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Document 61996CJ0326
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
1 Sozialpolitik - Männliche und weibliche Arbeitnehmer - Gleiches Entgelt - Sanktionen bei Verstössen gegen das Diskriminierungsverbot - Nationale Verfahrensvorschriften - Beachtung des Grundsatzes der Effektivität des Gemeinschaftsrechts - Möglichkeit, einem Arbeitnehmer nationale Rechtsvorschriften entgegenzuhalten, die den Anspruch auf Zahlung rückständigen Arbeitsentgelts und von Schadensersatz beschränken - Unzulässigkeit je nach Lage des Einzelfalls
(EG-Vertrag, Artikel 119; Richtlinie 75/117 des Rates)
2 Sozialpolitik - Männliche und weibliche Arbeitnehmer - Gleiches Entgelt - Sanktionen bei Verstössen gegen das Diskriminierungsverbot - Nationale Verfahrensvorschriften - Beachtung des Grundsatzes der Gleichwertigkeit der Voraussetzungen für den Bezug rückständigen Arbeitsentgelts und von Schadensersatz mit denjenigen für vergleichbare Klagen, die das innerstaatliche Recht betreffen - Beurteilung durch das nationale Gericht
(EG-Vertrag, Artikel 119; Richtlinie 75/117 des Rates)
1 Das Gemeinschaftsrecht steht der Anwendung einer Vorschrift des innerstaatlichen Rechts entgegen, die den Zeitraum, für den ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf rückständiges Arbeitsentgelt und Schadensersatz wegen Verletzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts geltend machen kann, auf die zwei Jahre vor der Einleitung des Verfahrens beschränkt und eine Verlängerung dieses Zweijahreszeitraums nicht zulässt, wenn die verspätete Geltendmachung des Anspruchs darauf zurückzuführen ist, daß der Arbeitgeber gegenüber dem Betroffenen die Höhe des Entgelts, das Arbeitnehmer des anderen Geschlechts für die gleiche Arbeit erhalten, bewusst falsch angegeben hat.
Es wäre mit dem Grundsatz der Effektivität offensichtlich unvereinbar, würde man dem Arbeitgeber, der durch eine Täuschung die Verspätung der Klage des Arbeitnehmers zur Durchsetzung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts verursacht hat, gestatten, sich auf eine nationale Vorschrift zu berufen, die den Anspruch auf Zahlung rückständigen Arbeitsentgelts auf die zwei Jahre vor Klageerhebung beschränkt, da die Anwendung dieser nationalen Regelung die Erlangung von rückständigem Arbeitsentgelt praktisch unmöglich machen oder übermässig erschweren kann, das wegen einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nicht gezahlt wurde. Der Arbeitgeber könnte nämlich unter Berufung auf diese nationale Regelung seinem Beschäftigten die Möglichkeit nehmen, die in der Richtlinie 75/117 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen vorgesehene Klage vor Gericht zu erheben, um die Einhaltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durchzusetzen, da dieser Arbeitnehmer unter diesen Umständen nicht erkennen kann, daß eine Diskriminierung vorliegt oder welches Ausmaß sie hat.
2 Das Gemeinschaftsrecht steht der Anwendung einer Vorschrift des innerstaatlichen Rechts, die den Zeitraum, für den ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf rückständiges Arbeitsentgelt und Schadensersatz wegen Verletzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts geltend machen kann, auf die zwei Jahre vor der Einleitung des Verfahrens beschränkt, auch dann entgegen, wenn ein anderer Rechtsbehelf zur Verfügung steht, für den aber weniger günstige Verfahrensmodalitäten oder andere Voraussetzungen gelten als für vergleichbare Klagen, die das innerstaatliche Recht betreffen. Ob dies der Fall ist, hat das nationale Gericht zu beurteilen.