EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 61996TJ0004

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1 Beamte - Soziale Sicherheit - Versicherung gegen Unfälle und Berufskrankheiten - Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs der Krankheit mit der Berufstätigkeit - Jeweilige Zuständigkeiten des Ärzteausschusses und der Anstellungsbehörde

(Beamtenstatut, Artikel 73; Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten, Artikel 19 und 23)

2 Beamte - Soziale Sicherheit - Versicherung gegen Unfälle und Berufskrankheiten - Ärztliches Gutachten - Gerichtliche Nachprüfung - Grenzen

(Beamtenstatut, Artikel 73; Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten, Artikel 23)

3 Beamte - Soziale Sicherheit - Versicherung gegen Unfälle und Berufskrankheiten - Berufskrankheit - Begriff - Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs der Krankheit mit der Berufstätigkeit

(Beamtenstatut, Artikel 73 Absatz 2; Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten, Artikel 3 Absatz 2)

4 Beamte - Soziale Sicherheit - Versicherung gegen Unfälle und Berufskrankheiten - Grad dauernder Invalidität aufgrund einer Berufskrankheit - Art und Weise der Berechnung der Entschädigung wegen Invalidität - Berücksichtigung der Rolle, die die Ausübung des Dienstes beim Auftreten der Krankheit gespielt hat

(Beamtenstatut, Artikel 73; Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten, Artikel 3 und 12)

5 Beamte - Klage - Vorherige Verwaltungsbeschwerde - Gleicher Gegenstand und Grund - Klagegründe und Argumente, die nicht in der Beschwerde enthalten sind, sich aber eng an diese anlehnen - Zulässigkeit

(Beamtenstatut, Artikel 90 und 91)

Leitsätze

6 Der Zweck der Artikel 19 und 23 der Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten besteht darin, die endgültige Beurteilung aller medizinischen Fragen, die sich im Rahmen des Funktionierens des Versicherungssystems stellen, medizinischen Sachverständigen zu übertragen.

Der Ärzteausschuß ist mit einer umfangreichen Aufgabe betraut, die darin besteht, der Anstellungsbehörde alle medizinischen Beurteilungen zu liefern, die für ihre Entscheidung über die Anerkennung einer Krankheit des Beamten als Berufskrankheit und für die Festlegung des Grades seiner dauernden Invalidität erforderlich sind.

Im Interesse der Effektivität ist es wünschenswert, daß die Anstellungsbehörde bei der Befassung des Ärzteausschusses durch einen klaren und genauen Auftrag die Punkte nennt, zu denen sie eine endgültige medizinische Beurteilung wünscht. Im übrigen kann die Anstellungsbehörde, wenn sie ein Gutachten des Ärzteausschusses erhält, durch einen zusätzlichen Auftrag ihre Fragen präzisieren oder neue Fragen stellen, um alle gewünschten Beurteilungen zu erhalten. In diesen Fällen ist der Ärzteausschuß verpflichtet, die Fragen der Anstellungsbehörde klar und genau zu beantworten. Diese Aufträge dürfen jedoch nicht zur Folge haben, daß der Ärzteausschuß daran gehindert wird, der Anstellungsbehörde zusätzliche medizinische Feststellungen mitzuteilen, die ihr Klarheit für ihre Entscheidung verschaffen können.

7 Die medizinische Beurteilung im eigentlichen Sinne, die von dem in Artikel 23 der Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten vorgesehenen Ärzteausschuß vorgenommen wird, ist als endgültig anzusehen, wenn sie unter ordnungsgemässen Voraussetzungen erfolgt ist, wobei sich die gerichtliche Kontrolle nur auf die Ordnungsmässigkeit der Errichtung und der Tätigkeit eines solchen Ausschusses sowie auf die Ordnungsmässigkeit seiner Stellungnahmen erstrecken kann.

Innerhalb dieser Grenzen kann das Gericht prüfen, ob die Stellungnahme eine Begründung enthält, anhand deren die Erwägungen beurteilt werden können, auf denen die in ihr enthaltenen Schlußfolgerungen beruhen, und ob ein verständlicher Zusammenhang besteht zwischen den in ihr enthaltenen medizinischen Feststellungen und den Schlußfolgerungen, zu denen der Ärzteausschuß gelangt.

8 Die Krankheit eines Beamten stellt eine Berufskrankheit im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten dar, wenn die Ausübung des Dienstes die einzige, wesentliche oder überwiegende Ursache für sie ist.

Dieser Vorschrift würde jedoch ihre praktische Wirksamkeit genommen, wenn die Anerkennung der Krankheit eines Beamten als Berufskrankheit allein auf diesen Fall beschränkt werden müsste. Hat die Krankheit eines Beamten mehrere Ursachen, so hat der Ärzteausschuß festzustellen, ob die Ausübung des Dienstes für die Gemeinschaften - und zwar unabhängig davon, wie die Bedeutung dieses Faktors im Vergleich zu den nichtberuflichen Faktoren zu bewerten ist - einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Krankheit des Beamten, z. B. als ihr auslösender Faktor, aufweist.

9 Artikel 73 Absatz 2 des Statuts, Artikel 12 der Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten und die Invaliditätstabelle müssen, wenn ihnen nicht ihre praktische Wirksamkeit genommen werden soll, es ermöglichen, daß sich das Spektrum der verschiedenen von Artikel 3 Absatz 2 der Regelung erfassten Krankheitszustände auch bei der Entschädigung der Beamten widerspiegelt. Ausserdem ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 1 der Regelung, daß der Begriff "Berufskrankheit" auf dem Bestehen eines Zusammenhangs zwischen dem pathologischen Zustand des Beamten und der Ausübung seines Dienstes für die Gemeinschaften beruht. Die Krankheit kann nur als Berufskrankheit angesehen werden, "sofern" dieser Zusammenhang besteht.

Stellt der Ärzteausschuß fest, daß von mehreren beruflichen und ausserberuflichen Ursachen jede einzelne unmittelbar zum Auftreten der Krankheit eines Beamten beigetragen hat, so ist die Anstellungsbehörde verpflichtet, diese medizinische Feststellung bei der Berechnung der Höhe der Entschädigung nach Artikel 73 Absatz 2 des Statuts zu berücksichtigen.

Ist der Ärzteausschuß aufgrund der verschiedenen von ihm durchgeführten Untersuchungen oder aufgrund seiner Erfahrung auf dem betreffenden Gebiet der Meinung, daß er die Bedeutung der Rolle, die die Ausübung des Dienstes beim Auftreten der Krankheit des Beamten gespielt hat, in der einen oder anderen Form bewerten oder quantifizieren kann, und ergibt sich aus seinen Schlußfolgerungen klar und präzise eine solche Bewertung, so ist die Anstellungsbehörde befugt, sie in die Berechnung der Entschädigung nach Artikel 73 Absatz 2 des Statuts einfließen zu lassen.

10 Die Regel der Übereinstimmung zwischen vorheriger Verwaltungsbeschwerde und Klage verlangt, daß ein vor dem Gemeinschaftsrichter geltend gemachter Klagegrund bereits im Rahmen des Vorverfahrens vorgetragen worden ist, so daß die Anstellungsbehörde von den Rügen des Betroffenen gegen die angegriffene Entscheidung hinreichend genau Kenntnis nehmen konnte; andernfalls ist der Klagegrund unzulässig.

Die beim Gemeinschaftsrichter eingereichten Anträge dürfen zwar nur Rügen enthalten, die auf demselben Grund beruhen wie die in der Beschwerde genannten Rügen, doch können diese Rügen vor dem Gemeinschaftsrichter durch das Vorbringen von Gründen und Argumenten weiterentwickelt werden, die nicht notwendigerweise in der Beschwerde enthalten sind, sich aber eng an diese anlehnen.

Ausserdem darf die Verwaltung, da das Vorverfahren informeller Natur ist und die Betroffenen in dieser Phase im allgemeinen ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts handeln, Beschwerden nicht eng auslegen, sondern muß sie in einem Geist der Aufgeschlossenheit prüfen.

Top