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Document 61994TJ0070
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
1 Nichtigkeitsklage - Natürliche und juristische Personen - Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen - Zollkontingent für die Einfuhr von Bananen - Verordnung zur Festsetzung eines Verringerungsköffizienten, der es den betroffenen Importeuren ermöglicht, die Menge zu ermitteln, die sie erhalten werden
(EG-Vertrag, Artikel 173 Absatz 4; Verordnung Nr. 3190/93 der Kommission)
2 Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Bananen - Einfuhrregelung - Zollkontingent - Aufteilung - Durchführungsbestimmungen - Befugnis der Kommission zur Festsetzung eines Verringerungsköffizienten, der die Beibehaltung des Umfangs des Kontingents ermöglicht - Reichweite - Keine fehlerhafte Ausübung der Befugnis
(Verordnung Nr. 404/93 des Rates, Artikel 20; Verordnung Nr. 3190/93 der Kommission, Artikel 1)
3 Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Bananen - Einfuhrregelung - Zollkontingent - Aufteilung - Durchführungsbestimmungen - Von der Kommission in ihrer Verordnung Nr. 1442/93 getroffene Maßnahmen - Keine Überschreitung der Grenzen der durch die Grundverordnung eingeräumten Befugnis
(Verordnung Nr. 404/93 des Rates; Verordnung Nr. 1442/93 der Kommission, Artikel 3 Absatz 1, 5 Absatz 2 und 7)
4 Ausservertragliche Haftung - Auslösung der Haftung der Kommission - Möglichkeit für einen einzelnen, sich auf Bestimmungen zu berufen, die den Rahmen der diesem Organ übertragenen Befugnisse festlegen - Ausschluß
(EG-Vertrag, Artikel 155, 178 und 215 Absatz 2; Verordnung Nr. 404/93 des Rates, Artikel 20)
5 Die Verordnung Nr. 3190/93 zur Festsetzung des einheitlichen Verringerungsköffizienten für die Bestimmung der den Marktbeteiligten der Gruppen A und B im Rahmen des Zollkontingents für das Jahr 1994 zuzuteilenden Bananenmenge betrifft die Marktbeteiligten der genannten Gruppen individuell. Sie gilt nämlich nur für Marktbeteiligte der Gruppe A oder der Gruppe B, die für das Jahr 1994 Referenzmengen für die Einfuhr von Bananen beantragt und erhalten hatten, und zeigt jedem betroffenen Marktbeteiligten an, daß die Menge, die er im Rahmen des fraglichen Zollkontingents einführen darf, durch Anwendung des entsprechenden Koeffizienten auf seine Referenzmenge ermittelt werden kann. Da die einzige gesetzgeberische Funktion der Verordnung darin besteht, diesen Koeffizienten festzusetzen und zu veröffentlichen, gibt sie jedem Marktbeteiligten sofort und unmittelbar die Möglichkeit, zu ermitteln, welche individuelle Menge er letztlich erhält. Die Verordnung ist somit als Bündel von Einzelfallentscheidungen anzusehen, die sich an jeden Marktbeteiligten richten und ihn in Wirklichkeit über die genauen Mengen informieren, die er 1994 einführen darf.
Da die Verordnung den Mitgliedstaaten kein Ermessen bei der Ausstellung der Einfuhrbescheinigungen einräumt, betrifft sie die Marktbeteiligten auch unmittelbar und kann daher nach Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages Gegenstand einer von ihnen erhobenen Nichtigkeitsklage sein.
6 Es ist der Kommission gemäß Artikel 20 der Verordnung Nr. 404/93 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen nicht verwehrt, auch solche Durchführungsbestimmungen zu erlassen, die in dieser Vorschrift zwar nicht ausdrücklich genannt, jedoch für das Funktionieren der in diesem Sektor geschaffenen Einfuhrregelung erforderlich sind. Insoweit ist es für das Funktionieren des zu dieser Regelung gehörenden Zollkontingents erforderlich, daß ein Verringerungsköffizient festgesetzt werden kann, der es erlaubt, wenn das Volumen der Anträge auf Einfuhrbescheinigungen den Umfang des Kontingents übersteigt, die Beibehaltung dieses Umfangs mit der Wahrung des Anspruchs der Marktbeteiligten auf einen Teil des Kontingents in Einklang zu bringen.
Bei der Festsetzung dieses Koeffizienten in Artikel 1 der Verordnung Nr. 3190/93 hat die Kommission das Ermessen, von dem sie im Interesse der Gemeinschaft bei der Durchführung der Vorschriften einer gemeinsamen Marktorganisation Gebrauch machen darf, weder überschritten noch falsch ausgeuebt. Die fraglichen Marktbeteiligten waren zwar von der Einführung der gemeinsamen Marktorganisation in unterschiedlicher Weise betroffen; diese unterschiedliche Behandlung ist aber die unvermeidliche Konsequenz des Erfordernisses, der unterschiedlichen Situation Rechnung zu tragen, in der sich die Marktbeteiligten befanden, und mit dem Ziel einer Integration bisher abgeschotteter Märkte verbunden.
Die Kommission war im übrigen nicht verpflichtet, die von den Mitgliedstaaten in bezug auf die den verschiedenen Marktbeteiligten zuzuteilenden Referenzmengen mitgeteilten Zahlen ungeprüft zu übernehmen. Die Abweichungen, die bestehen blieben, nachdem die Kommission zumindest einige der Referenzmengen korrigiert hatte, die ihr ursprünglich von den Mitgliedstaaten mitgeteilt worden waren, können dabei nicht zur Ungültigkeit des auf der Grundlage der korrigierten Zahlen festgelegten Verringerungsköffizienten führen.
Schließlich kann auch die verspätete Erstellung der Bedarfsvorausschätzung, auf deren Grundlage das Zollkontingent, auf das der Verringerungsköffizient angewandt wurde, hätte festgesetzt werden müssen, die Gültigkeit dieses Koeffizienten nicht in Frage stellen, da die Kommission Schwierigkeiten hatte, von den Mitgliedstaaten die genauen Zahlen zu erhalten, die sie benötigte, und da sie unter diesen Umständen keine andere Wahl hatte, als den Koeffizienten allein auf einer vorläufigen Grundlage zu berechnen.
7 Bei der Definition der Begriffe "Marktbeteiligter" und "Sekundärimporteur" in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1442/93 mit Durchführungsbestimmungen zu der Einfuhrregelung für Bananen, bei der Einbeziehung der Nachreifungsbetriebe in die Gruppe der Marktbeteiligten, die Anspruch auf einen Teil des Zollkontingents haben, in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c und bei der Festsetzung von Gewichtungsköffizienten unter Berücksichtigung des Umfangs der von den verschiedenen Marktbeteiligten getragenen Risiken in Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung hat die Kommission die ihr durch die Verordnung Nr. 404/93 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen eingeräumten Befugnisse nicht überschritten. Sie hat auch nicht dadurch gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstossen, daß sie die den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten von den Marktbeteiligten zwingend vorzulegenden Nachweise in Artikel 7 der Verordnung Nr. 1442/93 nicht selbst bestimmt hat.
8 Da sich Artikel 155 des Vertrages und Artikel 20 der Verordnung Nr. 404/93 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen darauf beschränken, den Rahmen festzulegen, in dem die Kommission zum Erlaß der zur Durchführung dieser gemeinsamen Marktorganisation erforderlichen Bestimmungen berechtigt ist, können sie als solche von einem einzelnen nicht herangezogen werden, um die Haftung dieses Organs auf der Grundlage der Artikel 178 und 215 Absatz 2 des Vertrages auszulösen.