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Document 61994TO0290

Beschluss des Gerichts erster Instanz (Erste erweiterte Kammer) vom 16. August 1995.
Kaysersberg SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Sprachenregelung.
Rechtssache T-290/94.

Sammlung der Rechtsprechung 1995 II-02247

ECLI identifier: ECLI:EU:T:1995:152

BESCHLUß DES GERICHTS (Erste erweiterte Kammer)

16. August 1995 ( *1 )

In der Rechtssache T-290/94

Kaysersberg SA, Gesellschaft französischen Rechts mit Sitz in Kaysersberg (Frankreich), Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dominique Voillemot und Jacques-Philippe Günther, Paris, Zustellungsbevollmächtigter: Rechtsanwalt Jacques Loesch, 11, rue Goethe, Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Francisco González Díaz, Juristischer Dienst, und Géraud de Bergues, zur Kommission abgeordneter nationaler Beamter, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Georgios Kremlis, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 94/893/EG der Kommission vom 21. Juni 1994 über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und mit der Funktionsfähigkeit des EWR-Abkommens (IV/M. 430 — Procter & Gamble/VP Schickedanz [II], ABl. L 354, S. 32)

erläßt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. L. Cruz Vilaça, der Richter D. P. M. Barrington, A. Saggio, H. Kirschner und A. Kalogeropoulos,

Kanzler: H. Jung

folgenden

Beschluß

1

Die Procter & Gamble GmbH, Gesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in Schwalbach (Deutschland), zu 100 % Tochtergesellschaft der The Procter & Gamble Company, Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Mario Siragusa, Rom, Giuseppe Scassellati Sforzolini, Bologna, und Nicholas Lesly, Barrister, zugelassen in England und Wales, Zustellungsanschrift: Kanzlei Elvinger und Moss, 15, Côte d'Eich, Luxemburg, hat mit Schriftsatz, der am 8. Januar 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt, in der Rechtssache T-290/94 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden; weiter hat sie gemäß Artikel 35 § 2 Buchstabe b der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, sich im schriftlichen Verfahren und der mündlichen Verhandlung der englischen Sprache bedienen zu dürfen.

2

Mit Beschluß des Präsidenten der Ersten erweiterten Kammer des Gerichts vom 19. Mai 1995 ist dem Antrag auf Zulassung als Streithelferin stattgegeben worden.

3

Zur Unterstützung ihres Antrags auf Abweichung von der Sprachenregelung macht die Streithelferin geltend, daß sie als Tochtergesellschaft einer amerikanischen Gesellschaft in allen Ländern im Rahmen ihrer Tätigkeit die englische Sprache verwende, daß das Zusammenschlußvorhaben, das sie bei der Kommission angemeldet habe, in Englisch abgefaßt gewesen sei und daß sie während des ganzen Verfahrens einschließlich der Anhörungen das Englische verwendet habe und diese Sprache die einzige sei, in der die Entscheidung verbindlich sei.

4

Die Klägerin hat diesem Antrag widersprochen und geltend gemacht, die in Artikel 35 § 2 Buchstabe b der Verfahrensordnung vorgesehene Möglichkeit sei eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Verfahrenssprache vom Kläger gewählt werde, und eine solche Ausnahme sei eng auszulegen. Sie macht geltend, die Streithelferin habe zur Unterstützung ihres Antrags keinerlei Nachweis dafür erbracht, daß sie der Ablauf des Verfahrens in französischer Sprache in ihren Rechten verletzen würde, was nach der Rechtsprechung des Gerichts erforderlich sei (vgl. Beschluß des Gerichts vom 13. Mai 1993 in der Rechtssache T-74/92, Ladbroke Racing/Kommission, Slg. 1993, II-535). Sie führt aus, indem die Streithelferin beschlossen habe, ihr Zusammenschlußvorhaben in Englisch anzumelden, habe sie alle Beteiligten gezwungen, diese Sprache zu verwenden. Im Rahmen des streitigen Verfahrens vor dem Gericht sei also eine entsprechende Behandlung geboten.

5

Schließlich ist die Klägerin der Auffassung, da es sich um einen freiwilligen Streitbeitritt handele, würde die Zulassung einer zweiten Verfahrenssprache aufgrund der zahlreichen erforderlichen Übersetzungen zu einer ungerechtfertigten Verzögerung des Verfahrens führen (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. Juli 1994 in der Rechtssache T-17/93, Matra/Kommission, Slg. 1994, II-595, Randnr. 21).

6

Artikel 35 § 3 Absatz 4 der Verfahrensordnung erlaubt nur den Mitgliedstaaten, die einem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, eine Abweichung von dem Grundsatz, daß die Streithelfer die von den Parteien bestimmte Verfahrenssprache zu verwenden haben. Artikel 35 § 2 Buchstabe b der Verfahrensordnung ermöglicht es dem Gericht jedoch, auf Antrag einer Partei nach Anhörung der Gegenpartei eine andere der in Artikel 35 § 1 genannten Sprachen ganz oder teilweise als Verfahrenssprache zuzulassen (vgl. Beschluß des Gerichts vom 6. Februar 1995 in der Rechtssache T-66/94, Auditel/Kommission, Slg. 1995,II-239).

7

Die von der Streithelferin vorgebrachten Argumente, die englische Sprache sei die Arbeitssprache der Gruppe, der sie angehöre, und das Verfahren vor der Kommission sei in dieser Sprache durchgeführt worden, lassen nicht den Schluß zu, daß ohne eine solche Abweichung ihre Rechte im schriftlichen Verfahren beeinträchtigt würden, denn die Streithelferin kann sich mit eigenen Mitteln Übersetzungen der Schriftsätze und anderen Verfahrensschriftstücke ins Englische beschaffen (vgl. die Beschlüsse des Gerichts in den Rechtssachen Ladbroke Racing/Kommission, a. a. O., Randnr. 17, T-3/93 vom 1. Juli 1993, Air France/Kommission, Randnr. 23, T-2/93 vom 15. Juli 1993, Air France/Kommission, Randnr. 18, und T-154/94 vom 10. Februar 1995, Comité des Salines de France/Kommission, Randnr. 41, noch nicht in der Sammlung der Rechtsprechung veröffentlicht). Der Antrag auf Abweichung von der Sprachenregelung ist daher zurückzuweisen, soweit er das schriftliche Verfahren betrifft.

8

Für die mündliche Verhandlung dagegen ist dem Antrag der Streithelferin auf Verwendung der englischen Sprache stattzugeben, da sie zum einen ein offensichtliches Interesse daran hat, sich weiterhin des Prozeßbevollmächtigten ihrer Wahl bedienen zu können, und da diese Abweichung zum anderen die Verfahrensrechte der Parteien des Rechtsstreits nicht beeinträchtigt und insbesondere keine Verzögerung im Verfahrensablauf mit sich bringt.

 

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

beschlossen:

 

1)

Der Antrag der Procter & Gamble GmbH auf Abweichung von der Sprachenregelung wird bezüglich des schriftlichen Verfahrens zurückgewiesen.

 

2)

Dem Antrag der Procter & Gamble GmbH, sich in der mündlichen Verhandlung der englischen Sprache bedienen zu dürfen, wird stattgegeben.

 

3)

Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

 

Luxemburg, den 16. August 1995

Der Kanzler

H. Jung

Der Präsident

J. L. Cruz Vilaça


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

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