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Document 61992TO0087(01)

Beschluss des Gerichts erster Instanz (Erste Kammer) vom 8. Dezember 1993 (27291).
BVBA Kruidvat gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Streithilfe.
Rechtssache T-87/92.

Sammlung der Rechtsprechung 1993 II-01369

ECLI identifier: ECLI:EU:T:1993:112

61992B0087(01)

BESCHLUSS DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ERSTE KAMMER) VOM 8. DEZEMBER 1993 (27291). - KRUIDVAT BVBA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - STREITHILFE. - RECHTSSACHE T-87/92.

Sammlung der Rechtsprechung 1993 Seite II-01369


Entscheidungsgründe
Tenor

Schlüsselwörter


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Verfahren ° Streithilfe ° Personen mit berechtigtem Interesse ° Rechtsstreit betreffend die Gültigkeit einer Entscheidung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln ° Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung, mit der eine Freistellung für ein selektives Vertriebssystem für Kosmetika der Luxusklasse gewährt wird ° Vereinigung, deren Zweck die Förderung dieses Industriezweigs ist und die Unternehmen vertritt, die sich selektiver Vertriebsnetze von der Art des den Gegenstand der Entscheidung bildenden Vertriebsnetzes bedienen

(EWG-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 37 Absatz 2; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 115)

Entscheidungsgründe


1 Mit Antragsschrift, die am 17. März 1993 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Comité de liaison européen de l' industrie de la parfumerie, des produits cosmétiques et de toilette, eine internationale Vereinigung belgischen Rechts mit wissenschaftlicher Zielsetzung und Sitz in Brüssel, Prozeßbevollmächtigte: Stephen Kon, Solicitor des Supreme Court, und Rechtsanwalt Francis Herbert, Brüssel, Zustellungsanschrift: Kanzlei der Rechtsanwältin Lydie Err, 60, avenü Gaston Diderich, Luxemburg, beantragt, in der Rechtssache T-87/92 als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

2 Der Streithilfeantrag ist gemäß Artikel 115 der Verfahrensordnung des Gerichts eingereicht worden und stützt sich auf Artikel 37 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 46 Absatz 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht entsprechend anwendbar ist.

3 Der Präsident der Ersten Kammer hat die Entscheidung über den Streithilfeantrag gemäß Artikel 116 § 1 Absatz 3 der Verfahrensordnung der Kammer übertragen.

4 Der Antragsteller macht in seinem Streithilfeantrag geltend, ihm seien nationale Berufsverbände der Mitgliedstaaten der Gemeinschaften angeschlossen, denen Hersteller, Einführer und Vertreter des Handels im Bereich der Parfumerieartikel, Schönheitspflegemittel und Toilettenartikel angehörten. Sein Zweck sei die Förderung der Industrie der Parfumerie-, Kosmetik- und Toilettenartikel. Viele der Unternehmen, die den ihm angeschlossenen nationalen Verbänden angehörten, vertrieben ihre Erzeugnisse über selektive Vertriebssysteme.

5 Der Antragsteller habe in Erfuellung seiner Aufgabe in dem der angefochtenen Entscheidung vorausgehenden Verfahren Erklärungen gegenüber der Kommission abgegeben. Er habe in Anbetracht der Tätigkeit der Mitglieder der nationalen Verbände ein unmittelbares Interesse an der Entscheidung, weil die Klage beträchtliche Auswirkungen für die Parfumeriebranche in Europa haben könne. Die Kommission habe in einer Pressemitteilung bestätigt, daß die Entscheidung Parfums Givenchy alle erheblichen rechtlichen Aspekte des selektiven Vertriebs von Parfumerie- und Kosmetikartikeln erfasse und die grundlegenden Regeln des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts festlege, die auf alle Unternehmen der Branche anwendbar seien.

6 Der Streithilfeantrag ist den Parteien gemäß Artikel 116 § 1 der Verfahrensordnung zugestellt worden.

7 Die Kommission hat mit Schriftsatz, der am 2. April 1993 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, mitgeteilt, daß sie nicht zu dem Streithilfeantrag Stellung nehmen werde.

8 Die Klägerin hat mit am 7. April 1993 eingegangenem Schriftsatz beantragt den Streithilfeantrag zurückzuweisen oder, falls ihm stattgegeben werde, gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung dem Antragsteller seine eigenen Kosten aufzuerlegen.

9 Die Klägerin macht im wesentlichen geltend, der Antragsteller sei nicht Adressat der Entscheidung und nach seiner Satzung nicht berechtigt, einen wirtschaftlichen Zweck, der für ihn ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits begründen könnte, zu verfolgen.

10 Für den letztgenannten Punkt verweist die Klägerin auf den Zweck des Antragstellers, der gemäß Artikel 2 seiner Satzung (Anlage zum Streithilfeantrag) in der "Förderung der Parfumindustrie" bestehe und in erster Linie durch wissenschaftliche und rechtliche Untersuchungen sowie die Verbreitung der dadurch gewonnenen Informationen zu verwirklichen sei. Nach Artikel 1 seiner Satzung sei der Antragsteller "eine internationale Vereinigung mit wissenschaftlicher Zielsetzung, auf die das belgische Gesetz vom 25. Oktober 1919 in der Fassung des Gesetzes vom 6. Dezember 1954 Anwendung findet". Die Klägerin hat in der Anlage zu ihrer Stellungnahme den Text dieses Gesetzes vorgelegt, nach dessen Artikel 1 eine solche Vereinigung "einen wohltätigen, weltanschaulichen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder pädagogischen Zweck" verfolgen muß. Nach Auffassung der Klägerin muß der Zweck des Antragstellers in diesem Rahmen beurteilt werden, da seine Satzung andernfalls entgegen dem für ihn geltenden Gesetz ausgelegt würde. Die Fédération des associations internationales établies en Belgique (FAIB) versuche ° bislang ohne Erfolg ° zu erreichen, daß die Definition der Zwecke, die internationale Vereinigungen verfolgen dürften, dahin gehend erweitert werde, daß auch wirtschaftliche Zwecke erfasst würden.

11 Die Klägerin macht geltend, daß nach dem Beschluß des Gerichtshofes vom 11. Dezember 1973 in den Rechtssachen 41/73, 43/73 bis 48/73, 50/73, 111/73, 113/73 und 114/73 (Générale Sucrière u. a./Kommission, Slg. 1973, 1465, Randnr. 7) das Interesse einer juristischen Person daran, als Streithelferin zugelassen zu werden, im Lichte ihres satzungsmässigen Zweckes zu beurteilen sei. Der Antragsteller verfolge keinen relevanten satzungsmässigen Zweck und habe damit kein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Die Tatsache, daß er im Verwaltungsverfahren Erklärungen habe abgeben dürfen und in der Parallelsache T-19/92 (Galec/Kommission) als Streithelfer zugelassen worden sei, sei irrelevant, sofern die Frage des Vereinigungszwecks nicht zuvor aufgeworfen worden sei.

12 Gemäß Artikel 2 der Satzung des Antragstellers besteht sein Zweck in der "Förderung der Industrie der Parfumerie-, Kosmetik- und Toilettenartikel sowie in der Verfolgung ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Ziele". Er vertritt auf europäischer Ebene Hersteller, Einführer und Handelsunternehmen dieser Branche, von denen sich eine grosse Anzahl selektiver Vertriebsnetze bedienen. Die in der vorliegenden Rechtssache aufgeworfenen Fragen könnten das Gericht jedoch dazu veranlassen, in dem zu erlassenden Urteil zu Grundsatzfragen Stellung zu nehmen, die beträchtliche Auswirkungen auf die Verwendung selektiver Vertriebsnetze für Kosmetikartikel der Luxusklasse haben.

13 Da der Antragsteller somit die Voraussetzungen des Artikels 37 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes erfuellt, insbesondere weil sein satzungsmässiger Zweck, "die Förderung der Parfumindustrie", dem ersten Anschein nach weit genug ist, um ihm ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits zuzuerkennen, braucht das Gericht über die von der Klägerin aufgeworfene Frage des belgischen Rechts nicht zu entscheiden.

14 Der Antragsteller hat folglich ein berechtigtes Interesse daran glaubhaft gemacht, im vorliegenden Rechtsstreit als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

Tenor


Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

beschlossen:

1) Das Comité de liaison européen de l' industrie de la parfumerie, des produits cosmétiques et de toilette wird in der Rechtssache T-87/92 als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

2) Dem Streithelfer wird eine Frist zur schriftlichen Begründung seiner Anträge gesetzt.

3) Dem Streithelfer werden durch den Kanzler Abschriften aller Schriftstücke übermittelt.

4) Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 8. Dezember 1993

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