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Document 62001CJ0187

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Europäische Union - Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen - Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands - Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen - Verbot der Doppelbestrafung - Anwendungsbereich - Entscheidung der Staatsanwaltschaft, mit der die Strafverfolgung gegen einen Beschuldigten endgültig eingestellt wird, nachdem dieser bestimmte Auflagen erfuellt hat - Einbeziehung

    (Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen, Artikel 54, 55 und 58)

    2. Europäische Union - Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen - Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands - Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen - Verbot der Doppelbestrafung - Anwendung auf eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft, mit der die Strafverfolgung gegen einen Beschuldigten endgültig eingestellt wird, nachdem dieser bestimmte Auflagen erfuellt hat - Auf das Strafverfahren beschränkte Tragweite, so dass das Recht des Opfers, zivilrechtliche Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, unberührt bleibt

    (Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen, Artikel 54)

    Leitsätze

    1. Das in Artikel 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen aufgestellte Verbot der Doppelbestrafung, das verhindern soll, dass eine Person, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch macht, wegen derselben Tat in mehreren Mitgliedstaaten verfolgt wird, gilt auch für zum Strafklageverbrauch führende Verfahren, in denen die Staatsanwaltschaft eines Mitgliedstaats ohne Mitwirkung eines Gerichts ein in diesem Mitgliedstaat eingeleitetes Strafverfahren einstellt, nachdem der Beschuldigte bestimmte Auflagen erfuellt und insbesondere einen bestimmten, von der Staatsanwaltschaft festgesetzten Geldbetrag entrichtet hat.

    Zum einen ist nämlich nach Abschluss eines solchen Verfahrens der Beschuldigte als rechtskräftig abgeurteilt" im Sinne dieses Artikels 54 anzusehen und die in diesem Verfahren verhängte Sanktion als vollstreckt" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen, sobald der Beschuldigte die ihm erteilten Auflagen erfuellt hat.

    Zum anderen sind die Wirkungen eines solchen Verfahrens mangels eines ausdrücklichen gegenteiligen Hinweises in Artikel 54 als für die Anwendung des darin vorgesehenen Verbotes der Doppelbestrafung ausreichend anzusehen, auch wenn in diesem Verfahren kein Gericht tätig wird und die darin getroffene Entscheidung nicht in Form eines Urteils ergeht.

    Außerdem machen weder eine Bestimmung des Titels VI des Vertrages über die Europäische Union über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen noch eine Bestimmung des Schengen-Übereinkommens oder des Übereinkommens zu seiner Durchführung die Anwendung des Artikels 54 von der Harmonisierung oder zumindest der Angleichung des Strafrechts der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der zum Strafklageverbrauch führenden Verfahren abhängig.

    Schließlich impliziert das Verbot der Doppelbestrafung unabhängig von den Modalitäten, nach denen die Sanktion verhängt wird, zwingend, dass ein gegenseitiges Vertrauen der Mitgliedstaaten in ihre jeweiligen Strafjustizsysteme besteht und dass jeder Mitgliedstaat die Anwendung des in den anderen Mitgliedstaaten geltenden Strafrechts akzeptiert, auch wenn die Anwendung seines eigenen nationales Rechts zu einem anderen Ergebnis führen würde.

    ( vgl. Randnrn. 27-33 und Tenor )

    2. Das in Artikel 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen aufgestellte Verbot der Doppelbestrafung soll ausschließlich verhindern, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt wurde, in einem anderen Mitgliedstaat wegen derselben Tat erneut strafrechtlich verfolgt wird. Die Anwendung dieses Verbots auf eine ohne Mitwirkung eines Gerichts und nicht in Form eines Urteils ergangene Entscheidung, mit der die Strafverfolgung in einem Mitgliedstaat endgültig beendet wird, hindert das Opfer oder eine andere durch das Verhalten des Beschuldigten geschädigte Person nicht, eine zivilrechtliche Klage auf Ersatz des erlittenen Schadens zu erheben oder weiterzuverfolgen.

    ( vgl. Randnr. 47 )

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