Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 61997TJ0029

    Leitsätze des Urteils

    URTEIL DES GERICHTS (Einzelrichter)

    9. März 2000

    Rechtssache T-29/97

    Alain Liberos

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften

    „Bediensteter auf Zeit — Einstufung in die Besoldungsgruppe — Berufserfahrung“

    Vollständiger Wortlaut in französischer Sprache   II-185

    Gegenstand:

    Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 15. März 1996 über die endgültige Einstufung des Klägers in die Besoldungsgruppe A 7 und der Entscheidung der Kommission vom 5. November 1996, mit der die Verwaltungsbeschwerde des Klägers zurückgewiesen wurde.

    Entscheidung:

    Die Klage wird abgewiesen. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

    Leitsätze

    1. Beamte – Klage – Klage gegen die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde – Fristen – Klage, die aufgrund der Informationen des Organs verspätet erhoben wurde – Entschuldbarer Irrtum – Wirkungen – Wahrung der Klagefrist

      (Beamtenstatut, Artikel 90 und 91)

    2. Beamte – Einstellung – Ernennung in der Besoldungsgruppe und Einstufung in die Dienstaltersstufe – Innerdienstliche Richtlinie eines Organs über die anwendbaren Kriterien – Rechtswirkungen – Festsetzung des Tages des Stellenangebots als Stichtag für die Beurteilung der Berufserfahrung – Zulässigkeit

      (Beamtenstatut, Artikel 31 Absatz 2)

    1.  Die Nichteinhaltung der Fristen des Artikels 90 Absatz 2 des Statuts steht der Zulässigkeit einer vorherigen Verwaltungsbeschwerde oder der gegen die Zurückweisung dieser Beschwerde gerichteten Klage nicht entgegen, wenn der Betreffende einem entschuldbaren Irrtum erlegen war. Der Begriff des entschuldbaren Irrtums ist eng auszulegen und kann sich nur auf Ausnahmefalle beziehen, insbesondere auf solche, in denen das betreffende Gemeinschaftsorgan ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das für sich allein oder in entscheidendem Maße geeignet war, bei einem gutgläubigen Rechtsbürger, der die Sorgfalt bewiesen hat, die von einer durchschnittlich unterrichteten Person verlangt werden kann, eine verständliche Verwirrung hervorzurufen.

      Ein entschuldbarer Irrtum, der zur Wahrung der Klagefrist führen kann, liegt dann vor, wenn eine Klage wegen falscher Informationen des betreffenden Gemeinschaftsorgans, die beim Kläger eine Verwirrung hervorrufen konnten, verspätet erhoben wurde.

      (Randnrn. 30 bis 32)

      Vgl. Gericht, 16. März 1993, Blackman/Parlament, T-33/89 und T-74/89, Slg. 1993, II-249, Randnrn. 35 bis 36; Gerichtshof, 15. Dezember 1994, Bayer/Kommission, C-195/91 P, Slg. 1994, I-5619, Randnrn. 34 bis 36; Gericht, 3. Februar 1998, Polyvios/Kommission, T-68/96, Slg. 1998, II-153, Randnr. 43

    2.  Die Ausübung des der Anstellungsbehörde durch Artikel 31 Absatz 2 des Statuts eingeräumten Ermessens kann durch innerdienstliche Richtlinien geregelt werden. Ihr ist es nämlich grundsätzlich nicht untersagt, im Wege eines allgemeinen internen Beschlusses Regeln für die Ausübung des ihr im Statut eingeräumten Ermessens aufzustellen. Eine solche innerdienstliche Richtlinie ist als eine Verhaltensnorm mit Hinweischarakter anzusehen, die die Verwaltung sich selbst auferlegt und von der sie nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, da sie andernfalls den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzen würde.

      Ein allgemeiner interner Beschluß über die Einstufung in die Besoldungsgruppe und die Dienstaltersstufe, der als den für die bei der Einstufung berücksichtigte Berufserfahrung maßgebenden Zeitpunkt ausdrücklich den Zeitpunkt des Stellenangebots nennt, entspricht sowohl aus administrativen als auch aus sachlichen Gründen dem Zweck des Statuts. Erstens ist es nämlich zu dem Zeitpunkt, zu dem das Stellenangebot verfaßt wird, nicht möglich, eine zwischen dem Stellenangebot und der tatsächlichen Aufnahme der Tätigkeit des Bewerbers erworbene etwaige Berufserfahrung zu berücksichtigen. Zweitens liegt zwischen der Abfassung des Stellenangebots und seiner Übersendung an den Bewerber sowie zwischen dieser Übersendung und der Annahme oder der Ablehnung des Angebots normalerweise nur ein kurzer Zeitraum. Drittens liegen in aller Regel der Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrages und derjenige des tatsächlichen Dienstantritts des Bediensteten nicht weit auseinander. Schließlich könnte der Bedienstete, wenn das

      Organ verpflichtet wäre, den Wortlaut des Stellenangebots nach seiner Annahme durch den eingestellten Bediensteten zu revidieren, um der Berufserfahrung Rechnung zu tragen, die dieser zwischen dem Zeitpunkt des Stellenangebots und der tatsächlichen Aufnahme der Tätigkeit erworben hat, die Aufnahme der Tätigkeit im Hinblick auf eine bessere Einstufung ohne sachlichen Grund oder eine mögliche tatsächliche Kontrolle durch das Organ hinausschieben.

      (Randnrn. 49 bis 55)

      Vgl. Gericht, 9. Juli 1997, Monaco/Parlament, T-92/96, Slg. ÖD 1997, I-A-195 und II-573, Randnr. 46

    Top