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Document 61996TO0160

    Auto del Tribunal de Primera Instancia (Sala Tercera) de 20 de enero de 1998.
    Max Kögler contra Tribunal de Justicia de las Comunidades Europeas.
    Funcionarios - Pensión - Coeficiente corrector - Cambio de capital de un Estado miembro - Retroactividad.
    Asunto T-160/96.

    Recopilación de Jurisprudencia – Función Pública 1998 I-A-00015; II-00035

    ECLI identifier: ECLI:EU:T:1998:4

    BESCHLUß DES GERICHTS (Drine Kammer)

    20. Januar 1998 ( *1 )

    „Beamte — Ruhegehalt — Berichtigungskoeffizient — Verlegung der Hauptstadt eines Mitgliedstaats — Rückwirkung“

    In der Rechtssache T-160/96

    Max Kögler, ehemaliger Beamter des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften, wohnhaft Bahnhofstraße 43c, Konz, Bundesrepublik Deutschland, Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Theo Baltes und Bernward Wittschier, Trier, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts René Weber, 3, rue de la Loge, Luxemburg,

    Kläger,

    gegen

    Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Timothy Millett, Rechtsberater für Verwaltungsangelegenheiten, und Bernd Zimmermann, Jurist-Überprüfer, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Dienstzimmer von Herrn Millett, Gerichtshof, Luxemburg-Kirchberg,

    Beklagter,

    unterstützt durch

    Rat der Europäischen Union, vertreten durch Diego Canga Fano und Martin Bauer, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Alessandro Morbilli, Generaldirektor der Direktion für Rechtsfragen der Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg,

    Streithelfer,

    wegen der Anträge, den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Gerichtshofes vom 1. Juli 1996 aufzuheben, das Ruhegehalt des Klägers für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1994 auf der Grundlage der vom Rat jährlich für Berlin festgesetzten Berichtigungskoeffizienten neu zu berechnen und endgültig festzusetzen und hilfsweise einen nahen Zeitpunkt zu benennen, zu dem diese Berechnung und Festsetzung geschehen werden,

    erläßt

    DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

    unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tiili sowie der Richter C. P. Briet und A. Potocki,

    Kanzler: H. Jung

    folgenden

    Beschluß

    Rechtslage und Sachverhalt

    1

    Der Kläger ist ein früherer Direktor des Sprachendienstes des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften. Er befindet sich seit 1. Dezember 1987 im Ruhestand. Als Ruhestandsbeamter wohnte er stets in Konz, Bundesrepublik Deutschland.

    2

    Gemäß Artikel 82 Absatz 1 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (Statut) unterliegen die Versorgungsbezüge der Ruhestandsbeamten einem Berichtigungskoeffizienten, der für das Land festgesetzt wird, in dem der Versorgungsberechtigte nachweislich seinen Wohnsitz hat.

    3

    In der Folge der deutschen Vereinigung wurde Berlin im Oktober 1990 die Hauptstadt Deutschlands.

    4

    Nach den Urteilen des Gerichts vom 27. Oktober 1994 in den Rechtssachen T-536/96 (Benzler/Kommission, Slg. ÖD 1994, II-777) und T-64/92 (Chavane de Dalmassy u. a./Kommission, Slg. ÖD 1994, II-723) verstoßen Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EGKS, EWG. Euratom) Nr. 3834/91 des Rates vom 19. Dezember 1991 zur Angleichung — mit Wirkung vom 1. Juli 1991 — der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Benchtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind (ABl. L 361, S. 13), und Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EWG, Euratom. EGKS) Nr. 3761/92 des Rates vom 21. Dezember 1992 zur Angleichung - mit Wirkung vom 1. Juli 1992 - der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind (ABl. L 383, S. 1) insoweit gegen den Grundsatz in Anhang XI des Statuts, daß der Berichtigungskoeffizient für jeden Mitgliedstaat anhand der Lebenshaltungskosten in dessen Hauptstadt festzusetzen ist, als sie für Deutschland einen vorläufigen Berichtigungskoeffizienten auf der Grundlage der Lebenshaltungskosten für Bonn festsetzten, obwohl seit 3. Oktober 1990 Berlin die deutsche Hauptstadt ist. Das Gericht hat demgemäß die Gehaltsbzw, die Ruhegehaltsabrechnung der damaligen Kläger, die auf der Grundlage der genannten Verordnungen erstellt worden waren, aufgehoben.

    5

    Es ist unstreitig, daß die Berichtigungskoeffizienten, die in Fußnoten zu den genannten Verordnungen als „vorläufige Zahl“ bezeichnet wurden oder von denen es hieß, sie würden „unbeschadet der Beschlüsse [angewandt], die der Rat aufgrund des Vorschlags der Kommission ... zu fassen hat“, später nicht geändert wurden.

    6

    Im Anschluß an die genannten Urteile fanden beim Rat Besprechungen über die Maßnahmen statt, die sich aus ihnen ergäben. Der Rat hat daraufhin am 19. Dezember 1994 die Verordnung (EGKS, EG, Euratom) Nr. 3161/94 zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind, mit Wirkung vom Juli 1994 (ABl. L 335, S. 1) erlassen. Nach Artikel 6 Absatz 1 dieser Verordnung werden mit Wirkung vom 1. Juli 1994 für Deutschland erstmals ein allgemeiner Berichtigungskoeffizient auf der Grundlage von Berlin sowie besondere Berichtigungskoeffizienten für Bonn, Karlsruhe und München festgesetzt.

    7

    Auch mit der Verordnung (EG, Euratom, EGKS) Nr. 2963/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind (ABl. L 310, S. 1), wurde der allgemeine Berichtigungskoeffizient für Deutschland mit Rückwirkung ab 1. Juli 1995 auf der Grundlage der Lebenshaltungskosten von Berlin festgesetzt.

    8

    Der Kläger ist der Meinung, der Gerichtshof hätte für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1994 auf seine Ruhegehaltsabrechnungen Berichtigungskoeffizienten anwenden müssen, die auf die Lebenshaltungskosten von Berlin, nicht auf diejenigen von Bonn gestützt waren. Er hat mit Schreiben vom 29. Januar 1996 gemäß Artikel 90 Absatz 1 des Statuts einen entsprechenden Antrag auf rückwirkende Neufestsetzung seines Ruhegehalts eingereicht.

    9

    Diesen Antrag hat der Kanzler des Gerichtshofes als Anstellungsbehörde am 12. März 1996 abgelehnt.

    10

    Am 10. Mai 1996 hat der Kläger beim Beschwerdeausschuß des Gerichtshofes eine gleichgerichtete Beschwerde eingereicht, wobei er noch den Antrag hinzufügte, einen nahen Zeitpunkt zu nennen, zu dem die gewünschte Neuberechnung geschehen werde.

    11

    Diese Beschwerde wurde am 1. Juli 1996 mit der Begründung zurückgewiesen, sie sei verspätet und daher unzulässig. Die „beschwerenden Maßnahmen“ im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 des Statuts seien im vorliegenden Fall die jeweiligen Ruhegehaltsabrechnungen. Die dienstrechtlichen Anfechtungsfristen seien verstrichen.

    Verfahren

    12

    Der Kläger hat mit Schriftsatz, der am 16. Oktober 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht wurde, die vorliegende Klage erhoben.

    13

    Der Rat der Europäischen Gemeinschaften hat mit Schriftsatz, der am 24. Januar 1997 beim Gericht eingegangen ist, beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Beklagten zugelassen zu werden.

    14

    Der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts hat den Rat mit Beschluß vom 22. April 1997 als Streithelfer zugelassen.

    Aliträge der Parteien

    15

    Der Kläger beantragt,

    1.

    den Bescheid des Beschwerdeausschusses vom 1. Juli 1996 aufzuheben;

    2.

    das Ruhegehalt des Klägers für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1994 auf der Grundlage der vom Rat jährlich für Berlin festgesetzten Berichtigungskoeffizienten neu zu berechnen und endgültig festzusetzen;

    3.

    hilfsweise: einen nahen Zeitpunkt zu benennen, zu dem diese Berechnungen und Festsetzungen geschehen werden;

    4.

    die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen.

    16

    Der Gerichtshof beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    dem Kläger dessen eigene Kosten aufzuerlegen.

    17

    Der Rat unterstützt die Anträge des Gerichtshofes.

    Zulässigkeit

    Parteivorbringen

    18

    Der Gerichtshof macht geltend, da die Beschwerde des Klägers verspätet und deshalb unzulässig sei, sei auch die Klage unzulässig.

    19

    Zunächst seien die monatlichen Ruhegehaltsabrechnungen des Klägers für die fragliche Zeit die beschwerenden Maßnahmen im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 des Statuts. Der Kläger hätte also diese Abrechnungen anfechten müssen. Artikel 90 Absatz 2 sehe eine Frist von drei Monaten für die Einreichung einer solchen Beschwerde vor, die am Tag der Mitteilung der beschwerenden Entscheidung an den Empfänger zu laufen beginne.

    20

    Dann habe das Gericht im Urteil Benzler/Kommission (Randnr. 18) ausgeführt, auch wenn die Berichtigungskoeffizienten in den zur fraglichen Zeit anwendbaren Verordnungen vorläufig festgesetzt worden seien, habe die Kommission diese Abrechnungen solange nicht abändern können, wie der Rat keine Änderungsverordnung erlassen habe.

    21

    Daß der Rat die Berichtigungskoeffizienten in den Fußnoten zu den Verordnungen Nrn. 3834/91 und 3761/92 als „vorläufig“ gekennzeichnet habe, habe nur zur Folge gehabt, daß er sie mit einem späteren Rechtsakt hätte ändern können.

    22

    Schließlich habe der Antrag nach Artikel 90 Absatz 1 des Statuts und der Umstand, daß die Anstellungsbehörde des Gerichtshofes darauf geantwortet habe, keine neue Beschwerdefrist eröffnet. Der Kläger könne sich auf diese Weise keine neue Beschwerdefrist verschaffen.

    23

    Der Kläger bestreitet, daß er die monatlichen Ruhegehaltsabrechnungen hätte anfechten müssen. Zunächst habe sich der Rat in der Folge des Urteils Benzler/Kommission verbindlich verpflichtet, die in den Verordnungen Nrn. 3834/91 und 3761/92 sowie in späteren Verordnungen als „vorläufig“ gekennzeichneten Berichtigungskoeffizienten endgültig festzusetzen.

    24

    Die Gehaltsabrechnungen seien vorläufig gewesen. Die genannten Verordnungen stellten klar, daß die für Deutschland auf der Grundlage von Bonn festgesetzten Berichtigungskoeffizienten „vorläufige Zahlen“ seien. Die von dieser vorläufigen Regelung Betroffenen hätten darauf vertrauen dürfen, daß der Rat mit seinem Vorgehen ihr unbestreitbares Recht auf endgültige Festsetzung ihrer Versorgungsbezüge nicht verkürzen wolle. Daß diese Ziffern vorläufig gewesen seien, ergebe sich auch aus den Antworten des Rates auf die Fragen des Gerichts in der Rechtssache Benzler/Kommission.

    25

    Im Laufe des Jahres 1995 habe der Kläger erkannt, daß der Rat anscheinend keine Regelung für die Zeit vor dem 1. Juli 1994 treffen wolle. Damit habe der Rat das Recht der von den vorläufigen Berichtigungskoeffizienten Betroffenen auf endgültige Festsetzung und Berechnung ihrer Versorgungsbezüge verletzt. Daraufhin habe der Kläger unverzüglich einen Antrag nach Artikel 90 des Statuts bei der Anstellungsbehörde eingereicht.

    26

    Von ihm habe nicht verlangt werden können, bereits früher gegen die Ruhegehaltsabrechnungen vorzugehen. Ein solches Verlangen widerspräche den Grandsätzen des Vertrauensschutzes, von Treu und Glauben und der Rechtssicherheit.

    27

    Der Beschwerdeausschuß habe zudem verkannt, daß der Kläger keine Handlung der Anstellungsbehörde, sondern vielmehr ein Unterlassen angreife. Dieses Unterlassen bestehe darin, daß die Ruhegehaltsabrechnungen des Klägers für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1994 in Ermangelung einer endgültigen Festsetzung der Berichtigungskoeffzienten immer noch nicht endgültig seien.

    28

    Der Beklagte meine, die Erhebung einer Untätigkeitsklage auf endgültige Festsetzung der Versorgungsbezüge für die fragliche Zeit stoße sich an Randnummer 18 des Urteils Benzler/Kommission. Dieses Urteil äußere sich aber nicht zur Zulässigkeit einer Klage, die sich gegen die Rechtsunsicherheit wende, die von vorläufigen Ruhegehaltsabrechnungen ausgehe.

    29

    Beschwerde wie Klage seien damit zulässig.

    Rechtliche Würdigung

    30

    Nach Artikel 111 der Verfahrensordnung des Gerichts kann dieses ohne Fortsetzung des Verfalirens durch Beschluß entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist, wenn es für eine Klage offensichtlich unzuständig oder wenn eine Klage offensichtlich unzulässig ist.

    31

    Im vorliegenden Fall erlaubt die Aktenlage eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf die Form- und Fristvorschriften der Artikel 90 und 91 des Statuts, ohne daß es einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

    32

    Zuerst sind zwei Argumente des Klägers zu erörtern, mit denen er sich gegen die vom Gerichtshof erhobene Einrede der Unzulässigkeit wendet.

    33

    Zunächst macht der Kläger geltend, der Rat habe sich „verbindlich verpflichtet“, die in den Fußnoten der Verordnungen Nrn. 3834/91 und 3761/92 sowie späterer Verordnungen als „vorläufig“ gekennzeichneten Berichtigungskoeffizienten endgültig festzusetzen; daher verstieße es gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, von ihm zu verlangen, die Ruhegehaltsabrechnungen bereits früher angefochten zu haben. Weiter sei der Beschwerdeausschuß in seinem Bescheid zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Kläger eine Handlung, nicht aber ein Unterlassen der Anstellungsbehörde angefochten habe.

    34

    Zunächst kann sich auf Vertrauensschutz nach ständiger Rechtsprechung jeder berufen, bei dem die Verwaltung der Gemeinschaft begründete Erwartungen geweckt hat. Hingegen kann ein Beamter einen Verstoß gegen diesen Grundsatz nicht geltend machen, wenn die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat (Urteile des Gerichts vom 27. Februar 1996 in der Rechtssache T-235/94, Galtieri/Parlament, Slg. ÖD 1996, II-129, Randnr. 63, und vom 5. Februar 1997 in der Rechtssache T-207/95, Ibarra Gil/Kommission, Slg. ÖD 1997, II-31, Randnr. 25).

    35

    Im vorliegenden Fall hat sich der Rat in den fraglichen Fußnoten nur die Möglichkeit offengehalten, die Berichtigungskoeffizienten abzuändern, sich hierzu aber nicht verpflichtet. Das ergibt sich aus dem Wort „unbeschadet“ in der Wendung „unbeschadet der Beschlüsse, die der Rat aufgrund des Vorschlags der Kommission vom 10. September 1991 zu fassen hat“ (SEC [91] 1612 endg.). Diese Unverbindlichkeit entspricht im übrigen auch den förmlichen Erörterungen im Rahmen der Ratsdienststellen in den Jahren 1994 und 1995 darüber, ob eine rückwirkende Anpassung des Berichtigungskoeffizienten angebracht sei.

    36

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Antworten des Rates auf Fragen des Gerichts in den Rechtssachen Benzler/Kommission (Randnr. 25) und Chavane de Dalmassy/Kommission (Randnr. 37). Der Teil dieser Antworten, auf den sich der Kläger bezieht, stellt freilich klar, daß der Rat die Berichtigungskoeffizienten für Deutschland vorläufig festgesetzt hatte, wobei die endgültigen Berichtigungskoeffizienten rückwirkend festgesetzt würden. Dieser Satzteil ist jedoch im Zusammenhang zu lesen. In den anderen Abschnitten des Schreibens des Rates in diesen Rechtssachen heißt es, es bestünden erhebliche Vorbehalte gegen den Vorschlag der Kommission, Folgen aus der Verlegung der deutschen Hauptstadt zu ziehen. Weiter unten heißt es, der Rat habe die Kommission aufgefordert, ihm eine eingehende Untersuchung über die statistischen, wirtschaftlichen, konkreten und rechtlichen Aspekte zu liefern, die dem Vorschlag zugrunde lägen, der mittlerweile auf dem Tisch des Rates bleibe.

    37

    Dieser Antwort des Rates, die in den genannten Urteilen ungekürzt wiedergegeben ist, konnte der Kläger im Zusammenhang nicht entnehmen, daß der Rat auf seine Ruhegehaltsabrechnungen ab 1990 mit Sicherheit den Berichtigungskoeffizienten „Berlin“ anwenden werde. Allenfalls konnte er annehmen, daß der Rat diese Möglichkeit ins Auge gefaßt hatte.

    38

    Damit hane der Rat beim Kläger keine „begründeten Erwartungen“ geweckt und ihm auch keine „bestimmten Zusicherungen“ gegeben, wie es nach der Rechtsprechung erforderlich ist. Mit seinem Vorbringen, der Rat habe bei ihm ein „geschütztes Vertrauen“ darauf hervorgerufen, daß die dienstrechtlichen Fristen keine Anwendung fänden, kann der Kläger somit nicht gehört werden.

    39

    Der Kläger bringt sodann vor, seine Klage richte sich gegen ein Unterlassen der Anstellungsbeliörde des Gerichtshofes. Die monatlichen Ruhegehaltsabrechnungen, die dem Kläger vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1994 zugingen, stellen offensichtlich insoweit beschwerende Maßnahmen dar, als sie jeweils sein Ruhegehalt festsetzen (Urteile des Gerichtshofes vom 27. Oktober 1981 in den Rechtssachen 783/79 und 786/79, Venus und Obert/Kommission, Slg. 1981, 2445, Randnr. 25, und des Gerichts vom 27. Oktober 1994 in der Rechtssache Benzler/Kommission, Randnrn. 15 bis 19). Da diese Abrechnungen dem Kläger einzeln bekanntgegeben wurden, hätte dieser jeweils binnen der Dreimonatsfrist des Artikels 90 des Statuts Beschwerde erheben müssen. Der Kläger hat seine Beschwerde jedoch am 10. Mai 1996 und damit fast zwei Jahre nach Ablauf der Frist eingereicht, die ab Zugang der letzten Abrechnung vom Juni 1994 lief. Wegen der verspäteten Erhebung dieser Beschwerde ist die Klage unzulässig.

    40

    Nach ständiger Rechtsprechung dient die Beschwerdefrist des Artikels 90 des Statuts im übrigen der Rechtssicherheit. Sie ist damit zwingenden Rechts; weder die Parteien noch der Richter können über sie verfügen. Daß ein Organ eine verspätete und damit unzulässige Beschwerde sachlich bescheidet, erlaubt daher keine Ausnahme von der zwingenden Fristenregelung der Artikel 90 und 91 des Statuts (Urteil des Gerichts vom 18. März 1997 in der Rechtssache T-35/96, Rasmussen/Kommission, Slg. ÖD 1997, II-187, Randnrn. 29 und 30). Daß die Anstellungsbeliörde des Gerichtshofes auf den Antrag des Klägers am 29. Januar 1996 geantwortet hat, ist somit für die Zulässigkeit der Klage unerheblich.

    41

    Im übrigen kann sich ein Beamter keine neuen Fristen verschaffen, indem er bei der Anstellungsbehörde einen Antrag nach Artikel 90 Absatz 1 des Statuts einreicht (Urteil des Gerichtshofes vom 4. Februar 1987 in der Rechtssache 302/85, Pressler-Hoeft/Rechnungshof, Slg. 1987, 513, Randnr. 5). Namentlich kann ein Beamter, der in den Fristen der Artikel 90 und 91 des Statuts keine Anfechtungsklage gegen eine beschwerende Maßnahme erhoben hat, dieses Unterlassen nicht dadurch heilen und sich damit neue Klagefristen verschaffen, daß er eine Klage auf Ersatz des durch diese Maßnahme verursachten Schadens erhebt (Urteil des Gerichts vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache T-547/93, Lopes/Gerichtshof, Slg. ÖD 1996, II-185, Randnr. 60). Ein solches Vorgehen ist nur dann zulässig, wenn ein neuer Umstand vorliegt, der zu einer neuen Prüfung der Sachlage Anlaß gibt, der aber im vorliegenden Fall weder behauptet noch dargetan ist (Urteil Pressler-Hoeft/Rechnungshof, Randnr. 6).

    42

    Mit der vorliegenden Klage, die angeblich auf ein Unterlassen des Rates gestützt ist, sollen die Fristen der Artikel 90 und 91 des Statuts umgangen werden; sie zielt nämlich zum einen auf die Aufhebung eines Bescheids des Beschwerdeausschusses ab, der nur eine bereits gegebene Unzulässigkeit festhält, und zum anderen mit einer Art Schadensersatzantrag auf Zahlung eines zusätzlichen Betrages, den der Kläger erhalten hätte, wenn der Berichtigungskoeffizient „Berlin“ seit 1991 auf ihn angewandt worden wäre.

    43

    Aus all diesen Granden ist die vorliegende Klage offensichtlich unzulässig.

    Kosten

    44

    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag in die Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 88 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten der Gemeinschaften mit deren Bediensteten ihre Kosten selbst.

    45

    Nach Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung tragen Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

    46

    Daher hat jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen.

     

    Aus diesen Gründen

    hat

    DAS GERICHT (Dritte Kammer)

    beschlossen:

     

    1.

    Die Klage wird als offenkundig unzulässig abgewiesen.

     

    2.

    Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

     

    Luxemburg, den 20. Januar 1998

    Der Kanzler

    H. Jung

    Die Präsidentin

    V. Tiili


    ( *1 ) Verfahrenssprache Deutsch

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