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Document 62010CJ0327

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung Nr. 44/2001 – Geltungsbereich – Bestimmung der internationalen Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats

(Verordnung Nr. 44/2001 des Rates)

2. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung Nr. 44/2001 – Zuständigkeit für Verbrauchersachen – Gericht des Mitgliedstaats, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat – Kein bekannter Wohnsitz – Zuständigkeit des Gerichts des letzten bekannten Wohnsitzes – Voraussetzungen

(Verordnung Nr. 44/2001 des Rates, Art. 16 Abs. 2 und Art. 59)

3. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung Nr. 44/2001 – Nationale Vorschrift, die die Durchführung eines Verfahrens gegen eine Person ermöglicht, deren Aufenthalt unbekannt ist – Zulässigkeit – Voraussetzungen

(Verordnung Nr. 44/2001 des Rates)

Leitsätze

1. Die Verordnung Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass die Anwendung der in dieser Verordnung festgelegten Vorschriften voraussetzt, dass die fragliche Situation in dem Rechtsstreit, mit dem ein mitgliedstaatliches Gericht befasst ist, Fragen in Bezug auf die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit dieses Gerichts aufwerfen kann. Eine solche Situation besteht, wenn ein mitgliedstaatliches Gericht mit einer Klage gegen einen Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats befasst ist, dessen Wohnsitz diesem Gericht nicht bekannt ist.

Denn die ausländische Staatsangehörigkeit eines am Rechtsstreit Beteiligten wird zwar von den in der Verordnung Nr. 44/2001 festgelegten Zuständigkeitsvorschriften nicht berücksichtigt, jedoch ist zwischen der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Zuständigkeitsvorschriften dieser Verordnung Anwendung beanspruchen, und der Frage, nach welchen Kriterien sich die internationale Zuständigkeit gemäß diesen Regeln richtet, zu unterscheiden. Die ausländische Staatsangehörigkeit des Beklagten kann aber Fragen hinsichtlich der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts aufwerfen.

(vgl. Randnrn. 31-32, 35, Tenor 1)

2. Die Verordnung Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass in einer Situation, in der ein Verbraucher, der Partei eines langfristigen Hypothekendarlehensvertrags ist, mit dem die Verpflichtung verbunden ist, dem Vertragspartner jede Adressänderung mitzuteilen, seinen Wohnsitz aufgibt, bevor gegen ihn eine Klage wegen Verletzung seiner vertraglichen Pflichten erhoben wird, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sich der letzte bekannte Wohnsitz des Verbrauchers befindet, nach Art. 16 Abs. 2 dieser Verordnung zuständig sind, über diese Klage zu befinden, wenn es ihnen nicht gelingt, in Anwendung von Art. 59 dieser Verordnung den aktuellen Wohnsitz des Beklagten festzustellen, und sie auch nicht über beweiskräftige Indizien verfügen, die den Schluss zulassen, dass der Beklagte seinen Wohnsitz tatsächlich außerhalb des Unionsgebiets hat.

(vgl. Randnr. 55, Tenor 2)

3. Die Verordnung Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass sie die Anwendung einer Bestimmung des nationalen Prozessrechts eines Mitgliedstaats, die in dem Bemühen, Fälle der Justizverweigerung zu vermeiden, die Durchführung von Verfahren gegen Personen, deren Aufenthalt unbekannt ist, in deren Abwesenheit ermöglicht, nicht verwehrt, wenn sich das angerufene Gericht vor der Entscheidung über den Rechtsstreit vergewissert hat, dass alle erforderlichen Nachforschungen, die der Sorgfaltsgrundsatz und der Grundsatz von Treu und Glauben gebieten, vorgenommen worden sind, um den Beklagten ausfindig zu machen.

(vgl. Randnr. 55, Tenor 2)

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