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Document 62004CJ0411

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Recht auf ein faires Verfahren

    2. Rechtsmittel – Gründe – Fehlerhafte Tatsachenwürdigung – Unzulässigkeit – Überprüfung der Würdigung der Beweismittel durch den Gerichtshof – Ausschluss außer bei Verfälschung

    (Art. 225 EG; Satzung des Gerichtshofs, Art. 51)

    3. Rechtsmittel – Zuständigkeit des Gerichtshofs

    (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2)

    4. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung

    (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 96/C 207/04 der Kommission, Abschnitt D Nr. 2)

    Leitsätze

    1. Der Grundsatz, dass jedermann Anspruch auf ein faires Verfahren hat, ist ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts.

    Dieser Grundsatz fußt auf den Grundrechten, die integraler Bestandteil der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts sind, deren Beachtung der Gerichtshof sichert, wobei er sich an die gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten und an die Hinweise anlehnt, die insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention liefert.

    In Wettbewerbssachen der Gemeinschaft spielt der Zeugenbeweis nur eine untergeordnete Rolle, während Urkunden eine zentrale Rolle zukommt.

    Die Beweisführung in Wettbewerbssachen der Gemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass die geprüften Unterlagen oft Geschäftsgeheimnisse oder andere Informationen enthalten, die nicht oder nur mit großen Einschränkungen veröffentlicht werden dürfen.

    Unter diesen speziellen Bedingungen der Untersuchung wettbewerbswidriger Praktiken durch die Kommission kann der Grundsatz, dass jedermann Anspruch auf ein faires Verfahren hat, nicht dahin ausgelegt werden, dass Schriftstücke, die belastende Beweise enthalten, automatisch als Beweismittel auszuschließen sind, wenn bestimmte Informationen vertraulich bleiben müssen. Diese Vertraulichkeit kann sich auch auf die Identität der Verfasser der Schriftstücke sowie der Personen erstrecken, die sie der Kommission übermittelt haben.

    (vgl. Randnrn. 40-44)

    2. Der Gerichtshof ist im Rechtsmittelverfahren weder für die Feststellung der Tatsachen zuständig noch grundsätzlich befugt, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht diese Feststellung gestützt hat. Sofern die Beweise nämlich ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden sind, ist es allein Sache des Gerichts, den Beweiswert der ihm vorgelegten Beweismittel zu würdigen. Diese Würdigung ist daher, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage, die der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt.

    (vgl. Randnr. 55)

    3. Der Gerichtshof darf im Rahmen eines Rechtsmittels die Beurteilung des Gerichts, das in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über die Höhe der gegen Unternehmen wegen Verletzung des Gemeinschaftsrechts verhängten Geldbußen entscheidet, zwar nicht aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Beurteilung ersetzen, doch darf die Ausübung einer solchen Befugnis nicht dazu führen, dass Unternehmen, die an einer gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Ermittlung der Höhe ihrer Geldbußen ungleich behandelt werden.

    Das Rechtsmittel muss allerdings die rechtlichen Argumente genau bezeichnen, die den Rechtsmittelgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung speziell stützen; andernfalls ist dieser Rechtsmittelgrund unzulässig.

    (vgl. Randnrn. 68-69)

    4. Bei der Anwendung der Mitteilung über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen ist zwischen dem ausdrücklichen Eingeständnis einer Zuwiderhandlung und deren bloßem Nichtbestreiten zu differenzieren, das nicht zur Erleichterung der Aufgabe der Kommission beiträgt, Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsvorschriften der Gemeinschaft festzustellen und zu verfolgen; die unterschiedliche Behandlung von zwei an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen, von denen das eine die Zuwiderhandlung eingestanden hat und das andere nicht, kann daher keine Diskriminierung darstellen.

    (vgl. Randnr. 71)

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