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Document 62007TJ0425

    Leitsätze des Urteils

    Verbundene Rechtssachen T-425/07 und T-426/07

    Agencja Wydawnicza Technopol sp. z o.o.

    gegen

    Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

    „Gemeinschaftsmarke — Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarken 100 und 300 — Erklärung zum Schutzumfang — Art. 38 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 37 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009) — Fehlende Unterscheidungskraft“

    Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 19. November 2009   II ‐ 4278

    Leitsätze des Urteils

    1. Gemeinschaftsmarke – Eintragungsverfahren – Prüfung des Antrags – Marke, die einen nicht unterscheidungskräftigen Bestandteil enthält – Möglichkeit des Amtes, eine Erklärung hinsichtlich dieses Bestandteils zu verlangen

      (Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 38 Abs. 2)

    2. Gemeinschaftsmarke – Eintragungsverfahren – Prüfung des Antrags – Marke, die einen nicht unterscheidungskräftigen Bestandteil enthält – Möglichkeit des Amtes, eine Erklärung hinsichtlich dieses Bestandteils zu verlangen

      (Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 38 Abs. 2)

    1.  Im Fall von Bildzeichen, die sich zum einen aus den Zahlenbestandteilen „100“ und „300“ und zum anderen aus Bildbestandteilen wie Farben, Rahmen, Bändern und dem verwendeten Schriftbild zusammensetzen und als Gemeinschaftsmarke für „Aushänge, Poster und Plakate, Alben, Bücher (kleine), Magazine, Formulare, Druckereierzeugnisse, Zeitungen, Kalender, Kreuzworträtsel, Bilderrätsel“ in Klasse 16 und „Geduldsspiele, Rätsel, Puzzle“ in Klasse 28 des Abkommens von Nizza angemeldet wurden, kann das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) als Bedingung für die Eintragung verlangen, dass der Anmelder erklärt, dass er an den Zahlenbestandteilen kein ausschließliches Recht in Anspruch nehmen wird.

      Die Zahlen 100 und 300 weisen auf Mengen hin und werden vom Durchschnittsverbraucher in der gesamten Europäischen Gemeinschaft sofort und ohne weitere Überlegung als eine Beschreibung von Merkmalen der fraglichen Waren wie insbesondere der Anzahl der Aushänge je Warenpartie, der Seitenzahl von Veröffentlichungen oder der Einzelteilzahl von Puzzle- und Rätselspielen, die deren Schwierigkeitsgrad bestimmt, und damit von Merkmalen aufgefasst werden, die für die Kaufentscheidung wesentlich sind. Daher werden die maßgeblichen Verkehrskreise diese Zahlenbestandteile in dem Sinne wahrnehmen, dass sie Informationen über die gekennzeichneten Waren vermitteln, und nicht als Hinweis auf die Herkunft der fraglichen Waren.

      Was das Vorliegen von Zweifeln über den Schutzumfang betrifft, sind die Bildbestandteile der angemeldeten Marken, d. h. die Farben, die Rahmen, die Bänder und das verwendete Schriftbild, zu gewöhnlich, um sich in der Wahrnehmung durch die Verbraucher durchzusetzen. Hingegen sind die Zahlen als alleinige Wortbestandteile geeignet, die Aufmerksamkeit der betreffenden Verbraucher stärker auf sich zu ziehen, und nehmen somit im von den Anmeldemarken hervorgerufenen Gesamteindruck eine beherrschende Stellung ein. Würde die Eintragung der angemeldeten Marken mit keiner Bedingung verbunden, könnte daher der Eindruck entstehen, dass sich die Ausschließlichkeitsrechte auf die Bestandteile „100“ und „300“ erstrecken, so dass ihre Verwendung in anderen Marken verhindert würde. Deshalb gab die Aufnahme dieser Zeichen in die angemeldeten Marken Anlass zu Zweifeln über deren Schutzumfang.

      (vgl. Randnrn. 24-25, 27-28)

    2.  Enthält eine Marke einen Bestandteil, der nicht unterscheidungskräftig ist, und kann die Aufnahme dieses Bestandteils zu Zweifeln über den Umfang des gewährten Schutzes Anlass geben, ermächtigt Art. 38 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle), als Bedingung für die Eintragung zu verlangen, dass der Anmelder erklärt, dass er an dem Bestandteil kein ausschließliches Recht in Anspruch nehmen wird.

      Diese Erklärung, die in der Praxis als „Disclaimer“ bekannt ist, hat die Funktion, deutlich herauszustellen, dass sich das ausschließliche Recht, das dem Inhaber einer Marke verliehen wird, nicht auf die nicht unterscheidungskräftigen Bestandteile der Marke erstreckt. Dadurch können etwaige spätere Anmelder erkennen, dass die nicht unterscheidungskräftigen Bestandteile einer eingetragenen Marke, die Gegenstand einer solchen Erklärung sind, weiterhin verfügbar sind.

      Die Folgen der Nichtvorlage der vom Amt verlangten Erklärung werden in Regel 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 festgelegt. Bringt demnach der Anmelder die vom Amt geforderte Erklärung nicht fristgemäß bei, kann das Amt die Anmeldung ganz oder teilweise zurückweisen.

      (vgl. Randnrn. 18-20)

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