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Document 62002TJ0283

Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 16. März 2005.
EnBW Kernkraft GmbH gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
TACIS-Programm - Im Zusammenhang mit einem Kernkraftwerk in der Ukraine erbrachte Dienstleistungen - Keine Vergütung - Zuständigkeit des Gerichts - Schadensersatzklage - Außervertragliche Haftung.
Rechtssache T-283/02.

Sammlung der Rechtsprechung 2005 II-00913

ECLI-code: ECLI:EU:T:2005:101

Arrêt du Tribunal

Rechtssache T‑283/02

EnBW Kernkraft GmbH

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

„Programm TACIS – In Zusammenhang mit einem Kernkraftwerk in der Ukraine erbrachte Dienstleistungen – Keine Vergütung – Zuständigkeit des Gerichts – Schadensersatzklage – Außervertragliche Haftung“

Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 16. März 2005 

Leitsätze des Urteils

1.     Außervertragliche Haftung – Voraussetzungen – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht – Organ, das über keinen Entscheidungsspielraum verfügt – Bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichend

(Artikel 288 Absatz 2 EG)

2.     Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Vertrauensschutz – Voraussetzungen

1.     Im Bereich der Haftung der Gemeinschaft für dem Einzelnen zugefügte Schäden muss das dem Organ vorgeworfene Verhalten einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm darstellen, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht vorliegt, besteht das entscheidende Kriterium darin, ob das betreffende Gemeinschaftsorgan die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Wenn dieses Organ nur über einen erheblich verringerten oder gar auf null reduzierten Spielraum verfügt, kann die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß zu belegen.

(vgl. Randnr. 87)

2.     Auf den Vertrauensschutz, der eines der Grundprinzipien der Gemeinschaft darstellt, kann sich jeder berufen, bei dem die Gemeinschaftsverwaltung durch bestimmte Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat.

Folglich kann ein Wirtschaftsteilnehmer aus mündlichen Zusicherungen, die von der Kommission bestritten werden und für die sich in den Akten keine Beweise finden, keinen Vertrauensschutz ableiten.

Er kann sich auch nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, wenn sich die Kommission, ohne dass es eine endgültige Einigung über den Abschluss eines Vertrages mit ihr gab, als Teil normaler Vertragsverhandlungen von ihm verschiedene Vertragsentwürfe vorlegen ließ, sofern sie den betreffenden Wirtschaftsteilnehmer nicht veranlasst hat, die mit seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verbundenen Risiken zu überschreiten.

(vgl. Randnrn. 89, 92, 100)




URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)
16. März 2005(1)

„Programm TACIS – Im Zusammenhang mit einem Kernkraftwerk in der Ukraine erbrachte Dienstleistungen – Keine Vergütung – Zuständigkeit des Gerichts – Schadensersatzklage – Außervertragliche Haftung“

In der Rechtssache T-283/02

EnBW Kernkraft GmbH, vormals Gemeinschaftskernkraftwerk Neckar GmbH, mit Sitz in Neckarwestheim (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Zickgraf,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch S. Fries und F. Hoffmeister als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Klage nach Artikel 288 EG auf Ersatz des Schadens, der der Klägerin angeblich dadurch entstanden ist, dass von ihr im Rahmen des TACIS-Programms in Bezug auf das Kernkraftwerk Saporoshje (Ukraine) erbrachte Dienstleistungen von der Kommission nicht vergütet wurden,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)



unter Mitwirkung des Präsidenten H. Legal sowie der Richterin V. Tiili und des Richters V. Vadapalas,

Kanzler: D. Christensen, Verwaltungsrätin,

folgendes



Urteil




Rechtlicher Rahmen und Sachverhalt des Rechtsstreits

1
Das Programm technischer Hilfe für die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (Programme for technical assistance to the Commonwealth of Independent States) (TACIS), das sich für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1999 auf die Verordnung (Euratom, EG) Nr. 1279/96 des Rates vom 25. Juni 1996 über die Unterstützung der Neuen Unabhängigen Staaten und der Mongolei bei ihren Bemühungen um Gesundung und Neubelebung ihrer Wirtschaft (ABl. L 165, S. 1) stützte, sah u. a. eine Unterstützung in Bezug auf die nukleare Sicherheit vor.

2
Die Allgemeinen Bedingungen für Dienstleistungsverträge, die aus PHARE/TACIS-Mitteln finanziert werden (General Conditions for Service Contracts financed from PHARE/TACIS Funds), in der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebenden Fassung enthalten die für TACIS-Verträge geltenden Vorschriften (im Folgenden: Allgemeine TACIS-Bedingungen).

3
Die EnBW Kernkraft GmbH, vormals Gemeinschaftskernkraftwerk Neckar GmbH (im Folgenden: Klägerin oder GKN), unterhielt ab 1994 im Rahmen des TACIS-Programms betreffend Vor-Ort-Hilfe am Kernkraftwerk Saporoshje in der Ukraine vertragliche Beziehungen zur Kommission.

4
Der erste Dienstleistungsvertrag wurde im September 1994 für die Dauer von zwölf Monaten mit einem Budget von 552 656 Euro geschlossen. Der Vertrag sah die Ausführung verschiedener Projekte zur Gewährleistung der Sicherheit der Einrichtungen vor. Der bei der Klägerin beschäftigte Projektmanager, Diplom-Ingenieur Hoensch, war im Wesentlichen mit der Leitung der einzelnen Projekte und der Koordination des mit ihrer Umsetzung befassten Vertragspersonals betraut.

5
Der zweite Dienstleistungsvertrag wurde im September 1995 für die Dauer von 15 Monaten mit einem Budget von 1 299 090 Euro geschlossen. Er wurde durch ein erstes Addendum mit einem Ergänzungshaushalt von 990 910 Euro um sieben Monate und dann durch ein zweites Addendum um acht Monate verlängert. Der zweite Vertrag lief somit im März 1998 aus.

6
Am 10. April 1997 nahm der Rechnungshof den Sonderbericht Nr. 6/97 über die TACIS-Beihilfen für die Ukraine zusammen mit den Antworten der Kommission an (ABl. 1997, C 171, S. 1). Darin wurde u. a. der Abschluss rückwirkender Verträge beanstandet.

7
Der dritte Dienstleistungsvertrag (im Folgenden: dritter Vertrag) für die Vor-Ort-Hilfe im Jahr 1996 wurde am 17. Juli 1997 mit einer anfänglichen Laufzeit von 19 Monaten, d. h. bis 17. Februar 1999, geschlossen und sah ein Budget von 800 000 Euro vor. Nach seinem Artikel 10 sind für Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag die Brüsseler Gerichte zuständig.

8
Mit Schreiben vom 30. Dezember 1997 teilten die Vertreter der Delegation der Kommission in Kiew (Ukraine) Herrn Lütkemeyer von der Generaldirektion (GD) „Außenbeziehungen: Europa und Neue Unabhängige Staaten, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Außendienst“ der Kommission mit:

„[D]er Projektmanager …, Herr Hoensch, hat sich ohne vorherige Abstimmung mit der [Kommission] geäußert und für Verwirrung auf ukrainischer Seite gesorgt. Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Herrn Hoensch insoweit strikte Anweisungen geben könnten.“

9
Am 15. April 1998 sandte Herr Jousten, der Leiter des Referats „Nukleare Sicherheit und Koordinierung der Interventionen im Energiesektor“ der Direktion „Beziehungen zu den Neuen Unabhängigen Staaten und zur Mongolei“ der genannten GD, der Klägerin ein Schreiben, in dem er sie bat, den Entwurf eines Vertrages über die Vor-Ort-Hilfe für 1997 (im Folgenden: vierter Vertrag) vorzubereiten.

10
Am 20. Mai 1998 übersandte die Klägerin Herrn Jousten ihren Entwurf des vierten Vertrages. Am 16. Juli 1998 übermittelte sie ihm einen erweiterten Entwurf dieses Vertrages. Am 29. Juli 1998 teilte sie der Kommission ihre Bankdaten mit. Am 26. August 1998 übersandte sie Herrn Jousten eine geänderte Fassung ihres Entwurfs und wies darauf hin, dass die Änderungen den Anhang 6 beträfen. Am 23. September 1998 übersandte sie ihm unter Hinweis auf das Treffen vom 10. September 1998 einen neuen Entwurf.

11
Im August 1998 einigten sich die Parteien auf das Addendum Nr. 1 zum dritten Vertrag (im Folgenden: Addendum Nr. 1), mit dem eine Änderung der Artikel 2 und 4 sowie der Anhänge A, B, C und D des dritten Vertrages und eine Verlängerung des ursprünglichen Vertrages um 17 Monate vorgenommen wurde, so dass er am 17. Juli 2000 auslief.

12
Mit Schreiben vom 2. Oktober 1998 teilte Herr Giuglaris, der geschäftsführende Leiter der Delegation in Kiew, Herrn Jousten mit, dass er „auf unseren früheren Vorschlag zurückkommen [möchte], Herrn Hoensch möglicherweise als Projektmanager … zu ersetzen“.

13
Am 9. Oktober 1998 übersandte die Klägerin Herrn Jousten ein Schreiben über den Stand der Verhandlungen, in dem sie erklärte, dass sie „weiterhin [hofft], dass [der] Dienstleistungsvertrag recht bald tatsächlich in Kraft treten wird“.

14
Herr Jousten antwortete der Klägerin mit Schreiben vom 20. Oktober 1998, in dem er die wichtigsten durch ihre Vorschläge aufgeworfenen Probleme zusammenfasste. Außerdem schlug er der Klägerin den Abschluss eines Vertrages unter Ausschluss der Arbeiten vor, über die noch keine Einigung erzielt worden war. In seinem Schreiben hieß es:

„Falls GKN nach Erhalt der [speziellen technischen Vorgaben] kein Angebot für diese Arbeiten abgeben möchte, schlagen wir zur Vermeidung weiterer Verzögerungen vor, einen Vertrag über die übrigen Arbeiten (Umsetzung des Programms von 1997 usw.) abzuschließen.“

15
Im Anschluss an dieses Schreiben forderte Herr O’Rourke, der stellvertretende Leiter des betreffenden Referats, die Klägerin mit Schreiben vom 23. Oktober 1998 auf, ihm eine überarbeitete Fassung des vierten Vertrages vorzulegen.

16
Am 12. November 1998 nahm der Rechnungshof den Sonderbericht Nr. 25/98 zu den Maßnahmen der Europäischen Union auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit in den Ländern Mittel- und Osteuropas (MOEL) und in den Neuen Unabhängigen Staaten (NUS) (Zeitraum 1990–1997) zusammen mit den Antworten der Kommission an (ABl. 1999, C 35, S. 1). Darin wurde u. a. beanstandet, dass es an der personellen Ausstattung für eine ordnungsgemäße Durchführung der Programme fehle.

17
Am 20. November 1998 erstellte das Monitoring Team Kiew einen Bericht über die im Rahmen des dritten Vertrages geleistete Vor-Ort-Hilfe.

18
Mit Schreiben vom 23. November 1998 wies Herr Jousten gegenüber dem stellvertretenden Projektleiter der Klägerin, Herrn Zaiss, die in dessen Schreiben vom 2. und 4. November 1998 gegen Herrn O’Rourke erhobenen Vorwürfe zurück und schloss mit folgenden Worten:

„[U]nsere Zusammenarbeit [kann] nur fortgesetzt werden …, wenn wir zu normalen geschäftlichen Standards zurückkehren.“

19
Mit Schreiben vom 26. November 1998, das ebenfalls an Herrn Zaiss gerichtet war, stellte Herr Doucet, der Leiter des Referats „Nukleare Sicherheit“ der Direktion „Projekte in Europa (Zentraleuropa, Osteuropa, NUS und westlicher Balkan) – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ des Gemeinsamen Dienstes für die Verwaltung der Hilfe der Gemeinschaft in Drittländern, unter Bezugnahme auf einen Tätigkeitsbericht vom 8. Juli 1998 fest, dass es sich bei den in diesem Bericht enthaltenen Bemerkungen um persönliche Werturteile handele, die mit der Herrn Hoensch als Projektmanager übertragenen Aufgabe unvereinbar seien. Er fügte hinzu, die Kommission erwarte, dass die Klägerin „entschiedene Maßnahmen in Bezug auf das Projektmanagement ergreift“.

20
Am 3. Dezember 1998 übersandte die Klägerin Herrn Jousten die revidierte Fassung des vierten Vertrages und teilte ihm mit, dass die nicht geklärten Fragen mit einer Ausnahme berücksichtigt worden seien.

21
Herr Jousten antwortete der Klägerin mit Telefax vom 22. Dezember 1998, dass die „Vorgaben“ (Terms of reference) Herrn Doucet übermittelt worden seien und dass er wegen der übrigen Teile und der Anhänge ihres Vorschlags Kontakt zu ihr aufnehmen werde.

22
Am 24. Februar 1999 übersandte die Klägerin der Kommission einen Tätigkeitsbericht für den Zeitraum vom 1. Dezember 1998 bis 31. Januar 1999.

23
Am 16. März 1999 nahm die Klägerin an einem Treffen mit der Kommission teil.

24
Am 14. April 1999 übersandte die Klägerin Herrn Doucet ein Schreiben, in dem sie die bei dem Treffen vom 16. März 1999 erörterten ungeregelten Fragen zusammenfasste.

25
Am selben Tag übersandte sie ihm auch eine Neufassung des vierten Vertrages, wobei sie darauf hinwies, dass es sich um eine völlig überarbeitete Fassung der „Terms of reference“ handele.

26
Am 7. Mai 1999 übersandte Herr Summa, der Leiter der Direktion „Beziehungen zu den Neuen Unabhängigen Staaten und zur Mongolei“ der GD „Außenbeziehungen: Europa und Neue Unabhängige Staaten, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Außendienst“ der Kommission, Herrn Möller vom Bundesministerium der Finanzen ein Schreiben, mit dem er auf dessen Schreiben vom 25. Februar 1999 in Bezug auf die Programme TACIS und PHARE für nukleare Sicherheit antwortete.

27
Am 20. Mai 1999 erstellte das Monitoring Team Kiew einen Bericht über die im Rahmen des dritten Vertrages geleistete Vor-Ort-Hilfe. Darin hieß es u. a., dass die Mittel erschöpft seien und dass die Klägerin nach dem Vertrag weiterhin gewisse Dienstleistungen erbringen müsste, was aber aus wirtschaftlicher Sicht unmöglich sei.

28
Am 12. und 13. Juli 1999 fand ein Treffen statt, an dem die Klägerin und Vertreter der Kommission teilnahmen.

29
Nach diesem Treffen übersandte die Klägerin Herrn Vadé vom Gemeinsamen Dienst der Kommission für die Verwaltung der Hilfe der Gemeinschaft in Drittländern am 21. Juli 1999 eine „völlig überarbeitete Fassung“ der „Terms of reference“.

30
Am 22. Juli 1999 übermittelte Herr Vadé der Klägerin ein Schreiben, in dem die wichtigsten bei dem Treffen behandelten Punkte aufgezählt wurden.

31
Mit Schreiben vom 28. Juli 1999 an Herrn Zaiss teilte Herr Doucet der Klägerin mit, dass er die technische Bewertung zu den Angeboten für die Projekte U1.03/96B, U1.03/96D2 und U2.03/96 nicht akzeptieren könne.

32
Herr Zaiss antwortete auf das Schreiben der Kommission am 29. Juli 1999 mit Erläuterungen der drei fraglichen Projekte. Außerdem verwies er auf eine Zusage, die die Kommission bei dem Treffen am 16. März 1999 gegeben habe und nach der alle der Klägerin vor der Unterzeichnung des vierten Vertrages entstandenen Kosten von der Kommission getragen würden.

33
Mit Telefax vom 2. August 1999 antwortete Herr Doucet Herrn Zaiss in Bezug auf die Bewertung der drei Projekte, dass der Standpunkt der Klägerin nur als Weigerung aufgefasst werden könne, die erforderliche Neubewertung vorzunehmen.

34
Am 6. August 1999 übersandte Herr Hoensch Herrn Doucet ein Schreiben zur technischen Bewertung des Projekts U2.03/96.

35
Am 25. August 1999 übersandte die Klägerin Herrn Doucet unter Bezugnahme auf das Treffen am 16. März 1999 und ihr Schreiben vom 14. April 1999 den Vorschlag für ein Addendum Nr. 2, der eine Änderung des dritten Vertrages und seines Addendums Nr. 1 vorsah. Nach diesem Vorschlag sollte das ursprüngliche Budget um 457 163 Euro erhöht werden.

36
Mit Schreiben vom 16. September 1999 an Herrn Zaiss teilte Herr Doucet mit:

„Das … Telefax [vom 2. August 1999] ist noch nicht zufrieden stellend beantwortet worden, und außerdem hat die Beschaffungsstelle (GOPA) [Group of political advisers, Gruppe politischer Berater] berichtet, dass GKN nach eigenen Angaben nicht in der Lage sei, vor Ort eine Reihe von Abnahmen vorzunehmen, die nach den Bestimmungen des [dritten] Vertrages … fällig sind.

In diesem Zusammenhang ist die [Kommission] nicht mehr davon überzeugt, dass GKN gewillt ist, die Vor-Ort-Hilfe mit der Umsicht und Sorgfalt zu leisten, die die Kommission im Bereich der nuklearen Sicherheit erwartet.

Falls Sie Ihre Zusammenarbeit mit der Kommission dennoch fortsetzen möchten, senden Sie uns bitte einen Vorschlag für die Durchführung der anstehenden Bewertungen und die Abnahme von Geräten unter gebührender Berücksichtigung des Inhalts der vorangegangenen Briefe und Telefaxe des [Referats ‚Nukleare Sicherheit‘ der Direktion ‚Projekte in Europa (Zentraleuropa, Osteuropa, NUS und westlicher Balkan) – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik‘ des Gemeinsamen Dienstes für die Verwaltung der Hilfe der Gemeinschaft in Drittländern]. Die Ergebnisse sollten bis spätestens 15. Oktober 1999 vorliegen.

Die Erfahrungen der Vergangenheit – eine ständige negative Einstellung und wiederholte Meinungsverschiedenheiten zwischen GKN und der Kommission – lassen uns annehmen, dass die aufgetretenen Probleme hauptsächlich durch mangelnde Sachkunde und fehlenden Teamgeist des TACIS-Projektmanagers von GKN verursacht wurden. Die Kommission fordert jedenfalls, dass eine kompetentere Person zum TACIS-Projektmanager ernannt wird.

Sollte die Kommission binnen zehn Tagen nach Eingang des vorliegenden Schreibens keinen solchen Vorschlag erhalten, so müssen wir diesen Vertrag als beendet betrachten. Dies würde auch bedeuten, dass die Kommission keinen weiteren solchen Vertrag mit GKN schließt.

Sie haben sicher Verständnis dafür, dass die Klärung der gegenwärtigen vertraglichen Situation im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Sicherheit und den Betrieb des [Kernkraftwerks] Saporoshje von größter Bedeutung ist.“

37
Mit Telefax vom 23. September 1999 an Herrn Zaiss antwortete Herr Vadé auf das Schreiben der Klägerin vom 25. August 1999 und lehnte es ab, den Vorschlag für das Addendum Nr. 2 in Betracht zu ziehen.

38
Mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 antwortete Herr Zaiss auf das Schreiben von Herrn Doucet vom 16. September 1999. Darin heißt es:

„GKN [hat] bislang ihre Verpflichtungen aus dem [dritten] Vertrag erfüllt … und [möchte] dies auch künftig tun … GKN war für die Verzögerungen bei den einbezogenen Projekten nicht verantwortlich.

Um den weiteren Ablauf zu klären, hat GKN die zuständigen deutschen Bundesministerien konsultiert …

Demnach wird von der Kommission nunmehr erwartet,

GKN die bislang entstandenen Kosten zu erstatten (vgl. das Schreiben von GKN vom 25. August 1999),

die technische Bewertung der Projekte zu akzeptieren (vgl. das Schreiben von GKN vom 29. Juli 1999) und

den … TACIS-Vertrag [19]97 in Kraft zu setzen (vgl. das Schreiben von GKN vom 17. Mai 1998 und das Telefax der [Kommission] vom 22. Dezember 1998).

Bis all diese Punkte zur Zufriedenheit von GKN geklärt sind, werden wir von jeder weiteren Tätigkeit im Rahmen des vorliegenden Vertrages absehen.

Darüber hinaus muss ich auf das Schärfste gegen ihre ständigen Vorwürfe und Beschuldigungen gegenüber dem TACIS-Management von GKN protestieren.“

39
Mit Schreiben vom 15. Oktober 1999 reagierte die Klägerin auf das Telefax der Kommission vom 23. September 1999 und erläuterte die Differenzen hinsichtlich der vertraglichen Dauer der Vor-Ort-Hilfe und der Tätigkeiten zur Durchführung spezifischer Projekte. Abschließend führte sie aus:

„Wir halten es für erforderlich, darauf hinzuweisen, dass unser mit Schreiben vom 25. August 1999 unterbreiteter Vertragsvorschlag die Zeit von Juli 1998 bis September 1999 abdeckt. Dies bedeutet, falls die Kommission für ihre Entscheidung über unseren Vertragsvorschlag mehr Zeit braucht, dass die Laufzeit des Vertrages und die Kosten für den gewünschten Dienstleistungsvertrag um den Zeitraum verlängert/erhöht werden müssen, den die Europäische Kommission für den Prozess der Entscheidungsfindung benötigt.“

40
Mit Telefax vom 20. Oktober 1999 an Herrn Doucet bestätigte Herr Hoensch unter Bezugnahme auf ein von ihnen geführtes Telefonat ein für den 28. Oktober 1999 vorgesehenes Treffen. Er erklärte, er werde die vertragliche Situation und die technische Bewertung der Projekte U2.03/96 und U1.03/96D2 näher erläutern.

41
Mit Telefax vom 22. Oktober 1999 an Herrn Hoensch teilte Herr Doucet der Klägerin mit, in Anbetracht der Tatsache, dass sie auch die Schwierigkeiten bei der technischen Bewertung der Angebote erörtern wolle, ziehe er es vor, das Treffen zu verschieben, damit Herr Vadé, der mit den technischen Fragen besser vertraut sei, zugegen sein könne.

42
Mit Schreiben vom 25. Oktober 1999 teilte Herr Weber, der Leiter der Direktion „Ausschreibungen, Verträge und Rechtsfragen“ des Gemeinsamen Dienstes der Kommission für die Verwaltung der Hilfe der Gemeinschaft in Drittländern, Herrn Zaiss unter Bezugnahme auf dessen Schreiben vom 4. Oktober 1999 mit:

„Nach Ihrer negativen Antwort auf das Schreiben von Herrn Doucet vom 16. September 1999 … beendet die Kommission hiermit den [dritten] Vertrag von GKN gemäß Artikel 41 der [Allgemeinen TACIS-Bedingungen] (Anlage E des oben genannten Vertrages). Dies bedeutet, dass die Beendigung sechs Wochen nach Eingang dieses Schreibens bei GKN wirksam wird.

Sie haben der Kommission so schnell wie möglich Ihre Schlussabrechnung vorzulegen und die gesamten technischen Unterlagen dem Referat [‚Nukleare Sicherheit‘ der Direktion ‚Projekte in Europa (Zentraleuropa, Osteuropa, NUS und westlicher Balkan) – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik‘ des Gemeinsamen Dienstes für die Verwaltung der Hilfe der Gemeinschaft in Drittländern] zu übermitteln.

Ich sehe keinen Anlass, näher zu erläutern, dass es für die Kommission nicht in Betracht kommen kann, GKN die Ausgaben für die Bewertungen der Projekte U1.03/96B, U1.03/96D2 und U2.03/96 zu erstatten, die von Anfang an falsch gehandhabt wurden und zu keinen brauchbaren Ergebnissen geführt haben.

Nach Erhalt Ihres Schreibens vom 4. Oktober 1999 hat die Kommission, um ihre Interessen und die des Begünstigten zu wahren, eine eigene Vor-Ort-Abnahme der Geräte durchgeführt, die im Rahmen der Projekte U1.03/95E …, U1.03/96A … und U2.02/94C geliefert wurden. GKN hat daher keinen Erstattungsanspruch für etwaige weitere Abnahmen im Zusammenhang mit diesen Lieferverträgen.

Schließlich muss ich Ihnen mitteilen, dass aufgrund der unbefriedigenden Leistung von GKN und insbesondere ihrer Weigerung, Unregelmäßigkeiten abzustellen und mit der Kommission im gebotenen Maß zu kooperieren, für die Kommission der Abschluss weiterer Verträge mit GKN nicht in Betracht kommt.“

43
Mit Schreiben vom 19. November 1999 an Herrn Weber, unterzeichnet von Herrn Wiedemann, antwortete die Klägerin auf das Schreiben vom 25. Oktober 1999 und stellte u. a. fest, dass der dritte Vertrag am 15. Dezember 1999 ende.

44
Am 24. November 1999 fand ein Treffen der Klägerin und der Kommission statt.

45
Mit Telefax vom 17. April 2002 an Herrn Knudsen von der Direktion „Europa, Kaukasus, Zentralasien“ des Kooperationsbüros der Kommission (EuropeAid) antwortete die Klägerin auf ein Schreiben vom 4. März 2002 und ersuchte um eine einvernehmliche Regelung.

46
Mit Schreiben vom 17. Mai 2002 antwortete ihr Herr Knudsen, dass ihr Schreiben kein überzeugendes neues Argument enthalte und dass er keinen weiteren unnötigen Schriftverkehr führen wolle.


Verfahren und Anträge der Parteien

47
Mit Klageschrift, die am 23. September 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

48
Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

49
Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen hat das Gericht die Parteien aufgefordert, schriftliche Fragen zu beantworten und bestimmte Schriftstücke vorzulegen. Die Parteien sind dieser Aufforderung teilweise nachgekommen.

50
Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 22. September 2004 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

51
Die Klägerin beantragt,

die Kommission zu verurteilen, ihr 332 083,60 Euro nebst 5,25 % Zinsen seit dem 12. Juni 2000 auf einen Betrag von 328 782,43 Euro sowie 5,25 % Zinsen seit dem 21. August 2000 auf einen Betrag von 3 301,17 Euro zu zahlen;

die Kommission zu verurteilen, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

52
Die Kommission beantragt,

die Klage als unzulässig und offensichtlich unbegründet abzuweisen;

der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.


Rechtliche Würdigung

Vorbringen der Parteien

Zur Zuständigkeit des Gerichts

53
Die Kommission trägt im Wesentlichen vor, dass die Klage bei einem unzuständigen Gericht erhoben worden sei. Nach der Gerichtsstandsklausel des dritten Vertrages seien nämlich für Streitigkeiten „aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag“ die belgischen Gerichte zuständig.

54
Es gehe hier um die Auslegung des dritten Vertrages, genauer gesagt um die Frage, was geschuldet werde. Der vorliegende Rechtsstreit betreffe daher den dritten Vertrag.

55
Die Klägerin habe nach den Bestimmungen des dritten Vertrages über die Hardwareprojekte eine Betreuung dieser Projekte bis zur Abnahme der Lieferung geschuldet, und zwar im Vertragszeitraum bis Ende Juli 2000. Die Klägerin habe vertraglich akzeptiert, dass das Budget dafür auf 800 000 Euro begrenzt sei.

56
In der Zeit, für die die Klägerin eine Vergütung für den Einsatz ihres Projektmanagers und einiger ihrer Experten verlange, habe es zwischen der Klägerin und ihr einen Vertrag gegeben. Dieser Vertrag habe für den Einsatz des Projektmanagers und der Experten verschiedene Budgetlinien vorgesehen. Die Klägerin habe diese Budgetlinien mit dem fraglichen Einsatz ihres Projektmanagers und der Experten überschritten.

57
Die Verlängerung des dritten Vertrages sei darauf zurückzuführen, dass sich die Durchführung einiger Hardwareprojekte hingezogen und den zusätzlichen Einsatz bestimmter Experten in Saporoshje erforderlich gemacht habe. Die Klägerin habe sich durch die Verlängerung des Vertrages verpflichtet, diese Projekte bis Juli 2000 zu betreuen. Es sei richtig, dass die Verlängerung auch aus budgetrechtlichen Gründen vorgenommen worden sei. Die Einsätze dieser Experten hätten aus dem vorgesehenen Budget nicht vergütet werden können, wenn es zum Zeitpunkt ihres Einsatzes bereits keinen Vertrag mehr gegeben hätte; ebenso wenig wären die Experten in versicherungs- und visarechtlicher Hinsicht geschützt gewesen, wenn sie ihre Tätigkeit nicht im Rahmen eines gültigen Vertrages ausgeübt hätten.

58
Das Gesamtbudget des dritten Vertrages sei nicht geändert worden, sondern es seien lediglich einige Einzelposten umgestaltet worden. Eine Erhöhung des Budgets sei nicht erforderlich gewesen, da sich am Inhalt der Pflichten der Klägerin hinsichtlich der Hardwareprojekte durch die Verlängerung der Vertragsdauer nichts geändert habe. Die Einsatzpläne hätten nur geringfügiger Anpassungen bedurft, da für die meisten Projekte kein zusätzlicher Einsatz erforderlich gewesen sei; nur zwei spezifische Projekte seien von der Verlängerung betroffen gewesen. Da dem Projektmanager und den fraglichen Experten keine neuen Aufgaben zugewiesen worden seien, sei für sie auch kein erweitertes Honorar vereinbart worden. Sie hätten lediglich die im dritten Vertrag vorgesehenen Tätigkeiten zu Ende führen sollen, wozu auch die Aufgabe gehört habe, die in ihrer Laufzeit verlängerten Hardwareprojekte abschließend zu begleiten. Im dritten Vertrag sei von Anfang an klar festgelegt worden, dass die Klägerin für die abschließende Begleitung der Hardwareprojekte kein gesondert ausgewiesenes Honorar erhalte, da diese Leistung im Gesamtbudget mit vergütet sei. Die Rolle des Projektmanagers habe sich insoweit im Wesentlichen darauf beschränkt, für die Abnahme der Hardwareprojekte zu sorgen; diese quasi akzessorische Tätigkeit habe keine Erhöhung seines Honorars gerechtfertigt. Das Gesamtbudget des Vertrages sei deshalb trotz seiner Verlängerung nicht erhöht worden; dem habe die Klägerin auch zugestimmt.

59
Die Klägerin trägt vor, die streitgegenständlichen Leistungen seien weder im Rahmen des dritten Vertrages noch nach dessen Addendum Nr. 1 durchgeführt worden. Der betreffende Zeitraum sei daher vertraglich nicht geregelt gewesen. Der Umfang der zu erbringenden Leistungen werde nämlich durch das Budget des Vertrages und die Einsatzpläne bestimmt und nicht durch die offizielle Laufzeit des dritten Vertrages.

60
Ihre Dienste seien vom Projektmanager ab August 1998 und von den Experten ab April 1999 nicht mehr im Rahmen des dritten Vertrages erbracht worden, der bis 16. Januar 1999 abgeschlossen worden sei. In den Einsatzplänen des Projektmanagers und der Experten sei aus budgetrechtlichen Gründen bis Juni 1998 nur ein Einsatz vorgesehen gewesen. Diese Einsatzpläne seien maßgebend für die Beurteilung, ob es sich um außervertragliche oder vertragliche Leistungen handele, denn sie seien vollgültiger Vertragsbestandteil und konkretisierten in zeitlicher Hinsicht die Leistung, zu deren Erbringung sie vertraglich verpflichtet gewesen sei. Ab Juli 1998 hätten die Einsatzpläne des dritten Vertrages keinen Einsatz mehr vorgesehen. Deshalb fielen die streitgegenständlichen Leistungen nicht unter den dritten Vertrag.

61
Die fraglichen Tätigkeiten würden auch nicht vom Addendum Nr. 1 abgedeckt, das nach Ablauf der Einsatzpläne des dritten Vertrages im August 1998 geschlossen worden sei. Die Parteien hätten durch den Abschluss dieses Addendums die Weiterführung einzelner Hardwareprojekte in der Übergangszeit bis zum Abschluss des vierten Vertrages ermöglichen wollen.

62
Die Laufzeit des dritten Vertrages sei zwar durch das Addendum Nr. 1 bis 17. Juli 2000 verlängert worden, aber aus dem zu diesem Addendum gehörenden Einsatzplan für den Projektmanager gehe klar hervor, dass dadurch dessen Einsatz bis zu diesem Zeitpunkt nicht geregelt werde. Der Einsatzplan habe die Tätigkeit des Projektmanagers ab August 1998 nicht mehr geregelt. Es seien lediglich zwei Einsatzwochen von Dezember 1997 auf Juli 1998 verschoben worden. Die einzigen ab Juli 1998 vorgesehenen Einsätze seien die der Experten im Rahmen der einzelnen Hardwareprojekte gewesen.

63
Auch die Tätigkeit der Experten sei außervertraglicher Natur. Die Klägerin habe die vertraglich vorgesehenen Einsätze der Experten vollständig erbracht. Sie verlange nur die Vergütung derjenigen Einsätze, die weder in den Einsatzplänen vorgesehen gewesen seien noch aus dem Budget des dritten Vertrages hätten bezahlt werden können.

64
Die Budgetbegrenzung habe in Verbindung mit dem Einsatzplan dem Umfang der Leistungspflicht beider Seiten zwingende Grenzen gesetzt. Allein die Vertragslaufzeit vermöge eine Erweiterung der Leistungspflicht nicht zu begründen. Der Vertrag sei zwar verlängert worden; aber Anlass dafür sei nicht die vergütungslose Erweiterung der Leistungspflicht bezüglich des Projektmanagements, sondern lediglich die zur Einbeziehung neuer Experten notwendige Anpassung gewesen. Da Änderungen bei der personellen Besetzung nach der vertraglichen Regelung nur schriftlich hätten vorgenommen werden können, sei der Abschluss des Addendums Nr. 1 notwendig geworden, denn nur so hätten die neuen Experten in den Vertrag einbezogen werden können.

65
Da das Addendum Nr. 1 keine Erhöhung des Budgets und keinen neuen Einsatzzeitraum für den Projektmanager vorgesehen habe und da für die Experten neue Einsatzzeiträume lediglich in dem bereits dargelegten Umfang vorgesehen worden seien, sei die Klägerin offenkundig nicht verpflichtet gewesen, die streitgegenständlichen Leistungen aufgrund der Verlängerung der offiziellen Laufzeit des dritten Vertrages zu erbringen.

Zum Schadensersatzantrag

66
Die Klägerin macht geltend, ihre Klage sei begründet, da die Kommission gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen habe und ihr dadurch ein Schaden in Höhe von 332 083,60 Euro entstanden sei.

67
Was zunächst die von der Kommission begangene Amtspflichtverletzung angehe, so habe die Kommission durch ihr Verhalten während und nach den Vertragsverhandlungen bei der Klägerin den Eindruck erweckt, dass sie für ihre außervertraglichen Leistungen entschädigt werde. Die Kommission habe daher den Grundsatz des Vertrauensschutzes im Sinne des Urteils des Gerichts vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache T‑203/96 (Embassy Limousines & Services/Parlament, Slg. 1998, II‑4239) verletzt. Auch im vorliegenden Fall seien bei ihr begründete Erwartungen geweckt worden, die sie veranlasst hätten, ohne Vertrag tätig zu werden. Vor dem Hintergrund der andauernden Vertragsverhandlungen sei sie aus der Sicht eines umsichtigen Wirtschaftsteilnehmers durch die Fortführung ihrer Tätigkeit kein von ihr zu tragendes Risiko eingegangen. Vielmehr habe sie wirtschaftlich vernünftig und realistisch gehandelt, da die Kommission in ihr die Überzeugung geweckt habe, einen weiteren Vertrag zu bekommen. Diese Überzeugung habe die Kommission auch nicht entkräftet, sondern während der Verhandlungen mehrfach bestärkt und aufrechterhalten.

68
Anders als im Fall einer öffentlichen Ausschreibung habe sie vorliegend darauf vertrauen dürfen, dass der neue Vertrag über Vor-Ort-Hilfe mit ihr geschlossen werde. Sie sei im Memorandum of Understanding zwischen den G‑7-Ländern, der Kommission und der Ukraine aus dem Jahr 1995 zum westlichen Sicherheitspartner für das Kernkraftwerk Saporoshje ernannt worden. Der Abschluss von Verträgen über Vor-Ort-Hilfe sei daher regelmäßig im Rahmen eines Direct Agreement erfolgt. Für die Parteien habe es außer Frage gestanden, dass die Vor-Ort-Hilfe weitergeführt und eine Unterbrechung der Leistungen insbesondere aus Sicherheitsgründen verhindert werden müsse. Die Direktvergabe sei übrigens ein weiterer Grund dafür gewesen, dass stets nur ein Leistungsumfang für etwa ein Kalenderjahr vertraglich vereinbart worden sei.

69
Die Kommission habe auch dadurch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, dass sie die Vertragsverhandlungen durch ihre unsachgemäße Vertragsverwaltung habe scheitern lassen. Die Kommission sei verpflichtet, bei der Vorbereitung einer Entscheidung mit aller erforderlichen Sorgfalt vorzugehen und die in Rede stehenden Interessen gegeneinander abzuwägen (Urteile des Gerichts vom 19. März 1997 in der Rechtssache T‑73/95, Oliveira/Kommission, Slg. 1997, II‑381, und vom 9. Juli 1999 in der Rechtssache T‑231/97, New Europe Consulting und Brown/Kommission, Slg. 1999, II‑2403). Außerdem könnten Interventionen verschiedener Verwaltungsorgane und politischer Organe innerhalb eines Organs der Europäischen Union es nicht rechtfertigen, dass das Organ gegenüber dem Betroffenen kein kohärentes und konstantes Verhalten an den Tag lege (Urteil Embassy Limousines & Services/Parlament, Randnr. 87). Es dürfe also nicht zu Lasten eines Betroffenen gehen, dass die Kommission im Rahmen von Vertragsverhandlungen durch den innerbehördlichen Wechsel von Verantwortlichkeiten den Überblick über den Stand der Verhandlungen verliere oder unverhältnismäßig lange für die Entscheidungsfindung benötige. Genau das sei jedoch im Fall der Klägerin geschehen. Die Kommission habe auf verschiedene Weise in den einzelnen Phasen der Vertragsverhandlungen schutzwürdiges Vertrauen geweckt und aufrechterhalten und habe mehrfach ihr unzureichendes Vertragsmanagement und ihre ungenügende innerbehördliche Organisation unter Beweis gestellt.

70
Die Weigerung, das Addendum Nr. 2 zu unterzeichnen, verdeutliche zudem, mit welcher Nachlässigkeit nachfolgende Beamte über den Stand der Verhandlungen und die bestehenden Verträge informiert worden seien. Die im Telefax vom 23. September 1999 enthaltene Aussage von Herrn Vadé („Nach meinem Verständnis umfasste das Addendum Nr. 1 …, das ohne Änderung des Gesamtbudgets abgeschlossen wurde, eine Umverteilung von Budgetlinien, um sie in Einklang mit der Verlängerung der Tätigkeitsdauer zu bringen“) zeige, dass er das Addendum Nr. 1 offensichtlich weder selbst gelesen habe noch von den Amtsvorgängern über die Umstände seines Zustandekommens aufgeklärt worden sei. Da zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Addendums Nr. 1 das Budget für den Projektmanager schon vollständig aufgebraucht gewesen sei und das noch vorhandene Budget lediglich die Tätigkeit der Experten habe abdecken können, sei eine Umverteilung der Budgets nie vereinbart worden und hätte darüber hinaus auch nicht vereinbart werden dürfen. In dem zum Addendum Nr. 1 gehörenden „Breakdown of prices“ sei deshalb auch keine Umverteilung zwischen den Budgets für den Projektmanager und für die Experten vorgenommen, sondern lediglich die Unterscheidung zwischen Einsätzen in Deutschland und der Ukraine abgeschafft worden. Dies sei geschehen, um die Abrechnung der Einsätze zu vereinfachen; die Änderung habe jedoch keinen Einfluss auf die für die Experten oder den Projektmanager vorgesehenen Einzelbudgets gehabt.

71
Hinsichtlich ihres Schadens trägt die Klägerin vor, ihr sei dadurch, dass sie sich auf die Zusagen der Kommission verlassen und ihre Tätigkeit außervertraglich fortgesetzt habe, ein Schaden in Höhe von 332 083,60 Euro entstanden.

72
Schließlich liege der für den Schadensersatzanspruch erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung der Kommission und dem Schaden vor. Der Schaden ergebe sich mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem gerügten Verhalten der Kommission.

73
Der Schaden stehe auch in unmittelbarem Kausalzusammenhang mit der unzureichenden Verwaltungsorganisation der Kommission. Der mangelhafte Informationsfluss zwischen den aufeinander folgenden Beamten habe zu einer zusätzlichen Verzögerung geführt und sei der Grund sowohl für die außervertraglichen Leistungen an sich als auch für deren Dauer und somit die Höhe ihres Schadens gewesen.

74
Die Klägerin beantragt, die Kommissionsbeamten Doucet, Kalbe, Jousten, Lütkemeyer und Vadé sowie die Herren Zaiss, Hoensch, Collignon und Möller vor Gericht als Zeugen insbesondere zum Umfang der Besprechungen zwischen der Kommission und ihr, zur Führung der Vertragsverhandlungen und zur Ausschöpfung des Budgets zu hören.

75
Die Kommission hält die Klage für offensichtlich unbegründet. Ihre Haftung nach Artikel 288 Absatz 2 EG sei nicht gegeben, weil keine Amtspflichtverletzung vorliege.

76
Erstens treffe es nicht zu, dass sie bei der Klägerin begründete Erwartungen geweckt habe.

77
Zweitens sei die Behauptung falsch, dass sie durch mangelhaftes Vertragsmanagement den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletzt habe.

Würdigung durch das Gericht

78
Der Rechtsstreit findet am Ende des 1994 von den Parteien eingegangenen Vertragsverhältnisses statt, und sie erörtern die Frage, ob er sich in den Rahmen der Durchführung des dritten Vertrages und seines ersten Addendums einfügt. Beides ist nacheinander zu prüfen.

79
Nach Artikel 238 EG in Verbindung mit dem Beschluss 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 319, S. 1) in geänderter Fassung ist das Gericht für die Entscheidung über Vertragsrechtsstreitigkeiten, die von natürlichen oder juristischen Personen bei ihm anhängig gemacht werden, nur aufgrund einer Schiedsklausel zuständig.

80
Ohne eine solche Klausel kann das Gericht über eine Klage, die sich auf einen Vertrag gründet, nicht entscheiden. Andernfalls würde es seine Zuständigkeit über die Rechtsstreitigkeiten hinaus ausdehnen, deren Entscheidung ihm durch Artikel 240 EG abschließend vorbehalten ist, denn diese Bestimmung überträgt den einzelstaatlichen Gerichten die Zuständigkeit des allgemeinen Rechts für die Entscheidung von Streitsachen, bei denen die Gemeinschaft Partei ist (Urteil des Gerichtshofes vom 21. Mai 1987 in den Rechtssachen 133/85 bis 136/85, Rau u. a., Slg. 1987, 2289, Randnr. 10; Beschluss des Gerichts vom 10. Juli 2002 in der Rechtssache T‑387/00, Comitato organizzatore del convegno internazionale/Kommission, Slg. 2002, II‑3031, Randnr. 37).

81
Im vorliegenden Fall enthält der dritte Vertrag, in dessen Rahmen der Rechtsstreit nach Angaben der Kommission entstanden ist, keine Klausel, nach der das Gericht für die Entscheidung von Streitigkeiten über seine Durchführung zuständig ist; diese Zuständigkeit wird vielmehr ausdrücklich den Brüsseler Gerichten übertragen (siehe oben, Randnr. 7).

82
Das Gericht kann vorliegend nicht ermitteln, ob die fraglichen Arbeiten im Rahmen des Vertrages ausgeführt wurden, ohne den dritten Vertrag und dessen Addendum Nr. 1 auszulegen. Für den Fall, dass diese Arbeiten im Rahmen des zwischen der Klägerin und der Kommission geschlossenen Vertrages erfolgten, ist das Gericht daher für die Entscheidung über den Rechtsstreit nicht zuständig, so dass die Klage aus diesem Grund abzuweisen ist.

83
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das für die Auslegung des dritten Vertrages zuständige nationale Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass die fraglichen Arbeiten außerhalb des vertraglichen Rahmens geleistet wurden, ist zu prüfen, ob die Kommission, wie die Klägerin geltend macht, gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen hat.

84
Nach ständiger Rechtsprechung ist die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft im Sinne von Artikel 288 Absatz 2 EG an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft: Das den Gemeinschaftsorganen vorgeworfene Verhalten muss rechtswidrig sein, es muss ein Schaden entstanden sein, und zwischen dem gerügten Verhalten und dem angeblichen Schaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen (Urteil des Gerichtshofes vom 29. September 1982 in der Rechtssache 26/81, Oleifici Mediterranei/EWG, Slg. 1982, 3057, Randnr. 16; Urteil des Gerichts vom 11. Juli 1996 in der Rechtssache T‑175/94, International Procurement Services/Kommission, Slg. 1996, II‑729, Randnr. 44).

85
Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, so ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen der genannten Haftung zu prüfen wären (Urteil des Gerichtshofes vom 15. September 1994 in der Rechtssache C‑146/91, KYDEP/Rat und Kommission, Slg. 1994, I‑4199, Randnr. 19; Urteile des Gerichts vom 20. Februar 2002 in der Rechtssache T‑170/00, Förde-Reederei/Rat und Kommission, Slg. 2002, II‑515, Randnr. 37, und vom 19. März 2003 in der Rechtssache T‑273/01, Innova Privat-Akademie/Kommission, Slg. 2003, II‑1093, Randnr. 23).

86
Anhand dieser Grundsätze ist das Verhalten der Kommission zu prüfen.

87
Hinsichtlich der ersten Voraussetzung verlangt die Rechtsprechung den Nachweis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll (Urteil des Gerichtshofes vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C‑352/98 P, Bergaderm und Goupil/Kommission, Slg. 2000, I‑5291, Randnr. 42). Bei der Beurteilung der Frage, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, besteht das entscheidende Kriterium darin, ob das betreffende Gemeinschaftsorgan die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Wenn dieses Organ nur über einen erheblich verringerten oder gar auf null reduzierten Spielraum verfügt, kann die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß zu belegen (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Dezember 2002 in der Rechtssache C‑312/00 P, Kommission/Camar und Tico, Slg. 2002, I‑11355, Randnr. 54; Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2001 in den Rechtssachen T‑198/95, T‑171/96, T‑230/97, T‑174/98 und T‑225/99, Comafrica und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, Slg. 2001, II‑1975, Randnr. 134).

88
Im vorliegenden Fall ist als Erstes zu klären, ob das Verhalten der Kommission einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes darstellt.

89
Nach ständiger Rechtsprechung kann sich auf den Vertrauensschutz, der eines der Grundprinzipien der Gemeinschaft darstellt, jeder berufen, bei dem die Gemeinschaftsverwaltung durch bestimmte Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat (Urteil Innova Privat-Akademie/Kommission, Randnr. 26 und die dort zitierte Rechtsprechung).

90
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Vertragsverhandlungen als solche die Parteien nicht binden. Sodann ist zu prüfen, ob die Kommission der Klägerin während der Vertragsverhandlungen bestimmte Zusicherungen gegeben hat, die bei ihr begründete Erwartungen geweckt haben.

91
Insoweit beruft sich die Klägerin insbesondere auf verschiedene Gespräche mit der Kommission und auf verschiedene Schreiben.

92
Was das von der Klägerin angeführte Telefongespräch mit Herrn Korsak, dem für die Kommission tätigen Procurement Manager, angeht, das nach Übersendung des ersten Entwurfs des vierten Vertrages an die Kommission im Frühjahr 1998 stattgefunden haben soll und aus dem die Klägerin schließen zu können glaubte, dass die Unterzeichnung des Vertrages unmittelbar bevorstehe, so ist festzustellen, dass sich in den Akten keine Beweise dafür finden, dass die von der Kommission bestrittenen mündlichen Zusicherungen tatsächlich gegeben wurden, und erst recht nicht dafür, dass sie die erforderlichen Merkmale aufwiesen, um ein berechtigtes Vertrauen zu wecken (in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 8. November 2000 in den Rechtssachen T‑485/93, T‑491/93, T‑494/93 und T‑61/98, Dreyfus u. a./Kommission, Slg. 2000, II‑3659, Randnr. 87). Dies gilt auch für alle anderen mündlichen Zusicherungen, für die sich in den Akten keine Beweise finden.

93
Nach Angaben der Klägerin wurden die Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien im Herbst 1998 ohne Unterbrechung fortgesetzt. Sie führt u. a. ein Telefax von Herrn Jousten vom 22. Dezember 1998 an, aus dem hervorgehe, dass der Unterzeichnung des vierten Vertrages nichts mehr entgegengestanden habe. In diesem Telefax heißt es:

„Im Anschluss an Ihr Schreiben vom 3. Dezember 1998 möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich heute die [Terms of reference] für den [Vor-Ort-Hilfe-]Vertrag 1997 von GKN an den [Gemeinsamen Dienst für die Verwaltung der Hilfe der Gemeinschaft in Drittländern] (Herrn Doucet) weitergeleitet habe, der sich wegen anderer Teile Ihres Vorschlags (Anlage D, Einklang von Anlage B mit Anlage A usw.) mit Ihnen in Verbindung setzen wird.“

94
Wie aus dem Wortlaut dieses Telefax klar hervorgeht, wurde die Klägerin nur über den Stand der Verhandlungen informiert. Ihm ist zu entnehmen, dass Fragen im Zusammenhang mit Anlage D und Anlage B noch nicht geklärt waren und dass diese anscheinend nicht unbedeutenden Fragen weitere Verhandlungen erforderlich machten, so dass die Vertragsunterzeichnung nicht unmittelbar bevorstehen konnte.

95
Die Vertragsverhandlungen gingen somit weiter, und die Klägerin übersandte der Kommission anschließend mehrere Fassungen des vierten Vertrages.

96
Zwischenzeitlich gab es zwischen den Parteien eine Meinungsverschiedenheit über die Bewertung bestimmter Projekte.

97
Ferner ergibt sich aus den Akten, dass der Projektmanager, Herr Hoensch, im Lauf der Jahre sowohl von der Delegation der Kommission in Kiew als auch von den Dienststellen der Kommission in Brüssel kritisiert wurde. Die Kommission forderte die Klägerin nämlich mehrfach auf, den Projektmanager zu ersetzen, was diese aber ablehnte.

98
Nach diesen Meinungsverschiedenheiten kündigte die Kommission den dritten Vertrag mit Schreiben vom 25. Oktober 1999 gemäß Artikel 41 der Allgemeinen TACIS-Bedingungen.

99
Überdies ergibt sich aus den Akten, dass neben den Problemen im Zusammenhang mit der Person des Projektmanagers, Herrn Hoensch, und der Bewertung bestimmter Projekte das eigene Verhalten der Klägerin bei den Verhandlungen den Abschluss des vierten Vertrages nicht erleichterte. Nach den Akten weigerte sich die Klägerin mehrmals, von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen Rechnung zu tragen, und trug damit selbst zur Verlängerung der Vertragsverhandlungen bei, so dass deren letztliches Fehlschlagen ihr teilweise anzulasten ist, wie sie in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt hat.

100
Folglich gab es zu keiner Zeit eine endgültige Einigung über den Abschluss des vierten Vertrages. Daher kann sich die Klägerin im Rahmen des Abschlusses des vierten Vertrages nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen. Die Kommission ließ sich zwar von ihr verschiedene Vertragsentwürfe vorlegen, doch dies war Teil normaler Vertragsverhandlungen, und die Kommission hat die Klägerin nicht veranlasst, die mit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit verbundenen Risiken zu überschreiten (vgl. dazu Urteil Embassy Limousines & Services/Parlament, Randnr. 75).

101
Es ist noch zu prüfen, ob die Kommission der Klägerin bestimmte Zusicherungen gegeben hat, die bei ihr begründete Erwartungen geweckt haben, dass die fraglichen Leistungen in anderer Form als im Rahmen eines eventuellen vierten Vertrages vergütet würden.

102
Insoweit beruft sich die Klägerin insbesondere auf mündliche Zusicherungen der Dienststellen der Kommission sowie auf verschiedene Schreiben von ihr selbst und von der Kommission. Ferner verweist sie auf einen Sonderbericht des Rechnungshofes.

103
Allgemein ist zu den angeblichen mündlichen Zusicherungen festzustellen, dass sich in den Akten keine Beweise dafür finden, dass diese von der Kommission bestrittenen Zusicherungen tatsächlich gegeben wurden, und erst recht nicht dafür, dass sie die erforderlichen Merkmale aufwiesen, um ein berechtigtes Vertrauen zu wecken.

104
Was das Schreiben vom 20. Oktober 1998 angeht, in dem die Kommission der Klägerin den Abschluss eines Vertrages unter Ausschluss der Arbeiten vorschlug, über die noch keine Einigung erzielt worden war, und auf das sich die Kommission zum Beweis dafür beruft, dass die Kommission ihr eine rückwirkende Vergütung ihrer Leistungen zugesagt habe, so ist darauf hinzuweisen, dass dieser Vorschlag den Abschluss des vierten Vertrages und das TACIS-Programm 1997 betraf und dass die Kommission somit den Abschluss eines Vertrages über die verbleibenden Arbeiten im Zusammenhang mit dem TACIS-Programm 1997 vorschlug. Das Schreiben belegt daher nicht, dass die fraglichen Tätigkeiten rückwirkend vergütet werden sollten.

105
Zum Schreiben vom 14. April 1999, in dem die Klägerin die Ergebnisse des Treffens vom 16. März 1999 zusammenfasste und ausführte, dass sie auf ausdrücklichen Wunsch der Kommission den Entwurf eines rückwirkenden Vertrages für den nicht vertraglich abgedeckten Zeitraum vorlegen werde, genügt die Feststellung, dass dieses Schreiben, das nach Ansicht der Kommission inhaltlich unrichtig ist, von der Klägerin selbst stammt, so dass allein auf seiner Grundlage nicht dargetan werden kann, dass die Kommission bei diesem Treffen tatsächlich einen solchen Wunsch äußerte.

106
Auch das Schreiben vom 25. August 1999, mit dem die Klägerin den Vorschlag für das Addendum Nr. 2 zum dritten Vertrag vorlegte, belegt nicht, dass die Kommission um Vorlage eines solchen Addendums ersucht oder zugesagt hatte, die von der Klägerin erbrachten Leistungen rückwirkend zu vergüten.

107
Mit Telefax vom 23. September 1999 hat die Kommission nämlich die Unterzeichnung dieses Addendums mit folgenden Worten abgelehnt:

„Nach meinem Verständnis umfasste das Addendum Nr. 1 …, das ohne Änderung des Gesamtbudgets abgeschlossen wurde, eine Umverteilung von Budgetlinien, um sie in Einklang mit der Verlängerung der Tätigkeitsdauer zu bringen.

Sie unterbreiten nunmehr einen Vorschlag, der keine neuen Aufgaben umfasst und Ende August für Tätigkeiten in der Zeit von Juli 1998 bis Juni 1999, d. h. rückwirkend, vorgelegt wird. Aus all diesen Gründen kann es die Kommission nur ablehnen, einen solchen Vorschlag in Erwägung zu ziehen.“

108
Außerdem nimmt die Klägerin auf das Treffen vom 24. November 1999 Bezug, bei dem ihr erneut eine Entschädigung für die ab August 1998 geleistete Arbeit zugesagt worden sei, sofern das vorgesehene Audit des dritten Vertrages nicht ergebe, dass die Arbeit ungenügend gewesen sei. Die Kommission hat der Klagebeantwortung ihre handschriftlichen Aufzeichnungen bei diesem Treffen beigefügt. Daraus geht hervor, dass die Auswirkungen der Kündigung des dritten Vertrages und die Probleme im Zusammenhang mit der Person von Herrn Hoensch sowie die Möglichkeit erörtert wurden, seinen Ruf mit Hilfe der Kommission wiederherzustellen. Diese Aufzeichnungen lassen nicht den Schluss zu, dass die Kommission die rückwirkende Vergütung der fraglichen Leistungen zugesagt hätte. Da das Treffen am 24. November 1999 stattfand, kann sich die Klägerin in Bezug auf ihre zuvor erbrachten Leistungen jedenfalls nicht auf ein während dieses Treffens entstandenes berechtigtes Vertrauen berufen.

109
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission der Klägerin im Rahmen des TACIS-Programms nur auf vertraglicher Grundlage eine Vergütung zahlen durfte. Im Hinblick auf die lange Erfahrung der Klägerin mit dem TACIS-Programm musste sie die mit ihm verbundenen rechtlichen Vorgehensweisen kennen, und das Erfordernis eines Vertrages musste ihr bekannt sein.

110
Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Akten kein Schreiben der Kommission enthalten, in dem sie der Klägerin zusagt, die fraglichen Leistungen rückwirkend zu vergüten.

111
Ferner zieht die Klägerin den Sonderbericht Nr. 6/97 des Rechnungshofes als Beleg dafür heran, dass der Abschluss rückwirkender Verträge möglich war. Nach diesem Bericht gab es Schwierigkeiten beim Abschluss von Verträgen über die Vor-Ort-Hilfe, wobei die Kommission auch rückwirkende Verträge geschlossen zu haben scheint, was der Rechnungshof beanstandete.

112
Die Kommission antwortete auf die Kritik des Rechnungshofes wie folgt:

„In der Vergangenheit kam es vor, dass Verträge ‚rückwirkend‘ unterzeichnet wurden, weil die verwaltungsmäßige Vorbereitung zu lange gedauert hatte. Es wurden Maßnahmen getroffen, um ein neuerliches Auftreten dieses Problems zu verhindern. … Die Kommission verlangt von den Sachverständigen nie, dass sie Arbeiten ausführen, die nicht vertraglich abgesichert sind. Verzögerungen zwischen zwei Verträgen können vielfältige Gründe haben, und die Vertragspartner werden in diesen Fällen davon unterrichtet, dass für die Tätigkeiten, die unter ihre mit der Kommission geschlossenen Verträge fallen, die Kommission haftet.“

113
Erstens ist darauf hinzuweisen, dass dieser Bericht einen früheren als den hier in Rede stehenden Zeitraum betrifft. Zweitens geht aus dem Bericht zwar hervor, dass die Kommission rückwirkende Verträge geschlossen hat, doch weder er noch die Antworten der Kommission verpflichten diese, weiterhin rückwirkende Verträge zu schließen, denn genau dieses Verhalten wurde vom Rechnungshof beanstandet. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Bericht ein berechtigtes Vertrauen der Klägerin darauf hätte wecken können, dass die Kommission mit ihr einen rückwirkenden Vertrag schließen würde.

114
Unter diesen Umständen gibt es in den Akten keinen Beleg dafür, dass die Kommission der Klägerin hinsichtlich der rückwirkenden Vergütung der fraglichen Arbeiten – sei es im Rahmen des vierten Vertrages oder im Rahmen eines anderen nachträglichen Vertrages – bestimmte Zusicherungen gab, die bei der Klägerin begründete Erwartungen wecken konnten. Außerdem hätte ein umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer, dem das TACIS-Programm bekannt war, die Risiken kennen müssen, die darin bestanden, dass beim rückwirkenden Abschluss eines Vertrages möglicherweise gegen die Grundsätze verstoßen wird, an die die Kommission im Rahmen der ordnungsgemäßen und wirtschaftlichen Verwaltung der Gemeinschaftsmittel gebunden ist.

115
Somit ist nicht ersichtlich, dass die Kommission in hinreichend qualifizierter Weise gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen hätte.

116
Zweitens ist zu klären, ob das Verhalten der Kommission einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung darstellt.

117
Insoweit macht die Klägerin unter Berufung auf den Sonderbericht Nr. 25/98 des Rechnungshofes geltend, dass die Kommission aufgrund des ständigen Personalwechsels den Überblick über den Stand der Vertragsverhandlungen verloren habe und dass der Abschluss des vierten Vertrages daran gescheitert sei.

118
Im Sonderbericht Nr. 25/98 des Rechnungshofes wird insbesondere festgestellt: „Das programmverwaltende Referat der GD [„Außenbeziehungen: Europa und Neue Unabhängige Staaten, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Außendienst“ der Kommission] verfügt[e] nicht über die personelle Ausstattung, die notwendig [war], um die Durchführung der Programme ordnungsgemäß zu überwachen. … Die 1997 von der Kommission unternommenen Anstrengungen zur Bereinigung dieser Sachlage im Rahmen der finanziellen Abwicklung der PHARE- und TACIS-Verträge wurden durch den ‚institutionellen Gedächtnisverlust‘ infolge der Fluktuation des Vertragspersonals und des Mangels an ordentlichen Verwaltungsmethoden erschwert, und es wurden keine Schritte eingeleitet, um eine Wiederholung derartiger Situationen zu vermeiden.“

119
Aus diesem Bericht ergibt sich somit, dass er die frühere und nicht die bei den Verhandlungen über den Abschluss des vierten Vertrages bestehende Praxis der Kommission betrifft und zu Recht beanstandet. Mit der Umstrukturierung ihrer Dienststellen und der Schaffung des Gemeinsamen Dienstes für die Verwaltung der Hilfe der Gemeinschaft in Drittländern im Jahr 1998 hat die Kommission gerade versucht, die Umsetzung der TACIS-Programme zu verbessern.

120
Der Klägerin ist es auch nicht gelungen, konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung zu liefern. Sie behauptet insoweit, am 14. April 1999 einen neuen Entwurf für den vierten Vertrag vorgelegt und dabei angegeben zu haben, dass es sich um eine völlig überarbeitete Fassung der „Terms of reference“ handele, die aber in der Sache derjenigen entspreche, die die GD „Außenbeziehungen: Europa und Neue Unabhängige Staaten, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Außendienst“ der Kommission bereits im Dezember 1998 geprüft habe; dies belege, dass der ständige Wechsel des bei der Kommission verantwortlichen Personals zu dem bereits vom Rechnungshof festgestellten „institutionellen Gedächtnisverlust“ geführt habe. Dieser Umstand belegt keineswegs einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung; er zeigt vielmehr, dass auch das Verhalten der Klägerin selbst nicht einwandfrei erscheint.

121
Unter diesen Umständen ist kein Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung ersichtlich, so dass das Vorbringen der Klägerin hierzu zurückzuweisen ist, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob dieser Grundsatz dem Einzelnen Rechte verleiht.

122
Da somit die Voraussetzung eines rechtswidrigen Verhaltens der Kommission im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist, ist die Klage abzuweisen, ohne dass es erforderlich erscheint, die übrigen Haftungsvoraussetzungen zu prüfen oder Zeugen zu vernehmen.


Kosten

123
Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Beklagten die gesamten Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.
Die Klage wird abgewiesen.

2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Legal

Tiili

Vadapalas

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. März 2005.

Der Kanzler

Der Präsident

H. Jung

H. Legal


1
Verfahrenssprache: Deutsch.

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