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Document 31999D0378

1999/378/EG: Entscheidung der Kommission vom 4. November 1998 über eine Beihilfe Frankreichs zugunsten des Unternehmens Nouvelle Filature Lainière de Roubaix (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 3515) (Text von Bedeutung für den EWR) (Nur der französische Text ist verbindlich)

ABl. L 145 vom 10/06/1999, p. 18–26 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1999/378/oj

31999D0378

1999/378/EG: Entscheidung der Kommission vom 4. November 1998 über eine Beihilfe Frankreichs zugunsten des Unternehmens Nouvelle Filature Lainière de Roubaix (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 3515) (Text von Bedeutung für den EWR) (Nur der französische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 145 vom 10/06/1999 S. 0018 - 0026


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 4. November 1998

über eine Beihilfe Frankreichs zugunsten des Unternehmens Nouvelle Filature Lainière de Roubaix

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 3515)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(1999/378/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen zur Gründung des Europäischen Wirtschaftsraums, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nachdem sie den Beteiligten gemäß den genannten Artikeln eine Frist zur Äußerung gesetzt hat,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I. VERFAHREN

Mit Schreiben vom 6. Mai und 16. September 1996 lenkte der deutsche Industrieverband "Garne und Gewebe" die Aufmerksamkeit der Kommission auf die mögliche Gewährung einer staatlichen Beihilfe zugunsten des Unternehmens Nouvelle Filature Lainière de Roubaix.

Mit Schreiben vom 25. September 1996 unterrichtete die französische Regierung die Kommission nach deren ausdrücklicher Aufforderung (Schreiben vom 15. Mai und 3. Juli 1996) von Beihilfen, die sie dem obengenannten Unternehmen gewährt hatte oder gewähren wollte. Mit Schreiben vom 22. November 1996, 16. Januar 1997, 2. April 1997 und 3. Juli 1997 legte die französische Regierung der Kommission ergänzende Angaben vor. Mit Schreiben vom 19. September 1996 setzte das Handelsgericht von Roubaix Tourcoing die Kommission von dem Urteil in Kenntnis, das am 17. September 1996 im Rahmen des gerichtlichen Sanierungsverfahrens gegenüber der S.A. Filature Lainière de Roubaix ergangen war.

Mit Schreiben vom 18. August 1997 teilte die Kommission der französischen Regierung ihren Beschluß mit, wegen dieser Beihilfe das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten. Die Mitteilung über diesen Beschluß wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften(1) veröffentlicht, in der die Interessierten zur Stellungnahme aufgefordert wurden.

Mit Schreiben vom 24. September 1997 legte die französische Regierung der Kommission ihre Stellungnahme vor. Auf dieser Grundlage forderte die Kommission mit Schreiben vom 2. März und 17. Juni 1998 ergänzende Auskünfte an, die die französische Regierung mit Schreiben vom 8. Mai, 21. Juli und 16. Oktober 1998 übermittelte. Weitere Informationen gingen mit Schreiben vom 30. Oktober 1998 ein.

II. BESCHREIBUNG DER GEPRÜFTEN BEIHILFEMASSNAHMEN

Die vorliegende Entscheidung betrifft Beihilfen in Form eines Beteiligungsdarlehens von 18 Millionen FRF und eines Investitionszuschusses von 22 Millionen FRF, die die französische Regierung dem Unternehmen Nouvelle Filature Lainière de Roubaix im Rahmen des gerichtlichen Sanierungsverfahrens gegenüber der Unternehmensgruppe S.A. Filature Lainière de Roubaix gewährt hat.

1. Der Beihilfeempfänger

Nachdem der Konkurs beantragt worden war, beschloß das Handelsgericht von Roubaix am 30. April 1996, gegenüber der Unternehmensgruppe S.A. Filature Lainière de Roubaix (nachstehend "S.A. Filature", die sich aus drei Unternehmen (S.A. Groupe Lainière, S.A. Lainière de Roubaix und S.A. Proditex) zusammensetzte, das gerichtliche Sanierungsverfahren zu eröffnen. Nachdem festgestellt worden war, daß die geplante Sanierung mit Hilfe einer Bereinigung der Bilanz gemäß Artikel 18 des Gesetzes 85-98 vom 25. Januar 1985 nicht realisierbar war, und nachdem eine Ausschreibung im Hinblick auf die Übernahme des Unternehmens durchgeführt worden war, beschloß das Handelsgericht von Roubaix mit Urteil vom 17. September 1996, daß das Unternehmen gemäß dem genannten Gesetz von einer neugegründeten Aktiengesellschaft mit der Bezeichnung "Nouvelle Filature Lainière de Roubaix" (nachstehend "Lainière de Roubaix") übernommen werden sollte, die mit einem Grundkapital von 510000 FRF ausgestattet war.

Aufgrund dieses Urteils wurden den Aktionären des neuen Unternehmens mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 die Vermögenswerte der im gerichtlichen Sanierungsverfahren befindlichen Unternehmen sowie der größte Teil der von ihnen abgeschlossenen Betriebs- und Dienstleistungsverträge zum Preis von 4,8 Millionen FRF übertragen. Die übernommenen Vermögenswerte wurden zum 1. September 1996 auf 50,956 Millionen FRF geschätzt und setzten sich wie folgt zusammen: immaterielle und finanzielle Vermögenswerte: keine, bewegliche Vermögenswerte: 21,126 Millionen FRF, Lagerbestände und laufende Aufträge: 20,676 Millionen FRF, Forderungen: 3,647 Millionen FRF, liquide Mittel: 5,507 Millionen FRF. Die Schulden der im gerichtlichen Sanierungsverfahren befindlichen Unternehmen, deren Höhe der Kommission nicht bekannt ist, wurden im Rahmen der gerichtlichen Sanierung bereinigt. In diesem Zusammenhang gewährte die französische Regierung dem neuen Unternehmen die nachstehend geprüften Beihilfemaßnahmen. In der Begründung des Übernahmeurteils berücksichtigte das Gericht unter anderem, daß Frankreich, vertreten durch den Oberstaatsanwalt, "die staatliche Unterstützung in Höhe von 40 Millionen FRF gemäß den von den einzelnen Bietern vorgeschlagenen Modalitäten bestätigt hat und den Wunsch äußert, daß das Gericht den Plan genehmigt, der eine gewissenhafte Verwendung der staatlichen Mittel, beschränkt auf die Vermögenswerte, die für die Finanzierung der Sanierung der erworbenen Unternehmen erforderlich sind, sicherstellt, wobei jede Beteiligung oder externe Expansion ausgeschlossen ist, und der die Kontinuität der Geschäftstätigkeit und der Arbeitsplätze gewährleistet".

2. Umstrukturierungsmaßnahmen und Investitionen des Beihilfeempfängers

- Umstrukturierungsmaßnahmen des Beihilfeempfängers

Die neuen Aktionäre haben unter der Aufsicht des vom Handelsgericht von Roubaix ernannten Konkursverwalters einen Kapazitätsabbau vorgenommen, indem sie einen Teil der Produktion - vor allem die stark defizitäre Produktion von basischen Garnen - endgültig eingestellt haben. So wurden etwa 60 % der Produktionskapazitäten der früheren S.A. Filature, insbesondere bestimmte stark defizitäre Produktionswerkstätten, endgültig stillgelegt und ein Werk (Proditex) ganz geschlossen. Der voraussichtliche Umsatz des neuen Unternehmens soll 150 Millionen FRF, d. h. 38 % bzw. 26 % der Umsatzzahlen der Jahre 1995 und 1994 betragen. Die Tätigkeit wird sich auf speziellere Produkte mit höherem Mehrwert konzentrieren. Im übrigen hat das neue Unternehmen mit Genehmigung des Gerichts 339 von 587 Beschäftigten der früheren Unternehmensgruppe entlassen. In dem genannten Urteil hat das Handelsgericht von Roubaix festgelegt, daß Lainière de Roubaix als Entlassungsabfindung je weggefallenden Arbeitsplatz 50000 FRF zahlen muß (d. h. insgesamt 16,95 Millionen FRF für die 339 Entlassenen).

Wie die Kommission bereits anläßlich der Verfahreneinleitung bemängelt hatte, hat die französische Regierung allerdings keinen Umstrukturierungsplan vorgelegt, anhand dessen die Kommission beurteilen könnte, ob die langfristige Lebensfähigkeit des begünstigen Unternehmens wiederhergestellt wird und ob die Beihilfe notwendig ist. Mit dem obenerwähnten Schreiben vom 2. März 1998 hat die Kommission die französische Regierung unter anderem aufgefordert, ihr "die jüngsten verfügbaren Finanzdaten für Lainière de Roubaix vorzulegen (...), d. h. eine ausführliche Bilanz und den Jahresabschluß einschließlich der Betriebsrechnung".

Mit Schreiben vom 8. Mai 1998 legte die französische Regierung der Kommission neben dem bereits mit Schreiben vom 2. April 1997 mitgeteilten voraussichtlichen Ergebnis für die Jahre 1996 bis 1999 auch die vorläufige Erfolgsrechnung zum 31. Dezember 1997 vor. Die übrigen geforderten Angaben hat die französische Regierung hingegen nicht übermittelt.

- Umstrukturierungskosten

Nachdem die Kommission wiederholt um ergänzende Angaben über die genauen Kosten gebeten hatte, die mit dem Darlehen von 18 Millionen FRF gedeckt werden sollten, legte die französische Regierung folgende Informationen zu den Umstrukturierungskosten vor:

- In ihrem Schreiben vom 16. Januar 1997 bezifferte die französische Regierung die Umstrukturierungskosten mit 14,5 Millionen FRF, wovon 12,5 Millionen FRF für Umschulungsurlaube und 2 Millionen FRF für die Wiedereingliederung entlassener Beschäftigter in das Arbeitsleben bestimmt waren. Außerdem teilte sie mit, daß "etwa 20 Personen gemäß den allgemeinen Rechtsvorschriften in den Vorruhestand versetzt wurden", ohne jedoch die etwaigen Kosten dieser Maßnahme anzugeben.

- Mit Schreiben vom 2. April 1997 bestätigte die französische Regierung, daß mit dem Darlehen von l8 Millionen FRF die Kosten der "Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit und der raschen Anpassung der Lohn- und Gehaltssumme mit Hilfe des Sozialplans, der infolge des Urteils vom 17. September 1996 verwirklicht wurde," finanziert werden sollten.

- Mit Schreiben vom 8. Mai 1998 bezifferte die französische Regierung die mit der Umstrukturierung verbundenen Kosten wie folgt: Mehrmiete für die Betriebsfläche, die im Zeitraum 1996/97 nicht für die Produktion benötigt wurde: 2,2 Millionen FRF, Verlagerung von Produkten, verbunden mit Umladungsaktionen, welche die Organisation der Produktion behindern: nicht beziffert, Neuorganisation der Räumlichkeiten: 2,5 Millionen FRF, Kosten im Zusammenhang mit der Unterproduktivität des Unternehmens in den ersten sechs Monaten: 10 Millionen FRF, Ausbildungskosten: nicht beziffert, Kosten der nach französischem Recht nicht aufgehobenen Sozialleistungen für Beschäftigte: nicht beziffert, Kosten der Errichtung eines Betriebskontrollsystems: nicht beziffert.

- Mit Schreiben vom 21. Juli 1998 erklärte die französische Regierung, es sei "unmöglich, bestimmten Arbeitsplätzen bestimmte Mittel genau zuzuweisen". Sie teilte außerdem mit, daß das Darlehen für die Anlaufphase nach der gerichtlichen Sanierung bestimmt war, und bestätigte, daß der Betrag von 18 Millionen FRF für die Anlaufkosten, die Betriebskosten und einen Teil der Investitionskosten vorgesehen war. Die Kosten aufgrund der Unterproduktivität des Unternehmens in den ersten sechs Monaten wurden mit 10 Millionen FRF, die Kosten der Neuorganisation der Räumlichkeiten mit 2,5 Millionen FRF (Schreiben vom 8. Mai 1998) und die Kosten der zusätzlichen Miete für die im Zeitraum 1996-1999 nicht benötigten Räumlichkeiten mit 5 Millionen FRF beziffert. Sie erwähnte Kosten wegen mangelnder Anpassung der Beschäftigten (nicht beziffert) und zusätzliche Kosten in Verbindung mit den Sozialleistungen aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit der meisten übernommenen Beschäftigten (l,6 Millionen FRF jährlich).

- Mit Schreiben vom 16. Oktober 1998 teilte die französische Regierung in Ergänzung zu dem Schreiben vom 21. Juli mit, daß zusätzliche Kosten [...](2) anfallen könnten. Diese Kosten waren jedoch zum Zeitpunkt des Schreibens noch nicht endgültig.

- Investitionskosten

Darüber hinaus hat Lainière de Roubaix einen drei Jahre laufenden Investitionsplan mit Aufwendungen von 22,2 Millionen FRF verwirklicht, um die Leistungsfähigkeit der Produktionsanlagen an den einzelnen Standorten zu verbessern und die Nebenkosten (Heizung, Unterhalt usw.) zu minimieren. Der Plan betrifft insbesondere die Modernisierung veralteter Maschinen zwecks Verbesserung der Qualität und Produktivität, den Erwerb neuer Spindeln (9,5 Millionen FRF), die Entwicklung differenzierter Produkte wie Plyfil Lycra (7,6 Millionen FRF) sowie den Einbau und die Sicherstellung der Konformität eines Heizkessels (5,1 Millionen FRF).

- Sonstige Informationen

Lainière de Roubaix ist derzeit im Textilsektor (Wollspinnerei) tätig und steht in direktem Wettbewerb mit anderen, hauptsächlich europäischen und asiatischen Herstellern. Das Unternehmen ist in der Region Nord-Pas-de-Calais ansässig, einem Fördergebiet im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag gemäß der Entscheidung der Kommission vom 14. September 1994 über die Raumordnungsprämien-Regelung für Industrievorhaben(3). Lainière de Roubaix beschäftigt gegenwärtig (Zeitpunkt der Übernahmen, Schreiben vom 24. September 1997) 248 Personen bei einem (geplanten) Umsatz von 150 Millionen FRF und einer Bilanzsumme von 60 Millionen FRF. 85 % des Kapitals werden von natürlichen Personen gehalten.

Der Marktanteil von Lainière de Roubaix beläuft sich nach Angaben der französischen Behörden auf nur 0,4 % der europäischen und 8 % der französischen Produktion. Rund 50 % der Produktion werden exportiert, mehr als die Hälfte davon in die anderen Mitgliedstaaten.

3. Die Beihilfen

a) Darlehen von 18 Millionen FRF

Hinsichtlich des Beteiligungsdarlehens von 18 Millionen FRF hat die französische Regierung folgende Vergabebedingungen mitgeteilt: Laufzeit von 12 Jahren mit einer tilgungsfreien Zeit von zwei Jahren, fester Zinssatz von 4,5 % bzw. 6,5 % während der übrigen 10 Jahre, zuzüglich einer an den Index der bereinigten Innenfinanzierung gebundenen zusätzlichen Verzinsung. Mit Schreiben vom 2. April 1997 übermittelte die französische Regierung das vorläufige konsolidierte Ergebnis von Lainière de Roubaix, wonach sich die Zinsen für das Beteiligungsdarlehen auf 200000 FRF für 1996, 800000 FRF für 1997, 900000 FRF für 1998 und 1100000 FRF für 1999 belaufen. Die französische Regierung hat in ihrem Schreiben vom 21. Juli 1998 die Auffassung vertreten, daß das Darlehen zu Marktbedingungen gewährt wurde.

Auf die von der Kommission in ihrem Schreiben vom 17. Juni 1998 gestellte Frage, ob Lainière de Roubaix zum Zeitpunkt der Gewährung des staatlichen Darlehens auch Darlehen von privaten Banken erhalten hatte, und wenn ja, zu welchen Konditionen (Zinssatz, tilgungsfreie Zeit, Laufzeit usw.), antwortete die französische Regierung, daß "dem Unternehmen von einem Finanzinstitut (...) ein Kreditrahmen von maximal 28 Millionen FRF zu einem Zinssatz in der Größenordnung von derzeit 4,2 % bewilligt wurde".

Die französische Regierung hat allerdings weder Angaben zu den zum Zeitpunkt der Gewährung des staatlichen Beteiligungsdarlehens geltenden Konditionen noch zum Status der beteiligten Finanzinstitute übermittelt.

Mit Schreiben vom 2. April 1997 bestätigte die französische Regierung, daß das Beteiligungsdarlehen vor dem Inkrafttreten des Plans für die Übernahme durch Lainière de Roubaix gewährt worden war.

b) Investitionszuschuß von 22 Millionen FRF

Im Rahmen der Übernahme gewährte die französische Regierung Lainière de Roubaix außerdem einen Investitionszuschuß von 22 Millionen FRF für die obengenannten Investitionen.

Dieser Betrag wurde auf einem Zwangsverwaltungskonto zu Händen des Konkursverwalters festgelegt, den das Handelsgericht von Roubaix im Hinblick auf die Durchführung des Plans eingesetzt hatte. Die Mittel werden nach Maßgabe der Umsetzung des Plans freigegeben. Die französische Regierung hat nicht mitgeteilt, in welcher Höhe bereits Beihilfen freigegeben wurden.

c) Rechtsgrundlage der Beihilfe

Das Beteiligungsdarlehen wurde von der Regierung auf Ad-hoc-Basis gewährt und fällt nicht unter eine von der Kommission genehmigte Beihilferegelung.

Der Investitionszuschuß von 22 Millionen FRF wurde im Rahmen der vom Industrieministerium verwalteten Regelung "Industriepolitische Mittel" (Crédits de politique industrielle - CIRI, Haushaltslinie 64-96) bewilligt. Diese Regelung wurde der Kommission niemals nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag notifiziert. Allerdings hatte die Kommission der französischen Regierung mit Schreiben vom 3. Juli 1991 als zweckdienliche Maßnahme im Sinne von Artikel 93 Absatz 1 vorgeschlagen, ihr grundsätzlich alle Umstrukturierungsbeihilfen einzeln zu notifizieren, die im Rahmen dieser Regelung gewährt werden. Mit Schreiben vom 11. November 1991 hatte die französische Regierung dieser zweckdienlichen Maßnahme unter der Voraussetzung zugestimmt, daß nur Fälle notifiziert werden müssen, in denen der Beihilfebetrag 5 Millionen FRF überschreitet. Dies trifft im vorliegenden Fall eindeutig zu.

III. STELLUNGNAHMEN IM RAHMEN DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 93 ABSATZ 2

1. Gründe für die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2

Anläßlich der Verfahrenseinleitung äußerte die Kommission aus den nachstehend wiedergegebenen Gründen Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt.

Die Kommission prüft staatliche Beihilfen für die Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten nach Maßgabe der 1994 veröffentlichten Leitlinien(4). Sie konnte anhand der ihr zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung vorliegenden Angaben nicht beurteilen, ob die gewährten Beihilfen nach den in diesen Leitlinien aufgeführten Kriterien als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden konnten. Da kein Umstrukturierungsplan vorgelegt worden war, konnte sie außerdem nicht überprüfen, ob das Unternehmen langfristig lebensfähig und die Beihilfe streng auf das für die Umstrukturierung erforderliche Mindestmaß begrenzt war. Sie räumte allerdings ein, daß das Unternehmen unter bestimmten Bedingungen und innerhalb gewisser Grenzen für Regionalbeihilfen nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag in Betracht kommen könnte.

2. Stellungnahmen der französischen Regierung

Nach Ansicht der französischen Regierung ist die Beihilfe für Lainière de Roubaix als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen, da die staatlichen Maßnahmen zugunsten dieses Unternehmens - d. h. die Investitionsbeihilfen und das Beteiligungsdarlehen - in ihrer Gesamtheit beurteilt werden müssen. Diese beiden Maßnahmen seien zusammen mit der Einstellung der strukturell defizitären Tätigkeiten und der Investition in neu entstehende Marktnischen erforderlich, um die Wiederherstellung der langfristigen Lebensfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten.

Unter Zugrundelegung eines Subventionsäquivalents von 22 Millionen FRF für den Investitionszuschuß und von -0,4 Millionen FRF für das Darlehen (gestützt auf den von der Kommission mit Schreiben vom 18. August 1997 mitgeteilten Bezugszinssatz von 5,55 %) beziffert die französische Regierung das Subventionsäquivalent der Umstrukturierungsbeihilfen auf insgesamt 21,6 Millionen FRF bzw. 55 % Beihilfeintensität (Schreiben vom 24. September 1997 und 8. Mai 1998).

Darüber hinaus ist das Darlehen von 18 Millionen FRF nach Ansicht der französischen Regierung als Rettungsbeihilfe im Sinne der obengenannten Leitlinien zu betrachten, obwohl seine Laufzeit die darin vorgesehene Hoechstdauer von 6 Monaten überschreitet. Diese Beihilfen seien daher als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen (Schreiben vom 24. September 1997). Im übrigen bestreitet die französische Regierung die Unrechtmäßigkeit der Beihilfe, weigert sich jedoch, auf diesen Punkt näher einzugehen (Schreiben vom 8. Mai 1998). Außerdem wird der von der Kommission bei der Verfahrenseinleitung vertretene Standpunkt angefochten, wonach die französische Regierung keine ausreichenden Angaben für die Beurteilung der langfristigen Lebensfähigkeit des Unternehmens vorgelegt hat (Schreiben vom 24. September 1997).

Ferner verursachen die Beihilfen zugunsten von Lainière de Roubaix keine Wettbewerbsverzerrungen. Zum einen habe das neue Unternehmen einen erheblichen Kapazitätsabbau vorgenommen und bestimmte Produktionsstätten geschlossen, zum anderen sei der Anteil des Unternehmens am europäischen Markt unbedeutend (Schreiben vom 24. September 1997). Lainière de Roubaix sei ein KMU im Sinne der Gemeinschaftsdefinition und in einem Fördergebiet im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag mit einer zulässigen Beihilfeintensität von 33 % für KMU ansässig (Schreiben vom 24. September 1997). Die französische Regierung habe Angaben vorgelegt, aus denen hervorgehe, daß der Markt, auf dem Lainière de Roubaix tätig ist, nicht von Überkapazitäten betroffen, sondern im Gegenteil in der Expansion befindlich sei (Schreiben vom 8. Mai 1998).

3. Stellungnahmen der Beteiligten

Im Rahmen des Verfahrens haben die deutschen Unternehmen Leuze Textil GmbH & Co., Owen-Teck (Schreiben vom 11. November und 17. Dezember 1996 sowie 11. Februar 1998) und Kammspinnerei Stöhr GmbH, Mönchengladbach, (Schreiben vom 23. Januar 1998) sowie der Textilverband Febeltex (Schreiben vom 22. Januar 1998) der Kommission ihre Stellungnahmen vorgelegt. Darin haben sie vor allem auf die Schwierigkeiten des betroffenen Marktes hingewiesen und die Kommission aufgefordert, die Vereinbarkeit der Beihilfen zugunsten von Lainière de Roubaix mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen. Die Kommission hat der französischen Regierung am 2. März 1998 Kopien dieser Schreiben übermittelt, um ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

IV. BEURTEILUNG DER BEIHILFE

1. Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag

a) Der Investitionszuschuß von 22 Millionen FRF

Der Investitionszuschuß stellt eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag dar, da er einem bestimmten Unternehmen vom Staat als verlorener Zuschuß gewährt wurde und dem Beihilfeempfänger damit einen finanziellen Vorteil von 22 Millionen FRF verschafft. Außerdem droht er den Wettbewerb zu verfälschen, weil er einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, in dessen Genuß andere Hersteller nicht gekommen sind. Er beeinträchtigt den Handel zwischen Mitgliedstaaten schon allein aus dem Grund, daß das begünstigte Unternehmen einen Teil seiner Produkte nach anderen Mitgliedstaaten exportiert.

Die Tatsache, daß das Unternehmen seine Produktionskapazitäten erheblich abgebaut hat, schließt die Einstufung als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag noch nicht aus. Auch der relativ geringe Anteil des Beihilfeempfängers am europäischen Markt ist an sich noch kein Grund, um Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen. Ohne die fragliche Beihilfe hätte das Unternehmen die genannten Investitionen nämlich nicht verwirklichen können, so daß einige Marktanteile möglicherweise von seinen Wettbewerbern übernommen worden wären.

b) Das Beteiligungsdarlehen von 18 Millionen FRF

Ein vom Staat gewährtes Beteiligungsdarlehen beinhaltet einen wirtschaftlichen Vorteil für den Begünstigten, da es ihm ermöglicht, Kapital zu günstigeren Bedingungen als am Markt üblich aufzunehmen. Der Vergleich zwischen den Marktbedingungen und den Bedingungen des betreffenden Darlehens muß sich auf den Zeitpunkt der Darlehensgewährung beziehen. Da die französischen Behörden kein genaues Datum genannt haben, wird der Zeitpunkt zugrunde gelegt, an dem die mit Hilfe des Darlehens verwirklichte Übernahme wirksam würde (1. Oktober 1996).

Die von der französischen Regierung verwendete Methode zur Berechnung des Zinssatzes des Beteiligungsdarlehens sieht für die letzten 10 Jahre der Laufzeit eine Zinserhöhung vor, die eher von der Leistung des Unternehmens als vom Marktzinssatz abhängig gemacht wird. Aufgrund dieser Methode an sich kann nicht der Schluß gezogen werden, daß das Beteiligungsdarlehen zu Marktbedingungen gewährt wurde.

Wenn genauere Angaben für den Vergleich der Bedingungen eines staatlichen Darlehens mit den Marktbedingungen fehlen, legt die Kommission einen Bezugszinssatz zugrunde, um das Beihilfeelement des Darlehens zu ermitteln. Dieser Bezugssatz soll das durchschnittliche Niveau der Marktzinssätze widerspiegeln, die in den Mitgliedstaaten für mittel- und langfristige Darlehen mit den üblichen Sicherheiten gelten. Im vorliegenden Fall hat der Staat ein Beteiligungsdarlehen gewährt, das ihm eine Option auf eine Beteiligung an dem betreffenden Unternehmen einräumt. Diese Maßnahme ähnelt einer staatlichen Kapitalzufuhr. Die Kommission hat Kriterien veröffentlicht, mit deren Hilfe beurteilt werden kann, ob eine staatliche Kapitalzufuhr eine Beihilfe darstellt(5). In diesem Zusammenhang war sie zu dem Schluß gelangt, daß die Zuführung neuen Kapitals kein Beihilfeelement beinhaltet, wenn sie unter Voraussetzungen erfolgt, die auch für einen privaten Investor, der unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen tätig ist, annehmbar wären.

Im vorliegenden Fall ist die Gewährung des Beteiligungsdarlehens durch den französischen Staat im Rahmen der Übernahme der Aktiva der S.A. Filature durch Lainière de Roubaix nach Ansicht der Kommission nicht unter Voraussetzungen erfolgt, die auch für einen unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen tätigen privaten Investor annehmbar wären. Die Kommission hat bereits anläßlich der Verfahrenseinleitung aufgezeigt, daß die Übernahme der Aktiva des neuen Unternehmens hauptsächlich durch staatliche Beihilfen ermöglicht wurde, zumal das eingebrachte Gesellschaftskapital im Vergleich zu den Beihilfen gering ist. Im übrigen hat die französische Regierung trotz Aufforderung der Kommission nicht nachgewiesen, daß Lainière de Roubaix zum Zeitpunkt der Gewährung des staatlichen Beteiligungsdarlehens anderweitig Darlehen oder Kapitalzuführungen zu vergleichbaren Bedingungen hätte erlangen können. Daher muß bei der Berechnung des Beihilfeelements des betreffenden Darlehens der vorerwähnte Bezugszinssatz als Indikator für den Marktzinssatz herangezogen werden.

Zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung galt für die Festlegung des von der Kommission verwendeten Zinssatzes nach Absprache mit den Mitgliedstaaten in den multilateralen Sitzungen vom 24./25. Juni und 15. Dezember 1993 die Methode, die die Kommission den Mitgliedstaaten mit Schreiben vom 17. Januar 1994 mitgeteilt hat. Im Rahmen dieser Methode teilt die Kommission den Mitgliedstaaten die Bezugszinssätze zu Anfang jeden Jahres mit. Mit Schreiben vom 2. August 1996 hatte die Kommission der französischen Regierung den ab 1. August 1996 gültigen Bezugszinssatz von 8,28 % mitgeteilt, der zum Zeitpunkt der Gewährung des staatlichen Beteiligungsdarlehens noch in Kraft war. Da keine näheren Angaben darüber vorliegen, welche Rendite von einem am Markt aufgenommenen vergleichbaren Beteiligungsdarlehen zu erwarten wäre, ist für die bereits verstrichene Laufzeit des 1996 gewährten Beteiligungsdarlehens dieser Bezugszinssatz als Mindest-Marktzinssatz zugrunde zu legen.

Das Subventionsäquivalent dieses Beteiligungsdarlehens entspricht folglich der Differenz zwischen dem vom Staat angewandten Zinssatz und dem Bezugszinssatz. Diese Differenz stellt einen vom Staat gewährten wirtschaftlichen Vorteil für das begünstigte Unternehmen dar. Genau wie der Investitionszuschuß droht dieses Darlehen aufgrund des finanziellen Vorteils den Wettbewerb zu verfälschen und beeinträchtigt den Handel zwischen Mitgliedstaaten. Folglich weist das Darlehen Beihilfeelemente im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag auf.

Unter Heranziehung des obengenannten Bezugszinssatzes und in der Annahme (da Angaben der französischen Regierung fehlen), daß eine lineare Rückzahlung erfolgt, veranschlagt die Kommission das Bruttosubventionsäquivalent des Beteiligungsdarlehens von 18 Millionen FRF auf 1461067 FRF für die gesamte Laufzeit (bzw. - nur zur Information - auf 1164980 FRF, falls der Satz zum 31. Dezember 1998 an den Bezugszinssatz angepaßt wird).

Die beschriebene Methode wurde auch von der französischen Regierung bei der Berechnung der Beihilfeintensität verwendet, wie in den vorerwähnten Schreiben mitgeteilt. Allerdings ist das Ergebnis dieser Berechnung nicht korrekt, da die französische Regierung den ab 1. August 1997 geltenden Bezugszinssatz von 5,55 % verwendet hat, den ihr die Kommission mit Schreiben vom 18. August 1997 mitgeteilt hatte. Dieser war jedoch zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung nicht gültig.

2. Unrechtmäßigkeit der Beihilfen

Wie oben aufgezeigt, wurden die Beihilfen nicht im Rahmen einer von der Kommission genehmigten Beihilferegelung gewährt. Folglich wurden sie entgegen Artikel 93 Absatz 3 vor der Entscheidung der Kommission über ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt bewilligt. Für den Investitionszuschuß gilt dasselbe, auch wenn er noch nicht vollständig an den Empfänger ausgezahlt wurde. Seine Gewährung ist jedoch bereits beschlossen, und die Zahlung hängt nur noch von der Durchführung der einzelnen Investitionsabschnitte ab. Folglich müssen die Beihilfen als unrechtmäßig angesehen werden.

3. Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt

Die Beihilfen sind nicht aufgrund einer der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 2 mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, da es sich weder um Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher handelt noch um Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind. Die Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 2 Buchstabe c) EG-Vertrag ist nicht anwendbar. Ebensowenig können die Beihilfen aufgrund der Bestimmungen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstaben a), b) und d) als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden. Es handelt sich nicht um Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten mit außergewöhnlich niedriger Lebenshaltung oder erheblicher Unterbeschäftigung im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a), im Sinne der Mitteilung der Kommission über die Methode zur Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) auf Regionalbeihilfen(6) und im Sinne der Entscheidung der Kommission über die Raumordnungsprämien-Regelung für Industrievorhaben(7). Ebensowenig sind die Beihilfen für die Verwirklichung eines wichtigen Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse oder für die Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats bestimmt.

Folglich kann die Vereinbarkeit der Beihilfen nur im Rahmen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) beurteilt werden. Die Anwendbarkeit dieser Ausnahmebestimmung ist anhand der einschlägigen Gemeinschaftsrahmen und Leitlinien zu prüfen, die veranschaulichen, wie die Kommission die Bestimmung auslegt.

- Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen

Die fraglichen Beihilfen können nach Ansicht der Kommission aus den nachstehenden Gründen nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden.

Im Einklang mit der ständigen Praxis der Kommission, die sich auf die Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen stützt(8), wird die Vereinbarkeit von Umstrukturierungsbeihilfen zunächst von der Vorlage eines Umstrukturierungsplans abhängig gemacht, anhand dessen sich die Kommission davon vergewissern kann, daß das Unternehmen nach einem angemessenen Zeitraum langfristig lebensfähig sein wird. Der Plan muß auf realistischen Annahmen hinsichtlich der künftigen Betriebsbedingungen des begünstigten Unternehmens beruhen. Wie bereits anläßlich der Verfahrenseinleitung sowie in Ziffer II.2 dieser Entscheidung bemängelt, hat die französische Regierung der Kommission jedoch keinen plausiblen Umstrukturierungsplan vorgelegt. Auch nach der Verfahrenseinleitung wurde der Kommission kein solcher Plan übermittelt. Daher kann die Kommission ihren seinerzeit vertretenen Standpunkt nicht revidieren.

Darüber hinaus wurde die in den Leitlinien vorgesehene Bedingung, daß die Umstrukturierungsbeihilfe der Kommission mit allen notwendigen Einzelheiten präsentiert wird, nicht erfuellt. Bestimmte von der Kommission ausdrücklich geforderte Angaben wurden - wie bereits in Ziffer II.2 erwähnt - nie vorgelegt. Außerdem wurden bestimmte Umstrukturierungskosten nicht beziffert (siehe ebenfalls Ziffer II.2). Die Angaben über die übrigen Kosten weichen in den einzelnen Schreiben der französischen Behörden erheblich voneinander ab.

Was die langfristige Lebensfähigkeit des Unternehmens betrifft, die durch die vor der Verfahrenseinleitung übermittelten vorläufigen Betriebsrechnungen (Schreiben vom 22. November 1996 und 2. April 1997) belegt werden soll, so ist festzustellen, daß die erste Betriebsrechnung Fehler in der Kalkulation des Betriebsergebnisses enthält, während aus der zweiten hervorgeht, daß das Nettoergebnis des Unternehmens für 1996 (etwa 20 Millionen FRF) ausschließlich der Investitionsbeihilfe zu verdanken ist. Das Nettoergebnis für das Jahr 1999, in dem die Umstrukturierung voraussichtlich abgeschlossen wird, soll 848000 FRF betragen, was einem kontinuierlichen Rückgang von 60 % bis 70 % jährlich ab 1996 entspricht. Dieses Ergebnis könnte mit mangelnder Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens in Zusammenhang gebracht werden.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Angaben der französischen Behörden auch ohne einen Umstrukturierungsplan im Sinne der obengenannten Leitlinien nicht belegen, daß das Unternehmen langfristig lebensfähig ist.

Dieser Eindruck wird durch die jüngsten, mit Telefax vom 16. Oktober 1998 übermittelten Informationen der französischen Regierung noch verstärkt. Nach diesen Angaben sind die Ergebnisse bei einem wesentlichen Teil der Tätigkeiten des neuen Unternehmens weit hinter den Prognosen zurückgeblieben, die der Käufer in seinem Umstrukturierungsplan aufgestellt hatte [...] *. Neben der Tatsache, daß die unter den Ziffern II.1 und II.2 der vorliegenden Entscheidung wiedergegebenen Angaben der französischen Regierung nicht als Umstrukturierungsplan im Sinne der Leitlinien angesehen werden können, zeigen diese Informationen, daß die Gewährung der fraglichen Beihilfen nicht mit einem plausiblen Umstrukturierungsprogramm einherging.

Hinzu kommt, daß die Beihilfe nach den Leitlinien in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten und dem Nutzen der Umstrukturierung stehen muß. Dies setzt normalerweise voraus, daß die Beihilfeempfänger aus eigenen Mitteln oder durch Fremdfinanzierung zu marktüblichen Bedingungen einen erheblichen Beitrag zum Umstrukturierungsplan leisten müssen. Im vorliegenden Fall hat der Käufer neben dem Betrag von 4,8 Millionen FRF für die Übernahme der Aktiva ein Kapital von rund 500000 FRF eingebracht. Dem stehen 40 Millionen FRF öffentliche Mittel gegenüber. Das Mißverhältnis ist offensichtlich, da der Käufer nur etwa 12 % der Mittel selbst aufgebracht hat. Das Verhältnismäßigkeitskriterium ist folglich nicht erfuellt.

Das Mißverhältnis zwischen den öffentlichen Mitteln und dem Beitrag des Käufers ist aus mehreren Gründen nicht akzeptabel. Erstens ist offensichtlich, daß das Unternehmen ohne die staatliche Unterstützung nicht lebensfähig wäre. Zweitens stellt der stetige drastische Rückgang der Gewinne während der voraussichtlichen Dauer der Umstrukturierung eine noch äußerst optimistische Prognose dar, wenn man berücksichtigt, daß der Käufer für 1998 die Schließungen zusätzlicher Werkstätten ins Auge fassen muß. Drittens zeigen die Angaben der französischen Behörden, wonach die durchschnittlichen Preise des Unternehmens über den durchschnittlichen Marktpreisen liegen und die auf diesem speziellen Markt (Lycra-Wolle) praktizierten Preise auch zu den höchsten in Europa zählen (Schreiben vom 8. Mai 1998), daß das Unternehmen einer der am wenigsten wettbewerbsfähigen Hersteller auf dem Markt ist, obwohl es den überwiegenden Teil seiner Kosten dank der staatlichen Unterstützung nicht selber tragen mußte.

Im übrigen kann auch die Auffassung der französischen Regierung, daß die Beihilfen in Form des Beteiligungsdarlehens als Rettungsbeihilfen einzustufen sind, nicht geteilt werden. Den Leitlinien zufolge wird nämlich durch Rettungsbeihilfen "ein Unternehmen, dessen finanzielle Situation sich soweit verschlechtert hat, daß es sich in einer akuten Liquiditätskrise oder technischer Insolvenz befindet, vorübergehend am Leben erhalten, während die Situation, die zu seinen Schwierigkeiten geführt hat, analysiert und ein Sanierungsplan konzipiert wird".

Diese Beihilfe wurde jedoch gewährt, um die Übernahme der Aktiva und damit die Gründung des neuen Unternehmens zu ermöglichen. Eindeutig diente sie nicht dazu, den Betrieb vorübergehend aufrechtzuerhalten, bis ein Umstrukturierungsplan ausgearbeitet wurde, da ein solcher ja nicht vorliegt, wie von der Kommission festgestellt wurde.

- Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung

Aufgrund der Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag kann die Kommission Beihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ansehen, die die Entwicklung gewisser Wirtschaftsgebiete fördern, wenn sie Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändern. Mit der vorgenannten Entscheidung vom 14. September 1994 über die Raumordnungsprämien-Regelung für Industrievorhaben hat die Kommission auf der Grundlage der sozio-ökonomischen Daten für die betreffenden Gebiete entschieden, daß Erstinvestitionen im Sinne von Ziffer 18 i) des Anhangs ihrer Mitteilung über Beihilfen mit regionaler Zielsetzung(9) in dem Gebiet, in dem Lainière de Roubaix ansässig ist, für Regionalbeihilfen mit einer Intensität von 25 % brutto für Großunternehmen, zuzüglich eines Zuschlags von 10 % für KMU (d. h. 35 % brutto), in Betracht kommen. Lainière de Roubaix muß als KMU im Sinne der Gemeinschaftsdefinition angesehen werden.

Was den Investitionszuschuß von 22 Millionen FRF für Lainière de Roubaix betrifft, so ist die Kommission zu folgendem Ergebnis gelangt: Die von Lainière de Roubaix verwirklichten Investitionen von 22 Millionen FRF können als Erstinvestitionen im Sinne der Mitteilung von 1979 betrachtet werden. Folglich können Investitionsbeihilfen von 35 % brutto der Investitionskosten von 22,2 Millionen FRF, d. h. 7,77 Millionen FRF brutto, aus den vorgenannten Gründen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar im Sinne der Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) angesehen werden. Die übrigen Beihilfen von 14,23 Millionen FRF können hingegen nicht auf dieser Grundlage als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden.

Hinsichtlich des Beteiligungsdarlehens von 18 Millionen FRF ist festzustellen, daß die von der französischen Regierung mit Schreiben vom 21. Juli 1998 mitgeteilten förderfähigen Kosten nicht als Erstinvestitionen im Sinne der vorerwähnten Mitteilung angesehen werden können. Es handelt sich vielmehr um laufende Kosten, die jedes Unternehmen normalerweise tragen muß. Daher sind diese Beihilfen als Betriebsbeihilfen zu betrachten, die angesichts der ständigen Praxis der Kommission im Einklang mit ihrer Mitteilung über die Methode zur Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) auf Regionalbeihilfen(10) nicht außerhalb eines Fördergebiets im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) gewährt werden können. Folglich kann das Beteiligungsdarlehen nicht aufgrund dieser Ausnahmebestimmung als mit dem Gemeinsamen Markt angesehen werden.

- Sonstige Grundlagen für Ausnahmen

Das Unternehmen Lainière de Roubaix kommt grundsätzlich für Beschäftigungsbeihilfen im Sinne der Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen(11) in Betracht. Die französische Regierung hat jedoch trotz mehrfacher Aufforderung der Kommission die möglicherweise förderfähigen Sozialkosten nicht genauer aufgeschlüsselt oder beziffert. Sie hat vielmehr in ihren jüngsten Schreiben vom 8. Mai, 21. Juli und 16. Oktober 1998 Kosten angegeben, die nicht für Beschäftigungsbeihilfen aufgrund der genannten Leitlinien in Betracht kommen.

V. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die Kommission stellt fest, daß die französische Regierung unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag einen Investitionszuschuß von 22 Millionen FRF und ein Beteiligungsdarlehen von 18 Millionen FRF gewährt hat.

Sie ist der Ansicht, daß Investitionsbeihilfen von 35 % brutto der Investitionskosten von 22,2 Millionen FRF, d. h. 7,77 Millionen FRF, aufgrund von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können. Die übrigen Beihilfen von 14,23 Millionen FRF müssen hingegen als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar angesehen werden. Um die wirtschaftliche Lage wiederherzustellen, in der sich das Unternehmen ohne die Gewährung dieser Beihilfe befände, muß die französische Regierung sämtliche erforderlichen Maßnahmen treffen, um die unvereinbaren Beihilfen von 14,23 Millionen FRF von dem Begünstigten zurückzuerlangen.

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, daß das Darlehen von 18 Millionen FRF ein Beihilfeelement enthält, das der Differenz zwischen dem von der französischen Regierung angewandten Zinssatz und dem zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung geltenden Bezugszinssatz entspricht. Die Kommission veranschlagt diesen Betrag für die gesamte Laufzeit des Darlehen auf 1461067 FRF (bzw. - nur zur Information - auf 1164980 FRF, falls der Satz zum 31. Dezember 1998 an den Bezugszinssatz angepaßt wird). Beihilfen dieser Höhe müssen als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar angesehen werden. Um die wirtschaftliche Lage wiederherzustellen, in der sich das Unternehmen ohne die Gewährung dieser unvereinbaren Beihilfe befände, muß die französische Regierung diese Beihilfe unverzüglich aufheben, indem sie marktübliche Bedingungen anwendet, d. h. einen Zinssatz zugrundelegt, der mindestens dem zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung geltenden Bezugszinssatz von 8,28 % entspricht -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die dem Unternehmen Nouvelle Filature Lainière de Roubaix von Frankreich gewährte Beihilfe in Form eines Investitionszuschusses von 7,77 Millionen FRF kann aufgrund des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden.

Artikel 2

Die dem Unternehmen Nouvelle Filature Lainière de Roubaix von Frankreich gewährte Beihilfe in Form eines Investitionszuschusses von 14,23 Millionen FRF ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 3

(1) Das Beteiligungsdarlehen von 18 Millionen FRF stellt eine Beihilfe dar, da der von Frankreich angewandte Zinssatz unter dem zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung geltenden Bezugszinssatz von 8,28 % liegt.

(2) Die in Absatz 1 genannte Beihilfe Frankreichs zugunsten von Nouvelle Filature Lainière de Roubaix ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 4

(1) Frankreich trifft sämtliche erforderlichen Maßnahmen, um die in Artikel 2 genannte unrechtmäßig gewährte Beihilfe von dem Begünstigten Nouvelle Filature Lainière de Roubaix zurückzuerlangen.

(2) Die Rückerstattung erfolgt nach den Verfahren und Vorschriften des französischen Rechts. Auf die zurückzufordernden Beträge werden vom Datum ihrer Gewährung bis zur tatsächlichen Rückerstattung Zinsen erhoben, die auf der Grundlage des Bezugszinssatzes für die Berechnung des Subventionsäquivalents von Regionalbeihilfen berechnet werden.

(3) Frankreich hebt die in Artikel 3 genannte Beihilfe unverzüglich auf, indem es marktübliche Bedingungen anwendet, d. h. einen Zinssatz zugrunde legt, der mindestens dem zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung geltenden Bezugszinssatz von 8,28 % entspricht.

Artikel 5

Frankreich unterrichtet die Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung von den Maßnahmen, die es getroffen hat, um ihr nachzukommen.

Artikel 6

Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet.

Brüssel, den 4. November 1998

Für die Kommission

Karel VAN MIERT

Mitglied der Kommission

(1) ABl. C 392 vom 24.12.1997, S. 6.

(2) Teile dieser Entscheidung wurden so abgefaßt, daß vertrauliche Angaben nicht offengelegt werden; diese Teile stehen in eckigen Klammern und sind durch ein * gekennzeichnet.

(3) ABl. C 364 vom 20.12.1994, S. 6.

(4) ABl. C 368 vom 23.12.1994, S. 12.

(5) Bulletin der Europäischen Gemeinschaften 9-1984.

(6) ABl. C 212 vom 12.8.1988, S. 2.

(7) Siehe Fußnote 2.

(8) Siehe Fußnote 3, Ziffer 3.2.

(9) ABl. C 31 vom 3.2.1979, S. 9.

(10) Siehe Fußnote 5, Ziffer 6.

(11) ABl. C 334 vom 12.12.1995, S. 4.

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