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Document 52014XX0917(03)

Abschlussbericht des Anhörungsbeauftragten — Energiekabel (AT.39610)

ABl. C 319 vom 17.9.2014, p. 5–9 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

17.9.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 319/5


Abschlussbericht des Anhörungsbeauftragten (1)

Energiekabel

(AT.39610)

2014/C 319/05

I.   EINLEITUNG

1.

Gegenstand der Sache ist ein nahezu weltweit operierendes Kartell auf den Märkten für Energiekabel (Unterwasserkabel und Erdkabel), an dem die folgenden Unternehmen beteiligt waren: Nexans (2), Prysmian und seine früheren Muttergesellschaften Pirelli und Goldman Sachs (3), JPS sowie Hitachi und Sumitomo als Muttergesellschaften dieses Gemeinschaftsunternehmens (4), Viscas sowie Furukawa und Fujikura als Muttergesellschaften dieses Gemeinschaftsunternehmens (5), ABB (6), Brugg (7), Silec sowie seine gegenwärtige Muttergesellschaft General Cable und deren Rechtsvorgängerin und frühere Muttergesellschaft Safran (8), EXSYM sowie Showa und Mitsubishi als Muttergesellschaften dieses Gemeinschaftsunternehmens (9), LS Cable (10), Taihan (11) und NKT (12) (gemeinsam „Adressaten dieses Beschlusses“).

II.   VERFAHREN

1.   Untersuchung

2.

Die Untersuchung wurde auf der Grundlage eines Antrags auf Geldbußenerlass eingeleitet, den ABB am 17. Oktober 2008 nach Maßgabe der Kronzeugenregelung gestellt hatte (13). ABB wurde am 22. Dezember 2008 ein bedingter Erlass der Geldbuße gewährt. Vom 28. Januar bis zum 3. Februar 2009 hat die Kommission unangekündigte Nachprüfungen bei Nexans und Prysmian durchgeführt. Am 2. Februar 2009 und am 20. April 2009 beantragten JPS (gemeinsam mit seinen Muttergesellschaften Sumitomo und Hitachi) und Mitsubishi eine Ermäßigung der Geldbußen nach der Kronzeugenregelung. Am 29. Juni 2011 unterrichtete die Kommission Mitsubishi über ihre vorläufige Feststellung, dass das von Mitsubishi vorgelegte Beweismaterial gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln keinen erheblichen Mehrwert darstellt.

3.

Prysmian und Nexans beantragten beim Gericht die Aufhebung der Nachprüfungsbeschlüsse der Kommission. In Urteilen vom 14. November 2012 (14) vertrat das Gericht die Auffassung, dass die Kommission bei Erlass der Nachprüfungsbeschlüsse angemessene Gründe für die Anordnung von Nachprüfungen nur im Zusammenhang mit HS-Unterwasserkabeln und -Erdkabeln hatte. Daher hob das Gericht im Fall von Nexans und Prysmian die Nachprüfungsbeschlüsse in dem Umfang auf, in dem sich diese Beschlüsse auf nicht als HS-Unterwasserkabel und -Erdkabel zu betrachtende Stromkabel und das entsprechende Material bezogen. Am 15. März 2013 legte Nexans Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts ein (Rechtssache T-135/09) (15). Bei Erstellung dieses Berichts war das Verfahren noch anhängig.

2.   Mitteilung der Beschwerdepunkte

4.

Am 30. Juni 2011 erließ die Kommission die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die an die Adressaten dieses Beschlusses sowie an eine weitere Partei (gemeinsam „Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte“) gerichtet war.

5.

Die Kommission legte den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Last, dass sie sich im Zeitraum vom 18. Februar 1999 bis zum 28. Januar 2009 an Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt hätten, um Märkte und Kunden untereinander aufzuteilen und bei Projekten in Verbindung mit Unterwasser- und Erdkabeln Preise oberhalb des Niveaus aufrechtzuerhalten, das bei funktionierendem Wettbewerb bestanden hätte. Den vorläufigen Feststellungen der Kommission zufolge vereinbarten europäische und asiatische Hersteller, in den jeweiligen Heimatmärkten nicht miteinander zu konkurrieren; außerdem kamen die europäischen Hersteller überein, bei Projekten innerhalb des EWR Territorien und Kunden untereinander aufzuteilen. Dieses Verhalten wurde als komplexe einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 AEUV und Artikel 53 EWR-Abkommen bewertet.

3.   Einsicht in die Kommissionsakte/Vertraulichkeit

6.

Im Juli 2011 wurde den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte Einsicht in die Kommissionsakte auf einer DVD gewährt (16); in den Räumlichkeiten der Generaldirektion Wettbewerb („GD Wettbewerb“) wurde den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte Einsicht in die Erklärungen der Unternehmen gewährt, die einen Antrag auf Erlass bzw. Ermäßigung der Geldbuße gestellt hatten.

a)   Anträge auf ergänzende Einsicht in die Kommissionsakte

7.

Die GD Wettbewerb hat Anträge von LS Cable, Goldman Sachs, Nexans und nkt auf ergänzende Einsicht in die Komissionsakte geprüft.

8.

Bei mir sind drei Anträge auf ergänzende Akteneinsicht von Goldman Sachs eingegangen, die die GD Wettbewerb zurückgewiesen hatte. Diese Anträge betrafen Teile der Antwort von Prysmian auf ein Auskunftsverlangen der Kommission vom 20. Oktober 2009 sowie gewisse als Anhang beigefügte Dokumente. Zwei dieser Anträge habe ich in vollem Umfang und einem Antrag teilweise stattgegeben. Aufgrund der Stattgabe eines Antrags habe ich einen Beschluss nach Artikel 8 des Beschlusses 2011/695/EU gefasst und angeordnet, die Antwort von Prysmian auf eine Frage des Auskunftsverlangens vom 20. Oktober 2009 gegenüber Goldman Sachs offenzulegen.

b)   Von der spanischen Wettbewerbsbehörde übermittelte Dokumente

9.

Im Oktober 2011 ist bei mir ein Antrag eingegangen, in dem Nexans u. a. Einsicht in Dokumente beantragte, die die Kommission nach einer Nachprüfung der spanischen Wettbewerbsbehörde („CNC“) im Energiekabelsektor in Spanien von der CNC erhalten hatte. Nexans lag ein Beschluss der CNC vor, mit dem Nexans darüber unterrichtet wurde, dass die beschlagnahmten Dokumente an die Kommission weitergegeben worden waren. Die entsprechenden Dokumente hatte Nexans in der Kommissionsakte nicht gefunden und argumentierte daher, dass die Akte unvollständig sei. Die GD Wettbewerb lehnte den Antrag von Nexans mit der Begründung ab, dass die von der CNC erhaltenen Dokumente (die „spanischen Dokumente“) nicht Bestandteil der Kommissionsakte waren, da sie keine Informationen enthielten, die für die Untersuchung in der Sache AT.39610 relevant waren.

10.

Ich war jedoch der Auffassung, dass die spanischen Dokumente durchaus Bestandteil der Kommissionsakte in der Sache AT.39610 sind und dass den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte daher Einsicht in diese Dokumente zu gewähren war. Nach Nummer 8 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten (17) besteht die Akte der Kommission aus sämtlichen Schriftstücken bzw. Dokumenten, die „von der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission während des Verfahrens erhalten, erstellt oder zusammengestellt wurden“. Die Kommission hat die spanischen Dokumente aufgrund eines an die CNC gerichteten Ersuchens nach Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (18) im Zusammenhang mit der Untersuchung in der Sache AT.39610 erhalten.

11.

Die GD Wettbewerb hat angesichts des beträchtlichen Umfangs dieser Dokumente beschlossen, das Material zunächst in einer nicht geschwärzten Fassung an die externen Rechtsanwälte der Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte weiterzugeben, damit diese dann die maßgeblichen Beweismittel zur Verteidigung ihrer Mandanten auswählen könnten. Anschließend sollten die nicht vertraulichen Fassungen der ausgewählten Dokumente den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt werden. Das Verfahren der „nur an die externen Rechtsanwälte“ erfolgenden Übermittlung dauerte von November 2011 bis Januar 2012; ausgewählt wurden mehr als 1 300 Dokumente. Im Februar 2012 erhielten die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht vertrauliche Fassungen der ausgewählten Dokumente. Auf der Grundlage dieser Dokumente übermittelten die Adressaten zwischen Februar und April 2012 schriftliche Stellungnahmen.

12.

Einige Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte haben Anträge auf ergänzende Einsicht in die spanischen Dokumente gestellt. Die GD Wettbewerb hat fast all diesen Anträgen entsprochen. Ich habe einen Antrag von Prysmian erhalten, dem ich teilweise stattgegeben habe.

13.

Im Juli 2012 wurden die externen Rechtsanwälte, denen Einsicht in die nicht geschwärzten Fassungen der spanischen Dokumente gewährt worden war, aufgefordert, diese Dokumente einschließlich jeglicher Kopien oder Abschriften entweder zu vernichten oder der Kommission zurückzugeben. Außerdem wurde diesen Rechtsanwälten mitgeteilt, dass die Dokumente in der Kommissionsakte belassen würden und dass sie später erneut Einsicht in die Dokumente beantragen könnten, wenn sie dies zur Wahrnehmung der Verteidigungsrechte ihrer Mandanten für gerechtfertigt hielten.

c)   Einsicht in Erwiderungen anderer Parteien auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vor der mündlichen Anhörung

14.

Auf Antrag gewährte die GD Wettbewerb bestimmten Muttergesellschaften, Tochtergesellschaften und den Muttergesellschaften von Gemeinschaftsunternehmen im Zusammenhang mit der Frage der Haftung von Muttergesellschaften Einsicht in Teile der Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte der jeweils anderen Parteien (Prysmian und Pirelli, Prysmian und Goldman Sachs, Mitsubishi und Showa/EXSYM) (19). Außerdem wurde den betreffenden Parteien Gelegenheit zur Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen eingeräumt.

15.

In diesem Zusammenhang erhielt ich einen Antrag von Goldman Sachs auf Einsicht in drei Anhänge der Erwiderung von Prysmian auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte mit den Protokollen der Vorstandssitzungen von Prysmian. Nach Überprüfung der Inhalte bin ich zu dem Ergebnis gelangt, dass zwei der Anhänge für Goldman Sachs möglicherweise entlastende Passagen enthalten. Um jedoch sicherzustellen, dass die potenziell entlastenden Passagen im richtigen Zusammenhang gelesen werden, habe ich entschieden, dass Goldman Sachs in vollem Umfang Einsicht in die beiden Anhänge zu gewähren ist; gleichzeitig erhielt die Kommission so die Möglichkeit, diese Anhänge möglicherweise in ihrem Beschluss zu berücksichtigen. Da Prysmian Einwände erhob, fasste ich vor diesem Hintergrund einen Beschluss nach Artikel 8 des Beschlusses 2011/695/EU über die Offenlegung der Dokumente gegenüber Goldman Sachs.

16.

Außerdem erhielt ich Anträge von Nexans und nkt auf Offenlegung entlastenden Beweismaterials in den Erwiderungen anderer Adressaten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. Nachdem ich den Sachverhalt mit der GD Wettbewerb erörtert hatte, legte die GD Wettbewerb am 16. Mai und am 1. Juni 2012 gegenüber den Antragstellern potenziell entlastendes Beweismaterial aus den Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte von ABB, JPS/Sumitomo/Hitachi, LS Cable, EXSYM und Viscas offen. Mit Schreiben vom 1. Juni 2012 unterrichtete die GD Wettbewerb die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte außerdem über gewisse inhaltliche Ungenauigkeiten der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die GD Wettbewerb nach einer Überprüfung der Erwiderungen festgestellt hatte; damit entfiel die Notwendigkeit, Einsicht in die Passagen zu gewähren, in denen auf die betreffenden Ungenauigkeiten hingewiesen wurde. Den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte wurde Gelegenheit zur Stellungnahme — entweder mündlich in der Anhörung oder schriftlich im Anschluss an die Anhörung — eingeräumt.

4.   Fristen für die Übermittlung von Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte

17.

Die Kommission setzte eine Frist von zehn Wochen für die Übermittlung von Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte; diese Frist lief im September 2011 aus. Fast alle Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte beantragten eine Verlängerung dieser Frist. Im Einklang mit Artikel 10 des damals maßgeblichen Beschlusses 2001/462/EG, EGKS (20) habe ich diese Anträge umgehend geprüft.

18.

In Anbetracht der durch die Sommermonate bedingten Verzögerungen bei der Ausarbeitung der Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte habe ich eine Verlängerung um drei Wochen gewährt. Die Einräumung einer Fristverlängerung ist üblich, wenn der Monat August vollständig oder teilweise in die Frist für die Übermittlung von Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte fällt (21).

19.

Ich habe einigen asiatischen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte eine zusätzliche Verlängerung um eine Woche gewährt, da diese Adressaten für ihre Verteidigung wesentliche Dokumente übersetzen lassen und für die Kommunikation mit ihren externen Rechtsanwälten Dolmetscher hinzuziehen mussten. Außerdem habe ich Verlängerungen aus folgenden Gründen gewährt: um einem Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte nach dem Austausch seines IT-Systems die Wiederherstellung und Durchsuchung historischer Daten zu ermöglichen; um einem Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Bewältigung der Schwierigkeiten, verursacht durch den Weggang des bisher mit der Sache befassten internen Rechtsberaters, zu ermöglichen; um die Verzögerungen zu berücksichtigen, denen einige Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausgesetzt waren, da die DVD mit der Kommissionsakte infolge technischer Probleme ersetzt werden musste (22).

20.

Infolge meiner Beschlüsse liefen die Fristen für die Übermittlung von Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zwischen Ende September 2011 und Mitte November 2011 aus.

21.

Wie bereits erläutert (23), wurde den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte im Februar und im März 2012 die Gelegenheit eingeräumt, auf der Grundlage ihrer Einsichtnahme in die spanischen Dokumente weitere schriftliche Stellungnahmen zur Ergänzung oder Modifizierung ihrer ersten Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte einzureichen.

22.

Einige Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte beantragten eine Verlängerung der Frist für die Übermittlung von Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Abschluss ihrer Überprüfung der spanischen Dokumente (24). Diese Anträge habe ich aus mehreren Gründen abgelehnt. Erstens hatten einige Adressaten ihre Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bereits übermittelt, als sie diese Anträge stellten, und die Gewährung einer Fristverlängerung für die Adressaten, die ihre Erwiderungen noch nicht eingereicht hatten, hätte Probleme im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung aufgeworfen. Zweitens hatte Nexans mich innerhalb der Frist für die Übermittlung der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erst spät auf die spanischen Dokumente hingewiesen (25). Drittens wurden die Verteidigungsrechte in vollem Umfang gewahrt, denn den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte war, nachdem sie Einsicht in die spanischen Dokumente genommen hatten, Gelegenheit zur Übermittlung ergänzender Stellungnahmen und zur Modifikation ihrer ersten Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eingeräumt worden (26). Viertens hatte diese Vorgehensweise den Vorteil, dass Verzögerungen des Verfahrens infolge der erneuten Einsichtnahme in die Kommissionsakte begrenzt wurden und dass das mit dem Fall betraute Team früher mit der Überprüfung der Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte beginnen konnte. Außerdem war nicht davon auszugehen, dass die spanischen Dokumente eine grundlegende Änderung der Verteidigungsstrategie der Adressaten zur Folge haben würden; die eingegangenen ergänzenden Stellungnahmen bestätigen dies, da sie sich in die Argumentationslinie einfügten, die die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte bereits in ihren ersten Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte verfolgt hatten. Zudem war angesichts des beträchtlichen Umfangs der spanischen Dokumente davon auszugehen, dass die Organisation der Einsicht in diese Dokumente einige Zeit beanspruchen würde.

5.   Sprachregelung

23.

Brugg, ein im deutschsprachigen Kanton Aargau (Schweiz) ansässiges Unternehmen, dem die Mitteilung der Beschwerdepunkte in englischer Sprache zugestellt worden war, hatte nachgefragt, ob es seine Erwiderung in deutscher Sprache vorlegen könne. Die GD Wettbewerb hat dem entsprechenden Antrag von Brugg stattgegeben. In diesem Zusammenhang stellte ich fest, dass die Kommunikation mit außerhalb des EWR ansässigen Unternehmen nach dem Verfahrenshandbuch der GD Wettbewerb vorzugsweise in einer EU-Sprache erfolgen sollte, die diese Unternehmen verstehen, und dass „besonders bei der Notifizierung von Beschlüssen an schweizerische Unternehmen darauf zu achten ist, da je nach Kanton, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, eine von drei Sprachen zu verwenden ist“  (27). Da dieser Fall im Verfahrenshandbuch ausdrücklich genannt wird, habe ich die GD Wettbewerb darauf aufmerksam gemacht, dass an Brugg gerichtete Beschlüsse künftig in deutscher Sprache zu übermitteln sind.

6.   Mündliche Anhörung

24.

Die mündliche Anhörung dauerte sechs Tage (vom 11. bis zum 18. Juni 2012). Außer Furukawa waren alle Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte beteiligt (28).

7.   Erneute Einsicht in die Kommissionsakte nach der mündlichen Anhörung

a)   Einsicht in die Antworten anderer Parteien auf Auskunftsverlangen

25.

Nach der mündlichen Anhörung nahm die GD Wettbewerb weitere Untersuchungen zur Haftung von Muttergesellschaften vor. In diesem Zusammenhang richtete sie Auskunftsverlangen an: Prysmian und Goldman Sachs; Fujikura, Furukawa und Viscas; Mitsubishi, Showa und EXSYM. Innerhalb der Gesellschaftsgruppen gewährte die GD Wettbewerb den Parteien Einsicht in die Antworten der jeweils anderen Parteien auf die Auskunftsverlangen und räumte den Parteien die Möglichkeit der Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen ein. Außerdem gewährte die GD Wettbewerb Goldman Sachs in diesem Zusammenhang Einsicht in das schriftliche Vorbringen von Prysmian sowie die Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme zu diesem Vorbringen.

b)   Erneute Einsicht in die Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte

26.

Im Mai 2013 wiederholte Nexans den bereits gestellten Antrag auf Einsicht in potenziell entlastendes Beweismaterial in den Erwiderungen der anderen Parteien auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (29). Nach Ablehnung des Antrags durch die GD Wettbewerb wandte Nexans sich an mich. Auf mein Betreiben gewährte die GD Wettbewerb Nexans Einsicht in die nicht vertrauliche Fassung eines Anhangs zur Erwiderung eines anderen Adressaten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. Dieser Anhang enthielt die eidesstattliche Erklärung eines Mitarbeiters dieses Unternehmens, in der auf Kontakte mit Nexans Bezug genommen wurde. Nach dieser Akteneinsicht unterrichtete ich Nexans darüber, dass ich keine Anhaltspunkte dafür gefunden hätte, dass die Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte noch weitere Informationen enthielten, die Nexans nach Maßgabe der Rechtsprechung offengelegt werden müssten (30).

27.

Im Mai 2013 hat die GD Wettbewerb auch Goldman Sachs Einsicht in die ergänzenden Stellungnahmen von Prysmian vom März 2012 nach der Einsichtnahme in die spanischen Dokumente gewährt (31).

8.   Sachverhaltsschreiben

28.

Im September 2013 schickte die GD Wettbewerb Sachverhaltsschreiben an Fujikura, Furukawa, Goldman Sachs, Mitsubishi und Showa, in denen sie die Unternehmen über Informationen und Beweismittel unterrichtete, auf die sie ihre Entscheidung zur Feststellung der Haftung von Muttergesellschaften zu stützen beabsichtigte und in denen sie eine zweiwöchige Frist für die Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen setzte.

29.

Nach Einräumung einer dreitägigen Fristverlängerung durch die GD Wettbewerb ersuchte Mitsubishi mich um eine weitere Verlängerung um neun Tage. Ich beschloss, die Frist um zwei Tage zu verlängern, da sich die Frist für die Übermittlung von Antworten auf das Sachverhaltsschreiben mit dem Termin der Sachstandsbesprechung („State of Play Meeting“) von Mitsubishi mit der Kommission überschnitt.

30.

In der Antwort auf das Sachverhaltsschreiben erklärte Mitsubishi, dass die Antwortfrist ungeachtet der gewährten Verlängerungen für eine wirksame Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte nicht hinreichend bemessen sei. Nach Überprüfung der Antwort von Mitsubishi erkenne ich allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass Mitsubishi tatsächlich nicht in der Lage gewesen wäre, seine Verteidigungsrechte wirksam wahrzunehmen. Die Antwort von Mitsubishi auf das Sachverhaltsschreiben scheint vielmehr eine detaillierte Analyse der im Anhang zum Sachverhaltsschreiben erläuterten Beweismittel zu enthalten.

31.

In der Antwort auf das Sachverhaltsschreiben erklärte Goldman Sachs, seine Verteidigungsrechte seien verletzt worden, weil die Kommission Goldman Sachs erst nach der mündlichen Anhörung, d. h. im Mai 2013, Einsicht in die ergänzenden Stellungnahmen von Prysmian vom März 2012 zu den spanischen Dokumenten gewährt hatte (32). Ich bin nicht der Auffassung, dass Goldman Sachs dadurch, dass Einsicht in Stellungnahmen von Prysmian vom März 2012 erst nach der mündlichen Anhörung gewährt wurde, nicht in der Lage gewesen wäre, wirksam von seinem Recht auf Anhörung Gebrauch zu machen. Goldman Sachs hatte im Laufe des Verfahrens reichlich Gelegenheit zur Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen zum Vorbringen von Prysmian. Insbesondere hat Goldman Sachs nach der mündlichen Anhörung im Juni und im September 2013 schriftliche Erklärungen vorgelegt.

III.   DER BESCHLUSSENTWURF

32.

Nachdem die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte schriftlich und mündlich angehört worden waren, beschloss die Kommission, die Beschwerdepunkte gegen eine der Parteien fallen zu lassen (33). Bei drei Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte reduzierte die Kommission die Dauer der Zuwiderhandlung um ca. 1 Jahr und 9 Monate bzw. um ca. 1 Jahr und 10 Monate bzw. um ca. 2 Jahre.

33.

Nach Artikel 16 des Beschlusses 2011/695/EU habe ich geprüft, ob den Parteien Gelegenheit gegeben wurde, sich zu allen in dem Beschlussentwurf behandelten Beschwerdepunkten zu äußern; ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass dies der Fall ist.

34.

Insgesamt stelle ich fest, dass alle Verfahrensbeteiligten in dieser Sache ihre Verfahrensrechte wirksam ausüben konnten.

Brüssel, den 31. März 2014

Wouter WILS


(1)  Nach Artikel 16 und 17 des Beschlusses 2011/695/EU des Präsidenten der Europäischen Kommission vom 13. Oktober 2011 über Funktion und Mandat des Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren (ABl. L 275 vom 20.10.2011, S. 29) (Beschluss 2011/695/EU).

(2)  Nexans SA und Nexans France SAS (gemeinsam „Nexans“).

(3)  Prysmian S.p.A. und Prysmian Cavi e Sistemi Energia S.r.l. (gemeinsam „Prysmian“), Pirelli & C. S.p.A., The Goldman Sachs Group, Inc.

(4)  J-Power Systems Corporation, Hitachi Metals Ltd., Sumitomo Electric Industries, Ltd.

(5)  VISCAS Corporation, Furukawa Electric Co. Ltd., Fujikura Ltd.

(6)  ABB AB und ABB Ltd (gemeinsam „ABB“).

(7)  Brugg Kabel AG und Kabelwerke Brugg AG Holding (gemeinsam „Brugg“).

(8)  Silec Cable, SAS und General Cable Corporation (gemeinsam „Silec“), Safran SA.

(9)  EXSYM Corporation, SWCC Showa Holdings Co. Ltd., Mitsubishi Cable Industries, Ltd.

(10)  LS Cable & System Ltd.

(11)  Taihan Electric Wire Co., Ltd.

(12)  nkt cables GmbH und NKT Holding A/S (gemeinsam „NKT“).

(13)  Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 298 vom 8.12.2006, S. 17).

(14)  Urteil des Gerichts vom 14. November 2012, Nexans France SAS und Nexans SA/Europäische Kommission, T-135/09, und Prysmian Spa und Prysmian Cavi e Systemi Energia Srl/Europäische Kommission, T-140/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht.

(15)  Nexans France SAS und Nexans SA/Europäische Kommission, C-37/13P (ABl. C 101 vom 6.4.2013, S. 10).

(16)  Wegen gewisser technischer Probleme wurde die DVD mit der Kommissionsakte später durch eine neue DVD ersetzt.

(17)  Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag, Artikel 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (ABl. C 325 vom 22.12.2005, S. 7).

(18)  Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1).

(19)  Bekanntmachung der Kommission über bewährte Vorgehensweisen in Verfahren nach Artikel 101 und 102 des AEUV (ABl. C 308 vom 20.10.2011, S. 6), Randnr. 103.

(20)  Siehe Beschluss 2001/462/EG, EGKS der Kommission vom 23. Mai 2001 über das Mandat von Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren (ABl. L 162, 19.6.2001, S. 21). Dieser Beschluss wurde aufgehoben durch Beschluss 2011/695/EU.

(21)  Siehe XIII. Bericht über die Wettbewerbspolitik (1993), Ziffer 207.

(22)  Siehe Fußnote 16.

(23)  Siehe Randnummer 11.

(24)  Siehe Randnummern 9 und 10.

(25)  Nexans hat mich fast drei Monate nach Gewährung der Einsicht in die Kommissionsakte auf die spanischen Dokumente hingewiesen.

(26)  Siehe Randnummer 11.

(27)  Siehe Antitrust Manual of Procedures, Modul 27, „Use of languages in antitrust proceedings“, S. 3/7, unter http://ec.europa.eu/competition/antitrust/antitrust_manproc_3_2012_en.pdf

(28)  […].

(29)  Siehe Randnummer 16.

(30)  Siehe z. B. Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2011, Mitsubishi Electric Corp./Europäische Kommission, T-133/07, Slg. 2011, II-4219, Randnrn. 41-44.

(31)  Siehe Randnummer 11.

(32)  Siehe Randnummer 27.

(33)  Siehe Randnummer 4.


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