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Document 61991TJ0016(01)
Judgment of the Court of First Instance (Second Chamber, extended composition) of 12 December 1996. # Rendo NV, Centraal Overijsselse Nutsbedrijven NV and Regionaal Energiebedrijf Salland NV v Commission of the European Communities. # Competition - Implied rejection of a complaint - Statement of reasons - Appeal - Referral of a case back to the Court of First Instance - Continuation of the proceedings - Costs. # Case T-16/91 RV.
Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite erweiterte Kammer) vom 12. Dezember 1996.
Rendo NV, Centraal Overijsselse Nutsbedrijven NV und Regionaal Energiebedrijf Salland NV gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Wettbewerb - Stillschweigende Zurückweisung einer Beschwerde - Begründung - Rechtsmittel - Zurückverweisung durch den Gerichtshof - Fortsetzung des Verfahrens - Kosten.
Rechtssache T-16/91 RV.
Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite erweiterte Kammer) vom 12. Dezember 1996.
Rendo NV, Centraal Overijsselse Nutsbedrijven NV und Regionaal Energiebedrijf Salland NV gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Wettbewerb - Stillschweigende Zurückweisung einer Beschwerde - Begründung - Rechtsmittel - Zurückverweisung durch den Gerichtshof - Fortsetzung des Verfahrens - Kosten.
Rechtssache T-16/91 RV.
Sammlung der Rechtsprechung 1996 II-01827
ECLI identifier: ECLI:EU:T:1996:189
Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite erweiterte Kammer) vom 12. Dezember 1996. - Rendo NV, Centraal Overijsselse Nutsbedrijven NV und Regionaal Energiebedrijf Salland NV gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Stillschweigende Zurückweisung einer Beschwerde - Begründung - Rechtsmittel - Zurückverweisung durch den Gerichtshof - Fortsetzung des Verfahrens - Kosten. - Rechtssache T-16/91 RV.
Sammlung der Rechtsprechung 1996 Seite II-01827
Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor
1 Handlungen der Organe - Begründungspflicht - Umfang
(EWG-Vertrag, Artikel 190)
2 Handlungen der Organe - Begründungspflicht - Umfang - Entscheidung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln
(EWG-Vertrag, Artikel 190)
3 Handlungen der Organe - Begründungspflicht - Umfang - Entscheidungen - Heilung eines Begründungsmangels während des gerichtlichen Verfahrens - Unzulässigkeit
(EWG-Vertrag, Artikel 190)
4 Die Begründung muß den Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzen, die Rechtmässigkeit zu überprüfen, und es dem Betroffenen ermöglichen, die Gründe für die erlassene Maßnahme zu erfahren, um seine Rechte geltend machen und die Begründetheit der Entscheidung prüfen zu können.
Man wird jedoch auch den von einer Entscheidung betroffenen Personen gewisse Bemühungen bei der Auslegung abverlangen können, wenn der Sinn des Textes nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, so daß kein Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages vorliegt, wenn aufgrund einer solchen Auslegung Unklarheiten in der Begründung beseitigt werden können.
5 Der Umfang der Begründungspflicht nach Artikel 190 des Vertrages ist jeweils konkret nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Bei einer Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt und Anordnungen erteilt werden, ist die Kommission, wenn die Entscheidung gleichzeitig eine teilweise Zurückweisung einer Beschwerde darstellt und mit ihr die Aussetzung der Prüfung dieser Beschwerde im Hinblick auf einen anderen Teil der Beschwerdepunkte angeordnet wird, nicht verpflichtet, auf alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die von den beschwerdeführenden Unternehmen geltend gemacht wurden.
Den Anforderungen des Artikels 190 des Vertrages wird aber die Begründung einer solchen teilweisen Zurückweisung dann nicht gerecht, wenn zwar die in der Entscheidung enthaltenen Erwägungen zu der beabsichtigten Behandlung der Beschwerde die teilweise Aussetzung der Prüfung der Beschwerde rechtfertigen können, die Auslegung dieser Erwägungen jedoch nicht die Gründe für eine unterschiedliche Behandlung, nämlich die stillschweigende Zurückweisung, eines Teils der erhobenen Rügen erkennen lässt.
6 Eine Entscheidung muß aus sich heraus verständlich sein, und ihre Begründung darf nicht erst später, wenn die Entscheidung bereits Gegenstand einer Klage vor dem Gemeinschaftsrichter ist, schriftlich oder mündlich nachgeholt werden.
Zwar kann eine Begründung, für die sich in der angefochtenen Handlung ein Ansatzpunkt findet, während des Verfahrens weitergeführt und klargestellt werden, jedoch gilt dies nicht, wenn die angefochtene Entscheidung überhaupt nicht begründet worden ist.
1 Das vorliegende Urteil ergeht im Anschluß an ein Rechtsmittel der Klägerinnen gegen das Urteil des Gerichts vom 18. November 1992 in der Rechtssache T-16/91 (Rendo u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2417; im folgenden: Urteil vom 18. November 1992) nach Zurückverweisung der Rechtssache durch das Urteil des Gerichtshofes vom 19. Oktober 1995 in der Rechtssache C-19/93 P (Rendo u. a./Kommission, Slg. 1995, I-3319; im folgenden: Rechtsmittelurteil).
Sachverhalt und früheres Verfahren
2 Der Sachverhalt und der Ablauf der früheren Etappen des Verfahrens sind in den genannten Urteilen dargelegt, auf die verwiesen wird.
3 Die Klägerinnen sind lokale Stromversorgungsunternehmen in den Niederlanden. Im Mai 1988 legten sie bei der Kommission eine Beschwerde gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, 13, S. 204), ein, die sich u. a. gegen die Samenwerkende Elektriciteits-produktiebedrijven NV (SEP), die Streithelferin im vorliegenden Verfahren, richtete und in der der Vorwurf mehrerer Zuwiderhandlungen der Streithelferin und der niederländischen Stromerzeuger gegen Artikel 85 und 86 des Vertrages erhoben wurde.
4 Auf diese Beschwerde erließ die Kommission die im vorliegenden Verfahren angefochtene Entscheidung 91/50/EWG vom 16. Januar 1991 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/32.732 - IJsselcentrale und andere) (ABl. L 28, S. 32; im folgenden: "Entscheidung" oder "Entscheidung 91/50"). Die Entscheidung betrifft eine Kooperationsvereinbarung (Overeenkomst van Samenwerking, im folgenden: OVS), die 1986 zwischen den Stromerzeugern einerseits und der Streithelferin andererseits geschlossen worden war. Nach dieser Vereinbarung, die der Kommission nicht angezeigt wurde, ist ausschließlich die Streithelferin zur Ein- und Ausfuhr von Strom berechtigt und sind die Vertragspartner gehalten, in Liefervereinbarungen mit Stromversorgungsunternehmen zu vereinbaren, daß diese Strom weder ein- noch ausführen dürfen (Artikel 21 OVS). Diese Bestimmung ist Gegenstand der Entscheidung und des vorliegenden Rechtsstreits.
5 Zwar untersagte das zur Zeit des Abschlusses der OVS geltende niederländische Recht den nicht stromerzeugenden Unternehmen die Einfuhr von Strom nicht; diese Situation wurde jedoch durch ein neues niederländisches Elektrizitätsgesetz (Elektriciteitswet 1989) geändert. Nach Artikel 34 des Elektrizitätsgesetzes, der am 1. Juli 1990 in Kraft trat, war den Stromversorgungsunternehmen die Einfuhr von Strom für die öffentliche Versorgung untersagt.
6 Die Beschwerde der Klägerinnen war u. a. gegen das Einfuhrverbot sowohl in der Allgemeinen SEP-Vereinbarung von 1971 (Artikel 2) als auch in Artikel 21 OVS 1986 gerichtet.
7 In der Entscheidung stellte die Kommission zunächst fest, daß das in Artikel 21 OVS vorgesehene Verbot der Ein- und Ausfuhr von Strom eine Beschränkung des Wettbewerbs darstelle, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten erheblich beeinträchtige (Punkte 21 bis 32 der Entscheidung). Die Beibehaltung dieses Artikels stelle auch in Verbindung mit der durch das neue Elektrizitätsgesetz eingeführten Regelung einen Verstoß gegen Artikel 85 dar (Punkt 38 der Entscheidung).
8 Sodann prüfte die Kommission Artikel 90 Absatz 2 EWG-Vertrag. Hierbei unterschied sie zwischen dem im Rahmen der öffentlichen Versorgung vorgesehenen Ein- und Ausfuhrverbot und dem ausserhalb dieses Rahmens vorgesehenen Verbot in der OVS. Sie stellte fest, daß das letztgenannte Verbot einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstelle und daß Artikel 90 Absatz 2 EWG-Vertrag im vorliegenden Fall nicht der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 entgegenstehe. Demgemäß verpflichtete die Kommission die Parteien der OVS, diese Zuwiderhandlung abzustellen. Dieser Teil der Entscheidung ist nicht angefochten worden.
9 Zu den Einfuhren für die öffentliche Stromversorgung nahm die Kommission dagegen in Punkt 50 der Entscheidung wie folgt Stellung: "Das für Erzeugungs- und Versorgungsunternehmen geltende Verbot, Elektrizität im Rahmen der öffentlichen Versorgung unter Umgehung der Streithelferin einzuführen, ist heute in Artikel 34 des Elektrizitätsgesetzes von 1989 geregelt. Die Kommission wird sich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nach der Verordnung Nr. 17 nicht zu der Frage äussern, ob für eine solche Einfuhrbeschränkung eine Rechtfertigung im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Vertrages besteht. Sie würde damit nämlich der Frage vorgreifen, ob das neue Gesetz als solches mit dem Vertrag vereinbar ist, was nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist."
10 Aus dem gleichen Grund erfolge keine Beurteilung des für Stromerzeuger im Rahmen der öffentlichen Versorgung geltenden Ausfuhrverbots.
11 Im verfügenden Teil der Entscheidung äusserte sich die Kommission nicht zu den Ein- und Ausfuhrbeschränkungen im Rahmen der öffentlichen Stromversorgung.
12 Die Klägerinnen haben ihre Klage am 14. März 1991 beim Gericht erhoben. Durch Beschluß vom 2. Oktober 1991 ist die SEP als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen worden.
13 Die Klägerinnen haben beantragt,
- die Entscheidung insoweit aufzuheben, als sich die Kommission nicht zur Anwendung des Artikels 21 OVS auf Stromein- und -ausfuhren durch Versorgungsunternehmen, unter ihnen die Klägerinnen, im Rahmen der öffentlichen Versorgung geäussert hat;
- die Kommission zu verurteilen, erstens noch jetzt durch Entscheidung gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 festzustellen, daß Artikel 21 der in Artikel 1 der Entscheidung 91/50 bezeichneten Vereinbarung in seiner Anwendung in Verbindung mit der tatsächlichen Kontrolle der internationalen Elektrizitätslieferungen und mit der tatsächlichen Einflußnahme auf diese Lieferungen einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstellt, da er bezweckt oder bewirkt, die Elektrizitätsein- und -ausfuhr im Rahmen der öffentlichen Versorgung durch Stromversorgungsunternehmen einzuschränken, und zweitens die in Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung genannten Unternehmen aufzufordern, die festgestellten Zuwiderhandlungen abzustellen;
- jedenfalls alle Maßnahmen anzuordnen, die das Gericht im Sinne einer geordneten Rechtspflege für nützlich erachtet;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. 14 Die Kommission hat beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch aufzuerlegen.
15 Die Streithelferin hat beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.
16 Das Gericht hat die Klage mit Urteil vom 18. November 1992 abgewiesen. Dabei hat es zwischen dem Unterbleiben einer Äusserung zum Stromeinfuhrverbot für Versorgungsunternehmen und dem Unterbleiben einer Äusserung zum Stromausfuhrverbot unterschieden.
17 Hinsichtlich der Ausfuhren hat das Gericht die Klage für unzulässig angesehen.
18 Bei den Einfuhren hat das Gericht zwischen der Zeit vor Inkrafttreten des neuen Elektrizitätsgesetzes und der Zeit danach unterschieden. Mit der Begründung, die Kommission habe keine Entscheidung über die Beschwerde der Klägerinnen erlassen, soweit diese sich auf die Zeit vor dem Inkrafttreten beziehe, hat das Gericht die Klage insoweit als unzulässig abgewiesen. In bezug auf die Zeit danach hat es die Klage als unbegründet abgewiesen.
19 Während die Rechtssache T-16/91 beim Gericht anhängig war, hat R., Direktor bei der Kommission, den Anwälten der Klägerinnen unter dem 20. November 1991 ein Schreiben gesandt.
20 In diesem Schreiben teilte R. mit, "Ihrer Beschwerde kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeholfen werden", und weiter:
"Was das Ein- und Ausfuhrverbot im Rahmen der öffentlichen Versorgung durch Stromversorgungsunternehmen angeht, so wird in der obengenannten Entscheidung darauf hingewiesen, daß sich die Kommission im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nach der Verordnung Nr. 17 hierzu nicht äussere (siehe Punkte 50 und 51). Dies beruht insbesondere darauf, daß zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung das Elektrizitätsgesetz von 1989 in Kraft getreten war. Die Bedeutung der Beschwerde wurde mehr für die Zukunft gesehen, so daß eine Beurteilung der Beschwerde in bezug auf die Ein- und Ausfuhrverbote im Rahmen der öffentlichen Versorgung notwendig auch eine Beurteilung dieses Gesetzes umfassen würde.
In der Zwischenzeit hat die Kommission am 20. März 1991 (KOM [91] PV 1052) ein weiteres Verfahren eingeleitet, in dem u. a. das niederländische Elektrizitätsgesetz von 1989 einer Prüfung im Rahmen des Artikels 36 unterzogen wird.
...
Dies bedeutet, daß der Inhalt der Entscheidung 91/50/EWG als teilweise (stillschweigende) Zurückweisung Ihrer Beschwerde aufgefasst werden könnte, jedoch nur insoweit, als die Beschwerde die Zeit vor Inkrafttreten des Elektrizitätsgesetzes von 1989 betrifft und als mit ihr begehrt wird, die sich aus Artikel 21 der Kooperationsvereinbarung ergebenden Beschränkungen der Einfuhr von Elektrizität durch Versorgungsunternehmen im Rahmen der öffentlichen Versorgung für mit Artikel 85 unvereinbar zu erklären."
21 Die von den Klägerinnen gegen dieses Schreiben gerichtete Nichtigkeitsklage ist durch den rechtskräftigen Beschluß vom 29. März 1993 in der Rechtssache T-2/92 (Rendo u. a./Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) als unzulässig abgewiesen worden.
22 Die Klägerinnen haben beim Gerichtshof ein Rechtsmittel gegen das Urteil vom 18. November 1992 eingelegt. Das Rechtsmittelverfahren ist auf Antrag der Klägerinnen ausgesetzt worden, damit der Gerichtshof prüfen könne, welche Schlüsse aus dem Urteil vom 27. April 1994 in der Rechtssache C-393/92 (Almelo u. a., Slg. 1994, I-1477) zu ziehen seien, das aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Gerechtshof Arnheim (Niederlande) in einem Rechtsstreit ergangen ist, in dem es um den gleichen Sachzusammenhang wie in der vorliegenden Rechtssache ging und der insbesondere die Auslegung der Artikel 85 und 86 EG-Vertrag in bezug auf das Verbot "der Einfuhr von für die öffentliche Stromversorgung bestimmter Elektrizität in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer regionalen Stromversorgungsgesellschaft in den Jahren 1985 bis 1988, gegebenenfalls im Zusammenhang mit einem Einfuhrverbot in einer Vereinbarung von Elektrizitätserzeugungsbetrieben in dem betroffenen Mitgliedstaat", betraf.
23 In seinem Rechtsmittelurteil hat der Gerichtshof das Urteil des Gerichts vom 18. November 1992 insoweit aufgehoben, als die Klage als unzulässig abgewiesen wurde, weil die Entscheidung 91/50 hinsichtlich der während der Zeit vor Inkrafttreten des Elektrizitätsgesetzes geltenden Einfuhrbeschränkungen keine Rechtswirkungen erzeugt habe.
Das Verfahren nach Zurückverweisung
24 Nach der Zurückverweisung durch den Gerichtshof haben die Beteiligten gemäß Artikel 119 § 1 der Verfahrensordnung drei Schriftsätze eingereicht.
25 Die Klägerinnen beantragen in ihrem Schriftsatz vom 18. Dezember 1995,
- die Entscheidung 91/50 aufzuheben, soweit sie die Beschwerde hinsichtlich des vor Inkrafttreten des Elektrizitätsgesetzes geltenden Einfuhrverbots für Versorgungsunternehmen zurückweist;
- alle Maßnahmen anzuordnen, die das Gericht im Sinne einer geordneten Rechtspflege für nützlich erachtet;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens einschließlich - gemäß Artikel 121 der Verfahrensordnung - der Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.
26 Die Kommission beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner aufzuerlegen.
27 Die Streithelferin beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- den Klägerinnen die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.
Zum Vorbringen der Beteiligten in der ersten Instanz und im Verfahren nach Zurückverweisung
28 Nach der Teilaufhebung des Urteils des Gerichts durch das Rechtsmittelurteil des Gerichtshofes ist das Gericht zum einen mit dem Antrag der Klägerinnen befasst, die Entscheidung 91/50 für nichtig zu erklären, soweit diese die Beschwerde hinsichtlich des im Rahmen der öffentlichen Versorgung geltenden Stromeinfuhrverbots während der Zeit vor Inkrafttreten des niederländischen Elektrizitätsgesetzes zurückweist, und zum anderen mit dem Vorbringen, das zu diesem Teil der Entscheidung sowohl in der ersten Instanz als auch im Verfahren nach Zurückverweisung geltend gemacht worden ist.
Zur Sache
29 Die Klägerinnen haben ursprünglich im wesentlichen drei Klagegründe angeführt. Der erste ist auf eine Verletzung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft und bestimmter allgemeiner Rechtsgrundsätze, insbesondere des Grundsatzes der Rechtssicherheit und der sorgfältigen Vorbereitung von Maßnahmen (Zorgvuldigheidsbeginsel) gestützt worden. Mit dem zweiten Klagegrund ist ein Verstoß gegen Artikel 190 EWG-Vertrag und mit dem dritten eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften, vor allem - in der Erwiderung - derjenigen des Artikels 6 der Verordnung (EWG) Nr. 99/63 der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze (1) und (2) der Verordnung Nr. 17 des Rats (ABl. 1963, 127, S. 2268), geltend gemacht worden. Im Verfahren nach Zurückverweisung weisen die Klägerinnen zunächst darauf hin, daß sie geltend gemacht hätten, die angefochtene Entscheidung sei unzureichend begründet und rechtswidrig, und verweisen insoweit auf ihre Erwiderung (Nr. 11 des Schriftsatzes vom 18. Dezember 1995). Sodann tragen sie zum Verstoß gegen Artikel 190 EG-Vertrag und Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vor.
Zur Begründung
- Vorbringen der Parteien
30 In ihrer Klageschrift haben sich die Klägerinnen auf die Verletzung der Begründungspflicht nach Artikel 190 EWG-Vertrag berufen. In ihrer Erwiderung haben sie hervorgehoben, die stillschweigende Zurückweisung ihrer Beschwerde sei nicht hinreichend begründet worden. Die Kommission habe nicht angegeben, aus welchen Gründen sie der Auffassung gewesen sei, daß eine Zuwiderhandlung nicht vorliege; diese Unterlassung rechtfertige die Nichtigerklärung der Entscheidung. Ausserdem habe die Kommission jedenfalls keinen Grund gehabt, sich nicht zu der Zeit vor dem 1. Juli 1990 zu äussern, da die Klägerinnen auch ein Interesse an der Klärung der in dieser Zeit bestehenden Rechtslage gehabt hätten (Nr. 4.2 der Erwiderung).
31 Im Verfahren nach Zurückverweisung beziehen sich die Klägerinnen auf ihre Erwiderung, um darzutun, daß die stillschweigende teilweise Zurückweisung ihrer Beschwerde, die - nach der teilweisen Aufhebung des Urteils vom 18. November 1992 - immer noch der Beurteilung durch das Gericht unterliege, unzureichend begründet gewesen sei. Eine Prüfung der Begründung dieser Zurückweisung sei geboten. Die Kommission habe diese Zurückweisung aber in der Entscheidung nicht begründet. Die Kommission habe einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag für gegeben angesehen, ohne im verfügenden Teil der Entscheidung eine Zuwiderhandlung festzustellen. Zur Begründung der Zurückweisung der Beschwerde in bezug auf das für die Versorgungsunternehmen (und damit für die Klägerinnen) vor Inkrafttreten des niederländischen Elektrizitätsgesetzes geltende Einfuhrverbot seien keine Klarstellungen erfolgt.
32 In der Sitzung nach Zurückverweisung haben die Klägerinnen ausgeführt, Punkt 50 der Entscheidung 91/50 betreffe nur die Zeit nach Inkrafttreten des Elektrizitätsgesetzes. Andernfalls hätte das Verfahren über ihre Beschwerde in bezug auf die Zeit davor nicht eingestellt werden können, sondern es wäre ausgesetzt worden, wie dies auch in bezug auf die spätere Zeitspanne der Fall gewesen sei.
33 Ausserdem seien die von der Kommission im Laufe des Verfahrens gegebenen Erläuterungen verspätet; dieser Gesichtspunkt ihrer Beschwerde sei wegen bei den nationalen Gerichten anhängiger Verfahren und weiterer gegenwärtig zwischen Anwälten geführter Gespräche über den fraglichen Zeitraum noch immer aktuell. In diesem Zusammenhang haben die Klägerinnen auf ein bei einem Gericht in Arnheim anhängiges Verfahren verwiesen und die Behauptung der Kommission bestritten, daß ihnen durch die Anwendung von Artikel 21 OVS kein Schaden entstanden sei.
34 Im Verfahren nach Zurückverweisung weist die Kommission darauf hin, daß das vertragliche Stromeinfuhrverbot nach der Entscheidung einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstelle. Die Entscheidung enthalte jedoch keine abschließende negative Beurteilung, da sie sich zu den Voraussetzungen des Artikels 90 Absatz 2 EWG-Vertrag nicht äussere. Da sie sich zur Begründetheit dieses Teils der Beschwerde nicht geäussert habe, habe sie der Beschwerde insoweit nicht abgeholfen und sie damit teilweise stillschweigend zurückgewiesen.
35 Obwohl diese Zurückweisung stillschweigend erfolgt sei, sei die Entscheidung ordnungsgemäß begründet. Punkt 50 der Entscheidung beziehe sich auf die Sachlagen vor und nach Inkrafttreten des Gesetzes, da es sich um dieselbe Einfuhrbeschränkung gehandelt habe, die auf Artikel 21 OVS beruhe. Daher habe sich die Kommission aus Zweckmässigkeitsgründen, die sowohl vom Gerichtshof als auch vom Gericht gebilligt worden seien, nicht zum Inhalt des Verbots geäussert. Der einzige Unterschied zwischen der Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes und der Zeit danach bestehe darin, daß in bezug auf die Zeit vor dem Inkrafttreten eine Fortsetzung der Untersuchung wegen entfallener Aktualität nicht mehr notwendig gewesen sei und daß der Klägerin Rendo NV während dieser Zeit kein Schaden entstanden sei.
36 Die Kommission macht geltend, ihre Auslegung der Entscheidung werde auch durch Generalanwalt Tesauro geteilt, der in seinen Schlussanträgen im Rechtsmittelverfahren ausgeführt habe, daß den Klägerinnen kein Schaden entstanden sei, "was unstreitig ist". Sie führt Auszuege aus diesen Schlussanträgen an, wonach es der Kommission freistehe, u. a. in Anbetracht des Interesses der Gemeinschaft zu entscheiden, welchem Verfahren der Vorrang einzuräumen sei, und wonach sie die Rügen der Klägerinnen, die sich auf frühere, nicht mehr aktuelle Verhaltensweisen bezogen hätten, zurückgewiesen habe.
37 Aus dem gleichen Grund habe sie sich im ersten Fall nicht geäussert und hinsichtlich des zweiten Zeitraums ihre Stellungnahme vorbehalten. Die stillschweigende Zurückweisung der Beschwerde beruhe somit auf Zweckmässigkeitserwägungen, wie sie im Urteil des Gerichts vom 18. September 1992 in der Rechtssache T-24/90 (Automec/Kommission, Slg. 1992, II-2223) anerkannt worden seien.
38 Ausserdem sei diese Begründung für die Adressaten der Entscheidung, die Streithelferin und die vier niederländischen Erzeugungsunternehmen, ausreichend gewesen. Die Kommission führt insoweit ein in ihrer Gegenerwiderung vorgetragenes Argument weiter aus, das darauf beruht, daß die Klägerinnen nicht Adressaten der angefochtenen Entscheidung waren. Die Kommission sei im Rahmen ihrer an die Streithelferin und die niederländischen Erzeugungsunternehmen gerichteten Verbotsentscheidung nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 nicht verpflichtet gewesen, zu erläutern, warum sie der Beschwerde der Klägerin Rendo NV hinsichtlich der Zeit vor Inkrafttreten des Elektrizitätsgesetzes nicht abgeholfen habe.
39 Auch sei das Verhalten der Klägerin Rendo NV im Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen. Nach der Anhörung von November 1989 sei die Klägerin praktisch nicht mehr in Erscheinung getreten. Hätte sie weitere Schritte unternommen, hätte die Kommission ihr wahrscheinlich ein Schreiben nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 gesandt. Indem sich die Klägerin bis zur Erhebung der Klage nicht mehr geäussert habe, habe sie es der Kommission nicht ermöglicht, die Beschwerde nach dem in dieser Bestimmung vorgesehenen normalen Verfahren zurückzuweisen.
40 Eine andere Auffassung, wie sie die Klägerinnen verträten, hätte zwei bedenkliche Folgen: Einer stillschweigenden Zurückweisung einer Beschwerde würde praktisch immer ein Begründungsmangel anhaften, was bedeuten würde, daß jede stillschweigende Zurückweisung grundsätzlich zur Nichtigkeit führen würde. Ausserdem müsste die Kommission ihre - möglicherweise eilbedürftige - Entscheidung, den Teil einer Verhaltensweise, der eine Zuwiderhandlung darstelle, zu verbieten, bis zu dem Zeitpunkt zurückstellen, zu dem sie den übrigen Teil der Beschwerde endgültig zurückweisen könnte.
41 In der Sitzung hat die Kommission geltend gemacht, ihre Auffassung werde durch das in Arnheim anhängige Verfahren nicht widerlegt, da dieses nur den Ausgleichszuschlag betreffe, der nicht Gegenstand der Entscheidung 91/50 gewesen sei.
42 Die Streithelferin schließt sich hinsichtlich der Begründung der Entscheidung den Ausführungen der Kommission an. Die Begründung sei in bezug auf alle fünf Adressaten der Entscheidung ausreichend gewesen. In der Sitzung hat die Streithelferin geltend gemacht, die nationalen Verfahren beträfen nicht Artikel 21 OVS, sondern nur die Versorgungsbedingungen, wie den Ausgleichszuschlag.
- Würdigung durch das Gericht
43 Die Klägerinnen können sich auf den Klagegrund eines Verstosses gegen Artikel 190 EG-Vertrag berufen, auch wenn die Entscheidung 91/50 nicht an sie gerichtet war (siehe Urteil vom 18. November 1992, Randnr. 122). Bei der Beurteilung des Umfangs der Begründungspflicht ist das Interesse zu berücksichtigen, das neben den Adressaten andere unmittelbar und individuell von der Entscheidung Betroffene daran haben können, Erläuterungen zu erhalten (vgl. z. B. die Urteile des Gerichtshofes vom 17. März 1983 in der Rechtssache 294/81, Control Data/Kommission, Slg. 1983, 911, Randnr. 14, und vom 20. März 1985 in der Rechtssache 41/83, Italien/Kommission, Slg. 1985, 873, Randnr. 46).
44 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts ist der Umfang der Begründungspflicht jeweils konkret nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Bei einer Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt und Anordnungen erteilt werden, ist die Kommission, wenn die Entscheidung gleichzeitig eine teilweise Zurückweisung einer Beschwerde darstellt, nicht verpflichtet, auf alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die von den beschwerdeführenden Unternehmen geltend gemacht wurden. Die Begründung muß jedoch den Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzen, die Rechtmässigkeit zu überprüfen, und es dem Betroffenen ermöglichen, die Gründe für die erlassene Maßnahme zu erfahren, um seine Rechte geltend machen und die Begründetheit der Entscheidung prüfen zu können (vgl. z. B. die Urteile des Gerichtshofes vom 4. Juli 1963 in der Rechtssache 24/62, Deutschland/Kommission, Slg. 1963, 141, 155, vom 30. September 1982 in der Rechtssache 110/81, Roquette Frères/Rat, Slg. 1982, 3159, Randnr. 24, und vom 17. Januar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 43/82 und 63/82, VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, 19, Randnr. 22, sowie das Urteil des Gerichts vom 24. Januar 1992 in der Rechtssache T-44/90, La Cinq/Kommission, Slg. 1992, II-1, Randnrn. 41 und 42; vgl. auch Urteil vom 18. November 1992, Randnr. 124).
45 Daraus folgt, daß die Entscheidung aus sich heraus verständlich sein muß und daß ihre Begründung nicht erst später, wenn die Entscheidung bereits Gegenstand einer Klage vor dem Gemeinschaftsrichter ist, schriftlich oder mündlich nachgeholt werden darf (vgl. z. B. Schlussanträge des Generalanwalts Léger in der Rechtssache C-310/93 P, BPB Industries und British Gypsum/Kommission zum Urteil des Gerichtshofes vom 6. April 1995, Slg. 1995, I-865, I-867, Nr. 22, und Urteil des Gerichts vom 2. Juli 1992 in der Rechtssache T-61/89, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, Slg. 1992, II-1931, Randnr. 131).
46 Wie den von einer Verordnung wird man jedoch auch den von einer Entscheidung betroffenen Personen gewisse Bemühungen bei der Auslegung abverlangen können, wenn der Sinn des Textes nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, so daß kein Verstoß gegen Artikel 190 EG-Vertrag vorliegt, wenn aufgrund einer solchen Auslegung Unklarheiten in der Begründung beseitigt werden können (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Lenz in der Rechtssache C-27/90, SITPA zum Urteil des Gerichtshofes vom 24. Januar 1991, Slg. 1991, I-133, I-141, Nr. 59).
47 Im vorliegenden Fall äussert sich die Entscheidung 91/50 weder im verfügenden Teil noch in der Begründung ausdrücklich zum Ergebnis der Beschwerde der Klägerinnen, soweit sie die sich aus Artikel 21 OVS ergebenden Einfuhrbeschränkungen für Elektrizität im Rahmen der öffentlichen Versorgung für die Zeit vor Inkrafttreten des Elektrizitätsgesetzes betrifft. Sie enthält auch keine sich ausdrücklich auf diese Zeit beziehenden Angaben zu den Gründen, aus denen die Kommission die Einstellung des Verfahrens über die Beschwerde für gerechtfertigt gehalten hat.
48 Somit ist zu prüfen, ob eine Auslegung der Entscheidung 91/50 die Gründe für die Zurückweisung der Beschwerde erkennen lässt und ob eine solche Auslegung insbesondere die Auffassung der Kommission stützt, Punkt 50 der Entscheidung (siehe oben, Randnr. 9) enthalte Gesichtspunkte, die dem Gemeinschaftsrichter und den Klägerinnen ein Erkennen dieser Gründe ermöglichten.
49 Daß sich die Kommission nicht dazu geäussert hat, ob eine Einfuhrbeschränkung möglicherweise nach Artikel 90 Absatz 2 EG-Vertrag gerechtfertigt ist, wird an dieser Stelle mit dem Inkrafttreten des Elektrizitätsgesetzes und damit erklärt, daß im Verfahren nach der Verordnung Nr. 17 eine Beurteilung dieses Gesetzes nicht zweckmässig sei. In diesem Punkt der Entscheidung wird also der Grund genannt, aus dem die Kommission die Prüfung der Beschwerde, soweit diese die Zeit nach Inkrafttreten des Elektrizitätsgesetzes betrifft, bis zum Vorliegen des Ergebnisses der Verfahren ausgesetzt hat, die sie nach Maßgabe des Artikels 169 EG-Vertrag einzuleiten beabsichtigte.
50 Dagegen enthalten die Ausführungen der Kommission keinen Hinweis darauf, warum der Teil der Beschwerde, der den früheren Zeitraum betraf, anders behandelt, nämlich stillschweigend zurückgewiesen werden sollte.
51 Zwar lassen sich die Argumente, die zur Rechtfertigung einer Aussetzung der Prüfung der Beschwerde vorgetragen worden sind, im Wege der Auslegung auf die Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes übertragen. Auch eine auf diese Zeit beschränkte Prüfung von Artikel 21 OVS hätte nämlich zu einer Beurteilung der Vereinbarkeit des neuen Gesetzes mit den Wettbewerbsregeln führen können. Für die Kommission hätte daher die Gefahr bestanden, daß sie zwei widersprüchliche Entscheidungen erlässt, wenn sie sich im Jahr 1992 zur Anwendung von Artikel 90 Absatz 2 EWG-Vertrag auf Beschränkungen geäussert hätte, die sich während der Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes aus der OVS ergaben, ohne das Ergebnis des geplanten Vertragsverletzungsverfahrens abzuwarten, das sich auf die Zeit nach diesem Inkrafttreten beziehen sollte.
52 Solche Erwägungen wären möglicherweise geeignet gewesen, eine Aussetzung des Verfahrens hinsichtlich des früheren Zeitraums zu begründen. Dagegen lässt eine Auslegung dieser Erwägungen nicht die Gründe für die stillschweigende Zurückweisung durch die Kommission erkennen.
53 Im übrigen hat die Kommission den Klägerinnen kein Schreiben nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 gesandt, das die Klägerinnen vor Erlaß der Entscheidung 91/50 über die Gründe der stillschweigenden Zurückweisung der Beschwerde unterrichtet hätte.
54 Daher ist die stillschweigende Zurückweisung der Beschwerde der Klägerinnen mit einem Begründungsmangel behaftet.
55 Zwar kann eine Begründung, für die sich in der angefochtenen Handlung ein Ansatzpunkt findet, während des Verfahrens weitergeführt und klargestellt werden (vgl. z. B. die Schlussanträge des Generalanwalts Léger, a. a. O., Nr. 24), jedoch gilt dies nicht, wenn die angefochtene Entscheidung überhaupt nicht begründet worden ist (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 26. November 1981 in der Rechtssache 195/80, Michel/Parlament, Slg. 1981, 2861, Randnr. 22).
56 Unter diesen Umständen kann der Hinweis, daß "die Bedeutung der Beschwerde ... mehr für die Zukunft beurteilt worden" sei, der sich erstmals im Schreiben des Direktors R. bei der Kommission vom 20. November 1991 - acht Monate nach Erhebung der Klage in der vorliegenden Rechtssache - an den Anwalt der Klägerinnen (siehe oben, Randnr. 20) fand, den Begründungsmangel der Entscheidung 91/50 nicht heilen. Gleiches gilt für die von der Kommission im Verfahren nach Zurückverweisung gegebenen Erläuterungen zur Rechtfertigung der Zurückweisungsentscheidung.
57 Die Erwägungen der Kommission, eine solche Anwendung von Artikel 190 EG-Vertrag würde jede stillschweigende Zurückweisung einer Beschwerde rechtswidrig machen und die Kommission daran hindern, eilbedürftige Verbotsentscheidungen zu erlassen, bevor sie in der Lage sei, sich insgesamt zur Beschwerde endgültig zu äussern, treffen nicht zu.
58 Zum einen kann die stillschweigende Zurückweisung einer Beschwerde, z. B. im Fall einer Entscheidung über ein Negativattest oder eine Freistellung, hinreichend mit den Erwägungen begründet werden, auf die sich eine solche Entscheidung stützt (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1977 in der Rechtssache 26/76, Metro/Kommission, Slg. 1977, 1875). Im vorliegenden Fall hätte der teilweisen stillschweigenden Zurückweisung der Beschwerde ein Schreiben nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vorausgehen können, in dem die Gründe, die eine Zurückweisung hätten rechtfertigen können, dem Beschwerdeführer bereits mitgeteilt worden wären. Da nämlich der Umfang der Begründungspflicht in jedem Einzelfall nicht nur im Hinblick auf den Wortlaut der angefochtenen Handlung, sondern auch anhand ihres Kontexts und ihrer Vorgeschichte zu beurteilen ist (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-56/93, Belgien/Kommission, Slg. 1996, I-723, Randnr. 86), hätten die in einem solchen Schreiben enthaltenen Erläuterungen bei der Beantwortung der Frage, ob die Begründung der endgültigen Zurückweisungsentscheidung ausreichend war, berücksichtigt werden können.
59 Zum anderen hindert die Pflicht zur Begründung der - auch stillschweigenden - Zurückweisung einer Beschwerde die Kommission nicht daran, die gegenüber den Zuwiderhandlungen, auf die sich die Beschwerde bezieht, gebotenen Entscheidungen rechtzeitig zu erlassen. Hierzu genügt es nämlich bereits, daß die Kommission den Beschwerdeführern die Gründe mitteilt, aus denen eine Teilentscheidung über die Beschwerde zweckmässig sei.
60 Infolgedessen greift der Klagegrund eines Verstosses gegen Artikel 190 EG-Vertrag durch. Demgemäß ist die Entscheidung 91/50 insoweit aufzuheben, als sie die Beschwerde der Klägerinnen hinsichtlich des Einfuhrverbots während der Zeit vor Inkrafttreten des Elektrizitätsgesetzes zurückweist, ohne daß die weiteren von den Klägerinnen angeführten Klagegründe geprüft zu werden brauchen.
Kosten
61 Das Urteil des Gerichts vom 18. November 1992, in dem die Klägerinnen zur Tragung der Kosten verurteilt worden sind, ist teilweise aufgehoben worden. In seinem Rechtsmittelurteil hat der Gerichtshof entschieden, daß jede Partei ihre eigenen Kosten der Rechtsmittelinstanz trägt. Somit hat das Gericht im vorliegenden Urteil über die Kosten des Verfahrens bis zum Erlaß seines Urteils vom 18. November 1992 unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens nach Zurückverweisung und sodann über die Kosten des vorliegenden Verfahrens zu entscheiden.
62 Bezogen auf die Klage ist jede Partei mit ihrem Vorbringen teilweise unterlegen. Die Klage ist nämlich abgewiesen worden, soweit sie sich auf die unterlassene Äusserung zum Stromausfuhrverbot für die Versorgungsunternehmen bezieht und soweit sie die Aussetzung des Verfahrens hinsichtlich der Einfuhrbeschränkungen in der Zeit nach Inkrafttreten des Elektrizitätsgesetzes betrifft. Dagegen haben die Klägerinnen obsiegt, soweit es um die Zurückweisung ihrer Beschwerde in bezug auf die Einfuhrbeschränkungen in der Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes geht.
63 Gemäß Artikel 87 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung kann somit das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, daß jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Im vorliegenden Fall sind die Kosten des Verfahrens bis zum Erlaß des Urteils vom 18. November 1992 unter Berücksichtigung der Tatsache zu teilen, da die Klägerinnen mit ihrem Klagevorbringen zum grössten Teil unterlegen sind. Daher haben sie ihre eigenen Kosten sowie die Hälfte der Kosten der Kommission und der Streithelferin zu tragen, während die Kommission und die Streithelferin jeweils die andere Hälfte ihrer eigenen Kosten zu tragen haben.
64 Hinsichtlich des Verfahrens nach Zurückverweisung haben die Klägerinnen hingegen obsiegt. Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung sind daher die Kosten, die im Verfahren nach Erlaß des Rechtsmittelurteils entstanden sind, mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, die diese zu tragen hat, der Kommission aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT
(Zweite erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung 91/50/EWG der Kommission vom 16. Januar 1991 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/32.732 - IJsselcentrale und andere) wird insoweit aufgehoben, als mit ihr die Beschwerde der Klägerinnen hinsichtlich der für die Zeit vor Inkrafttreten der Elektriciteitswet 1989 geltenden Einfuhrbeschränkungen zurückgewiesen worden ist.
2. Die Klägerinnen tragen ihre eigenen Kosten und gesamtschuldnerisch die Hälfte der Kosten, die der Kommission und der Streithelferin bis zum Erlaß des Urteils des Gerichts vom 18. November 1992 entstanden sind; die Beklagte und die Streithelferin tragen jeweils die andere Hälfte ihrer Kosten.
3. Die Kommission trägt die nach Erlaß des Urteils des Gerichtshofes vom 19. Oktober 1995 entstandenen Kosten mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, die diese selbst trägt.