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Document 61989TJ0160

Urteil des Gerichts erster Instanz (Fünfte Kammer) vom 13. Dezember 1990.
Gregoris Evangelos Kalavros gegen Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.
Einstellungsverfahren - Anwendung des Artikels 29 Absatz 2 des Statuts - Begründungspflicht - Beurteilung der beruflichen Fähigkeiten von Bewerbern.
Verbundene Rechtssachen T-160/89 und T-161/89.

Sammlung der Rechtsprechung 1990 II-00871

ECLI identifier: ECLI:EU:T:1990:86

61989A0160

URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (FUENFTE KAMMER) VOM 13. DEZEMBER 1990. - GREGORIS EVANGELOS KALAVROS GEGEN GERICHTSHOF DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - EINSTELLUNGSVERFAHREN - ANWENDUNG DES ARTIKELS 29 ABSATZ 2 DES STATUTS - BEGRUENDUNGSPFLICHT - BEURTEILUNG DER BERUFLICHEN BEFAEHIGUNG DER BEWERBER. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN T-160/89 UND T-161/89.

Sammlung der Rechtsprechung 1990 Seite II-00871


Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor

Schlüsselwörter


++++

1. Beamte - Einstellung - Prüfung der Bewerbungen im Hinblick auf die in der Stellenausschreibung gestellten Anforderungen - Ermessen der Anstellungsbehörde - Gerichtliche Nachprüfung - Grenzen

2. Beamte - Beschwerende Verfügung - Begründungspflicht - Entscheidung über die Ablehnung einer Bewerbung im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 29 Absatz 2 des Statuts

(Beamtenstatut, Artikel 25 Absatz 2 und 29 Absatz 2)

3. Beamte - Beschwerende Verfügung - Begründungspflicht - Nichteinhaltung - Heilung von Mängeln während des gerichtlichen Verfahrens

(Beamtenstatut, Artikel 25 Absatz 2)

Leitsätze


1. Die Anstellungsbehörde hat zu beurteilen, ob ein Bewerber die in der Stellenausschreibung niedergelegten Anforderungen erfuellt. Diese Beurteilung kann nur bei offensichtlichem Irrtum in Frage gestellt werden. Demnach kann sich das Gericht nicht an die Stelle der Anstellungsbehörde setzen und ihre Beurteilung der beruflichen Fähigkeiten der Bewerber überprüfen, es sei denn, es stellt einen offensichtlichen Beurteilungsfehler fest.

2. Der in Artikel 25 Absatz 2 des Statuts aufgestellte Grundsatz, daß jede beschwerende Verfügung mit Gründen versehen sein muß, gilt für eine Entscheidung über die Ablehnung einer Bewerbung im Rahmen eines auf Artikel 29 Absatz 2 des Statuts gestützten Einstellungsverfahrens. Die letztgenannte Vorschrift vermag nämlich trotz ihres Ausnahmecharakters einen allgemein und vorbehaltlos formulierten Grundsatz des Statuts nicht zu durchbrechen.

3. In aussergewöhnlichen Fällen können Erläuterungen, die im Laufe des gerichtlichen Verfahrens gegeben werden, die Rüge der unzureichenden Begründung gegenstandslos machen, so daß sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nicht mehr rechtfertigt.

Entscheidungsgründe


Sachverhalt

1 Zur Besetzung der freien Stelle des Direktors der Direktion "Bibliothek, Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation" eröffnete der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ein Einstellungsverfahren. Er veröffentlichte zunächst am 2. Mai 1988 eine am 16. März 1988 bestätigte Stellenausschreibung (CJ/3/88), auf die die interessierten Beamten der Besoldungsgruppen A 2 und A 3 bis zum 17. Mai 1988 antworten mussten. Dann beschloß der Gerichtshof in seiner Verwaltungssitzung vom 8. Juni 1988, nachdem er die eingegangenen Bewerbungen zur Kenntnis genommen hatte, unmittelbar zum Einstellungsverfahren des Artikels 29 Absatz 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften überzugehen.

2 Dazu wurden eine Mitteilung im Amtsblatt C 196 vom 26. Juli 1988, S. 11 (Mitteilung 88/C 196/13), und Mitteilungen über die Eröffnung eines Einstellungsverfahrens (CJ/180/88) in der Presse veröffentlicht, wonach interessierte Personen ihre Bewerbungen mit einem vollständigen Lebenslauf bis zum 30. September 1988 unter Verwendung eines hierfür vorgesehenen Bewerbungsbogens an den Gerichtshof senden mussten. Die Anforderungen hinsichtlich der Befähigungsnachweise, Diplome und der Berufserfahrung der Bewerber waren in der Ausschreibung CJ/3/88 und in der Mitteilung 88/C 196/13 wie folgt formuliert:

"- Vollständige juristische Ausbildung, die mit einem Hochschulabschlußzeugnis abgeschlossen wurde

- Gründliche Kenntnis des Gemeinschaftsrechts

- Fähigkeit zur Leitung und Koordinierung der Arbeit einer grossen Verwaltungseinheit

- Gute Kenntnis der Probleme der rechtswissenschaftlichen Forschung, der juristischen Dokumentation und der Verwaltung einer juristischen Bibliothek

- Für die Tätigkeit einschlägige eingehende Erfahrung."

3 Nachdem der durch die Presse in Griechenland informierte Kläger die amtliche Stellenausschreibung angefordert hatte, übersandte er am 25. August 1988 sein Bewerbungsschreiben. Dem Gerichtshof wurden 92 weitere Bewerbungen von Gemeinschaftsbeamten und externen Bewerbern übersandt. Generalanwalt Mischo stellte im Auftrag des Verwaltungsausschusses fest, daß nur zwölf Bewerbungen den Anforderungen der Stellenausschreibung und der Mitteilung genügten.

4 Nach Prüfung der Unterlagen dieser zwölf Bewerber, denen Zusammenfassungen ihrer Befähigungsnachweise und Fachkenntnisse beigefügt waren, beschloß der Gerichtshof in seiner Verwaltungssitzung vom 18. Januar 1989, acht, nämlich vier interne und vier externe Bewerber, darunter den Kläger, in die engere Wahl zu ziehen. Der Gerichtshof gab sodann dem Verwaltungsausschuß den Auftrag, diese Bewerbungen erneut zu prüfen, um in einer der nächsten Verwaltungssitzungen seine mit Gründen versehene Beurteilung der Fachkenntnisse eines jeden vorzulegen und gegebenenfalls die Aufmerksamkeit des Gerichtshofes auf zwei oder drei dieser Bewerber zu lenken. Der Gerichtshof ermächtigte den Verwaltungsausschuß auch, diese Bewerber um die Abfassung eines Textes über ihre Vorstellung von der Aufgabe, für die sie sich beworben hatten, zu bitten und eine Anhörung dieser Bewerber durchzuführen. In seiner Sitzung vom 30. Januar 1989 beschloß der Verwaltungsausschuß, diese acht Bewerber um eine solche Darstellung zu bitten.

5 Mit Schreiben vom 31. Januar 1989 teilte der Präsident des Gerichtshofes dem Kläger mit, daß er zu einer engeren Auswahl von Bewerbern gehöre, und forderte ihn auf, bis zum 1. März 1989 eine ungefähr fünf Seiten lange Darstellung seiner Vorstellung von der zu besetzenden Stelle vorzulegen. Den Bewerbern sollte die Möglichkeit gegeben werden, "ihre Vorstellungen hinsichtlich der Struktur, Aufgaben und Arbeit der Direktion 'Bibliothek, Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation' und hinsichtlich der Unterstützung, die diese der richterlichen Arbeit des Gerichtshofes bieten kann, ihre Auffassung von der Funktion ihres Direktors sowie der Grundsätze und Methoden, nach denen sie diese Aufgaben wahrnehmen würden, darzustellen". Diesem Schreiben waren als Anlage besonders für die externen Bewerber gedachte Informationen über die Direktion "Bibliothek, Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation" und ihre Aufgaben beigefügt. Am 14. Februar 1989 übersandte der Kläger dem Präsidenten des Gerichtshofes diese Darstellung. Auf ein gleichlautendes Aufforderungsschreiben des Präsidenten des Gerichtshofes hin übersandten die sieben anderen Bewerber ebenfalls ihre jeweiligen Darstellungen.

6 In seinem am 31. Mai 1989 an die Mitglieder des Gerichtshofes gerichteten Abschlußbericht vertrat der Verwaltungsausschuß die Auffassung, daß die Bewerbung des Klägers nicht die notwendige Gewähr dafür biete, daß ihm die Aufgaben des Direktors einer wichtigen Verwaltungseinheit des Gerichtshofes übertragen werden könnten. Nach Ansicht des Verwaltungsausschusses enthielt nämlich die Darstellung des Klägers - "auch unter Berücksichtigung der besonderen Schwierigkeiten, auf die externe Bewerber bei der Abfassung dieser Darstellung gestossen sind" - "nur wenige interessante Gesichtspunkte zur Stellung des Dienstes innerhalb des Organs, auf interinstitutioneller Ebene und nach aussen sowie zur Stellung und Funktion seines Direktors. Auch wenn Herrn Kalavros' ... Darstellung einige Strukturvorschläge enthält, handelt es sich eher um eine fast 'mathematische' Übung auf der Grundlage des Organisationsplans des Gerichtshofes". Ausserdem zeige die Darstellung des Klägers "einen Mangel an Erfahrung auf dem Gebiet der Organisation und Leitung einer Verwaltungseinheit" und bestätige "den Eindruck, den der Lebenslauf vermittelte ..., daß er bisher im wesentlichen als Forscher und Hochschullehrer tätig gewesen ist". Aus diesen Gründen beschloß der Verwaltungsausschuß, den Kläger nicht zu den Gesprächen zu laden, die am 9. Mai 1989 mit nur vier der acht in die engere Wahl gekommenen Bewerber stattfanden.

7 Mit Memorandum vom 31. Mai 1989 leitete der Präsident des Gerichtshofes den Abschlußbericht des Verwaltungsausschusses an alle Mitglieder des Gerichtshofes weiter und teilte ihnen mit: "Die Bewerbungsunterlagen sind bereits verteilt worden, und die schriftlichen Darstellungen der Bewerber, auf die der Bericht Bezug nimmt, sind diesem als Anlage beigefügt. Anhand der Unterlagen können sich somit alle Mitglieder ihre eigene Meinung über die einzelnen Bewerbungen bilden und deren Beurteilung durch den Ausschuß - mit Ausnahme der Gespräche mit vieren der Bewerber - überprüfen."

8 In der Verwaltungssitzung vom 7. Juni 1989 beschloß der Gerichtshof, Frau Maggioni zum Direktor der Direktion "Bibliothek, Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation" zu ernennen.

9 Am 9. Juni 1989 teilte der Präsident des Gerichtshofes dem Kläger mit, daß eine andere Person für die zu besetzende Stelle ausgewählt worden sei. Am 16. Juni 1989 ersuchte der Kläger den Präsidenten des Gerichtshofes, ihm die Entscheidung betreffend das Ausleseverfahren für die Stelle des Direktors mitzuteilen. Am 19. Juni 1989 antwortete der Präsident des Gerichtshofes, daß dieses Ausleseverfahren auf Artikel 29 Absatz 2 des Statuts beruhe und er über sein Schreiben vom 9. Juni 1989 hinaus nichts weiter mitzuteilen habe. Am 26. Juni 1989 richtete der Kläger an den Präsidenten des Gerichtshofes ein weiteres Schreiben, in dem er sein Ersuchen um Mitteilung der Entscheidung des Gerichtshofes über die Besetzung dieser Stelle wiederholte und darlegte, er habe ein persönliches Interesse an der Mitteilung einer Entscheidung, die in bezug auf ihn hinreichend begründet sei, um gegebenenfalls deren Rechtmässigkeit vom Gerichtshof überprüfen zu lassen. Am 6. Juli 1989 antwortete ihm der Präsident des Gerichtshofes, erstens verfüge "die Anstellungsbehörde ((im Rahmen des Artikels 29 Absatz 2 des Statuts)) über eine weite Beurteilungsbefugnis und die Kriterien dieser Beurteilung entziehen sich naturgemäß einer Begründung"; zweitens sei es "am Gerichtshof nicht üblich, Kopien der hinsichtlich eines Beamten getroffenen Einzelentscheidungen an interessierte Dritte zu senden"; drittens sei der ernannte Bewerber Frau Maggioni, die bisherige Leiterin der Abteilung "Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation" des Gerichtshofes.

10 Am 15. Juli 1989 reichte der Kläger beim Gerichtshof zwei Beschwerden ein. Er beantragte in der ersten die Aufhebung der Entscheidung der Anstellungsbehörde, mit der es abgelehnt worden war, ihm die Ernennungsentscheidung mitzuteilen, und er verlangte, daß diese ihm mitgeteilt werde. In der zweiten Beschwerde beantragte er, die Entscheidung über die Ernennung eines anderen Bewerbers vom 7. Juni 1989 und die Entscheidung vom selben Tag, mit der seine Bewerbung für die Stelle des Direktors abgelehnt worden war, aufzuheben; ausserdem beantragte er die Feststellung durch den Gerichtshof, daß er das Einstellungsverfahren CJ/180/88 bestanden habe.

11 Der Präsident des Gerichtshofes wies mit Schreiben vom 30. November 1989 die beiden Beschwerden des Klägers mit folgender Begründung zurück: Erstens sei nach Artikel 29 Absatz 2 "die Anstellungsbehörde nicht verpflichtet, ihre Entscheidung hinsichtlich desjenigen, der ernannt worden ist, oder hinsichtlich der nicht gewählten Personen zu begründen"; die Anstellungsbehörde habe "ihre Wahl ... gemäß Artikel 7 des Statuts ausschließlich nach dienstlichen Gesichtspunkten und ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit zu treffen"; zweitens stelle das Schreiben vom 9. Juni 1989 an den Kläger die Entscheidung dar, mit der das Ernennungsverfahren beendet worden sei; drittens könne die Begründung einer solchen Entscheidung "nur die Feststellung betreffen, ob das Verfahren nach den gesetzlichen Voraussetzungen des Statuts und denen, die sich ((die Anstellungsbehörde)) durch die Stellenausschreibung auferlegt hat, ordnungsgemäß durchgeführt worden ist"; die Anstellungsbehörde verfüge "über eine weite Beurteilungsbefugnis, die komplexe Werturteile umfasst, die naturgemäß nicht objektiv überprüft werden können".

Das Verfahren

12 Der Kläger hat mit Klageschriften, die am 30. November 1989 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden sind, die vorliegenden Klagen erhoben.

13 Aufgrund eines Antrags des Beklagten vom 21. Februar 1990 hat der Präsident der Fünften Kammer mit Beschluß vom 14. März 1990 nach Anhörung des Klägers die beiden Rechtssachen T-160/89 und T-161/89 zu gemeinsamem schriftlichem und mündlichem Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

14 Am 20. Juni 1990 hat das Gericht gemäß Artikel 44 § 2 und Artikel 45 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die gemäß Artikel 11 Absatz 3 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften für das Verfahren vor dem Gericht entsprechend gilt, einen Beschluß erlassen, in dem es den Beklagten aufgefordert hat, bis zum 1. Juli 1990 sämtliche Unterlagen des Einstellungsverfahrens CJ/180/88 sowie die dieses Verfahren abschließende Ernennungsentscheidung der Anstellungsbehörde vorzulegen. Diese Unterlagen sind fristgerecht vorgelegt worden.

15 Am 16. Juli 1990 hat die Kanzlei des Gerichts dem Kläger die maßgebenden Unterlagen aus den Einstellungsakten einschließlich der abschließenden Ernennungsentscheidung übermittelt und ihn darauf hingewiesen, daß er erstens in der Kanzlei des Gerichts die vollständigen Akten einsehen und zweitens etwaige Stellungnahmen bis zum 31. August 1990 einreichen könne. Im August hat der Kläger in der Kanzlei des Gerichts die Akten eingesehen; am 16. August 1990 hat er seine Stellungnahme eingereicht. Der Gerichtshof hat seine Stellungnahme am 8. Oktober 1990 eingereicht.

16 Die mündliche Verhandlung hat am 21. November 1990 stattgefunden. Der Präsident hat am Ende der Sitzung die mündliche Verhandlung für geschlossen erklärt.

17 In der Rechtssache T-160/89 beantragt der Kläger,

- die Entscheidung aufzuheben, mit der die Anstellungsbehörde es abgelehnt hat, ihm die Entscheidung über die Ernennung auf die fragliche Direktorenstelle mitzuteilen;

- anzuordnen, daß ihm diese Entscheidung mitgeteilt wird, um ihm die Erhebung einer Klage gegen die Anstellungsbehörde zu ermöglichen;

- dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Der Gerichtshof beantragt,

- die Klage als unbestimmt und rechtlich und tatsächlich unbegründet abzuweisen;

- über die Kosten nach den einschlägigen Vorschriften der Verfahrensordnung zu entscheiden.

18 In der Rechtssache T-161/89 beantragt der Kläger,

- seine Beschwerde für zulässig zu erklären;

- die Entscheidung des Gerichtshofes vom 7. Juni 1989 über die Ernennung eines anderen Bewerbers auf die Stelle des Direktors der Direktion "Bibliothek, Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation" und die Entscheidung des Gerichtshofes vom selben Tag, mit der seine Bewerbung um diese Stelle abgelehnt worden ist, aufzuheben;

- festzustellen, daß er das Einstellungsverfahren CJ/180/88 bestanden hat.

Der Gerichtshof beantragt,

- die Klage "als unbestimmt und rechtlich und tatsächlich unbegründet" abzuweisen;

- über die Kosten nach den einschlägigen Vorschriften der Verfahrensordnung zu entscheiden.

Zulässigkeit

19 Der Kläger hat am 16. August 1990 aufgrund des am 20. Juni 1990 erlassenen Beweisbeschlusses seine Stellungnahme zu den vom Gerichtshof übermittelten Akten eingereicht. Er macht darin insbesondere zwei neue Klagegründe geltend. Der erste wird auf einen Verfahrens- oder Ermessensmißbrauch gestützt, den der Gerichtshof in dem Einstellungsverfahren begangen habe. Der zweite gründet sich auf einen Verfahrensmangel, der sich aus Übersetzungsfehlern und der Unvollständigkeit einer Zusammenfassung der Befähigungsnachweise und Fachkenntnisse des Klägers ergebe.

20 Obwohl der Gerichtshof die Zulässigkeit dieser neuen Klagegründe nicht bestritten hat, ist darauf hinzuweisen, daß diese gemäß Artikel 42 § 2 Satz 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes zulässig sind, weil sie auf rechtliche und tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des schriftlichen Verfahrens zutage getreten sind.

Begründetheit

A - Rechtssache T-161/89

21 In dieser Rechtssache beantragt der Kläger, sowohl die Entscheidung über die Ablehnung seiner Bewerbung als auch die Entscheidung über die Ernennung eines anderen Bewerbers aufzuheben. Der Kläger hat in seinen Schriftsätzen diese beiden Anträge auf dieselben Klagegründe gestützt: Erstens habe der Gerichtshof einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen; zweitens habe er gegen den Gleichheitssatz verstossen; drittens habe er Artikel 27 des Statuts verletzt; viertens habe er einen Verfahrens- oder Ermessensmißbrauch begangen; fünftens stellten Übersetzungsfehler und unvollständige Zusammenfassungen einen Mangel dar, der das Einstellungsverfahren beeinträchtige; sechstens habe der Gerichtshof die Entscheidung über die Ablehnung seiner Bewerbung nicht begründet. Diese sechs Klagegründe sind daher gemeinsam zu prüfen.

Zum ersten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler

22 Der Kläger legt dar, daß die Gründe für die angefochtenen Entscheidungen offensichtlich falsch seien, weil insbesondere die auf die Stelle des Direktors ernannte Person über geringere wissenschaftliche Qualifikationen verfüge als er, weil die Person im Gegensatz zu ihm nicht über eine vertiefte Kenntnis des Gemeinschaftsrechts verfüge und weil ihre vorherige Stelle an sich noch nicht der Beweis für ihre Befähigung sei, die fraglichen Aufgaben eines Direktors wahrzunehmen. Die Ernennung eines Abteilungsleiters zum Leiter einer Direktion, in der er bereits gearbeitet habe, verstosse offensichtlich gegen das dienstliche Interesse, weil dieser Sachverhalt "seine Beziehungen ((zum Leiter der Abteilung 'Bibliothek' und zum Leiter der Dienststelle Rechtsinformatik)) nachteilig beeinflussen würde". Daher hätte der Gerichtshof der Gemeinschaftsübung folgen müssen, wonach "es ... für die Direktionsstellen der Gemeinschaft besser ((ist)), aussenstehende Personen mit hoher Befähigung und neuen Ideen und nicht Laufbahnbeamte aus der Gemeinschaftsverwaltung, denen es an Phantasie und Ideen mangelt, zu ernennen".

23 In seiner Stellungnahme auf den Beweisbeschluß vom 20. Juni 1990 hin hat der Kläger sein Vorbringen zu diesem Klagegrund folgendermassen ergänzt.

24 Erstens sei die Begründung des Verwaltungsausschusses in seinem Abschlußbericht, daß die Darstellung des Klägers über seine Vorstellung von der zu besetzenden Stelle "nur wenige interessante Gesichtspunkte zur Stellung des Dienstes innerhalb des Organs, auf interinstitutioneller Ebene und nach aussen" enthalte, falsch, da nach dem Wortlaut des Schreibens des Präsidenten des Gerichtshofes vom 31. Januar 1989, in dem von den in die engere Wahl gekommenen Bewerbern eine solche Darstellung verlangt worden sei, vom Kläger eine Behandlung dieser Frage nicht erwartet worden sei.

25 Zweitens hat der Kläger gegen die im Abschlußbericht des Verwaltungsausschusses enthaltene Beurteilung seiner Darstellung eingewendet, sie sei unbestimmt und unbegründet. Zunächst sei die Äusserung, seine Darstellung enthalte keine interessanten Gesichtspunkte, offensichtlich falsch, weil er zur Stellung der Direktion innerhalb des Gerichtshofes, zu ihrer Funktion im Rahmen der neuen gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben des Gerichtshofes und zu seinen Vorstellungen von der Funktion des Direktors "aussergewöhnlich interessante" Ideen dargelegt habe. Sodann würden mit der Aussage, seine Strukturvorschläge stellten eine "fast mathematische Übung" dar, deren Inhalt und die sich darauf beziehenden Schemata offensichtlich verkannt; er habe vielmehr als einziger Bewerber solche Strukturvorschläge gemacht und solche seiner Ansicht nach aussergewöhnlich einfachen Schemata beigefügt. Schließlich beruhe die Beurteilung, seine Darstellung und seine Schemata vermittelten den Eindruck, im wesentlichen von einem Forscher und Hochschullehrer zu stammen, auf einem offensichtlichen Irrtum des Verwaltungsausschusses, denn die hohen Beamten der Gemeinschaft und die Mitglieder des Gerichtshofes kämen traditionell aus dem Hochschulbereich. Demnach zeigten die Beurteilungen in diesem Abschlußbericht eine offensichtliche Verkennung seiner Fachkenntnisse und Qualitäten.

26 Drittens hat sich der Kläger auch gegen die in dem Abschlußbericht des Verwaltungsausschusses enthaltene günstige Beurteilung der Darstellung des schließlich ernannten Bewerbers gewandt. Diese Darstellung weise "keine Originalität" auf und wiederhole "Gemeinplätze", die man zudem in allen anderen Darstellungen wiederfinde.

27 Der Gerichtshof legt dar, daß der Kläger durch den Vergleich seiner eigenen Fachkenntnisse mit denen der schließlich ernannten Person versuche, sich an die Stelle der Anstellungsbehörde zu setzen. Jedenfalls sei ihm der Nachweis eines offensichtlichen Beurteilungsirrtums oder eines Ermessensmißbrauchs nicht gelungen. Der Kläger beschränke sich nämlich darauf, erneut auf seine Fachkenntnisse hinzuweisen und die der ernannten Person herabzusetzen. Er scheine zu glauben, daß allein die Tatsache seiner Teilnahme an dem Einstellungsverfahren genüge, um ihm die Stelle zuzuweisen. Zudem sei die schließlich für die Direktorenstelle ausgewählte Person nach einer vergleichenden Prüfung der Verdienste und Fachkenntnisse der Bewerber ernannt worden; diese Prüfung habe ergeben, daß sie über grössere Fachkenntnisse als der Kläger verfügt und die in der Stellenausschreibung festgelegten Anforderungen der fraglichen Stelle erfuellt habe.

28 In seiner Stellungnahme auf den Beweisbeschluß vom 20. Juni 1990 hin führt der Gerichtshof aus, daß die Auswahl eines Bewerbers gemäß Artikel 7 des Statuts ausschließlich den Erfordernissen des dienstlichen Interesses genügen müsse. Insoweit habe die Anstellungsbehörde hinsichtlich der Beurteilung der beruflichen Fähigkeiten der Bewerber einen weiten Spielraum und sei nicht verpflichtet, ihre Wahl in ihrer Entscheidung zu rechtfertigen. Der Kläger dürfe sich nicht an die Stelle der Anstellungsbehörde setzen, um ihre endgültige Wahl zu beanstanden.

29 Es ist zunächst darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteil vom 30. Mai 1984 in der Rechtssache 111/83, Picciolo/Parlament, Slg. 1984, 2323) die Anstellungsbehörde zu beurteilen hat, ob ein Bewerber die in der Stellenausschreibung niedergelegten Anforderungen erfuellt, und daß diese Beurteilung nur bei offensichtlichem Irrtum in Frage gestellt werden kann. Demnach kann sich das Gericht nicht an die Stelle der Anstellungsbehörde setzen und ihre Beurteilung der beruflichen Fähigkeiten der Bewerber überprüfen, es sei denn, es stellt einen offensichtlichen Beurteilungsfehler fest.

30 Im vorliegenden Fall lehnte der Verwaltungsausschuß die Bewerbung des Klägers im Stadium der Prüfung der von den Bewerbern verfassten Darstellung ihrer Vorstellung von der zu besetzenden Stelle ab. Diese Stellungnahme wurde von der Anstellungsbehörde aufgrund des Abschlußberichts des Verwaltungsausschusses, der den Mitgliedern des Gerichtshofes am 31. Mai 1989 übermittelt worden war, bestätigt. In diesem Bericht waren die Gründe angeführt worden, warum der Ausschuß den Kläger nicht zu den Gesprächen am 9. Mai 1989 geladen hatte. Nach Ansicht des Ausschusses enthielt die Darstellung des Klägers nur wenige interessante Gesichtspunkte zur Stellung des Dienstes innerhalb des Organs, auf interinstitutioneller Ebene und nach aussen sowie zur Stellung und Funktion des Direktors der Direktion "Bibliothek, Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation". Sie habe zwar einige Strukturvorschläge enthalten; es habe sich aber eher um eine fast mathematische Darstellung auf der Grundlage einer Prüfung des Organisationsplans des Gerichtshofes gehandelt. Auch habe diese Darstellung einen Mangel an Erfahrung auf dem Gebiet der Organisation und Leitung einer Verwaltungseinheit gezeigt und den Eindruck bestätigt, daß der Kläger bisher im wesentlichen als Forscher und Hochschullehrer tätig gewesen sei.

31 Aus den Akten und den Darstellungen der acht Bewerber sowie aus dieser Begründung des Verwaltungsausschusses ist nicht ersichtlich, daß der Gerichtshof einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte. Zudem ist den Unterlagen und vor allem dem Bericht des Verwaltungsausschusses zu entnehmen, daß eine vergleichende Prüfung der verbliebenen Bewerber sehr wohl durchgeführt wurde. Ausserdem begründet jedenfalls die Tatsache, daß im Rahmen eines offenen Einstellungsverfahrens ein interner Bewerber ausgewählt wird, an sich keinen Beurteilungsfehler.

32 Was schließlich die Aufforderung angeht, die fragliche Darstellung abzufassen, so lässt sich auf den Wortlaut des Schreibens des Präsidenten des Gerichtshofes vom 31. Januar 1989 nicht die Behauptung stützen, daß die Stellung des Dienstes innerhalb des Organs, auf interinstitutioneller Ebene und nach aussen in dieser Darstellung nicht zu behandeln gewesen wäre; der Wortlaut ist im Gegenteil so gewählt, daß er diese Themen natürlich mit erfasst, die übrigens von anderen Bewerbern in ihren Darstellungen erörtert worden sind; ausserdem läuft die Aufforderung zur Abfassung einer solchen Darstellung nicht dem Wesen des im vorliegenden Fall durchgeführten Einstellungsverfahrens zuwider.

33 Nach allem ist der Klagegrund eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen den Gleichheitssatz

34 Der Kläger macht ferner geltend, daß die Anstellungsbehörde dadurch gegen den Gleichheitssatz verstossen habe, daß sie die Fähigkeiten der Bewerber nicht angemessen beurteilt habe, daß sie das dienstliche Interesse nicht hinreichend berücksichtigt habe und daß sie eine Darstellung ihrer Vorstellungen von der zu besetzenden Stelle verlangt habe, was die bereits bei dem Organ beschäftigten Bewerber begünstigt habe. Diese Erfordernisse müssten um so genauer beachtet werden, als es sich um einen hohen Dienstposten handele.

35 In seiner Stellungnahme auf den Beweisbeschluß vom 20. Juni 1990 hin führt der Kläger weiter aus, daß die von den acht ausgewählten Bewerbern verlangte Darstellung die sechs internen Bewerber, insbesondere die drei Abteilungsleiter des Gerichtshofes, begünstigt habe, weil sie für die Beurteilung der Merkmale der innerhalb des Gerichtshofes zu besetzenden Stelle in einer günstigeren Lage gewesen seien. Deshalb verstosse diese Aufforderung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Beamten. Folglich sei dem Kläger ohne Rechtsgrund die Möglichkeit der Teilnahme an einem Gespräch genommen worden.

36 Der Gerichtshof geht in seinen Schriftsätzen auf diesen Klagegrund nicht ausdrücklich ein. Er führt jedoch in seiner Klagebeantwortung unter der Überschrift "Zu den anderen Klagegründen" aus, daß diese "Werturteile" enthielten und "unbestimmt und widersprüchlich" seien. Ferner hat er in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, daß eine solche Aufgabe im Rahmen des gewählten Einstellungsverfahrens wesentlich gewesen sei und daß der Gleichheitssatz im vorliegenden Fall genau beachtet worden sei.

37 Nach Auffassung des Gerichts ist dem Bericht des Verwaltungsausschusses eindeutig zu entnehmen, daß bei der Prüfung der Bewerbung des Klägers sehr wohl die besonderen Schwierigkeiten, die für externe Bewerber bei der Abfassung der verlangten Darstellung auftreten konnten, berücksichtigt worden sind. Aus diesem Grunde hatte der Präsident des Gerichtshofes seinem Schreiben vom 31. Januar 1989 besonders für die nicht beim Gerichtshof tätigen Bewerber einige zusätzliche Informationen über die Direktion "Bibliothek, Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation" und ihre Aufgaben, darunter einen Organisationsplan, beigefügt. Ferner ergibt sich aus den Akten, daß der abschließende Vorschlag des Ausschusses einen internen und einen externen Bewerber umfasste und daß ausserdem nach Ansicht des Ausschusses der erstgenannte Bewerber der Direktion eine gewisse Öffnung und neue Vorstellungen bringen konnte. Zudem kann man die Anstellungsbehörde nicht dafür rügen, daß sie, wenn sie hohe Dienstposten besetzen will, von den Bewerbern verlangt, ihre Vorstellungen von diesem Posten darzulegen.

38 Nach allem kann dieser Klagegrund keinen Erfolg haben.

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 27 des Statuts

39 Der Kläger führt aus, in dem streitigen Einstellungsverfahren sei der Grundsatz nicht beachtet worden, daß die Auswahl gemäß Artikel 27 Absatz 1 des Statuts auf möglichst breiter geographischer Grundlage zu erfolgen habe. Dieser Grundsatz gelte auch für das Verfahren nach Artikel 29 Absatz 2 des Statuts.

40 Der Gerichtshof macht geltend, daß er nach Artikel 27 nicht verpflichtet gewesen sei, den Kläger einzustellen, weil in seinen Dienststellen kein geographisches Ungleichgewicht bestehe und der entscheidende Grundsatz der des Artikels 7 des Statuts bleibe, daß die Einweisungen sich ausschließlich nach dienstlichen Gesichtspunkten richteten.

41 Hierzu hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. Juni 1983 in der Rechtssache 85/82 (Schloh/Rat, Slg. 1983, 2105) entschieden, daß nach Artikel 27 in Verbindung mit Artikel 7 des Statuts jedes Gemeinschaftsorgan bei der Einstellung, Beförderung und Einweisung seiner Beamten sich einerseits vom dienstlichen Interesse ohne Ansehen der Staatsangehörigkeit leiten lassen und andererseits dafür sorgen muß, daß die Einstellung durch eine Auswahl unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaften auf möglichst breiter geographischer Grundlage erfolgt; das Organ bringt diese Erfordernisse miteinander in Einklang, wenn es bei weitgehend gleichwertigen Befähigungsnachweisen der einzelnen Bewerber das Kriterium der Staatsangehörigkeit den Ausschlag geben lässt, um das geographische Gleichgewicht zu erhalten oder wiederherzustellen; in jedem anderen Fall aber muß die Notwendigkeit, ein geographisches Ungleichgewicht zu beseitigen, gegenüber den Erfordernissen des dienstlichen Interesses und der Berücksichtigung der persönlichen Verdienste der Bewerber zurücktreten.

42 Aus dem Bericht des Verwaltungsausschusses des Gerichtshofes ergibt sich, daß die Bewerbung des Klägers allein wegen der Unzulänglichkeiten abgelehnt worden ist, die in der von ihm vorgelegten Darstellung festgestellt worden waren, und daß er für die Begründetheit seines Klagegrunds, mit dem er ein Ungleichgewicht im Personalbestand des Gerichtshofes geltend macht, nichts angeführt hat.

43 Nach allem kann dieser Klagegrund nicht durchgreifen.

Zum vierten Klagegrund: Verfahrens- oder Ermessensmißbrauch

44 Der Kläger trägt vor, den ihm vom Gericht übermittelten Akten sei zu entnehmen, daß der Gerichtshof zuerst ein internes Einstellungsverfahren eröffnet habe, in dem hinsichtlich der Befähigungsnachweise, Diplome und beruflichen Erfahrung andere Anforderungen als in dem externen Verfahren gestellt worden seien, das später eröffnet worden sei und an dem er teilgenommen habe. Hierzu stützt er sich auf eine von der Personalabteilung erstellte Vorschlagsakte vom 14. Januar 1987, der der Entwurf einer Stellenausschreibung für die Einstellung des Direktors der Direktion "Wissenschaftlicher Dienst, Dokumentation und Bibliothek" beigefügt gewesen sei. Dieses interne Verfahren habe zu keinem Ergebnis geführt. Demnach müsse der ernannte Bewerber, der an diesem Verfahren teilgenommen habe, notwendigerweise einige der in dieser ersten Stellenausschreibung vorgesehenen Bedingungen nicht erfuellt haben. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger geltend gemacht, dem Protokoll 8/88 der Verwaltungssitzung vom 8. Juni 1988 des Gerichtshofes sei zu entnehmen, daß dieser beschlossen habe, unmittelbar zum Verfahren des Artikels 29 Absatz 2 überzugehen, nachdem er tatsächlich eine Bewertung der internen Bewerbungen vorgenommen habe.

45 Aufgrund dieses erfolglosen Verfahrens habe der Gerichtshof die Anforderungen hinsichtlich der Fachkenntnisse absichtlich geändert. Nach Meinung des Klägers sollten diese Änderungen die Bewerber, die bereits bei der Direktion "Bibliothek, Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation" arbeiteten, begünstigen; deshalb verstießen sie gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der ordnungsgemässen Verwaltung. Der Kläger führt ausserdem aus, daß "die Umstände des Einstellungsverfahrens ... in ihrer Gesamtheit einen Grund für die Aufhebung der Ausschreibung des allgemeinen Auswahlverfahrens" darstellten. Hierzu stützt sich der Kläger auf die Urteile des Gerichtshofes vom 30. Oktober 1974 in der Rechtssache 188/73 (Grassi/Rat, Slg. 1974, 1099) und vom 28. Februar 1989 in den verbundenen Rechtssachen 341/85, 251/86, 258/86, 259/86, 262/86, 266/86, 222/87 und 232/87 (Van der Stijl u. a./Kommission, Slg. 1989, 511). Schließlich meint der Kläger, die statistische Auswertung der Auslesevorgänge, die im Rahmen dieses Einstellungsverfahrens nacheinander stattgefunden hätten, zeige ebenfalls den Wunsch des Gerichtshofes, die beamteten Bewerber zu begünstigen.

46 Der Gerichtshof führt zunächst aus, daß der Kläger diesen neuen Klagegrund auf eine falsche Voraussetzung gestützt habe, die auf unrichtigen Tatsachen und einem unzutreffenden Verständnis des Einstellungsverfahrens beruhe. Die Vorschlagsakte vom 14. Januar 1987 sei nämlich nur ein einfacher Entwurf der Personalabteilung gewesen, und erst in der Verwaltungssitzung vom 16. März 1988 habe der Gerichtshof den Wortlaut der Stellenausschreibung CJ/3/88 endgültig festgelegt. Nach dem Eingang der Bewerbungen auf diese Ausschreibung hin sei der Gerichtshof in seiner Verwaltungssitzung vom 8. Juni 1988 unmittelbar zum Verfahren des Artikels 29 Absatz 2 übergegangen, ohne die in der Stellenausschreibung festgesetzten Bedingungen in irgendeiner Weise zu ändern. Deshalb sei der vom Kläger erhobene Vorwurf des Verstosses gegen den Gleichheitssatz und des Verfahrensmißbrauchs nicht begründet und beruhe auf einer unzutreffenden Analyse der Unterlagen.

47 Ausserdem könne der Kläger aus der Entscheidung des Gerichtshofes, vom Einstellungsverfahren nach Artikel 29 Absatz 1 zu dem nach Artikel 29 Absatz 2 des Statuts überzugehen, weder schließen, daß die am internen Verfahren beteiligten Bewerber, insbesondere der ernannte Bewerber, nicht über alle oder nur einige der in der Stellenausschreibung CJ/3/88 geforderten Fachkenntnisse verfügt hätten, noch daß sie für die fragliche Stelle als ungeeignet beurteilt worden seien. Der Gerichtshof habe sich darauf beschränkt, von den eingegangenen internen Bewerbungen Kenntnis zu nehmen und unter den im Statut vorgesehenen Bedingungen zu beschließen, unmittelbar zum Einstellungsverfahren des Artikels 29 Absatz 2 überzugehen, das dem Organ die freie Wahl lasse.

48 Das Gericht stellt angesichts der Akten fest, daß der Kläger diesen Klagegrund auf das Vorliegen eines Vorschlags vom 14. Januar 1987 stützt, der einen einfachen Entwurf einer Stellenausschreibung enthielt, der in der Beschreibung der Anforderungen für die fragliche Stelle von der am 2. Mai 1988 veröffentlichten Ausschreibung abwich. Schon nach der Überschrift dieses Schriftstücks handelt es sich jedoch nur um einen Entwurf. Dagegen hat die interne Stellenausschreibung CJ/3/88 vom 2. Mai 1988, die später verfasst und verbreitet wurde, hinsichtlich der Anforderungen für die zu besetzende Stelle den gleichen Wortlaut wie die Stellenausschreibung, die im Amtsblatt vom 26. Juli 1988 veröffentlicht wurde und das Einstellungsverfahren für externe Bewerbungen öffnete. Somit trifft das Vorbringen des Klägers in tatsächlicher Hinsicht nicht zu.

49 Ferner ergibt sich aus den Unterlagen, daß der Gerichtshof von den Bewerbungen, die auf die erste interne Stellenausschreibung CJ/3/88 hin eingereicht wurden, nur Kenntnis nahm, ohne sie zu beurteilen, bevor er im Rahmen seiner in diesem Bereich sehr weiten und vom Kläger nicht in Frage gestellten Beurteilungsbefugnis beschloß, zum Verfahren des Artikels 29 Absatz 2 des Statuts überzugehen. Ohne daß über die Zulässigkeit dieses Klagegrunds befunden zu werden braucht, stellt das Gericht ausserdem fest, daß der Kläger sein Vorbringen zur Aufhebung der Ausschreibung des allgemeinen Auswahlverfahrens nicht näher ausgeführt hat.

50 Demnach ist der Klagegrund nicht begründet.

Zum fünften Klagegrund: Das Einstellungsverfahren sei mit einem Verfahrensmangel behaftet, der auf Übersetzungsfehlern und einer unvollständigen Zusammenfassung seiner Bewerbungsunterlagen beruhe

51 Der Kläger führt aus, daß die vom Verwaltungsausschuß für die Verwaltungssitzung des Gerichtshofes vom 18. Januar 1989 erstellte Zusammenfassung schwere Übersetzungsfehler enthalte und seinen Lebenslauf nicht genau wiedergebe. Die Zusammenfassungen bezueglich der Bewerbungsunterlagen der anderen Bewerber enthielten solche Fehler nicht. Sein akademischer Titel sei mit "professeur agrégé permanent" und nicht mit "maître de conférence" zu übersetzen gewesen; ausserdem fehle in der Zusammenfassung seiner Unterlagen sein Titel eines Doktors der Rechte, während dieser in den Zusammenfassungen bezueglich der anderen Bewerber, soweit erforderlich, erwähnt gewesen sei.

52 Der Gerichtshof weist darauf hin, daß jedenfalls in den Verwaltungssitzungen, in denen er die Bewerbungen geprüft habe, seine Mitglieder über sämtliche die ausgewählten Bewerber betreffenden Unterlagen verfügt hätten und daß deshalb die Fachkenntnisse des Klägers nicht hätten verkannt oder entstellt werden können.

53 Es ist festzustellen, daß die vom Kläger beanstandeten Zusammenfassungen der Lebensläufe dem Gerichtshof als Anstellungsbehörde im Rahmen einer ersten Prüfung der geeigneten Bewerbungen, die am 18. Januar 1989 stattfand, vorgelegt wurden. Nach dieser ersten Auslese gehörte der Kläger noch zu den acht ausgewählten Bewerbern. Demnach konnten die behaupteten Fehler, falls sie bewiesen würden, ihn nicht beeinträchtigen. Zudem verfügten - wie es das Schreiben des Präsidenten des Gerichtshofes vom 31. Mai 1989 belegt - die Mitglieder des Verwaltungsausschusses und danach die Mitglieder des Gerichtshofes bei der abschließenden Auslese über die vollständigen Unterlagen der acht Bewerber.

54 Deshalb ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

55 In diesem Stadium der Begründung stellt das Gericht fest, daß sämtliche Klagegründe, die für die Aufhebung der Entscheidung, den schließlich ausgewählten Bewerber zu ernennen, angeführt werden, zurückzuweisen sind. Zu prüfen bleibt der sechste Klagegrund, der ausschließlich die Entscheidung betrifft, mit der die Bewerbung des Klägers abgelehnt wurde.

Zum sechsten Klagegrund: fehlende Begründung der Entscheidung, mit der die Bewerbung des Klägers abgelehnt wurde

56 Der Kläger macht zunächst geltend, daß die angefochtene Entscheidung dadurch gegen die Artikel 25 Absatz 2, 27 und 29 Absatz 2 des Statuts verstosse, daß sie nicht begründet worden sei, und daß der Beklagte sich nicht auf seine Beurteilungsbefugnis stützen könne, um sich seiner Pflicht zur Rechtfertigung seiner Entscheidungen zu entziehen. Die Begründung hätte insbesondere Angaben darüber enthalten müssen, ob die Bewerber über die in der Einstellungsausschreibung verlangten Fachkenntnisse verfügten. Auch erkenne der Kläger nicht, inwiefern die Angabe der Gründe der Entscheidung für ihn hätte nachteilig sein können und inwiefern deshalb die Nichtmitteilung der Gründe gegenüber dem Anspruch auf Rechtsschutz Vorrang haben müsse. Wie er nämlich in der mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, sei diese Mitteilung individuell und persönlich und nicht öffentlich. Bei der Besetzung eines hohen Dienstpostens müsse die Anstellungsbehörde ihre Beurteilungsbefugnis mit Bedacht ausüben, weshalb sie nach einer vergleichenden Prüfung der Fachkenntnisse der Bewerber ihre Entscheidungen begründen müsse. Der Gerichtshof habe gegen diesen Grundsatz durch "fehlende Transparenz", "Rechtswidrigkeit", "Willkür", "Ermessensmißbrauch" verstossen und den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung verletzt.

57 Der Kläger weist ausserdem darauf hin, daß die negative Entscheidung, mit der seine Bewerbung abgelehnt worden sei, als notwendige Folge der Ernennungsentscheidung ihn zwangsläufig beschwere und daß sie deshalb den Vorschriften des Statuts, insbesondere Artikel 25 Absatz 2, genügen müsse, wonach die Anstellungsbehörde den Adressaten beschwerender Verfügungen deren Begründung mitteilen müsse. Hierzu beruft sich der Kläger auf die Schlussanträge des Generalanwalts Sir Gordon Slynn in der Rechtssache 128/84, Van der Stijl/Kommission (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Oktober 1985, Slg. 1985, 3281, 3286).

58 Die Gründe der Entscheidung, mit der seine Bewerbung zurückgewiesen worden sei, hätten ihm aus Höflichkeit und nach den Grundsätzen einer ordnungsgemässen Verwaltung mitgeteilt werden müssen. Ausserdem entbinde im Verwaltungsrecht der Mitgliedstaaten sowie sämtlicher "zivilisierter und demokratischer Staaten der Welt" die Beurteilungsbefugnis die Verwaltung nicht von der Pflicht, ihre Maßnahmen zu begründen.

59 Der Gerichtshof weist einleitend darauf hin, daß seiner Ansicht nach das Verfahren des Artikels 29 Absatz 2 des Statuts nur ausnahmsweise in abschließend aufgezählten Fällen angewendet werden solle, nämlich wenn es darum gehe, Direktorenstellen, die höhere Anforderungen und besondere Aufgaben mit sich brächten, zu besetzen. Demzufolge schlössen die Kriterien für die Auswahl der Bewerber für diese Stellen subjektive Beweggründe ein, weil diese Stellen in erster Linie das Bestehen einer Vertrauensbeziehung voraussetzten, was zu einer Beschränkung der Kontrolle der aufgrund dieser Vorschrift getroffenen Entscheidungen führe. Hierzu stützt sich der Gerichtshof auf seine Urteile vom 5. Februar 1987 in der Rechtssache 306/85 (Huybrechts/Kommission, Slg. 1987, 629) und vom 12. Februar 1987 in der Rechtssache 233/85 (Bonino/Kommission, Slg. 1987, 739). In der mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof hinzugefügt, daß im Rahmen des Verfahrens des Artikels 29 Absatz 2 für die Besetzung hoher Dienstposten das dienstliche Interesse gegenüber dem berechtigten Erfordernis einer Begründung Vorrang habe.

60 Die Ernennungsentscheidung beschwere den Kläger nicht, und die Anstellungsbehörde sei demnach nicht verpflichtet, sich insoweit zu rechtfertigen (Urteile des Gerichtshofes vom 5. Februar 1987, Huybrechts/Kommission, a. a. O., und vom 22. Juni 1989 in der Rechtssache 104/88, Brus/Kommission, Slg. 1989, 1873). Im übrigen habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 19. März 1964 in der Rechtssache 27/63 (Raponi/Kommission, Slg. 1964, 273) entschieden, daß die Bezugnahme auf solche Ermessensentscheidungen für die abgewiesenen Bewerber nachteilig sein könne. In seinem Urteil vom 14. Juli 1983 in der Rechtssache 176/82 (Nebe/Kommission, Slg. 1983, 2475), in dem es um eine Entscheidung über die Zuweisung eines Beamten gegangen sei, habe der Gerichtshof die Auffassung vertreten, daß der Umfang der Begründungspflicht in jedem Fall aufgrund der konkreten Umstände zu ermitteln sei. In seinem Urteil vom 29. Oktober 1981 in der Rechtssache 125/80 (Arning/Kommission, Slg. 1981, 2539) habe er entschieden, daß die Verpflichtung zur Begründung einer Maßnahme zur Organisation des Dienstes im Zusammenhang mit dem insoweit bestehenden Ermessensspielraum der Anstellungsbehörde gesehen werden müsse und daß eine solche Auffassung nicht willkürlich sei.

61 Nach dem Vorbild dessen, was in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gelte, befreie eine sehr weite Beurteilungsbefugnis die Verwaltung von der Pflicht zu einer besonderen und eingehenden Begründung. Die richterliche Kontrolle beschränke sich insoweit auf die im übrigen vom Kläger nicht bestrittene förmliche Rechtmässigkeit des Verfahrens, auf die Überprüfung der sachlichen Richtigkeit der von der Anstellungsbehörde geltend gemachten Tatsachen sowie auf das Fehlen eines offensichtlichen Beurteilungsirrtums, Rechtsirrtums und Ermessensmißbrauchs, wie Generalanwalt Dutheillet de Lamothe in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache 29/70, Marcato/Kommission (Urteil des Gerichtshofes vom 17. März 1971, Slg. 1971, 243), ausgeführt habe. Dagegen erfasse diese Kontrolle nicht die Beurteilung der beruflichen Fähigkeiten des Bewerbers durch die Verwaltung. Demnach habe der Kläger nicht den Nachweis erbringen können, daß einer der von ihm geltend gemachten Aufhebungsgründe begründet sei.

62 Das Gericht stellt fest, daß nach Artikel 25 Absatz 2 des Statuts, der die in Artikel 190 EWG-Vertrag verankerte allgemeine Verpflichtung enthält, "jede Verfügung aufgrund des Statuts ... dem betroffenen Beamten unverzueglich schriftlich mitzuteilen ((ist)). Jede beschwerende Verfügung muß mit Gründen versehen sein". In seinem Urteil vom 26. November 1981 in der Rechtssache 195/80 (Michel/Parlament, Slg. 1981, 2861) hat der Gerichtshof entschieden, daß "die Verpflichtung, eine beschwerende Entscheidung zu begründen, es dem Gerichtshof ermöglichen soll, die Rechtmässigkeit der Entscheidung zu überprüfen, und dem Betroffenen ausreichende Hinweise für die Feststellung geben soll, ob die Entscheidung begründet ist oder ob sie unter einem Mangel leidet, aufgrund dessen ihre Rechtmässigkeit in Frage gestellt werden kann". Schließlich hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. Juni 1983 (Schloh/Rat, a. a. O.) das Erfordernis einer Begründung auch im Rahmen des Artikels 29 Absatz 2 des Statuts anerkannt. Die derart verankerte Begründungspflicht stellt somit einen wesentlichen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, von dem nur aus zwingenden Gründen abgewichen werden darf.

63 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß Artikel 29 des Statuts zwei Arten von Verfahren für die Einstellung der Beamten der Gemeinschaften unterscheidet. Das erste Verfahren, nämlich das Auswahlverfahren, ist - vorbehaltlich der Möglichkeiten einer Beförderung, Versetzung, Durchführung eines Auswahlverfahrens innerhalb des Organs sowie von Übernahmeanträgen - das klassische Einstellungsverfahren und ist in Absatz 1 dieser Vorschrift und in Anhang III des Statuts geregelt. Das zweite Verfahren ist eher die Ausnahme und in Artikel 29 Absatz 2 geregelt, wonach "bei der Einstellung von Beamten der Besoldungsgruppen A 1 und A 2 sowie in Ausnahmefällen für Dienstposten, die besondere Fachkenntnisse erfordern, ... die Anstellungsbehörde ein anderes Verfahren als das Auswahlverfahren anwenden ((kann))".

64 Diese Vorschriften befreien die Anstellungsbehörde nicht von der allgemeinen Verpflichtung zur Begründung beschwerender Verfügungen, auch wenn diese nach dem Verfahren des Artikels 29 Absatz 2 getroffen wurden. Diese Auslegung wird durch das Urteil vom 5. Dezember 1974 in der Rechtssache 176/73 (Van Belle/Rat, Slg. 1974, 1361) bestätigt, in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß Artikel 29 Absatz 2 als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist und einen allgemein und vorbehaltlos formulierten Grundsatz des Statuts - wie Artikel 25 Absatz 2 - nicht zu durchbrechen vermag. Diese Rechtsprechung ist in dem Urteil vom 30. Mai 1984 (Picciolo/Parlament, a. a. O.) bestätigt worden, in dem es um die Durchführung eines auf Artikel 29 Absatz 2 gestützten Einstellungsverfahrens ging und der Gerichtshof darauf verwiesen hat, daß nach "ständige((r)) Rechtsprechung ... die Verpflichtung zur Begründung einer beschwerenden Entscheidung zum einen dem Gerichtshof die Ausübung seiner Kontrolle über die Rechtmässigkeit der Entscheidung ermöglichen und zum anderen dem Betroffenen die notwendigen Hinweise geben ((soll)), um erkennen zu können, ob die Entscheidung ((Nichtzulassung zum Auswahlverfahren)) wirklich begründet ist".

65 In der vorliegenden Rechtssache ist das Einstellungsverfahren nach Artikel 29 Absatz 2 in drei Phasen abgelaufen. In der ersten Phase wurden die Bewerbungen ausgesondert, die nicht den Bedingungen der Stellenausschreibung entsprachen; sie wurde von der Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Generalanwalts Mischo im Auftrag des Verwaltungsausschusses durchgeführt und endete damit, daß zwölf Bewerbungen in die engere Wahl kamen. In der zweiten Phase sollten aus den acht Bewerbern, die die Anstellungsbehörde ausgewählt hatte, zwei oder drei ausgesucht werden, die besondere Beachtung verdienten; diese Phase wurde vom Verwaltungsausschuß durchgeführt, der in seinem den Mitgliedern des Gerichtshofes am 31. Mai 1989 übermittelten Abschlußbericht zwei Bewerber vorschlug, die er für die zu besetzende Stelle als geeignet ansah. Die dritte Phase bildete die endgültige Entscheidung der Anstellungsbehörde, die in ihrer Verwaltungssitzung vom 7. Juni 1989 beschloß, einen der beiden vom Verwaltungsausschuß vorgeschlagenen Bewerber zu ernennen.

66 Um die Pflicht zur Begründung der im vorliegenden Fall getroffenen Entscheidung, die Bewerbung des Klägers abzulehnen, ungeachtet der Besonderheiten des Verfahrens des Artikels 29 Absatz 2 des Statuts zu beurteilen, ist festzustellen, daß dieses dreiphasige Verfahren dem klassischen Einstellungsverfahren ähnelt, in dem ebenfalls in drei Phasen nacheinander der Prüfungsausschuß für das Auswahlverfahren und die Anstellungsbehörde tätig werden. In den ersten beiden Phasen, die vom dafür verantwortlichen Prüfungsausschuß für das Auswahlverfahren im Rahmen der Vorschriften des Anhangs III des Statuts durchgeführt werden, wird erstens geprüft, ob die Bewerbungen den in der Ausschreibung des Auswahlverfahrens aufgestellten Voraussetzungen entsprechen; zweitens werden die zum Auswahlverfahren zuzulassenden Bewerber nach einer vergleichenden Prüfung ihrer Befähigungsnachweise, Fachkenntnisse und beruflichen Erfahrung nach Maßgabe der Art des Auswahlverfahrens ausgewählt, und die nach Ansicht des Prüfungsausschusses Besten werden in die Eignungsliste aufgenommen, die der Anstellungsbehörde unterbreitet wird. Die Ernennung eines der in diese Liste aufgenommenen Bewerber durch die Anstellungsbehörde bildet die dritte Phase, wobei darauf hinzuweisen ist, daß die Anstellungsbehörde von der vom Prüfungsausschuß gegebenenfalls festgelegten Rangfolge nur aus zwingenden dienstlichen Gründen abweichen kann und dies ordnungsgemäß begründen muß.

67 Aus den Akten ergibt sich, daß die Bewerbung des Klägers vom Verwaltungsausschuß auf der Stufe ausgesondert worden ist, die der söben beschriebenen zweiten Phase des klassischen Einstellungsverfahrens entspricht, in der der Prüfungsausschuß für das Auswahlverfahren die Entscheidung trifft, mit der die Eignungsliste aufgestellt wird. Aufgrund vor allem der Protokolle der Verwaltungssitzungen des Gerichtshofes ist nämlich festzustellen, daß die Bewerber, die nicht zu einem Gespräch geladen worden waren, für die fragliche Stelle nicht mehr in Betracht kamen.

68 Insoweit - und ohne daß geprüft zu werden brauchte, wie im Hinblick auf die von der Anstellungsbehörde in der dritten Phase getroffene endgültige Auswahl zu entscheiden wäre - ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, daß die Entscheidungen eines Prüfungsausschusses für ein Auswahlverfahren, mit denen eine Bewerbung in einem Auswahlverfahren abgelehnt wird, den abgelehnten Bewerber beschweren und unabhängig davon, ob dieser Beamter ist oder nicht, zu begründen sind. Dies gilt sowohl für die Entscheidungen der Prüfungsausschüsse für Auswahlverfahren während der ersten Phase, in der die Bewerbungen, die nicht den Bedingungen der Ausschreibung des Auswahlverfahrens entsprechen, ausgesondert werden (siehe u. a. Urteil vom 14. Juni 1972 in der Rechtssache 44/71, Marcato/Kommission, Slg. 1972, 427), als auch für die Entscheidungen während der zweiten Phase, in der die Befähigungsnachweise oder Fachkenntnisse der Bewerber zur Aufstellung der Eignungsliste einer vergleichenden Prüfung unterzogen werden (siehe u. a. die Urteile vom 31. März 1965 in der Rechtssache 23/64, Vandevyvere/Parlament, Slg. 1965, 217, vom 26. November 1981, Michel/Parlament, a. a. O., vom 14. Juli 1983 in der Rechtssache 144/82, Detti/Gerichtshof, Slg. 1983, 2421, und vom 27. März 1985 in der Rechtssache 12/84, Kypreos/Rat, Slg. 1985, 1005).

69 Zu berücksichtigen sind ausserdem erstens der eindeutige Wortlaut des Artikels 25 Absatz 2 des Statuts, zweitens die erwähnte Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Pflicht der Prüfungsausschüsse für Auswahlverfahren, ihre Entscheidungen zu begründen, insbesondere wenn sie eine vergleichende Würdigung der Bewerber vornehmen, und drittens das Urteil des Gerichtshofes vom 30. Juni 1983 (Schloh/Rat, a. a. O.), das ein Verfahren nach Artikel 29 Absatz 2 betraf, in dessen Rahmen die Anstellungsbehörde eine vergleichende Prüfung der Bewerbungen vorgenommen hatte und in dem der Gerichtshof die Begründung der Entscheidung, mit der die Bewerbung des Klägers abgelehnt worden war, sehr genau geprüft hat.

70 Zudem war es der Anstellungsbehörde im vorliegenden Fall sehr wohl ohne übermässige Arbeitsbelastung für ihre Dienststellen möglich, in den Schreiben an die vom Verwaltungsausschuß nicht berücksichtigten Bewerber eine hinreichend objektiv formulierte Begründung mitzuteilen, die die vom Verwaltungsausschuß in seinem Abschlußbericht angegebenen Gründe wiedergegeben und die den anderen Bewerbern geschuldete Vertraulichkeit in keiner Weise verletzt hätte. Ausserdem ist darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes - die in bezug auf die Auswahlverfahren mit grosser Teilnehmerzahl entwickelt worden ist und erst recht für die Auswahlverfahren oder Verfahren nach Artikel 29 Absatz 2 mit beschränkter Teilnehmerzahl gilt - die Anstellungsbehörde stets die Möglichkeit hat, in ihren Antworten auf Bitten um Erläuterung oder auf Beschwerden der nicht berücksichtigten Bewerber eine ursprünglich knappe, aber ausreichende Begründung, die diesen in der Entscheidung über die Ablehnung ihrer Bewerbung mitgeteilt wurde, zu ergänzen. Schließlich ist das Argument, daß eine solche Begründung für die nicht berücksichtigten Bewerber nachteilig sein könne, nicht stichhaltig, denn die Begründung einer beschwerenden Entscheidung enthält naturgemäß eine negative Beurteilung der von ihr Betroffenen und diese sind die einzigen, die diese Begründung, die keinesfalls öffentlich bekannt gemacht wird, kennen.

71 Im vorliegenden Fall ist die am 9. Juni 1989 an den Kläger gerichtete und mit Schreiben des Präsidenten des Gerichtshofes vom 19. Juni und 6. Juli 1989 bestätigte Entscheidung, mit der seine Bewerbung im Rahmen des Einstellungsverfahrens CJ/180/88 abgelehnt wird, aufgrund ihres Gegenstands und ihrer Art eine den Kläger beschwerende Entscheidung. Diese Entscheidung, die durch die gleichlautende Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde bestätigt wurde, beschränkt sich ihrem Wortlaut nach darauf, dem Kläger mitzuteilen, daß erstens seine Bewerbung abgelehnt worden sei, daß zweitens jemand anderes für die zu besetzende Stelle ausgewählt worden sei und daß es sich drittens bei dem beanstandeten Einstellungsverfahren um jenes nach Artikel 29 Absatz 2 gehandelt habe; die Gründe für die Ablehnung seiner Bewerbung werden - und sei es auch nur knapp - nicht angegeben. Diese Antwort kann der Verpflichtung nach Artikel 25 Absatz 2 des Statuts nicht genügen.

72 In diesem Stadium der Begründung ist angesichts der bereits getroffenen Feststellung, daß sämtliche Klagegründe, die sich gegen die Entscheidung über die Ernennung des schließlich ausgewählten Bewerbers auf die streitige Stelle richten, nicht begründet sind, auf das Urteil des Gerichtshofes vom 30. Mai 1984 (Picciolo/Parlament, a. a. O.) hinzuweisen, in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß, "da sich alle Rügen des Klägers in bezug auf die Entscheidung der Anstellungsbehörde, mit der seine Bewerbung für die freie Stelle abgelehnt wurde, als unbegründet erwiesen haben, ... der Kläger kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung der Ernennung eines anderen Bewerbers für diese Stelle ((hat)), die er nicht wirksam für sich beanspruchen kann". Ferner ist auf das Urteil des Gerichtshofes vom 8. März 1988 in den verbundenen Rechtssachen 64/86, 71/86, 72/86, 73/86 und 78/86 (Sergio/Kommission, Slg. 1988, 1399) zu verweisen, in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß "Erläuterungen, die im Laufe des Verfahrens gegeben werden, in aussergewöhnlichen Fällen die Rüge der unzureichenden Begründung gegenstandslos machen ((können)), so daß sie die Aufhebung der fraglichen Entscheidung nicht mehr rechtfertigt".

73 Für den vorliegenden Fall folgt daraus, daß der Kläger keinen Klagegrund vorgetragen hat, der zur Aufhebung der Ernennung des schließlich für die streitige Stelle ausgewählten Bewerbers führen könnte, und daß er aufgrund der vom Gericht angeordneten Beweisaufnahme Kenntnis von allen Gründen erhalten hat, die die Anstellungsbehörde bewogen haben, seine Bewerbung abzulehnen, bevor sie ihre abschließende Wahl traf.

74 Unter diesen Umständen sind die Klageanträge, die darauf abzielen, die Entscheidung der Anstellungsbehörde über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers wegen fehlender Begründung aufzuheben, gegenstandslos geworden.

75 Nach allem ist in der Rechtssache T-161/89 der Klageantrag auf Aufhebung der Entscheidung des Gerichtshofes vom 7. Juni 1989 über die Ernennung des Leiters der Direktion "Bibliothek, Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation" zurückzuweisen; der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung des Gerichtshofes, mit der die Bewerbung des Klägers abgelehnt worden ist, ist gegenstandslos geworden.

76 Der Antrag des Klägers auf Feststellung durch das Gericht, daß er das Einstellungsverfahren CJ/180/88 bestanden hat, ist jedenfalls unzulässig, da es nicht Sache des Gerichts ist, den Organen Anordnungen zu erteilen oder sich an ihre Stelle zu setzen.

B - Rechtssache T-160/89

77 In der Rechtssache T-160/89 beantragt der Kläger die Aufhebung der Entscheidung, mit der die Anstellungsbehörde es abgelehnt hat, ihm die Entscheidung über die Besetzung der fraglichen Direktorenstelle mitzuteilen. Ausserdem beantragt er die Anordnung durch das Gericht, daß ihm die Entscheidung mitgeteilt wird.

78 Es ist festzustellen, daß dem Kläger - wie dieser übrigens in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - aufgrund der vom Gericht am 20. Juni 1990 angeordneten Beweisaufnahme die streitige Ernennungsentscheidung mitgeteilt worden ist. Daher sind die Anträge in der Rechtssache T-160/89 gegenstandslos geworden.

Kostenentscheidung


Kosten

79 Gemäß Artikel 69 § 3 Satz 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes kann das Gericht auch der obsiegenden Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei durch ihr eigenes Verhalten verursacht hat.

80 In seinem Urteil Picciolo (a. a. O.) hat der Gerichtshof entschieden: "Der Kläger ist somit zwar mit seinem gesamten Vorbringen unterlegen, doch sind für die Kostenentscheidung die vorstehenden Erwägungen hinsichtlich der knappen Begründung der Entscheidung der Anstellungsbehörde über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers zu berücksichtigen. Der Kläger hat nämlich den Inhalt der Begründung erst nach den Antworten des Parlaments auf die Fragen des Gerichtshofes voll beurteilen können. Man kann es ihm daher nicht verübeln, daß er den Gerichtshof angerufen hat, um die Rechtmässigkeit der fraglichen Entscheidungen der Anstellungsbehörde kontrollieren zu lassen."

81 Das gleiche gilt wegen der Entscheidungen des Gerichtshofes, mit denen sich dieser beharrlich geweigert hat, dem Kläger für die Ablehnung seiner Bewerbung eine Begründung mitzuteilen, in den vorliegenden Rechtssachen. Es ist davon auszugehen, daß dieses Verhalten des Gerichtshofes den Kläger veranlasst hat, das Gericht anzurufen.

82 Unter diesen Umständen ist Artikel 69 § 3 Satz 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes anzuwenden, und dem Gerichtshof sind sämtliche Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor


Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) In der Rechtssache T-161/89 wird die Klage abgewiesen.

2) In der Rechtssache T-160/89 ist die Klage gegenstandslos geworden.

3) Der Gerichtshof trägt sämtliche Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Klägers.

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