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Document 61994CC0254
Opinion of Mr Advocate General Elmer delivered on 29 February 1996. # Fattoria autonoma tabacchi, Lino Bason and others and Associazione Professionale Trasformatori Tabacchi Italiani (APTI) and others v Ministero dell'Agricoltura e delle Foreste, Azienda di Stato per gli interventi sul mercato agricolo (AIMA), Consorzio Nazionale Tabacchicoltori (CNT), Unione Nazionale Tabacchicoltori (Unata) and Ditta Mario Pittari. # Reference for a preliminary ruling: Tribunale amministrativo regionale del Lazio - Italy. # Common organization of the market - Raw tobacco - Council Regulation (EEC) No 2075/92 - Commission Regulation (EEC) No 3477/92. # Joined cases C-254/94, C-255/94 and C-269/94.
Schlussanträge des Generalanwalts Elmer vom 29. Februar 1996.
Fattoria autonoma tabacchi, Lino Bason u.a. und Associazione Professionale Trasformatori Tabacchi Italiani (APTI) u.a. gegen Ministero dell'Agricoltura e delle Foreste, Azienda di Stato per gli interventi sul mercato agricolo (AIMA), Consorzio Nazionale Tabacchicoltori (CNT), Unione Nazionale Tabacchicoltori (Unata) und Ditta Mario Pittari.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale amministrativo regionale del Lazio - Italien.
Gemeinsame Marktorganisation - Rohtabak - Verordnung (EWG) Nr. 2075/92 des Rates - Verordnung (EWG) Nr. 3477/92 der Kommission.
Verbundene Rechtssachen C-254/94, C-255/94 und C-269/94.
Schlussanträge des Generalanwalts Elmer vom 29. Februar 1996.
Fattoria autonoma tabacchi, Lino Bason u.a. und Associazione Professionale Trasformatori Tabacchi Italiani (APTI) u.a. gegen Ministero dell'Agricoltura e delle Foreste, Azienda di Stato per gli interventi sul mercato agricolo (AIMA), Consorzio Nazionale Tabacchicoltori (CNT), Unione Nazionale Tabacchicoltori (Unata) und Ditta Mario Pittari.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale amministrativo regionale del Lazio - Italien.
Gemeinsame Marktorganisation - Rohtabak - Verordnung (EWG) Nr. 2075/92 des Rates - Verordnung (EWG) Nr. 3477/92 der Kommission.
Verbundene Rechtssachen C-254/94, C-255/94 und C-269/94.
Sammlung der Rechtsprechung 1996 I-04235
ECLI identifier: ECLI:EU:C:1996:75
Schlussanträge des Generalanwalts Elmer vom 29. Februar 1996. - Fattoria autonoma tabacchi, Lino Bason u.a. und Associazione Professionale Trasformatori Tabacchi Italiani (APTI) u.a. gegen Ministero dell'Agricoltura e delle Foreste, Azienda di Stato per gli interventi sul mercato agricolo (AIMA), Consorzio Nazionale Tabacchicoltori (CNT), Unione Nazionale Tabacchicoltori (Unata) und Ditta Mario Pittari. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale amministrativo regionale del Lazio - Italien. - Gemeinsame Marktorganisation - Rohtabak - Verordnung (EWG) Nr. 2075/92 des Rates - Verordnung (EWG) Nr. 3477/92 der Kommission. - Verbundene Rechtssachen C-254/94, C-255/94 und C-269/94.
Sammlung der Rechtsprechung 1996 Seite I-04235
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1 In diesen Rechtssachen hat das Tribunale Amministrativo Regionale del Lazio, Italien, dem Gerichtshof Fragen zur Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 2075/92 des Rates vom 30. Juni 1992 über die gemeinsame Marktorganisation für Rohtabak(1) (nachstehend: Grundverordnung) sowie zur Gültigkeit und Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 3477/92 der Kommission vom 1. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zur Quotenregelung im Rohtabaksektor für die Ernten 1993 und 1994(2) (nachstehend: Durchführungsverordnung) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Verfahren wurden bei dem vorlegenden Gericht von Herstellern und Verarbeitungsunternehmen anhängig gemacht, die sich darauf beriefen, es seien ihnen zu geringe Quoten zugeteilt worden.
Die Marktorganisation für Rohtabak in den Ausgangsverfahren
2 Die Grundverordnung führte anstelle der früheren Marktorganisation(3) eine neue Marktorganisation für Rohtabak ein.
3 Die frühere Marktorganisation war ein auf Ziel- und Interventionspreisen beruhendes Stützungssystem. Nach dieser Regelung konnten die Tabakhersteller entweder ihre Produktion den Interventionsstellen verkaufen, die zum Ankauf zu Interventionspreisen verpflichtet waren, oder sie auf dem Markt absetzen. Es gab keine Begrenzung des Umfangs der Produktion, für die man eine Unterstützung erhalten konnte. Um die Tabakerzeugung zu begrenzen und den Anbau von Tabaksorten, die sich schwer absetzen ließen, zu drosseln, blieben die früher eingeführten Bestimmungen(4) über eine Hoechstgarantiemenge für den gesamten Gemeinschaftsmarkt erhalten(5). Die Überschreitung der Hoechstgarantiemenge auf Gemeinschaftsebene führte zur Kürzung der Interventionspreise, jedoch war keine Begrenzung des Umfangs der Produktion, für die der einzelne Erzeuger eine Unterstützung erhalten konnte, festgesetzt.
4 Die Hauptmerkmale der neuen, von 1993 bis 1997 geltenden Marktorganisation sind folgende(6). Es wird eine Prämienregelung eingeführt, um die Erzeuger (Tabakpflanzer) zu stützen und den Absatz des Tabaks in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Prämien werden u. a. unter der Bedingung gezahlt, daß die Tabaklieferung des Erzeugers an das Erstverarbeitungsunternehmen auf der Grundlage eines zwischen dem Erzeuger und dem Erstverarbeitungsunternehmen geschlossenen Anbauvertrags erfolgt. Ein Anbauvertrag enthält eine Verpflichtung des Verarbeitungsunternehmens, bei der Lieferung über den Kaufpreis hinaus einen Betrag in Höhe der Prämie zu zahlen, und eine Verpflichtung des Erzeugers, Rohtabak zu liefern.
5 In der Grundverordnung ist eine Hoechstgarantieschwelle für den gesamten Markt der Gemeinschaft festgelegt (370 000 Tonnen Rohtabak für 1993 und 350 000 für 1994), in deren Rahmen der Rat Garantieschwellen für die einzelnen Sortengruppen aufstellt. Um die Einhaltung der Garantieschwellen zu gewährleisten, wird eine Verarbeitungsquotenregelung eingeführt. Der Rat verteilt für jede Ernte die für jede Sortengruppe zur Verfügung stehenden Mengen auf die Erzeugermitgliedstaaten, und jeder Mitgliedstaat verteilt übergangsweise für die Ernten 1993 und 1994 grundsätzlich Verarbeitungsquoten auf die Erstverarbeitungsunternehmen im Verhältnis der Mengen, die 1989, 1990 und 1991 zur Verarbeitung an die betreffenden Unternehmen geliefert wurden.
6 In der Durchführungsverordnung sind u. a. Bestimmungen darüber enthalten, daß die Verarbeitungsunternehmen jedem einzelnen Erzeuger Anbaubescheinigungen ausstellen sollen. Die Anbaubescheinigung gibt den Teil der Quote des betreffenden Verarbeitungsunternehmens an, der jedem einzelnen Erzeuger zugeteilt ist. Ziel der Einführung der Anbaubescheinigungen ist es, den Erzeugern die Möglichkeit zu verschaffen, bei Vorlage einer solchen Bescheinigung das Verarbeitungsunternehmen von Ernte zu Ernte zu wechseln.
7 Die Mitgliedstaaten können die Quoten unmittelbar an die Erzeuger verteilen, wenn sie über die nötigen Daten zur Produktion der Erzeuger in den Jahren 1989, 1990 und 1991 verfügen.
8 Im übrigen sei erwähnt, daß die Marktorganisation für die Ernten 1995, 1996 und 1997 als ein System mit Produktionsquoten ausgestaltet ist, die von den Mitgliedstaaten unmittelbar den Erzeugern im Verhältnis zu den durchschnittlichen Mengen zugeteilt werden, die in den drei der letzten Ernte voraufgegangenen Jahren zur Verarbeitung angeliefert wurden(7). Die Bestimmungen für die Ernten 1993 und 1994 können, soweit sie für die vorliegenden Rechtssachen erheblich sind, somit als Übergangsregelung von der früheren Marktorganisation, die auf Ziel- und Interventionspreisen aufbaute, zu der letzten Marktorganisation angesehen werden, bei der alle Mitgliedstaaten die Produktionsquoten unmittelbar den Erzeugern zuteilen.
Die Grundverordnung
9 Die fünfte, die sechste, die achte und die neunte Begründungserwägung der Grundverordnung lauten wie folgt:
"Die Wettbewerbslage auf dem Tabakmarkt macht eine Stützung der traditionellen Tabakerzeuger erforderlich. Diese Stützung muß auf einer Prämienregelung beruhen, die den Absatz des Tabaks in der Gemeinschaft ermöglicht.
Eine wirksame Verwaltung der Prämienregelung lässt sich durch Anbauverträge zwischen dem Tabakpflanzer und dem Erstverarbeitungsunternehmen gewährleisten, da sie zum einen den Tabakpflanzern einen sicheren Absatz und zum anderen den Verarbeitungsunternehmen eine regelmässige Versorgung garantieren. Wenn das Verarbeitungsunternehmen dem Erzeuger zum Zeitpunkt der Anlieferung des Tabaks, der Gegenstand des Vertrages ist und bestimmten Qualitätsanforderungen entspricht, einen Betrag in Höhe der Prämie zahlt, so wird zur Stützung der Tabakbauern beigetragen und gleichzeitig die Verwaltung der Prämienregelung erleichtert.
...
Um die Einhaltung der Garantieschwellen zu gewährleisten, ist für eine begrenzte Zeit eine Verarbeitungsquotenregelung einzuführen. Es obliegt den Mitgliedstaaten, im Rahmen der festgesetzten Garantieschwellen Verarbeitungsquoten vorübergehend auf die einzelnen Unternehmen zu verteilen. Zu diesem Zweck sind entsprechende Gemeinschaftsvorschriften einzuführen, die eine gerechte Verteilung sicherstellen, wobei von den in der Vergangenheit verarbeiteten Mengen auszugehen ist und festgestellte anomale Produktionen unberücksichtigt bleiben müssen. Die erforderlichen Maßnahmen, die eine spätere Aufteilung der Quoten auf die Erzeuger unter zufriedenstellenden Bedingungen erlauben, werden getroffen werden. Mitgliedstaaten, die über die benötigten Daten verfügen, können die Quoten den Erzeugern anhand der in der Vergangenheit erzielten Ergebnisse zuteilen.
Die Erstverarbeitungsunternehmen dürfen in keinem Fall Anbauverträge für Mengen schließen, die über die ihnen jeweils zugeteilte Verarbeitungsquote hinausgehen. Infolgedessen ist die Erstattung des Prämienhöchstbetrags auf die Menge zu begrenzen, die der Verarbeitungsquote entspricht."
10 Die Grundverordnung enthält folgende Vorschriften, die für die vorliegenden Rechtssachen von Bedeutung sind:
"Artikel 3
(1) Ab der Ernte 1993 wird eine Prämienregelung eingeführt, die bis zur Ernte 1997 Anwendung findet ...
...
(3) Mit dieser Prämie soll zum einen der Erzeuger im Rahmen einer dem Marktbedarf entsprechenden Produktion eine Einkommensstützung erhalten und zum anderen der Absatz von in der Gemeinschaft erzeugtem Tabak ermöglicht werden.
...
Artikel 5
Die Gewährung der Prämie ist insbesondere an folgende Bedingungen geknüpft:
a) ... b) ...
c) der Erzeuger hat die Tabakblätter im Rahmen eines Anbauvertrags an das Erstverarbeitungsunternehmen zu liefern.
Artikel 6
(1) Der Anbauvertrag enthält zumindest:
- die Verpflichtung des Erstverarbeitungsunternehmens, dem Tabakpflanzer bei der Lieferung zusätzlich zum Kaufpreis einen Betrag in Höhe der Prämie für die vertraglich festgesetzte und tatsächlich gelieferte Menge zu zahlen;
- die Verpflichtung des Tabakpflanzers, dem Erstverarbeitungsunternehmen Rohtabak zu liefern, der den Qualitätsanforderungen genügt.
(2) Die zuständige Stelle erstattet dem Erstverarbeitungsunternehmen den Prämienbetrag, wenn es schriftlich nachweisen kann, daß der Tabakpflanzer den Tabak geliefert hat und daß der in Absatz 1 genannte Betrag gezahlt worden ist.
...
Artikel 8
Für die Gemeinschaft wird eine allgemeine Hoechstgarantieschwelle in Höhe von 350 000 Tonnen Rohtabak (Tabakblätter) je Ernte festgesetzt. Für 1993 gilt jedoch eine Schwelle von 370 000 Tonnen.
Im Rahmen dieser Schwelle setzt der Rat nach dem Verfahren des Artikels 43 Absatz 2 des Vertrages jährlich besondere Garantieschwellen für die einzelnen Sortengruppen fest und berücksichtigt dabei unter anderem die Marktverhältnisse sowie die sozioökonomischen und agronomischen Bedingungen der betroffenen Produktionsgebiete.
Artikel 9
(1) Um die Einhaltung der Garantieschwellen zu gewährleisten, wird für die Ernten von 1993 bis 1997 eine Verarbeitungsquotenregelung eingeführt.
(2) Der Rat verteilt nach dem Verfahren des Artikels 43Absatz 2 des Vertrages je Ernte die für die einzelnen Sortengruppen verfügbaren Mengen auf die Erzeugermitgliedstaaten.
(3) Auf der Grundlage der gemäß Absatz 2 festgesetzten Mengen
und unbeschadet der Anwendung von Absatz 5 verteilen die Mitgliedstaaten die Verarbeitungsquoten für die Ernten 1993 und 1994 vorübergehend auf die Erstverarbeitungsunternehmen, wobei sie jeweils vom Durchschnitt der Mengen ausgehen, die bei den einzelnen Sortengruppen während der letzten drei Jahre vor dem Erntejahr zur Verarbeitung angeliefert wurden. Die Erzeugung von 1992 und die Lieferungen aus dieser Ernte werden nicht berücksichtigt. Diese Verteilung greift den Einzelheiten der Verteilung der Verarbeitungsquoten für die folgenden Ernten nicht vor.
Erstverarbeitungsunternehmen, die ihre Tätigkeit nach Beginn des Bezugszeitraums aufgenommen haben, erhalten eine Menge im Verhältnis zum Durchschnitt der Mengen, die ihnen seit Aufnahme ihrer Tätigkeit zur Verarbeitung angeliefert wurden.
Für Erstverarbeitungsunternehmen, die ihre Tätigkeit während des Erntejahres oder während des vorhergehenden Jahres aufnehmen, sehen die Mitgliedstaaten 2 % der Gesamtmengen vor, über die sie für die einzelnen Sortengruppen verfügen. Im Rahmen dieses Prozentsatzes erhalten diese Unternehmen eine Menge von höchstens 70 % ihrer Verarbeitungskapazität, sofern sie ausreichende Garantien hinsichtlich der Effizienz und Dauerhaftigkeit ihrer Tätigkeit bieten.
(4) Die Mitgliedstaaten können jedoch unmittelbar Quoten an Erzeuger verteilen, wenn sie über die Erzeugung aller Erzeuger in den drei Jahren vor dem letzten Erntejahr, bezogen auf die erzeugten und an einen Verarbeiter gelieferten Mengen und Sorten, über genaue Angaben verfügen.
...
Artikel 10
Erstverarbeitungsunternehmen dürfen für Mengen, die über die ihnen oder dem Erzeuger(8) jeweils zugeteilte Verarbeitungsquote hinausgehen, keine Anbauverträge schließen und keine Erstattung des Prämienbetrages erhalten.
Artikel 11
Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Titel werden nach dem Verfahren des Artikels 23 erlassen. Hierzu gehören unter anderem ... die Vorbedingungen für die Auswirkungen der Quoten auf die Erzeuger, insbesondere im Vergleich mit der früheren Lage."
Die Durchführungsverordnung
11 Die sechste, die achte und die neunte Begründungserwägung der Durchführungsverordnung lauten wie folgt:
"Es ist sicherzustellen, daß die Verarbeitungsunternehmen ihre Quoten gleichmässig und ohne Diskriminierung auf die Erzeuger aufteilen, die ihnen während der berücksichtigten Bezugszeiträume Tabak geliefert haben ...
Es ist vorzusehen, daß den Erzeugern auf der Grundlage ihrer Tabaklieferungen der Ernten 1989, 1990 und 1991 Anbaubescheinigungen erteilt werden, damit sie auf Vorlage dieser Bescheinigung das Verarbeitungsunternehmen von einer Ernte zur nächsten wechseln können ...
Die bestimmten Erzeugern zugeteilten Mengen müssen den übrigen Erzeugern zur Verfügung stehen, wenn der anspruchsberechtigte Erzeuger keinen Anbauvertrag schließt."
12 Die Durchführungsverordnung enthält folgende Bestimmungen, die für die vorliegenden Rechtssachen erheblich sind:
"Artikel 2
Im Sinne dieser Verordnung sind
- ... - ...
- $Erzeuger`: jede natürliche oder juristische Person oder jede Vereinigung dieser Personen, die im eigenen Namen und für eigene Rechnung von ihr bzw. ihren Mitgliedern erzeugten Tabak im Rahmen eines von ihr oder in ihrem Namen geschlossenen Anbauvertrags an ein Verarbeitungsunternehmen liefert;
...
Artikel 3
(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Verarbeitungsquoten für jedes Verarbeitungsunternehmen und jede im Anhang der [Grundverordnung] bestimmte Sortengruppe für die Ernte 1993 spätestens am 15. Januar 1993 und für die Ernte 1994 spätestens am 15. Dezember 1993 fest.
...
(3) Die Quoten werden nur Verarbeitungsunternehmen zugeteilt, die sich verpflichten, die Anbaubescheinigung gemäß Artikel 9 zu erteilen.
Artikel 4
Die Zuteilung einer Quote oder die Erteilung einer Anbaubescheinigung für eine bestimmte Ernte greift der Zuteilung von Quoten bzw. der Erteilung von Anbaubescheinigungen für die folgenden Ernten nicht vor.
Artikel 5
(1) Die Quote jedes Verarbeitungsunternehmens wird berechnet, indem der prozentuale Anteil seiner Durchschnittsmenge an der gemäß Artikel 9 der [Grundverordnung] sowie den Artikeln 6 und 7 der vorliegenden Verordnung berechneten Summe der Durchschnittsmengen unbeschadet der Anwendung von Artikel 9 Absatz 3 dritter Unterabsatz der [Grundverordnung] auf die besondere Garantieschwelle des Mitgliedstaats für die betreffende Sortengruppe angewendet wird.
...
Artikel 9
(1) Für jede Sortengruppe erteilt das Verarbeitungsunternehmen den Erzeugern, ... gegebenenfalls auf deren Antrag, im Rahmen seiner Verarbeitungsquote und nach Maßgabe ihrer Lieferungen von Tabak dieser Sortengruppe bei den Ernten 1989, 1990 und 1991 Anbaubescheinigungen ... In den Anbaubescheinigungen sind insbesondere der Anspruchsberechtigte, die Sortengruppe und die Tabakmenge anzugeben, für die sie gelten.
(2) Die Mitgliedstaaten regeln das Verfahren zur Erteilung der Anbaubescheinigungen sowie die Betrugsverhütungsmaßnahmen ...
...
(3) Weist ein Erzeuger nach, daß seine Erzeugung bei einer bestimmten Ernte aufgrund aussergewöhnlicher Umstände anormal niedrig war, so setzt der Mitgliedstaat auf Antrag des Betreffenden die Menge fest, die für diese Ernte bei der Erteilung der Anbaubescheinigung zu berücksichtigen ist. Die Referenzmenge des betreffenden Verarbeitungsunternehmens wird entsprechend angepasst. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission darüber, welche Entscheidungen sie zu treffen gedenken.
...
(6) Die Anbaubescheinigungen werden spätestens am 31. März des Erntejahres erteilt.
Gegebenenfalls stellen die zuständigen Behörden diese Anbaubescheinigungen den Verarbeitern spätestens am 24. März desselben Jahres zu.
Artikel 10
(1) Jeder Erzeuger darf Tabak einer bestimmten Sortengruppe nur an ein einziges Verarbeitungsunternehmen liefern. Erhält er Anbaubescheinigungen von mehreren Verarbeitungsunternehmen, denen er bei den Ernten 1989, 1990 und 1991 Tabak derselben Sortengruppe geliefert hat, so werden diese Mengen bei dem Verarbeitungsunternehmen zusammengefasst, dem er diesen Tabak bei der Ernte 1991 geliefert hat. Hat der Erzeuger bei dieser Ernte an mehrere Verarbeitungsunternehmen Tabak geliefert, so gibt er das Unternehmen an, von dem er die Anbaubescheinigung erhalten möchte.
...
(2) Auf Vorlage der Anbaubescheinigung kann der Erzeuger einen Anbauvertrag mit einem anderen Verarbeitungsunternehmen schließen als demjenigen, das diese Bescheinigung ausgestellt hat.
(3) Der Mitgliedstaat nimmt die zur Anwendung dieses Artikels erforderlichen Quotenübertragungen zwischen den Verarbeitungsunternehmen vor.
Artikel 11
(1) Der Erzeuger muß die Anbaubescheinigungen, die bis zu dem für den Abschluß der Anbauverträge vorgeschriebenen Zeitpunkt nicht zu einem solchen Abschluß verwendet worden sind, dem Verarbeitungsunternehmen spätestens zehn Arbeitstage nach diesem Zeitpunkt zurückgeben.
...
(3) Die in den nicht verwendeten Anbaubescheinigungen aufgeführten Mengen sowie andere gegebenenfalls noch verfügbare Mengen werden von den Verarbeitungsunternehmen vor dem 1. April des Erntejahres anhand objektiver Kriterien gerecht aufgeteilt. Diese Kriterien können von den gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2077/92 anerkannten berufsständischen Organisationen aufgestellt werden ... Für das Erntejahr 1993 kann jedoch ... Italien die Frist vom 1. Mai bis zum 11. Juni verlängern.
...
Artikel 21
Wurde die Quote oder die Anbaubescheinigung zugunsten einer Erzeugervereinigung erteilt, die selber Tabakerzeuger im Sinne von Artikel 2 dritter Gedankenstrich ist, so sorgt der Mitgliedstaat für die gerechte Aufteilung auf alle Mitglieder. In diesem Fall gilt Titel II entsprechend für die Aufteilung auf die Mitglieder der Vereinigung; im Einvernehmen mit allen betroffenen Erzeugern kann die Vereinigung jedoch im Hinblick auf eine bessere Organisation der Erzeugung eine andere Aufteilung vornehmen."
Die Prämienverordnung
13 Die Verordnung (EWG) Nr. 3478/92 der Kommission vom 1. Dezember 1992(9) mit Durchführungsbestimmungen zur Prämienregelung für Rohtabak (nachstehend: Prämienverordnung) enthält u. a. folgende Bestimmung:
"Artikel 15
(1) Die Mitgliedstaaten zahlen dem Verarbeitungsunternehmen auf Antrag einen Vorschuß auf die an die Erzeuger zu zahlenden Prämien ..."
Die maßgeblichen nationalen Rechtsvorschriften
14 Auf der Grundlage des Artikels 9 Absatz 3 der Grundverordnung in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 9 Absatz 2 der Durchführungsverordnung erließ das italienische Ministerium für Landwirtschaft und Forsten den Runderlaß Nr. 368/G vom 1. März 1993, der Bestimmungen über die Zuteilung der Verarbeitungsquoten und die Erteilung von Anbaubescheinigungen enthielt. Der Runderlaß erging aufgrund einer dem Ministerium von der Kommission mit Schreiben vom 25. Januar 1993 (VI/003733) übersandten Entscheidung vom 20. Januar 1993 (VI/003136), die weiter unten im Zusammenhang mit der zweiten und der fünften Gruppe von Fragen näher erörtert wird.
Die Ausgangsverfahren vor dem vorlegenden Gericht
15 Die Fattoria Autonoma Tabacchi (nachstehend: FAT) ist eine Vereinigung von Erzeugern mit dem Zweck der Förderung und Unterstützung des Tabakanbaus der Gesellschafter und der Verarbeitung des Tabaks in der eigenen Fabrikanlage der Vereinigung. Die FAT hat gegen das Ministerium für Landwirtschaft und Forsten sowie die staatliche Interventionsstelle AIMA Klage erhoben auf Nichtigerklärung (und Aussetzung der Vollziehung) des Runderlasses Nr. 368/G vom 1. März 1993 - sowie sämtlicher früherer oder damit zusammenhängender Akte, wobei insbesondere auf die Durchführungsverordnung und die Entscheidung VI/003136 vom 20. Januar 1993 verwiesen wurde - und des im Zusammenhang mit diesem Runderlaß ergangenen Verwaltungsakts, mit dem der FAT eine Verarbeitungsquote für 2 800 962 kg Tabak zugeteilt wurde, deren Kürzung auch in der dem Erzeuger, einem Mitglied der FAT, ausgestellten Anbaubescheinigung beibehalten wurde. Die FAT machte geltend, der Vereinigung sei eine Verarbeitungsquote zugeteilt worden, die hinter der ihr zustehenden weit zurückbleibe; dies beruhe darauf, daß ihr nicht eine einzige Verarbeitungsquote oder eine einzige Anbaubescheinigung erteilt worden sei, die durch eine Summierung der von den Mitgliedern zu beanspruchenden Quoten zu berechnen und anschließend unter diesen aufzuteilen gewesen wäre. Schließlich sei dies wiederum eine unmittelbare Folge von Bestimmungen der Durchführungsverordnung, die im Widerspruch zur Grundverordnung stuenden, sowie des Runderlasses Nr. 368/G vom 1. März 1993, im Hinblick auf den der angefochtene Verwaltungsakt über die Zuteilung der Verarbeitungsquote erlassen worden sei (Rechtssache C-254/94).
16 Lino Bason u. a. sowie Silvano Mella u. a. sind Tabakerzeuger und haben als Gesellschafter der Cooperativa produttori Bright Verona scarl und der Società Cooperativa per la Coltivazione del tabacco arl das Ministerium für Landwirtschaft und Forsten sowie die AIMA mit den gleichen Anträgen wie in der Rechtssache C-254/94 verklagt. Sie machten geltend, ihnen sei eine Verarbeitungsquote zugeteilt worden, die hinter der ihnen zustehenden weit zurückbleibe. Dies beruhe auf der Ungültigkeit der Durchführungsverordnung und auf der fehlerhaften Durchführung der Gemeinschaftsvorschriften auf nationaler Ebene durch den Runderlaß Nr. 368/G vom 1. März 1993 (Rechtssache C-255/94).
17 Die Associazione Professionale Trasformatori Tabacchi Italiani - APTI - ist im Sektor der Rohtabakverarbeitung tätig. Sie ist eine Vereinigung, in der alle Verarbeitungsunternehmen in Italien zusammengeschlossen sind. Die APTI u. a. haben das Ministerium für Landwirtschaft und Forsten mit dem Antrag auf Nichtigerklärung des Runderlasses Nr. 368/G vom 1. März 1993 verklagt mit der Begründung, daß der Runderlaß auf nationaler Ebene die Durchführungsverordnung durchführe, die ihrer Meinung nach im Widerspruch zur Grundverordnung stehe (Rechtssache C-269/94).
Vorlagefragen
18 Die drei Verfahren sind beim Tribunale Amministrativo Regionale del Lazio anhängig, das sie im Hinblick auf die dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegenden Fragen mit Beschlüssen vom 27. Januar 1994 ausgesetzt hat.
In den Rechtssachen C-254/94 und C-269/94 werden folgende gleichlautende Fragen gestellt:
1. Sind Artikel 3 Absatz 3 und die Artikel 9 und 10 der [Durchführungsverordnung], insbesondere die Regelung, nach der Verarbeitungsunternehmen, die sich nicht zur Erteilung der Anbaubescheinigungen gemäß Artikel 9 verpflichten, keine Quoten zugeteilt werden, sowie die Einführung solcher Bescheinigungen und die für Verarbeitungsunternehmen bestehende Möglichkeit, für die Mengen, die über die ihnen zugeteilte Verarbeitungsquote hinausgehen, Anbauverträge zu schließen und eine Prämienerstattung zu verlangen, mit den tragenden Grundsätzen der mit der [Grundverordnung] durchgeführten Reform dieses Sektors - und insbesondere mit dem in Artikel 10 dieser Verordnung enthaltenen Verbot - vereinbar, oder stellen sie vielmehr "eine völlige Verkehrung der Ziele und der Strategie" des Rates bei der Einleitung der ersten Phase der Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Rohtabak dar?
2. Sind - unabhängig von der Frage 1 - die nach der [Durchführungsverordnung] von den Verarbeitungsunternehmen zu erfuellenden administrativen Pflichten im Zusammenhang mit der Erteilung der Anbaubescheinigungen mit dem "Grundsatz der Verhältnismässigkeit" vereinbar, nach dem zwischen jeder Belastung, die den einzelnen auferlegt wird, und den für die Erreichung des verfolgten Zieles erforderlichen Maßnahmen ein angemessenes Verhältnis bestehen muß, oder bewirken sie eine "unnötige Komplizierung der Verwaltung", die diesem fundamentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts zuwiderläuft?
3. Bei Bejahung der vorstehenden Fragen: Kann Artikel 9 Absatz 3 der [Durchführungsverordnung] dahin ausgelegt werden, daß er den Mitgliedstaaten die Bildung eigener, nach Sortengruppen differenzierter Reserven gestattet, die gemäß der im Runderlaß Nr. 368/G des Ministeriums für Landwirtschaft und Forsten (S. 9, Punkt 8) vorgesehenen Regelung unter den beteiligten Wirtschaftsteilnehmern prozentual aufgeteilt werden?
In der Rechtssache C-254/94 wird folgende weitere Frage gestellt:
4. Sind mit Artikel 2 dritter Gedankenstrich und Artikel 21 der [Durchführungsverordnung] die Vorschriften des genannten ministeriellen Runderlasses (Nr. 368/G vom 1. März 1993) vereinbar, die die Erteilung einer einzigen Anbaubescheinigung und/oder die Zuteilung einer einzigen Produktionsquote an die "Erzeugervereinigungen" und insbesondere an eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ohne Rechtspersönlichkeit mit dem Zweck der Förderung und Unterstützung des Tabakanbaus der Gesellschafter, die gleichzeitig die erste Verarbeitung dieses Tabaks in ihrem eigenen Betrieb übernimmt, jährlich die Tabakanbaufläche festlegt und unter den zur Übereignung des gesamten erzielten Ertrags verpflichteten Gesellschaftern aufteilt, nicht gestatten?
In der Rechtssache C-255/94 werden folgende Fragen gestellt:
1. Widerspricht die in Artikel 9 der [Durchführungsverordnung] vorgesehene Einführung von "Anbaubescheinigungen" den tragenden Grundsätzen der [Grundverordnung] und den Zielen und der Strategie des Rates in der ersten Phase der Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Tabak, weil mit ihr stillschweigend de facto die Verwirklichung des - von Artikel 9 Absatz 4 der [Grundverordnung] nur als Ausnahme in der ersten Phase vorgesehenen - Systems der Produktionsquoten vorweggenommen und dadurch jede Umstellung auf Sorten, die den Marktforderungen besser entsprechen, erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht wird?
2. Sind Artikel 10 und die achte Begründungserwägung der [Grundverordnung] dahin auszulegen, daß die dem Erstverarbeitungsunternehmen oder dem Erzeuger zugeteilte Verarbeitungsquote eine "feste" Quote ist, und, wenn ja, widerspricht diesem Grundsatz die mit der in der Note Nr. VI/003136 vom 20. Januar 1993 genannten Entscheidung der Kommission getroffene Regelung, nach der die Verarbeitungsquoten infolge der von den einzelnen Erzeugern getroffenen Entscheidungen erhöht oder gekürzt werden?
3. Bewirken - unabhängig von der Frage 1 - die in der [Durchführungsverordnung] vorgesehenen Anbaubescheinigungen "eine unnötige Komplizierung der Verwaltung", die als solche dem gemeinschaftsrechtlichen "Grundsatz der Verhältnismässigkeit" widerspricht, nach dem zwischen den administrativen Belastungen, die den einzelnen auferlegt werden, und den von den Gemeinschaftsorganen verfolgten Zielen ein angemessenes Verhältnis bestehen muß?
4. Stellt es eine erhebliche Nichtbeachtung der Gemeinschaftsregelung, insbesondere des Artikels 3 Absatz 3 der [Durchführungsverordnung], dar, daß gemäß Punkt 8, Seite 3, Buchstabe G des ministeriellen Runderlasses Nr. 368/G vom 1. März 1993 "eigene, nach Sortengruppen differenzierte Reserven" gebildet werden, die auf der nationalen "Pauschalierung" einer prozentualen Reservemenge beruhen, mit der eine vollständige Anpassung der Referenzmenge an die tatsächliche Verringerung der erzeugten Menge, die der einzelne Erzeuger infolge widriger Einfluesse hinnehmen muß, nicht möglich ist?
5. Stellt es eine erhebliche Umgehung der Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 1 der [Durchführungsverordnung] dar, daß nach dem genannten ministeriellen Runderlaß (Anhang 4, Seite 9) vorab eine Aufteilung der Verarbeitungsunternehmen in sieben verschiedene Gruppen vorgesehen ist, wobei für jede Gruppe für die Berechnung des Durchschnitts des dreijährigen Referenzzeitraums eine andere Regelung gilt, was zur Folge hat, daß für Erzeuger, die die gleiche Tabakmenge derselben Sortengruppe geerntet haben, eine jeweils andere Regelung für die Berechnung der Produktionsquote gilt, je nachdem, an welches Verarbeitungsunternehmen sie den Tabak im letzten Dreijahreszeitraum geliefert haben?
19 Eine Reihe von Vorlagefragen ist in der Weise formuliert, daß um die Stellungnahme des Gerichtshofes zur Vereinbarkeit des Runderlasses Nr. 368/G vom 1. März 1993 mit dem Gemeinschaftsrecht ersucht wird. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß der Gerichtshof in einem Vorabentscheidungsverfahren nicht darüber entscheiden kann, ob eine nationale Maßnahme mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Der Gerichtshof kann aber dem vorlegenden Gericht einen Auslegungsbeitrag zum Gemeinschaftsrecht liefern, so daß dieses die Frage der Vereinbarkeit der nationalen Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht würdigen kann(10). Soweit mit der Vorlagefrage um eine Würdigung der Vereinbarkeit des genannten Runderlasses mit dem Gemeinschaftsrecht ersucht wird, müssen die Vorlagefragen daher so umformuliert werden, daß sie die Frage nach der Gültigkeit und der Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen betreffen.
20 Die Vorlagefragen, die nicht ganz klar formuliert sind, können in fünf verschiedene Gruppen aufgeteilt werden, deren erste die Frage der Gültigkeit der Durchführungsverordnung und die übrigen vier verschiedene Fragen der Auslegung der Grundverordnung und der Durchführungsverordnung betreffen.
21 Die erste Fragengruppe besteht aus der ersten Vorlagefrage in jeder der drei Rechtssachen. Bei den Fragen geht es in Wirklichkeit darum, inwieweit Artikel 9 der Durchführungsverordnung, wonach die Verarbeitungsunternehmen zur Erteilung von Anbaubescheinigungen verpflichtet sind, und die damit zusammenhängende Vorschrift des Artikels 3 Absatz 3, wonach einem Verarbeitungsunternehmen, das sich nicht zur Erteilung von Anbaubescheinigungen verpflichtet, keine Quoten zugeteilt werden, wegen Widerspruchs zur Grundverordnung ungültig sind. In diesem Zusammenhang halte ich es für zweckmässig, die zweite Vorlagefrage in den Rechtssachen C-254/94 und C-269/94 zusammen mit der dritten Vorlagefrage in der Rechtssache C-255/94 zu behandeln. Bei dieser Vorlagefrage geht es darum, inwieweit Artikel 9 der Durchführungsverordnung wegen Widerspruchs zum gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismässigkeitsgrundsatz ungültig ist.
22 Die zweite Fragengruppe besteht aus der zweiten Vorlagefrage in der Rechtssache C-255/94 und ist zugleich teilweise in der ersten Vorlagefrage in den Rechtssachen C-254/94 und C-269/94 enthalten. Bei dieser Vorlagefrage geht es in Wirklichkeit darum, ob Artikel 10 der Grundverordnung, wonach ein Verarbeitungsunternehmen für Mengen, die über die zugeteilte Bearbeitungsquote hinausgehen, keine Anbauverträge schließen und keine Erstattung des Prämienbetrags erhalten darf, so auszulegen ist, daß die Quote festliegt und sich nicht infolge der Auswahl des Verarbeitungsunternehmens durch den Erzeuger ändern kann.
23 Die dritte Fragengruppe besteht aus der dritten Vorlagefrage in den Rechtssachen C-254/94 und C-269/94 nebst der vierten Vorlagefrage in der Rechtssache C-255/94. Bei dieser Vorlagefrage geht es in Wirklichkeit darum, ob Artikel 9 Absatz 3(11) der Durchführungsverordnung so auszulegen ist, daß er einen Mitgliedstaat daran hindert, im voraus Reserven verschiedener Grösse für jede Sortengruppe zur Verteilung unter den Erzeugern festzulegen, die auf Grund besonderer Umstände Nachteile erlitten haben, ohne daß die Höhe des Verlustes des einzelnen Erzeugers berücksichtigt wird.
24 In der vierten Gruppe handelt es sich bei der vierten Vorlagefrage in der Rechtssache C-254/94 in Wirklichkeit darum, ob Artikel 21 (in Verbindung mit Artikel 2 dritter Gedankenstrich) der Durchführungsverordnung so auszulegen ist, daß er einen Mitgliedstaat daran hindert, eine Bestimmung festzulegen, der zufolge es nicht möglich ist, für eine Erzeugervereinigung, deren Ziel es ist, die Tabakerzeugung der Mitglieder zu fördern und zu begünstigen und die Erstverarbeitung im eigenen Betrieb zu leiten, eine einzelne Anbaubescheinigung zu erteilen und/oder eine einzelne Produktionsquote festzulegen.
25 Schließlich geht es bei der fünften Frage in der Rechtssache C-255/94 in Wirklichkeit darum, ob die Artikel 9 Absatz 1 und 10 Absatz 1 der Durchführungsverordnung so auszulegen sind, daß die Verarbeitungsunternehmen in sieben verschiedene Gruppen mit jeweils verschiedenen Regeln für die Berechnung der dreijährigen Referenzmenge eingeteilt werden können, oder so, daß die Erzeuger verschiedenen Vorschriften für die Berechnung der Produktionsquote unterliegen, je nachdem, welche Verarbeitungsunternehmen sie im Bezugszeitraum beliefert haben.
Zur ersten Fragengruppe: Sind die Vorschriften der Durchführungsverordnung über Anbaubescheinigungen ungültig?
26 Mit der ersten Vorlagefrage in allen drei Rechtssachen ersucht das vorlegende Gericht um Auskunft darüber, ob Artikel 9 der Durchführungsverordnung, wonach die Verarbeitungsunternehmen zur Erteilung von Anbaubescheinigungen verpflichtet sind, und die damit zusammenhängende Vorschrift des Artikels 3 Absatz 3, wonach einem Verarbeitungsunternehmen, das sich nicht zur Erteilung von Anbaubescheinigungen verpflichtet, keine Quoten zugeteilt werden, wegen Widerspruchs zur Grundverordnung ungültig sind. Mit der zweiten Vorlagefrage in den Rechtssachen C-254/94 und C-269/94 und der dritten Vorlagefrage in der Rechtssache C-255/94 will das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 9 der Durchführungsverordnung wegen Widerspruchs zum gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismässigkeitsgrundsatz ungültig ist.
27 Die Kläger führen aus, die Kommission habe bei der Festlegung dieser Bestimmungen in der Durchführungsverordnung im Widerspruch zu den Grundsätzen und den grundlegenden Bestimmungen der Grundverordnung gehandelt. Die Verarbeitungsquotenregelung habe die endgültige Regelung, nach der Produktionsquoten den Erzeugern unmittelbar zugeteilt würden, vorbereiten sollen. Mit der Einführung von Anbaubescheinigungen habe die Kommission jedoch der endgültigen Regelung vorgegriffen, der Übergangszeit 1993-1997 ihre Daseinsberechtigung genommen und die Bedeutung der Verarbeitungsquoten geschmälert. Anbaubescheinigungen, die jedem einzelnen Erzeuger zugeteilt würden und frei für jedes Verarbeitungsunternehmen verwendet werden dürften, seien in Wirklichkeit verdeckte Produktionsquoten. Die Zuteilung von Anbaubescheinigungen an jeden einzelnen Erzeuger auf der Grundlage der Erzeugung im Zeitraum 1989-1991 laufe ausserdem auf ein Einfrieren früherer Anbauentscheidungen hinaus, da jeder Erzeuger das Recht erhalte, die Erzeugung der gleichen Sorten fortzuführen, die er früher angebaut habe. Damit werde eine Anpassung an Sorten, die den Marktbedürfnissen besser entsprächen, erschwert oder unmöglich gemacht.
Die Durchführung der Regelung mit Hilfe von Anbaubescheinigungen gehe weiter, als dies für die Verwirklichung einer zufriedenstellenden Verteilung auf die Erzeuger notwendig sei. Die Durchführungsverordnung erlege den Verarbeitungsunternehmen eine überfluessige Verwaltungserschwerung mit erheblichen Kosten für die Unternehmen auf, die ohne jede Gegenleistung eine ausführliche Buchhaltung einzurichten hätten.
28 Die italienische Regierung trägt vor, das System der Erteilung von Anbaubescheinigungen liefere zum einen jedem Erzeuger für den Bezugszeitraum 1989-1991 eine Bestätigung für seine Erzeugung und gebe ihm zum anderen die Möglichkeit, das Verarbeitungsunternehmen von Ernte zu Ernte zu wechseln. Anbaubescheinigungen gewährten daher den Erzeugern Vorteile und stuenden somit im Einklang mit dem Ziel der Intervention im Tabaksektor, den Schutz der Erzeuger und nicht den der Verarbeitungsunternehmen sicherzustellen. Anbaubescheinigungen machten es zudem möglich, den Tabakmarkt zu kontrollieren und zu regulieren und dienten damit der Verwirklichung von Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik.
Die Anbaubescheinigungsregelung ermögliche ausserdem den Verarbeitungsunternehmen, ihre Tätigkeiten zu erweitern, wenn sie neue Kunden gewonnen hätten, und nicht benötigte Quoten anderen Erzeugern zur Verfügung zu stellen. Die Anbaubescheinigungen machten es zugleich möglich, Kontrollen bei den Verarbeitungsunternehmen vorzunehmen. Die Verwaltungsaufgabe der Unternehmen bestehe in Wirklichkeit allein in der Zusammenstellung vertraglicher und buchhalterischer Angaben, die die Unternehmen bereits besässen und bei der Bearbeitung von Anträgen auf Zuteilung von Verarbeitungsquoten selbst heranzögen. Die Anbaubescheinigungen führten somit nicht zu weiteren Lasten für die Unternehmen.
29 Die Kommission legt dar, die Durchführungsverordnung sei in Übereinstimmung mit Artikel 11 der Grundverordnung erlassen, der die Kommission ausdrücklich zum Erlaß von Richtlinien ermächtige, die für die Festlegung einer Quotenregelung erforderlich seien, insbesondere von Richtlinien für die Zuteilung von Quoten an die Erzeuger. Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrages sei zu entnehmen, daß die Agrarpolitik der Gemeinschaft auf die Begünstigung der Erzeuger und nicht auf die der Verarbeitungsunternehmen abziele. Weiter ergebe sich aus der fünften Begründungserwägung der Grundverordnung und aus Artikel 3 Absatz 3, daß es die Erzeuger seien, deren Stützung die Marktorganisation bezwecke.
Die Erteilung von Anbaubescheinigungen ermögliche es den Verarbeitungsunternehmen, Anbauverträge zu schließen und damit eine Prämie zu erhalten, die den Erzeugern zu zahlen sei. Die Unternehmen zögen Vorteil aus den Geldzahlungen an die Erzeuger, weil sie die Zahlung eines Vorschusses auf die Prämie veranlassen könnten. Die Anbaubescheinigungen sicherten den Unternehmen potentielle Lieferanten und ermöglichten es ihnen, Anbauverträge zu einem niedrigeren Preis zu schließen, als sie zahlen müssten, wenn sie den Erzeugern keine Prämie anbieten könnten. Die Anbaubescheinigungen gewährleisteten ausserdem den Behörden genaue Informationen über Quantität und Qualität sowie darüber, in welchem Umfang der Tabak angebaut und verarbeitet werde. Die Anbaubescheinigungen sicherten damit die Transparenz und trügen somit zur Betrugsverhütung bei. Die gesammelten Angaben bildeten im übrigen die Grundlage für die Einführung der endgültigen Marktorganisation im Tabaksektor. Die Verwaltungsbelastung der Unternehmen in Italien sei auf die Ausfuellung eines Formulars beschränkt, und die verarbeitenden Unternehmen verfügten in ihrer EDV über die erheblichen Angaben bezueglich der im Bezugszeitraum verarbeiteten Mengen.
30 Ich möchte vor allem bemerken, daß Artikel 3 Absatz 3, wonach einem Verarbeitungsunternehmen, das sich nicht zur Erteilung von Anbaubescheinigungen verpflichtet, keine Quoten zugeteilt werden, wohl den Zweck haben soll, sicherzustellen, daß die Verarbeitungsunternehmen tatsächlich Anbaubescheinigungen gemäß Artikel 9 ausstellen. Die Frage der Gültigkeit des Artikels 3 Absatz 3 hängt demnach von der Frage der Gültigkeit des Artikels 9 ab.
31 Der achten Begründungserwägung der Grundverordnung ist zu entnehmen, daß erforderliche Maßnahmen getroffen werden sollen, die eine spätere Aufteilung der Quoten auf die Erzeuger unter zufriedenstellenden Bedingungen erlauben. Daß bereits in der Grundverordnung daran gedacht war, daß die Verarbeitungsunternehmen die weitere Verteilung der Quote an die Erzeuger im Verhältnis zu deren bisheriger Lieferung von Rohtabak an die Unternehmen übernehmen sollten, ergibt sich nicht nur aus Artikel 11 in Verbindung mit Artikel 23 der Grundverordnung, wonach die Kommission die Durchführungsbestimmungen, darunter die Bedingungen für die Aufteilung der Quoten auf die Erzeuger, insbesondere im Vergleich mit der früheren Lage, erlässt, sondern auch aus der besonderen Regel des Artikels 9 Absatz 4, wonach die Mitgliedstaaten unmittelbar Quoten an die Erzeuger verteilen können, wenn sie über genaue Angaben über die Rohtabaklieferungen der Erzeuger an die Verarbeitungsunternehmen im Bezugszeitraum verfügen. Diese Formulierung setzt voraus, daß nach der allgemeinen Regelung die Erzeuger ihre Quoten mittelbar, nämlich über die Verarbeitungsunternehmen, im Verhältnis zu deren Belieferungen im Bezugszeitraum erhalten. Die Kommission war somit nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, Vorschriften zu erlassen, nach denen die Verarbeitungsunternehmen den Erzeugern Quoten im Verhältnis zu deren bisheriger Erzeugung zuteilen. Es stimmt daher völlig mit der Grundverordnung überein, wenn in Artikel 9 Absatz 1 der Durchführungsverordnung festgelegt wird, daß Anbaubescheinigungen den Erzeugern im Verhältnis zu deren Lieferungen in den Erntejahren 1989, 1990 und 1991 erteilt werden sollen.
32 Aus der achten Begründungserwägung der Durchführungsverordnung ergibt sich, daß es das Ziel der Einführung von Anbaubescheinigungen war, den Erzeugern den Wechsel des Verarbeitungsunternehmens von Ernte zu Ernte zu ermöglichen. Damit wird ein echter Wettbewerb unter den Verarbeitungsunternehmen um den Preis erzielt, der den Erzeugern über die Prämie hinaus für ihre Lieferungen zu zahlen ist. Ohne diese Möglichkeit, das Verarbeitungsunternehmen zu wechseln, geriete der einzelne Erzeuger in Wirklichkeit in ein Abhängigkeitsverhältnis zu einem bestimmten Unternehmen, das so den Preis für die betreffenden Lieferungen ohne Furcht vor dem Wettbewerb anderer Unternehmen bestimmen könnte.
33 Die Einführung von Anbaubescheinigungen begünstigt somit die Erzeuger und stimmt daher mit dem Ziel der Intervention im Tabaksektor überein, das gerade der Schutz der Erzeuger, nicht der der Verarbeitungsunternehmen ist, vgl. insoweit die fünfte Begründungserwägung und Artikel 3 Absatz 3 der Grundverordnung sowie Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrages.
34 Ich habe Mühe, die Relevanz des Vorbringens der Kläger zu erkennen, daß die Vorschriften der Durchführungsverordnung über die Erteilung der Anbaubescheinigungen an jeden einzelnen Erzeuger auf der Grundlage der Erzeugung im Zeitraum 1989-1991 zum Einfrieren früherer Anbauentscheidungen führten. Das Einfrieren, wenn es stattfinden sollte, ist wie gesagt in der Grundverordnung vorausgesetzt. Weiterhin enthält Titel III der Grundverordnung Bestimmungen zur Unterstützung der Umstellung der Erzeugung auf stärker gefragte und weniger gesundheitsschädliche Qualitäten. Es kann somit auch nicht die Ansicht vertreten werden, daß der Übergangszeit ihre besondere Anpassungsaufgabe genommen worden sei.
35 Ebenso schwierig ist es, die Berechtigung des Vorbringens zu erkennen, daß die Einführung von Anbaubescheinigungen einen Vorgriff auf die endgültige Marktorganisation mit unmittelbarer Zuteilung der Produktionsquoten an die Erzeuger bedeute. Selbst in der Übergangszeit muß eine Verteilung der Quoten nicht nur auf Unternehmensebene, sondern auch auf Erzeugerebene stattfinden. Sonst wären viele Erzeuger, die ja gerade, wie ausgeführt, durch die Regelung begünstigt werden sollen, ganz dem Gutdünken der Verarbeitungsunternehmen überlassen. Daß die Erzeuger bereits in der Übergangszeit von Ernte zu Ernte das Verarbeitungsunternehmen wechseln können, fördert den Wettbewerb, was nach meiner Auffassung auch für die Verarbeitungsunternehmen von Vorteil ist.
36 Was die Beurteilung der Regelung anhand des gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismässigkeitsgrundsatzes angeht, so müssen die Vorlagefragen so verstanden werden, daß nach der Relevanz der gesamten Verwaltungsbelastung der Verarbeitungsunternehmen durch die Anbaubescheinigungsregelung im Hinblick auf den Verhältnismässigkeitsgrundsatz gefragt wird.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofes gehört der Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts. Nach diesem Grundsatz hängt die Rechtmässigkeit einer Maßnahme davon ab, daß sie zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet und erforderlich ist. Dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile dürfen nicht ausser Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen(12).
37 Nach meiner Auffassung ist die Anbaubescheinigung sowohl ein geeignetes als auch ein notwendiges Mittel, um den Erzeugern den Wechsel des Verarbeitungsunternehmens zu ermöglichen und damit einen Wettbewerb zwischen den Verarbeitungsunternehmen und die Unabhängigkeit der Erzeuger von diesen Unternehmen zu schaffen. Anbaubescheinigungen gewährleisten zugleich den Behörden genaue Angaben und tragen damit zur Vermeidung von Betrügereien bei. Es sind keine Auskünfte erteilt worden, aus denen sich ergeben könnte, daß dieses Ziel durch andere Mittel erreicht werden kann, die weniger belastend sind als die Anbaubescheinigungen.
38 Die Verteilung von Quoten auf die Produzenten im Verhältnis zu deren bisherigen Lieferungen ist sowohl ein geeignetes als auch ein notwendiges Kriterium für eine gleichmässige und gerechte Verteilung der Produktion, für die eine Prämie gezahlt wird. Es ist nichts vorgetragen worden, woraus sich ergeben könnte, daß dieses Ziel durch die weniger belastende Anwendung eines anderen Mittels erreicht werden könnte.
39 Auf dieser Grundlage muß die Verwaltungsbelastung, die mit der Ausstellung von Anbaubescheinigungen, insbesondere der Anwendung des erwähnten Verteilungskriteriums, verbunden ist, als verhältnismässig begrenzt angesehen werden; somit besteht kein Grund zu der Annahme, daß sie nicht in einem vernünftigen Verhältnis zu dem Ziel steht. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, daß das Unternehmen als Gegenleistung für die Verwaltungsbelastung die Zahlung der Prämie erhält, die es ihm ermöglicht, Rohtabak zu einem verhältnismässig niedrigen Preis zu kaufen, ebenso wie es einen Liquiditätsvorteil durch den Vorschuß auf die Prämienbeträge erhält.
40 Ich schlage daher dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen dahin zu beantworten, daß die Prüfung von Artikel 3 Absatz 3 und Artikel 9 der Durchführungsverordnung im Lichte der Ausführungen der Vorlagebeschlüsse und der Erklärungen im vorliegenden Verfahren nichts ergeben hat, was Zweifel an deren Gültigkeit entstehen lassen könnte.
Zur zweiten Fragengruppe: Stehen die Vorschriften über die Änderung der Verarbeitungsquote im Widerspruch zur Grundverordnung?
41 Mit der zweiten Vorlagefrage in der Rechtssache C-255/94 ersucht das vorlegende Gericht um Auskunft darüber, ob Artikel 10 der Grundverordnung, wonach ein Verarbeitungsunternehmen für Mengen, die über die zugeteilte Verarbeitungsquote hinausgehen, keine Anbauverträge schließen und keine Erstattung des Prämienbetrags erhalten darf, so auszulegen ist, daß die Quote festliegt und sich nicht infolge der Auswahl des Verarbeitungsunternehmens durch den Erzeuger ändern kann. Diese Vorlagefrage ist zugleich teilweise in der ersten Vorlagefrage in den Rechtssachen C-254/94 und C-269/94 enthalten.
42 Auf Anfrage des italienischen Ministeriums für Landwirtschaft und Forsten bestätigte die Kommission mit Schreiben vom 20. Januar 1993, daß die Verarbeitungsquote infolge der Wahl des Verarbeitungsunternehmens, die der einzelne Erzeuger jedes Jahr treffe, höher oder niedriger sein könne.
43 Die Kläger führen aus, die durch die Durchführungsverordnung eröffnete Möglichkeit, daß die Verarbeitungsquote infolge der Wahl des Verarbeitungsunternehmens durch den Erzeuger höher oder niedriger ausfallen könne, stehe im Widerspruch zu dem Verbot in Artikel 10 der Grundverordnung, wonach ein Verarbeitungsunternehmen für Mengen, die über die zugeteilte Verarbeitungsquote hinausgehen, keine Anbauverträge schließen und keine Erstattung des Prämienbetrags erhalten dürfe. Die Stabilität der Verarbeitungsquote und die hieraus folgende Vorausberechenbarkeit der zu verarbeitenden Menge seien eine notwendige Bedingung dafür, daß jedes einzelne Verarbeitungsunternehmen seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Tabakindustrie einhalten könne.
44 Die Kommission weist darauf hin, daß bereits in der Grundverordnung vorausgesetzt sei, daß die zugeteilte Verarbeitungsquote geändert werden könne. Dies gelte vor allem für die Garantiemengen, die jedes Jahr vom Rat festgesetzt würden. Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 1 Satz 3 der Grundverordnung bestimme, daß das Verfahren zur Verteilung von Verarbeitungsquoten durch die Verteilung der Verarbeitungsquote nach den Bestimmungen der Sätze 1 und 2 nicht berührt werde. Artikel 9 Absatz 3 Unterabsätze 2 und 3 setzten ausserdem Richtlinien für die Verteilung von Quoten an Verarbeitungsunternehmen fest, die ihre Tätigkeit nach 1989 aufgenommen hätten. So bestimme die Grundverordnung ausdrücklich, daß die Verarbeitungsquote auf der Ebene der Gemeinschaft, der Staaten und der Unternehmen geändert werden könne. Die Durchführungsverordnung gebe den Erzeugern die Möglichkeit, Anbauverträge mit anderen als dem Unternehmen zu schließen, das die Anbaubescheinigungen erteilt habe. Damit habe vermieden werden sollen, daß die Erzeuger in ein Abhängigkeitsverhältnis zu den Verarbeitungsunternehmen gerieten. Es würde im Widerspruch zu Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrages und zum Ziel der Grundverordnung stehen, den einzelnen Erzeuger an ein bestimmtes Unternehmen zu binden. Es würde zum Wegfall des Wettbewerbs unter den Unternehmen in bezug auf den Preis führen, der an die Erzeuger neben den Prämien zu bezahlen sei. Artikel 10 der Grundverordnung stehe dem nicht entgegen, da er lediglich verdeutliche, daß die Quotenregelung in dem Sinne erschöpfend sei, daß ein Unternehmen über die Quotenregelung hinaus keine Anbauverträge schließen oder Prämien erstattet bekommen könne. Artikel 10 sei so zu verstehen, daß ein Unternehmen keine Erstattung von Prämien erhalten könne, wenn sie über die Quoten hinausgingen, die infolge der Anbaubescheinigungen den Erzeugern zustuenden, die sich in dem betreffenden Erntejahr der Verarbeitungsunternehmen bedienten. Dabei werde vorausgesetzt, daß ein Erzeuger sich im Rahmen seiner Anbaubescheinigung an das von ihm bevorzugte Verarbeitungsunternehmen wenden könne.
45 Oben bin ich davon ausgegangen, daß die Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die Anbaubescheinigungen der Grundverordnung entsprechen. Das Ziel der Anbaubescheinigungen ist es, den Erzeugern die Möglichkeit zu verschaffen, vom einen zum anderen Erntejahr das Verarbeitungsunternehmen zu wechseln. Eine Regelung ohne diese Möglichkeit müsste übrigens meiner Meinung nach schwere Bedenken hervorrufen.
46 Man kann vermutlich davon ausgehen, daß Rohtabakerzeuger nur in begrenztem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch machen, das Verarbeitungsunternehmen von einen Erntejahr zum anderen zu wechseln. Der Wunsch nach einem Wechsel des Verarbeitungsunternehmens kann natürlich von vielen verschiedenartigen Umständen beeinflusst sein, z. B. von der Effektivität des Preiswettbewerbs, von den Eigentumsverhältnissen beim Verarbeitungsunternehmen, z. B. der Existenz genossenschaftlicher Unternehmen, deren Mitglied der Erzeuger selbst ist, und von der räumlichen Entfernung zwischen den Verarbeitungsunternehmen und den Erzeugern. Es ist somit bei weitem nicht sicher, daß sich die Erzeuger in einigermassen erheblichem Umfang der Möglichkeit bedienen, das Verarbeitungsunternehmen zu wechseln.
47 Weiterhin kann davon ausgegangen werden, daß sich der etwaige Wechsel der Verarbeitungsunternehmen bei den Erzeugern gegenseitig ausgleicht, so daß die Gesamtmenge des Rohtabaks, über die das einzelne Verarbeitungsunternehmen Anbauverträge schließt, nicht nennenswert beeinflusst wird.
48 Natürlich lässt sich auch denken, daß ein Verarbeitungsunternehmen dem Erzeuger so gute Bedingungen anbietet, daß die Gesamtmenge, für die das Unternehmen Anbauverträge schließt, wesentlich positiv beeinflusst wird. Und umgekehrt mag auch ein Unternehmen so schlechte Bedingungen oder sonst Anlaß zur Unzufriedenheit seiner Erzeuger bieten, daß es äusserst schwierig wird, überhaupt Rohtabak zu beschaffen, um den Produktionsapparat in Gang zu halten, und daß es vielleicht Anreize schaffen muß. Es bedarf daher eines Mechanismus, der Unternehmen, die keine zur Befriedigung der Nachfrage der Erzeuger ausreichende Verarbeitungsquote aufweisen, nicht ausgenützte Quoten zur Verfügung stellt.
49 Die Regelung der Quotenübertragung zwischen den Verarbeitungsunternehmen, wie sie in Artikel 10 Absatz 3 der Durchführungsverordnung festgelegt ist, stellt somit einen notwendigen Bestandteil einer Regelung dar, die es den Erzeugern ermöglicht, das Verarbeitungsunternehmen auszuwählen. Die Wendung "die ihnen zugeteilte Verarbeitungsquote" in Artikel 10 der Grundverordnung ist daher so auszulegen, daß sie sich auf die Quote bezieht, die der Mitgliedstaat dem Unternehmen auf der Grundlage der im Bezugszeitraum verarbeiteten Menge unter Einschluß der Veränderungen, die sich gegebenenfalls aus einem Wechsel des Verarbeitungsunternehmens durch den Erzeuger ergeben, zugeteilt hat. Es kann daher zur Erstattung von Prämien innerhalb der so geänderten Verarbeitungsquote kommen. Artikel 10 will lediglich verdeutlichen, daß ein Unternehmen über die Quotenregelung hinaus keine Anbauverträge schließen und keine Erstattung des Prämienbetrags erhalten darf, und es gibt keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß Artikel 10 ein Einfrieren der einmal zugeteilten Verarbeitungsquote bezweckt.
50 Dieses Verständnis dürfte im übrigen nicht zu grossen Schwierigkeiten für die Verarbeitungsunternehmen führen. Gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Durchführungsverordnung setzen die Mitgliedstaaten nämlich die Verarbeitungsquoten für jedes Verarbeitungsunternehmen spätestens am 10. Februar 1993 für die Ernte 1993 fest und sollen die Anbaubescheinigungen gemäß Artikel 9 Absatz 6 spätestens am 31. März des Jahres für die betreffende Ernte erteilt werden. Unabhängig von der Höhe ihrer Verarbeitungsquote werden die Verarbeitungsunternehmen erst nach Abschluß der Anbauverträge mit den Erzeugern wissen, welche Mengen sie nach der Ernte zur Verarbeitung erhalten werden. Die Vornahme von Quotenübertragungen in Übereinstimmung mit den Mengen, über die die Anbauverträge geschlossen wurden, stellt, auch wenn diese über die ursprünglich festgesetzte Quote hinausgehen, für die Verarbeitungsunternehmen sicher, daß sie bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Anbauverträge eine ausreichende Grundlage besitzen, um den Abschluß der Verträge mit der Tabakindustrie an die Menge anzupassen, deren Anlieferung zur Verarbeitung erwartet werden kann.
51 Ich schlage demnach dem Gerichtshof als Antwort auf die Vorlagefragen vor, daß Artikel 10 der Grundverordnung so auszulegen ist, daß er kein Hindernis dafür darstellt, daß Verarbeitungsunternehmen über die ihnen ursprünglich zugeteilte Verarbeitungsquote hinaus Anbauverträge schließen und Prämien erstattet erhalten, soweit eine Quotenübertragung nach Artikel 10 Absatz 3 der Durchführungsverordnung vorgenommen wird.
Zur dritten Fragengruppe: Können im voraus Reserven festgelegt werden?
52 Mit der dritten Vorlagefrage in den Rechtssachen C-254/94 und C-269/94 und der vierten Vorlagefrage in der Rechtssache C-255/94 ersucht das vorlegende Gericht in Wirklichkeit um Auskunft darüber, ob Artikel 9 Absatz 3 der Durchführungsverordnung so auszulegen ist, daß er einen Mitgliedstaat daran hindert, im voraus Reserven verschiedener Grösse für jede Sortengruppe zur Verteilung unter den Erzeugern festzulegen, die aufgrund besonderer Umstände Nachteile erlitten haben, ohne daß der Umfang des Nachteils für den einzelnen Erzeuger berücksichtigt wird.
53 Die Kläger legen u. a. dar, Artikel 9 Absatz 3 der Durchführungsverordnung sei so auszulegen, daß die nationalen Behörden ergänzende Referenzmengen nach Kriterien festzusetzen hätten, die sich auf den dem einzelnen Erzeuger entstandenen Nachteil bezögen. In Italien werde zunächst die durchschnittliche Erzeugung des einzelnen Erzeugers im Bezugszeitraum 1989-1991 berechnet und danach eine ergänzende Referenzmenge zugeteilt. Artikel 9 Absatz 3 der Durchführungsverordnung sei aber so auszulegen, daß zunächst eine ergänzende Referenzmenge zuzuteilen sei, die den erlittenen Nachteil berücksichtige, und dann erst der Durchschnitt der so angepassten Erzeugung berechnet werden dürfe.
54 Die italienische Regierung führt aus, die Verteilung von Reservemengen verschiedener Sortengruppen entspreche Artikel 9 Absatz 3 der Durchführungsverordnung. Die Reservemenge, die unter die Erzeuger verteilt werde, die aufgrund aussergewöhnlicher Umstände benachteiligt worden seien, und die dem Verarbeitungsunternehmen zuzuteilende Quote dürften zusammen die Quote des betreffenden Mitgliedstaats nicht übersteigen. Es sei daher notwendig, Reservemengen bei den Verarbeitungsquoten zu bilden.
55 Die Kommission legt dar, Artikel 9 Absatz 3 der Durchführungsverordnung räume den Mitgliedstaaten bei der Festsetzung von Reservemengen einen gewissen Ermessensspielraum ein. Ein Erzeuger, der aufgrund aussergewöhnlicher Umstände in einem einzelnen Erntejahr einen Nachteil erlitten habe, solle die Möglichkeit erhalten, dies zu beweisen und die Erzeugung für das betreffende Jahr auf das Durchschnittsniveau des Sektors anheben zu lassen. Wenn dies befolgt werde, dürfe die Festsetzung einer Rerservemenge, die im Verhältnis zu den Mengen der verschiedenen Sorten und unter Berücksichtigung des Umstands errechnet werde, daß gewisse Sorten Naturkatastrophen stärker ausgesetzt seien als andere, mit Artikel 9 Absatz 3 in Einklang stehen.
56 Nach meiner Auffassung kann nach dem Wortlaut des Artikels 9 Absatz 3 der Durchführungsverordnung kaum ein Zweifel daran bestehen, daß die Bestimmung Anwendung findet, wenn in einem Jahr die Erzeugung aussergewöhnlich niedrig war. Die Vorschrift legt fest, daß der Mitgliedstaat auf Antrag "die Menge fest[setzt], die für diese Ernte bei der Erteilung der Anbaubescheinigung zu berücksichtigen ist". Dieser Formulierung nach muß zunächst eine ergänzende Referenzmenge für das Jahr zugeteilt werden, in dem die Erzeugung aussergewöhnlich niedrig war, und danach eine Berechnung des Durchschnitts der so angepassten Erzeugung des Bezugszeitraums 1989-1991 vorgenommen werden.
57 Artikel 9 Absatz 3 der Durchführungsverordnung enthält keine Bestimmung über die Grösse der einem aufgrund aussergewöhnlicher Umstände benachteiligten Erzeuger zustehenden ergänzenden Referenzmenge. Artikel 9 Absatz 3 fordert somit keine Festsetzung einer ergänzenden Referenzmenge, die dem tatsächlichen Nachteil des Erzeugers entsprechen müsste. Damit wird den Mitgliedstaaten bei der Festsetzung der ergänzenden Referenzmenge ein beträchtlicher Ermessensspielraum eingeräumt. Eine Gleichheitserwägung sollte jedoch dazu führen, die ergänzende Referenzmenge sachgemäß nach Maßgabe des Nachteils des einzelnen Erzeugers festzusetzen. Es gibt in der Grundverordnung keinen Anhaltspunkt für die Forderung nach einer mathematisch genauen Verteilung ergänzender Referenzmengen unter den benachteiligten Erzeugern im Verhältnis zu deren tatsächlicher Benachteiligung. Es ist eben von Ermessen die Rede, und das kommt auch bei der Festsetzung der Grösse etwaiger Reserven zum Ausdruck.
58 Gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Durchführungsverordnung setzen die Mitgliedstaaten die Verarbeitungsquoten für jedes Verarbeitungsunternehmen für die Ernte 1993 spätestens am 10. Februar 1993 fest. Gemäß Artikel 9 Absatz 6 sollen die Anbaubescheinigungen spätestens am 31. März des betreffenden Erntejahres erteilt werden. Ergänzende Referenzmengen nach Artikel 9 Absatz 3 sind Teil der Grundlage für die Festsetzung des Umfangs der Anbaubescheinigung und müssten daher spätestens in Verbindung mit deren Erteilung zugeteilt werden. Die ergänzende Referenzmenge wird der Quote des Mitgliedstaats entnommen, der auch die Verarbeitungsquote für die Unternehmen zu entnehmen ist. Falls nicht die ergänzende Referenzmenge bei der Festsetzung der Verarbeitungsquoten für die Unternehmen zugeteilt wird, muß ein Teil der Quote des Mitgliedstaats für die Benutzung bei der späteren Zuteilung ergänzender Referenzmengen reserviert werden. Die spätere Zuteilung ergänzender Referenzmengen innerhalb der Grenzen einer zuvor festgesetzten Reserve kann - je nachdem, wie die Reserve festgesetzt wird - bedeuten, daß es nicht möglich ist, dem einzelnen Erzeuger eine ergänzende Referenzmenge zuzuteilen, die dem tatsächlichen Nachteil völlig entspräche. Wie bereits angeführt, kann dies jedoch auch nicht als eine in Artikel 9 Absatz 3 erhobene Forderung angesehen werden. Die Festsetzung der Reserven ist gemäß Artikel 9 Absatz 3 dem Ermessen der Mitgliedstaaten überlassen.
59 Die Festsetzung einer Rerservemenge, die im Verhältnis zu den Mengen der verschiedenen Sorten und unter Berücksichtigung des Umstands errechnet wurde, daß gewisse Sorten Naturkatastrophen stärker ausgesetzt sind als andere, muß nach meiner Auffassung die relevanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Sorten beachten und so der Forderung nach sachlicher und gleichmässiger Verwaltung der Reservemengen entsprechen.
60 Demnach möchte ich dem Gerichtshof als Antwort auf die Vorlagefragen vorschlagen, daß Artikel 9 Absatz 3 der Durchführungsverordnung so auszulegen ist, daß er einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, im voraus Reserven - verschiedener Grösse für jede Sortengruppe, berechnet im Verhältnis zu den Mengen der verschiedenen Sorten und unter Berücksichtigung des Umstands, daß gewisse Sorten Naturkatastrophen stärker ausgesetzt sind als andere - im Hinblick darauf festzulegen, daß der Mitgliedstaat sie unter den Erzeugern verteilt, die aufgrund besonderer Umstände Nachteile erlitten haben, und den Nachteil des einzelnen Erzeugers berücksichtigt, ohne notwendigerweise einen vollen Ausgleich hierfür zu gewähren.
Zur vierten Fragegruppe: Kann für eine Erzeugervereinigung eine einzige Anbaubescheinigung erteilt werden?
61 Mit der vierten Vorlagefrage in der Rechtssache C-254/94 ersucht das vorlegende Gericht in Wirklichkeit um Auskunft darüber, ob Artikel 21 in Verbindung mit Artikel 2 dritter Gedankenstrich der Durchführungsverordnung so auszulegen ist, daß er einen Mitgliedstaat daran hindert, Bestimmungen festzulegen, nach denen es nicht möglich ist, für eine Erzeugervereinigung, deren Ziel es ist, die Tabakerzeugung der Mitglieder zu fördern und zu begünstigen und die Erstverarbeitung im eigenen Betrieb zu leiten, eine einzige Anbaubescheinigung zu erteilen und/oder eine einzige Produktionsquote festzulegen.
62 Die FAT legt dar, sie sei Erzeuger im Sinne der Regelung in Artikel 2 dritter Gedankenstrich der Durchführungsverordnung, da sie ein Zusammenschluß von Erwerbspersonen in der Landwirtschaft sei, der vollständig der Form der in Artikel 21 der Durchführungsverordnung aufgeführten Erzeugervereinigung entspreche.
63 Die Kommission führt aus, Artikel 21 der Durchführungsverordnung solle sicherstellen, daß die einer Erzeugervereinigung zugeteilte Menge gleichmässig unter den Mitgliedern verteilt werde. Die Anbaubescheinigungen müssten auf den Namen einer Erzeugervereinigung ausgestellt werden können, falls die Vereinigung als Erzeuger im Sinne von Artikel 2 dritter Gedankenstrich betrachtet werden könne. Ein Erzeuger, der einer Vereinigung angehöre, müsse diese verlassen können, ohne in irgendeiner Form einer Benachteiligung bei der Festsetzung der Quoten ausgesetzt zu sein.
64 Ich möchte darauf hinweisen, daß der Begriff des Erzeugers in Artikel 2 dritter Gedankenstrich der Grundverordnung umschrieben wird als jede natürliche oder juristische Person oder jede Vereinigung dieser Personen, die im eigenen Namen und für eigene Rechnung von ihr oder ihren Mitgliedern erzeugten Tabak im Rahmen eines von ihr oder in ihrem Namen geschlossenen Anbauvertrags an ein Verarbeitungsunternehmen liefert. Eine Vereinigung der in der Vorlagefrage genannten Art fällt insoweit unter die Definition, als die Mitglieder eine Produktionstätigkeit ausüben und der Tabak an ein Verarbeitungsunternehmen (die betreffende Vereinigung selbst) geliefert wird. In der Bestimmung ist nicht festgelegt, daß eine Vereinigung in dem Fall nicht als Erzeuger angesehen werden kann, daß sie selbst die Verarbeitung von Rohtabak vornimmt. Eine Vereinigung der genannten Art dürfte mithin als Erzeuger nach Artikel 2 dritter Gedankenstrich der Durchführungsverordnung anzusehen sein.
65 Artikel 21 der Durchführungsverordnung soll sicherstellen, daß eine Quote oder eine Anbaubescheinigung für eine Erzeugervereinigung, die selbst Erzeuger im Sinne von Artikel 2 dritter Gedankenstrich ist, gleichmässig auf alle Mitglieder der Vereinigung verteilt wird. Artikel 21 setzt demnach voraus, daß Quoten und Anbaubescheinigungen einer Vereinigung von Erzeugern zugeteilt werden dürfen. Die Auffassung der Kommission, daß ein Erzeuger, der einer Vereinigung angehört, diese verlassen können müsse, ohne in irgendeiner Form einer Benachteiligung bei der Festsetzung der Quote ausgesetzt zu sein, kann auf diesem Hintergrund gebilligt werden und ist im übrigen ein natürlicher und notwendiger Bestandteil eines Systems, das einen freien Wettbewerb zwischen den Unternehmen schaffen und den Erzeugern die Möglichkeit einräumen will, von einem Unternehmen zum anderen zu wechseln.
66 Ich schlage daher dem Gerichthof vor, auf die Vorlagefrage zu antworten, daß Artikel 21 in Verbindung mit Artikel 2 dritter Gedankenstrich der Durchführungsverordnung so auszulegen ist, daß er einen Mitgliedstaat daran hindert, Bestimmungen festzulegen, nach denen es nicht möglich ist, für eine Erzeugervereinigung, deren Ziel es ist, die Tabakerzeugung der Mitglieder zu fördern und zu begünstigen und die Erstverarbeitung im eigenen Betrieb zu leiten, eine einzige Anbaubescheinigung zu erteilen und/oder eine einzige Produktionsquote festzulegen.
Zur fünften Fragegruppe: Müssen für die Berechnung der Referenzmengen verschiedene Regeln gelten?
67 Mit der fünften Frage in der Rechtssache C-255/94 ersucht das vorlegende Gericht in Wirklichkeit um Auskunft darüber, ob Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 1 der Durchführungsverordnung so auszulegen sind, daß die Verarbeitungsunternehmen in sieben verschiedene Gruppen mit jeweils verschiedenen Regeln für die Berechnung der dreijährigen Referenzmenge eingeteilt werden können, oder so, daß die Erzeuger verschiedenen Vorschriften für die Berechnung der Produktionsquote unterliegen, je nachdem, welche Verarbeitungsunternehmen sie im Bezugszeitraum beliefert haben.
68 Die Vorlagefrage berührt ihrem Inhalt nach auch Artikel 9 Absatz 3 der Grundverordnung. Aus der Vorschrift in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Durchführungsverordnung ergibt sich, daß der Anteil jedes einzelnen Verarbeitungsunternehmens an der Quote des betreffenden Mitgliedstaats prozentual dem Anteil des Unternehmens (=Referenzmenge) an der Summe der Durchschnittsmengen entspricht, die den Verarbeitungsunternehmen 1989, 1990 und 1991 geliefert wurden.
69 In dem Schreiben vom 20. Januar 1993 an das italienische Ministerium für Landwirtschaft und Forsten hat die Kommission dargelegt, daß sich die Hauptregel der Grundverordnung über die Referenzmenge der Verarbeitungsunternehmen in Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 1 finde, wonach die Referenzmenge des Unternehmens sich nach der Durchschnittsmenge richte, die das Unternehmen während der letzten drei Jahren vor dem letzten Erntejahr (d. h. 1989, 1990 und 1991) verarbeitet hat.
Von dieser Hauptregel wird nach dem Schreiben in Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 2 abgewichen, dem zufolge ein Unternehmen, das die Verarbeitung erst 1990 aufgenommen und folglich während der drei Jahre, die dem Erntejahr vorausgehen, nicht verarbeitet hat, eine Referenzmenge im Verhältnis zum Durchschnitt der Jahresmengen erhält, die das Unternehmen in den letzten zwei Jahren vor dem letzten Erntejahr verarbeitet hat. Ein Unternehmen, das die Verarbeitung erst 1991 aufgenommen hat, erhält dementsprechend eine Referenzmenge, die der vom Unternehmen in diesem Jahr verarbeiteten Menge entspricht. Nach Auffassung der Kommission ist jedoch Vorbedingung für die Anwendung dieser günstigen Regelung, daß das Unternehmen seine Tätigkeit 1991 (falls 1990 begonnen) und 1992 fortgesetzt hat, da es sich um eine Ausnahme von der Hauptregel des Artikels 9 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Grundverordnung handelt und eine solche Ausnahme einschränkend auszulegen ist.
Im Schreiben der Kommission werden fünf Gruppen aufgezählt, die nach dem Gesagten von der Hauptregel des Artikels 9 Absatz 3 Unterabsatz 1 erfasst werden. Die erste Gruppe bilden Unternehmen, die in allen drei Jahren des Referenzzeitraums verarbeitet haben. Zu den übrigen vier Gruppen gehören Unternehmen, die in einem oder in zwei Jahren des Referenzzeitraums verarbeitet haben. Nimmt man die angeführten zwei Gruppen hinzu, die unter Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 2 fallen, so liegen insgesamt sieben verschiedene Gruppen vor.
70 Die Kläger weisen darauf hin, daß der Runderlaß Nr. 368/G vom 1. März 1993 die Verarbeitungsunternehmen in entsprechender Weise in sieben verschiedene Gruppen aufteile, für die verschiedene Berechnungsformeln von Referenzmengen für die Festsetzung der Verarbeitungsquote gälten. Die Produktionsquote des einzelnen Erzeugers für 1993 werde in Anwendung derselben Formel festgesetzt, die bei der Berechnung der Referenzmenge für das Verarbeitungsunternehmen angewendet werde, das der betreffende Erzeuger beliefert habe. Das bedeute, daß bei der Festlegung der Produktionsquote verschiedene Formeln angewandt würden, je nachdem, ob der einzelne Erzeuger das eine oder das andere Verarbeitungsunternehmen beliefert habe. Erzeuger, die bisher die gleichen Mengen erzeugt hätten, erhielten somit ganz unterschiedliche Produktionsquoten. Der hieraus folgende Nachteil sei ebenso klar wie zufällig und führe zu einer offenbaren Ungerechtigkeit. Für ein Unternehmen, das seine Tätigkeit erst 1991 aufgenommen habe, werde eine Verarbeitungsquote allein auf der Grundlage der Menge festgesetzt, die es in diesem Jahr verarbeitet habe. Damit würden neue Unternehmen auf Kosten bestehender Unternehmen begünstigt.
71 Die Kommission weist darauf hin, daß die Regeln für die Quotenberechnung in Artikel 9 der Grundverordnung festgelegt seien und sich Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 1 der Durchführungsverordnung, die in der Vorlagefrage angeführt seien, darauf beschränkten, deren Folgen zu regeln. Allgemein bedeute diese Regel, daß Unternehmen, die im Referenzzeitraum mehr verarbeitet hätten, Anspruch auf eine grosse Quote, Unternehmen hingegen, die weniger verarbeitet hätten, Anspruch auf eine niedrige Quote erhielten. Das scheine das Genaueste und Gleichmässigste zu sein. Zweck des Artikels 9 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Grundverordnung ist es nach Auffassung der Kommission, neu niedergelassenen Unternehmen die Möglichkeit der Zuteilung einer Verarbeitungsquote zu geben. Es wäre ungereimt, wenn ein Unternehmen, das seine Tätigkeit 1991 aufgenommen habe, bei Festsetzung seiner Referenzmenge seine in diesem Jahr verarbeitete Menge durch 3 dividieren lassen müsste wie ein Unternehmen, das auch 1989 und 1990 verarbeitet hätte.
72 Ich möchte betonen, daß Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Grundverordnung die Hauptregel für die Verteilung der Verarbeitungsquote auf die Verarbeitungsunternehmen enthält. Nach dieser Regel wird die Referenzmenge des einzelnen Verarbeitungsunternehmens festgesetzt, indem die Gesamtmenge, die das Unternehmen in dem dreijährigen Referenzzeitraum verarbeitet hat, durch 3 geteilt wird. Die Verarbeitungsquote, die sich aus der so berechneten Referenzmenge ergibt, wird gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Durchführungsverordnung auf die Erzeuger des Unternehmens im Verhältnis zu deren Lieferungen im Referenzzeitraum verteilt.
73 Es wäre, wie die Kommission bemerkt hat, ungereimt, wenn ein Unternehmen, das seine Tätigkeit 1991 aufgenommen hat, bei Festsetzung seiner Referenzmenge seine in diesem Jahr verarbeitete Menge durch 3 dividieren lassen müsste wie ein Unternehmen, das auch 1989 und 1990 verarbeitet hat. Ebenso ungereimt wäre es, wenn ein Unternehmen, das seine Tätigkeit 1990 aufgenommen hätte, bei Festsetzung seiner Referenzmenge seine 1990 und 1991 verarbeitete Menge durch 3 dividieren lassen müsste wie ein Unternehmen, das auch 1989 verarbeitet hätte. Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Grundverordnung stellt daher sicher, daß solche neu niedergelassenen Unternehmen eine Verarbeitungsquote festsetzen lassen können, die im Verhältnis zu der durchschnittlichen Jahresmenge steht, die das Unternehmen 1990 und/oder 1991 verarbeitet hat. Das grundlegende Prinzip, wonach Unternehmen, die im Referenzzeitraum mehr verarbeitet haben, Anspruch auf eine hohe Quote, Unternehmen hingegen, die weniger verarbeitet haben, Anspruch auf eine niedrige Quote erhalten, ist damit auch auf neu niedergelassene Unternehmen angewandt worden. Die Regelung des Artikels 9 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Grundverordnung bedeutet, daß das hiervon erfasste Unternehmen eine Verarbeitungsquote von solchem Umfang zugeteilt erhält, daß die Erzeuger des Unternehmens bei der weiteren Zuteilung nach Artikel 9 Absatz 1 der Durchführungsverordnung nicht weniger erhalten als die Erzeuger, die Unternehmen beliefert haben, die während des gesamten Referenzzeitraums verarbeitet haben.
74 Unternehmen, die während des gesamten dreijährigen Referenzzeitraums und somit auch im Jahr 1989, dessen Ernte für bestimmte Erzeuger nach deren Erklärung infolge der Witterung schlecht war, verarbeitet haben, haben infolgedessen eine niedrigere durchschnittliche Verarbeitungsmenge im Referenzzeitraum als Unternehmen, die mit der Verarbeitung erst nach 1989 begonnen haben. Infolge der niedrigeren Quote der Verarbeitungsunternehmen erhalten wiederum Erzeuger, die 1991 Tabak an Unternehmen geliefert haben, die auch 1989 verarbeitet hatten, eine niedrigere Quote als Erzeuger, die 1991 an Unternehmen lieferten, die mit der Verarbeitung erst nach 1989 begonnen hatten und daher durch das schlechte Ergebnis von 1989 nicht benachteiligt wurden. Artikel 9 Absatz 3 der Durchführungsverordnung über die Zuteilung ergänzender Referenzmengen bei besonderen Umständen sucht aber eben den Folgen aussergewöhnlicher Umstände entgegenzuwirken. Für das erwähnte Ungleichgewicht zwischen Unternehmen, die während des gesamten dreijährigen Referenzzeitraums verarbeitet haben, und Unternehmen, die mit der Verarbeitung erst nach 1989 begonnen haben, muß daher ein Ausgleich durch Anwendung des Artikels 9 Absatz 3 der Durchführungsverordnung gesucht werden.
75 Wie sich aus meiner Prüfung ergibt, sind die beiden Verordnungen Ausdruck eines logischen und kohärenten Systems, das versucht, soweit wie möglich eine sinnvolle und gerechte Verteilung der Verarbeitungs- und Anbauquoten im Hinblick auf die Erntemengen im Referenzzeitraum zu schaffen.
76 Die Regeln des Artikels 9 Absatz 3 der Grundverordnung unterscheiden jedoch nicht, wie in der Vorlagefrage, dem Schreiben der Kommission vom 20. Januar 1993 und dem italienischen Runderlaß Nr. 368/G vom 1. März 1993 angeführt, nach sieben, sondern nur nach drei verschiedenen Gruppen:
- erstens die der Hauptregel in Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 1,
- zweitens Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 2 für Unternehmen, die ihre Tätigkeit erst nach Beginn des Referenzzeitraums aufgenommen haben, und
- drittens Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 3 für Unternehmen, die ihre Tätigkeit erst im Erntejahr oder im voraufgegangenen Jahr aufgenommen haben.
77 Das kann natürlich nicht ausschließen, daß innerhalb der drei genannten Gruppen Untergliederungen gebildet werden, wenn man erläutert, was von den einzelnen Gruppen umfasst wird. Solche Einteilungen können aber bloß den Charakter pädagogischer oder verwaltungsmässiger Hilfsmittel haben, z. B. in Verbindung mit der Erstellung von Merkblättern und Formularen. Innerhalb der angeführten drei Gruppen muß ohne Rücksicht auf solche Untergliederungen gefordert werden, daß die Verarbeitungsunternehmen bei der Quotenfestsetzung gleichmässig behandelt werden, so daß Referenzmengen und damit Verarbeitungsquoten unter Anwendung der Berechnungsweise festgesetzt werden, die für die Gruppe, zu der die Untergliederung gehört, vorgeschrieben ist.
78 Artikel 9 Absatz 1 der Durchführungsverordnung bestimmt, daß das einzelne Verarbeitungsunternehmen seinen Erzeugern Anbaubescheinigungen im Rahmen seiner Verarbeitungsquote erteilt. Das ist eine notwendige Folge des Quotensystems auf Erzeugerebene. Eine Regelung, der zufolge die Erzeuger bei der gesamten Berechnungsformel dem Unternehmen unterworfen sind, das sie mit Rohtabak beliefert haben, bedeutet eben, daß die Erzeuger gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Durchführungsverordnung eine Quote im Rahmen der Verarbeitungsquote ihres Verarbeitungsunternehmens zugeteilt erhalten. Artikel 9 Absatz 1 ist demnach so auszulegen, daß die Erzeuger verschiedenen Regeln für die Berechnung der Produktionsquote unterliegen, je nachdem, welches Verarbeitungsunternehmen sie während des Bezugszeitraums beliefert haben.
79 So, wie die Rechtssachen von dem nationalen Gericht vorgelegt worden sind, und nach der Verfahrensordnung des Gerichtshofes glaube ich nicht, daß der Gerichtshof Veranlassung hat, dazu Stellung zu nehmen, ob die sieben in dem italienischen Runderlaß und im Schreiben der Kommission vom 20. Januar 1993 angeführten Gruppen jede für sich im Hinblick auf die drei verschiedenen Berechnungsarten in Artikel 9 Absatz 3 Unterabsätze 1, 2 und 3 der Grundverordnung korrekt eingeordnet sind.
80 Ich schlage demnach dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefrage zu antworten, daß Artikel 9 Absatz 3 der Grundverordnung so auszulegen ist, daß die Verarbeitungsunternehmen nach Maßgabe des Artikels 9 Absatz 3 Unterabsatz 1 oder 2 oder 3 der Grundverordnung mit jeweils verschiedenen Regeln für die Zuteilung der Verarbeitungsquote in eine von drei verschiedenen Gruppen einzuteilen sind. Das schließt nicht aus, daß bei der Verwaltung dieser Regelung innerhalb dieser drei Gruppen Untergliederungen vorgenommen werden, falls nur Referenzmengen und damit Verarbeitungsquoten für das einzelne Verarbeitungsunternehmen unter Anwendung der Berechnungsweise festgesetzt werden, die für die Gruppe, zu der die Untergliederung gehört, vorgeschrieben ist. Artikel 9 Absatz 1 der Durchführungsverordnung ist so auszulegen, daß die Erzeuger verschiedenen Regeln für die Berechnung der Produktionsquote unterliegen, je nachdem, welches Verarbeitungsunternehmen sie während des Bezugszeitraums beliefert haben.
Schlussanträge
81 Auf diesem Hintergrund schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Tribunale Amministrativo Regionale del Lazio vorgelegten Fragen nach der von mir vorstehend vorgenommenen Einteilung gegliedert wie folgt zu beantworten:
1. Die Prüfung von Artikel 3 Absatz 3 und Artikel 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3477/92 der Kommission vom 1. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zur Quotenregelung im Rohtabaksektor für die Ernten 1993 und 1994, zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1668/93 der Kommission vom 29. Juni 1993, im Lichte der Ausführungen der Vorlagebeschlüsse und der Erklärungen im vorliegenden Verfahren hat nichts ergeben, was Zweifel an deren Gültigkeit entstehen lassen könnte.
2. Artikel 10 der Verordnung (EWG) Nr. 2075/92 des Rates vom 30. Juni 1992 über die gemeinsame Marktorganisation für Rohtabak ist so auszulegen, daß er kein Hindernis dafür darstellt, daß Verarbeitungsunternehmen über die ihnen ursprünglich zugeteilte Verarbeitungsquote hinaus Anbauverträge schließen und Prämien erstattet erhalten, soweit eine Quotenübertragung nach Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3477/92 der Kommission vom 1. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zur Quotenregelung im Rohtabaksektor für die Ernten 1993 und 1994, zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1668/93 der Kommission vom 29. Juni 1993, vorgenommen wird.
3. Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3477/92 der Kommission vom 1. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zur Quotenregelung im Rohtabaksektor für die Ernten 1993 und 1994, zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1668/93 der Kommission vom 29. Juni 1993, ist so auszulegen, daß er einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, im voraus Reserven - verschiedener Grösse für jede Sortengruppe, berechnet im Verhältnis zu den Mengen der verschiedenen Sorten und unter Berücksichtigung des Umstands, daß bestimmte Sorten Naturkatastrophen stärker ausgesetzt sind als andere - im Hinblick darauf festzulegen, daß der Mitgliedstaat sie unter den Erzeugern verteilt, die aufgrund besonderer Umstände Nachteile erlitten haben, und den Nachteil des einzelnen Erzeugers berücksichtigt, ohne notwendigerweise einen vollen Ausgleich hierfür zu gewähren.
4. Artikel 21 in Verbindung mit Artikel 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 3477/92 der Kommission vom 1. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zur Quotenregelung im Rohtabaksektor für die Ernten 1993 und 1994, zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1668/93 der Kommission vom 29. Juni 1993, ist so auszulegen, daß er einen Mitgliedstaat daran hindert, Bestimmungen festzulegen, nach denen es nicht möglich ist, für eine Erzeugervereinigung, deren Ziel es ist, die Tabakerzeugung der Mitglieder zu fördern und zu begünstigen und die Erstverarbeitung im eigenen Betrieb zu leiten, eine einzige Anbaubescheinigung zu erteilen und/oder eine einzige Produktionsquote festzulegen.
(1) - ABl. L 215, S. 70. Die Verordnung wurde mit Wirkung für das Erntejahr 1994 durch die Verordnung (EG) Nr. 711/95 des Rates vom 27. März 1995, ABl. L 73, S. 13, geändert. Das konkrete Verfahren, innerhalb dessen dem Gerichtshof Vorabentscheidungsfragen vorgelegt wurden, betrifft indessen die Zeit vor 1994.
(2) - ABl. L 351, S. 11, zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1668/93 der Kommission vom 29. Juni 1993, ABl. L 158, S. 27. Für das Erntejahr 1994 wurde die Durchführungsverordnung durch die Verordnung (EG) Nr. 1754/94 der Kommission vom 18. Juli 1994, ABl. L 183, S. 5, geändert. Die Durchführungsverordnung ist jetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1066/95 der Kommission vom 12. Mai 1995 mit Durchführungsbestimmungen zur Grundverordnung betreffend die Quotenregelung im Rohtabaksektor für die Ernten 1995, 1996 und 1997, ABl. L 108, S. 5, abgelöst worden.
(3) - Vgl. Verordnung (EWG) Nr. 727/70 des Rates vom 21. April 1970 über die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Rohtabak, ABl. L 94, S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 860/92 des Rates vom 30. März 1992, ABl. L 91, S. 1.
(4) - Vgl. Verordnung (EWG) Nr. 1114/88 des Rates vom 25. April 1988 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 727/70, ABl. L 110, S. 35.
(5) - Die Verordnung (EWG) Nr. 1114/88 war übrigens Anlaß für zwei Urteile: das vom 11. Juli 1991 in der Rechtssache C-368/89 (Crispoltoni, Slg. 1991, I-3695) und das vom 5. Oktober 1994 in den verbundenen Rechtssachen C-133/93, C-300/93 und C-362/93 (Crispoltoni u. a., Slg. 1994, I-4863).
(6) - Die maßgebenden Bestimmungen werden später zitiert.
(7) - Vgl. die Verordnung (EG) Nr. 711/95 des Rates zur Änderung der Grundverordnung, zitiert in Fußnote 1. Die Grundverordnung wurde für die Ernten 1995, 1996 und 1997 durch die Verordnung (EG) Nr. 1066/95 der Kommission vom 12. Mai 1995, ABl. L 108, S. 5, ersetzt, die neue Bestimmungen für die Berechnung der Produktionsquote festlegt.
(8) - In der dänischen Fassung wird nur auf das Unternehmen abgestellt; dies ist wohl als Fehler anzusehen, weil auch die Erzeuger hätten genannt werden müssen, vgl. die französische und die englische Fassung.
(9) - ABl. L 351, S. 17.
(10) - Vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/94 (Gebhard, Slg. 1995, I-4165).
(11) - Bei der genannten Vorlagefrage wird auf Artikel 3 Absatz 3 abgestellt. Das muß auf einem Versehen beruhen, da sich die Vorschrift über die Zuteilung zusätzlicher Bezugsmengen in Artikel 9 Absatz 3 findet.
(12) - Vgl. z. B. Urteile vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-331/88 (Fedesa u. a., Slg. 1990, I-4023, Randnr. 13) und vom 5. Oktober 1994 in den verbundenen Rechtssachen C-133/93, C-300/93 und C-362/93 (Crispoltoni u. a., zitiert in Fußnote 5, Randnr. 41).