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Document 62004CJ0384
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
1. Steuerrecht – Harmonisierung – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Steuerschuldner
(Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 21 Absatz 3)
2. Steuerrecht – Harmonisierung – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Verpflichtungen der Steuerschuldner
(Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 21 Absatz 3 und Artikel 22 Absatz 8)
1. Artikel 21 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern in der Fassung der Richtlinien 2000/65 und 2001/115 ermächtigt die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu erlassen, nach denen eine Person einen Mehrwertsteuerbetrag, der von einer anderen Person, die durch eine der Bestimmungen der Absätze 1 und 2 dieses Artikels als Steuerschuldner bezeichnet wird, geschuldet wird, gesamtschuldnerisch zu entrichten hat.
Diese Vorschrift ist dahin auszulegen, dass sie einen Mitgliedstaat ermächtigt, eine Regelung zu erlassen, wonach ein Steuerpflichtiger, an den eine Lieferung von Gegenständen oder eine Dienstleistung bewirkt worden ist und der wusste oder für den hinreichende Verdachtsgründe dafür bestanden, dass die aufgrund dieser oder einer früheren oder späteren Lieferung oder Dienstleistung fällige Mehrwertsteuer ganz oder teilweise unbezahlt bleiben würde, gesamtschuldnerisch mit dem Steuerschuldner auf Zahlung der Steuer in Anspruch genommen werden kann.
Eine solche Regelung muss jedoch den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung sind und zu denen u. a. die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit gehören, genügen. Wenngleich Artikel 21 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie es erlaubt, sich hinsichtlich der Frage, ob der Betreffende davon Kenntnis hatte oder hätte haben müssen, dass die Steuer unbezahlt bleiben würde, auf Vermutungen zu stützen, können diese doch gleichwohl nicht in einer Art und Weise formuliert werden, dass es für den Betreffenden praktisch unmöglich oder übermäßig schwierig wird, sie durch den Gegenbeweis zu widerlegen.
(vgl. Randnrn. 28, 32, 35, Tenor 1)
2. Artikel 22 Absatz 8 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern in der Fassung der Richtlinien 2000/65 und 2001/115 ist dahin auszulegen, dass er einem Mitgliedstaat nicht erlaubt, eine Regelung zu erlassen, wonach ein Steuerpflichtiger, an den eine Lieferung von Gegenständen oder eine Dienstleistung bewirkt worden ist und der wusste oder für den hinreichende Verdachtsgründe dafür bestanden, dass die aufgrund dieser oder einer früheren oder späteren Lieferung oder Dienstleistung fällige Mehrwertsteuer ganz oder teilweise unbezahlt bleiben würde, gesamtschuldnerisch mit dem Steuerschuldner auf Zahlung dieser Steuer in Anspruch genommen werden kann, und/oder eine Regelung zu erlassen, wonach von einem Steuerpflichtigen eine Sicherheitsleistung für die Zahlung der Mehrwertsteuer verlangt werden kann, die von demjenigen Steuerpflichtigen, von dem oder an den die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen geliefert oder erbracht werden, geschuldet wird.
Dagegen steht diese Bestimmung nicht einer nationalen Regelung entgegen, die jede Person, die gemäß einer auf der Grundlage von Artikel 21 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie erlassenen Maßnahme die Mehrwertsteuer gesamtschuldnerisch zu entrichten hat, dazu verpflichtet, eine Sicherheit für die Zahlung der geschuldeten Mehrwertsteuer zu leisten.
(vgl. Randnrn. 47-48, Tenor 2)