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Document 61995CJ0395
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
1 Haushalt der Europäischen Gemeinschaften - Haushaltsordnung - Für externe Beihilfen geltende Vorschriften - Verfahren der Vergabe öffentlicher Aufträge, die durch das PHARE-Programm finanziert werden - Jeweilige Rolle des begünstigten Staates und der Kommission - Zuständigkeit des begünstigten Staates für die Vergabe der Aufträge - Entscheidung der Kommission, mit der das Angebot eines Bieterunternehmens als den Bedingungen der Gemeinschaftsfinanzierung nicht entsprechend abgelehnt wird - Handlung, die sich aus dem vertraglichen Verfahren herauslösen lässt, das zur Auftragsvergabe führen soll - Handlung, die mit der Nichtigkeitsklage angegriffen werden kann
(EG-Vertrag, Artikel 173 Absatz 4)
2 Völkerrechtliche Verträge - Abkommen über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums - Zeitliche Geltung - Unanwendbarkeit auf Rechtslagen, die vor dem Inkrafttreten des Abkommens entstanden sind - Vor dem 1. Januar 1994 eröffnetes, aber danach abgeschlossenes Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags - Unanwendbarkeit
3 Die Handlung, durch die die Kommission in einem Verfahren zur Vergabe von im Rahmen des PHARE-Programms finanzierten öffentlichen Aufträgen ein Bieterunternehmen davon unterrichtet, daß sie dessen Angebot mit der Begründung ablehnt, dieses entspreche nicht den Bedingungen, die in der Ausschreibung für die Gemeinschaftsfinanzierung vorgeschrieben seien, fügt sich zwar in den Rahmen eines Verfahrens vertraglicher Art ein, das zum Abschluß eines nationalen Vertrages durch den begünstigten Staat führen soll, lässt sich aber aus diesem Zusammenhang insoweit herauslösen, als sie zum einen von der Kommission in Ausübung eigener Befugnisse erlassen wird und zum anderen ein Einzelunternehmen spezifisch erfasst, das damit allein durch den Erlaß dieser Handlung alle Chancen auf die Erteilung des Auftrags einbüsst. Die Entscheidung der Kommission, das betroffene Unternehmen von der Gemeinschaftsfinanzierung auszuschließen, erzeugt somit als solche gegenüber diesem verbindliche Rechtswirkungen und kann folglich mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden.
4 Der rechtliche Rahmen für das Verfahren zur Vergabe von im Rahmen des PHARE-Programms finanzierten öffentlichen Aufträgen ist in den allgemeinen Bedingungen der beschränkten Ausschreibung festgelegt. Da 1993, als die Angebote abgegeben wurden und die Ausschreibung endgültig abgeschlossen wurde, diese allgemeinen Bedingungen galten, war das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, das am 1. Januar 1994 in Kraft getreten ist, ratione temporis auf dieses Verfahren nicht anwendbar. Dieses Abkommen kann nämlich - ohne gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit zu verstossen - weder eine Änderung der Bedingungen, unter denen diese Ausschreibung erfolgt war und auf deren Grundlage die Angebote vorgelegt worden waren, bewirken noch eine Wiedereröffnung des Verfahrens zur Vergabe des Auftrags gebieten.