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Document 61995TJ0185

    Leitsätze des Urteils

    URTEIL DES DES GERICHTS (Drine Kammer)

    24. September 1996

    Rechtssache T-185/95

    Giovanni Sergio

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften

    „Beamte — Übertragung von Ruhegehaltsansprüchen — Allgemeine Durchführungsbestimmungen zum Statut — Frist für die Antragstellung“

    Vollständiger Wortlaut in französischer Sprache   II-1215

    Gegenstand:

    Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission, mit der der Antrag des Klägers auf Übertragung der Ruhegehaltsansprüche abgelehnt wurde

    Ergebnis:

    Abweisung

    Zusammenfassung des Urteils

    Der Kläger war vom 22. November 1961 bis zum 21. November 1964 bei einer italienischen Verwaltungsbehörde beschäftigt. Er trat 1967 in den Dienst der Kommission und wurde am 1. Februar 1971 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt.

    Gemäß Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (Statut) kann ein Beamter, der in den Dienst der Gemeinschaft tritt, „bei seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit“ entweder den versicherungsmathematischen Gegenwert oder den pauschalen Rückkaufswert der von ihm früher erworbenen Ruhegehaltsansprüche an die Gemeinschaften zahlen lassen, damit dieser im Rahmen des Versorgungssystems der Gemeinschaften berücksichtigt wird. Gemäß Artikel 11 Absatz 3 gilt Absatz 2 auch für den Beamten, „der nach seinem Urlaub aus persönlichen Gründen gemäß Artikel 40 des Statuts wieder verwendet wird“.

    Die Modalitäten für die Ausübung dieses Rechts sind in von der Kommission 1969 erlassenen und mehrfach geänderten allgemeinen Durchführungsbestimmungen (ADB) geregelt. Die im entscheidungserheblichen Zeitraum geltende Fassung der ADB zu Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts ist im Personalkurier vom 19. Oktober 1977 veröffentlicht (ADB von 1977).

    Artikel 1 der ADB lautet wie folgt:

    „Ein Beamter, der nach Ausscheiden aus dem Dienst bei einer Verwaltung, einer innerstaatlichen oder internationalen Einrichtung oder einem Unternehmen in den Dienst der Gemeinschaften tritt, kann die Übertragung des versicherungsmathematischen Gegenwerts oder des mathematischen Rückkaufwerts auf das Organ, dem er angehört, beantragen.

    Der Antrag muß innerhalb einer Frist von sechs Monaten schriftlich gestellt werden, die je nach Lage des Falls

    vom Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit,

    vom Zeitpunkt, von dem an die Übertragung möglich ist, oder

    vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmungen

    an gerechnet wird. Es wird jeweils der zuletzt eingetretene Zeitpunkt zugrundegelegt. “

    Der Kläger befand sich vom 21. Juni 1976 bis zum 11. Dezember 1978 in Urlaub aus persönlichen Gründen.

    Am 2. März 1978 schlossen das zum öffentlichen Versorgungssystem Italiens gehörende Istituto Nazionale Italiano della Previdenza Sociale (INPS) und die Europäischen Gemeinschaften ein Abkommen über die Übertragung der beim INPS erworbenen Ruhegehaltsansprüche auf das Gemeinschaftssystem (INPS-Abkommen). Dieses Abkommen wurde veröffentlicht, während sich der Kläger noch in Urlaub aus persönlichen Gründen befand.

    Am 29. Juli 1994 beantragte der Kläger gemäß Artikel 90 des Statuts sein Recht auf Übertragung seiner vom 22. November 1961 bis zum 21. November 1964 in Italien erworbenen Ruhegehaltsansprüche anzuerkennen und ihn über die Voraussetzungen für eine freiwillige Nachentrichtung und eine eventuelle Übertragung der für den Zeitraum seines Urlaubs aus persönlichen Gründen aufgrund seines Studiums erworbenen Ruhegehaltsansprüche zu unterrichten.

    Da er auf diesen Antrag innerhalb der Viermonatsfrist des Artikels 90 Absatz 2 des Statuts keine Antwort erhielt, legte er am 28. Februar 1995 gegen die stillschweigende Ablehnung seines Antrags Beschwerde ein. Seine Beschwerde wurde am 10. Juli 1995 zurückgewiesen.

    Zur Zulässigkeit der Anträge

    Das Gericht ist im Rahmen einer Rechtmäßigkeitskontrolle gemäß Artikel 91 des Statuts nicht für den Erlaß von Anordnungen zuständig; der Antrag des Klägers auf Anerkennung seines Rechts, seine bei einem nationalen Versorgungssystem erworbenen Ruhegehaltsansprüche zu übertragen, ist daher unzulässig (Randnrn. 15 bis 17).

    Verweisung auf: Gericht, 30. November 1994, G/Kommission, T-588/93, Slg. ÖD 1994, II-875, Randnr. 26

    Zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung

    Die in den ADB von 1977 geregelte Frist von sechs Monaten für die Einreichung eines Antrags auf Übertragung von Ruhegehaltsansprüchen bei den Verwaltungsbehörden der Gemeinschaft ist angemessen und gewährt, abgesehen von den Fällen, in denen sich der Betroffene aus ihm nicht zurechenbaren Gründen in einer außergewöhnlichen Lage befindet, eine ausreichende Bedenkzeit. Diese Frist läuft von dem Zeitpunkt an, zu dem der Betroffene genaue Kenntnis von den Handlungen der Verwaltung erlangt, aufgrund deren er einen Antrag auf Übertragung seiner Ruhegehaltsansprüche stellen kann (Randnrn. 36 und 37).

    Verweisung auf: Gericht, 1. Oktober 1992, Moretto/Kommission, T-70/91, Slg. 1992, II-2321, Randnr. 21; Gericht, 15. März 1994, La Pietra/Kommission, T-100/92, Slg. ÖD 1994, II-275, Randnrn. 30 bis 32

    Im vorliegenden Fall hinderte den Kläger nichts daran, binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, zu dem er von den ADB von 1977 und dem INPS-Abkommen tatsächlich Kenntnis erlangte - nach seinen eigenen Angaben war dies spätestens 1988 -, seinen Übertragungsantrag einzureichen. Im Fall der Ablehnung des Antrags hätte er Rechtsbehelf einlegen können. Daß der Kläger damals keinen förmlichen Antrag auf Übertragung seiner Ruhegehaltsansprüche stellte, beruhte also auf seiner freien Entscheidung, so daß er sich nicht aus ihm nicht zurechenbaren Gründen in einer außergewöhnlichen Lage befand (Randnr. 39).

    Hat ein Beamter die Frist für die Erhebung einer Klage oder einer Beschwerde gegen eine ihn beschwerende Verfügung verstreichen lassen, so rechtfertigt eine Änderung der Rechtsprechung zu der in der beschwerenden Verfügung behandelten Frage es nicht, Fristen für die Klageerhebung erneut in Gang zu setzen (Randnr. 40).

    Verweisung auf: Gerichtshof, 21. Februar 1974, Schots-Kortner u. a./Rat, Kommission und Parlament. 15/73 bis 33/73, 52/73, 53/73, 57/73 bis 109/73, 116/73. 117/73, 123/73. 132/73. 135/73, 136/73 und 137/73, Slg. 1974, 177, Randnrn. 34 bis 38; Gerichtshof, 8. März 1988, Brown/Gerichtshof, 125/87, Slg. 1988, 1619, Randnrn. 14 und 15

    Diese Rechtsprechung läßt sich auf den vorliegenden Fall entsprechend anwenden, so daß die Urteile La Pietra und Moretto nicht dazu führen können, daß die Frist für die Stellung eines Übertragungsantrags erneut in Gang gesetzt wird (Randnr. 41).

    Verweisung auf: La Pietra/Kommission.a. a. O., Randnrn. 30 bis 32

    Unter diesen Umständen ist der am 29. Juli 1994 gestellte Antrag als nach Ablauf der in den ADB von 1977 vorgesehenen Frist von sechs Monaten eingereicht anzusehen und damit verspätet (Randnr. 42).

    Aufgrund des Urteils Moretto können keine Zweifel mehr daran bestehen, daß es sich bei der Sechsmonatsfrist um eine einfache Frist handelt. Folglich konnte ein etwaiger Rechtsirrtum des Klägers jedenfalls von dem Zeitpunkt an, zu dem er von diesem Urteil Kenntnis erlangte, nicht mehr als entschuldbar angesehen werden (Randnr. 43).

    Verweisung auf: Moretto/Kommission.a. a. O., Randnrn. 24 bis 26

    Tenor:

    1.

    Die Klage wird als unzulässig abgewiesen, soweit sie den Erlaß von an die Kommission gerichteten Anordnungen zum Gegenstand hat.

    2.

    Im übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

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