, Monats- und Wochenzeitraume erhältlich;

- Daten über die Umsätze jedes einzelnen Mitglieds: verkaufte Stückzahlen und Marktanteil des einzelnen Herstellers, aufgeschlüsselt nach räumlichen Gebieten (Vereinigtes Königreich insgesamt, Region, Grafschaft, Händlergebiet, das mit Hilfe der Postleitzonen, aus denen sich jedes Gebiet zusammensetzt, festgestellt wird). Diese Angaben seien auf Monats-, Vierteljahres- und Jahresbasis erhältlich (im letzten Fall für die letzten zwölf Monate, für das Kalenderjahr oder auf gleitender Jahresbasis);

- Daten über die Umsätze der einzelnen Händler des Vertriebsnetzes jedes Mitglieds, insbesondere für die Einfuhren und Ausfuhren der Händler in ihren jeweiligen Gebieten. Diese Angaben ermöglichten die Ermittlung der Einfuhren und Ausfuhren zwischen den verschiedenen Händlergebieten und den Vergleich dieser Verkaufstätigkeiten mit den Umsätzen der Händler in ihren eigenen Gebieten.

16 Ferner soll der Kommission zufolge die SIL bis zum 1. September 1988 den an der Vereinbarung Beteiligten Kopien des von den unabhängigen Einführern verwendeten Formulars V55/5 übermittelt haben. Seitdem teile sie ihnen lediglich die diesem Formular entnommenen Angaben mit. Dies gestatte gleichwohl die Ermittlung von Einfuhren aus anderen Ländern der Gemeinschaft, in erster Linie anhand der Seriennummer.

17 John Deere ist der Auffassung, daß das 1990 vereinbarte Data System es der SIL ermögliche, den an der Vereinbarung Beteiligten vier Arten von Informationen zur Verfügung zu stellen:

- Gesamtdaten des Sektors: Jedes Mitglied könne Informationen über die Gesamtzulassungen des Sektors entweder ohne Aufgliederung der Produkte nach Modellen oder aber aufgeschlüsselt nach PS-Gruppen oder Fahrzeugtypen für das Vereinigte Königreich insgesamt oder für jede der vom Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung (nachstehend: MLFE) festgelegten zehn Regionen sowie nach Einsatzzweck, Grafschaften, eigenen Händlergebieten und Postleitzonen erhalten. Diese Umsatzzahlen könnten auf monatlicher oder auf wöchentlicher Basis ausgewertet werden;

- Daten über die Eigenumsätze des Unternehmens: Die SIL könne den an der Vereinbarung Beteiligten Angaben "nach Maß" über ihren eigenen Gesamtumsatz und über ihre Umsätze, aufgeschlüsselt nach Modellen für das Vereinigte Königreich, Regionen des MLFE, Einsatzzweck, Grafschaften, Händlergebieten und Postleitzonen, übermitteln. Sie könne ferner jedem einzelnen Hersteller Informationen, gegebenenfalls aufgeschlüsselt nach Modellen, über die von einem Händler in seinem Gebiet erzielten Umsätze oder über den Gesamtumsatz eines Händlers ohne Angabe des Verkaufsorts liefern. Diese Daten könnten monatlich übermittelt werden. Auch wenn in Randnummer 26 der Entscheidung die Daten, die in diesem Rahmen übermittelt werden könnten, genau beschrieben würden, so seien unter dem Ausdruck "Einfuhren" doch die Verkäufe, die andere Händler im Gebiet eines Händlers durchführten, und unter dem Ausdruck "Ausfuhren" wiederum die Verkäufe zu verstehen, die ein Händler ausserhalb seines eigenen Gebietes tätige. Diese Ausdrücke, die zu Fehlschlüssen verleiten könnten, bezeichneten keinesfalls Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten oder Ausfuhren in diese Staaten. Das System bezwecke mithin nicht die Überwachung von Paralleleinfuhren. Die Darstellung der Kommission könne leicht zu Irrtümern führen. Das System verschaffe lediglich jedem der an der Vereinbarung Beteiligten Angaben über die Verkäufe an Abnehmer innerhalb eines Händlergebiets insgesamt ohne Nennung des Händlers, der den Verkauf getätigt habe, sowie über die Verkäufe eines Händlers an Abnehmer innerhalb seines Gebietes insgesamt.

- Daten über die Umsätze jedes Wettbewerbers: Die SIL könne den Gesamtumsatz eines bestimmten Wettbewerbers mitteilen, nach Wunsch aufgegliedert nach Modellen für das gesamte Vereinigte Königreich oder für die zehn Regionen des MLFE sowie nach Einsatzzweck, Grafschaften, eigenen Händlergebieten und Postleitzonen. Diese Daten würden auf monatlicher Basis mitgeteilt;

- dem Formular V55 entnommene Daten: Fahrgestellnummer und Zulassungsdatum für jeden im Vereinigten Königreich verkauften Traktor einer bestimmten Marke. Diese Informationen würden auf monatlicher Basis übermittelt. Sie sollten die Überprüfung von Garantie- und Bonusanträgen ermöglichen.

18 Am 4. Januar 1988 meldete die ÄA bei der Kommission eine Vereinbarung über ein auf Zulassungsdaten von landwirtschaftlichen Zugmaschinen gestütztes Informationssystem (Exchange) an und beantragte ein Negativattest, hilfsweise eine individuelle Freistellungserklärung. Diese Vereinbarung über den Austausch von Informationen trat an die Stelle einer früheren Vereinbarung von 1975, die nicht bei der Kommission angemeldet wurde und dieser 1984 bekannt geworden war, als sie aufgrund einer bei ihr eingereichten Beschwerde wegen der Behinderung von Paralleleinfuhren Untersuchungen anstellte.

19 Am 11. November 1988 richtete die Kommission eine Mitteilung von Beschwerdepunkten an die ÄA, jeden der acht an Exchange Beteiligten und die SIL. Am 24. November 1988 beschlossen die an Exchange Beteiligten dessen Aussetzung. Bei einer Anhörung vor der Kommission machten sie insbesondere unter Bezugnahme auf eine Untersuchung von Professor Albach, Berlin Science Center, geltend, daß sich die übermittelten Informationen günstig auf den Wettbewerb ausgewirkt hätten. Am 12. März 1990 meldeten fünf an Exchange Beteiligte, darunter John Deere, bei der Kommission eine neue Vereinbarung über den Austausch von Informationen (Data System) an und verpflichteten sich, das neue System nicht vor Erhalt der Antwort der Kommission auf ihre Anmeldung anzuwenden.

20 Mit der Entscheidung 92/157 hat die Kommission

- festgestellt, daß die Vereinbarung über den Austausch von Informationen über die Zulassungen von landwirtschaftlichen Zugmaschinen gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstosse, "indem es Anlaß zum Austausch von Angaben gibt, aus denen die Umsätze einzelner Wettbewerber, die Umsatzzahlen einzelner Händler und die Einfuhren firmeneigener Erzeugnisse hervorgehen" (Artikel 1);

- den Antrag auf Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages abgelehnt (Artikel 2);

- der ÄA und den Teilnehmern an dem Austauschsystem aufgegeben, die Vertragsverletzung, soweit diese noch fortbestehe, unverzueglich zu beenden und es in Zukunft zu unterlassen, eine Vereinbarung einzugehen, die gleichartige oder ähnliche Ziele oder Wirkungen haben kann (Artikel 3).

21 John Deere focht diese Entscheidung der Kommission beim Gericht erster Instanz mit einer Nichtigkeitsklage an, die das Gericht durch sein Urteil in der Rechtssache Deere/Kommission insgesamt abgewiesen hat. Gegen dieses Urteil hat John Deere am 13. Januar 1995 das vorliegende Rechtsmittel eingelegt.

II. Die Rechtsmittelgründe

22 John Deere stützt ihren Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils auf folgende acht Rechtsmittelgründe:

- widersprüchliche und unzureichende Begründung;

- fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages auf die Vereinbarung;

- fehlerhafte Gleichsetzung des Marktes des Vereinigten Königreichs für landwirtschaftliche Zugmaschinen mit einem geschlossenen Oligopol;

- fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 bezueglich des Wettbewerbs zwischen Herstellern;

- fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 bezueglich der Sitzungen der ÄA;

- fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 bezueglich der Beschränkung eines markenspezifischen Wettbewerbs;

- fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 bezueglich der Auswirkung auf den Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und den anderen Mitgliedstaaten;

- ungerechtfertigte Ablehnung der Anwendung von Artikel 85 Absatz 3.

23 Vor der Prüfung jedes dieser Rechtsmittelgründe halte ich eine allgemeine Überlegung über die Kriterien für unerläßlich, die der Gerichtshof zur Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen Urteile des Gerichts entwickelt hat.

24 Auf der Grundlage von Artikel 51 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes, der Artikel 168a Absatz 1 EG-Vertrag näher durchführt, und von Artikel 112 § 1 Buchstabe c seiner Verfahrensordnung hat der Gerichtshof schrittweise die Kriterien für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln entwickelt.

Er hat erstens eine ständige Rechtsprechung(3) entwickelt, wonach ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils des Gerichts, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muß. Dieser Anforderung entspricht ein Rechtsmittel nicht, das sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Gründe und Argumente einschließlich derjenigen, die auf ein ausdrücklich vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, zu wiederholen oder wörtlich wiederzugeben. Ein solches Rechtsmittel stellt nämlich in Wirklichkeit einen Antrag auf eine blosse erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage dar, was nach Artikel 49 der Satzung des Gerichtshofes nicht in dessen Zuständigkeit fällt.

Der Gerichtshof hat zweitens festgestellt, daß ein Rechtsmittel nur auf die Verletzung von Rechtsnormen gestützt werden kann, nicht aber auf die Würdigung von Tatsachen. Demgemäß hat der Gerichtshof die Auffassung vertreten, daß die Beurteilung der ihm vorgelegten Beweise durch das Gericht keine Rechtsfrage sei, die als solche der Überprüfung in der Rechtsmittelinstanz unterliege, falls diese nicht verfälscht würden oder falls sich nicht aus den Prozessakten ergebe, daß die getroffenen Feststellungen tatsächlich falsch seien. Der Gerichtshof sei grundsätzlich nicht befugt, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht seine Feststellungen gestützt habe, falls diese Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden seien. Dagegen sei der Gerichtshof zu einer Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung der Tatsachen und der rechtlichen Folgen befugt, die das Gericht aus ihnen abgeleitet habe(4).

Mit dieser Rechtsprechung wurden verhältnismässig strenge Kriterien für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln festgelegt, um zu verhindern, daß das Rechtsmittel in Wirklichkeit zu einer erneuten Prüfung der Klage führt und die Feststellung der Tatsachen durch das Gericht in Frage gestellt wird.

25 Meines Erachtens empfiehlt sich in Wettbewerbsstreitigkeiten infolge von Entscheidungen der Kommission, wie Generalanwalt Jacobs bereits befürwortet hat(5), eine strengere Auslegung der Kriterien für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln und insbesondere des Erfordernisses nach Artikel 51 der EG-Satzung des Gerichtshofes, daß das beim Gerichtshof eingelegte Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist. In diesen Streitigkeiten überprüft das Gericht eine Entscheidung der Kommission, die den Sachverhalt darlegt und eine rechtliche Würdigung vornimmt. Das Gericht stellt, ob es sich nun auf die Untersuchungsergebnisse der Kommission oder auf eigene Ermittlungen stützt, den Sachverhalt fest. Hieran hat sich der Gerichtshof im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens zu halten, da die Aufgabe des Gerichts in Frage gestellt würde, wenn der Gerichtshof auf Antrag der Rechtsmittelführer die tatsächlichen Grundlagen der Urteile des Gerichts überprüfen müsste.

Ich werde nun jeden einzelnen der von John Deere angeführten Rechtsmittelgründe unter Berücksichtigung der vorgenannten strengen Zulässigkeitskriterien untersuchen. Der Anwendung dieser Kriterien kommt bei diesem Rechtsmittel besondere Bedeutung zu, da die Rechtsmittelführerin häufig Argumente heranzieht, die sie bereits beim Gericht vorgebracht hat, und sich mehrfach darauf beschränkt, die Tatsachenfeststellungen des Gerichts anzugreifen, ohne im Rechtsmittelverfahren erhebliche Rechtsfragen anzuführen.

A - Widersprüchliche und unzureichende Begründung

26 Bezueglich der Widersprüchlichkeit der Begründung sieht die Rechtsmittelführerin einen Rechtsfehler des Gerichts darin, daß es in den Randnummern 39 und 40 des angefochtenen Urteils die Rechtmässigkeit des Exchange statt der des Data System geprüft habe, da die Unternehmen, die das letztgenannte System bei der Kommission angemeldet hätten, sich verpflichtet hätten, sich nicht weiter an Exchange zu beteiligen.

27 Dieser Teil des Rechtsmittelgrundes ist unzulässig, weil er sich auf eine Tatsachenfeststellung des Gerichts bezieht, die mit dem Rechtsmittel nicht angefochten werden kann. Das Gericht ist nämlich davon ausgegangen, daß in der angefochtenen Entscheidung zu Recht die Rechtmässigkeit des Exchange und des Data System geprüft worden sei, weil nicht alle am ersten System Beteiligten auch am zweiten teilgenommen hätten und die Anmeldung von Exchange nicht zurückgenommen worden sei.

28 Die unzureichende Begründung will John Deere mit zwei Argumenten belegen. Erstens sei das Gericht in Randnummer 40 des angefochtenen Urteils fehlerhaft davon ausgegangen, daß die streitige Entscheidung hinsichtlich der Rechtmässigkeit des Data System ausreichend begründet sei, weil diese nämlich zu Unrecht die Erwägungen bezueglich des Exchange sinngemäß übernommen habe, obwohl zwischen beiden erhebliche Unterschiede bestuenden. Auch dieser Teil des Rechtsmittelgrundes ist unzulässig, weil hier ein Sachverhaltselement in Frage gestellt wird, der im Urteil des Gerichts endgültig festgestellt wurde, nämlich die Entsprechungen und Unterschiede der im Rahmen von Exchange und von Data System übermittelten Informationen.

29 Zweitens habe das Gericht nicht hinreichend begründet, weshalb es die Verwendung des Kriteriums der zehn abgesetzten Fahrzeuge je Gebiet, Produkttyp oder Zeitspanne als Grenzwert, unterhalb dessen eine Ermittlung der von jedem einzelnen Wettbewerber erzielten Umsätze möglich sei, seitens der Kommission als zutreffend betrachte. Dieses Kriterium der zehn abgesetzten Einheiten sei sehr restriktiv, weil es in kleinen Gebieten die Übermittlung der Daten erheblich verzögere.

30 Diesem Vorbringen der Rechtsmittelführerin kann nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes hat sich die richterliche Kontrolle der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte in Entscheidungen der Kommission zu Wettbewerbsfragen grundsätzlich auf die Prüfung zu beschränken, ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmißbrauch vorliegen(6). Die Ermittlung des Kriteriums, das die genaue Kenntnis der Umsätze der Wettbewerber ausschließt, erfordert zweifelsfrei eine komplexe wirtschaftliche Würdigung. Das Gericht hat in Randnummer 92 des angefochtenen Urteils angesichts der charakteristischen Merkmale des Marktes und der Art der ausgetauschten Informationen einen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission bei der Heranziehung des Kriteriums der zehn abgesetzten Einheiten verneint. Das Gericht ist in Wettbewerbssachen bei erschöpfender Prüfung des Sachverhalts durchaus in der Lage, die beschränkte richterliche Kontrolle durchzuführen, die die Gemeinschaftsrechtsprechung bei komplexen wirtschaftlichen Würdigungen in Entscheidungen der Kommission vorsieht. Meiner Auffassung nach sollte die Prüfung dieser Würdigungen des Gerichts, die immer eng mit den Sachverhaltselementen des Falles zusammenhängen, grundsätzlich nicht mit Rechtsmitteln angefochten werden dürfen.

31 Daher ist meines Erachtens dieser Rechtsmittelgrund teilweise unzulässig und, soweit zulässig, als unbegründet zurückzuweisen.

B - Fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages auf die Vereinbarung

32 John Deere bringt vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es in Randnummer 66 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen sei, daß eine ausdrückliche oder zumindest stillschweigende Vereinbarung zwischen den Beteiligten über die Festlegung der Verkaufsgebiete der Händler nach Maßgabe der Postleitzonen des Vereinigten Königreichs bestanden habe.

33 Dieser Rechtsmittelgrund ist unzulässig, weil John Deere identische Argumente bereits vor dem Gericht vorgebracht hat und weil mit ihm Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Urteils in Frage gestellt werden sollen. Das Gericht hat nämlich eine zumindest stillschweigende Vereinbarung zwischen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern, mit der unter Bezugnahme auf das Postleitzahlensystem im Vereinigten Königreich die Grenzen der Verkaufsgebiete der Händler festgelegt werden sollten, sowie das Vorliegen eines institutionellen Rahmens als bewiesen angesehen, der mit Hilfe der ÄA und der SIL den Austausch von Informationen zwischen den Wirtschaftsteilnehmern ermöglichen sollte.

34 Dieser Rechtsmittelgrund ist daher unzulässig.

C - Fehlerhafte Gleichsetzung des Marktes des Vereinigten Königreichs für landwirtschaftliche Zugmaschinen mit einem geschlossenen Oligopol

35 Mit diesem Rechtsmittelgrund macht John Deere geltend, die Billigung der Einstufung des britischen Marktes für landwirtschaftliche Zugmaschinen als Oligopol durch das Gericht sei aus fünf Gründen fehlerhaft:

- unvollständige und unzureichend begründete Untersuchung des relevanten Marktes;

- fehlende Prüfung des von ihr vorgelegten Sachverständigengutachtens;

- inhaltliche Ungenauigkeit der Feststellungen des Gerichts;

- falsche Definition des geographisch relevanten Marktes;

- Fehlen einer Wettbewerbsbeschränkung.

36 Der erste Fehler des Gerichts bei der Untersuchung der Merkmale des britischen Marktes für landwirtschaftliche Zugmaschinen sei die Nichtberücksichtigung dreier wesentlicher Gesichtspunkte, nämlich des Preiswettbewerbs, der Untersuchung der Produktentwicklung und der Kaufkraft der Kunden der Zugmaschinenhersteller.

Diesem Argument ist nicht zu folgen. Wie die Kommission in ihrer Rechtsmittelbeantwortung ausführt, hat das Gericht in dem angefochtenen Urteil die drei von John Deere vorgebrachten Gesichtspunkte berücksichtigt, indessen auch die Auffassung vertreten, daß die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie ihre Annahme des Bestehens eines geschlossenen Oligopols auf andere Merkmale des relevanten Marktes gestützt habe. So werden in Randnummer 74 die von John Deere genannten Faktoren erwähnt, in den Randnummern 78 bis 80 jedoch festgestellt, daß die Kommission, als sie aus anderen Merkmalen - Marktanteil der Hersteller, relative Stabilität, hohe Marktzutrittsschranken - auf das Bestehen eines geschlossenen Oligopols geschlossen habe, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe.

Ich meine, daß das Gericht die von John Deere genannten Faktoren berücksichtigt hat und daß in der Rechtsmittelinstanz nicht dieselben Argumente wie in erster Instanz in bezug auf tatsächliche Merkmale eines Marktes vorgebracht werden dürfen, die allein das Gericht zu beurteilen hat.

37 Der zweite Fehler, der dem Gericht John Deere zufolge bei der Ermittlung der Merkmale des britischen Marktes für landwirtschaftliche Zugmaschinen unterlaufen ist, soll darin bestehen, daß es nicht gebührend auf die Wirtschaftsanalyse des von John Deere vorgeschlagenen Sachverständigen, Professor Albach, eingegangen sei. Einen solchen Fehler kann ich nicht feststellen, weil das Gericht die Analyse in Randnummer 75 des angefochtenen Urteils erwähnt(7). In den Randnummern 78 bis 80 schließt sich das Gericht einer Charakterisierung des Traktorenmarktes im Vereinigten Königreich an, die der eines anderen, von der Kommission beauftragten Sachverständigen, Professor Neumann, sowie der des ebenfalls von der Kommission vorgelegten Berichts über den Sektor der Agrarausrüstung nahesteht. Meines Erachtens hat das Gericht seine Entscheidung für diese wirtschaftliche Analyse des relevanten Marktes ausreichend begründet und daher keinen offensichtlichen Rechtsfehler begangen, zumal vom Gericht nicht verlangt werden kann, daß es jedes einzelne Argument der Wirtschaftsanalyse von Professor Albach ausdrücklich widerlegt.

38 Der dritte Fehler bei der Ermittlung der Merkmale des relevanten Marktes soll nach Meinung der Rechtsmittelführerin darin bestehen, daß die Feststellungen des Gerichts ausweislich der Prozessakten tatsächlich nicht zutreffend seien. Diesen Unterlagen lasse sich nicht entnehmen, wie es das Gericht getan habe, daß der relevante Markt durch eine relative Stabilität der Positionen der Wettbewerber, hohe Zutrittsschranken und einen hinreichenden Grad der Homogenität der Erzeugnisse gekennzeichnet sei.

Dieser Rechtsmittelgrund ist unzulässig, weil er vom Gericht endgültig vorgenommene Tatsachenfeststellungen zur Struktur und zu den Merkmalen des britischen Marktes für landwirtschaftliche Zugmaschinen in Frage stellt. Die Rechtsmittelführerin nennt keine Unregelmässigkeiten der in den Prozessakten befindlichen Schriftstücke, die zu einer fehlerhaften Würdigung des Sachverhalts durch das Gericht hätten führen können, so daß ihr Vorbringen unzulässig ist und nicht auf das Urteil Kommission/Brazzelli Lualdi u. a.(8) gestützt werden kann.

39 Als vierten Grund führt die Rechtsmittelführerin an, daß das Gericht den räumlich relevanten Markt falsch bestimmt habe, als es ihn auf den Markt für landwirtschaftliche Zugmaschinen im Vereinigten Königreich beschränkt habe.

Dieses Vorbringen ist im Rechtsmittelverfahren nicht zulässig, da John Deere es im Verfahren beim Gericht nicht geltend gemacht hat, sondern sich darauf beschränkt hat, die Auswirkung des Informationssystems auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu erörtern(9).

40 An letzter Stelle führt John Deere an, das Gericht habe in Randnummer 51 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, daß eine hohe Konzentration des relevanten Marktes gleichbedeutend mit einer starken Einschränkung des Wettbewerbs sei. Ein starker Wettbewerb sei auch in einem oligopolistischen Markt möglich.

Diesem Vorbringen von John Deere kann nicht gefolgt werden. Das Gericht beschränkt sich nicht darauf, eine automatische Entsprechung zwischen dem Grad der Konzentration auf dem relevanten Markt und der Stärke des entsprechenden Wettbewerbs festzustellen. Das Gericht hat nämlich die Merkmale des Marktes für landwirtschaftliche Zugmaschinen im Vereinigten Königreich untersucht und ihnen entnommen, daß es sich um ein geschlossenes Oligopol handelt. Es hat ferner festgestellt, daß in einem Markt mit solchen Merkmalen ein Informationssystem wie das in diesem Rechtsstreit geprüfte den Wettbewerb beschränkt. In seinem Vorbringen beruft sich John Deere auf kein Argument, das dieser Schlußfolgerung des Gerichts, die mit dem Ergebnis der Kommission in der angefochtenen Entscheidung übereinstimmt, entgegenstuende.

41 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist dieser Rechtsmittelgrund meines Erachtens teilweise unzulässig und, soweit zulässig, als unbegründet zurückzuweisen.

D - Fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 bezueglich des Wettbewerbs zwischen Herstellern

42 Dieser Rechtsmittelgrund von John Deere weist folgende drei Aspekte auf:

- die Verringerung oder Beseitigung der Ungewißheit hinsichtlich des Marktgeschehens beschränke den Wettbewerb nicht;

- die Schwierigkeiten des Marktzugangs seien nicht verstärkt worden;

- Artikel 85 Absatz 1 verbiete keine "rein potentiellen Auswirkungen auf den Wettbewerb".

Ich werde die drei Aspekte dieses Rechtsmittelgrundes im folgenden getrennt prüfen.

1. Die Verringerung oder Beseitigung der Ungewißheit hinsichtlich des Marktgeschehens beschränkt den Wettbewerb nicht

43 John Deere ist der Auffassung, daß das Gericht im angefochtenen Urteil den Begriff "Einschränkung des Wettbewerbs" in Artikel 85 Absatz 1 fehlerhaft ausgelegt habe. Der Wettbewerb werde eingeschränkt, wenn die Unternehmen darauf verzichteten, ihr Marktverhalten unabhängig voneinander zu bestimmen, und damit den Wettbewerb beeinträchtigten(10). Im vorliegenden Fall hätten weder das Gericht noch die Kommission das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung festgestellt, da sie nicht nachgewiesen hätten, daß die Verringerung der Ungewißheit auf dem britischen Markt für landwirtschaftliche Zugmaschinen, wie sie durch das Informationsaustauschsystem bewirkt werde, die Freiheit der Unternehmen beeinträchtigt habe, unabhängige Entscheidungen zu treffen, noch, daß dieses System zu einer Einschränkung des Wettbewerbs geführt habe.

Zur Freiheit der Unternehmen, unabhängige Entscheidungen zu treffen, führt John Deere aus, diese sei durch das Informationsaustauschsystem nicht begrenzt worden, da sich die von der SIL verwalteten Angaben auf vergangene Ergebnisse der Wettbewerber bezögen und keine Daten über Geschäftsgeheimnisse wie Preise, Kunden oder Produktionsprogramme enthielten. Diese Angaben ließen die zukünftige Marktstrategie der Unternehmen nicht erkennen, deren Verhalten trotz erhöhter Markttransparenz unvorhersehbar bleibe und nicht notwendig gleichförmig ausfalle. Das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Ahlström u. a./Kommission(11) bestätige dieses Argument. Ausserdem habe das Informationsaustauschsystem nicht zu einer Abnahme der geschäftlichen Rivalität der Hersteller landwirtschaftlicher Zugmaschinen geführt, und ihre aggressiven Unternehmensstrategien hätten nicht aufgehört, weil dieses System globale Verkaufsdaten verwaltet habe, die zudem mit mehreren Monaten Verspätung bekanntgeworden seien.

44 John Deere stützt sich zur Rechtfertigung seines Vorbringens auf verschiedene Argumente, die meines Erachtens unzulässig sind, weil sie im Widerspruch zu den vom Gericht in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Tatsachenfeststellungen stehen. Das Gericht ist nämlich davon ausgegangen, daß der Markt für landwirtschaftliche Zugmaschinen im Vereinigten Königreich ein oligopolistischer Markt mit hohen Zutrittsschranken ist (Randnrn. 78 bis 84), daß die im Rahmen der Informationsvereinbarung ausgetauschten Informationen Geschäftsgeheimnisse darstellen (Randnr. 81) und daß unter den Herstellern genaue Informationen in kurzen zeitlichen Abständen ausgetauscht wurden (Randnr. 51).

45 Auf dieser Grundlage ist meines Erachtens dieser Teil des Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen, weil das Gericht im angefochtenen Urteil das Erfordernis der Wettbewerbsbeschränkung, das vorliegen muß, wenn eine Vereinbarung gegen Artikel 85 Absatz 1 verstossen soll, zutreffend angewandt hat.

46 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes wird der Wettbewerb im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 beeinträchtigt oder verfälscht, wenn die Wirtschaftsteilnehmer ihr Marktverhalten nicht mehr selbständig bestimmen. Dieses Selbständigkeitspostulat beseitigt nicht das Recht der Unternehmen, sich dem Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen, steht jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die bezweckt oder bewirkt, daß Wettbewerbsbedingungen entstehen, die im Hinblick auf die Art der Waren oder erbrachten Dienstleistungen, die Bedeutung und die Anzahl der beteiligten Unternehmen sowie den Umfang des betreffenden Marktes nicht den normalen Bedingungen dieses Marktes entsprechen(12).

47 Eine Selbständigkeit der Wirtschaftsteilnehmer bei der Festlegung ihres Marktverhaltens besteht eindeutig nicht mehr, wenn sie eine Vereinbarung treffen, die ihre künftige Handlungsfreiheit auf dem Markt beschränkt. Diese Selbständigkeit kann aber auch beeinträchtigt werden, wenn die Wirtschaftsteilnehmer in Verfolgung eines gemeinsamen wirtschaftlichen Interesses Strukturen der Zusammenarbeit schaffen, die zwar nicht unmittelbar ein wettbewerbswidriges Verhalten fördern, wohl aber den Wettbewerb zwischen den Herstellern verringern.

48 Im vorliegenden Fall haben die wichtigsten Hersteller landwirtschaftlicher Zugmaschinen im Vereinigten Königreich eine Struktur der Zusammenarbeit, nämlich das Informationsaustauschsystem, geschaffen, das die Kenntnis des britischen Marktes erleichtern soll. Als Folge dieser Vereinbarung ist eine ganz bedeutende Zunahme der Markttransparenz und eine entsprechende Abnahme der Ungewißheit bezueglich der Marktstrategie der im Wettbewerb stehenden Unternehmen eingetreten.

49 Meiner Auffassung nach begrenzt die durch das Informationsaustauschsystem herbeigeführte Verringerung der Ungewißheit die Freiheit der Unternehmen, selbständige Geschäftsentscheidungen zu treffen, und beschränkt daher den Wettbewerb im Sinne des Artikels 85 Absatz 1. Dieses Ergebnis, das mit der Argumentation der Kommission und des Gerichts übereinstimmt, beruht auf folgenden Gründen:

- Die Transparenz und die entsprechende Verringerung der Ungewißheit verstärken den Wettbewerb nur bei Märkten mit hohem Wettbewerb. Hingegen erlaubt eine gesteigerte Transparenz bei oligopolistischen Märkten wie im vorliegenden Fall den Unternehmen, die Geschäftsstrategie ihrer Wettbewerber schnell zu erkennen, was zu einer "Blockade" des Marktes führt, die Anreize für aggressive Marktstrategien beseitigt. Gesteigerte Transparenz auf einem oligopolistischen Markt beseitigt oder beschränkt zumindest den Wettbewerb.

- Die zwischen den an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen ausgetauschten Informationen beziehen sich auf Geschäftsgeheimnisse und versetzen diese Unternehmen in die Lage, die Verkäufe ihrer Händler ausserhalb und innerhalb ihres Verkaufsgebiets festzustellen sowie die Absätze der anderen Wettbewerber und ihrer an der Vereinbarung beteiligten Händler in Erfahrung zu bringen. Die zahlreichen von der SIL verwalteten Daten über die Absätze ermöglichen es den Unternehmen auch, Paralleleinfuhren aus anderen Mitgliedstaaten festzustellen.

- Die Daten werden den an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen von der SIL wöchentlich, monatlich oder vierteljährlich zur Verfügung gestellt. Der Zeitraum zwischen Verkauf und Übermittlung der Angaben ist recht kurz und bewirkt, daß die Angaben für die Unternehmen nicht von "historischer" Bedeutung sind, sondern eine Information über die gegenwärtige Marktstrategie der anderen Wettbewerber darstellen.

- Allein die Unternehmen, die landwirtschaftliche Zugmaschinen verkaufen, erhalten die von der SIL übermittelten Angaben, die sonst nicht veröffentlicht werden. Insofern ziehen die Käufer aus der Informationsvereinbarung keinerlei Nutzen. Dieser Umstand steht entgegen der Ansicht von John Deere einer Anwendung des Zellstoff-Urteils des Gerichtshofes(13) auf den vorliegenden Fall entgegen, weil in jenen Rechtssachen die vierteljährlichen Veröffentlichungen der Verkaufspreise für Zellstoff durch die Hersteller eine nützliche Information für die Käufer mit sich brachten. Dagegen erlaubt die Vereinbarung im vorliegenden Fall den Informationsaustausch nur zwischen den Unternehmen, die landwirtschaftliche Zugmaschinen verkaufen und auf dem britischen Markt miteinander in Wettbewerb stehen.

50 Aufgrund dieser Erwägungen bin ich der Auffassung, daß dieser erste Teil des Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen ist.

2. Die Schwierigkeiten des Marktzugangs sind nicht verstärkt worden

51 Das Gericht ist in den Randnummern 52 und 84 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen, daß die Informationsvereinbarung sich negativ für die Wirtschaftsteilnehmer auswirke, die Zugang zum britischen Markt für landwirtschaftliche Zugmaschinen erhalten möchten, weil sie bei Nichtbeitritt zur Vereinbarung auf unerläßliche Informationen über diesen Markt verzichteten und, falls sie beiträten, ihre Unternehmensstrategie sofort allen bereits auf dem Markt tätigen Wettbewerbern offengelegt werde.

John Deere hält diese Ausführungen aus zwei Gründen für fehlerhaft. Erstens stehe das Informationsaustauschsystem ohne jede Diskriminierung allen Herstellern und Verkäufern offen, die sich im Vereinigten Königreich niederlassen möchten, und diese könnten, wenn sie nicht beiträten, eine eigenständige Marktstrategie entwickeln, auch ohne über die aufgrund der Vereinbarung übermittelten Angaben zu verfügen. Zweitens werde, wenn sich diese neuen Marktteilnehmer am System beteiligten, ihre Freiheit, selbständig auf dem Markt aufzutreten, nicht beeinträchtigt und ihre Unternehmensstrategie den Wettbewerbern nicht rasch bekannt.

52 Diese Gründe sind im Rechtsmittelverfahren unzulässig, weil John Deere mit ihnen vor dem Gerichtshof nur die gleichen Argumente vorträgt, die bereits vom Gericht im angefochtenen Urteil zurückgewiesen wurden, ohne daß sie irgendetwas vorbrächte, was auf einen möglichen Rechtsfehler des Gerichts bei seiner Würdigung hindeuten könnte.

3. Artikel 85 Absatz 1 verbietet keine "rein potentiellen Auswirkungen auf den Wettbewerb"

53 John Deere ist der Auffassung, das Gericht habe mit seinen Ausführungen in den Randnummern 61 und 92 des angefochtenen Urteils, wonach gemäß Artikel 85 Absatz 1 sowohl tatsächliche als auch potentielle wettbewerbswidrige Auswirkungen verboten seien, wenn sie nur hinreichend spürbar seien, einen Rechtsfehler begangen. Das Gericht habe es deshalb für unerheblich gehalten, daß die Kommission tatsächliche wettbewerbswidrige Auswirkungen des Informationsaustauschsystems auf dem britischen Markt für landwirtschaftliche Zugmaschinen nicht nachgewiesen habe.

Die Urteile des Gerichtshofes in den Rechtssachen Société technique minière(14) und Salonia(15) sowie das Urteil des Gerichts in der Rechtssache Petrofina/Kommission(16), auf die sich das Gericht für seine Auffassung berufen habe, daß Artikel 85 Absatz 1 auch rein potentielle wettbewerbswidrige Auswirkungen verbiete, seien im angefochtenen Urteil unzutreffend angewandt worden.

54 Diesem Vorbringen der Rechtsmittelführerin ist nicht zu folgen.

55 Vereinbarungen verstossen gegen Artikel 85 Absatz 1, wenn sie "eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken". Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes(17) ist in erster Linie zu prüfen, ob der Zweck der Vereinbarung für sich genommen eine Wettbewerbsbeschränkung bedeutet. Trifft dies zu, ist die Voraussetzung des Artikels 85 Absatz 1 erfuellt, und die Wirkungen der Vereinbarung brauchen nicht geprüft zu werden. Bezweckt die Vereinbarung keine Wettbewerbsbeschränkung, sind ihre Wirkungen daraufhin zu prüfen, ob sie den Wettbewerb beschränken oder nicht(18).

Die Wirkungen einer Vereinbarung sind im Hinblick auf den Wettbewerb zu prüfen, der auf dem relevanten Markt geherrscht hätte, wenn die Vereinbarung nicht getroffen worden wäre. Der Gerichtshof geht deshalb davon aus, daß bei der Prüfung der Vereinbarungen durch die Kommission "jede Vereinbarung in ihrem wirtschaftlichen Zusammenhang zu beurteilen" ist, wobei sowohl die tatsächlichen als auch die potentiellen Wirkungen dieser Wettbewerbsvereinbarungen(19) sowie der vollständige wirtschaftliche Kontext, in dem sich der Wettbewerb ohne die Vereinbarung vollzieht(20), zu berücksichtigen sind. Ausserdem muß die Vereinbarung den Wettbewerb spürbar beeinträchtigen(21).

Die Ermittlung der Wirkungen einer Vereinbarung auf den Wettbewerb erfordert eine komplexe wirtschaftliche Würdigung. Der Gerichtshof ist davon ausgegangen, daß er zwar grundsätzlich eine umfassende Prüfung der Frage vornimmt, ob die Tatbestandsmerkmale des Artikels 85 Absatz 1 erfuellt sind, daß seine Prüfung der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission sich aber notwendigerweise auf die Frage zu beschränken hat, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob die Begründung ausreichend ist, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung und kein Ermessensmißbrauch vorliegen(22).

56 Im vorliegenden Fall hatte die Vereinbarung über den Informationsaustausch keinen wettbewerbswidrigen Zweck, so daß ihre Wirkungen auf den Wettbewerb des britischen Marktes für landwirtschaftliche Zugmaschinen geprüft werden mussten. Das Gericht ist im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, daß die Kommission in der streitigen Entscheidung die wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen der Vereinbarung über den Informationsaustausch hinreichend nachgewiesen habe.

Diese Beurteilung des Gerichts scheint mir mit der zuvor zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofes übereinzustimmen. Die Kommission hat nämlich in der angefochtenen Entscheidung die potentiell wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen der Informationsvereinbarung gebührend nachgewiesen und hierbei die Besonderheiten des britischen Marktes für landwirtschaftliche Zugmaschinen (geschlossenes Oligopol mit hohen Marktzutrittsschranken) sowie Inhalt und Häufigkeit der zwischen den wichtigsten Marktteilnehmern ausgetauschten Informationen berücksichtigt. Es handelt sich um die Würdigung einer komplexen wirtschaftlichen Situation, die das Gericht in seinem angefochtenen Urteil der richterlichen Prüfung unterzogen hat, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes erforderlich ist.

Nach meiner Meinung war das Gericht nicht verpflichtet, von der Kommission die Durchführung einer Untersuchung der tatsächlichen Auswirkungen der Vereinbarung auf den Wettbewerb im britischen Markt für landwirtschaftliche Zugmaschinen zu verlangen, in der die Preise und die Marktanteile jedes Marktteilnehmers für den Fall aufgezeigt worden wären, daß die Vereinbarung über den Informationsaustausch nicht zustande gekommen wäre.

57 Andererseits bin ich der Meinung, daß die Erwähnung des Urteils Salonia und seines Urteils Petrofina/Kommission im angefochtenen Urteil des Gerichts nicht ganz zutreffend ist, weil, wie John Deere darlegt, in beiden Fällen festgestellt wird, daß die potentiellen Wirkungen einer Vereinbarung bei der Prüfung der Frage zu berücksichtigen seien, ob der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt werde. Dieser Rechtsprechungshinweis des Gerichts zur Stützung seiner Ausführungen ist dadurch zu erklären, daß die Wettbewerbsbeschränkung und die Beeinträchtigung des Gemeinschaftshandels zwei notwendige Voraussetzungen für einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 sind, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofes eng miteinander verknüpft sind(23), und nach dieser Rechtsprechung die potentiellen Wirkungen von Vereinbarungen in beiden Fällen berücksichtigt werden dürfen. Meines Erachtens stellt dieser etwas ungenaue Rechtsprechungshinweis des Gerichts keinen Rechtsfehler in der Begründung des angefochtenen Urteils dar.

58 Demgemäß bin ich der Meinung, daß dieser Rechtsmittelgrund nicht durchgreifen kann.

59 Aufgrund all dieser Erwägungen komme ich zu dem Ergebnis, daß dieser Rechtsmittelgrund teilweise unzulässig ist und die zulässigen Teile als unbegründet zurückzuweisen sind.

E - Fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 bezueglich der Sitzungen der ÄA

60 Mit diesem Rechtsmittelgrund trägt John Deere vor, das Gericht habe dadurch, daß es in Randnummer 87 des angefochtenen Urteils der Argumentation der Kommission gefolgt sei, wonach die regelmässigen Sitzungen im Rahmen des ÄA-Ausschusses den Herstellern landwirtschaftlicher Zugmaschinen "als Forum für Kontakte" gedient habe, das die Beibehaltung einer Politik hoher Preise ermöglicht und deshalb den Wettbewerb im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 beschränkt habe, einen Rechtsfehler begangen. Im Rahmen des Data System hätten die Mitglieder lediglich von Zeit zu Zeit Sitzungen veranstaltet, um rein verwaltungsmässige Fragen zu lösen, und die Kommission habe keinen Beweis für erhöhte Verkaufspreise erbracht.

61 Mit diesem Rechtsmittelgrund trägt John Deere nichts dafür vor, daß dem Gericht mit der Feststellung, die Kontakte der Traktorhersteller im Ausschuß ihres Berufsverbandes hätten der Planung von Modalitäten für das Funktionieren des Informationsaustauschsystems und infolgedessen einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs mittels der Preise gedient, ein Rechtsfehler unterlaufen wäre. Dieser Rechtsmittelgrund ist daher unzulässig, da er den Gerichtshof lediglich mit Argumenten bekannt macht, die bereits beim Gericht vorgetragen und von diesem in den Randnummern 87 und 88 des angefochtenen Urteils zurückgewiesen worden sind.

F - Fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 bezueglich der Beschränkung eines markenspezifischen Wettbewerbs

62 John Deere macht geltend, das Gericht habe mit der Erwägung, daß die Vereinbarung über den Informationsaustausch es den beteiligten Unternehmen ermöglicht habe, einen absoluten Gebietsschutz für ihre Händler einzurichten (Randnr. 96 des angefochtenen Urteils) und Paralleleinfuhren mit Hilfe der vom Hersteller zuvor im Formular V55/5 eingetragenen Fahrgestellnummer zu überwachen (Randnr. 97 des angefochtenen Urteils), einen Rechtsfehler begangen.

Bezueglich des absoluten Gebietsschutzes für die Händler weist die Rechtsmittelführerin darauf hin, daß die den Herstellern aufgrund der Vereinbarung übermittelten Angaben über die Gesamtumsätze und über die Umsätze ihrer Händler in jedem Gebiet es diesen nicht ermöglicht hätten, auf Händler, die ausserhalb ihres Vertragsgebiets verkauft hätten, Druck auszuüben, da sie nicht gewusst hätten, an welche Kunden und in welches andere Vertragsgebiet verkauft worden sei.

Zur Überwachung von Paralleleinfuhren macht John Deere geltend, das Gericht habe nicht berücksichtigt, daß das Formular V55/5 seit September 1988 nicht mehr an die Teilnehmer von Exchange übermittelt werde und daß im Rahmen von Data System die SIL den Mitgliedern den Namen des unabhängigen Importeurs nicht mehr mitteile.

63 Beide Teile dieses Rechtsmittelgrundes sind unzulässig, weil es sich um Argumente handelt, die John Deere bereits in erster Instanz vorgebracht hat und die vom Gericht in gebührender Weise zurückgewiesen worden sind, und weil mit ihnen Tatsachenfeststellungen, die das Gericht im angefochtenen Urteil endgültig getroffen hat, angezweifelt werden, ohne daß die Frage eines Rechtsfehlers aufgeworfen würde, die im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens überprüft werden könnte.

G - Fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 bezueglich der Auswirkung auf den Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und den anderen Mitgliedstaaten

64 Der Rechtsmittelführerin zufolge ist dem Gericht ein Rechtsfehler anzulasten, weil es in Randnummer 101 des angefochtenen Urteils der Begründung der angefochtenen Entscheidung gefolgt sei, wonach angesichts der Merkmale des britischen Marktes und des Umstands, daß die wichtigsten Anbieter auf diesem im gesamten Gemeinsamen Markt tätig seien, die Vereinbarung über den Informationsaustausch den Handel zwischen Mitgliedstaaten in hohem Maß beeinträchtige und die Schwächung des Wettbewerbs infolge der Vereinbarung unweigerlich Auswirkungen auf den Umfang der Einfuhren in das Vereinigte Königreich haben müsse. Die Kommission habe nicht beweisen können, daß die Preise im Vereinigten Königreich unter den in anderen Mitgliedstaaten angewandten Preisen lägen, was aber der entscheidende Gesichtspunkt gewesen sei, um die Auswirkung der Vereinbarung über den Informationsaustausch auf den innergemeinschaftlichen Handel zu belegen.

65 In Randnummer 101 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, daß die Kommission zwar nicht bewiesen habe, daß die Preise auf dem britischen Markt über den Preisen auf dem Kontinent lägen, daß aber auch John Deere nicht habe nachweisen können, daß sie niedriger seien.

66 Diesem Rechtsmittelgrund ist meines Erachtens nicht zu folgen. Das Gericht ist nämlich in Randnummer 101 des angefochtenen Urteils gerade davon ausgegangen, daß die Vereinbarung über den Informationsaustausch den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 spürbar beeinträchtigt. Wie das Gericht ausgeführt hat, sind die Merkmale des britischen Traktorenmarktes, der hohe Marktanteil der an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen (88 %), die Feststellung der Verkäufe in allen Einzelheiten und der Umstand, daß die Unternehmen auf den Märkten der übrigen Mitgliedstaaten tätig sind, mehr als ausreichende Gründe für die Schlußfolgerung, daß die betreffende Vereinbarung den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigt. Zweifellos zeigen diese Gründe mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, daß diese Vereinbarung eine unmittelbare oder mittelbare, tatsächliche oder potentielle Auswirkung auf den Handel mit landwirtschaftlichen Zugmaschinen zwischen dem Vereinigten Königreich und den übrigen Mitgliedstaaten in dem Sinne hatte, der nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes erforderlich ist, damit diese Voraussetzung für die Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 als gegeben angesehen werden kann(24).

H - Ungerechtfertigte Ablehnung der Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages

67 Die Rechtsmittelführerin ist der Auffassung, das Gericht habe mit der Feststellung in Randnummer 105 des angefochtenen Urteils, daß Exchange und Data System nicht die erforderlichen Voraussetzungen für eine individuelle Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 erfuellten, einen Rechtsfehler begangen. Das Gericht habe zu Unrecht angenommen, daß John Deere nicht belegt habe, daß die Beschränkungen des Wettbewerbs infolge der beiden Vereinbarungen über den Informationsaustausch unbedingt notwendig gewesen seien, um eine Verbesserung der Produktion und einen für die Verbraucher günstigen Vertrieb herbeizuführen. Auch habe man nicht über so verläßliche Daten über den britischen Markt für landwirtschaftliche Zugmaschinen verfügen können, wenn die Hersteller individuelle Untersuchungen durchgeführt hätten.

68 Dieser Rechtsmittelgrund ist unzulässig, weil John Deere hiermit nur tatsächliche Feststellungen des Gerichts in Zweifel zieht oder vor dem Gerichtshof erneut Argumente vorbringt, die bereits im angefochtenen Urteil vom Gericht ordnungsgemäß zurückgewiesen worden sind. John Deere bezieht sich sogar auf sein Vorbringen in der dem Gericht eingereichten Klageschrift, ohne irgendeine strittige Rechtsfrage in der Begründung des Gerichts zu beanstanden.

Kosten

69 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 für das Rechtsmittelverfahren gilt, hat die unterliegende Partei die Kosten zu tragen. Wenn daher meinem Vorschlag entsprechend die Rechtsmittelgründe zurückgewiesen werden, sind der Rechtsmittelführerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Ergebnis

70 Demgemäß schlage ich dem Gerichtshof vor,

1. die teilweise Unzulässigkeit des Rechtsmittels festzustellen,

2. die zulässigen Rechtsmittelgründe als unbegründet zurückzuweisen,

3. der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

(1) - Urteil des Gerichts vom 27. Oktober 1994 (Deere/Kommission, Slg. 1994, II-957).

(2) - Entscheidung 92/157/EWG der Kommission vom 17. Februar 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag in der Sache IV/31.370 und 31.446 (UK Agricultural Tractor Registration Exchange) (ABl. L 68, S. 19).

(3) - Vgl. u. a. Beschlüsse vom 26. April 1993 in der Rechtssache C-244/92 P (Kupka-Floridi/WSA, Slg. 1993, I-2041), vom 26. September 1994 in der Rechtssache C-26/94 P (X/Kommission, Slg. 1994, I-4379), vom 17. Oktober 1995 in der Rechtssache C-62/94 P (Turner/Kommission, Slg. 1995, I-3177) und vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-73/95 P (Viho/Kommission, Slg. 1996, I-5457, Randnrn. 25 und 26).

(4) - Urteil vom 2. März 1994 in der Rechtssache C-53/92 P (Hilti/Kommission, Slg. 1994, I-667), vom 6. April 1995 in den verbundenen Rechtssachen C-241/91 P und C-242/91 P (RTE und ITP/Kommission, Slg. 1995, I-743) und Beschluß vom 17. September 1996 in der Rechtssache C-19/95 P (San Marco/Kommission, Slg. 1996, I-4435, Randnr. 39).

(5) - Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache Hilti/Kommission (zitiert in Fußnote 4, Nrn. 8 bis 12 und 46 bis 49).

(6) - Urteil vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84 (Remia u. a./Kommission, Slg. 1985, 2545, Randnr. 34) und Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache Hilti/Kommission (zitiert in Fußnote 4, Nr. 9).

(7) - Professor Albach betrachtete den Traktorenmarkt im Vereinigten Königreich "als weites Oligopol mit heterogenen Produkten, auf dem die Gesamtmarktanteile der wichtigsten Anbieter rückläufig und auf dem neue Marktteilnehmer aufgetreten sind. Es handelt sich um einen Markt mit scharfem Wettbewerb."

(8) - Urteil vom 1. Juni 1994 in der Rechtssache C-136/92 P (Slg. 1994, I-1981, Randnr. 49), wo es heisst: "Somit ist allein das Gericht für die Tatsachenfeststellung zuständig, sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, daß seine Feststellungen tatsächlich falsch sind."

(9) - Vgl. Urteil Kommission/Brazzelli Lualdi u. a. (zitiert in Fußnote 8, Randnr. 59), wo es wörtlich heisst: "Könnte eine Partei vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffsmittel vorbringen, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, könnte sie den Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, letztlich mit einem Rechtsstreit befassen, der weiter reicht als derjenige, den das Gericht zu entscheiden hatte. Im Rahmen eines Rechtsmittels sind daher die Befugnisse des Gerichtshofes auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt."

(10) - Urteile vom 16. Dezember 1975 in den verbundenen Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73 (Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663) und vom 14. Juli 1981 in der Rechtssache 172/80 (Zuechner, Slg. 1981, 2021).

(11) - Urteil vom 27. September 1988 in den verbundenen Rechtssachen 89/85, 104/85, 114/85, 116/85 und 117/85, 125/85 bis 129/85 (Slg. 1988, 5193, Randnr. 64; nachstehend: Zellstoff-Urteil).

(12) - Urteile Suiker Unie u. a./Kommission (zitiert in Fußnote 10, Randnrn. 173 und 174) und Zuechner (zitiert in Fußnote 10, Randnrn. 13 und 14).

(13) - Zitiert in Fußnote 11, Randnrn. 63 und 64.

(14) - Urteil vom 30. Juni 1966 in der Rechtssache 56/65 (Slg. 1966, 281).

(15) - Urteil vom 16. Juni 1981 in der Rechtssache 126/80 (Slg. 1981, 1563).

(16) - Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1991 in der Rechtssache T-2/89 (Slg. 1991, II-1087).

(17) - Vgl. insbesondere Urteile Société technique minière (zitiert in Fußnote 14, 303), vom 13. Juli 1966 in den verbundenen Rechtssachen 56/64 und 58/64 (Consten und Grundig/Kommission, Slg. 1966, 321), vom 11. Dezember 1980 in der Rechtssache 31/80 (L'Oréal, Slg. 1980, 3775, Randnr. 19), Remia u. a./Kommission (zitiert in Fußnote 6, Randnr. 18), vom 27. Januar 1987 in der Rechtssache 45/85 (Verband der Sachversicherer/Kommission, Slg. 1987, 405, Randnr. 39) und vom 17. November 1987 in den verbundenen Rechtssachen 142/84 und 156/84 (BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487).

(18) - Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Tesauro in der Rechtssache C-250/92 (DLG, Slg. 1994, I-5641, Nrn. 15 und 16).

(19) - Urteil BAT und Reynolds/Kommission (zitiert in Fußnote 17, Randnr. 54) und Urteil des Gerichts vom 27. Februar 1992 in der Rechtssache T-19/91 (Vichy/Kommission, Slg. 1992, II-415, Randnr. 59).

(20) - Urteil vom 12. Dezember 1995 in der Rechtssache C-399/93 (Oude Luttikhuis u. a., Slg. 1995, I-4515, Randnr. 10).

(21) - Urteil vom 9. Juli 1969 in der Rechtssache 5/69 (Völk, Slg. 1969, 295) und Urteil des Gerichts vom 8. Juni 1995 in der Rechtssache T-7/93 (Langnese-Iglo/Kommission, Slg. 1995, II-1533, Randnr. 98).

(22) - Urteile Remia u. a/Kommission (zitiert in Fußnote 6, Randnr. 34) sowie BAT und Reynolds/Kommission (zitiert in Fußnote 17, Randnr. 62).

(23) - Vgl. C. Bellamy und G. Child, Derecho de la competencia en el mercado común, Civitas, Madrid, 1991, S. 142.

(24) - Vgl. u. a. Urteile Consten und Grundig/Kommission (zitiert in Fußnote 17, S. 321), Salonia (zitiert in Fußnote 15, Randnr. 12), Remia u. a./Kommission (zitiert in Fußnote 6, Randnr. 22) und Oude Luttikhuis u. a. (zitiert in Fußnote 20, Randnr. 18).

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