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Document 62007CJ0478

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Freier Warenverkehr – Ausnahmen – Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums – Schutz einer Bezeichnung als einfache und mittelbare geografische Herkunftsangabe – Voraussetzungen

(Art. 28 EG und 30 EG)

2. Freier Warenverkehr – Ausnahmen – Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums – Schutz einer nach einem bilateralen Vertrag zwischen Mitgliedstaaten als geografische Angabe und Ursprungsbezeichnung geschützten Bezeichnung – Voraussetzungen

(Art. 30 EG)

3. Landwirtschaft – Einheitliche Rechtsvorschriften – Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel – Einheitliche und abschließende Schutzregelung

(Verordnung Nr. 510/2006 des Rates)

Leitsätze

1. Um festzustellen, ob eine Bezeichnung als eine einfache und mittelbare geografische Herkunftsangabe verstanden werden kann, deren Schutz durch die in Rede stehenden bilateralen Verträge nach den Kriterien des Art. 30 EG gerechtfertigt sein kann, hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob diese Bezeichnung, auch wenn sie nicht als solche ein geografischer Name ist, nach den tatsächlichen Gegebenheiten und dem begrifflichen Verständnis, die in der Tschechischen Republik bestehen, doch zumindest geeignet ist, den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass das damit bezeichnete Produkt aus einem Gebiet oder einem Ort in diesem Mitgliedstaat stammt. Sollte diese Prüfung ergeben, dass die in Rede stehende Bezeichnung diese Mindestfähigkeit, auf die geografische Herkunft des betreffenden Produkts hinzuweisen, nicht aufweist, könnte ihr Schutz nicht als Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums im Sinne von Art. 30 EG gerechtfertigt sein und wäre grundsätzlich unvereinbar mit Art. 28 EG, wenn er nicht unter einem anderen Gesichtspunkt gerechtfertigt sein könnte.

Das vorlegende Gericht hat darüber hinaus ebenfalls im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten und das begriffliche Verständnis, die in dem Ursprungsmitgliedstaat bestehen, zu prüfen, ob diese Bezeichnung nicht bei Inkrafttreten der in Rede stehenden bilateralen Verträge oder später in diesem Mitgliedstaat zu einer Gattungsbezeichnung geworden ist, da der Zweck der durch diese Verträge geschaffenen Schutzregelung unter den Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums im Sinne von Art. 30 EG fällt.

Bei Fehlen jeder einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung ist es Sache des vorlegenden Gerichts, nach seinem nationalen Recht zu entscheiden, ob eine Verbraucherbefragung in Auftrag zu geben ist, um die tatsächlichen Gegebenheiten und das begriffliche Verständnis im Ursprungsmitgliedstaat beurteilen zu können und festzustellen, ob eine Bezeichnung als einfache und mittelbare geografische Herkunftsangabe qualifiziert werden kann und in diesem Mitgliedstaat nicht zu einer Gattungsbezeichnung geworden ist. Falls das vorlegende Gericht eine Verbraucherbefragung für erforderlich hält, hat es ebenfalls nach seinem nationalen Recht den Prozentsatz der Verbraucher zu bestimmen, der für die Zwecke dieser Prüfung hinreichend bedeutsam ist.

(vgl. Randnrn. 82-84, 89, 94, Tenor 1)

2. Art. 30 EG stellt keine konkreten Anforderungen an die Qualität und die Dauer der Benutzung einer nach bilateralen Verträgen zwischen Mitgliedstaaten geschützten Bezeichnung im Ursprungsmitgliedstaat, damit deren Schutz unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des gewerblichen und kommerziellen Eigentums im Sinne dieses Artikels gerechtfertigt ist. Die Frage, ob eine solche Anforderung in einem konkreten Fall besteht, ist vom angerufenen nationalen Gericht nach dem anwendbaren nationalen Recht, insbesondere der in diesen bilateralen Verträgen vorgesehenen Schutzregelung, zu entscheiden.

(vgl. Randnrn. 91, 93-94, Tenor 1)

3. Die in der Verordnung Nr. 510/2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vorgesehene gemeinschaftliche Schutzregelung hat abschließenden Charakter, so dass diese Verordnung der Anwendung einer durch Verträge zwischen zwei Mitgliedstaaten wie bilateralen Verträgen vorgesehenen Schutzregelung entgegenstünde, die einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats als Ursprungsbezeichnung anerkannten Bezeichnung Schutz in einem anderen Mitgliedstaat gewährt, in dem dieser Schutz tatsächlich beansprucht wird, während für diese Ursprungsbezeichnung kein Antrag auf Eintragung nach dieser Verordnung gestellt worden ist.

Der Zweck der Verordnung Nr. 510/2006 besteht nämlich nicht darin, neben nationalen Regeln, die weiter Bestand haben könnten, für qualifizierte geografische Angaben eine zusätzliche Schutzregelung nach Art beispielsweise der mit der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke eingeführten zu errichten, sondern darin, eine einheitliche und abschließende Schutzregelung für solche Angaben zu schaffen.

(vgl. Randnrn. 114, 129, Tenor 2)

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