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Document 62000CC0051

Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 27. September 2001.
Temco Service Industries SA gegen Samir Imzilyen und andere.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Cour du travail de Bruxelles - Belgien.
Richtlinie 77/187/EWG - Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen.
Rechtssache C-51/00.

Sammlung der Rechtsprechung 2002 I-00969

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2001:496

62000C0051

Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 27/09/2001. - Temco Service Industries SA gegen Samir Imzilyen und andere. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Cour du travail de Bruxelles - Belgien. - Richtlinie 77/187/EWG - Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen. - Rechtssache C-51/00.

Sammlung der Rechtsprechung 2002 Seite I-00969


Schlußanträge des Generalanwalts


I - Einleitung

1. In dieser Rechtssache ersucht die Cour du travail Brüssel den Gerichtshof, den Geltungsbereich der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (nachstehend: Richtlinie) näher zu bestimmen.

2. Der Sachverhalt sieht auf den ersten Blick ziemlich kompliziert aus. Das vorlegende Gericht legt die Frage vor, ob in einer Situation, in der ein Unternehmen A Reinigungsarbeiten ursprünglich einem Unternehmen B übertragen hat, das diese Tätigkeiten an ein Unternehmen C weiter vergibt, vom Übergang eines Unternehmens gesprochen werden kann. Weil Unternehmen B den Auftrag verliert, entlässt Unternehmen C mit Ausnahme von vier Personen sein gesamtes Personal. Dann erteilt Unternehmen A einem Unternehmen D den Auftrag, das infolge eines Tarifvertrags einen Teil des Personals des Unternehmens C einstellt, ohne jedoch einen einzigen Teil der Aktiva des Unternehmens C - das bestehen bleibt - zu übernehmen.

3. Der Gerichtshof hat sich bereits früher zum Geltungsbereich der Richtlinie bei Weitervergabe von Dienstleistungen, insbesondere im Reinigungssektor, geäußert. Die Vorlage der Cour du travail gibt dem Gerichtshof Gelegenheit, seine Rechtsprechung zu verdeutlichen.

II - Rechtlicher Rahmen

4. Die Richtlinie trifft Regelungen, die erforderlich sind, um Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen zu schützen, insbesondere um die Wahrung ihrer Rechte sicherzustellen. Gemäß Artikel 1 Absatz 1 gilt die Richtlinie für den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen auf ein anderes Unternehmen infolge einer vertraglichen Übertragung oder einer Verschmelzung.

5. Artikel 2 Buchstabe a definiert als Veräußerer" jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines Übergangs im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 als Inhaber aus dem Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil ausscheidet, Artikel 2 Buchstabe b als Erwerber" jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines Übergangs im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 als Inhaber in das Unternehmen, den Betrieb oder Betriebsteil eintritt.

6. Gemäß Artikel 3 Absatz 1 gehen Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über.

7. Gemäß Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 stellt der Übergang eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteils als solcher für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar. Diese Bestimmung steht etwaigen Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen, nicht entgegen.

8. Die Richtlinie ist zweimal überarbeitet worden. Die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 zur Änderung der Richtlinie 77/187 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen hat insbesondere einige Begriffe im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofes kodifiziert. Am 12. März 2001 hat der Rat zur Rationalisierung der Fassung die Richtlinie 77/187 aufgehoben und durch seine Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen ersetzt.

9. Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie wurde aufgrund der Richtlinie 98/50 als Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a neu gefasst. Die Richtlinie 98/50 hat in Artikel 1 Absatz 1 einen neuen Buchstaben b eingefügt, der sich auf den Begriff Übergang" bezieht und wie folgt lautet:

Vorbehaltlich Buchstabe a) ... gilt als Übergang im Sinne dieser Richtlinie der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit."

Diese Klarstellung ist aus Gründen der Rechtssicherheit und rechtlichen Transparenz eingefügt worden, stellt aber keine Änderung des Anwendungsbereichs der Richtlinie gemäß der Auslegung durch den Gerichtshof dar.

B - Nationale Rechtsvorschriften

10. Die aufgeführten Bestimmungen der Richtlinie wurden in das belgische Recht durch den Tarifvertrag Nr. 32a vom 7. Juni 1985 über die Wahrung der Rechte der Arbeitnehmer beim Wechsel des Arbeitgebers infolge des Übergangs von Unternehmen kraft Vertrages und zur Regelung der Rechte der bei Übernahme von Aktiva nach Konkurs oder Zwangsvergleich durch Massezession übernommenen Arbeitnehmer, der durch Königliche Verordnung vom 25. Juli 1985 für allgemein verbindlich erklärt wurde.

11. Von Bedeutung ist in dieser Rechtssache ferner ein Tarifvertrag vom 5. Mai 1993 über Personalübernahme bei Wechsel von Verträgen über tägliche Instandhaltung", der für den Reinigungssektor gilt. Er hängt nicht mit dem Tarifvertrag vom 7. Juni 1985 zusammen.

12. Gemäß Artikel 3 des Tarifvertrags vom 5. Mai 1993 ist das Unternehmen, das den Vertrag übernimmt, verpflichtet, innerhalb einer Woche nach Erteilung des Auftrags bei dem Unternehmen, das den Vertrag verliert, Informationen über den Personalbestand und die Arbeitsbedingungen einzuholen. Artikel 4 bestimmt, dass das Unternehmen, das den Auftrag erhält, verpflichtet ist, von den Arbeitsplätzen, die nach dem Wechsel in der Arbeitsstätte vorhanden sind, binnen zwei Wochen nach Auftragserteilung und jedenfalls mindestens eine Woche vor Übernahme der Arbeitsstätte mindestens drei Viertel schriftlich von ihm auszusuchenden Arbeitnehmern, die zum Personal des den Vertrag verlierenden Unternehmens gehören, anzubieten, falls diese mindestens sechs Monate Erfahrung in dieser Arbeitsstätte erworben haben. Die Auswahl hat nach funktionellen Kriterien zu erfolgen. Gemäß Artikel 5 muss den Arbeitnehmern, die gemäß Artikel 4 übernommen werden, ein neuer Arbeitsvertrag ohne Probezeit und unter Beibehaltung des Dienstalters angeboten werden.

III - Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Verfahrensablauf

13. Sachverhalt und Vorgeschichte des Verfahrens können wie folgt zusammengefasst werden.

14. Die Volkswagen AG hatte vom 2. Mai 1993 bis 8. Januar 1995 die Reinigung einiger ihrer Produktionsstätten an die Buyle-Medros-Vaes Associates SA (nachstehend: BMV) vergeben. Bei den meisten von ihnen übertrug BMV die Auftragsausführung an einen Subunternehmer, die General Maintenance Contractors SPRL (nachstehend: GMC). Nach Darstellung von GMC war die Ausführung des Auftrags von Volkswagen damals ihre einzige Tätigkeit. Im Dezember 1994 beendete Volkswagen den Vertrag mit BMV und vergab vertraglich die Reinigungsarbeiten ab 9. Januar 1995 an die Temco Service Industries SA (nachstehend: Temco). Für Temco war der Auftrag von Volkswagen einer von vielen.

15. Die Entscheidung von Volkswagen zugunsten von Temco hatte Folgen für das Personal von GMC, das die Reinigungsarbeiten bei Volkswagen verrichtete.

16. Da der Vertrag zwischen Volkswagen und BMV am 8. Januar 1995 ablief, entließ GMC rechtmäßig ihr gesamtes Personal mit Ausnahme von vier Personen, nämlich S. Imzilyen, M. Belfarh, A. Afia-Aroussi und K. Lakhdar, die als Gewerkschaftsvertreter einen besonderen Schutz genossen. GMC sprach die nach belgischem Recht vorgeschriebenen Kündigungen aus und erfuellte die Formalitäten, die bei Schließung von Unternehmen und kollektiver Entlassung erforderlich sind. Der kollektiven Entlassung stimmte am 30. November 1994 das Office Régional Bruxellois de l'Emploi (Regionaldienst für Arbeitsvermittlung) zu.

17. Aufgrund des Tarifvertrags vom 5. Mai 1993 übernahm Temco am 9. Januar 1995 42 der insgesamt 80 ehemaligen Arbeitnehmer von GMC in ihre Dienste. Die vier Gewerkschaftsvertreter wurden nicht übernommen.

18. Da GMC zum damaligen Zeitpunkt allein für Volkswagen tätig war, beantragte sie am 13. Januar 1995 beim zuständigen paritätischen Ausschuss die Anerkennung wirtschaftlicher oder technischer Gründe, um die vier Gewerkschaftsvertreter entlassen zu können. Dieser Antrag wurde am 28. Februar 1995 abgelehnt. Auf die Klage hat sich das Tribunal du travail durch Urteil vom 13. September 1995 für unzuständig erklärt, über die Klage zu entscheiden. Dieses Urteil wurde durch Urteil der Cour du travail vom 23. November 1995 bestätigt.

19. Den Akten ist zu entnehmen, dass die vier Arbeitnehmer bis Dezember 1995 von GMC eine Zahlung erhielten, obwohl GMC in einem Briefwechsel mit Temco gleichzeitig die Auffassung vertrat, dass die vier Arbeitsverträge aufgrund des Tarifvertrags Nr. 32a bereits auf Temco übergegangen seien. Am 12. Dezember 1995 wurden die Gewerkschaftsvertreter von GMC entlassen.

20. Unter diesen Umständen erhoben die vier Arbeitnehmer beim Tribunal du travail Brüssel Klage gegen GMC, BMV und Temco.

21. Mit Urteil vom 12. März 1998 erklärte das Tribunal du travail Brüssel die Klagen der vier Arbeitnehmer gegen Temco für zulässig und teilweise begründet. Sie erkannte u. a. für Recht, dass die Kläger Afia-Aroussi und Lakhdar aufgrund des Tarifvertrags Nr. 32a am 9. Januar 1995 in den Dienst von Temco getreten seien.

22. Temco legte hiergegen Berufung zum vorlegenden Gericht ein, das die Vorlage zur Vorabentscheidung wie folgt begründet.

23. Der Sachverhalt sei insofern besonders, als Volkswagen mit der Reinigung ihrer Industriestätten BMV betraut habe, die den Auftrag nicht selbst ausgeführt, sondern GMC übertragen habe, die, sobald sie den Auftrag wegen der Beendigung des Vertrages zwischen Volkswagen und BMV verloren habe, ihr gesamtes Personal außer den vier Gewerkschaftsvertretern entlassen habe, gleichwohl aber ihre Tätigkeiten fortgesetzt und neue Kunden gesucht habe, wie sich den Protokollen der Gesellschafterversammlung von GMC für 1996 und 1997 entnehmen lasse. Das bestätige, dass ihr Gesellschaftszweck, wie in der Satzung festgelegt, weiter sei als allein die Ausführung des Auftrags von Volkswagen, auch wenn dies 1994 ihre wichtigste oder einzige Tätigkeit gewesen sei.

24. Andererseits hätten die vier Gewerkschaftsvertreter, die der Auffassung gewesen seien, dass sie einen besonderen Kündigungsschutz genössen, bis Dezember 1995 durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, dass sie weiterhin zum Personal von GMC gehörten. Sie hätten nie die Ansicht vertreten, infolge der Anwendung des Tarifvertrags Nr. 32a in den Dienst von Temco getreten zu sein. Auch GMC habe, wie den von ihr bei den Arbeitsgerichten angestrengten Verfahren zu entnehmen sei, wenn auch mit Vorbehalt, den Standpunkt vertreten, dass die vier Arbeitnehmer noch immer bei ihr angestellt seien. Sonst hätten die von ihr eingeleiteten Verfahren zur Anerkennung technischer und wirtschaftlicher Gründe als Rechtfertigung für die Entlassung gar keinen Sinn gehabt. Dass die Verfahren nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt hätten, sei dabei ohne Belang.

25. Das vorlegende Gericht stellt ferner fest, dass zwischen GMC und Volkswagen keine Beziehung bestehe und dass kein einziger Teil der Aktiva, welcher Art auch immer, von GMC auf Temco übergegangen sei. Den Akten sei zu entnehmen, dass Volkswagen den unter Vertrag genommenen Reinigungsunternehmen die für die industrielle Reinigung ihrer Anlagen erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt habe.

IV - Vorabentscheidungsfragen

26. Das Ersuchen der Cour du travail (Sechste Kammer) Brüssel durch Beschluss vom 14. Februar 2000 ist am 17. Februar 2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen. Die Vorabentscheidungsfragen lauten wie folgt:

1. Findet Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 77/187 des Rates vom 14. Februar 1977 Anwendung, wenn ein Unternehmen A die Reinigung seiner Produktionsstätten einem Unternehmen B anvertraut hat und dieses die Arbeiten einem Unternehmen C anvertraut, das nach dem Verlust des Auftrags durch das Unternehmen B bis auf vier Personen sein gesamtes Personal entläßt, und wenn anschließend ein Unternehmen D, dem das Unternehmen A die Arbeiten überträgt, gemäß einem Tarifvertrag einen Teil des Personals des Unternehmens C einstellt, aber keinen einzigen Vermögenswert des letztgenannten Unternehmens übernimmt, das nach wie vor besteht und seinen Gesellschaftszweck verfolgt?

2. Wäre es dem Unternehmen C, falls es trotz seines Weiterbestehens zum Veräußerer erklärt werden sollte, nach der Richtlinie verwehrt, einige Arbeitnehmer in seinen Diensten zu behalten?

27. Temco, S. Imzilyen und M. Belfarh, A. Afia-Aroussi und K. Lakhdar, die SA Three S (früher GMC) und BMV sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Am 17. Mai 2001 hat die mündliche Verhandlung stattgefunden, in der alle Verfahrensbeteiligten und die Kommission ihren Standpunkt vorgetragen haben.

V - Würdigung

A - Der Geltungsbereich der Richtlinie

Einleitung

28. Die erste Frage der Cour du travail gibt dem Gerichtshof die Gelegenheit, den Geltungsbereich der Richtlinie anhand eines Sachverhalts zu begrenzen, bei dem ein Unternehmen einen Vertrag über die Vergabe von Diensten an ein Unternehmen beendet hat, um den Vertrag dann mit einem anderen Unternehmen fortzusetzen.

29. Dies ist das vierte Mal, dass sich der Gerichtshof in einem Verfahren nach Artikel 234 EG mit der Frage der Anwendung der Richtlinie auf Geschäftsabschlüsse im Reinigungssektor zu befassen hat. Jedes Mal ging es um Sachverhalte, die sich etwas voneinander unterschieden. Das Urteil Schmidt betraf den Fall, dass ein Unternehmen die Verantwortung für die Verrichtung von Dienstleistungen, die es zuvor selbst erbracht hatte, durch Vertrag auf ein anderes Unternehmen übertrug. Im Urteil Hernández Vidal u. a. ging es um den umgekehrten Sachverhalt, dass sich ein Unternehmen, das einem anderen Unternehmen den Auftrag erteilt hatte, seine Geschäftsräume oder einen Teil davon zu reinigen, später entschied, den Vertrag zu beenden und die Reinigungsarbeiten in Zukunft selbst zu übernehmen.

30. Der Sachverhalt in der Rechtssache Süzen ähnelt dem des Ausgangsverfahrens am meisten. Ein Auftraggeber hatte die Reinigung seiner Räume an einen ersten Auftragnehmer vergeben, kündigte den betreffenden Vertrag und schloss danach einen neuen Vertrag über die Erbringung solcher Dienstleistungen mit einem zweiten Auftragnehmer. Der Gerichtshof hat im Urteil Süzen für Recht erkannt, dass die Richtlinie nicht für den Fall gilt, dass ein Auftraggeber, der die Reinigung von Räumlichkeiten einem Unternehmer übertragen hat, den Vertrag mit diesem kündigt und zur Durchführung ähnlicher Arbeiten einen neuen Vertrag mit einem anderen Unternehmer schließt, sofern dieser Vorgang weder mit einer Übertragung relevanter materieller oder immaterieller Betriebsmittel von dem einen auf den anderen Unternehmer noch mit der Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des von dem einen Unternehmer zur Durchführung des Vertrages eingesetzten Personals durch den anderen Unternehmer verbunden ist".

31. Die Kommission und alle Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme von Temco kommen aufgrund einer weiten Auslegung der Rechtsausführungen im Urteil Süzen zu der Auffassung, dass es sich im vorliegenden Fall um den Übergang eines Unternehmens durch vertragliche Übertragung im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 der Richtlinie handele.

32. Dieser Denkansatz überzeugt mich indessen nicht. Meines Erachtens trägt ein solches Ergebnis zu wenig dem wirtschaftlichen Kontext, in dem die Vergabe von Dienstleistungen stattfindet, Rechnung. Die besonderen wirtschaftlichen Umstände, unter denen Verträge über die Vergabe von Dienstleistungen zustande kommen, aber auch die Zielsetzung der Richtlinie, die Rechtsprechung des Gerichtshofes und die vom vorlegenden Gericht geschilderten Umstände des Falles lassen mich zu dem Ergebnis gelangen, dass die Richtlinie im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist.

Vergabe von Dienstleistungen (contracting out): der wirtschaftliche Kontext

33. Zur Stützung meiner Auffassung muss ich zunächst tiefer auf den wirtschaftlichen Kontext der vertraglichen Vergabe von Dienstleistungen eingehen.

34. Das Vorgehen von Volkswagen ist typisch für die heutige Tendenz, Aufgaben innerhalb des Betriebes, die nicht zur Kernaktivität gehören, an Unternehmen zu vergeben, die sich auf die Erbringung flankierender Dienstleistungen im Auftrag spezialisiert haben. Zu denken ist an Unternehmen, die sich mit Reinigungsarbeiten, Wachdiensten, Catering, Kundendienst, Ausbildung und Training, Hard- und Softwarebetreuung, Produktentwicklung usw. befassen. Häufig operieren die Dienstleistenden auf lokaler Ebene als Kleinunternehmen und erbringen ihre Dienstleistungen in den Räumen der Auftraggeber, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass konkurrierende Unternehmen gleichzeitig für denselben Auftraggeber tätig werden. Im Wesentlichen werden auf diesen Dienstleistungsmärkten besondere Lose wirtschaftlicher Tätigkeiten für einen bestimmten Zeitraum abgewickelt. Der Zeitraum kann sich von einem Tag, z. B. bei Catering-Dienstleistungen für einen bestimmten Anlass, bis zu mehreren Jahren bei Reinigungsdiensten erstrecken. Nach Ablauf des Vertrages macht der Auftragnehmer wiederum mit beim Kampf um die Gunst des Auftraggebers, der sich für einen Konkurrenten entscheiden wird, wenn dieser bessere Bedingungen und Leistungen bietet. Wenn sich etwa das Personal eines Betriebes über das Catering beschwert, wird sich der Auftraggeber um einen Vertrag mit einem Catering-Unternehmen bemühen, das einen besseren Service bietet.

35. Bei diesen wirtschaftlichen Tätigkeiten bildet der Faktor Arbeit durchgehend einen wichtigen Kostenpunkt. Da Verträge zwischen Auftraggeber und Dienstleistendem meistens für einen relativ beschränkten Zeitraum geschlossen werden, weist der Personalbestand in diesem Sektor eine große Fluktuation auf.

36. Die Märkte für diese Arten von Dienstleistungen sind vollauf in der Entwicklung. Es gibt eine große und wachsende Anzahl von Auftraggebern, und auch die Anzahl der Dienstleistungsunternehmen nimmt zu. Das ist ein wichtiger Unterschied zu den Aufträgen, die auf Märkten mit einer relativ beschränkten Anzahl von Anbietern und Nachfragern wie etwa den Märkten für Eisenbahntransport und für Radio- und Fernsehfrequenzen angeboten werden. Die Entscheidung des Auftraggebers für einen bestimmten Marktteilnehmer beeinflusst auf diesen Märkten die Marktstellung der Wettbewerber in erheblichem Maß, und der Verlust eines Auftrags kann sogar den Fortbestand des Dienstleistungserbringers gefährden. Bei der Vergabe von Diensten wie im vorliegenden Fall wird der Anbieter, der einen Auftrag verliert, normalerweise auf die Suche nach neuen Kunden gehen.

37. Die Märkte für die Vergabe von Dienstleistungen zeichnen sich daneben durch große Vielfalt aus. Es geht sowohl um hochwertige Dienste mit einem erheblichen Mehrwert wie Software und Ingenieurleistungen als auch um Dienste, die von wenig Ausgebildeten verrichtet werden, wie etwa Reinigungsarbeiten. In den Sektoren treten darüber hinaus Unterspezialisierungen auf. Der vorliegende Fall ist ein Beleg für diese Heterogenität: In der Sitzung wurde darauf hingewiesen, dass das Reinigen industrieller Anlagen eine Sonderstellung im Reinigungsgewerbe einnimmt und nicht mit der üblichen Reinigung in Schulen und Geschäftsräumen vergleichbar ist.

38. Wegen der Heterogenität und Dynamik dieser Märkte sollte der Gerichtshof im Fall eines Vertragswechsels meines Erachtens Zurückhaltung bei der Anwendung der Richtlinie üben. Die Dynamik des Marktes könnte gestört werden, wenn zu leicht eine Übertragung im Sinne der Richtlinie angenommen würde. Das Risiko, mit der Pflicht konfrontiert zu werden, die Rechte aller Personalmitglieder eines Betriebes nur deshalb wahren zu müssen, weil ein Vertrag und ein Teil des angestammten Personals übernommen wurden, würde für einen potenziellen neuen Auftragnehmer weniger Anreiz bedeuten, den Auftrag hereinzuholen. Unternehmen könnten sogar davon Abstand nehmen, sich am Wettbewerb um den Erhalt des Auftrags zu beteiligen. Dies alles kann zu einem Erstarren des Marktes führen. Erneut liefern die Tatsachen des Ausgangsverfahrens einen Beleg. Es ist fraglich, ob Temco bereit gewesen wäre, den Vertrag über die Reinigungsarbeiten bei Volkswagen unter den gleichen Bedingungen zu übernehmen, wenn das Unternehmen statt der 42 Arbeitnehmer den gesamten Personalbestand von GMC hätte übernehmen müssen.

39. Dem könnte entgegen gehalten werden, dass die zwingende Übernahme des ganzen Personals Teil des normalen Unternehmerrisikos sei. Das ist zutreffend, wenn es sich um die effektive Übernahme der Tätigkeiten eines Unternehmens im Sinne des Gesellschaftsrechts handelt. In diesem Fall erstellt der Übernehmer eine Kosten-Nutzen-Analyse für das zu übernehmende Unternehmen und wird der Übernahmepreis insbesondere durch die Leistungen der Vergangenheit und die zwingende Übernahme des Personals bestimmt. Dasselbe gilt für Aufträge mit langer Laufzeit, die aufgrund öffentlicher Ausschreibung vergeben werden. Bei der Vergabe von Diensten nach außen ist aber der Abschluss eines Vertrages für kurze Zeit zentral, und dazu passt meines Erachtens die zwingende Übernahme des Personals als Unternehmerrisiko nicht.

40. Ziel der Richtlinie ist es, beim Wechsel des Unternehmens die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse zu gewährleisten. Die Richtlinie stützt sich auf Artikel 100 EG-Vertrag (jetzt Artikel 94 EG); aus diesem Grund dürfen Markt- und Wettbewerbserwägungen nicht aus den Augen verloren werden. In einem Markt, der sich durch Besonderheiten, kurzfristige Verträge zwischen Auftraggeber und Dienstleistungserbringer und eine bedeutende Fluktuation im Personalbestand auszeichnet, passt der Schutz des Arbeitnehmers besser in den Rahmen des klassischen Arbeitsrechts als in den Rahmen des Arbeitsplatzschutzes bei der Übertragung von Unternehmen.

Die Kriterien für die Anwendung der Richtlinie und die Entwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofes

41. Auch der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist zu entnehmen, dass bei der Beurteilung eines Geschäftsabschlusses der wirtschaftliche Kontext zu beachten ist, in dem er stattfindet. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat bekanntlich die Begriffe Übergang", Unternehmen", Übertragung", vertraglich" und Verschmelzung" in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie nicht definiert. Aus diesem Grund ist es Aufgabe des Gerichtshofes, diese gemeinschaftsrechtlichen Begriffe abzugrenzen. In einer ausführlichen Rechtsprechung und im Licht der sozialen Zielrichtung der Richtlinie werden die genannten Grundbegriffe flexibel ausgelegt. Der Gerichtshof hat sich daher entschieden, statt fester, genau umrissener Definitionen mit Kriterien zu arbeiten, die je nach den Umständen des Einzelfalls von den nationalen Gerichten angepasst werden müssen.

42. Die Kriterien für die Anwendung der Richtlinie lassen sich wie folgt zusammen. Zunächst muss sich der Übergang auf ein Unternehmen" beziehen, das als auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit definiert wird. Das Unternehmen muss vertraglich" übertragen werden; insoweit hat der Gerichtshof klargestellt, dass die für den Betrieb des Unternehmens verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten des Unternehmens eingeht, im Rahmen vertraglicher Verpflichtungen wechseln muss.

43. Demgemäß ist für die Frage, ob es sich um einen Übergang" im Sinne der Richtlinie handelt, entscheidendes Kriterium, ob die Identität des Unternehmens bestehen bleibt, was insbesondere daraus hervorgeht, dass der Betrieb tatsächlich fortgesetzt wird oder dieselben oder ähnliche Betriebstätigkeiten wieder aufgenommen werden. Dieses Kriterium ist inzwischen durch die Richtlinie 98/50 in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie kodifiziert worden.

44. Ob diese Voraussetzung erfuellt ist, muss das nationale Gericht in einem konkreten Fall anhand der vom Gerichtshof gegebenen Auslegungshinweise ermitteln. Nach Ansicht des Gerichtshofes hat das nationale Gericht sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen zu berücksichtigen: den Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva wie Gebäude und bewegliche Güter, den Wert der immateriellen Aktiva zur Zeit des Übergangs, den Übergang oder Nichtübergang des Kundenstamms, den Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und der nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit sowie die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Tätigkeit. Alle diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden.

45. Da das nationale Gericht bei der Beurteilung eines Vorgangs alle tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen hat, die den betreffenden Vorgang kennzeichnen, sind meines Erachtens bei Geschäften zur Vergabe von Dienstleistungen auch die Art und die Merkmale der betreffenden Dienstleistungsmärkte einzubeziehen. Das kann dadurch erreicht werden, dass bei der Auslegung der Begriffe vertraglich" und Unternehmen" im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie diese Merkmale einbezogen werden.

46. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes zu den genannten Begriffen hat eine bemerkenswerte Entwicklung genommen.

47. So ist die Voraussetzung, dass der Übergang durch vertragliche Übertragung" erfolgen muss, nicht auf Sachverhalte beschränkt, bei denen unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen dem Veräußerer und dem Übernehmer des Unternehmens bestehen. Wegen Unterschieden in den Sprachfassungen und zwischen den nationalen Rechtsvorschriften müssen beim Inhalt dieses Begriffes auch der Aufbau und die Zielsetzung dieser Richtlinie Berücksichtigung finden. Aus diesem Grund hat der Gerichtshof den Begriff vertragliche Übertragung" so aufgefasst, dass die Richtlinie auch dann Anwendung findet, wenn die für den Betrieb des Unternehmens verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten des Unternehmens eingeht, im Rahmen vertraglicher Verpflichtungen wechselt. Es ist beispielsweise nicht erheblich, dass eine Eigentumsübertragung stattfindet oder dass eine auf Übertragung gerichtete Willensübereinstimmung besteht. Die Konstruktion, bei der der Aufhebung eines Pachtvertrags über ein Restaurant ein neuer Pachtvertrag mit einem anderen Betreiber folgt, steht einer Anwendung der Richtlinie nicht entgegen. Die Auffassung des Gerichtshofes geht dahin, dass in einer solchen Situation der Übergang in zwei Phasen über einen Dritten in dem Sinne erfolgt, dass das Unternehmen zuerst vom ursprünglichen Pächter auf den Eigentümer zurück und von diesem wiederum an den neuen Pächter übertragen wird.

48. Der Gerichtshof ist indessen nicht so weit gegangen, dass er es gebilligt hätte, dass eine Verbindung zwischen dem Veräußerer und dem Übernehmer vollständig fehlt. In der Rechtssache Redmond Stichting, in der die öffentliche Hand - die Gemeinde Groningen - ihren Subventionsbeschluss geändert und beschlossen hatte, die Subventionen an eine auf dem Gebiet der Hilfeleistung für Süchtige tätigen Stiftung einzustellen und sie dann einer anderen Stiftung mit derselben Zielsetzung zu gewähren, hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit seiner Feststellung, dass die Richtlinie anwendbar sein könne, Wert darauf gelegt, dass die alte und die neue Stiftung in gegenseitigem Einvernehmen die Übernahme von Patienten, Gebäuden, Kenntnissen und Mitteln geregelt hatten. Für den Fall der Kündigung einer Automobilhändlerkonzession und der Erteilung einer neuen an ein anderes Unternehmen hat der Gerichtshof den Abschluss eines Vertrages nebst Garantie" mit einer Kostenregelung im Zusammenhang mit der Übernahme von Personal zwischen dem Hauptanteilseigner des alten Unternehmens und dem neuen Konzessionär als Bestätigung für das Vorliegen einer vertraglichen Übertragung" im Sinne der Richtlinie betrachtet.

49. Im Urteil Süzen hat der Gerichtshof erwogen, dass das Fehlen einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zwischen zwei Unternehmern, denen nacheinander die Reinigungsarbeiten in einem Schulgebäude übertragen worden waren, nicht von entscheidender Bedeutung für die Anwendung der Richtlinie sein kann. Zugleich hat aber der Gerichtshof die Voraussetzung herangezogen, dass im Rahmen der Vertragsbeziehungen eine Änderung im Betrieb des Unternehmens stattfinden muss.

50. Der vollständige Verzicht auf die Anforderung von Vertragsbeziehungen zwischen Veräußerer und Übernehmer dürfte übrigens auch contra legem sein. Denn der Wortlaut der Richtlinie nimmt ausdrücklich auf ein Vertragsverhältnis in Form einer vertraglichen Übertragung oder einer Verschmelzung Bezug.

51. Neben dem Begriff vertraglich" hat sich in der Rechtsprechung auch der Begriff Unternehmen" im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie entwickelt. Der Gerichtshof geht davon aus, dass die Richtlinie angewandt werden kann, wenn sich der Übergang auf eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit bezieht, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Werkes begrenzt ist. Der Begriff Einheit" entspricht einem organisierten Inbegriff von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit einer eigenen Zielsetzung. Nur wenn die Identität einer solchen wirtschaftlichen Einheit gewahrt bleibt, kann es sich um eine Übertragung handeln. Die Identität kann allerdings erhalten bleiben, wenn z. B. der Betriebssitz in eine andere Gemeinde verlegt wird, der Veräußerer alle Aktivitäten nach Übertragung einstellt und ein Großteil der Belegschaft entlassen wird.

52. Eine solche weite Auslegung ist auch zentral für das Urteil Süzen, in dem der Gerichtshof beim Begriff wirtschaftliche Einheit" vom Vorhandensein von Betriebsmitteln absieht. In Branchen, in denen eine wirtschaftliche Einheit ohne nennenswerte materielle oder immaterielle Aktiva tätig sein kann, kann das Fortbestehen einer solchen Einheit nach der betreffenden Maßnahme, so argumentiert der Gerichtshof, definitionsgemäß nicht von der Übertragung solcher Aktiva abhängig sein. In bestimmten Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankomme, wie etwa in der Reinigungsbranche, könne eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden seien, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Deshalb könne eine solche Einheit ihre Identität auch nach der Übertragung wahren, wenn der neue Unternehmer nicht nur die betreffende Tätigkeit fortführe, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des von dem Vorgänger zur Durchführung des Auftrags eingesetzten Personals übernehme. In diesem Fall erwerbe der neue Unternehmensinhaber eine organisierte Gesamtheit von Faktoren, die ihm die Fortsetzung der Tätigkeiten oder bestimmter Tätigkeiten des übertragenden Unternehmens auf Dauer erlaube.

53. Diese Argumentation lässt die Grenze erkennen, bis zu der der Gerichtshof eine Anwendung der Richtlinie für zulässig erachtet hat. Andere Urteile gehen weniger weit. Der Vortrieb von Bergwerksstollen und der Betrieb von Buslinien sind keine Tätigkeiten, bei denen die menschliche Arbeitskraft im Vordergrund steht. Im Urteil Rygaard ist klargestellt worden, dass die Übernahme zweier Lehrlinge, eines Arbeitnehmers und des Materials, mit dem ein Unternehmen ein bestimmtes Vorhaben begonnen hatte, um damit dieses mit Zustimmung des Auftraggebers zu vollenden, keinen Übergang im Sinne der Richtlinie darstellt. In dieser Rechtssache hatte Unternehmen A einen Auftrag erhalten, für das Unternehmen B Zimmereiarbeiten durchzuführen. Mit Zustimmung des Unternehmens B ließ Unternehmen A dann einen Teil des Auftrags von Unternehmen C durchführen. Hier liegt nach Auffassung des Gerichtshofes keine Übertragung zwischen den Unternehmen A und C vor, weil die Übertragung der Arbeiten nicht mit der Übertragung einer organisierten Gesamtheit von Faktoren einhergeht, die eine dauerhafte Fortsetzung der Tätigkeiten oder bestimmter Tätigkeiten des übertragenden Unternehmens erlauben würde.

54. Im Urteil Süzen wird unmissverständlich festgestellt, dass bei Vergabe von Dienstleistungen nicht schon deshalb, weil der frühere und der neue Auftragnehmer vergleichbare Dienstleistungen erbringen, von der Übertragung einer wirtschaftlichen Einheit gesprochen werden kann. Eine Einheit darf nämlich nicht auf die Tätigkeit reduziert werden, mit der sie befasst ist. Ihre Identität ergibt sich auch aus anderen Faktoren wie dem Personal, den Führungskräften, der Arbeitsorganisation, den Betriebsmethoden und gegebenenfalls den verfügbaren Betriebsmitteln. Der bloße Verlust eines Auftrags an einen Konkurrenten könne daher, so der Gerichtshof, für sich genommen keinen Übergang im Sinne der Richtlinie darstellen.

55. Diese Rechtsprechung zum Gegenstand der Übertragung im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie zeigt, dass der Gerichtshof die Beibehaltung der Identität der wirtschaftlichen Einheit weit auslegt; die Identität muss aber einen bestimmten Organisationsgrad und eine bestimmte Dauerhaftigkeit aufweisen, und kann nicht ausschließlich aus der Übertragung eines Kunden abgeleitet werden.

Die Anwendung der Kriterien im vorliegenden Fall

56. Wenden wir uns nun wieder der vorliegenden Rechtssache zu. Das vorlegende Gericht hat auf eine Reihe besonderer Umstände aufmerksam gemacht. Volkswagen hatte den Reinigungsauftrag zunächst BMV anvertraut, die die Arbeiten dann GMC übertragen hatte. Es bestand somit kein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen GMC und Volkswagen und erst recht nicht zwischen GMC und dem neuen Auftragnehmer Temco. Es ist sodann kein einziger Teil der Aktiva welcher Art auch immer von GMC auf Temco übergegangen. Ein Teil des Personals ist zwar von Temco übernommen worden, diese Übernahme fand aber statt, nachdem die Arbeitnehmer mit Ausnahme der vier Gewerkschaftsvertreter bereits von GMC entlassen worden waren. Die Übernahme des Personals ist auf die Pflichten zurückzuführen, die sich für Temco aus einem Tarifvertrag ergaben. Weiter führt das vorlegende Gericht aus, dass GMC auch nach Verlust des Auftrags von Volkswagen durch BMV bestehen geblieben sei.

57. Da es um Reinigungsarbeiten geht, würde in der Linie der Rechtsprechung des Urteils Süzen ausschließlich untersucht werden können, ob Temco die von BMV-GMC verrichteten Tätigkeiten bei Volkswagen fortgesetzt und einen wesentlichen Teil des Personals übernommen hat, das GMC für die betreffenden Reinigungsarbeiten eingesetzt hatte. Ich halte, wie bereits gesagt, diese Untersuchung für zu begrenzt. Bei der Würdigung der Tatsachen, die die betreffende Transaktion kennzeichnen, muss nach der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung auch die Art des betroffenen Unternehmens sowie die Art der ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit Berücksichtigung finden. Ich möchte dem Gerichtshof vorschlagen, in diesem Zusammenhang einen weiteren Anknüpfungspunkt zu wählen, indem bei der Untersuchung auch die wirtschaftlichen Umstände, unter denen die Transaktion erfolgt ist, Berücksichtigung finden.

58. Insoweit fällt es mir schwer, aufgrund der Angaben des vorlegenden Gerichts und mit Blick auf den wirtschaftlichen Kontext zu dem Ergebnis zu gelangen, dass das Reinigungsunternehmen seiner Identität nach im Rahmen vertraglicher Beziehungen auf den neuen Auftragnehmer übergegangen sein soll. Es lässt sich lediglich ableiten, dass Temco einen Teil des Personalbestands von GMC übernommen hat, um ihren Vertrag mit Volkswagen zu erfuellen.

59. Zunächst ist klar, dass der Abschluss eines Vertrages über die Durchführung industrieller Reinigungsarbeiten zwischen Volkswagen und einem neuen Vertragspartner keine Übertragung im gesellschaftsrechtlichen Sinne sein kann. Es handelt sich ja nur um einen Vertrag über die Verrichtung bestimmter wirtschaftlicher Tätigkeiten. Im Licht der vorstehend zitierten Passage des Urteils Süzen liefert ferner der Umstand, dass BMV den Auftrag von Volkswagen zur Verrichtung von Reinigungsarbeiten verloren hat, keinen Hinweis auf einen Unternehmensübergang im Sinne der Richtlinie.

60. Von einem Übergang von Unternehmen ... durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung" kann logischerweise, wie ich meine, nicht lediglich aufgrund des Umstands gesprochen werden, dass bei der Vergabe von Dienstleistungen der neue Auftragnehmer vom früheren Auftragnehmer Personal (oder einen wesentlichen Teil davon) übernimmt. Es macht dabei keinen Unterschied, ob diese Übernahme von Personal freiwillig erfolgt, weil z. B. der neue Auftragnehmer die Sachkenntnis der Personalmitglieder braucht, um den Dienstleistungsauftrag erfuellen zu können, oder unfreiwillig, etwa weil ein Tarifvertrag ihn hierzu verpflichtet.

61. Was die Voraussetzung der Vertragsbeziehung angeht, so gibt es, abgesehen davon, dass sie sich als Dienstleistende für Volkswagen ablösten, keine wirkliche Verbindung zwischen BMV-GMC und Temco. Temco hat einen Teil des Personals übernommen, nachdem GMC bereits rechtmäßig ihr Personal entlassen hatte. GMC hat erklärt, dass ihr selbst zu dem Zeitpunkt, zu dem wegen der Entlassung von 76 Arbeitnehmern angefragt worden sei, der neue Auftragnehmer noch nicht bekannt gewesen sei. Aus der Tatsachenschilderung des vorlegenden Gerichts ergibt sich, dass für die Entlassung schon am 30. November 1994 die Zustimmung erteilt wurde, während Volkswagen den Vertrag mit Temco im Dezember 1994 geschlossen hat. Eine künstliche Konstruktion zwischen GMC, BMV und Temco, etwa um die Anwendung der Richtlinie zu umgehen, ist nicht zutage getreten. Meines Erachtens kann daher von einer auch nur mittelbaren Vertragsbeziehung keine Rede sein. Die vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung herangezogene Zwei-Phasen-Theorie", nach der eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen Veräußerer und Übernehmer nicht erforderlich ist, geht gleichwohl von einer bestimmten Verbindung und Vermittlung durch das Mittler"-Unternehmen aus. Es hat sich aber nicht gezeigt, dass sich Volkswagen als Auftraggeber von Diensten aktiv in die Beziehung zwischen altem und neuem Auftragnehmer eingemischt hätte.

62. Ferner liegt keine Identität des Betriebes vor. Die Identität ist im vorliegenden Fall nicht aus der Fortführung derselben Tätigkeiten - hier der industriellen Reinigungsarbeiten - abzuleiten, weil diese Fortführung beim Wechsel des Auftragnehmers bei der Vergabe von Diensten vorgegeben ist.

63. Eine solche Einheit behält meines Erachtens ihre Identität gleichwohl bei, wenn der neue Unternehmer nicht nur die betreffende Tätigkeit fortsetzt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des von dem Vorgänger zur Durchführung des Auftrags eingesetzten Personals übernimmt. Da die von GMC entlassenen Arbeitnehmer offensichtlich eine besondere Kenntnis der Arbeiten bei Volkswagen aufweisen, ist es aus der Perspektive des Marktes ein völlig normaler Vorgang, dass Temco einem Teil der entlassenen Arbeitnehmer einen Vertrag angeboten hat. Die bloße Übernahme eines wesentlichen Teils des Personals durch einen neuen Auftragnehmer in einem dynamischen Markt weist meines Erachtens keinen Zusammenhang mit der Identität eines Unternehmens auf und kann daher auch nicht entscheidend sein. In diesem Fall übernimmt der neue Auftragnehmer keine organisierte Gesamtheit von Faktoren, die ihm die Fortsetzung der Tätigkeiten oder bestimmter Tätigkeiten des übertragenden Unternehmens auf Dauer erlaubt. Auch wenn die Arbeitskräfte der wichtigste Faktor bei den verrichteten Tätigkeiten sind, kann die Identität des Unternehmens doch nicht nur aus der Zahl und der Sachkenntnis des übernommenen Personals abgeleitet werden. Bei der Ermittlung der Identität müssen auch andere das Personal betreffende Faktoren mit berücksichtigt werden, wie Führungskräfte, Arbeitsorganisation, Betriebsmethoden sowie Schulung und Entlohnungs- und Fördersysteme. Wenn bei der Vergabe von Dienstleistungen durch Austausch der Vertragspartner ein Teil des Personals für die Ausführung eines bestimmten Vertrages übernommen wird, kann wegen der definitionsgemäß zeitlich beschränkten Dauer des Vertrages ebenso wenig von einer auf Dauer angelegten Fortsetzung der betreffenden Tätigkeit gesprochen werden.

64. Demgemäß bin ich der Auffassung, dass die Richtlinie im vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist. Die Voraussetzung, dass im Rahmen vertraglicher Beziehungen die Identität des Unternehmens gewahrt bleibt, ist nämlich nicht erfuellt.

65. Das ist für meine Begriffe auch ein gerechtfertigtes Ergebnis.

66. Zunächst würde eine andere Auffassung zu dem paradoxen Ergebnis führen, dass die Richtlinie, die den Schutz aller Arbeitnehmer bei der Übernahme eines Unternehmens bezweckt, bei der Vergabe von Dienstleistungen bereits dann Anwendung finden würde, wenn ein Teil der Arbeitnehmer übernommen würde, um eine gleichartige Arbeit zu verrichten. Noch unbegreiflicher wäre es, wenn die Übernahme des Personals durch den neuen Auftragnehmer nicht freiwillig erfolgt, sondern aufgrund von Verpflichtungen, die sich aus einem Tarifvertrag ergeben. Denn in diesem Fall wird der Übergang eines Unternehmens von einem Tarifvertrag diktiert.

67. Zweitens wäre nicht zu erklären, warum dann, wenn ein Dienstleistender aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen einen Auftrag verliert, weil ein anderes Unternehmen bessere Bedingungen bietet, der neue Auftragnehmer ohne weiteres den gesamten Personalbestand des Unternehmens, das den Auftrag verloren hätte, behalten müsste, nur weil zufällig die menschliche Arbeitskraft bei der wirtschaftlichen Tätigkeit der wichtigste Faktor wäre. Eine merkwürdige Folge wäre es z. B., dass beim Wechsel eines Cateringunternehmens in der Betriebskantine wegen schlechter Bedienung des Personals der neue Auftragnehmer mit dem Personal konfrontiert wäre, mit dem der Auftraggeber nicht zufrieden war. Unter Marktgesichtspunkten wäre eine zu weite Auffassung unverantwortlich und müsste zu irreführenden und unvorhersehbaren Folgen in einer dynamischen wirtschaftlichen Wirklichkeit führen. Eine weitere Dehnung der Kriterien für die Anwendung der Richtlinie würde auf diesen Märkten unvermeidlich zu Willkür und Rechtsunsicherheit führen.

68. Drittens soll die Richtlinie das angestammte" Personal schützen, aber bei der Vergabe von Diensten geht es, wie bereits ausgeführt, in meinen Augen in erster Linie um eine Auswechslung von Verträgen mit begrenzter Laufzeit und nicht um die auf Dauer angelegte Übernahme eines Unternehmens einschließlich des gegenwärtigen Personals. Im vorliegenden Fall kann die vollständige Übernahme des Personalbestands aufgrund der Arbeitnehmerrechte, die sich aus dem Tarifvertrag mit GMC ergeben, zu einer Diskriminierung der Arbeitnehmer von Temco führen. Es ist nicht undenkbar, dass Temco besser motiviertes und qualifiziertes Personal besitzt, das durch die Anwendung der Richtlinie von den Arbeiten bei Volkswagen ausgeschlossen würde. Für Temco war Volkswagen nur einer von vielen Auftraggebern. Außerdem würde Temco die Möglichkeit genommen, auf dem Arbeitsmarkt nach anderem Personal zu suchen. Der Schutz der angestammten Arbeitnehmer würde somit zu einer unverkennbaren Benachteiligung der auf den Markt strebenden Arbeitnehmer.

B - Der Schutz der Richtlinie

69. Sollte der Gerichtshof entscheiden, dass im vorliegenden Fall kein Übergang eines Unternehmens vorliegt, bedarf es keiner Beantwortung der zweiten Frage. Für den Fall einer anderen Entscheidung des Gerichtshofes möchte ich diese Frage kurz behandeln.

70. Das vorlegende Gericht möchte mit der zweiten Frage in Erfahrung bringen, ob die Richtlinie es ausschließt, dass GMC in ihrer Eigenschaft als Veräußerer im Fall einer Übernahme trotzdem Arbeitnehmer weiter beschäftigt. Im Ausgangsverfahren ist ein Spannungsfeld entstanden, weil die Entlassung der vier Gewerkschaftsvertreter durch GMC nach nationalen Kündigungsschutzvorschriften nicht zulässig war. Deshalb würden diese Vier ihre Rechte aufgrund der Richtlinie vielleicht nicht oder nur schwerer ausüben können. Tatsächlich läuft diese Frage darauf hinaus, ob sich die vier Arbeitnehmer gegenüber Temco auf den Schutz des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie berufen können, weil sie wegen des Kündigungsschutzes nicht von einem Arbeitsverhältnis mit GMC Abstand genommen haben und vom Veräußerer auch nicht entlassen worden sind.

71. Es ist deshalb zu prüfen, welche Bedeutung den betreffenden nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Handlungen der betroffenen Arbeitnehmer für die Auslegung der Richtlinie zukommt.

72. Die Richtlinie will die Arbeitnehmer dadurch schützen, dass sie es ihnen im Fall einer Übernahme ermöglicht, ipso iure in den Dienst des neuen Arbeitgebers zu treten, und zwar zu denselben Arbeitsbedingungen, wie sie sie mit dem Veräußerer vereinbart hatten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind, so der Gerichtshof, insoweit zwingenden Rechts, als von ihnen nicht zu Ungunsten der betroffenen Arbeitnehmer abgewichen werden darf. Damit kann der Übergang der Arbeitsverträge nicht vom Willen des Veräußerers oder des Übernehmers abhängig sein. Auch sind sie nicht befugt, im gegenseitigen Einvernehmen festzulegen, zu welchem Zeitpunkt die Haftung für die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auf den Erwerber übergeht, weil Verpflichtungen ipso iure zum Zeitpunkt des Übergangs auf den Erwerber übergehen.

73. Daraus folgt, dass GMC als Veräußerer die Rechte der betroffenen Arbeitnehmer nicht dadurch beeinträchtigen darf, dass sie sie in ihren Diensten behält. Dass GMC dazu durch nationale Rechtsvorschriften gezwungen wäre, ist meines Erachtens nicht entscheidend. Das nationale Recht darf bei Anwendung der Richtlinie nämlich nicht zum Nachteil dieser Arbeitnehmer ausgelegt werden. Die zuvor zitierte Rechtsprechung steht einer solchen Auslegung entgegen, die außerdem der praktischen Wirksamkeit der Richtlinie abträglich ist.

74. Die zwingende Natur des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie wird aber durch das Recht der freien Arbeitsplatzwahl der Arbeitnehmer begrenzt. Der Gerichtshof hat entschieden, dass der mit der Richtlinie bezweckte Schutz entbehrlich ist, wenn der betroffene Arbeitnehmer nach dem Übergang sein Arbeitsverhältnis mit dem neuen Unternehmer aus freien Stücken nicht fortsetzt. In diesem Fall ist es Sache der Mitgliedstaaten, zu entscheiden, was mit dem Arbeitsvertrag oder dem Arbeitsverhältnis geschieht. Das nationale Recht kann z. B. festlegen, dass der Arbeitsvertrag mit dem Veräußerer bestehen bleibt.

75. Im vorliegenden Fall ist streitig, ob die vier Gewerkschaftsvertreter freiwillig von einem Übergang auf Temco Abstand genommen haben. Die Cour du travail führt in ihrem Vorlagebeschluss aus, dass die Vier in der Zeit bis zu ihrer Entlassung durch GMC im Dezember 1995 nie behauptet haben, sie seien in den Dienst von Temco getreten. Da sie gedacht hätten, einen besonderen Kündigungsschutz zu genießen, hätten sie bis zu ihrer Entlassung durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, dass sie weiterhin zum Personal von GMC gehörten.

76. Diese Feststellungen werden allerdings von GMC-BMV und den vier Gewerkschaftsvertretern bestritten. Sie behaupten, dass die Vier in der Zeit vom 9. Januar 1995 bis 11. Dezember 1995 zwar noch auf der Lohnliste gestanden und einen Teil ihres Lohnes von GMC erhalten hätten, ohne dafür zu arbeiten, dass aber dieses Verhalten durch die Weigerung von Temco bedingt gewesen sei, sie zu übernehmen. Deshalb könne von einem freiwilligen Absehen von der Übernahme keine Rede sein.

77. Diese Darlegungen und die Erklärungen der Verfahrensbeteiligten in der Sitzung erlauben nicht die Feststellung, ob die Vier durch ihr Verhalten freiwillig auf ihre vermeintlichen Rechte nach der Richtlinie verzichtet haben. Es muss daher dem vorlegenden Gericht überlassen bleiben, hier anhand des Sachverhalts zu einer Entscheidung zu gelangen. Es hat dabei zu berücksichtigen, dass die Gewerkschaftsvertreter einen auf das nationale Recht gestützten besonderen Schutz genossen, die eine bestimmte Zurückhaltung auf Seiten der Vier erklären könnte, in den Dienst von Temco zu treten. Da die Verpflichtungen zum Zeitpunkt der Übernahme von Rechts wegen auf den Erwerber übergehen, scheint mir das vorlegende Gericht von dem Verhalten der betroffenen Arbeitnehmer in der Zeit ausgehen zu müssen, in der der Übergang stattgefunden hat, also um den 9. Januar 1995 herum. Auch der Grundsatz der Rechtssicherheit in Bezug auf Erwerber und Veräußerer zwingt dazu.

VI - Ergebnis

78. Demgemäß schlage ich dem Gerichtshof vor, die von der Cour du travail Brüssel vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1. Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen ist nicht auf einen Sachverhalt anwendbar, bei dem ein Unternehmen A die Reinigung seiner Industrieanlagen einem Unternehmen B übertragen hat und dieses die Arbeiten einem Unternehmen C weiter überträgt, das nach dem Verlust des Auftrags durch das Unternehmen B bis auf vier Personen sein gesamtes Personal entlässt, und anschließend ein Unternehmen D, dem das Unternehmen A die Arbeiten überträgt, aufgrund eines Tarifvertrags einen Teil des Personals des Unternehmens C einstellt, aber keinen einzigen Vermögenswert des letztgenannten Unternehmens übernimmt, das nach wie vor besteht und seinen Gesellschaftszweck verfolgt.

2. Die zweite Frage bedarf keiner Beantwortung.

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