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Document 61989CJ0260

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

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1. Wettbewerb - Unternehmen, denen die Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte gewähren - Fernsehmonopol - Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht - Voraussetzungen

(EWG-Vertrag, Artikel 90)

2. Freier Warenverkehr - Mengenmässige Beschränkungen - Maßnahmen gleicher Wirkung - Einräumung eines Fernsehmonopols verbunden mit ausschließlichen Rechten in bezug auf bestimmte Materialien und Erzeugnisse - Zulässigkeit - Voraussetzungen

(EWG-Vertrag, Artikel 30 ff.)

3. Freier Dienstleistungsverkehr - Fernsehmonopol - Diskriminierung aufgrund der Herkunft von Sendungen - Unzulässigkeit - Rechtfertigung - Voraussetzungen

(EWG-Vertrag, Artikel 56, 59 und 66)

4. Wettbewerb - Unternehmen, denen die Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte gewähren - Fernsehmonopol - Mißbrauch einer beherrschenden Stellung - Unzulässigkeit - Rechtfertigung - Voraussetzungen

(EWG-Vertrag, Artikel 86 und 90)

5. EWG-Vertrag - Artikel 2 - Unerheblichkeit für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Fernsehmonopols

(EWG-Vertrag, Artikel 2)

6. Freier Dienstleistungsverkehr - Aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigte Beschränkungen - Zulässigkeit von der Beachtung der Grundrechte abhängig

(EWG-Vertrag, Artikel 56 und 66)

Leitsätze

1. Das Gemeinschaftsrecht steht der Einräumung eines Fernsehmonopols aus im öffentlichen Interesse liegenden Gründen nichtwirtschaftlicher Art nicht entgegen. Die Modalitäten der Ausgestaltung und der Ausübung eines solchen Monopols dürfen jedoch weder gegen die Vertragsvorschriften über den freien Warenverkehr und über den freien Dienstleistungsverkehr noch gegen die Wettbewerbsregeln verstossen.

2. Die Artikel des EWG-Vertrags über den freien Warenverkehr stehen dem nicht entgegen, daß einem einzigen Unternehmen ausschließliche Rechte im Bereich der Ausstrahlung von Fernsehsendungen eingeräumt werden und ihm zu diesem Zweck die ausschließliche Befugnis verliehen wird, die für die Ausstrahlung erforderlichen Materialien und Erzeugnisse einzuführen, zu vermieten oder zu vertreiben, soweit sich daraus keine Diskriminierung eingeführter Erzeugnisse gegenüber inländischen Erzeugnissen ergibt.

3. Artikel 59 EWG-Vertrag steht einer nationalen Regelung, die ein Monopol von ausschließlichen Rechten zur Ausstrahlung von eigenen Sendungen und zur Übertragung von Sendungen aus anderen Mitgliedstaaten schafft, entgegen, wenn sich dieses Monopol auf Sendungen aus anderen Mitgliedstaaten diskriminierend auswirkt und die Regelung nicht durch einen der Gründe gerechtfertigt ist, die in Artikel 56 angegeben sind, auf den Artikel 66 EWG-Vertrag verweist. Der Zweck, Störungen infolge der beschränkten Zahl von verfügbaren Kanälen zu verhindern, kann jedoch keine solche Rechtfertigung darstellen, wenn das betreffende Unternehmen nur eine beschränkte Zahl dieser Kanäle nutzt.

4. Artikel 90 Absatz 1 EWG-Vertrag steht der Einräumung eines ausschließlichen Rechts zur Ausstrahlung von Sendungen und eines ausschließlichen Rechts zur Übertragung von Fernsehsendungen an ein einziges Unternehmen entgegen, wenn durch diese Rechte eine Lage geschaffen werden könnte, in der das Unternehmen durch eine seine eigenen Programme bevorzugende diskriminierende Sendepolitik gegen Artikel 86 verstösst; dies gilt jedoch nicht, wenn die Anwendung des Artikels 86 die Erfuellung der dem Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe verhindert.

5. Artikel 2 EWG-Vertrag, der die Aufgabe der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beschreibt, lassen sich keine Kriterien für die Beurteilung der Vereinbarkeit eines nationalen Fernsehmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht entnehmen.

6. Wenn ein Mitgliedstaat sich auf Artikel 66 in Verbindung mit Artikel 56 EWG-Vertrag beruft, um mit Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit eine Regelung zu rechtfertigen, die geeignet ist, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit zu behindern, ist diese im Gemeinschaftsrecht vorgesehene Rechtfertigung im Lichte der allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere der Grundrechte auszulegen. Die in den genannten Bestimmungen vorgesehenen Ausnahmen können daher für die betreffende nationale Regelung nur dann gelten, wenn sie im Einklang mit den Grundrechten steht, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat. Bei einer Regelung im Bereich des Fernsehens bedeutet dies, daß sie im Hinblick auf die Meinungsfreiheit zu beurteilen ist, die in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention als ein allgemeiner Rechtsgrundsatz verbürgt ist, dessen Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat.

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