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Document 61993TJ0017
Judgment of the Court of First Instance (Second Chamber) of 15 July 1994. # Matra Hachette SA v Commission of the European Communities. # Competition - Exemption decision - Joint venture. # Case T-17/93.
Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 15. Juli 1994.
Matra Hachette SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Wettbewerb - Freistellungsentscheidung - Gemeinschaftsunternehmen.
Rechtssache T-17/93.
Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 15. Juli 1994.
Matra Hachette SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Wettbewerb - Freistellungsentscheidung - Gemeinschaftsunternehmen.
Rechtssache T-17/93.
Sammlung der Rechtsprechung 1994 II-00595
ECLI identifier: ECLI:EU:T:1994:89
URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ZWEITE KAMMER) VOM 15. JULI 1994. - MATRA HACHETTE SA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - FREISTELLUNGSENTSCHEIDUNG - GEMEINSCHAFTSUNTERNEHMEN. - RECHTSSACHE T-17/93.
Sammlung der Rechtsprechung 1994 Seite II-00595
Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor
++++
1. Wettbewerb ° Verwaltungsverfahren ° Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens ° Tragweite ° Grenzen ° Akteneinsicht der Beschwerdeführer
(EWG-Vertrag, Artikel 85 und 86; Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 19)
2. Wettbewerb ° Verwaltungsverfahren ° Entscheidung der Kommission, mit der festgestellt wird, daß eine Beihilfe für ein Vorhaben, das einer Freistellung gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag bedarf, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist ° Auswirkungen auf das in Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Anhörungsverfahren
(EWG-Vertrag, Artikel 85 ff. und 92 ff.; Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 19 Absatz 3)
3. Wettbewerb ° Kartelle ° Verbot ° Freistellung ° Geltungsbereich ° Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, die per se nicht freigestellt werden können ° Fehlen
(EWG-Vertrag, Artikel 85 Absatz 3)
4. Wettbewerb ° Kartelle ° Verbot ° Freistellung ° Voraussetzungen ° Beweislast ° Gerichtliche Nachprüfung ° Grenzen
(EWG-Vertrag, Artikel 85 Absatz 3)
1. Der Grundsatz des vollständig kontradiktorischen Charakters des Verwaltungsverfahrens vor der Kommission bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln gilt nur gegenüber den Unternehmen, gegen die durch eine Entscheidung der Kommission, mit der ein Verstoß gegen die Artikel 85 oder 86 EWG-Vertrag festgestellt wird, eine Sanktion verhängt werden kann. Die Rechte Dritter, wie sie in Artikel 19 der Verordnung Nr. 17 festgelegt sind, sind dagegen auf das Recht beschränkt, sich am Verwaltungsverfahren zu beteiligen. Daraus folgt, daß die Kommission über ein gewisses Ermessen verfügt, um in ihrer Entscheidung den Äusserungen Dritter Rechnung zu tragen. Diese können insbesondere nicht geltend machen, daß sie unter den gleichen Voraussetzungen wie die betroffenen Unternehmen einen Anspruch auf Einsicht in die bei der Kommission befindlichen Akten hätten.
2. In einem Fall, in dem im Rahmen eines und desselben Verfahrens sowohl die Vorschriften über staatliche Beihilfen als auch die Bestimmungen über den Wettbewerb anzuwenden sind, ist die Kommission berechtigt, sich, ohne daß sie ihrer Entscheidung über die Gewährung einer Freistellung vorgreift, zur Vereinbarkeit eines Beihilfevorhabens mit Artikel 92 EWG-Vertrag zu äussern, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Überzeugung gewonnen hat, daß der betreffende Vorgang in den Anwendungsbereich von Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag fallen kann. Falls nämlich für den Vorgang letztlich nicht die zunächst vorgesehene Freistellung gewährt würde, hätte dies nur zur Folge, daß die auf der Grundlage der Entscheidung gemäß Artikel 92 EWG-Vertrag bewilligte Beihilfe zurückgezahlt werden müsste. Daher macht die Entscheidung über die staatlichen Beihilfen das in Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Anhörungsverfahren nicht tatsächlich oder rechtlich überfluessig und verleiht der Kommission im Hinblick auf die Gewährung der beantragten Freistellung keine gebundene Kompetenz.
3. Es kann grundsätzlich keine wettbewerbswidrige Verhaltensweise geben, die unabhängig von der Intensität ihrer Wirkungen auf einem bestimmten Markt nicht freigestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag sämtlich erfuellt sind und sofern die fragliche Verhaltensweise ordnungsgemäß bei der Kommission angemeldet wurde.
4. Die Gewährung einer Einzelfreistellung für eine Vereinbarung zwischen Unternehmen hängt davon ab, daß die vier in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genannten Voraussetzungen kumulativ erfuellt sind, so daß die Freistellung schon dann zu versagen ist, wenn eine der vier Voraussetzungen nicht vorliegt. Es ist Sache der anmeldenden Unternehmen, der Kommission die Anhaltspunkte zu liefern, aus denen sich ergibt, daß die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 erfuellt sind. Da vor der Gewährung einer Freistellung komplexe wirtschaftliche Tatsachen in Erwägung gezogen werden, ist die gerichtliche Prüfung der rechtlichen Einordnung des Sachverhalts darauf beschränkt, ob die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.
Sachverhalt
1 Am 4. Februar 1991 meldeten die Ford of Europe Inc. und die Volkswagen AG (VW) (im folgenden: Gründungsunternehmen) gemäß der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), bei der Kommission eine Vereinbarung zur Errichtung eines Gemeinschaftsunternehmens namens AutoEuropa für den Bau einer Großraum- oder Mehrzwecklimousine ("multi-purpose vehicle" oder "MPV"), des "VX62", in Setúbal (Portugal) an. Die Vereinbarung sieht vor, daß die beiden Gründungsunternehmen an dem Gemeinschaftsunternehmen zu je 50 % beteiligt sind. Ziel der Anmeldung war in erster Linie eine Erklärung der Kommission, daß kein Anlaß zur Fortsetzung des Verfahrens besteht (Negativattest), und hilfsweise eine Erklärung der Kommission gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag, daß Artikel 85 Absatz 1 auf das Gemeinschaftsunternehmen nicht anwendbar ist (Freistellung).
Wesentliche Merkmale des Vorhabens
2 Nach Ansicht der Matra Hachette SA (im folgenden: Klägerin) soll das Gemeinschaftsunternehmen bestimmte Funktionen des Herstellungsprozesses übernehmen. Ford trägt dagegen vor, es solle sämtliche mit dem Herstellungsprozeß des Fahrzeugs verbundenen Funktionen wahrnehmen. Zu diesem Zweck werde es über eine Schmiede, eine Einrichtung zum Karosseriebau, eine Lackiererei mit modernster Technologie sowie über Abteilungen für die Ausstattung und die Endmontage verfügen. Ziel der Gründungsunternehmen sei es, weitgehend auf örtliche Lieferanten zurückzugreifen. Es sei daher unzutreffend, wenn die Klägerin behaupte, daß alle wesentlichen Teile des Fahrzeugs eingeführt würden.
3 Ebenso ist es nach Ansicht von Ford unzutreffend, daß die gesamte Produktion ausgeführt werde. Zum einen hänge der Umfang der Ausfuhren von der Nachfrage ab; zum anderen würden die handelspolitischen Entscheidungen von jedem der beiden Gründungsunternehmen selbständig getroffen.
4 Das Gemeinschaftsunternehmen soll 1995 den Betrieb aufnehmen. Nach Angaben der Klägerin würde seine Produktionskapazität etwa 50 % bis 80 % der europäischen Produktionskapazität bei MPV betragen; nach Angaben von Ford würde diese Kapazität etwa 30 % betragen.
5 Am 26. März und 16. April 1991 unterrichteten die portugiesischen Behörden die Kommission gemäß Artikel 93 EWG-Vertrag von einem Vorhaben zur Gewährung einer Reihe staatlicher Beihilfen für das vorgesehene Projekt, die sich nach Angaben der Klägerin auf insgesamt 750 Millionen ECU und nach Angaben von Ford auf insgesamt 547 Millionen ECU belaufen.
Ablauf des Verwaltungsverfahrens
6 Am 26. Juni 1991 legte die Klägerin bei der Kommission eine "Beschwerde" gemäß den Artikeln 85, 92, 93 und 175 EWG-Vertrag ein. Am 27. Juni 1991 wurde sie vom Generaldirektor der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission empfangen, der ihr erklärte, daß er kein Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag einleiten werde und beabsichtige, dem Freistellungsantrag stattzugeben.
7 Am 13. Juli 1991 veröffentlichte die Kommission die Bekanntmachung nach Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates betreffend die Anmeldung IV/33.814 ° Ford/Volkswagen, in der sie mitteilte, daß sie vorhabe, die angemeldete Vereinbarung zu befürworten (ABl. 1991, C 182, S. 8). Im Anschluß an diese Veröffentlichung übermittelte die Klägerin am 9. August 1991 ihre schriftlichen Bemerkungen, in denen sie Einsicht in die von der Kommission gesammelten Unterlagen sowie die Anhörung mündlicher Erklärungen forderte.
8 Am 16. Juli 1991 teilte die Kommission den portugiesischen Behörden mit, daß das Beihilfeprogramm in der gemeldeten Form ihrer Ansicht nach mit Artikel 92 EWG-Vertrag vereinbar sei.
9 Am 21. Oktober 1991 setzte die Kommission die Klägerin davon in Kenntnis, daß sie beabsichtige, ihr Einsicht in alle wichtigen Bestandteile der Akten zu gewähren, wobei sie darauf hinwies, daß sie die Durchführung einer Anhörung in diesem Stadium nicht für angebracht halte.
10 Am 23. Dezember 1991 übermittelte die Kommission der Klägerin zur Stellungnahme Kopien einer Reihe von Aktenstücken sowie eine Liste von Unterlagen, die sie ihr wegen ihres vertraulichen Charakters nicht zur Verfügung stellen wollte. Am 15. Januar 1992 beantragte die Klägerin, ihr einige dieser Unterlagen entweder unmittelbar oder, wenn nötig, über unabhängige Sachverständige zur Verfügung zu stellen. Dieser Antrag betraf die Vereinbarung zwischen den Gründungsunternehmen, die Angaben zur Bestimmung der Rentabilitätsschwelle des Unternehmens, zur vorgesehenen Differenzierung zwischen den von Ford und den von VW verkauften MPV sowie zur Beeinträchtigung der Verkäufe bestehender VW-Fahrzeuge durch das gemeinsam hergestellte MPV. Am 31. Januar und 10. Februar 1992 lehnte die Kommission diesen Antrag ab.
11 Am 17. Februar 1992 reichte die Klägerin ihre Bemerkungen zu den ihr am 23. Dezember 1991 übermittelten Unterlagen ein.
12 Im Mai 1992 richtete die Kommission an die Klägerin die in Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates (ABl. 1963, Nr. 127, S. 2268) vorgesehene Mitteilung. Dabei informierte sie die Klägerin darüber, daß sie beabsichtige, die von ihr eingelegte Beschwerde zurückzuweisen. Am 20. Mai 1992 reichte die Klägerin ihre Bemerkungen zu dieser Mitteilung ein.
13 Am 15. Juni 1992 wurde die Klägerin von der Kommission angehört.
14 Am 23. Dezember 1992 erließ die Kommission, vorbehaltlich bestimmter Bedingungen und Auflagen, die von den Gründungsunternehmen beantragte Freistellung (Entscheidung 93/49/EWG der Kommission vom 23. Dezember 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag, IV/33.814 ° Ford/Volkswagen, ABl. 1993, L 20, S. 14; im folgenden: Entscheidung). Eine Kopie der ° bis zum 31. Dezember 2004 geltenden ° Entscheidung sandte die Kommission der Klägerin zu; beigefügt war eine Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin.
Ablauf des Verfahrens
15 Unter diesen Umständen erhob die Klägerin zwei das genannte Vorhaben betreffende Klagen.
16 Mit einer ersten Klage, die am 6. September 1991 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen wurde, beantragte die Klägerin die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 16. Juli 1991, mit der diese den portugiesischen Behörden die Genehmigung für das staatliche Beihilfeprogramm erteilt hatte. Diese Klage wurde vom Gerichtshof mit Urteil vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91 (Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203) abgewiesen.
17 Die vorliegende, am 16. Februar 1993 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragene Klage ist auf die Nichtigerklärung der Entscheidung, mit der für das fragliche Vorhaben eines Gemeinschaftsunternehmens die Freistellung erteilt wurde, sowie der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin gerichtet, die sich nur auf die Gründe der Freistellungsentscheidung stützt.
18 Die Anträge der Klägerin bezogen sich zunächst auf die vom 16. Dezember 1992 datierende, in französischer Sprache abgefasste Entscheidung, die dem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 23. Dezember 1992 beigefügt war. Im schriftlichen Verfahren hat die Kommission jedoch darauf hingewiesen, daß es sich bei diesem Text um den abschließenden Entwurf der Entscheidung handele, die am 23. Dezember 1992 ergangen sei und deren englische und deutsche Fassung verbindlich seien. Diesen Text, der später im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurde, hat die Klägerin in Anlage 2 zur Klageschrift vorgelegt. Unter diesen Umständen ersucht die Kommission das Gericht, die Anträge der Klägerin, soweit sie die Freistellung betreffen, als gegen die am 23. Dezember 1992 ergangene Entscheidung gerichtet anzusehen.
19 Das schriftliche Verfahren zwischen den Parteien ist am 20. September 1993 mit der Einreichung der Gegenerwiderung der Kommission abgeschlossen worden.
20 Mit am 11. Mai 1993 eingereichtem Schriftsatz haben die Ford of Europe Inc. und die Ford-Werke AG (im folgenden: Ford) beantragt, in dem Rechtsstreit als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden. Mit am 27. Mai 1993 eingereichtem Schriftsatz hat VW beantragt, in dem Rechtsstreit als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden. Dabei hat VW ausserdem gemäß Artikel 35 § 2 Buchstabe b der Verfahrensordnung beantragt, sich im vorliegenden Verfahren ganz oder teilweise der deutschen Sprache bedienen zu dürfen. Schließlich hat die Portugiesische Republik mit am 4. Juni 1993 eingereichtem Schriftsatz beantragt, in dem Rechtsstreit als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden.
21 Mit Beschluß des Gerichts (Zweite Kammer) vom 1. Juli 1993 sind die Portugiesische Republik, Ford und VW als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen worden und ist der Antrag von VW auf Abweichung von der Sprachenregelung abgelehnt worden, soweit er das schriftliche Verfahren betraf. Mit Schreiben der Kanzlei vom 6. Juni 1994 ist VW gestattet worden, sich in der mündlichen Verhandlung in deutscher Sprache zu äussern.
22 Am 20. September 1993 haben die Portugiesische Republik, Ford und VW je einen Streithilfeschriftsatz eingereicht. Das schriftliche Verfahren ist am 23. November 1993 mit der Einreichung der Erklärungen der Klägerin zu den Schriftsätzen der Streithelferinnen abgeschlossen worden.
23 Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, das mündliche Verfahren ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Die Parteien und die Streithelferinnen haben in der öffentlichen Sitzung vom 28. Juni 1994 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
Anträge der Beteiligten
24 Die Klägerin beantragt,
° die Klage für zulässig zu erklären;
° die von der Kommission am 16. Dezember 1992 getroffene Entscheidung sowie ihre Entscheidung vom 23. Dezember 1992 über die Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin für nichtig zu erklären und allgemein alle Maßnahmen zu treffen, die das Gericht für nützlich hält, um dem Bestehen und den Wirkungen des beanstandeten Verstosses gegen die Vorschriften des EWG-Vertrages ein Ende zu setzen;
° der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
25 Die Kommission beantragt,
° die von der Firma Matra erhobene Klage als unbegründet abzuweisen;
° der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
26 Die Portugiesische Republik beantragt,
° die Klage abzuweisen.
27 Ford beantragt,
° die von der Firma Matra erhobene Klage als unbegründet abzuweisen;
° die Klägerin zur Tragung der Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin Ford zu verurteilen.
28 VW beantragt,
° die Klage der Firma Matra abzuweisen und die Klägerin zur Tragung der Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin zu verurteilen.
Vorbringen der Beteiligten
29 Die Streithelferin Ford hat eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben, die sie darauf stützt, daß die Entscheidung die Klägerin nicht unmittelbar und individuell betreffe, da das Vermarktungsrisiko für das Fahrzeug "Espace" von der Firma Renault getragen werde. Unter den Umständen des vorliegenden Falles hält es das Gericht jedoch für angebracht, zunächst die Begründetheit der Klage zu prüfen. Insoweit stellt die Klägerin sowohl die formelle als auch die materielle Rechtmässigkeit der Freistellungsentscheidung in Frage.
Zur formellen Rechtmässigkeit der Entscheidung
30 In bezug auf die formelle Rechtmässigkeit der Entscheidung macht die Klägerin geltend, diese verstosse gegen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts und gegen wesentliche Formvorschriften.
Zum ersten, die formelle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte geltend gemacht wird
Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten
31 Was den Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts anbelangt, so hat die Klägerin in ihrer Erwiderung auf den in ihrer Klageschrift geltend gemachten Klagegrund eines Verstosses gegen den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung verzichtet. In ihrem letzten Schriftsatz beschränkt sie sich somit darauf, einen Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts daraus abzuleiten, daß die Entscheidung die Verteidigungsrechte verletze, da ihr bestimmte wesentliche Teile der Verfahrensakten nicht zugänglich gemacht worden seien und sie deshalb ihren Standpunkt bei der Kommission nicht angemessen habe vertreten können. Die Weigerung, ihr bestimmte Aktenstücke zu übermitteln, die nach der Übersendung der in Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vorgesehenen Mitteilung ausgesprochen worden sei, führe zur Rechtswidrigkeit des Verfahrens zum Erlaß der Maßnahme.
32 Nach Ansicht der Kommission ist der Klagegrund nicht stichhaltig. Die Argumentation der Klägerin beruhe auf einer falschen Auslegung der Bestimmungen der Verordnungen Nrn. 17 und 99/63. Die Wahrung der Verteidigungsrechte sei nur im Rahmen der Beziehungen zwischen der Kommission und dem von einem Verfahren nach den Artikeln 85 oder 86 betroffenen Unternehmen geboten und gelte nicht für die Beziehungen zwischen den nicht an diesem Verfahren beteiligten Dritten und der Kommission.
33 Die Portugiesische Republik trägt vor, die Wahrung der Verteidigungsrechte sei im Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft gegenüber den Unternehmen geboten, die von der Kommission mit einer Sanktion belegt werden könnten. Da die Kommission der Klägerin keine Mitteilung von Beschwerdepunkten übersandt habe und diese folglich nicht mit einer Sanktion belegt werden könne, könne in bezug auf sie keine Verletzung der Verteidigungsrechte festgestellt werden. Bei dem von der Kommission der Klägerin gegenüber angewandten Verfahren seien keine Verfahrensrechte verletzt worden, da die Beschwerdeführerin mehrfach in die Lage versetzt worden sei, ihre "berechtigten Interessen" geltend zu machen.
Würdigung durch das Gericht
34 Nach ständiger Rechtsprechung, auf die sich die Beklagte und die Streithelferin zu Recht berufen, gilt der Grundsatz des vollständig kontradiktorischen Charakters des Verwaltungsverfahrens vor der Kommission im Bereich der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln nur gegenüber den Unternehmen, gegen die durch eine Entscheidung der Kommission, mit der ein Verstoß gegen die Artikel 85 oder 86 EWG-Vertrag festgestellt wird, eine Sanktion verhängt werden kann; die Rechte Dritter, wie sie in Artikel 19 der Verordnung Nr. 17 festgelegt sind, sind dagegen auf das Recht beschränkt, sich am Verwaltungsverfahren zu beteiligen (Urteil des Gerichtshofes vom 17. November 1987 in den verbundenen Rechtssachen 142/84 und 156/84, BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487, Randnrn. 19 und 20). Daraus folgt, daß die Kommission über ein gewisses Ermessen verfügt, um in ihrer Entscheidung den schriftlichen und gegebenenfalls mündlichen Äusserungen Dritter Rechnung zu tragen. Insbesondere können Dritte entgegen der Auffassung der Klägerin nicht geltend machen, daß sie unter den gleichen Voraussetzungen wie die betroffenen Unternehmen einen Anspruch auf Einsicht in die bei der Kommission befindlichen Akten hätten (Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juni 1986 in der Rechtssache 53/85, Akzo/Kommission, Slg. 1986, 1965).
35 Dieses Ergebnis kann nicht durch die Auslegung des Urteils des Gerichts vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T-64/89 (Automec/Kommission, "Automec I", Slg. 1990, II-367) in Frage gestellt werden, auf das sich die Klägerin zu Unrecht beruft. In Randnummer 46 dieses Urteils heisst es: "Diese [in Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vorgesehene] Mitteilung ähnelt der in Artikel 2 der Verordnung Nr. 99/63 vorgesehenen Mitteilung der Beschwerdepunkte, die ebenfalls das Ergebnis einer Vorprüfung der Umstände des Falles ist, auf dessen Grundlage die Kommission den betroffenen Unternehmen eine Frist zur Äusserung setzt. Die in Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vorgesehene Mitteilung stellt also aufgrund ihrer Stellung in dem Verfahren das Gegenstück zur Mitteilung der Beschwerdepunkte dar. Die Mitteilung der Beschwerdepunkte soll nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81 (IBM, a. a. O.) den Anspruch auf rechtliches Gehör wahren, während die in Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vorgesehene Mitteilung die verfahrensmässigen Rechte der Beschwerdeführer sichern soll, die jedoch nicht so weit wie der Anspruch auf rechtliches Gehör der Unternehmen gehen, gegen die sich die Untersuchung der Kommission richtet ..."
36 Das Gericht ist der Auffassung, daß die Auslegung der Klägerin, wonach sich aus dem Wortlaut dieses Urteils ergebe, daß die Untersuchung einer der Kommission von einem Dritten zur Beurteilung vorgelegten Beschwerde nach der Übersendung der in Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vorgesehenen Mitteilung vollständig kontradiktorisch erfolgen müsse, den Wortlaut des letzten Satzes der zitierten Randnummer des Urteils ausser acht lässt.
37 Daher ist der erste von der Klägerin vorgetragene Klagegrund zurückzuweisen.
Zum zweiten, die formelle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe ihrer Entscheidung vorgegriffen
Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten
38 Hinsichtlich des Verstosses gegen wesentliche Formvorschriften macht die Klägerin geltend, indem die Kommission gemäß Artikel 93 EWG-Vertrag die Bewilligung staatlicher Beihilfen an ein Gemeinschaftsunternehmen nahezu ein Jahr vor der Gewährung der Freistellung für dieses Unternehmen genehmigt habe, habe sie dem Ausgang des Verfahrens nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag vorgegriffen. Da es bisher keine Präzedenzentscheidung über die verfahrensmässige Verknüpfung der Artikel 85 und 93 EWG-Vertrag gebe, müsse die Kommission bei der Prüfung eines staatlichen Beihilfevorhabens nicht nur dessen Vereinbarkeit mit den speziellen Bestimmungen des Artikels 92 EWG-Vertrag, sondern seine Vereinbarkeit mit sämtlichen Vorschriften des EWG-Vertrages untersuchen. Im vorliegenden Fall sei die Kommission aufgrund des von der Rechtsprechung betonten Erfordernisses des Zusammenhangs verpflichtet gewesen, alle wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten zu prüfen, bevor sie zu einer Entscheidung über das betreffende Vorhaben habe kommen können, gleichgültig, ob es sich um eine Entscheidung gemäß Artikel 85 oder gemäß Artikel 93 EWG-Vertrag handele. Die Entstehungsgeschichte und die Begründung der ergangenen Entscheidungen zeigten jedoch, daß dies nicht der Fall gewesen sei. Im übrigen habe die Kommission dadurch, daß sie aufgrund von Artikel 93 EWG-Vertrag die Entscheidung vom 16. Juli 1991 erlassen habe, dem in der Verordnung Nr. 17 vorgesehenen Anhörungsverfahren zwangsläufig die Wirkung genommen.
39 Nach dem Erlaß des Urteils Matra/Kommission hat die Klägerin geltend gemacht, da die Entscheidung vom 16. Juli 1991 über die staatlichen Beihilfen früher ergangen sei, hätte die Kommission bei der Prüfung des Freistellungsantrags die Auswirkung der von den portugiesischen Behörden bewilligten staatlichen Beihilfen auf den Wettbewerb berücksichtigen müssen. Dies sei jedoch offenkundig nicht geschehen, so daß gegen die Pflicht zur Beachtung des Zusammenhangs zwischen den Artikeln 85 und 92 EWG-Vertrag verstossen worden sei.
40 Die Kommission weist darauf hin, daß die von ihr aufgrund von Artikel 93 EWG-Vertrag erlassene Entscheidung beim Gerichtshof angefochten worden sei und daß deren Rechtmässigkeit im Verfahren vor dem Gericht nicht in Frage gestellt werden könne. Die beiden fraglichen Entscheidungen ließen sich voneinander trennen, und die eine könne der Frage der Rechtmässigkeit der anderen keinesfalls vorgreifen. Wie Generalanwalt Van Gerven in seinen Schlussanträgen zum Urteil Matra/Kommission (a. a. O., I-3222) ausgeführt habe, habe eine Ablehnung des Freistellungsantrags lediglich zur Folge, daß die Beihilfe nicht gewährt werden könne oder, falls sie bereits gewährt worden sei, daß sie zurückgezahlt werden müsse. Der Ablauf der beiden Verfahren zeige, daß die beiden Aspekte der Rechtssache, die aus verfahrenstechnischen Gründen nicht verbunden werden könnten (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Dezember 1973 in der Rechtssache 120/73, Lorenz, Slg. 1973, 1471), gleichzeitig geprüft worden seien. In diesem Zusammenhang sei insbesondere festzustellen, daß die in Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Mitteilung vor der Entscheidung vom 16. Juli 1991 über die Beihilfen ergangen sei.
41 Nach Ansicht der Portugiesischen Republik ist der Klagegrund gegenstandslos. Das Vorgehen der Klägerin sei widersprüchlich: Entweder mache man von dem Verfahren des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag keinen Gebrauch, was zur Folge habe, daß die wirtschaftlichen Auswirkungen der Beihilfe unberücksichtigt blieben, oder die angebliche fehlende Berücksichtigung der wirtschaftlichen Folgen der Beihilfe könne im Rahmen des vorliegenden Verfahrens geprüft werden, und es müsse eingeräumt werden, daß das Verfahren gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu einem anderen Ergebnis führen könne, als es die Prüfung des Vorhabens nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag im Rahmen der Rechtssache Matra/Kommission gehabt habe. Im erstgenannten Fall sei zu prüfen, wie sich die Rechtskraft des Urteils des Gerichtshofes in der Rechtssache Matra/Kommission auswirke. Die Tatsache, daß die Kommission der Entscheidung vorgegriffen habe, würde dann allenfalls einen Mangel darstellen, der die Rechtmässigkeit der ersten, von der Kommission aufgrund von Artikel 93 erlassenen Entscheidung betreffe, nicht aber die Rechtmässigkeit der Freistellungsentscheidung.
42 Die Klägerin berufe sich jedenfalls vergeblich darauf, daß die Auswirkungen der Beihilfe im Rahmen der vorliegenden Entscheidung nicht berücksichtigt worden seien. Diese Auswirkungen seien sehr wohl berücksichtigt worden, aber anhand anderer als der in der Entscheidung vom 16. Juli 1991 verwendeten Kriterien und in einem anderen Zusammenhang. Die Verfahren nach Artikel 85 und nach Artikel 93 seien nämlich trotz der in der Rechtsprechung des Gerichtshofes aufgestellten Pflicht zur Beachtung ihres Zusammenhangs "voneinander unabhängige Verfahren ..., für die jeweils besondere Regeln gelten" (Urteil Matra/Kommission, a. a. O., Randnr. 44).
43 VW ist der Ansicht, daß der von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund in Anbetracht des Urteils Matra/Kommission zurückzuweisen sei, da dieses die Argumentation der Klägerin zu dieser Frage sowohl in verfahrensrechtlicher als auch in materieller Hinsicht widerlege.
Würdigung durch das Gericht
44 Das im vorliegenden Fall durchgeführte Verwaltungsverfahren wirft das Problem auf, wie im Rahmen eines und desselben Verfahrens die Vorschriften über staatliche Beihilfen und die Bestimmungen der Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag miteinander zu verknüpfen sind.
45 Das Gericht ist jedoch der Auffassung, daß, wie die Portugiesische Republik zutreffend ausführt, der zweite, die formelle Rechtmässigkeit betreffende Klagegrund im wesentlichen gegenstandslos ist. Selbst wenn die Kommission nämlich durch ihre Entscheidung über die staatlichen Beihilfen der Frage der Rechtmässigkeit der streitigen Freistellungsentscheidung vorgegriffen hätte, so hätte dies doch keinen Einfluß auf die Rechtmässigkeit der letztgenannten Entscheidung und könnte nur die Rechtmässigkeit der zu den staatlichen Beihilfen ergangenen Entscheidung vom 16. Juli 1991 beeinflussen, da die Klägerin jedenfalls nicht nachgewiesen ° und im übrigen auch nicht vorgetragen ° hat, daß die Kommission davon ausgegangen ist, daß sie beim Erlaß der Freistellungsentscheidung im Hinblick auf ihre Entscheidung vom 16. Juli 1991 eine gebundene Kompetenz gehabt habe.
46 Das Gericht ist ausserdem der Auffassung, daß nur der Teil des Klagegrundes erheblich ist, der darauf gestützt wird, daß die Kommission dadurch, daß sie die Entscheidung über die staatlichen Beihilfen am 16. Juli 1991 und damit nur drei Tage nach der Veröffentlichung der in Artikel 19 der Verordnung Nr. 17 vorgesehenen Mitteilung erlassen habe, dem in dieser Verordnung vorgesehenen Anhörungsverfahren die Wirkung genommen habe, das es Dritten ermöglichen solle, ihren Standpunkt vor dem Erlaß einer für ein Unternehmen günstigen Kommissionsentscheidung darzulegen. Dieser Teil des Klagegrundes ist jedoch zurückzuweisen, da die Klägerin, die im konkreten Fall ohne weiteres in der Lage war, ihre Bemerkungen im Anschluß an die Mitteilung vom 13. Juli 1991 vorzubringen, nicht nachgewiesen hat, daß das von der Kommission in dieser Weise eingeleitete Anhörungsverfahren tatsächlich wirkungslos war.
47 Überdies ist die Kommission berechtigt, sich zur Vereinbarkeit eines Beihilfevorhabens mit Artikel 92 EWG-Vertrag zu äussern, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Überzeugung gewonnen hat, daß der Vorgang in den Anwendungsbereich von Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag fallen kann (Urteil Matra/Kommission, a. a. O., Randnr. 45). Im vorliegenden Fall ergibt sich diese Überzeugung selbst genügend aus der Veröffentlichung der in Artikel 19 der Verordnung Nr. 17 vorgesehenen Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. Falls für den Vorgang, u. a. im Hinblick auf die von Dritten im Anschluß an diese Veröffentlichung eingereichten Bemerkungen, dagegen nicht die zunächst vorgesehene Freistellung gewährt würde, hätte dies nur zur Folge, daß die auf der Grundlage der gemäß Artikel 92 EWG-Vertrag erlassenen Entscheidung bewilligte Beihilfe zurückgezahlt werden müsste. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist daher keineswegs erwiesen, daß die Entscheidung über die staatlichen Beihilfen das in Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Anhörungsverfahren tatsächlich oder rechtlich überfluessig gemacht oder der Kommission im Hinblick auf die Gewährung der beantragten Freistellung eine gebundene Kompetenz verliehen hätte.
48 Schließlich ist auch das in der Erwiderung vorgebrachte Argument, wonach die Kommission in der Freistellungsentscheidung die Auswirkungen der bewilligten staatlichen Beihilfen hätte berücksichtigen müssen, unbegründet. Die einzige Voraussetzung dafür, daß geprüft werden kann, in welchem Umfang eine Vereinbarung zwischen Unternehmen freigestellt werden kann, besteht nämlich darin, daß die Kommission nachweist, daß diese Vereinbarung tatsächlich in den Anwendungsbereich von Artikel 85 Absatz 1 fällt. Die Feststellung des wettbewerbswidrigen Charakters der Vereinbarung ist aber im vorliegenden Fall mit der Freistellungsentscheidung erfolgt. Die einzige mögliche Auswirkung der Berücksichtigung der bewilligten staatlichen Beihilfen wäre somit die Verstärkung des wettbewerbswidrigen Charakters der Vereinbarung, da die staatlichen Beihilfen eine Verminderung der Einstandspreise des Unternehmens und dadurch eine Verfälschung des Wettbewerbs ermöglichen würden. Die Beurteilung der Intensität der wettbewerbswidrigen Wirkung einer Vereinbarung, für die ein Freistellungsantrag gestellt wurde, ist jedoch von der Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag unabhängig und ist von der Kommission nicht im Rahmen des Artikels 85 Absatz 1, sondern in dem des Artikels 85 Absatz 3, insbesondere der Voraussetzung der Unerläßlichkeit der Wettbewerbsbeschränkungen, vorzunehmen (siehe unten, Randnrn. 135 bis 140).
49 Somit ist der zweite, die formelle Rechtmässigkeit betreffende Klagegrund zurückzuweisen.
Zum dritten, die formelle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrund, mit dem eine unzureichende Begründung gerügt wird
Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten
50 In bezug auf den Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften trägt die Klägerin vor, die Freistellungsentscheidung sei unzureichend begründet. Dieser Klagegrund besteht aus zwei Teilen.
51 Nach dem ersten Teil des Klagegrundes fehlt in der Entscheidung eine Prüfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der dem Gemeinschaftsunternehmen gewährten staatlichen Beihilfen. Abgesehen von der rein faktischen Randnummer 16 ihrer Gründe würden in der Entscheidung die "öffentlichen" Wettbewerbsregeln ausser acht gelassen, obwohl die dem Gemeinschaftsunternehmen bewilligten Beihilfen die im Rahmen der Prüfung des Freistellungsantrags aufzustellende Wettbewerbsbilanz entscheidend beeinflussten. Insbesondere habe die Kommission nicht geprüft, ob die beiden Gründungsunternehmen in Anbetracht des Umfangs der ihnen gewährten Beihilfen nicht unabhängig voneinander auf den betreffenden Markt hätten vordringen können.
52 Im zweiten Teil des Klagegrundes wird gerügt, daß die durch das Gemeinschaftsunternehmen geschaffenen überschüssigen Produktionskapazitäten in der Entscheidung nicht erwähnt würden. Diese könnten für den Bezugszeitraum auf durchschnittlich 40 % des Gemeinschaftsmarktes für Großraumlimousinen und auf 16 % für den übrigen Automobilsektor geschätzt werden; diese Sätze habe die Kommission in ihrer Mitteilung zum Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen in der Kfz-Industrie (ABl. 1989, C 123, S. 3) selbst als "gefährlich" angesehen. Die fehlende Behandlung einer derart grundlegenden Frage in der Entscheidung stelle daher einen wesentlichen Mangel dar.
53 Nach Ansicht der Kommission enthält die Entscheidung eine nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes hinreichende Begründung. In der Entscheidung würden weder die Auswirkungen der Beihilfe noch die angeblichen überschüssigen Produktionskapazitäten erwähnt, da diese Gesichtspunkte unerheblich seien. Alles in allem erfuelle die Entscheidung somit in vollem Umfang das Begründungserfordernis.
54 Die Portugiesische Republik vertritt hinsichtlich des ersten Teils des Klagegrundes die Ansicht, daß die "Vor- und Nachteile eines GU ... im Rahmen einer wirtschaftlichen Gesamtbilanz gegeneinander abgewogen [werden], wobei neben der Art auch das Ausmaß des jeweiligen Nutzens und Risikos zu berücksichtigen ist" (Bekanntmachung der Kommission über die Beurteilung kooperativer Gemeinschaftsunternehmen nach Artikel 85 des EWG-Vertrages, ABl. 1993, C 43, S. 2, Nr. 57). Daraus ergebe sich eine Verpflichtung zur Berücksichtigung der Wirkungen staatlicher Beihilfen, soweit sie die in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag vorgesehenen sachlichen Anforderungen erfuellten. Dieser Verpflichtung sei im vorliegenden Fall genügt worden. Das Vorbringen der Klägerin könne auch deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht darlege, daß sich die angebliche Unterlassung der Kommission in spürbarer Weise auf die gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu ziehende wirtschaftliche Bilanz des Vorgangs ausgewirkt habe. Im vorliegenden Fall sei eine solche spürbare Auswirkung nicht möglich, da die gewährten Beihilfen nur die mit der Ansiedlung des Unternehmens in Setúbal verbundenen Nachteile ausglichen.
55 In bezug auf den zweiten Teil des Klagegrundes schließt sich die Portugiesische Republik dem Standpunkt der Kommission an.
Würdigung durch das Gericht
56 Der erste Teil des Klagegrundes, der die fehlende Bewertung der Auswirkungen der staatlichen Beihilfen durch die Kommission betrifft, ist zurückzuweisen, da diese Frage, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Randnr. 48), nur die Bewertung der wettbewerbswidrigen Folgen des Vorhabens beeinflussen kann und nicht die Frage, ob das betreffende Vorhaben in den Anwendungsbereich von Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag fällt. Insoweit obliegt daher der Klägerin der Nachweis, daß die Kommission bei ihrer Bewertung der Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag, insbesondere der dritten dieser Voraussetzungen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat (siehe unten, Randnrn. 135 bis 140).
57 Das gleiche gilt für den zweiten Teil des Klagegrundes, der die fehlende Berücksichtigung der Auswirkungen der überschüssigen Produktionskapazitäten betrifft. Die Existenz überschüssiger Produktionskapazitäten wirkt sich nämlich ebenso wie die staatlichen Beihilfen allenfalls auf die Intensität der wettbewerbswidrigen Wirkung der Vereinbarung aus. Im übrigen bezieht sich die behandelte Frage ohnehin nicht auf die Begründung der Entscheidung, sondern darauf, ob diese Entscheidung, insbesondere im Hinblick auf die dritte der vier in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genannten Voraussetzungen, zutreffend ist.
Zur materiellen Rechtmässigkeit der Entscheidung
58 Hinsichtlich der materiellen Rechtmässigkeit der Entscheidung macht die Klägerin vier Klagegründe geltend. Erstens verletze die Entscheidung Artikel 85 EWG-Vertrag, da sie durch offensichtliche Beurteilungsfehler gekennzeichnet sei, zweitens verstosse sie auch aufgrund der ihr anhaftenden Rechtsirrtümer gegen Artikel 85, drittens enthalte sie einen weiteren Rechtsirrtum in Form eines Verstosses gegen Artikel 86 EWG-Vertrag und viertens sei sie mit einem Ermessens- und Verfahrensmißbrauch behaftet.
Zum ersten, die materielle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrund, mit dem offensichtliche, gegen Artikel 85 EWG-Vertrag verstossende Beurteilungsfehler geltend gemacht werden
59 Mit ihrem ersten, die materielle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrund trägt die Klägerin, gestützt auf die Gutachten zweier Sachverständiger, Prof. Encaoua und Dr. Klaue, vor, die Kommission sei zwar zu Recht davon ausgegangen, daß die Vereinbarung in den Anwendungsbereich von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag falle; ihre Prüfung der wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen sei jedoch unzureichend, denn sie hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, daß Artikel 85 Absatz 3 auf die Vereinbarung nicht anwendbar sei. Die Klägerin beruft sich insbesondere darauf, daß die sich aus der Vereinbarung zwischen den betreffenden Unternehmen ergebenden Beeinträchtigungen des Wettbewerbs durch den Beitrag des Vorhabens zur wirtschaftlichen Entwicklung nicht ausgeglichen werden könnten und daß die Kommission unter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit keine Abwägung der Vor- und Nachteile des Vorhabens vorgenommen habe. Dieser Klagegrund besteht somit aus zwei Teilen, von denen sich der eine auf die Beeinträchtigungen des Wettbewerbs bezieht, die sich aus dem betreffenden Vorhaben ergeben sollen, und der andere die Frage betrifft, ob das Vorhaben die in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag aufgestellten Voraussetzungen erfuellt.
Zum ersten Teil des Klagegrundes, der die durch das Gemeinschaftsunternehmen herbeigeführten Beeinträchtigungen des Wettbewerbs auf dem relevanten Markt betrifft
° Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten
60 Die Klägerin trägt vor, die sich aus dem Vorhaben eines Gemeinschaftsunternehmens ergebenden Wettbewerbsbeschränkungen würden in den Randnummern 18 bis 22 der Entscheidung geprüft. Wie die Kommission im übrigen in ihren Entscheidungen wiederholt festgestellt habe, führe die Zusammenlegung der Produktions- und Entwicklungskapazitäten konkurrierender Unternehmen zwangsläufig zu einer Wettbewerbsbeschränkung, vor allem weil sie die Entstehung technologischer oder produktionstechnischer Vorteile erschwere, die es ohne diese Zusammenlegung der Produktionskapazitäten ermöglichen würde, die konkurrierenden Erzeugnisse unterschiedlich zu gestalten, und weil sie zu einer Absprache über die Entscheidungen über Investitionen und die Verwendung der Produktionskapazitäten führe.
61 Die sich aus dem betreffenden Vorhaben ergebenden Beeinträchtigungen des Wettbewerbs zeigten sich in vierfacher Weise.
62 Erstens beträfen diese Beeinträchtigungen das Verhältnis zwischen den Gründungsunternehmen und dem Gemeinschaftsunternehmen, da man davon ausgehen könne, daß die Vereinbarung mit Klauseln über die Beschränkung der Lieferung von Hauptkomponenten, mit Lizenzen für geistige Eigentumsrechte oder mit Wettbewerbsverboten versehen sei. Sie verstehe nicht, wie eine "cost-plus"-Vereinbarung funktionieren könne, ohne daß die Gründungsunternehmen über eine Möglichkeit zur Kontrolle und Prüfung des Gemeinschaftsunternehmens verfügten, die zwangsläufig dazu führe, daß jeder der beiden Partner über die vom Gemeinschaftsunternehmen getätigten Ausgaben und Investitionen genau im Bilde sei.
63 Zweitens ergäben sich die Beeinträchtigungen des Wettbewerbs aus dem "Netzeffekt" des betreffenden Vorhabens. Die Kommission hätte nämlich bei ihrer Prüfung den Auswirkungen des betreffenden Vorhabens auf den fraglichen Markt Rechnung tragen müssen, die sich daraus ergäben, daß Ford mit Nissan und Mazda zusammenarbeite und daß das Vorhaben eines Gemeinschaftsunternehmens andere zwischen den beiden Unternehmen in Lateinamerika geschlossene Vereinbarungen ("AutoLatina") ergänze.
64 Drittens bezögen sich die zu berücksichtigenden Beschränkungen des Wettbewerbs auf den "Gruppeneffekt" ("spill-over effect"), der durch diese Zusammenarbeit geschaffen oder verstärkt zu werden drohe. Die Entscheidung eröffne den Gründungsunternehmen nämlich die Möglichkeit, ihr Verhalten auf anderen Märkten als dem für Großraumlimousinen aufeinander abzustimmen, insbesondere auf den "vereinnahmten" Märkten, d. h. den Segmenten der Personenwagen der Mittel- und Oberklasse. Ausserdem deute die Angabe, daß der Abgabepreis für Ford und VW grundsätzlich derselbe sein werde, darauf hin, daß der Preiswettbewerb stark eingeschränkt sein werde.
65 Viertens schließlich werde sich die Vereinbarung in wettbewerbswidriger Weise auf die Vertriebsnetze für die Fahrzeuge der betreffenden Unternehmen auswirken, deren Unabhängigkeit voneinander bezweifelt werden könne, und sich in weitem Umfang auf ihre Absatzpolitik erstrecken.
66 Alles in allem hätten die sich aus dem Vorhaben eines Gemeinschaftsunternehmens ergebenden Beeinträchtigungen des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag zur Folge, daß das Vorhaben nicht ohne Gesetzesverstoß in den Genuß einer Freistellung kommen könne.
67 Die Kommission trägt vor, die Argumentation der Klägerin im Zusammenhang mit der Herstellung der Fahrzeuge beziehe sich zum einen auf die hergestellten Mengen und zum anderen auf den Preiswettbewerb. Die Kommission weist beide Argumente zurück.
68 Zu den hergestellten Mengen vertritt die Kommission die Ansicht, daß die Produktionskapazität des Gemeinschaftsunternehmens entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gleichmässig unter den Gründungsunternehmen aufgeteilt werde. Ford und VW würden ihre Bestellungen unabhängig voneinander bei der AutoEuropa aufgeben. Falls deren Produktionskapazitäten zur Ausführung dieser Bestellungen nicht ausreichten, werde die verfügbare Kapazität unter den Gründungsunternehmen nach dem Umfang ihrer Bestellungen anteilmässig aufgeteilt. Daraus folge, daß die beiden Gründungsunternehmen im Rahmen der Produktionskapazitäten von "AutoEuropa" in der Lage seien, eine eigene Strategie zu verfolgen, indem sie völlig unabhängig voneinander die von jedem von ihnen hergestellten Mengen von Großraumlimousinen bestimmten. Ausserdem trage jedes der Gründungsunternehmen selbst die finanzielle Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen.
69 Zum Preiswettbewerb weist die Kommission darauf hin, daß die beiden Gründungsunternehmen nach Randnummer 38 der Gründe der angefochtenen Entscheidung "ihre MPV grundsätzlich zum gleichen Preis von dem GU beziehen werden". Die Fahrzeuge würden vom Gemeinschaftsunternehmen an die Gründungsunternehmen zu einem Preis abgegeben, der den Herstellungskosten des Fahrzeugs zuzueglich einer "kleinen Gewinnspanne, um die portugiesischen Finanzbehörden zufrieden zu stellen", entspreche. Aus diesem Grund sei der Abgabepreis zunächst für Ford und VW grundsätzlich gleich. Darüber hinaus habe aber jedes der beiden Gründungsunternehmen die Kosten für die Sonderausstattungen zu tragen, durch die ihre Ausführung der Großraumlimousine eine individuelle Gestalt erhalte. Diese Sonderausstattungen würden von jedem der beiden Unternehmen selbständig ausgewählt. Man könne deshalb nicht sagen, daß zwischen den von Ford und den von VW hergestellten Fahrzeugen kein Preisunterschied mehr bestehen werde.
70 Ausserdem befänden sich die Unternehmen beim Vertrieb der Fahrzeuge in einer Wettbewerbssituation. Die Klägerin habe sich im wesentlichen für die Beschränkungen des Wettbewerbs zwischen den Gründungsunternehmen interessiert. Eine Vereinbarung, die den Wettbewerb zwischen den Parteien beschränke, könne ihn aber in bezug auf Dritte fördern. Im vorliegenden Fall habe die geprüfte Vereinbarung nicht nur für einen erheblichen Teil der fraglichen Erzeugnisse keine Beseitigung des Wettbewerbs zur Folge, sondern sei überdies geeignet, den Wettbewerb auf einem Markt zu steigern, der durch die führende Stellung der Klägerin gekennzeichnet sei.
71 Zum "Netzeffekt" vertritt die Kommission zunächst hinsichtlich der Beurteilung der Auswirkungen der von Ford und Nissan geschlossenen Kooperationsvereinbarungen auf den Markt die Auffassung, daß es sich bei der von Ford und Nissan gemeinsam hergestellten Großraumlimousine um eine Abwandlung des von Ford in den Vereinigten Staaten von Amerika gebauten und vertriebenen Fahrzeugs namens "Ärostar" handele, das nur schwer für den europäischen Verbraucher umgestaltet werden könne. Da die Vereinbarung zwischen Ford und Nissan jedem der beiden Partner ausdrücklich die Möglichkeit einräume, das gemeinsam hergestellte Fahrzeug ausserhalb des Gebietes der Vereinigten Staaten von Amerika zu vertreiben, und da Nissan bereits in der Gemeinschaft tätig sei, sei überdies zweifelhaft, ob sich Nissan nach dem Auftreten von Ford und VW von diesem expandierenden Markt zurückziehen werde.
72 Sodann weist die Kommission hinsichtlich der Berücksichtigung der Auswirkungen der Vereinbarungen zwischen Ford und Mazda darauf hin, daß es in Europa keine gemeinsame Produktion dieser beiden Hersteller gebe und daß sie entgegen dem Vorbringen der Klägerin in Japan kein gemeinsames Vertriebsunternehmen gegründet hätten. Zwar besitze Ford eine Minderheitsbeteiligung am Kapital von Mazda, aber die beiden Hersteller blieben unabhängig voneinander, und die von ihnen geschlossenen Beteiligungsabkommen bezögen sich nicht auf Großraumlimousinen.
73 Schließlich betreffe die Zusammenarbeit zwischen Ford und VW in Lateinamerika weder den Gemeinschaftsmarkt noch den Markt für Großraumlimousinen. Die Behauptung der Klägerin, daß die jeweilige Bedeutung der Vertriebsnetze von Ford und VW in den verschiedenen Mitgliedstaaten in einer geographischen Aufteilung zum Ausdruck kommen werde, um eine grösstmögliche Durchdringung des betreffenden Marktes zu gewährleisten, entbehre jeder Grundlage, denn wie sich aus der dritten der den Unternehmen in Artikel 2 Teil A des verfügenden Teils der Entscheidung auferlegten Bedingungen ergebe, sei die Vereinbarung nur unter dem Vorbehalt freigestellt worden, daß die Entscheidung eines der Gründungsunternehmen, eines seiner Modelle in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft nicht zu vermarkten, der vorherigen Genehmigung durch die Kommission bedürfe.
74 Zum geltend gemachten "spill-over effect" trägt die Kommission vor, in der Entscheidung werde durch die zweite, den Unternehmen durch Artikel 2 Teil A des verfügenden Teils auferlegte Verpflichtung dafür Sorge getragen, daß die Gefahr der Übermittlung sensibler Informationen zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen und den Gründungsunternehmen begrenzt werde.
75 Die Portugiesische Republik weist zunächst darauf hin, daß die Kommission auf diesem Gebiet über ein weites Ermessen verfüge. Die Vereinbarung, die sich nur auf den potentiellen Wettbewerb zwischen den Gründungsunternehmen auswirke, stelle die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs zwischen ihnen nicht in Frage, wie sich aus den Randnummern 7, 8, 11, 21, 35, 38 und 41 der Gründe der Entscheidung sowie aus Artikel 2 Teil A ihres verfügenden Teils ergebe. Die Selbständigkeit der Gründungsunternehmen beziehe sich sowohl auf die Einkaufsstrategien als auch auf die unterschiedliche Gestaltung der vertriebenen Fahrzeuge sowie den Wettbewerb mit den anderen Partnern der Gründungsunternehmen und schließlich die angebliche Beschränkung des Wettbewerbs, die sich aus dem "spill-over effect" ergeben solle.
76 Die Streithelferin Ford trägt zunächst vor, die Klägerin lasse die Rechtsprechung des Gerichtshofes ausser acht, nach der die gerichtliche Nachprüfung in Bereichen, die komplexe wirtschaftliche Beurteilungen erforderten, darauf beschränkt sei, ob die Kommission einen offensichtlichen Fehler begangen habe.
77 Was erstens das Verhältnis zwischen den beiden Gründungsunternehmen angehe, so bestuenden zwischen ihnen entgegen den Behauptungen der Klägerin keine Wettbewerbsverbote. Sie besässen beide gemeinsam die mit dem Vorhaben zusammenhängenden geistigen Eigentumsrechte und könnten frei über sie verfügen. Zwischen ihnen bestehe keine Beschränkung hinsichtlich der Verwendung "edler" Teile. Die meisten Teile des Fahrzeugs würden von auswärtigen Zulieferern stammen.
78 Was zweitens die Beurteilung des "Netzeffekts" angehe, so sei das zwischen Ford und Nissan geschlossene Beteiligungsabkommen über Großraumlimousinen in den Vereinigten Staaten, das ausdrücklich vorsehe, daß jede der beiden Parteien das den Gegenstand dieses Abkommens bildende Fahrzeug ausführen könne, im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Umgekehrt werde die Streithelferin nicht zögern, den "VX62" in die Vereinigten Staaten von Amerika auszuführen, wenn sie dort eine Marktlücke für dieses Fahrzeug vermute.
79 Was die Vereinbarung zwischen ihr und Matra betreffe, so gebe es entgegen den Behauptungen der Klägerin keine gemeinsame Herstellung von Fahrzeugen. Es gebe auch kein gemeinsames Vertriebsunternehmen in Japan.
80 Das in Brasilien und Argentinien tätige Gemeinschaftsunternehmen "AutoLatina" schließlich bilde eine echte "Fusion" der Tätigkeiten von Ford und VW in Lateinamerika und sei mit einem äusserst schwierigen wettbewerblichen Umfeld zu erklären. "AutoLatina" sei nicht Teil einer weltweiten Strategie der Zusammenarbeit zwischen den beiden Gruppen.
81 Was drittens die Gefahr der "Vereinnahmung" bestimmter Erzeugnisse aus der Produktpalette der Hersteller angehe, so sei das Vorbringen der Klägerin unzutreffend. Die Kombis seien nämlich Fahrzeuge, die sich von den MPV erheblich unterschieden, so daß sie nicht mit den MPV austauschbar seien.
82 Viertens sei schließlich in bezug auf die Auswirkung des Gemeinschaftsunternehmens auf den Vertrieb der Fahrzeuge zu berücksichtigen, daß es sich bei diesem Unternehmen um ein Produktionsunternehmen handele und daß nicht die Gefahr bestehe, daß es de facto zu einem gemeinsamen Vertriebsunternehmen werde. Die Vereinbarungen zwischen den Gründungsunternehmen machten das Gemeinschaftsunternehmen zu einem praktisch unabhängigen Lieferanten, der gesonderte Bestellungen jedes der beiden Gründungsunternehmen erhalten werde. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin gebe es somit keine Aufteilung der Produktionskapazität. Die Fahrzeuge würden den Gründungsunternehmen vom Gemeinschaftsunternehmen zu Preisen verkauft, die sich streng nach den tatsächlichen Herstellungskosten richteten. Die Preise für den Verkauf an den Verbraucher würden aber von jedem der beiden Gründungsunternehmen selbständig festgelegt, und sie bestimmten auch ihre eigene Produktstrategie. Die Einhaltung des Grundsatzes der Selbständigkeit der Gründungsunternehmen werde schließlich durch die von den Mitarbeitern des Gemeinschaftsunternehmens eingegangenen Verpflichtungen zur Vertraulichkeit gewährleistet.
83 VW bezweifelt, daß das Gemeinschaftsunternehmen, wie die Klägerin geltend mache, den Wettbewerb auf dem fraglichen Markt verfälschen könne; dies erkläre im übrigen den der Kommission vorgelegten Antrag auf ein "Negativattest".
° Würdigung durch das Gericht
84 Im gegenwärtigen Stadium der Prüfung der Rechtssache muß der erste Teil des Klagegrundes in der von der Klägerin vorgebrachten Form zurückgewiesen werden. Denn mit diesem ersten Teil wird, ohne das Ergebnis in Frage zu stellen, zu dem die Kommission gelangt ist, daß nämlich die streitige Vereinbarung unter Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag fällt, zunächst geltend gemacht, daß die Kommission die wettbewerbswidrigen Auswirkungen dieser Vereinbarung nicht hinreichend bewertet habe, und sodann, daß eine genaue Bewertung dieser Auswirkungen gezeigt hätte, daß die Beeinträchtigungen des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt so groß seien, daß für die streitige Vereinbarung keine Einzelfreistellung gewährt werden könne.
85 Eine solche Argumentation setzt voraus, daß es Verfälschungen des Wettbewerbs gibt, die ihrem Wesen nach nicht gemäß Artikel 85 Absatz 3 freigestellt werden können. Mit anderen Worten, sie setzt, wie die Kommission zu Recht vorgetragen hat, voraus, daß die Existenz von Zuwiderhandlungen anerkannt wird, die per se nicht freigestellt werden können, wofür es im Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft, dessen Anwendbarkeit vom Vorliegen einer Verhaltensweise abhängt, die einen wettbewerbswidrigen Zweck oder eine solche Wirkung auf einem bestimmten Markt hat, keinen Anhaltspunkt gibt. Es kann vielmehr nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich keine wettbewerbswidrige Verhaltensweise geben, die unabhängig von der Intensität ihrer Wirkungen auf einem bestimmten Markt nicht freigestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag sämtlich erfuellt sind und sofern die fragliche Verhaltensweise ordnungsgemäß bei der Kommission angemeldet wurde.
86 Folglich hat dieser erste Teil des Klagegrundes ° unterstellt, er wäre stichhaltig ° jedenfalls keinen Einfluß auf die Rechtmässigkeit der Entscheidung. Selbst wenn man nämlich die von der Kommission vorgenommene Prüfung der wettbewerbswidrigen Auswirkungen der Vereinbarung als unzureichend ansehen würde, hätte eine solche Feststellung keinen Einfluß auf die Anwendbarkeit von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag auf den vorliegenden Fall und ließe die Frage der Anwendbarkeit von Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag unberührt (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 13. Juli 1966 in der Rechtssache 32/65, Italien/Rat und Kommission, Slg. 1966, 458). Die zur Stützung dieses ersten Teils des Klagegrundes vorgebrachten Argumente können tatsächlich nur im Rahmen der Prüfung des zweiten Teils des Klagegrundes berücksichtigt werden, der die Frage betrifft, ob das Gemeinschaftsunternehmen die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 erfuellt.
87 Somit ist der erste Teil des die materielle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrundes zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil des Klagegrundes, der die Frage betrifft, ob das Gemeinschaftsunternehmen die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag erfuellt
88 Nach Ansicht der Klägerin erfuellt das bei der Kommission angemeldete Vorhaben keine der vier in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genannten Voraussetzungen.
° Zur Frage, ob das Gemeinschaftsunternehmen zur Verwirklichung des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts beiträgt
i) Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM : 693A0017.1
89 Die Klägerin macht zunächst geltend, daß die Vereinbarung nicht zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitrage. Nach der ständigen Praxis der Kommission müsse es sich um einen objektiven und tatsächlichen Beitrag zum wirtschaftlichen Fortschritt handeln. Die von der Kommission genannte Erhaltung von Arbeitsplätzen werde vom Gerichtshof im Rahmen von Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag nur insoweit berücksichtigt, als es sich um einen Faktor wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit handele. Im vorliegenden Fall gehe aber mit der Verwirklichung des Vorhabens die Schließung mehrerer industrieller Standorte in Europa einher, und sie erweise sich als blosse Verlagerung von Arbeitsplätzen aus Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit und hohen Lohnkosten in ein Gebiet mit geringerer Arbeitslosigkeit und niedrigeren Lohnkosten, so daß das Gemeinschaftsunternehmen nicht als Beitrag zum "wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt" der Gemeinschaft angesehen werden könne.
90 Das "regionale" Ziel sei zwar berechtigt, es könne aber bei der Prüfung des Beitrags eines Vorhabens zum wirtschaftlichen Fortschritt nicht berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall sei die von den Herstellern getroffene Standortwahl sicherlich ein Nachteil, den die gewährten massiven staatlichen Beihilfen ja gerade hätten ausgleichen sollen. Die Kommission könne sich daher im Rahmen eines der beiden Verfahren nicht auf Argumente berufen, die in offenkundigem Widerspruch zu den im anderen Verfahren genannten Argumenten stuenden.
91 Im übrigen trage das Gemeinschaftsunternehmen eindeutig nicht zum technischen Fortschritt bei. Eine Reihe tatsächlicher Angaben, auf die sich die Kommission im vorliegenden Rechtsstreit berufe und die in ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt worden seien, seien in Frage zu stellen. Davon abgesehen sei keiner der vier Gesichtspunkte erwiesen, auf die in Randnummer 25 der Gründe der Entscheidung Bezug genommen werde, um den mit der Produktionsstätte verbundenen Beitrag zum technischen Fortschritt darzulegen, so daß die Kommission bei der Beurteilung dieser Frage einen Tatsachenirrtum begangen habe.
92 Schließlich stellten die an der Großraumlimousine selbst vorgenommenen Verbesserungen keinen "wirtschaftlichen Fortschritt" im Sinne von Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag dar. Die Kommission habe im übrigen eingeräumt, daß es sich um blosse Weiterentwicklungen bereits bestehender Techniken handele. Die von der Kommission vorgeschlagene Auslegung ihrer eigenen Entscheidungspraxis sei unzutreffend. In den von ihr genannten Entscheidungen würden nämlich echte technologische Fortschritte festgestellt, die es im vorliegenden Fall nicht gebe, da die an dem Produkt vorgenommenen rein "kosmetischen" Verbesserungen die mit ihm verbundenen Beeinträchtigungen des Wettbewerbs nicht ausgleichen könnten.
93 Die Kommission weist zunächst darauf hin, daß es im Gemeinschaftsrecht keine Verhaltensweisen geben könne, die aufgrund der von ihnen herbeigeführten Beeinträchtigungen des Wettbewerbs nicht in den Genuß der in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag vorgesehenen Freistellung kommen könnten.
94 Zum Beitrag des Herstellungsverfahrens zum technischen Fortschritt führt die Kommission aus, bei der Prüfung müsse berücksichtigt werden, um welche Branche und welchen Markt es gehe. In diesem Zusammenhang trägt sie vor, das Vorhaben ermögliche eine Bündelung der Sachkenntnisse der beiden Partner im Bereich der Entwicklungsressourcen und des Fachwissens. Die Klägerin habe ein zu enges Verständnis vom Begriff des "Beitrags zum technischen Fortschritt". Auch wenn alle verwendeten Technologien für sich genommen nicht völlig neu sein sollten, so stelle ihre Zusammenfassung in einer einzigen Produktionsstätte doch unbestreitbar einen technischen Fortschritt dar. Die Verringerung der Herstellungskosten sei bei der Prüfung des Beitrags eines Zusammenschlusses zum technischen Fortschritt ein wesentlicher Gesichtspunkt. Sie liege hier vor, da die mit dem Vorhaben verbundenen Einsparungen, die von der Klägerin nicht bestritten würden, eine Senkung der Herstellungskosten ermöglichten.
95 Zu den an dem Erzeugnis vorgenommenen Verbesserungen trägt die Kommission sodann vor, der "VX62" sei entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine blosse Weiterentwicklung der von den Gründungsunternehmen hergestellten Fahrzeuge, sondern ein ganz neues Erzeugnis. Das Vorhaben eines Gemeinschaftsunternehmens führe "zu der Herstellung eines technisch hochentwickelten, an den Ansprüchen der europäischen Verbraucher ausgerichteten Fahrzeugs, das die Partner in unterschiedlichen Versionen gemeinschaftsweit zum Verkauf anbieten werden". Im Gegensatz zum Fahrzeug "Espace" werde der "VX62" ganz aus Stahl hergestellt, was eine Reihe technischer Vorteile habe. Die Klägerin bestreite diese technischen Verbesserungen des Erzeugnisses im übrigen nicht, sondern mache geltend, daß sie nicht hinreichend "bedeutsam" seien. Dabei handele es sich um ein enges Verständnis der ersten der in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genannten Voraussetzungen, die erfuellt sei, wenn das geplante Erzeugnis eine Reihe neuerer Techniken in sich vereine, die normalerweise nicht im Rahmen desselben Erzeugnisses verwendet würden, ohne daß jeder Bestandteil des Erzeugnisses eine technologische Neuerung aufweisen müsse.
96 Schließlich könnten bei dem Beitrag zum wirtschaftlichen und technischen Fortschritt andere als die in dieser Bestimmung ausdrücklich genannten Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Dazu gehöre z. B. die Erhaltung von Arbeitsplätzen, wobei die Klägerin insoweit keinen Zusammenhang zwischen der Errichtung des Standorts in Setúbal und der Aufgabe industrieller Standorte in Europa durch die Gründungsunternehmen nachweisen könne. Daher könnten bei Artikel 85 Absatz 3 in Übereinstimmung mit Artikel 130a EG-Vertrag regionalpolitische Erwägungen berücksichtigt werden. Dies bedeute jedoch keineswegs, daß die aus der Vereinbarung resultierenden Wettbewerbsbeschränkungen nur aufgrund der geographischen Lage des Gemeinschaftsunternehmens zugelassen worden seien. Wie sich aus Randnummer 36 der Gründe der Entscheidung ergebe, beruhe diese in erster Linie auf den mit dem Vorhaben verbundenen Vorteilen.
97 Die Portugiesische Republik führt aus, in den Randnummern 24 bis 26 der Gründe der Entscheidung würden eine Reihe unbestreitbarer Vorteile aufgezählt, die die Klägerin vergeblich zu bagatellisieren versuche. Diese Vorteile beträfen sowohl den technischen Fortschritt, der sich aus dem Herstellungsverfahren ergebe, als auch die mit dem Erzeugnis verbundenen wirtschaftlichen Fortschritte. So wie die Klägerin den Begriff des technischen Fortschritts auffasse, stimme er nicht mit dem inhaltlichen Verständnis des Begriffs des wirtschaftlichen Fortschritts im Sinne von Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag überein.
98 Die Streithelferin Ford weist hinsichtlich des Beitrags des Gemeinschaftsunternehmens zur Verbesserung der Erzeugung darauf hin, daß es sich um das erste Automobilwerk in Europa handele, das alle der vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) 1990 erarbeiteten Merkmale eines rationellen Herstellungsverfahrens aufweisen werde. Derzeit seien in keiner europäischen Automobilfabrik alle diese Faktoren einer rationellen Erzeugung vereint.
99 Hinsichtlich des Beitrags des Vorhabens zum technischen Fortschritt vertritt Ford die Ansicht, der "VX62" werde ein völlig neu konzipiertes Fahrzeug sein. Die Kommission sei deshalb zu Recht davon ausgegangen, daß der "VX62" ein technologisch fortschrittliches Erzeugnis darstelle. Was die Wahl des Materials angehe, so sei Glasfaser zwar für das von der Klägerin hergestellte Fahrzeug geeignet, nicht aber für eine vorgesehene Jahresproduktion von 180 000 Einheiten.
100 Hinsichtlich der Förderung des Wirtschaftsaufschwungs, die die Klägerin völlig ausser acht lasse, obwohl es sich um einen wesentlichen Bestandteil der Prüfung der Voraussetzungen von Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag handele, führt Ford aus, das Vorhaben bilde einen "wirtschaftlichen Fortschritt" für Portugal und in gewisser Weise für ganz Europa. Das Vorhaben ermögliche es, die portugiesische Wirtschaft in die Automobilindustrie zu "katapultieren", was erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung anderer Industriezweige in Portugal habe.
101 Schließlich habe die Kommission die angeblichen überschüssigen Produktionskapazitäten zu Recht unberücksichtigt gelassen, da kein Automobilsachverständiger den von der Klägerin zur Existenz dieser überschüssigen Kapazitäten vertretenen Standpunkt teile. Der Vergleich zwischen der Produktionskapazität und der voraussichtlichen Nachfrage ergebe einen geringen Kapazitätsüberschuß von etwa 2 % bis 12 %, der erforderlich sei, um Schwankungen bei der Nachfrage begegnen zu können.
102 VW weist zunächst darauf hin, daß die Klägerin bei ihrem Vorbringen nicht berücksichtige, daß die Kommission über ein weites Ermessen verfüge, da es sich um einen komplexen wirtschaftlichen Sachverhalt handele, und daß der Vorgang seinem Wesen nach nicht aussergewöhnlich sei.
103 Im übrigen sei die Kommission mit der Feststellung, daß das Vorhaben zur Verwirklichung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts beitrage, über ihre Verpflichtungen hinausgegangen, da es sich dabei um alternative Voraussetzungen handele. Aus der Entscheidungspraxis der Kommission ergebe sich, daß der Beitrag des Zusammenschlusses zum wirtschaftlichen und technischen Fortschritt durch einen Vergleich mit der Situation zu ermitteln sei, die ohne die fragliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung bestehen würde. Die Wirkung des Zusammenschlusses sei folglich im Hinblick auf die Situation zu beurteilen, die sich bei einer selbständigen Erzeugung durch jedes der beiden Gründungsunternehmen ergeben würde. Dieser Vergleich lasse Grössenvorteile erkennen, die zum Nachweis des Vorliegens eines Beitrags des Zusammenschlusses zum technischen Fortschritt ausreichten.
ii) Würdigung durch das Gericht
104 Das Gericht weist erstens darauf hin, daß die Gewährung einer Einzelfreistellung durch die Kommission u. a. davon abhängt, daß die Vereinbarung die vier in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genannten Voraussetzungen kumulativ erfuellt, so daß die Freistellung schon dann zu versagen ist, wenn eine der vier Voraussetzungen nicht vorliegt (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 43/82 und 63/82, VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, 19; Urteil des Gerichts vom 9. Juli 1992 in der Rechtssache T-66/89, Publishers Association/Kommission, Slg. 1992, II-1995); zweitens ist es Sache der anmeldenden Unternehmen, der Kommission die Anhaltspunkte zu liefern, aus denen sich ergibt, daß die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 erfuellt sind (Urteil VBVB und VBBB/Kommission, a. a. O.), wobei diese Verpflichtung im Rahmen des Gerichtsverfahrens unter Berücksichtigung der Tatsache auszulegen ist, daß der Kläger Anhaltspunkte vortragen muß, die die Beurteilung der Kommission in Frage stellen können, und drittens ist bei komplexen wirtschaftlichen Tatsachen die gerichtliche Prüfung der rechtlichen Einordnung des Sachverhalts darauf beschränkt, ob die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84, Remia u. a./Kommission, Slg. 1985, 2545).
105 Was speziell die Prüfung der ersten der vier Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 anbelangt, so können nach dieser Bestimmung Vereinbarungen freigestellt werden, die "zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen".
106 Im vorliegenden Fall ist die Prüfung dieser ersten Voraussetzung Gegenstand der Randnummern 24 bis 26 der Entscheidung. Randnummer 24 beschränkt sich auf Erwägungen zur Anpassung des Erzeugnisses an die Ansprüche des europäischen Verbrauchers und zu der von jedem der beiden Gründungsunternehmen vorgenommenen Differenzierung des Erzeugnisses. Randnummer 25 beschäftigt sich eingehender mit der Prüfung des Beitrags zum technischen Fortschritt, der sich aus dem Know-how und der Kapazität der Gründungsunternehmen sowie dem Herstellungsverfahren ergibt, während Randnummer 26 der mit dem Fahrzeug selbst verbundenen Verbesserung gewidmet ist, die als "kontinuierliche Weiterentwicklung des technischen Fortschritts in der Gemeinschaft" bezeichnet wird.
107 Aus diesem Grund ist die Tragweite des Vorbringens der Klägerin nur im Hinblick auf diese Randnummern 24 bis 26 der Entscheidung zu beurteilen. Folglich sind eine Reihe der von ihr vorgetragenen Argumente, die keinen der Gesichtspunkte betreffen, die die Kommission in diesem Stadium der Prüfung des ihr vorgelegten Antrags in die Beurteilung einbezogen hat, gegenstandslos. Dies gilt insbesondere für das Vorbringen hinsichtlich des Beitrags zum "sozialen" Fortschritt und des Beitrags zum regionalen Fortschritt, da diese Fragen in der Entscheidung im Rahmen der Prüfung des Beitrags des Vorhabens zum technischen oder wirtschaftlichen Fortschritt nicht erwähnt wurden, unabhängig davon, was die Beklagte und die Streithelferinnen im Rahmen des schriftlichen Verfahrens vor dem Gericht vorgetragen haben.
108 In Anbetracht der oben erörterten Tragweite von Randnummer 24 der Entscheidung beschränkt sich die Erörterung in bezug auf die Beurteilung der ersten der vier Voraussetzungen im vorliegenden Fall somit auf die Frage, ob das in Randnummer 25 der Entscheidung dargestellte Herstellungsverfahren des Fahrzeugs "VX62" in Verbindung mit den in Randnummer 26 dargestellten Verbesserungen des Erzeugnisses, wie die Kommission vorträgt und entgegen dem Vorbringen der Klägerin, geeignet ist, vorliegend die Anwendung der fraglichen Bestimmung zu rechtfertigen.
109 Was erstens das Herstellungsverfahren angeht, so ergibt sich aus den klaren, von der Klägerin nicht ernstlich bestrittenen Ausführungen der Streithelferin Ford, daß bei dem Verfahren, das in Setúbal angewandt werden soll, erstmals ein europäischer Automobilhersteller von dem von den grössten Autoritäten der Forschung im Bereich des technologischen Fortschritts, wie dem MIT, 1990 empfohlenen Modell der Optimierung des Herstellungsverfahrens Gebrauch macht. Trotz der gegenteiligen Ausführungen der Klägerin ist davon auszugehen, daß eine solche Optimierung des Herstellungsverfahrens dem Sinn und Zweck der ersten der vier Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag entspricht.
110 Die von der Klägerin als "kosmetisch" bezeichneten technischen Verbesserungen des Erzeugnisses müssen nach dem Stand der technischen Entwicklung der Automobilherstellung in Europa zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung beurteilt werden. Aus dieser Sicht fallen die an dem Fahrzeug vorgenommenen technischen Verbesserungen ° wie die Kommission geltend gemacht hat ° unter Artikel 85 Absatz 3, da sie die Bündelung von technischen Verfahren in nur einem Erzeugnis darstellen, die, soweit sie existieren, gegenwärtig nur isoliert und bei verschiedenen Modellen vorkommen.
111 Somit ist die Einschätzung der Kommission, wonach das Herstellungsverfahren des Fahrzeugs und die an diesem vorgenommenen technischen Verbesserungen zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, frei von offensichtlichen Fehlern.
° Zur Frage, ob die Vereinbarung die Verbraucher angemessen an dem entstehenden Gewinn beteiligt
i) Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten
112 Die Klägerin macht zweitens geltend, ihre gegenwärtige Marktposition sei das Ergebnis einer ihr zuteil gewordenen Innovationsprämie. Gestützt auf die von ihr vorgelegten Gutachten führt sie aus, entgegen den Angaben in Randnummer 27 der Gründe der Entscheidung habe die Vereinbarung keine Vorteile für die Verbraucher. Zunächst werde in der Entscheidung nicht erläutert, inwiefern der Zusammenschluß dazu führe, daß die Verbraucher in den Genuß eines anderen Qualitätsniveaus kämen, als es erreicht worden wäre, wenn die Gründungsunternehmen unabhängig geblieben wären. Ferner sei die Differenzierung zwischen den von jedem der beiden Gründungsunternehmen vertriebenen Erzeugnissen sehr gering und könne sich nicht als Vorteil für den Verbraucher auswirken. Da feststehe, daß jedes der Gründungsunternehmen auf eigene Rechnung auf den Markt für Großraumlimousinen habe vordringen wollen, komme es durch das Gemeinschaftsunternehmen zu einer Verringerung der angebotenen Produktpalette.
113 Die durch Artikel 2 Teil A Absatz 1 des verfügenden Teils der Entscheidung auferlegte Verpflichtung sei überdies "beunruhigend", denn sie könnte es VW mittelbar erlauben, die Absatzpolitik von Ford durch eine Beschränkung von deren Expansion in den Marktbereichen, in denen sie von VW abhängig sei, zu kontrollieren.
114 Das Vorhaben trage auch nicht zu einer Verschärfung des Preiswettbewerbs bei. Die Auswirkungen des freigestellten Vorhabens auf die Preise hingen mit den dadurch geschaffenen überschüssigen Produktionskapazitäten sowie mit der Tatsache zusammen, daß die Gründungsunternehmen in Anbetracht des Wettbewerbsvorteils, den sie durch die ihnen bewilligten staatlichen Beihilfen erlangt hätten, als einzige in der Lage seien, mit den durch ihr eigenes Vorhaben verursachten Veränderungen des Marktes fertig zu werden. Auf längere Sicht könne diese Politik den betreffenden Unternehmen den Erwerb einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung ermöglichen, nachdem sie die Konkurrenz ausgeschaltet hätten.
115 Nach Ansicht der Kommission ergibt sich aus Randnummer 27 der Gründe der Entscheidung, daß die europäischen Verbraucher von den mit der Vereinbarung verbundenen Vorteilen ° einem grösseren und vielseitigeren Angebot an Großraumlimousinen von hoher Qualität zu einem vernünftigen Preis ° angemessen profitieren würden. Die Einwände der Klägerin beruhten insoweit auf einer anfechtbaren Annahme, nach der Ford und VW jeder für sich die Produktion vergleichbarer Fahrzeuge wie der von "AutoEuropa" hergestellten Großraumlimousinen hätten aufnehmen können. In Wirklichkeit wären Ford und VW ohne das Gemeinschaftsunternehmen nicht zu für den Verbraucher derart vorteilhaften Bedingungen auf den Markt gelangt.
116 Schließlich werde die Hypothese einer kollektiven beherrschenden Stellung durch nichts belegt, da der gemeinsame Marktanteil der beiden Hersteller 1996 bei 30 % liegen werde, wobei noch nicht einmal berücksichtigt worden sei, daß sie entgegen dem Vorbringen der Klägerin beim Vertrieb der Fahrzeuge miteinander in Wettbewerb stehen würden. Das Vorhaben "AutoEuropa" würde auch ° wiederum entgegen dem Vorbringen der Klägerin ° nicht dazu führen, daß bestimmte Mitbewerber ihre ursprünglichen Pläne in bezug auf das Marktsegment der MPV aufgeben würden.
117 Die Portugiesische Republik vertritt die Auffassung, daß die Kommission hinsichtlich der zweiten der vier Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag keinen restriktiven Standpunkt vertreten habe, da die Vorteile des Gemeinschaftsunternehmens für die Verbraucher neben einer Verringerung der Preise in einer Verbesserung der Qualität der Erzeugnisse liegen würden. Im übrigen bestehe, wie Generalanwalt Van Gerven in seinen Schlussanträgen zum Urteil Matra/Kommission (Nr. 15) festgestellt habe, nicht die Gefahr, daß die Gründungsunternehmen eine kollektive beherrschende Stellung erlangten. Die Klägerin habe folglich das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers der Beklagten nicht nachgewiesen.
118 Ford führt aus, das Vorhaben beteilige die Verbraucher angemessen an dem entstehenden Gewinn, indem es eine Verschärfung des ° derzeit nicht gesunden ° Wettbewerbs auf dem Markt der Großraumlimousinen ermögliche.
119 VW trägt vor, die Kommission habe entsprechend ihrer ständigen Praxis einen Zusammenschluß genehmigt, von dem der Verbraucher profitiere, da er den Wettbewerb auf dem betreffenden Markt verschärfe.
ii) Würdigung durch das Gericht
120 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß nach der zweiten der vier in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genannten Voraussetzungen Vereinbarungen freigestellt werden können, die eine "angemessene Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn" vorsehen. Die Frage, ob das in Rede stehende Vorhaben diese Voraussetzung erfuellt, wird in Randnummer 27 der Entscheidung geprüft, wonach das freigestellte Vorhaben die Nutzung von Grössenvorteilen und eine Verschärfung des Wettbewerbs auf dem Markt ermöglichen und damit dem europäischen Verbraucher zugute kommen wird.
121 Die Prüfung der Einwände der Klägerin in diesem Punkt ergibt, daß diese zwei Hauptfragen aufwerfen.
122 Die Einwände betreffen zunächst die Frage, ob ° wie vorgetragen wird ° die Vorteile für den Verbraucher anhand der gegenwärtigen Marktlage oder anhand der Vorteile zu beurteilen sind, die sich für den Verbraucher ergeben würden, wenn sich die beiden Gründungsunternehmen entschlossen hätten, einzeln auf den Markt vorzudringen. Wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, beruht die Argumentation der Klägerin insoweit auf falschen Voraussetzungen. In diesem Stadium der Prüfung des ihr vorgelegten Freistellungsantrags hat die Kommission das ihr unterbreitete Vorhaben nämlich möglichst objektiv zu beurteilen und von jeder Bewertung seiner Zweckmässigkeit im Hinblick auf andere technisch mögliche oder wirtschaftlich durchführbare Entscheidungen abzusehen, da feststeht, daß die Kommission eher im Stadium der Prüfung der dritten der vier Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag andere mögliche Entscheidungen berücksichtigen kann, um die Unerläßlichkeit der durch das betreffende Vorhaben verursachten Wettbewerbsbeschränkungen zu beurteilen. Die Auffassung der Klägerin, die Vorteile für den Verbraucher seien anhand der Vorteile zu beurteilen, die sich für ihn durch andere technologisch mögliche oder wirtschaftlich durchführbare Entscheidungen ergeben würden, ist daher insoweit unbegründet.
123 Das Vorbringen der Klägerin wirft ferner die Frage auf, ob das geplante Vorhaben den Gründungsunternehmen eine kollektive beherrschende Stellung verschaffen kann. Die Argumentation der Klägerin beruht dabei auf dem Gedanken, daß die Existenz grosser überschüssiger Produktionskapazitäten zusammen mit erheblichen staatlichen Subventionen es den Gründungsunternehmen ermögliche, sich unlauterer Verhaltensweisen zu bedienen, die zur Verdrängung der Mitbewerber führe und den Gründungsunternehmen auf längere Sicht eine kollektive beherrschende Stellung verschaffe, die sie zu Lasten des Verbrauchers mißbrauchen würden (siehe unten, Randnr. 153).
124 Die Argumentation der Klägerin setzt voraus, daß man davon ausgeht, daß die Gründungsunternehmen zunächst eine kollektive beherrschende Stellung erlangen und diese Stellung dann mißbrauchen. Eine solche Argumentation ist rein hypothetisch und daher zurückzuweisen, ohne daß das Gericht zu der Frage Stellung nehmen müsste, ob die Kommission beim Vorliegen hinreichender Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verpflichtet wäre, einen ihr unterbreiteten Freistellungsantrag abzulehnen (siehe unten, Randnr. 154).
125 Nach alledem ist das Gericht der Ansicht, daß die Feststellungen in Randnummer 27 der Entscheidung von der Klägerin nicht ernstlich bestritten worden sind, so daß die Entscheidung insoweit nicht als mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet angesehen werden kann.
° Zur Frage der Unerläßlichkeit der durch die Vereinbarung verursachten Wettbewerbsbeschränkungen
i) Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten
126 Die Klägerin macht drittens geltend, daß die oben dargestellten Wettbewerbsbeschränkungen nicht unerläßlich seien. Im Widerspruch zu anderen Randnummern der Entscheidung werde in Randnummer 19 ihrer Gründe eingeräumt, daß jedes der beiden Unternehmen in der Lage sei, selbständig eine Großraumlimousine herzustellen. Nach ihrer bisherigen Praxis hätte die Kommission auf der Grundlage dieser Feststellung den Freistellungsantrag ablehnen müssen. Aus regionalpolitischen Gründen und wegen der Schnelligkeit und der Effizienz, mit der das Vorhaben verwirklicht werden könne, habe die Kommission dennoch entschieden, daß die dritte der Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag im vorliegenden Fall erfuellt sei.
127 Diese Einschätzung sei aus sechs verschiedenen Gründen falsch. Erstens werde in der Entscheidung zu Unrecht auf das Kriterium der "aussergewöhnlichen Umstände" zurückgegriffen, das dem Wettbewerbsrecht fremd sei. Zweitens könne man in Anbetracht der Grösse der beiden Unternehmen und der Tatsache, daß sie derzeit beide über überschüssige Kapazitäten verfügten, schwerlich behaupten, daß keines von ihnen eine Produktion in der vorgesehenen Grössenordnung aufnehmen könne. Drittens reiche die blosse Tatsache, daß die Rentabilitätsschwelle des Unternehmens bei einer Jahresproduktion von 110 000 Fahrzeugen erreicht werde, nicht zum Nachweis dafür aus, daß die an der Vereinbarung Beteiligten bei eigenständigem Vorgehen keinen angemessenen Ertrag hätten erzielen können. Viertens hätte jedes der beteiligten Unternehmen unabhängig vom anderen durch eine einfache Anpassung bereits verfügbarer Modelle erfolgreich auf den Markt für Großraumlimousinen vordringen können. Fünftens zeige ihre eigene Ausgangslage, auch wenn sie nicht mit derjenigen des Gemeinschaftsunternehmens vergleichbar sei, daß jedes der beiden Gründungsunternehmen mit Hilfe anderer technologischer Entscheidungen allein auf den Markt hätte vordringen können. Sechstens schließlich könne die Vereinbarung das Wettbewerbsverhalten von Nissan und Mazda beeinflussen, die durch Kooperationsvereinbarungen mit Ford verbunden seien. Alles in allem habe die Kommission angesichts der bestehenden Alternativlösungen nicht den Nachweis erbracht, daß das Vorgehen der Hersteller unerläßlich gewesen sei.
128 Die Kommission trägt vor, die diesen Gesichtspunkt betreffenden Einwände der Klägerin beruhten auf der Annahme, daß jeder der beiden Mitbewerber unabhängig vom anderen auf das betreffende Marktsegment habe vordringen können. Die Entscheidung enthalte entgegen der Ansicht der Klägerin keinen Widerspruch, da die Prüfung der Möglichkeit jedes der beiden Unternehmen, selbständig eine Großraumlimousine herzustellen, im Rahmen der Beurteilung der wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag erfolge, während die Unerläßlichkeit der Vereinbarung im Rahmen von Artikel 85 Absatz 3 anhand tatsächlicher und konkreter Umstände geprüft werde.
129 Ohne eine Zusammenarbeit wären die beiden Unternehmen nicht oder zu wesentlich ungünstigeren Bedingungen für die Allgemeinheit auf den betreffenden Markt vorgedrungen. Das Vorbringen der Klägerin, wonach jeder der beiden Hersteller durch eine Anpassung bereits verfügbarer Modelle auf den Markt hätte vordringen können, sei sachlich falsch. Die bescheidenen Erfolge des Fahrzeugs mit dem Namen "Mondeo" in Europa bestätigten, daß ein Vordringen auf den europäischen Markt nicht durch eine einfache Anpassung in den Vereinigten Staaten von Amerika vertriebener Modelle erfolgen könne.
130 Die Klägerin könne ihren Mitbewerbern nicht durch ihre Kritik an der von den Herstellern ermittelten und in der Entscheidung aufgegriffenen Rentabilitätsschwelle ihre eigenen technologischen Entscheidungen aufzwingen. Da die Rentabilitätsschwelle eines Fahrzeugs wie des "VX62" bei etwa 110 000 Fahrzeugen pro Jahr liege und die von den Herstellern ausgearbeiteten Studien ergeben hätten, daß jeder von ihnen etwa 80 000 bis 90 000 Fahrzeuge pro Jahr verkaufen könne, hätten sich daraus Verluste ergeben, die jeden der beiden Hersteller gezwungen hätten, das Vorhaben der Einführung eines MPV aufzugeben.
131 Die Portugiesische Republik vertritt die Ansicht, daß die Gründe, aus denen die mit dem Vorhaben eines Gemeinschaftsunternehmens verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen unerläßlich seien, in der Entscheidung im einzelnen aufgeführt würden. Die Klägerin begehe hinsichtlich der dritten der vier in Artikel 85 Absatz 3 genannten Voraussetzungen einen methodischen Fehler. Die in diesem Zusammenhang zu stellende Frage laute nämlich nicht, ob jedes der beiden Gründungsunternehmen die Möglichkeit gehabt hätte, allgemein gesehen auf den Markt für Großraumlimousinen vorzudringen. Die Frage, für deren Beantwortung Randnummer 29 der Entscheidung einige Anhaltspunkte enthalte, laute, ob die Gründungsunternehmen in der Lage gewesen seien, unabhängig voneinander auf den MPV-Markt vorzudringen. Diese Frage sei im Hinblick auf das konkrete Vorhaben des fraglichen Gemeinschaftsunternehmens zu stellen.
132 Ford weist darauf hin, daß die Entscheidung für eine Investition im MPV-Markt auf der Grundlage einer Marktstudie getroffen worden sei, die eine erhebliche Nachfrage nach diesem Fahrzeugtyp gezeigt habe. Sie habe daraufhin die verschiedenen Alternativen für den Marktzutritt geprüft und sei dadurch veranlasst worden, sich mit den Voraussetzungen für die Produktion eines MPV in einem neuen Werk zu beschäftigen, da sich dies als die einzig durchführbare Lösung erwiesen habe. Dabei habe sie zunächst erwogen, ein Modell auf den Markt zu bringen, das sich am Konzept des "Renault-Espace" orientiere. Diese Möglichkeit habe sich aus technischen und Kostengründen als unzweckmässig erwiesen. Sie habe sich deshalb für eine andere Möglichkeit entschieden, nämlich die Herstellung eines Fahrzeugs europäischer Konzeption aus Stahl in einem rationell gestalteten Werk. Die Prognosen für die Herstellung eines solchen Fahrzeugs in einem dafür vorgesehenen Werk seien jedoch von 80 000 bis 90 000 Fahrzeugen pro Jahr ausgegangen, während die Rentabilitätsschwelle des Vorhabens bei 200 000 Fahrzeugen pro Jahr liege. Sie habe daher nur die Möglichkeit gehabt, ihre Produktionskapazität mit der eines anderen Herstellers zu vereinen.
133 Das von ihr bei dem Fahrzeug namens "Mondeo" verfolgte Konzept eines weltweit vertriebenen Fahrzeugs sei für eine Großraumlimousine, die in grosser Stückzahl in Europa hergestellt werden solle, nicht geeignet.
134 Nach Ansicht von VW ist die Beurteilung der Frage, ob die Vereinbarung die dritte der in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag aufgestellten Voraussetzungen erfuellt, durch die Kommission frei von offensichtlichen Fehlern.
ii) Würdigung durch das Gericht
135 Nach dem Wortlaut der dritten der vier Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag können Vereinbarungen freigestellt werden, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne daß den beteiligten Unternehmen Wettbewerbsbeschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerläßlich sind. Aus der Freistellungsentscheidung muß sich folglich ergeben, daß die durch das Vorhaben verursachten Wettbewerbsbeschränkungen in einem angemessenen Verhältnis zum Beitrag des Vorhabens zum wirtschaftlichen oder technischen Fortschritt stehen. Nach der Formulierung im Urteil des Gerichtshofes vom 13. Juli 1966 in den verbundenen Rechtssachen 56/64 und 58/64 (Consten und Grundig/Kommission, Slg. 1966, 322) muß die Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung "insbesondere spürbare objektive Vorteile mit sich bringen, die geeignet sind, die mit ihr verbundenen Nachteile für den Wettbewerb auszugleichen". Das Gericht hat somit zu prüfen, ob, wie die Gründungsunternehmen vortragen, die durch das Vorhaben verursachten Beeinträchtigungen des Wettbewerbs für die Verwirklichung des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts unerläßlich sind.
136 Im vorliegenden Fall wurde diese Frage in den Randnummern 28 bis 36 der Entscheidung untersucht. In diesem Teil der Gründe führt die Kommission nacheinander aus,
° daß das Gemeinschaftsunternehmen angesichts der aussergewöhnlichen Umstände des vorliegenden Falles sowie unter Berücksichtigung der Bedingungen, die die Kommission zur Erteilung einer Freistellung für notwendig halte, als unerläßlich angesehen werden könne (Randnr. 28),
° daß die Gründungsunternehmen, jedes für sich, das Erzeugnis nicht zu denselben Bedingungen anbieten könnten (Randnrn. 29 und 31) ° wobei diese Einschätzung nicht dadurch in Frage gestellt werde, daß andere Hersteller, die sich in einer nicht vergleichbaren Ausgangslage befänden, allein in den Markt hätten vordringen können (Randnr. 33) ° und daß das Gemeinschaftsunternehmen im Gegenteil effizient sei (Randnr. 30),
° daß es nicht möglich sei, durch eine einfache Anpassung bereits verfügbarer Fahrzeuge an den europäischen Markt auf diesen vorzudringen, so daß ein neuer Fahrzeugtyp entwickelt werden müsse (Randnr. 32),
° daß die Wettbewerbsbeschränkungen zwischen den beiden Gründungsunternehmen auf das unabdingbare Maß beschränkt seien (Randnr. 34),
° daß die Kooperationsvereinbarungen zwischen Ford und Nissan und zwischen Ford und Mazda dem Wettbewerb im betreffenden Sektor nicht entgegenstuenden (Randnr. 35) und
° daß das Vorhaben die bisher grösste ausländische Direktinvestition in Portugal darstelle und damit zu einer harmonischen Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft und zur Verringerung des Abstands zwischen einzelnen Regionen beitrage, wobei die Kommission hinzufügt, sie habe "die vorstehenden Erwägungen berücksichtigt, obgleich diese allein eine Freistellung nicht rechtfertigen könnten, sofern nicht im übrigen die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 erfuellt sind" (Randnr. 36).
137 Die Klägerin wendet gegen diese Erwägungen im wesentlichen ein, angesichts der bestehenden Alternativlösungen habe die Kommission nicht den Nachweis erbracht, daß das Vorgehen der Gründungsunternehmen unerläßlich gewesen sei; daher seien auch die daraus resultierenden Wettbewerbsbeschränkungen nicht gerechtfertigt, wenn man nicht auf die Theorie der "aussergewöhnlichen Umstände" zurückgreife, die im Wortlaut von Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag keine Stütze finde.
138 Das Gericht ist ebenso wie die Kommission der Auffassung, daß die Kernfrage, die für die Beurteilung der Rechtmässigkeit der Entscheidung im Hinblick auf die dritte der vier in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genannten Voraussetzungen zu beantworten ist, dahin geht, ob das Gemeinschaftsunternehmen für das Vordringen der Gründungsunternehmen auf den fraglichen Markt unerläßlich ist. Bei einer Bejahung dieser Frage steht nämlich ipso facto fest, daß die durch diese Vereinbarung verursachten Wettbewerbsbeschränkungen für die Verwirklichung der Ziele unerläßlich sind, die in den beiden zuvor geprüften Voraussetzungen, insbesondere in der ersten, genannt werden. Dies ist auch der Fall, da die Kommission ° ohne daß ihr die Klägerin, die auf der Grundlage nicht vergleichbarer Verhältnisse argumentiert, ernstlich widerspricht ° ausführt, daß jedes der beiden Gründungsunternehmen zwar tatsächlich die technische und finanzielle Möglichkeit hätte, selbständig auf den Markt vorzudringen, daß dies aber angesichts der besonders hohen Rentabilitätsschwelle des Unternehmens und nach den verfügbaren Angaben über die voraussichtlichen Verkäufe und Marktanteile nur unter Verlusten hätte geschehen können.
139 Was das Argument der Bezugnahme auf die "aussergewöhnlichen Umstände" betrifft, so spricht die Kommission zwar von ihnen insbesondere in den Randnummern 23 und 28 sowie in Randnummer 36, mit der die Entscheidung die Prüfung der fraglichen Voraussetzung abschließt und in der die Auswirkungen des Vorhabens auf die staatlichen Infrastruktureinrichtungen und die Beschäftigung sowie auf die europäische Integration untersucht werden; doch endet die letztgenannte Randnummer mit folgendem Satz: "Die Kommission hat die vorstehenden Erwägungen berücksichtigt, obgleich diese allein eine Freistellung nicht rechtfertigen könnten, sofern nicht im übrigen die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 erfuellt sind." Aus diesem Satz ergibt sich eindeutig, daß die "aussergewöhnlichen Umstände", von denen in der Entscheidung die Rede ist, von der Kommission nur ergänzend berücksichtigt wurden. Es ist mit anderen Worten hinreichend nachgewiesen, daß die von der Verwaltungsbehörde ohne Bezugnahme auf diese Umstände erlassene Entscheidung in ihrem verfügenden Teil mit der angefochtenen Entscheidung identisch gewesen wäre. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach die für das Vorhaben gewährte Einzelfreistellung im Gegenteil nur wegen der "aussergewöhnlichen Umstände" dieses Vorhabens ergangen sei.
140 Die Klägerin hat somit nicht nachgewiesen, daß die Beurteilung der Kommission, nach der die durch das bei ihr angemeldete Vorhaben eines Gemeinschaftsunternehmens verursachten Wettbewerbsbeschränkungen unerläßlich sind, offensichtlich fehlerhaft ist.
° Zur Frage, ob die Durchführung der Vereinbarung den Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren ausschalten kann
i) Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten
141 Viertens macht die Klägerin geltend, daß die Vereinbarung, die den Wettbewerb zwischen den an ihr beteiligten Herstellern in weitem Umfang beseitige, die Ausschaltung des Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren ermögliche. 1995 würden auf das Werk in Setúbal voraussichtlich zwischen 54 % und 86 % der Produktion im betreffenden Marktsegment entfallen, während die Kommission in ihrer Bekanntmachung über die Beurteilung kooperativer Gemeinschaftsunternehmen nach Artikel 85 EWG-Vertrag angegeben habe, daß die Marktanteile der von der Errichtung eines Gemeinschaftsunternehmens betroffenen Unternehmen 20 %, wenn sich die Zusammenarbeit der Gründer auf die Herstellung beschränke, und 10 %, wenn sie sich auch auf die Vermarktung erstrecke, in der Regel nicht überschreiten dürften. Eine solche Situation führe zu überschüssigen Produktionskapazitäten und habe bereits eine Reihe von Mitbewerbern dazu veranlasst, ihre Pläne für den betreffenden Sektor fallenzulassen. Ausserdem verschaffe sie Ford und VW eine kollektive beherrschende Stellung und damit eine wirksame Waffe zur Errichtung von Zutrittsschranken und zur Ausschaltung jeden Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt, so daß bezweifelt werden könne, ob neue Anbieter auf den Markt gelangen würden. Die Existenz massiver überschüssiger Produktionskapazitäten sei ein zentraler Gesichtspunkt bei der Beurteilung der Gefahr einer Ausschaltung des Wettbewerbs, so daß das ausdrückliche Eingeständnis der Kommission, diesen Gesichtspunkt nicht berücksichtigt zu haben, allein schon ausreichen müsse, um zur Nichtigerklärung der Entscheidung zu führen.
142 Die Entscheidung enthalte keinen Anhaltspunkt, der darauf schließen lasse, daß durch das Vorhaben ° wie es in Randnummer 38 der Gründe heisse ° eine "Steigerung der individuellen Absätze" und dadurch ein "Anreiz wachsender Verkaufsgewinne" zu erwarten seien. Diese Behauptung stehe im übrigen zumindest teilweise in Widerspruch zu der in den Randnummern 5 und 8 der Gründe der Entscheidung vorgenommenen Beschreibung der Vereinbarung. Schließlich seien die den betroffenen Unternehmen erteilten Beschränkungen und Auflagen nicht geeignet, die Wirkungen der durch die Vereinbarung verursachten Wettbewerbsbeschränkungen zu begrenzen.
143 Die Kommission verweist insoweit im wesentlichen auf die Randnummern 37 und 38 der Gründe der Entscheidung, in denen sie ausgeführt habe, daß das Gemeinschaftsunternehmen entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht die von dieser befürchteten negativen Folgen haben und auch nicht den Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren ausschalten werde. Diese Frage sei nicht unter Bezugnahme auf die Produktionskapazitäten der Hersteller zu prüfen, sondern anhand ihrer Marktanteile. Darüber hinaus lasse die Klägerin bei ihrem Vorbringen das Urteil Matra/Kommission ausser acht, in dem der Gerichtshof ausgeführt habe, daß die Entscheidung der Kommission, wonach das Gemeinschaftsunternehmen nicht zur Schaffung überschüssiger Produktionskapazitäten führe, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler enthalte. Davon abgesehen hätte auch die Existenz überschüssiger Produktionskapazitäten ° unterstellt, es gebe sie ° nicht zwangsläufig die von der Klägerin befürchteten negativen Folgen.
144 Auf längere Sicht werde der Sektor der Großraumlimousinen eine verbesserte Wettbewerbsstruktur aufweisen, die wesentlich ausgeglichener sein werde als die derzeit vorhandene, bei der das Warenangebot von der Klägerin beherrscht werde. Nach den verfügbaren, von der Klägerin bestätigten Angaben besitze sie einen Marktanteil von knapp 50 %. Wenn 1995 der "VX62" vorgestellt werde, werde ihr Marktanteil auf 21 % schrumpfen. Es sei nicht ersichtlich, wie eine solche Angebotsstruktur zur Ausschaltung des Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil der Waren führen könnte.
145 Alles in allem überschreite die Entscheidung den ihr in diesem Bereich zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum nicht in offenkundiger Weise, und die Vorteile des Gemeinschaftsunternehmens überwögen die durch die Wettbewerbsbeschränkungen verursachten Nachteile.
146 Die Portugiesische Republik führt aus, die Lage auf dem Markt für Großraumlimousinen sei bereits im Rahmen der Rechtssache Matra/Kommission eingehend geprüft worden. Diese Prüfung habe ergeben, daß die Klägerin derzeit eine beherrschende Stellung auf dem Markt besitze, so daß die Erweiterung des Angebots zur Wiederherstellung des Gleichgewichts auf dem Markt beitragen werde. Der Wettbewerb werde sich somit durch das angefochtene Vorhaben nicht verringern, wie die Klägerin vortrage, sondern verschärfen. Aus Schätzungen, über die die Kommission verfüge, ergebe sich, daß der gemeinsame Marktanteil der Gründungsunternehmen 1996 bei 35 % liegen und damit weit von einer beherrschenden Stellung entfernt sein werde.
147 Insgesamt spreche die wirtschaftliche Bilanz des Zusammenschlusses daher eindeutig für die gewährte Freistellung, und die Einschätzung der Kommission beruhe nicht auf einer "offensichtlich irrtümlichen Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse, unter denen sich der Wettbewerb in dem betroffenen Bereich vollzieht" (Urteil des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1977 in der Rechtssache 26/76, Metro/Kommission, Slg. 1977, 1875, Randnr. 50).
148 Ford hält das Vorbringen der Klägerin, wonach das Vorhaben eines Gemeinschaftsunternehmens zur Ausschaltung des Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren führt, für unbegründet. Dieses Vorbringen beruhe auf einem unzutreffenden Vergleich zwischen der Produktionskapazität des Gemeinschaftsunternehmens im Jahr 1996 von 190 000 Fahrzeugen und den gegenwärtigen Produktionskapazitäten. In Wirklichkeit lägen die voraussichtlichen Produktionskapazitäten für MPV in Europa im Jahr 1996 bei etwa 510 000 Fahrzeugen, von denen 190 000 und damit 35 % auf das Gemeinschaftsunternehmen von Ford und VW entfielen, was einem gemeinsamen Marktanteil der Gründungsunternehmen von 20 % bis 25 % entspreche, ganz abgesehen von der Tatsache, daß beide bei der Vermarktung des Erzeugnisses in Wettbewerb stuenden. Schließlich hätten sie, wie auch der Gerichtshof in der Rechtssache Matra/Kommission entschieden habe, durch die ihnen bewilligten staatlichen Beihilfen keinen Wettbewerbsvorteil erlangt.
149 VW bestätigt das Vorbringen der Kommission und der anderen Streithelferinnen.
ii) Würdigung durch das Gericht
150 Das Gericht erinnert zunächst daran, daß nach der letzten der vier in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag aufgestellten Voraussetzungen eine Einzelfreistellung für Vereinbarungen gewährt werden kann, durch die den beteiligten Unternehmen keine "Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten".
151 Im vorliegenden Fall ist diese Frage Gegenstand der Randnummern 37 und 38 der Entscheidung. In Randnummer 37 heisst es, die Kooperation zwischen Ford und VW werde nicht zu einer Ausschaltung des Wettbewerbs im MPV-Marktsegment führen; vielmehr sei angesichts der führenden Stellung des Fahrzeugs "Espace" davon auszugehen, daß der Wettbewerb angeregt werde. In Randnummer 38 wird ausgeführt, die Differenzierung der von jedem der beiden Gründungsunternehmen angebotenen Erzeugnisse werde positive Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen den Automobilherstellern in Europa auf der Vertriebsebene haben.
152 Gegen diese beiden Gründe der Entscheidung wendet die Klägerin erstens ein, das Werk in Setúbal werde auf dem betreffenden Markt zur Entstehung überschüssiger Produktionskapazitäten führen. Dazu bemerkt das Gericht jedoch, daß die Klägerin nicht nachgewiesen hat, daß die Entscheidung in diesem Punkt, insbesondere in den Randnummern 6 und 14, deren Richtigkeit von Ford bestätigt wurde, unzutreffend ist. Im übrigen hat der Gerichtshof im Urteil Matra/Kommission ausgeführt, daß, was die Beurteilung der Gefahr einer Schaffung von überschüssigen Produktionskapazitäten betreffe, festzustellen sei, daß die Kommission diese Frage in differenzierter und eingehender Weise geprüft habe, bevor sie zu dem Schluß gelangt sei, daß eine solche Gefahr nicht gegeben sei. Unter diesen Umständen könne das Vorbringen von Matra nicht dartun, daß die Kommission ihre Entscheidung auf eine offensichtlich unrichtige Bewertung der wirtschaftlichen Gegebenheiten gestützt habe (Randnrn. 26 und 28). Das Vorbringen der Klägerin ist somit zurückzuweisen, ohne daß das Gericht zu prüfen braucht, ob die Existenz überschüssiger Produktionskapazitäten zwangsläufig zur Verdrängung der Mitbewerber führen wird, wie die Klägerin, insbesondere unter Berufung auf ein Sachverständigengutachten von Prof. Encaoua, meint.
153 Zweitens macht die Klägerin geltend, die Existenz überschüssiger Produktionskapazitäten werde den Gründungsunternehmen auf absehbare Zeit die Möglichkeit zur Erlangung einer kollektiven beherrschenden Stellung verschaffen. Dazu vertritt das Gericht jedoch die Ansicht, daß, wie die Kommission ausführt, die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag die Erlangung oder Verstärkung einer individuellen oder kollektiven beherrschenden Stellung als solche nicht verbieten. Artikel 86 untersagt nämlich nur die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen. Insoweit kann die behauptete blosse Gefahr, daß die Gründungsunternehmen auf absehbare Zeit gemeinsam eine beherrschende Stellung erlangen könnten, eine Verweigerung der Freistellung jedenfalls nicht rechtfertigen, sofern die Klägerin nicht nachweist, daß sich diese Gefahr während der Geltungsdauer der Freistellungsentscheidung wahrscheinlich verwirklichen wird.
154 Daher ist das Gericht der Ansicht, daß, wie es bereits oben in Randnummer 124 entschieden hat, das Argument in bezug auf die Gefahr der Erlangung und des Mißbrauchs einer kollektiven beherrschenden Stellung auf jeden Fall zurückzuweisen ist, ohne daß die Frage erörtert zu werden braucht, ob die Kommission, wie die Klägerin stillschweigend, aber zwangsläufig vorträgt, beim Vorliegen eines ausreichend sicheren Verstosses gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verpflichtet wäre, einen ihr zur Beurteilung unterbreiteten Antrag auf Einzelfreistellung abzulehnen.
155 Drittens zieht die Klägerin die positiven Auswirkungen der Produktdifferenzierung auf den zwischen den Gründungsunternehmen auf der Vertriebsebene bestehenden Wettbewerb in Zweifel. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Behauptung der Klägerin, Randnummer 38 der Entscheidung stehe zumindest teilweise in Widerspruch zu der in den Randnummern 5 und 8 der Entscheidung enthaltenen Prüfung der Vereinbarung zwischen den Gründungsunternehmen, keineswegs erwiesen ist, insbesondere da in Randnummer 8 ausdrücklich festgestellt wird: "Hinsichtlich des Vertriebs der Fahrzeuge unterliegen die Partner keinerlei Beschränkungen. Sie werden ihre jeweiligen MPV über ihre eigenen europäischen Vertriebsnetze und unter ihren eigenen Markennamen vermarkten." Da die streitige Vereinbarung nur die Herstellung der Fahrzeuge betrifft und die Gründungsunternehmen keine Vereinbarung über den Vertrieb der vom Gemeinschaftsunternehmen hergestellten und von ihnen bei diesem Unternehmen erworbenen Fahrzeuge geschlossen haben, hat die Klägerin entgegen ihrem Vorbringen nicht nachgewiesen, daß die Gründungsvereinbarung eine wesentliche Einschränkung des Wettbewerbs zwischen den Gründungsunternehmen auf der Ebene des Vertriebs der Erzeugnisse bewirken wird, und jedenfalls auch nicht, daß die an die Entscheidung geknüpften Verpflichtungen und Auflagen für die Gründungsunternehmen nicht angemessen sind.
156 Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, daß die Beurteilung der Kommission, wonach das Vorhaben die letzte der vier in Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag genannten Voraussetzungen erfuellt, mit einem offensichtlichen Fehler behaftet ist.
157 Das Gericht ist daher der Auffassung, daß das Vorbringen in bezug auf einen offensichtlichen Fehler der Kommission bei ihrer Würdigung des Sachverhalts hinsichtlich jeder der vier Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zurückzuweisen ist.
158 Folglich ist der erste, die materielle Rechtmässigkeit betreffende Klagegrund zurückzuweisen.
Zum zweiten, die materielle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrund, mit dem ein Rechtsirrtum und ein Verstoß gegen Artikel 85 EWG-Vertrag geltend gemacht werden
Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten
159 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, der zu einer falschen Anwendung von Artikel 85 EWG-Vertrag geführt habe, indem sie es abgelehnt habe, die durch die Existenz massiver Subventionen herbeigeführten Wettbewerbsverzerrungen zu berücksichtigen. Dieser Irrtum ergebe sich aus den Randnummern 23 und 26 der Gründe der Entscheidung, in denen zu ihrer Rechtfertigung auf "aussergewöhnliche Umstände" Bezug genommen werde. Die erstmals verwendete Theorie der "aussergewöhnlichen Umstände" erlaube es damit, wenn nicht von allen gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag erforderlichen Kriterien, so doch zumindest von dem der Unerläßlichkeit der durch das freigestellte Vorhaben verursachten Wettbewerbsbeschränkungen abzusehen.
160 Die Kommission hat sich hierzu nicht speziell geäussert. Sie meint, sie sei im Rahmen der Prüfung des vorhergehenden Klagegrundes hinreichend auf die Ausführungen der Klägerin zur Berücksichtigung regionalpolitischer Erwägungen bei der Beurteilung des Vorgangs im Hinblick auf Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag eingegangen, und erinnert daran, daß zweifelsfrei erwiesen sei, daß die bewilligten staatlichen Beihilfen den Wettbewerb auf dem fraglichen Markt nicht verfälschten, da sie nur die mit dem Standort der "AutoEuropa" verbundenen Nachteile ausglichen und es diesem Unternehmen damit ermöglichten, mit den anderen Herstellern, die über einen günstigeren Standort verfügten, gleichzuziehen.
161 Ford hält diesen Klagegrund nicht für stichhaltig, insbesondere im Hinblick auf das Urteil Matra/Kommission, aus dem sich ergebe, daß die Gründungsunternehmen durch die ihnen bewilligten staatlichen Beihilfen keinen Wettbewerbsvorteil erlangt hätten. Daher seien die für das betreffende Vorhaben gewährten staatlichen Beihilfen bei der Prüfung des Freistellungsantrags zu Recht nicht berücksichtigt worden.
Würdigung durch das Gericht
162 Das Gericht erinnert daran, daß der Gerichtshof, worauf im übrigen auch Ford in ihrem Streithilfeschriftsatz hinweist, im Urteil Matra/Kommission festgestellt hat, daß die Kommission ebenfalls die einzelnen Umstände geprüft und bewertet habe, die zu Nachteilen bei Investitionen im Raum Setúbal führten. Sie habe namentlich die räumliche Entfernung des Standorts Setúbal von den wichtigsten Märkten und den relativen wirtschaftlichen Rückstand dieser Region in Rechnung gestellt, Faktoren, die dazu beitrügen, die Kosten für Transport, Lagerung, auswärtiges Personal und Infrastruktur zu erhöhen, und festgestellt, daß diese Nachteile nur teilweise durch die niedrigeren Lohn- und Baukosten ausgeglichen würden. Hinzu komme, daß die gewährte Beihilfe an Intensität weit hinter den Sätzen zurückbleibe, die im Rahmen der von der Kommission genehmigten Beihilferegelung für regionale Zwecke (SIBR) zulässig seien (Randnr. 27). Im Anschluß an diese Feststellungen hat der Gerichtshof die Klage von Matra abgewiesen und dadurch die Richtigkeit der Einschätzung der Kommission bestätigt, daß die streitigen Beihilfen den Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt nicht verfälschen können. Unter diesen Umständen kann sich die Klägerin jedenfalls nicht darauf berufen, daß die Kommission dadurch einen Rechtsirrtum begangen habe, daß sie in der Freistellungsentscheidung nicht ausdrücklich zu den dem Gemeinschaftsunternehmen von der Portugiesischen Republik gewährten Beihilfen Stellung genommen habe.
163 Im übrigen ist das Gericht, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Randnr. 139), der Ansicht, daß sich aus der Prüfung der Entscheidung und insbesondere der Randnummer 36 ihrer Gründe ergibt, daß die "aussergewöhnlichen Umstände", von denen vor allem in den Randnummern 23 und 26 die Rede ist, nur ergänzend berücksichtigt wurden.
164 Somit ist der Klagegrund eines Rechtsirrtums der Kommission bei ihrer Beurteilung der Rechtmässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zurückzuweisen.
Zum dritten, die materielle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrund, mit dem ein Rechtsirrtum und ein Verstoß gegen Artikel 86 EWG-Vertrag geltend gemacht werden
Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten
165 Die Klägerin macht geltend, wenn eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise freigestellt werde, habe dies nicht zur Folge, daß Artikel 86 auf diese Verhaltensweise unanwendbar sei. Im übrigen verstosse schon die Tatsache, daß eine Lage geschaffen werde, die ein Unternehmen veranlasse, sich entgegen Artikel 86 EWG-Vertrag mißbräuchlich zu verhalten, gegen diese Bestimmung. Falls die Freistellungsentscheidung wider Erwarten für rechtmässig erklärt werde, bilde die Tatsache, daß das Unternehmen "AutoEuropa", das eine beherrschende Stellung einnehme und massiv subventioniert werde, mit Hilfe eines Zusammenschlusses der Gründungsunternehmen und eines kollusiven Zusammenwirkens ihrer Vertriebsnetze auf dem Markt tätig werde, in jedem Fall einen gemäß Artikel 86 EWG-Vertrag verbotenen Mißbrauch. Ausserdem ergebe sich aus der ° von den Gründungsunternehmen ausweislich der Randnummer 31 der Gründe der Entscheidung selbst bestätigten ° Tatsache, daß das Gemeinschaftsunternehmen während eines ausreichend langen Zeitraums nicht kostendeckend arbeiten werde, was vor allem dank der von den portugiesischen Behörden gezahlten Beihilfen möglich sei, ein weiterer Verstoß gegen Artikel 86 EWG-Vertrag.
166 Nach Ansicht der Kommission beruht das Vorbringen der Klägerin zu dieser Frage auf einer unzutreffenden Annahme, nämlich der angeblichen Existenz einer kollektiven beherrschenden Stellung der Gründungsunternehmen. Davon abgesehen bestrafe Artikel 86 EWG-Vertrag nicht die Erlangung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung, sondern ihre mißbräuchliche Ausnutzung. Ohne einen solchen Mißbrauch könne die Kommission nicht tätig werden. Im vorliegenden Fall sei Artikel 86 EWG-Vertrag jedenfalls nicht anwendbar, nicht nur aus den bereits genannten Gründen, sondern auch deshalb, weil die Rechtsprechung, auf die sich die Klägerin insoweit berufe, auf die Prüfung des vorliegenden Sachverhalts nicht anwendbar sei. Nach dieser Rechtsprechung dürfe ein Mitgliedstaat keine Lage schaffen, die ein mit ausschließlichen Rechten ausgestattetes Unternehmen zum Mißbrauch seiner beherrschenden Stellung veranlasse. Eine Entscheidung der Kommission, durch die ein Zusammenschluß freigestellt werde, der den betreffenden Unternehmen eine beherrschende Stellung verschaffe, könne jedoch nicht einer staatlichen Maßnahme gleichgestellt werden, mit der ausschließliche Rechte verliehen würden.
167 Die Portugiesische Republik hält Artikel 86 EWG-Vertrag für unanwendbar, da das Gemeinschaftsunternehmen, wie schon die Prüfung des ersten die materielle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrundes gezeigt habe, in Anbetracht seines voraussichtlichen Marktanteils keine beherrschende Stellung einnehme.
168 Nach Ansicht von Ford gibt es für eine Anwendung von Artikel 86 EWG-Vertrag weder eine tatsächliche noch eine rechtliche Grundlage.
Würdigung durch das Gericht
169 Die Prüfung der Entscheidung ergibt, daß die Kommission in Randnummer 39 der Gründe die Gültigkeit der Vereinbarung im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag untersucht hat. Die Kommission führt insoweit aus, daß sie einen etwaigen Mißbrauch einer beherrschenden Stellung nur nachträglich verfolgen könne (Absatz 1) und daß das Vorhaben jedenfalls nicht dazu führen könne, daß die Gründungsunternehmen einzeln oder gemeinsam eine beherrschende Stellung erlangten (Absatz 2).
170 Wie bereits dargelegt (siehe oben, Randnr. 153), ist der Klagegrund eines Rechtsirrtums der Kommission hinsichtlich der Anwendbarkeit von Artikel 86 EWG-Vertrag auf das angemeldete Vorhaben auf jeden Fall zurückzuweisen, weil die in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen in bezug auf das tatsächlich festgestellte Vorliegen eines von einem oder mehreren gemeinsam handelnden Unternehmen begangenen Mißbrauchs keineswegs erfuellt sind.
Zum vierten, die materielle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrund, mit dem ein Ermessens- und Verfahrensmißbrauch geltend gemacht wird
Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten
171 Die Klägerin macht unter Bezugnahme auf den ersten ihrer Klagegründe (Verletzung wesentlicher Formvorschriften; siehe oben, Randnrn. 38 und 39) geltend, die Kommission habe dadurch, daß sie dem Ausgang des von ihr selbst gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag eingeleiteten Verfahrens vorgegriffen habe, einen Verfahrensmißbrauch und einen Ermessensmißbrauch begangen, die zur Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung führten.
172 Die Portugiesische Republik ist der Ansicht, daß die Entscheidung in Anbetracht der Ausführungen im Rahmen der Prüfung des ersten, die materielle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrundes nicht mit einem Ermessensmißbrauch behaftet sei.
Würdigung durch das Gericht
173 Was die Prüfung des vierten, die materielle Rechtmässigkeit betreffenden Klagegrundes betrifft, so hat die Partei, die sich auf ihn beruft, den geltend gemachten Ermessensmißbrauch nachzuweisen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin entgegen ihrem Vorbringen nicht nachgewiesen, daß die Kommission ihre Befugnisse zu einem anderen als dem Zweck ausgeuebt hat, zu dem sie ihr durch den EWG-Vertrag und die Verordnung Nr. 17 übertragen worden sind (vgl. u. a. Urteile des Gerichtshofes vom 4. Februar 1982 in der Rechtssache 817/79, Buyl u. a./Kommission, Slg. 1982, 245, und vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-331/88, Fedesa u. a., Slg. 1990, I-4023). Der geltend gemachte Ermessensmißbrauch ist somit nicht nachgewiesen, so daß der Klagegrund zurückzuweisen ist.
174 Nach alledem kann keinem der Klagegründe Erfolg beschieden sein, und die Klage ist deshalb sowohl insoweit, als sich ihre Anträge gegen die Entscheidung der Kommission vom 23. Dezember 1992 richten, mit der für das fragliche Vorhaben eines Gemeinschaftsunternehmens gemäß Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag eine Freistellung gewährt wurde, als auch insoweit abzuweisen, als sich ihre Anträge gegen die Entscheidung der Kommission vom selben Tag richten, mit der infolgedessen die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen wurde, ohne daß das Gericht die von Ford erhobene Einrede der Unzulässigkeit zu prüfen braucht.
Kosten
175 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferinnen aufzuerlegen. Gemäß Artikel 87 § 4 tragen jedoch die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Nach dieser Bestimmung hat die Portugiesische Republik ihre eigenen Kosten zu tragen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferinnen Ford of Europe Inc., Ford-Werke AG und Volkswagen AG.
3) Die Portugiesische Republik trägt ihre eigenen Kosten.