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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 61975CC0023

    Mayras főtanácsnok indítványa, az ismertetés napja: 1975. október 1.
    Rey Soda kontra Cassa Conguaglio Zucchero.
    Előzetes döntéshozatal iránti kérelem: Pretura di Abbiategrasso - Olaszország.
    23-75. sz. ügy

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:1975:121

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS HENRI MAYRAS

    VOM 1. OKTOBER 1975 ( 1 )

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    Einleitung

    Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen der Pretura Abbiategrasso hat seinen Ursprung in Beschlüssen der Gemeinschaft für den italienischen Zuckermarkt, verbunden mit Maßnahmen der italienischen Regierung in Form eines decreto legge zur Ausführung von Artikel 6 der Kommissionsverordnung Nr. 834/74.

    Ziel des Artikels 6 war es, die Störungen zu verhindern, die nach den Erklärungen der Kommission auf dem italienischen Markt durch eine erhebliche Erhöhung des in Lire ausgedrückten Zuckerpreises, die vom 1. Juli 1974, dem Beginn des Zuckerwirtschaftsjahres 1974/75, an wirksam werden sollte, hervorgerufen werden konnten.

    Diese Erhöhung war auf zwei Ursachen zurückzuführen :

    einmal auf den Beschluß des Rates vom März des Jahres, mit dem der Interventionspreis für Zucker gegenüber dem Preis des laufenden Wirtschaftsjahres für das neue Wirtschaftsjahr um 7 % angehoben wurde:

    zum anderen, vor allem, auf die Abwertung der italienischen Währung, deren Schwankungen sich auf dem Devisenmarkt seit dem 15. Februar 1973 nicht mehr im Rahmen der „Währungsschlange“ hielten und deren effektiver Wert in weniger als achtzehn Monaten um ungefähr 30 % gesunken war.

    Die Preise der unter die gemeinsamen Marktorganisationen fallenden landwirtschaftlichen Erzeugnisse werden in Rechnungseinheiten ausgedrückt; sie müssen in die Währung eines jeden Mitgliedstaats anhand eines Umrechnungskurses umgerechnet werden, der unter Zugrundelegung der beim Internationalen Währungsfonds angemeldeten amtlichen Paritäten bestimmt wird.

    Das Ausmaß der Lira-Abwertung machte für den Agrarsektor die Festsetzung eines Umrechnungskurses erforderlich, der der wirtschaftlichen Realität angepaßt war.

    Dies unternahm der Rat seit dem 1. November 1973 in mehreren Stufen. Der Gegenwert für die Rechnungseinheit, vorher auf 625 Lire festgesetzt, erreichte auf diese Weise im Juli 1974 den Betrag von 801 Lire.

    Daher sollte das Niveau der Agrarpreise in Italien im gleichen Verhältnis angehoben werden. Aus konjunkturpolitischen Gründen hielt der Rat jedoch eine Erhöhung mit sofortiger Wirkung für den Zucker für nicht annehmbar.

    Die Erhöhung sollte erst am 1. Juli 1974 wirksam werden. Bis dahin wurden der Interventionspreis für Zucker sowie die Mindestpreise für Zuckerrüben, die in Italien galten, durch Artikel 4 b der Verordnung Nr. 974/71 in der Fassung der Verordnung Nr. 3450/73 vom 17. Dezember 1973 auf der am 31. Oktober 1973 geltenden Höhe belassen.

    Infolgedessen war nicht nur zu vermuten, sondern sicher, daß zu Beginn des neuen Wirtschaftsjahres der Preis für Zucker, der aus der Zuckerrübenernte des Jahres 1973 hergestellt worden war und nach dem 1. Juli 1974 verkauft werden sollte, erheblich steigen würde. Die Steigerung betrug in der Tat etwa 37 %.

    Diese Aussicht konnte den Marktteilnehmern ebensowenig verborgen bleiben wie den nationalen Stellen und den Gemeinschaftsbehörden.

    Es war nicht schwer, sich die Reaktionen vorzustellen, die sie bei den Beteiligten hervorrufen konnte. Man konnte mit Recht befürchten, daß die Zuckereinlagerer unter diesen Umständen spekulative Vorräte bilden würden, um sie erst nach dem Eintritt der Preissteigerung — und einer erheblichen Werterhöhung — abzusetzen. Dagegen würden die Erzeuger von Zuckerrüben, also eines Produkts, das nicht eingelagert werden kann, den Zuckerherstellern zum Mindestpreis des vorigen Wirtschaftsjahres liefern müssen.

    Aufgrund der Ratsverordnung Nr. 2959/73 zur Festlegung bestimmter konjunkturpolitischer Maßnahmen auf dem Zuckersektor in Italien wurde eine erste Reihe von Beschlüssen gefaßt, um die Ausgleichsbeträge für Zucker, der vor dem 1. Juli 1974 aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt worden war, aber erst nach diesem Zeitpunkt für den Verbrauch abgesetzt werden sollte, zu senken. Die Kommission erließ auf Grund dieser Verordnung weitere Vorschriften vor allem zur Anpassung des in Lire ausgedrückten Betrags der Lagerkostenabgabe, der in Artikel 34 der Grundverordnung genannten Beihilfen für die Zuckerrübenerzeuger und der Produktionsabgabe. Mit Artikel 6 der Verordnung Nr. 834/74 beschloß die Kommission dann am 5. April 1974 die Aktion, die speziell dazu bestimmt war, eine übersteigerte Lagerung in Italien zu verhindern,

    Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

    „1)   Italien ergreift nationale Maßnahmen zur Verhinderung von Marktstörungen, die sich aus der Erhöhung des Zuckerpreises in italienischen Lire am 1. Juli 1974 ergeben könnten. Diese Maßnahmen bestehen insbesondere in einer Zahlung der Bestandswerterhöhungen an die Rübenerzeuger.

    2)   Die ergriffenen Maßnahmen und die in Absatz 1 genannten zu ergreifenden Maßnahmen werden der Kommission vor dem 5. Juni 1974 schriftlich mitgeteilt.“

    Bis zu diesem Zeitpunkt hatten jedoch die italienischen Behörden, durch eine Regierungskrise lahmgelegt, keine Maßnahmen ergriffen, um der Aufforderung der Kommission nachzukommen.

    Daher erließ die Kommission, die für den Notfall eine direkte Intervention der Gemeinschaft vorgesehen hatte, mit der Verordnung Nr. 1495/74 vom 14. Juni 1974 eine Vorschrift zur Ergänzung des Artikels 6 der Verordnung Nr. 834/74, wonach jeder, der am 1. Juli 1974, in welcher Eigenschaft auch immer, mehr als 500 kg Weißzucker, Rohzucker oder Sirupe aus Zucker lagerte, diese Mengen den zuständigen italienischen Stellen anzumelden hatte.

    Der Ablauf der Frist, in der die Meldung erfolgen sollte, war zunächst auf den 10. Juli 1974 festgesetzt worden und mußte später durch die Änderungsverordnung Nr. 2106/74 auf den 30. August 1974 verschoben werden.

    Um den Anordnungen der Kommission endlich Folge zu leisten, gab die italienische Regierung ihrerseits mit dem decreto legge Nr. 255 vom 8. Juli 1974 allen Besitzern von mehr als 500 kg Weißzucker, Rohzucker oder Sirupen aus Zukker auf, spätestens bis zum 30. September 1974 an die Cassa Conguaglio Zucchero eine Abgabe zu zahlen, die der Werterhöhung infolge der Steigerung des Zuckerpreises entsprach. Die Höhe dieser Abgabe war in einer beigefügten Tabelle angegeben. Ihr Ertrag sollte von der Ausgleichskasse an die Zuckerrübenerzeuger verteilt werden.

    Aufgrund dieses decreto legge war das Unternehmen Rey Soda, das für die Herstellung von Sprudelgetränken Zucker verwendet, gezwungen, für seine Zuckerbestände 366910 Lire an die Kasse zu zahlen.

    Das Unternehmen beantragte daraufhin bei der Pretura Abbiategrasso den Arrest in das Vermögen der Kasse. Mit diesem Antrag sollte aber eigentlich die Rechtmäßigkeit der Abgabe sowohl nach dem nationalen Recht als auch nach Gemeinschaftsrecht bestritten werden.

    Nachdem das italienische Gericht den Arrest angeordnet hatte, gab das anschließende Hauptverfahren drei Industrieverbänden Gelegenheit, dem Unternehmen Rey Soda zu dessen Unterstützung beizutreten. Es handelt sich dabei um die Verbände der Süßwarenindustrie (AIDI), der Nahrungsmittelhersteller (AIPA) und der Hersteller von Sprudelwassern und -getränken (ABG).

    Das Gericht hat dann das Verfahren ausgesetzt und Ihnen einen langen Fragenkatalog zur Vorabentscheidung vorgelegt, dessen Wortlaut ich wohl nicht vorzulesen brauche und der auch im Sitzungsbericht wiedergegeben ist

    Einige dieser Fragen betreffen die Gültigkeit des Artikels 6 der Verordnung Nr. 834/74 der Kommission und der Ergänzungsverordnung Nr. 1495/74. Andere beziehen sich auf die Auslegung des Artikels 6 oder bestimmter Vorschriften des Vertrages, wie die Artikel 85 und 86, oder aber auf Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts.

    Mir erschien es logisch, zuerst auf die Gültigkeitsprobleme einzugehen, von denen im übrigen die Lösung der anderen Fragen abhängt

    I — Gültigkeit des Artikels 6 der Verordnung Nr. 834/74 unter dem Gesichtspunkt der Zuständigkeit der Kommission

    Ich wende mich also gleich der zweiten Frage zu, denn sie betrifft geradezu das Prinzip der Befugnis der Kommission, den Zucker verwendenden Industrieunternehmen finanzielle Lasten zugunsten der Zuckerrübenerzeuger aufzuerlegen.

    Zuvor muß ich aber zu der These des Klägers des Ausgangsverfahrens und seiner Streithelfer Stellung nehmen, daß die Einziehung der Bestandswerterhöhung steuerlichen Charakter gehabt habe.

    Die mit dem decreto legge Nr. 255 eingeführte Abgabe nach innerstaatlichem Recht zu qualifizieren, wäre allein Aufgabe des zuständigen italienischen Gerichts.

    Nach Gemeinschaftsrecht stellt die Einziehung der Bestandswerterhöhung ein Verwaltungsinstrument zur Regulierung des Zuckermarktes dar, dessen Rechtsgrundlage Artikel 37 Absatz 2 der Grundverordnung bildet.

    Mit der umstrittenen Maßnahme sollten aber den Marktteilnehmern, die die Werterhöhung zu zahlen haben, zugunsten einer anderen Gruppe von Marktteilnehmern, nämlich der Zuckerrübenerzeuger, finanzielle Lasten auferlegt werden.

    Dieser Erkenntnis kommt entscheidendes Gewicht zu, wie wir noch sehen werden, wenn es darum gehen wird herauszufinden, ob sich die Kommission, als sie den italienischen Staat aufforderte und sogar verpflichtete, diese Zahlung aufzuerlegen, darauf beschränken durfte, das Prinzip festzulegen, ohne die Bemessungsgrundlage für die Abgabe auf die Bestände und die abgabenpflichtigen Personen ausdrücklich anzugeben, ob sie also von den ihr übertragenen Befugnissen einen rechtmäßigen Gebrauch gemacht hat.

    Um aber bei der Zuständigkeit der Kommission zu bleiben, so müssen wir uns den Wortlaut des Artikels 37 Absatz 2 der Grandverordnung ins Gedächtnis rufen. Er lautet:

    „Um zu verhindern, daß beim Übergang von einem Zuckerwirtschaftsjahr zum anderen infolge von Veränderungen des Preisniveaus Störungen auf dem Zuckermarkt auftreten, können nach dem Verfahren des Artikels 40 die erforderlichen Bestimmungen erlassen werden.“

    Aufgrund verschiedener Überlegungen neige ich dazu anzunehmen, daß der Kommission mit dieser Vorschrift eine Befugnis übertragen wurde, die weitreichend genug war, um die Einziehung der Weiterhöhung zu beschließen.

    Die erste Überlegung knüpft an die sehr allgemeine Formulierung der „erforderlichen Bestimmungen“ an, die erlassen werden können, „um zu verhindern, daß … Störungen auf dem Zuckermarkt auftreten“.

    Grundsätzlich darf sich die Kommission natürlich keine Befugnisse anmaßen, die ihr der Rat nicht ausdrücklich übertragen hat; daraus folgt aber keineswegs, daß sie nur reine Durchführungsbefugnisse erteilt bekommen kann, deren Ausübung sich streng nach den vom Rat erlassenen Grundvorschriften zu richten hätte.

    Zwar bestimmt Artikel 155 vierter Gedankenstrich, daß die Kommission „die Befugnisse auszuüben [hat], die ihr der Rat zur Durchführung der von ihm erlassenen Vorschriften überträgt“. Ihrer Rechtsprechung ist aber zu entnehmen, daß diese Vorschrift nicht einschränkend und nur dem Buchstaben nach ausgelegt werden darf; Sie haben vielmehr erklärt, daß mit der Kompetenzübertragung auf Grund des Artikels 155 eine echte Verordnungsbefugnis verliehen werden kann (in diesem Sinne: EuGH 15. Juli 1970 — ACS Chemiefarma, 41/69 — Slg. 1970, 691). Im übrigen bestätigt auch die seit langem eingeführte und geübte Praxis der Gemeinschaft, daß sich die Befugnisse, die der Kommission nach diesem Artikel übertragen werden, nicht auf die Aufstellung technischer Regeln oder Verfahrensvorschriften beschränken. Die der Kommission zugewiesenen Kompetenzen erlauben ihr häufig, Begriffe zu definieren, die der Rat nur erwähnt hat, ohne ihren Inhalt zu präzisieren, sowie Maßstäbe zu setzen, ja sogar den Marktteilnehmern Verpflichtungen aufzuerlegen.

    Diese von der Rechtsprechung entwikkelte Auffassung von den Befugnissen der Kommission und diese weite Praxis finden aus leicht verständlichen Gründen ihr bevorzugtes Anwendungsgebiet im Bereich der gemeinsamen Agrarmarktorganisationen. Sie ergeben sich nämlich aus der Natur der Sache: Nur die Kommission ist in der Lage, die Entwicklung dieser Märkte aufmerksam und ständig zu verfolgen. Nur sie kann mit der durch eine Krisenlage gebotenen Schnelligkeit handeln, und meistens kann nur sie, allerdings in den Grenzen der vom Rat aufgestellten Grundsätze, konjunkturpolitische Maßnahmen ergreifen.

    Daraus folgt, daß der Rat auf diesem Gebiet zwangsläufig dazu gebracht wird, der Kommission Befugnisse zu übertragen, durch die ihr eine gewisse Ermessensfreiheit eingeräumt wird, namentlich was die Wahl der Mittel für die Bewältigung bestimmter Situationen betrifft.

    Ob eine Befugnis der Kommission zu Recht besteht, ist also eher in Ansehung der allgemeinen Hauptziele der Marktorganisation als im Hinblick darauf zu beurteilen, ob der Gebrauch, den sie von dieser Befugnis macht, mit präzisen Grundregeln strikt übereinstimmt.

    Das wichtigste Ziel, von dem sich die Kommission im vorliegenden Fall bei der Ausübung ihrer Befugnisse aus Artikel 37 Absatz 2 der Grundverordnung leiten lassen mußte, bestand darin, die Störungen zu verhindern, die durch eine erhebliche Änderung der Zuckerpreise auf dem italienischen Markt hervorgerufen werden konnten, auf einem Markt also, der deshalb besonders empfindlich war, weil — wie Sie wissen — Italien das höchste Defizit im Gemeinsamen Markt aufweist und die Gefahr nicht gering war, daß angesichts der damaligen Umstände spekulative Vorräte angekauft und einbehalten werden würden.

    Die Umkehrung der Weltmarkttendenzen, wo der Zuckerpreis dem Gemeinschaftspreis buchstäblich weit „davongelaufen“ war, machte Einfuhren aus Drittländern praktisch unmöglich. Man mußte sogar zu Maßnahmen greifen, mit denen die Ausfuhren von Gemeinschaftszucker nach diesen Ländern schwer bestraft wurden.

    Schließlich war mit Recht zu befürchten, daß die Hersteller in den traditionellen Überschußgebieten der Gemeinschaft, nämlich Frankreich und Belgien, angesichts der Lage des europäischen Marktes zögern würden, Italien Zuckermengen zu liefern, die für die Sicherstellung einer geordneten Versorgung ausreichten. Vergessen Sie auch nicht, daß in Italien die Einfuhren von Gemeinschaftszucker einem strengen Ausschreibungssystem, durchgeführt von der Cassa Conguaglio Zucchero, unterlagen und in der Praxis die Gruppe der französischen und belgischen Hersteller die um das Unternehmen Eridania gebildete Gruppe der italienischen Hersteller größtenteils direkt belieferte. Es bestand also Grund zu der Annahme, daß die Ansammlung übersteigerter Vorräte durch diese Hersteller oder durch die Händler und industriellen Verwender in der Erwartung des Anstiegs der innerstaatlichen Preise keine normale und geordnete Versorgung der italienischen Verbraucher zulassen würde, auch wenn sich die Einfuhren in einem Rahmen hielten, der dem Bedarf der Verbraucher entsprach.

    Der nationale Richter hat bezweifelt, daß sich aus der geschilderten Lage tatsächlich solche Gefahren ergeben konnten.

    Da es hier darum geht, die wahrscheinlichen und möglichen Auswirkungen einer komplizierten Wirtschaftslage, die ein Einschreiten der Gemeinschaft gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Grundverordnung erforderlich machte, im nachhinein abzuschätzen, können Sie Ihre Beurteilung meines Erachtens nicht an die Stelle derjenigen der Kommission setzen. Konjunkturpolitische Maßnahmen dürfen Sie nur in eingeschränktem Umfang kontrollieren: Nur wenn die Intervention der Gemeinschaft offensichtlich fehlerhaft oder ermessensmißbräuchlich ist, dürfen Sie im Rahmen einer Anfechtungsstreitigkeit ein Urteil über die ergriffenen Maßnahmen fällen. Das gleiche muß gelten, wenn Sie die Gültigkeit einer Maßnahme auf ein Vorabentscheidungsersuchen hin beurteilen.

    Nun, ich bin nicht der Auffassung, daß die Kommission im vorliegenden Fall die Lage des italienischen Marktes, der Teil des Gemeinsamen Marktes ist, offensichtlich falsch beurteilt hat. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß sie einen Ermessensmißbrauch begangen hat.

    Damit beauftragt, die „erforderlichen Bestimmungen“ zu erlassen, um einer besorgniserregenden Konjunktur die Stirn zu bieten, durfte die Kommission im Rahmen der ihr übertragenen weitreichenden Befugnisse die wirksamsten Mittel einsetzen, wenn sie nur dem verfolgten Zweck entsprachen.

    Um die normale Versorgung des italienischen Marktes sicherzustellen, mußte sie die Marktteilnehmer davon abhalten, vor dem 1. Juli 1974 spekulative Lagervorräte anzusammeln. Das Mittel, das der Situation am ehesten gerecht wurde, war, ihnen den Vorteil aus dieser Ansammlung zu entziehen, das heißt, von ihnen die Zahlung der Werterhöhung zu verlangen, die infolge des Anstiegs des Zuckerpreises eingetreten war.

    Der Kläger des Ausgangsverfahrens und seine Streithelferin rügen die Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Es erscheint mir aber zumindest zweifelhaft, ob die Maßnahmen, von denen sie behaupten, daß sie die Gefahr einer Versorgungsunterbrechung hätten vermeiden können, wirksam gewesen wären.

    Nach ihrer Ansicht hätten Vorschriften genügt, die Ausfuhren aus der Gemeinschaft verboten oder hinderten.

    Derartige Maßnahmen sind in der Tat auf Gemeinschaftsebene angewandt worden. Sie zwangen die italienischen Zukkereinlagerer aber nicht unbedingt, den Zucker in den Handel zu bringen.

    Was die Maßnahmen auf dem Gebiet der Kontrolle und Bekanntmachung der Preise für Massenkonsumgüter angeht, so weiß ich nicht, welche Bedeutung sie im vorliegenden Fall noch haben konnten, da ja bereits beschlossen war, daß der Zuckerpreis am ersten Tag des neuen Zuckerwirtschaftsjahres steigen würde, und dieser Anstieg außerdem unausweichliche Folge der Abwertung der grünen Lira und der Erhöhung des Interventionspreises war.

    Eine zweite Überlegung rechtfertigt die Annahme, daß die Zuständigkeit der Kommission gegeben war. Sie geht davon aus, daß die Kommission ihre Befugnisse aus Artikel 37 Absatz 2 der Grundverordnung gemäß dem Verfahren des Artikels 40, das heißt nach Stellungnahme des Verwaltungsausschusses für Zucker, auszuüben hat

    Ein derartiges Verfahren, von dem Sie in Ihren Urteilen vom 17. Dezember 1970 in den Rechtssachen 25/70 (Einfuhr- und Vorratsstelle Getreide — Slg. 1970, 1172) und 30/70 (Scheer — Slg. 1970, 1210) entschieden haben, daß es mit dem Vertrag vereinbar ist, trägt insbesondere der Notwendigkeit Rechnung, vor die sich die Gemeinschaftsbehörden immer häufiger gestellt sehen, Maßnahmen zu ergreifen, die eigentlich in die Zuständigkeit des Rates fallen, die dieser aber wegen ihrer Dringlichkeit nicht mehr rechtzeitig treffen kann.

    Der Rat überträgt daher der Kommission eine echte Entscheidungsbefugnis, wobei er sich eine Eingriffsmöglichkeit für den Fall vorbehält, daß der Verwaltungsausschuß zum Entwurf der Kommission ablehnend Stellung nimmt Ein derartiger Fall tritt allerdings nur ausnahmsweise ein.

    Die Auslegung des Artikels 37 Absatz 2 der Grundverordnung führt zu einer dritten Überlegung. Diese Vorschrift stellt auf den Fall ab, daß infolge einer Preisänderung beim Übergang von einem Wirtschaftsjahr zum nächsten Störungen des Marktgleichgewichts und insbesondere der gesicherten Versorgung der Verbraucher zu besorgen sind.

    Bei einschränkender Auslegung könnte man meinen, der Rat habe mit dieser Bestimmung nur die Änderungen der in Rechnungseinheiten ausgedrückten Interventionspreise der Gemeinschaft, die er vor dem Beginn eines jeden Zuckerwirtschaftsjahres festsetzt, erfassen wollen, und nicht die Änderungen der in nationaler Währung ausgedrückten innerstaatlichen Preise infolge von Währungsschwankungen, die von seinem Willen unabhängig sind.

    Schon nach der Logik der gemeinsamen Marktorganisationen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, vor allem für Zucker, müssen aber auch die Änderungen der in der Landeswährung ausgedrückten Preise in den Anwendungsbereich des Artikels 37 Absatz 2 fallen.

    Infolge der repräsentativen Umrechnungskurse leiten sich nämlich die innerstaatlichen Preise unmittelbar von den Gemeinschaftspreisen ab. Wenn — wie im vorliegenden Fall — die Währung eines Mitgliedstaats spürbar abgewertet wird, ist der Rat gezwungen, einen neuen Umrechungskurs festzusetzen, der der wirtschaftlichen Realität angepaßt ist. Er zieht auf diese Weise die Konsequenzen aus der Abwertung. Auch die Erhöhung der innerstaatlichen Preise für landwirtschafdiche Erzeugnisse stellt daher eine „Veränderung des Preisniveaus“ im Sinne des Artikels 37 Absatz 2 dar. Eine solche Veränderung trat aber, wie wir gesehen haben, in bezug auf den Zuckerpreis in Italien beim Ubergang vom Wirtschaftsjahr 1973/74 zum nächsten ein.

    Der Rat hatte schon 1971 mit der Verordnung Nr. 974/71 den Rahmen für konjunkturpolitische Maßnahmen in der Landwirtschaft im Anschluß an die Erweiterung der Bandbreiten der Währungen einiger Mitgliedstaaten selbst abgesteckt

    Die Kommission bezog sich in ihrer Verordnung Nr. 834/74 auch auf diese Verordnung.

    Nach allem dürfen wir davon ausgehen, daß die Kommission befugt war, die Einziehung der Werterhöhung der bei den Zuckerbesitzern gebildeten spekulativen Vorräte im Prinzip zu beschließen, um damit der Gefahr einer Unterbrechung der Marktversorgung zu begegnen.

    II — Gültigkeit der Bestimmung der Verordnung Nr. 834/74, die die Zahlung der Bestandswerterhöhung den Zuckerrübenerzeugern zukommen ließ

    Eine zweite Frage nach der Gültigkeit des Artikels 6 der Verordnung Nr. 834/74 bezieht sich darauf, daß die Kommission den Vorteil aus der Bestandswerterhöhung den Zuckerrübenerzeugern zugute kommen ließ.

    Ich habe einige Bedenken, mich den Ausführungen des Vertreters der Kommission anzuschließen, die er Ihnen vorgetragen hat und die darauf hinauslaufen, daß diese Frage gänzlich unerheblich sei.

    Nach seiner Ansicht hat der Kläger des Ausgangsverfahrens, wenn die Erhebung der Abgabe auf die Bestände für rechtmäßig angesehen würde, kein Klageinteresse, gegen die Verwendung des Abgabenertrags vorzugehen. Da er auf jeden Fall zur Zahlung der Abgabe verpflichtet sei, spiele es für ihn keine Rolle, ob der Abgabenertrag den Zuckerrübenerzeugern oder dem italienischen Fiskus zugute komme.

    Im Rahmen einer Anfechtungsklage würde diese Argumentation allerdings zu der Frage führen, ob nicht die Rüge der Rechtswidrigkeit der fraglichen Bestimmung wegen mangelnden Klageinteresses unzulässig ist Uns liegt hier aber ein Vorabentscheidungsersuchen vor, und nach Ihrer eigenen Rechtssprechung dürfen Sie nicht entscheiden, ob eine von einem nationalen Gericht vorgelegte Frage für das Ergebnis des Ausgangsverfahrens erheblich ist oder nicht Da die Pretura Abbiategrasso die Gültigkeit des Artikels 6 der Verordnung Nr. 834/74 in jeder Beziehung in Zweifel zieht, müssen Sie dem Gericht auch die hier in Rede stehende Frage beantworten.

    Das Unternehmen Rey Soda trägt vor, die Kommission habe dadurch, daß sie den Ertrag der Abgabe auf die Bestände den Zuckerrübenerzeugern zukommen ließ, gegen Artikel 34 der Verordnung Nr. 1009/67 verstoßen. Diese Bestimmung ermächtigt Italien zwar, den Zukkerrübenerzeugern Beihilfen, vornehmlich Anpassungsbeihilfen, zu gewähren; sie legt aber auch den Höchstbetrag (der übrigens mehrmals heraufgesetzt wurde) dieser Beihilfen fest Außerdem handelt es sich hierbei um nationale Beihilfen im Sinne der Artikel 92 bis 94 des Vertrages. Artikel 6 der Verordnung Nr. 834/74 regelt dagegen eine andere Materie. Er sieht nämlich eine Ausgleichsmaßnahme vor, die gewissermaßen dazu bestimmt war, den Zuckerrübenerzeugern einen Ersatz für die Werterhöhung zu geben, von der die Zuckereinlagerer profitieren würden, wenn sie ihr Erzeugnis aus Zukkerrüben, die im vorangegangenen Herbst zu dem vor dem 31. Oktober 1973 geltenden Mindestpreis — der nach Maßgabe des damals geltenden Interventionspreises für Zucker auf seinem Niveau gehalten wurde — gekauft worden waren, nach dem 1. Juli 1974 zu einem um 37 % erhöhten Preis verkaufen würden.

    Die Entscheidung, die Werterhöhung den Zuckerrübenerzeugern zugute kommen zu lassen, stand im Einklang mit dem Ziel des Artikels 39 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrages: Sie zielte darauf ab, dieser Gruppe der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten.

    Die Gültigkeit des Artikels 6 der Verordnung Nr. 934/74 ist aber noch unter einem anderen Aspekt zu beurteilen.

    III — Gültigkeit des Artikels 6 der Verordnung Nr. 834/74 im Hinblick auf die der italienischen Regierung erteilte Unterermächtigung

    Die Gültigkeit der Vorschrift ist nicht nur in Ansehung der Empfänger des Abgabenertrags, sondern auch im Hinblick auf die Marktbürger zu beurteilen, die der Abgabe unterworfen wurden.

    In dieser Beziehung liefert eine Betrachtung der früheren Abgabenregelungen für Zuckerbestände interessante Hinweise.

    Zunächst einmal enthält bereits Artikel 37 Absatz 1 der Grundverordnung eine Bestimmung zur Regulierung der Lage, die bei der Einführung des ersten Zuckerwirtschaftsjahres in der Gemeinschaft (1968/69) aus dem Unterschied zwischen den innerstaatlichen Zuckerpreisen und den ab 1. Juli 1968 geltenden Preisen mit Sicherheit erwartet wurde. Durch diese Bestimmung erklärte sich der Rat für zuständig, die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen.

    Zu diesem Zweck erließ er am 18. Juni 1968 die Verordnung Nr. 769/68, mit der er die Verwender von Zucker, der vor der Preiserhöhung zum 1. Juli 1968 zu einem niedrigeren nationalen Preis gekauft worden war, zwar einer Abgabe unterwarf, aber auch dem Umstand Rechnung trug, daß die Verwender wegen der Art und des Rhythmus ihrer Tätigkeit Zucker einlagern mußten, auch wenn sich diese — ganz normale — Eindekkung möglicherweise in finanzieller Hinsicht als ein einträgliches Unternehmen erwies. Ohne die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung aus dem Auge zu verlieren, nahm er daher die Zuckermengen, die diese Industrieunternehmen für eine normale Tätigkeit von vier Wochen benötigten und die er als Arbeitsbestände ansah, von der Abgabe aus.

    Ein zweites Beispiel ist die Erhebung einer Ausgleichsabgabe auf die am 1. August 1970 in Frankreich vorhandenen Bestände, „um Störungen des Zukkermarktes zu vermeiden“, die infolge der Abwertung des französischen Franken eintreten konnten. Diese Abgabe wurde mit der Kommissionsverordnung Nr. 1507/70 eingeführt, die auf die Verordnung Nr. 1586/69 des Rates vom 11. August 1969 über konjunkturpolitische Maßnahmen auf dem Gebiet der Landwirtschaft infolge der Abwertung des französischen Franken gestützt war.

    Die Verordnung Nr. 1507/70 erfaßte nicht ausdrücklich die Bestände bei den industriellen Verwendern; die französische Durchführungsverordnung vom 30. Juli 1970, die die Personen der Abgabe unterwarf, deren Bestände 5000 kg überstiegen, nahm aber ausdrücklich die Arbeitsbestände und damit die von einem Verwender eingelagerte Zuckermenge, die für eine normale Erzeugung von höchstens vier Wochen erforderlich war, von der Abgabe aus.

    Im Jahre 1971 trat eine Lage ein, vergleichbar derjenigen, die uns hier interessiert. Damals sah die Kommission mit der Verordnung Nr. 1344/71 eine Abgabe auf die am 1. Juli 1971 festgestellten Bestände vor, ebenfalls um Störungen auf dem Gemeinschaftsmarkt zu verhindern.

    Dieser Abgabe unterlagen die Vorräte der Verwender; ausgenommen waren aber die als Arbeitsbestände angesehenen Bestände bis zu einer Höchstmenge von 20000 t Frankreich sollte für die Aufteilung dieser Menge alle notwendigen Vorkehrungen treffen, um eine unterschiedliche Behandlung der Interessenten zu vermeiden. Diese Kommissionsverordnung stützte sich ebenfalls auf die Verordnung Nr. 1586/69 sowie auf die Ratsverordnung Nr. 1432/70 über die Anpassung der von Frankreich zu zahlenden Interventions- und Ankaufspreise.

    Anhand der Hinweise, die diesen früheren Regelungen zu entnehmen sind, können wir folgende Schlußfolgerungen ziehen:

    1.

    Die Kommission hat sich damit begnügt, das Prinzip für die Zahlung der Bestandswerterhöhung an die Zuckerrübenerzeuger festzulegen, und es der italienischen Regierung überlassen, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Sie hat nicht bestimmt, welche Gruppe von Marktteilnehmern (Zuckerhersteller, Händler oder industrielle Verwender) dieser Abgabe unterworfen sein sollte. Der Bevollmächtigte der Kommission hat hier erklärt, daß Artikel 6 trotzdem — unausgesprochen — alle Zuckereinlagerer erfaßt habe, ohne die industriellen Verwender auszunehmen.

    Eine solche Auslegung entspräche sicher einem praktischen Bedürfnis. Weshalb sollten diese Unternehmen von der Abgabe befreit werden, da sie, auch wenn sie nicht als Zuckerverkäufer am Markt teilnehmen, doch den Zucker kaufen und ihn bei ihrer Erzeugung verarbeiten? Bei einer normalen Konjunktur mit stabilen Preisen sind sie nicht daran interessiert, sich über die Menge hinaus einzudecken, die dem Bedarf des normalen Produktionszyklus entspricht Mit anderen Worten, sie beschränken sich darauf, ihre Arbeitsbestände in einem Rahmen zu halten, der für eine normale Tätigkeit von einigen Wochen ausreicht

    Bei einer Konjunktur hingegen, wie sie im Frühjahr 1974 auf dem italienischen Markt gegeben war, konnte allein die Aussicht, vom 1. Juli 1974 an einen stark angehobenen Zuckerpreis zahlen zu müssen, für diese Unternehmen ein Anreiz sein, mehr Vorräte anzusammeln, als es der sofortige Produktionsbedarf erforderte.

    Zwar kann der Kristallzucker, den sie verarbeiten, grundsätzlich nicht zum unmittelbaren Verzehr in den Handel gebracht werden. Aber in einer Zeit, wenn nicht der Verknappung, so doch der Verknappungspsychose, ist es nicht ganz undenkbar, daß letzten Endes doch bestimmte Mengen Kristallzucker nach dem Eintritt der Preiserhöhung an die Einzelhändler verkauft werden.

    Selbst wenn man zugibt, daß ein solcher Fall kaum wahrscheinlich ist, konnten diese Unternehmen doch mit einer Ansammlung übersteigerter Vorräte das Ziel verfolgen, die mit dem 1. Juli 1974 eintretende Werterhöhung in den Preis ihrer Erzeugnisse einzurechnen.

    Das Argument des Unternehmens Rey Soda und seiner Streithelfer, daß die industriellen Verwender durch Lieferungsverträge mit einer Laufzeit von mehreren Monaten gebunden seien und daher nicht von der Werterhöhung ihrer Zukkerbestände hätten profitieren können, konnte mich nicht völlig überzeugen.

    Es gibt im übrigen noch ein weiteres Indiz dafür, daß die Kommission auf jeden Fall beabsichtigte, von diesen Verwendern eine Abgabe auf ihre übersteigerten Vorräte zu erheben. Es ist bereits dem Wortlaut der Verordnung Nr. 1495/74 zu entnehmen. Danach sollte jeder, der am 1. Juli 1974, in welcher Eigenschaft auch immer, Weißzucker, Rohzucker oder Sirupe aus Zucker lagerte, die betreffenden Mengen bei den zuständigen italienischen Stellen anmelden, sofern sie 500 kg überstiegen.

    Jedoch implizierte die in solch allgemeiner Formulierung allen Zuckerbesitzern auferlegte Verpflichtung, ihre Bestände bei der nationalen Verwaltung anzumelden, keineswegs, daß sie auch die Werterhöhung zu zahlen haben würden. Auch wenn die Kommission, wie ich meine, auf Grund des Artikels 37 Absatz 2 der Grandverordnung befugt war, die Zahlung der Werterhöhung vorzuschreiben, die namentlich bei den übersteigerten Vorräten der industriellen Verwender eintrat, so hätte sie dies ausdrücklich und unzweideutig beschließen müssen.

    2.

    Außerdem darf die Bedeutung des Artikels 6 der Verordnung Nr. 834/74 meines Erachtens nur im Zusammenhang mit der Verordnungsbegründung gesehen werden, in der das Ziel dieses Artikels definiert ist Wie der achten Begründungserwägung zu entnehmen ist, bestand dieses Ziel darin, so vorzugehen, „daß jeglicher Anreiz zu einer übersteigerten Lagerung von Zucker vor dem 1. Juli 1974 entfällt“.

    Nachdem die Kommission so den Zweck der den zuständigen italienischen Stellen aufgetragenen Maßnahmen bestimmt hatte, überließ sie diesen die Aufgabe, für jede Gruppe von Marktteilnehmern und unter Berücksichtigung des Umfangs ihrer Unternehmen die Vorratsmenge festzusetzen, die in bezug auf die Anforderungen der normalen Unternehmenstätigkeit als übersteigert anzusehen war. Nach meiner Ansicht wäre sie besser beraten gewesen, wenn sie objektive Kriterien aufgestellt hätte, die dem Vorgehen der italienischen Regierung präzisere Grenzen gesetzt hätten.

    Die Verordnung Nr. 1495/74, der zufolge jeder, der, in welcher Eigenschaft auch immer, mehr als 500 kg Zucker lagerte, seine Bestände anzumelden hatte, entsprach sicher dem Erfordernis, eine möglichst vollständige und genaue Erhebung der Bestände bei den Herstellern, Händlern und industriellen Verwendern durchzuführen. Die Verordnung definiert aber ebensowenig wie die ursprüngliche Verordnung, was unter „übersteigerter Lagerung“ zu verstehen ist

    Kann man demnach die Auffassung vertreten, daß die Verordnung aufzuheben ist, weil sie diesen Begriff nicht definiert?

    Ich war versucht, die Frage im Wege der Auslegung zu klären und zu sagen, daß — um bei den industriellen Verwendern zu bleiben — die von ihnen eingelagerten Bestände nicht als übersteigert gelten konnten, soweit sie auf Mengen beschränkt blieben, die notwendig waren, um eine normale Betriebstätigkeit von höchstens vier Wochen für das einzelne Unternehmen zu gewährleisten.

    Bei dieser Konzeption wäre es Aufgabe der italienischen Regierung gewesen, das zu tun, was die französischen Behörden im Jahre 1970 taten, nämlich die Arbeitsbestände dieser Unternehmen von der Abgabe für die Werterhöhung auszunehmen.

    Nun stellt sich aber die in meinen Augen entscheidende Frage, ob nicht Artikel 6 in Anbetracht der allgemein formulierten Ermächtigung an die italienische Regierung deshalb ungültig ist, weil der Kommission weder nach dem Vertrag noch nach der Grundverordnung erlaubt ist, einen Mitgliedstaat zum Erlaß von Maßnahmen zu ermächtigen, die sie im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker selbst hätte treffen müssen.

    Ähnlich argumentierte der Kläger des Ausgangsverfahrens in der Rechtssache 30/70, Otto Scheer, um die Gültigkeit der nach dem Verwaltungsausschußverfahren festgelegten Verordnung Nr. 87/62 zu bestreiten. In dieser Verordnung überließ die Kommission den Mitgliedstaaten die Aufgabe, die Vorschriften über die Stellung, die Höhe und den Verfall der Kaution festzulegen, von der die Erteilung der Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen für Getreide abhängig war.

    Sie haben dieses Argument verworfen und entschieden, daß die Einschaltung der Mitgliedstaaten nur die Erfüllung der in Artikel 5 des Vertrages festgelegten allgemeinen Pflicht der Mitgliedstaaten war, alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen zu treffen, die sich aus Handlungen der Gemeinschaftsorgane ergeben, und ganz allgemein der Gemeinschaft die Erfüllung ihrer Aufgabe zu erleichtern.

    Sie haben diese Entscheidung aber auf Grund besonderer Umstände getroffen, die es in jenem Fall rechtfertigen konnten, den Mitgliedstaaten mit der genannten Verordnung eine weitreichende Befugnis zu übertragen. Sie haben ausgeführt, daß es angesichts des Versuchscharakters der ersten Agrarmarktorganisation und bei der Kürze der zwischen dem Inkrafttreten der Grundverordnung und der Durchführungsverordnung Nr. 87 verstrichenen Zeit im Interesse einer schnellen Verwirklichung der Marktorganisation zulässig war, den Mitgliedstaaten vorübergehend Aufgaben zu übertragen, die in einem fortgeschritteneren Entwicklungsstadium von den Gemeinschaftsorganen übernommen wurden.

    Aus diesen Gründen haben Sie in jenem Fall anerkannt, daß die Kommission die Mitgliedstaaten beauftragen durfte, Entscheidungen zu treffen, die ihr bei normalem Funktionieren einer gemeinsamen Marktorganisation selbst obliegen.

    Solche Argumente können aber in der vorliegenden Rechtssache nicht mit Erfolg vorgebracht werden.

    Hier geht es nicht um eine provisorische, sondern um eine endgültige und vollständige gemeinsame Marktorganisation, auch wenn die Grandverordnung einige Übergangsvorschriften enthält, die nur bis zum Wirtschaftsjahr 1974/75 anwendbar waren. Artikel 37 Absatz 2, im vorliegenden Fall Ermächtigungsgrundlage für die Befugnisse der Kommission, ist im übrigen Teil des Titels IV, der die allgemeinen Bestimmungen enthält Die Kommission — und nur sie — ist vom Rat ermächtigt worden, diese Bestimmungen durchzuführen.

    Eine Dringlichkeit der Maßnahme, die in der Rechtssache Scheer als Rechtfertigung für die Einschaltung der Mitgliedstaaten angesehen wurde, kann im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht werden. Der Rat hatte schon am 1. November 1973 beschlossen, daß die Erhöhung der Zuckerpreise in Italien infolge der Lira-Abwertung erst am 1. Juli 1974 wirksam werden sollte. Die Erhöhung der für das Wirtschaftsjahr 1974/75 geltenden Interventionspreise der Gemeinschaft wurde zwar erst im März bekanntgemacht, dies ist aber nur ein nebensächlicher Gesichtspunkt Die Kommission hatte sich auf jeden Fall schon vorher, bereits seit Anfang 1974, damit befaßt, eine übersteigerte Zuckerlagerang in Italien zu verhindern. Damals bereiteten nämlich ihre Dienststellen einen ersten Verordnungsentwurf vor.

    Durfte die Kommission bei einer solchen Sachlage letzten Endes eine Verantwortung, die ihr auferlegt war, auf die italienische Regierung abwälzen? Dies tat sie, indem sie sich damit begnügte, die italienische Regierung zu ermächtigen, „nationale Maßnahmen zur Verhinderung von Marktstörungen“ zu ergreifen, und darauf hinzuweisen, daß „diese Maßnahmen … insbesondere in einer Zahlung der Bestandswerterhöhungen an die Zuckerrübenerzeuger [bestehen]“.

    Damit hat sie eine Entscheidungsbefugnis, die ihr vom Rat erteilt worden war, an einen Mitgliedstaat weiterdelegiert. Eine solche Unterermächtigung ist in Artikel 37 Absatz 2 der Grundverordnung keineswegs vorgesehen. Sie findet meines Erachtens auch im Vertrag keine Rechtsgrundlage. Artikel 5 des Vertrages, der den Staaten aufgibt, die Verpflichtungen zu erfüllen, die sich aus den Handlungen der Organe ergeben, kann nicht dahin ausgelegt werden, daß er die Gemeinschaftsorgane auch beim Fehlen außergewöhnlicher Umstände ermächtigt, eine Aufgabe auf die Staaten abzuwälzen, die in ihre eigene Zuständigkeit fällt

    Hielte man schließlich die von der Kommission erteilte Unterermächtigung für zulässig, so verstieße dies gegen Ihre Rechtsprechung, der sich der Grundsatz entnehmen läßt, daß den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der gemeinsamen Marktorganisationen für landwirtschaftliche Erzeugnisse nur die Kompetenz verblieben ist, gewisse Einzelheiten der Durchführung der Gemeinschaftsverordnungen, denen sie weder etwas hinzufügen noch wegnehmen dürfen, festzulegen und diese Verordnungen durch einige spezifische Maßnahmen durchzuführen, wie zum Beispiel durch die Erhebung der Abschöpfungen, die Gewährung der Erstattungen und die Einziehung oder Zahlung von Ausgleichsbeträgen; sie können außerdem durch Sonderermächtigungen der Gemeinschaftsbehörden die Befugnis erteilt bekommen, verordnungsergänzende Maßnahmen zu treffen.

    Die Befugnisse, die Italien mit der Verordnung Nr. 834/74 eingeräumt wurden, gehen aber weit über diese Ermächtigungen hinaus. Sie kommen einer wirklichen „Blankovollmacht“ gleich.

    Ich gelange daher zu dem Schluß, daß die Kommission zwar die italienischen Behörden beauftragen durfte, die Durchführung der notwendigen Maßnahmen zur Verhinderung von Störungen zu gewährleisten, die eine übersteigerte Zukkerlagerung auf dem Markt hervorrufen konnte, sie selbst aber auf jeden Fall verpflichtet war, nicht nur den allgemeinen Zweck dieser Maßnahmen und das Prinzip der Zahlung der Bestandswerterhöhung an die Zuckerrübenerzeuger festzulegen, sondern ganz präzise auch die wesentlichen materiellen Vorschriften, die die italienische Regierung durchzuführen hatte: Sie hätte also die Gruppen von zahlungspflichtigen Marktteilnehmern aufzählen, für jede Gruppe die Bestände, die den normalen Betriebsbedarf überstiegen, definieren und schließlich die Bemessungsgrundlage für die Abgabe bestimmen müssen, wobei sie, wenn auch nicht den Abgabensatz, so doch wenigstens eindeutig hätte angeben müssen, auf welcher Grundlage die Werterhöhung zu berechnen war.

    Es ist aber offenkundig, daß die Kommission diese Verantwortung auf die italienischen Behörden abgewälzt hat

    Nun stehen wir vor folgender Alternative:

    Entweder (und dies ist meine Meinung) konnte im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation die Zahlung der Bestandswerterhöhung an die Zuckerrübenerzeuger nur durch eine Gemeinschaftsentscheidung zur Durchführung der Grundverordnung, die Artikel 37 Absatz 2 entsprach, vorgeschrieben werden. Dies bedeutet, daß die italienische Regierung nur ermächtigt werden konnte, diese Entscheidung auszuführen, daß sie aber nicht selbst die wesentlichen Normen aufstellen durfte.

    Oder Italien hatte ungeachtet der gemeinsamen Marktorganisation die autonome Befugnis behalten, rechtsetzende nationale Maßnahmen zu ergreifen, um die spekulative Zuckerlagerung zu verhüten oder zu bekämpfen. Der italienische Zuckermarkt ist aber integrierender Bestandteil des Gemeinschaftsmarktes, und mit einer solchen Auffassung würde in Abrede gestellt, daß die Regulierung dieses Marktes Aufgabe des Rates und der Kommission gemäß der in der Grundverordnung enthaltenen Kompetenzverteilung ist.

    Aus diesen Gründen schlage ich Ihnen vor, Artikel 6 der Verordnung Nr. 834/74 für ungültig zu erklären.

    Wenn Sie die dargelegte Ansicht teilen, brauchen Sie den größten Teil der von dem nationalen Gericht hilfsweise vorgetragenen Fragen nicht mehr zu beantworten. Doch ist eine Frage darunter, die wohl auf jeden Fall beantwortet werden muß. Sie lautet, inwieweit das decreto legge Nr. 255, wenn es aufgrund einer ungültigen Gemeinschaftsbestimmung erlassen worden ist, allein deshalb selbst rechtswidrig ist.

    Zunächst ist zu bemerken, daß dieses decreto legge gemäß dem Ratifizierungsverfahren der italienischen Verfassung dadurch Gesetzeskraft erlangte, daß es von der Abgeordnetenkammer und vom Senat der Italienischen Republik gebilligt wurde.

    Daher stünde hier nicht die Rechtswidrigkeit des decreto legge zur Debatte, sondern die Verfassungswidrigkeit des vom Parlament beschlossenen Gesetzes. Es wäre deshalb allein Aufgabe der Corte costituzionale, die obige Frage auf eine eventuelle Vorlage des nationalen Gerichts hin zu entscheiden.

    Schließlich muß ich noch kurz die vierte Frage beantworten. Sie betrifft die Gültigkeit der Verordnung Nr. 1495/74, die zwar die Verordnung Nr. 834/74 ergänzt, aber meines Erachtens von dieser losgelöst gesehen werden kann, da sie nur die Meldung der am 1. Juli 1974, ganz gleich, bei wem, vorhandenen Zuckerbestände vorschreibt Denn diese Pflicht der Zuckereinlagerer schloß — wie ich ausgeführt habe — nicht ohne weiteres die Verpflichtung zur Zahlung der Abgabe für die Werterhöhung ein, von der ich festgestellt habe, daß nur das Prinzip und die Verwendung ihres Ertrags von der Kommission bestimmt wurden.

    In Wirklichkeit handelte es sich bei dieser Verordnung um eine vorbereitende Maßnahme, die vom technischen Standpunkt aus unbedingt erforderlich war, um eine exakte Erhebung der Zuckermengen durchzuführen, die sich zu Beginn des neuen Wirtschaftsjahres und im Zeitpunkt der Erhöhung des Zuckerpreises im Besitz der Marktbürger befanden.

    Die italienische Regierung war nach meiner Meinung befugt, eine solche Erhebung selbst anzuordnen.

    Wir wissen aber, daß sich die Kommission entschloß, der italienischen Regier rung zuvorzukommen und sich unmittelbar einzuschalten, denn sie fürchtete, daß diese in der Krisenlage nicht imstande sein würde, eine solche Maßnahme noch rechtzeitig zu treffen.

    Das italienische Gericht stellt die Gültigkeit dieser Verordnung wegen mangelnder oder unzureichender Begründung in Frage.

    Erstens sehe ich aber nicht ein, weshalb die Bezugnahme auf die Verordnung Nr. 834/71 die Gültigkeit der Bestimmung über die Bestandsangabe, die eine notwendige Voraussetzung für jede Abgabenerhebung wegen einer Werterhöhung darstellt, berühren sollte.

    Zweitens ist die in der Verordnung erwähnte Notwendigkeit, „Italien zu erlauben, sehr schnell Durchführungsmaßnahmen zu ergreifen“, als Begründung überflüssig, vor allem wenn man berücksichtigt, daß die nationalen Stellen den Zukkereinlagerern von sich aus hätten aufgeben können, ihre Bestände anzumelden. Durch diese Begründung kann die von der Kommission erlassene Vorschrift nicht ungültig werden.

    Die Kommission habe schließlich nicht begründet, warum sie die meldepflichtige Mindestmenge auf 500 kg festsetzte.

    Auch dieser Umstand hat, so scheint mir, keinen Einfluß auf die Gültigkeit der Verordnung. Die Meldepflicht und die Verpflichtung zur Zahlung der Werterhöhung sind, wie gesagt, zwei verschiedene Dinge. Die Festsetzung der meldepflichtigen Mindestmenge auf 500 kg implizierte keineswegs, daß die Abgabe auf alle Bestände, die diese Menge überschritten, erhoben werden mußte. Aus der Verpflichtung zur Anmeldung der vorhandenen Vorräte allein konnte kein Schluß auf die Bemessungsgrundlage der Abgabe für die Werterhöhung, gezogen werden, die nach meiner Auffassung von der Kommission ausgehend vom Begriff der übersteigerten Lagerung hätte bestimmt werden müssen.

    Ich beantrage daher, daß Sie für Recht erkennen:

    Artikel 6 der Verordnung Nr. 834/74 der Kommission ist ungültig, soweit darin der Italienischen Republik die — durch Artikel 37 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1009/67 des Rates allein der Kommission übertragene — Befugnis erteilt werden sollte, die zur Verhinderung von Störungen auf dem Zuckermarkt infolge einer Veränderung des Preisniveaus beim Übergang von einem Zuckerwirtschaftsjahr zum anderen notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und dabei namentlich die Bemessungsgrundlage einer Abgabe für die Werterhöhung der auf dem italienischen Hoheitsgebiet gelagerten Zuckerbestände festzulegen, die Gruppen der abgabenpflichtigen Marktbürger zu definieren sowie die Kriterien aufzustellen, nach denen sich die Höhe der Abgabe bemißt


    ( 1 ) Aus dem Französischen übersetzt.

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